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Herders Conversations-Lexikon. Bd. 4. Freiburg im Breisgau, 1856.

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einzelnen Namen bemerken wir, daß I. die Poesie in dem unpoetischen alten Rom im Ganzen am wenigsten gedieh. In der dramatischen Poesie zeichneten sich außer Livius Andronicus als Uebersetzer u. Dichter aus die Tragiker Naevius, Ennius, noch mehr Pacuvius, aber nur aus der Kaiserzeit sind 10 Stücke von Seneca vorhanden u. gelten als eine theilweise der spätesten Zeit zugehörige Sammlung; die Komödiendichter Plautus u. Statius stehen dem Terenz nach, die wahre Komik, die allen abgeht, war vielleicht in den volksthümlichen Atellanae mehr vorhanden, mindestens überdauerten letztere sowie die sentenzenreichen spöttischen Mimen alle Komödien und Tragödien. An Heldengedichten war kein Mangel, aber einen Homer hat Rom niemals gehabt u. außer dem von Horaz verherrlichten Lucius Varius als bedeutend im heroischen Epos den einzigen Virgilius Maro, im silbernen Zeitalter den A. Lucanus (Pharsalia); Silius Italicus, Valerius Flaccus, Papir. Statius repräsentiren vorherrschend den Mangel an u. den Zerfall der Dichtkunst, während der späteste von allen röm. Epikern, Cl. Claudianus, bereits für das Aufwachen einer ganzneuen Lebenskraft Zeugniß ablegt. Im gelehrten didactischen Epos überflügelten die Römer ihr Vorbild, die Alexandriner: Lucretius Carus, vor allen Virgil und Ovid. Von der II. Periode an besang man die Astrologie, versificirte die Medicin, Geographie, sogar Maß und Gewicht u. abermals repräsentirt Cl. Claudianus und sein Zeitgenosse Rutilius Numatianus eine Wiedererhebung. In der lyrischen Poesie erreichte das Höchste, was ein Römer hierin zu erreichen vermochte, Horatius; in Oden und Liedern standen ihm Catull, Titius Septimius u. a. unendlich nach. Catull glänzte dagegen in der Elegie, weit mehr aber Tibull, welchem Properz u. Albinovanus mit minderm Glücke nachfolgten. Als Heroidendichter sind höchstens Properz und Ovid zu nennen; letzterer fand als Episteldichter erst im 4. Jahrh. zu Valentinians Zeit einen würdigen Nebenbuhler an dem Spanier M. Ausosonius. Daß die, stille Naturbeobachtung fordernde, bukolische Poesie dem röm. Volkscharakter widerstrebte, da für spricht die geringe Anzahl der Dichter, die sich hierin versuchten, sowie die Absichtlichkeit, die einen aus Virgils Hofidyllen heraus anwidert. Auch in der Fabel leisteten die Römer blutwenig, Phädrus ahmte die Griechen, Avianus meist den Phädrus nach, dagegen blühte in der r.n L. die Satire. Dieselbe entwickelte sich aus den witzigen Stegreifreden der Mimenspiele und wurde u. blieb Erguß persönlicher Ansichten über Sitten und öffentliches Leben: Lucilius, der gelehrte Terentius Varro, vor allen Horatius, dann Persius und Juvenal; unter den Epigrammatikern war Martial der vorzüglichste und von vielen zugleich der einzige, von welchem Dichtungen übrig sind. Früher und vorzüglicher als die Poesie entwickelte sich in der r.n L. II. die Prosa, vor allen die Historiographie, deren Ursprung Niebuhr wohl mit Unrecht in den Volksliedern suchte und welche durchaus einen politisch-rhetorischen Charakter an sich trägt. Die politische Geschichte begann mit Fabius Pictor, ihre Würdigung ist ermöglicht lediglich durch erhaltene Werke von Julius Cäsar, Cornelius Nepos, Sallust, Livius, auch von Trogus Pompejus, Vellejus Paterculus, dann von Curtius Rufus u. Tacitus, aus dessen Schriften das düstere Abendroth der alten Welt uns allenthalben entgegenleuchtet. Den rasch zunehmenden Zerfall repräsentiren Annäus Florus, Eutropius u. Ammian Marcellin. Die christlichen Historiker Sulpitius Severus u. Orosius sind als solche ohne Bedeutung; als Biograph ist Sueton schätzbar, besonders wenn man ihn mit der Sammlung der Sex scriptores historiae Augustae oder mit dem fabelhaften Aurelius Victor vergleicht. Die Kunst- und Literaturgeschichte wurde niemals als Geschichte behandelt, doch sind Cicero, Aulus Gellius, Quinctilian u. a., namentlich auch Vitruv und der Kirchenschriftsteller Hieronymus (s. d. Art.) wichtige Fundgruben; Anekdotensammler war der niederträchtige Valerius Maximus. Als Romanenschreiber ist außer dem schmutzigen Petronius noch Apulejus zu nennen.

einzelnen Namen bemerken wir, daß I. die Poesie in dem unpoetischen alten Rom im Ganzen am wenigsten gedieh. In der dramatischen Poesie zeichneten sich außer Livius Andronicus als Uebersetzer u. Dichter aus die Tragiker Naevius, Ennius, noch mehr Pacuvius, aber nur aus der Kaiserzeit sind 10 Stücke von Seneca vorhanden u. gelten als eine theilweise der spätesten Zeit zugehörige Sammlung; die Komödiendichter Plautus u. Statius stehen dem Terenz nach, die wahre Komik, die allen abgeht, war vielleicht in den volksthümlichen Atellanae mehr vorhanden, mindestens überdauerten letztere sowie die sentenzenreichen spöttischen Mimen alle Komödien und Tragödien. An Heldengedichten war kein Mangel, aber einen Homer hat Rom niemals gehabt u. außer dem von Horaz verherrlichten Lucius Varius als bedeutend im heroischen Epos den einzigen Virgilius Maro, im silbernen Zeitalter den A. Lucanus (Pharsalia); Silius Italicus, Valerius Flaccus, Papir. Statius repräsentiren vorherrschend den Mangel an u. den Zerfall der Dichtkunst, während der späteste von allen röm. Epikern, Cl. Claudianus, bereits für das Aufwachen einer ganzneuen Lebenskraft Zeugniß ablegt. Im gelehrten didactischen Epos überflügelten die Römer ihr Vorbild, die Alexandriner: Lucretius Carus, vor allen Virgil und Ovid. Von der II. Periode an besang man die Astrologie, versificirte die Medicin, Geographie, sogar Maß und Gewicht u. abermals repräsentirt Cl. Claudianus und sein Zeitgenosse Rutilius Numatianus eine Wiedererhebung. In der lyrischen Poesie erreichte das Höchste, was ein Römer hierin zu erreichen vermochte, Horatius; in Oden und Liedern standen ihm Catull, Titius Septimius u. a. unendlich nach. Catull glänzte dagegen in der Elegie, weit mehr aber Tibull, welchem Properz u. Albinovanus mit minderm Glücke nachfolgten. Als Heroidendichter sind höchstens Properz und Ovid zu nennen; letzterer fand als Episteldichter erst im 4. Jahrh. zu Valentinians Zeit einen würdigen Nebenbuhler an dem Spanier M. Ausosonius. Daß die, stille Naturbeobachtung fordernde, bukolische Poesie dem röm. Volkscharakter widerstrebte, da für spricht die geringe Anzahl der Dichter, die sich hierin versuchten, sowie die Absichtlichkeit, die einen aus Virgils Hofidyllen heraus anwidert. Auch in der Fabel leisteten die Römer blutwenig, Phädrus ahmte die Griechen, Avianus meist den Phädrus nach, dagegen blühte in der r.n L. die Satire. Dieselbe entwickelte sich aus den witzigen Stegreifreden der Mimenspiele und wurde u. blieb Erguß persönlicher Ansichten über Sitten und öffentliches Leben: Lucilius, der gelehrte Terentius Varro, vor allen Horatius, dann Persius und Juvenal; unter den Epigrammatikern war Martial der vorzüglichste und von vielen zugleich der einzige, von welchem Dichtungen übrig sind. Früher und vorzüglicher als die Poesie entwickelte sich in der r.n L. II. die Prosa, vor allen die Historiographie, deren Ursprung Niebuhr wohl mit Unrecht in den Volksliedern suchte und welche durchaus einen politisch-rhetorischen Charakter an sich trägt. Die politische Geschichte begann mit Fabius Pictor, ihre Würdigung ist ermöglicht lediglich durch erhaltene Werke von Julius Cäsar, Cornelius Nepos, Sallust, Livius, auch von Trogus Pompejus, Vellejus Paterculus, dann von Curtius Rufus u. Tacitus, aus dessen Schriften das düstere Abendroth der alten Welt uns allenthalben entgegenleuchtet. Den rasch zunehmenden Zerfall repräsentiren Annäus Florus, Eutropius u. Ammian Marcellin. Die christlichen Historiker Sulpitius Severus u. Orosius sind als solche ohne Bedeutung; als Biograph ist Sueton schätzbar, besonders wenn man ihn mit der Sammlung der Sex scriptores historiae Augustae oder mit dem fabelhaften Aurelius Victor vergleicht. Die Kunst- und Literaturgeschichte wurde niemals als Geschichte behandelt, doch sind Cicero, Aulus Gellius, Quinctilian u. a., namentlich auch Vitruv und der Kirchenschriftsteller Hieronymus (s. d. Art.) wichtige Fundgruben; Anekdotensammler war der niederträchtige Valerius Maximus. Als Romanenschreiber ist außer dem schmutzigen Petronius noch Apulejus zu nennen.

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[743/0744] einzelnen Namen bemerken wir, daß I. die Poesie in dem unpoetischen alten Rom im Ganzen am wenigsten gedieh. In der dramatischen Poesie zeichneten sich außer Livius Andronicus als Uebersetzer u. Dichter aus die Tragiker Naevius, Ennius, noch mehr Pacuvius, aber nur aus der Kaiserzeit sind 10 Stücke von Seneca vorhanden u. gelten als eine theilweise der spätesten Zeit zugehörige Sammlung; die Komödiendichter Plautus u. Statius stehen dem Terenz nach, die wahre Komik, die allen abgeht, war vielleicht in den volksthümlichen Atellanae mehr vorhanden, mindestens überdauerten letztere sowie die sentenzenreichen spöttischen Mimen alle Komödien und Tragödien. An Heldengedichten war kein Mangel, aber einen Homer hat Rom niemals gehabt u. außer dem von Horaz verherrlichten Lucius Varius als bedeutend im heroischen Epos den einzigen Virgilius Maro, im silbernen Zeitalter den A. Lucanus (Pharsalia); Silius Italicus, Valerius Flaccus, Papir. Statius repräsentiren vorherrschend den Mangel an u. den Zerfall der Dichtkunst, während der späteste von allen röm. Epikern, Cl. Claudianus, bereits für das Aufwachen einer ganzneuen Lebenskraft Zeugniß ablegt. Im gelehrten didactischen Epos überflügelten die Römer ihr Vorbild, die Alexandriner: Lucretius Carus, vor allen Virgil und Ovid. Von der II. Periode an besang man die Astrologie, versificirte die Medicin, Geographie, sogar Maß und Gewicht u. abermals repräsentirt Cl. Claudianus und sein Zeitgenosse Rutilius Numatianus eine Wiedererhebung. In der lyrischen Poesie erreichte das Höchste, was ein Römer hierin zu erreichen vermochte, Horatius; in Oden und Liedern standen ihm Catull, Titius Septimius u. a. unendlich nach. Catull glänzte dagegen in der Elegie, weit mehr aber Tibull, welchem Properz u. Albinovanus mit minderm Glücke nachfolgten. Als Heroidendichter sind höchstens Properz und Ovid zu nennen; letzterer fand als Episteldichter erst im 4. Jahrh. zu Valentinians Zeit einen würdigen Nebenbuhler an dem Spanier M. Ausosonius. Daß die, stille Naturbeobachtung fordernde, bukolische Poesie dem röm. Volkscharakter widerstrebte, da für spricht die geringe Anzahl der Dichter, die sich hierin versuchten, sowie die Absichtlichkeit, die einen aus Virgils Hofidyllen heraus anwidert. Auch in der Fabel leisteten die Römer blutwenig, Phädrus ahmte die Griechen, Avianus meist den Phädrus nach, dagegen blühte in der r.n L. die Satire. Dieselbe entwickelte sich aus den witzigen Stegreifreden der Mimenspiele und wurde u. blieb Erguß persönlicher Ansichten über Sitten und öffentliches Leben: Lucilius, der gelehrte Terentius Varro, vor allen Horatius, dann Persius und Juvenal; unter den Epigrammatikern war Martial der vorzüglichste und von vielen zugleich der einzige, von welchem Dichtungen übrig sind. Früher und vorzüglicher als die Poesie entwickelte sich in der r.n L. II. die Prosa, vor allen die Historiographie, deren Ursprung Niebuhr wohl mit Unrecht in den Volksliedern suchte und welche durchaus einen politisch-rhetorischen Charakter an sich trägt. Die politische Geschichte begann mit Fabius Pictor, ihre Würdigung ist ermöglicht lediglich durch erhaltene Werke von Julius Cäsar, Cornelius Nepos, Sallust, Livius, auch von Trogus Pompejus, Vellejus Paterculus, dann von Curtius Rufus u. Tacitus, aus dessen Schriften das düstere Abendroth der alten Welt uns allenthalben entgegenleuchtet. Den rasch zunehmenden Zerfall repräsentiren Annäus Florus, Eutropius u. Ammian Marcellin. Die christlichen Historiker Sulpitius Severus u. Orosius sind als solche ohne Bedeutung; als Biograph ist Sueton schätzbar, besonders wenn man ihn mit der Sammlung der Sex scriptores historiae Augustae oder mit dem fabelhaften Aurelius Victor vergleicht. Die Kunst- und Literaturgeschichte wurde niemals als Geschichte behandelt, doch sind Cicero, Aulus Gellius, Quinctilian u. a., namentlich auch Vitruv und der Kirchenschriftsteller Hieronymus (s. d. Art.) wichtige Fundgruben; Anekdotensammler war der niederträchtige Valerius Maximus. Als Romanenschreiber ist außer dem schmutzigen Petronius noch Apulejus zu nennen.

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Zitationshilfe: Herders Conversations-Lexikon. Bd. 4. Freiburg im Breisgau, 1856, S. 743. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationslexikon04_1856/744>, abgerufen am 23.11.2024.