[Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603.Gottes Gebot sündigt / Darumb / daß Gott solch Ampt von seinet wegen geordnet hat / Denn Er jhm die Straffe seines gefallens fürbehalten hat / wie er im Ersten Gebot drewet / Also auch / wiewol ein jeglicher für seine Person / niemand richten noch verdammen sol / doch wo es die nicht thun / denen es befohlen ist / sündigen sie ja so wol / als ders ausser dem Ampt von sich selbs thete / Denn hie foddert die noth von dem vbel zu reden / Klagen fürbringen / fragen / vnd zeugen. Vnd gehet nicht anders zu / denn mit einem Artzt / der zuweilen dem / den er heilen sol / an heimliche ort sehen / vnd greiffen muß. Also sind Obrigkeit / vnd Vater vnd Mutter / ja auch Brüder vnd Schwester / vnd sonst gute Freunde vnternander schüldig / wo es noth vnd nutz ist / böses zu straffen. Das were aber die rechte weise / wenn man die Ordnung nach dem Euangelio hielte / Matth. 18. da Christus spricht: Sündiget dein Bruder an dir / so gehe hin / vnd straffe jhn zwischen dir vnd jhm Matth. 18.alleine. Da hastu ein köstliche feine Lehre / die Zunge wol zu regieren / die wol zu mercken ist / wieder den leidigen Mißbrauch. Darnach richte dich nun / daß du nicht so bald den Nehesten anderswo außtragest / vnd nachredest / Sondern jhn heimlich vermahnest / daß er sich bessere. Deßgleichen auch / wenn dir ein ander etwas zu Ohren tregt / was dieser oder jener gethan hat / lehre jhn auch also / daß er hingehe / vnd straffe jhn selbs / wo ers gesehen hat / wo nicht / daß er das Maul halte. Solches magstu auch lernen / aus täglichem Haußregiment. Denn so thut der Herr im Haus / wenn er siehet / daß der Knecht nicht thut / was er sol / so spricht er jhm selbs zu / Wenn er aber so toll were / liesse den Knecht daheim sitzen / vnd gienge heraus auff die Gassen den Nachbarn zu klagen / würde er freylich müssen hören / Du Narr / was gehets vns an / Warumb sagstus jhm selber nicht? Siehe / das were nun recht Brüderlich gehandelt / daß dem Vbel gerahten würde / vnd dein Nehester bey Ehren bliebe. Wie auch Christus daselbs sagt / Höret er dich / so hastu deinen Bruder gewonnen / da hastu ein gros trefflich Werck gethan / Denn meinstu / daß ein gering ding sey ein Bruder gewinnen? Las alle Mönche vnd heilige Orden / mit alle jhren Wercken zu hauffe geschmeltzt herfür tretten / ob sie den Rhum können auffbringen / daß sie einen Bruder gewonnen haben? Niemand vrtheilen oder stoffen hinter seinem wissen.Weiter lehret Christus: Wil er dich aber nicht hören / so nim noch einen oder zween zu dir / auff daß alle Sache bestehe auff zweyer oder dreyer Zeugen Munde / Also / daß man je mit dem selbs handle / Gottes Gebot sündigt / Darumb / daß Gott solch Ampt von seinet wegen geordnet hat / Denn Er jhm die Straffe seines gefallens fürbehalten hat / wie er im Ersten Gebot drewet / Also auch / wiewol ein jeglicher für seine Person / niemand richten noch verdammen sol / doch wo es die nicht thun / denen es befohlen ist / sündigen sie ja so wol / als ders ausser dem Ampt von sich selbs thete / Denn hie foddert die noth von dem vbel zu reden / Klagen fürbringen / fragen / vnd zeugen. Vnd gehet nicht anders zu / denn mit einem Artzt / der zuweilen dem / den er heilen sol / an heimliche ort sehen / vnd greiffen muß. Also sind Obrigkeit / vnd Vater vnd Mutter / ja auch Brüder vnd Schwester / vnd sonst gute Freunde vnternander schüldig / wo es noth vnd nutz ist / böses zu straffen. Das were aber die rechte weise / wenn man die Ordnung nach dem Euangelio hielte / Matth. 18. da Christus spricht: Sündiget dein Bruder an dir / so gehe hin / vnd straffe jhn zwischen dir vnd jhm Matth. 18.alleine. Da hastu ein köstliche feine Lehre / die Zunge wol zu regieren / die wol zu mercken ist / wieder den leidigen Mißbrauch. Darnach richte dich nun / daß du nicht so bald den Nehesten anderswo außtragest / vnd nachredest / Sondern jhn heimlich vermahnest / daß er sich bessere. Deßgleichen auch / wenn dir ein ander etwas zu Ohren tregt / was dieser oder jener gethan hat / lehre jhn auch also / daß er hingehe / vnd straffe jhn selbs / wo ers gesehen hat / wo nicht / daß er das Maul halte. Solches magstu auch lernen / aus täglichem Haußregiment. Denn so thut der Herr im Haus / wenn er siehet / daß der Knecht nicht thut / was er sol / so spricht er jhm selbs zu / Wenn er aber so toll were / liesse den Knecht daheim sitzen / vnd gienge heraus auff die Gassen den Nachbarn zu klagen / würde er freylich müssen hören / Du Narr / was gehets vns an / Warumb sagstus jhm selber nicht? Siehe / das were nun recht Brüderlich gehandelt / daß dem Vbel gerahten würde / vnd dein Nehester bey Ehren bliebe. Wie auch Christus daselbs sagt / Höret er dich / so hastu deinen Bruder gewonnen / da hastu ein gros trefflich Werck gethan / Denn meinstu / daß ein gering ding sey ein Bruder gewinnen? Las alle Mönche vnd heilige Orden / mit alle jhren Wercken zu hauffe geschmeltzt herfür tretten / ob sie den Rhum können auffbringen / daß sie einen Bruder gewonnen haben? 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Also sind Obrigkeit / vnd Vater vnd Mutter / ja auch Brüder vnd Schwester / vnd sonst gute Freunde vnternander schüldig / wo es noth vnd nutz ist / böses zu straffen.</p> <note place="left">Rechte weise vnd ordnung des Nehesten Sünde zu straffen.</note> <p>Das were aber die rechte weise / wenn man die Ordnung nach dem Euangelio hielte / Matth. 18. da Christus spricht: Sündiget dein Bruder an dir / so gehe hin / vnd straffe jhn zwischen dir vnd jhm <note place="left">Matth. 18.</note>alleine. Da hastu ein köstliche feine Lehre / die Zunge wol zu regieren / die wol zu mercken ist / wieder den leidigen Mißbrauch. Darnach richte dich nun / daß du nicht so bald den Nehesten anderswo außtragest / vnd nachredest / Sondern jhn heimlich vermahnest / daß er sich bessere. Deßgleichen auch / wenn dir ein ander etwas zu Ohren tregt / was dieser oder jener gethan hat / lehre jhn auch also / daß er hingehe / vnd straffe jhn selbs / wo ers gesehen hat / wo nicht / daß er das Maul halte.</p> <p>Solches magstu auch lernen / aus täglichem Haußregiment. Denn so thut der Herr im Haus / wenn er siehet / daß der Knecht nicht thut / was er sol / so spricht er jhm selbs zu / Wenn er aber so toll were / liesse den Knecht daheim sitzen / vnd gienge heraus auff die Gassen den Nachbarn zu klagen / würde er freylich müssen hören / Du Narr / was gehets vns an / Warumb sagstus jhm selber nicht? Siehe / das were nun recht Brüderlich gehandelt / daß dem Vbel gerahten würde / vnd dein Nehester bey Ehren bliebe. Wie auch Christus daselbs sagt / Höret er dich / so hastu deinen Bruder gewonnen / da hastu ein gros trefflich Werck gethan / Denn meinstu / daß ein gering ding sey ein Bruder gewinnen? 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Gottes Gebot sündigt / Darumb / daß Gott solch Ampt von seinet wegen geordnet hat / Denn Er jhm die Straffe seines gefallens fürbehalten hat / wie er im Ersten Gebot drewet / Also auch / wiewol ein jeglicher für seine Person / niemand richten noch verdammen sol / doch wo es die nicht thun / denen es befohlen ist / sündigen sie ja so wol / als ders ausser dem Ampt von sich selbs thete / Denn hie foddert die noth von dem vbel zu reden / Klagen fürbringen / fragen / vnd zeugen. Vnd gehet nicht anders zu / denn mit einem Artzt / der zuweilen dem / den er heilen sol / an heimliche ort sehen / vnd greiffen muß. Also sind Obrigkeit / vnd Vater vnd Mutter / ja auch Brüder vnd Schwester / vnd sonst gute Freunde vnternander schüldig / wo es noth vnd nutz ist / böses zu straffen.
Das were aber die rechte weise / wenn man die Ordnung nach dem Euangelio hielte / Matth. 18. da Christus spricht: Sündiget dein Bruder an dir / so gehe hin / vnd straffe jhn zwischen dir vnd jhm alleine. Da hastu ein köstliche feine Lehre / die Zunge wol zu regieren / die wol zu mercken ist / wieder den leidigen Mißbrauch. Darnach richte dich nun / daß du nicht so bald den Nehesten anderswo außtragest / vnd nachredest / Sondern jhn heimlich vermahnest / daß er sich bessere. Deßgleichen auch / wenn dir ein ander etwas zu Ohren tregt / was dieser oder jener gethan hat / lehre jhn auch also / daß er hingehe / vnd straffe jhn selbs / wo ers gesehen hat / wo nicht / daß er das Maul halte.
Matth. 18. Solches magstu auch lernen / aus täglichem Haußregiment. Denn so thut der Herr im Haus / wenn er siehet / daß der Knecht nicht thut / was er sol / so spricht er jhm selbs zu / Wenn er aber so toll were / liesse den Knecht daheim sitzen / vnd gienge heraus auff die Gassen den Nachbarn zu klagen / würde er freylich müssen hören / Du Narr / was gehets vns an / Warumb sagstus jhm selber nicht? Siehe / das were nun recht Brüderlich gehandelt / daß dem Vbel gerahten würde / vnd dein Nehester bey Ehren bliebe. Wie auch Christus daselbs sagt / Höret er dich / so hastu deinen Bruder gewonnen / da hastu ein gros trefflich Werck gethan / Denn meinstu / daß ein gering ding sey ein Bruder gewinnen? Las alle Mönche vnd heilige Orden / mit alle jhren Wercken zu hauffe geschmeltzt herfür tretten / ob sie den Rhum können auffbringen / daß sie einen Bruder gewonnen haben?
Weiter lehret Christus: Wil er dich aber nicht hören / so nim noch einen oder zween zu dir / auff daß alle Sache bestehe auff zweyer oder dreyer Zeugen Munde / Also / daß man je mit dem selbs handle /
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