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Herders Conversations-Lexikon. Bd. 4. Freiburg im Breisgau, 1856.

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ein blinder Verehrer der alten Schriftsteller. Namentlich deßhalb, damit "nicht etwa die heil. Schrift über dem Gesange dieser Sirenen (der altclassischen Schriftsteller) ganz verloren gehe" verlegte er sich mit allem Eifer auf das Hebräische. In dem verwickelten und interessanten Federkrieg, in welchem R. die thalmudischen Schriften gegen Pfefferkorn, Hoogstraten u. Consorten 1509 bis 1516 vertheidigte, erreichte er mehr als ihm lieb war. Er bekam nämlich nicht nur von Rom aus Recht, sondern alles entwickelte sich so, daß er wider seinen Willen zum Helden des kirchenfeindlichen Humanismus und der demselben anhängenden revolutionären Elemente gestempelt wurde. Seit 1513 als Privatmann lebend, hatte er von dem wüsten Herzog Ulrich von Württemberg vieles zu leiden, folgte aber dennoch einem Rufe nach Wittenberg nicht, wurde dagegen 1520 zu Ingolstadt ein Hausgenosse des bekannten Dr. Eck, seines ehemaligen Schülers sowie Professor der griech. u. hebräischen Sprache, floh vor der Pest nach Württemberg zurück u. st. 1522 zu Tübingen. R. wollte allerdings eine Reformation der Kirche, aber keinen Abfall von ihr, und weil sein Vetter Melanchthon in Wittenberg gegen seinen Rath sich allzu tief mit Luther einließ, vermachte R. seine kostbare Bibliothek nicht jenem, wie er früher versprochen, sondern dem Michaelisstifte zu Pforzheim. Unter seinen, keineswegs zahlreichen Schriften, heben wir mit Uebergehung der Streitschriften hervor: ein lat. Wörterbuch (Vocabularius lat. breviloquus), eine griech. Grammatik (1478); de verbo mirifico; die 2 in Heidelberg gedichteten Lustspiele Sergius sive capitis caput (Spottschrift auf den verkommenen Günstling Eberhards II., den Augustiner Holzinger) und Progymnasmata scenica (wider die schlimmen Advokaten); sein Hauptwerk, eine hebräische Grammatik sammt Wörterbuch, ist übrigens fast nur eine Copie eines Werkes des David Kimchi, die Rudimenta linguae hebraicae (1506) ergänzte er durch eine Schrift über die Accente und Rechtschreibung des Hebräischen (1518) und lehrte es durch einen Commentar über die Bußpsalmen zu exegetischen Zwecken verwenden; endlich das Leo X. gewidmete Werk de arte cabbalistica (1517). - Unter vielen Lebensbeschreibungen: Die von E. Th. Mayerhoff (Berlin 1830), Edm. Jörg im Kirchenlexikon von Wetzer u. Welte, endlich die von Francis Barchan mit dem seltsamen Titel; Life and times of J. Reuchlin or Capnion, the father of the German reformation (Lond. 1843, 1851).


Reugeld, Reukauf, das Recht, wegen Reue von einem Vertrage zurückzutreten, mit Zurücklassung des schon bezahlten Geldes od. einer für diesen Fall bestimmten Summe.


Reumont, Alfred von, geb. 1808 zu Aachen, Diplomat, seit 1849 preuß. Geschäftsträger zu Florenz, belletristischer u. Kunstschriftsteller, Historiker. (Reiseschilderungen Stuttg. 1835; Römische Briefe, 1840; Ueber Michel Angelo, Berl. 1834; Andrea del Sarto 1835; Benvenuto Cellini 1836; Rheinlandssagen 1837; Beiträge zur italien. Geschichte 4 Bde., Berl. 1853-55; u. a.)


Reunion, lat.-deutsch, Wiedervereinigung, gesellschaftlicher Verein.


Reunionsklage der Anerben, um die Veräußerung des Erbgutes od. einzelner Stücke anzufechten.


Reunionskammern, wurden von Ludwig XIV. zu Metz, Breisach und Besancon 1680 niedergesetzt, um zu untersuchen, welche Dependenzen zu den von Spanien und dem deutschen Reiche im Nimweger Frieden an Frankreich abgetretenen Herrschaften gehören sollten, damit dieselben mit Frankreich vereinigt würden. Bei der Schwäche Spaniens und des Reichs behauptete Ludwig vieles von dem, was er von 1680-97 reunirt hatte, namentlich im Elsaß.


Reus, katalon. Stadt, mit dem 2 St. entfernten Tarragona durch eine Eisenbahn verbunden, hat 30000 E., ist ein Hauptsitz der katalon. Industrie.


Reus, lat., der Angeklagte od. Beklagte.


Reuß, schweizerischer Fluß, entspringt aus 3 Quellen im Gotthardsstocke, durchfließt in reißendem Laufe Uri, mündet bei Seedorf in den Vierwaldstädtersee, verläßt denselben in Luzern und ergießt sich bei Windisch in die Aar.


Reuß, 2 souveräne deutsche Fürstenthümer

ein blinder Verehrer der alten Schriftsteller. Namentlich deßhalb, damit „nicht etwa die heil. Schrift über dem Gesange dieser Sirenen (der altclassischen Schriftsteller) ganz verloren gehe“ verlegte er sich mit allem Eifer auf das Hebräische. In dem verwickelten und interessanten Federkrieg, in welchem R. die thalmudischen Schriften gegen Pfefferkorn, Hoogstraten u. Consorten 1509 bis 1516 vertheidigte, erreichte er mehr als ihm lieb war. Er bekam nämlich nicht nur von Rom aus Recht, sondern alles entwickelte sich so, daß er wider seinen Willen zum Helden des kirchenfeindlichen Humanismus und der demselben anhängenden revolutionären Elemente gestempelt wurde. Seit 1513 als Privatmann lebend, hatte er von dem wüsten Herzog Ulrich von Württemberg vieles zu leiden, folgte aber dennoch einem Rufe nach Wittenberg nicht, wurde dagegen 1520 zu Ingolstadt ein Hausgenosse des bekannten Dr. Eck, seines ehemaligen Schülers sowie Professor der griech. u. hebräischen Sprache, floh vor der Pest nach Württemberg zurück u. st. 1522 zu Tübingen. R. wollte allerdings eine Reformation der Kirche, aber keinen Abfall von ihr, und weil sein Vetter Melanchthon in Wittenberg gegen seinen Rath sich allzu tief mit Luther einließ, vermachte R. seine kostbare Bibliothek nicht jenem, wie er früher versprochen, sondern dem Michaelisstifte zu Pforzheim. Unter seinen, keineswegs zahlreichen Schriften, heben wir mit Uebergehung der Streitschriften hervor: ein lat. Wörterbuch (Vocabularius lat. breviloquus), eine griech. Grammatik (1478); de verbo mirifico; die 2 in Heidelberg gedichteten Lustspiele Sergius sive capitis caput (Spottschrift auf den verkommenen Günstling Eberhards II., den Augustiner Holzinger) und Progymnasmata scenica (wider die schlimmen Advokaten); sein Hauptwerk, eine hebräische Grammatik sammt Wörterbuch, ist übrigens fast nur eine Copie eines Werkes des David Kimchi, die Rudimenta linguae hebraicae (1506) ergänzte er durch eine Schrift über die Accente und Rechtschreibung des Hebräischen (1518) und lehrte es durch einen Commentar über die Bußpsalmen zu exegetischen Zwecken verwenden; endlich das Leo X. gewidmete Werk de arte cabbalistica (1517). – Unter vielen Lebensbeschreibungen: Die von E. Th. Mayerhoff (Berlin 1830), Edm. Jörg im Kirchenlexikon von Wetzer u. Welte, endlich die von Francis Barchan mit dem seltsamen Titel; Life and times of J. Reuchlin or Capnion, the father of the German reformation (Lond. 1843, 1851).


Reugeld, Reukauf, das Recht, wegen Reue von einem Vertrage zurückzutreten, mit Zurücklassung des schon bezahlten Geldes od. einer für diesen Fall bestimmten Summe.


Reumont, Alfred von, geb. 1808 zu Aachen, Diplomat, seit 1849 preuß. Geschäftsträger zu Florenz, belletristischer u. Kunstschriftsteller, Historiker. (Reiseschilderungen Stuttg. 1835; Römische Briefe, 1840; Ueber Michel Angelo, Berl. 1834; Andrea del Sarto 1835; Benvenuto Cellini 1836; Rheinlandssagen 1837; Beiträge zur italien. Geschichte 4 Bde., Berl. 1853–55; u. a.)


Reunion, lat.-deutsch, Wiedervereinigung, gesellschaftlicher Verein.


Reunionsklage der Anerben, um die Veräußerung des Erbgutes od. einzelner Stücke anzufechten.


Reunionskammern, wurden von Ludwig XIV. zu Metz, Breisach und Besançon 1680 niedergesetzt, um zu untersuchen, welche Dependenzen zu den von Spanien und dem deutschen Reiche im Nimweger Frieden an Frankreich abgetretenen Herrschaften gehören sollten, damit dieselben mit Frankreich vereinigt würden. Bei der Schwäche Spaniens und des Reichs behauptete Ludwig vieles von dem, was er von 1680–97 reunirt hatte, namentlich im Elsaß.


Rëus, katalon. Stadt, mit dem 2 St. entfernten Tarragona durch eine Eisenbahn verbunden, hat 30000 E., ist ein Hauptsitz der katalon. Industrie.


Reus, lat., der Angeklagte od. Beklagte.


Reuß, schweizerischer Fluß, entspringt aus 3 Quellen im Gotthardsstocke, durchfließt in reißendem Laufe Uri, mündet bei Seedorf in den Vierwaldstädtersee, verläßt denselben in Luzern und ergießt sich bei Windisch in die Aar.


Reuß, 2 souveräne deutsche Fürstenthümer

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[714/0715] ein blinder Verehrer der alten Schriftsteller. Namentlich deßhalb, damit „nicht etwa die heil. Schrift über dem Gesange dieser Sirenen (der altclassischen Schriftsteller) ganz verloren gehe“ verlegte er sich mit allem Eifer auf das Hebräische. In dem verwickelten und interessanten Federkrieg, in welchem R. die thalmudischen Schriften gegen Pfefferkorn, Hoogstraten u. Consorten 1509 bis 1516 vertheidigte, erreichte er mehr als ihm lieb war. Er bekam nämlich nicht nur von Rom aus Recht, sondern alles entwickelte sich so, daß er wider seinen Willen zum Helden des kirchenfeindlichen Humanismus und der demselben anhängenden revolutionären Elemente gestempelt wurde. Seit 1513 als Privatmann lebend, hatte er von dem wüsten Herzog Ulrich von Württemberg vieles zu leiden, folgte aber dennoch einem Rufe nach Wittenberg nicht, wurde dagegen 1520 zu Ingolstadt ein Hausgenosse des bekannten Dr. Eck, seines ehemaligen Schülers sowie Professor der griech. u. hebräischen Sprache, floh vor der Pest nach Württemberg zurück u. st. 1522 zu Tübingen. R. wollte allerdings eine Reformation der Kirche, aber keinen Abfall von ihr, und weil sein Vetter Melanchthon in Wittenberg gegen seinen Rath sich allzu tief mit Luther einließ, vermachte R. seine kostbare Bibliothek nicht jenem, wie er früher versprochen, sondern dem Michaelisstifte zu Pforzheim. Unter seinen, keineswegs zahlreichen Schriften, heben wir mit Uebergehung der Streitschriften hervor: ein lat. Wörterbuch (Vocabularius lat. breviloquus), eine griech. Grammatik (1478); de verbo mirifico; die 2 in Heidelberg gedichteten Lustspiele Sergius sive capitis caput (Spottschrift auf den verkommenen Günstling Eberhards II., den Augustiner Holzinger) und Progymnasmata scenica (wider die schlimmen Advokaten); sein Hauptwerk, eine hebräische Grammatik sammt Wörterbuch, ist übrigens fast nur eine Copie eines Werkes des David Kimchi, die Rudimenta linguae hebraicae (1506) ergänzte er durch eine Schrift über die Accente und Rechtschreibung des Hebräischen (1518) und lehrte es durch einen Commentar über die Bußpsalmen zu exegetischen Zwecken verwenden; endlich das Leo X. gewidmete Werk de arte cabbalistica (1517). – Unter vielen Lebensbeschreibungen: Die von E. Th. Mayerhoff (Berlin 1830), Edm. Jörg im Kirchenlexikon von Wetzer u. Welte, endlich die von Francis Barchan mit dem seltsamen Titel; Life and times of J. Reuchlin or Capnion, the father of the German reformation (Lond. 1843, 1851). Reugeld, Reukauf, das Recht, wegen Reue von einem Vertrage zurückzutreten, mit Zurücklassung des schon bezahlten Geldes od. einer für diesen Fall bestimmten Summe. Reumont, Alfred von, geb. 1808 zu Aachen, Diplomat, seit 1849 preuß. Geschäftsträger zu Florenz, belletristischer u. Kunstschriftsteller, Historiker. (Reiseschilderungen Stuttg. 1835; Römische Briefe, 1840; Ueber Michel Angelo, Berl. 1834; Andrea del Sarto 1835; Benvenuto Cellini 1836; Rheinlandssagen 1837; Beiträge zur italien. Geschichte 4 Bde., Berl. 1853–55; u. a.) Reunion, lat.-deutsch, Wiedervereinigung, gesellschaftlicher Verein. Reunionsklage der Anerben, um die Veräußerung des Erbgutes od. einzelner Stücke anzufechten. Reunionskammern, wurden von Ludwig XIV. zu Metz, Breisach und Besançon 1680 niedergesetzt, um zu untersuchen, welche Dependenzen zu den von Spanien und dem deutschen Reiche im Nimweger Frieden an Frankreich abgetretenen Herrschaften gehören sollten, damit dieselben mit Frankreich vereinigt würden. Bei der Schwäche Spaniens und des Reichs behauptete Ludwig vieles von dem, was er von 1680–97 reunirt hatte, namentlich im Elsaß. Rëus, katalon. Stadt, mit dem 2 St. entfernten Tarragona durch eine Eisenbahn verbunden, hat 30000 E., ist ein Hauptsitz der katalon. Industrie. Reus, lat., der Angeklagte od. Beklagte. Reuß, schweizerischer Fluß, entspringt aus 3 Quellen im Gotthardsstocke, durchfließt in reißendem Laufe Uri, mündet bei Seedorf in den Vierwaldstädtersee, verläßt denselben in Luzern und ergießt sich bei Windisch in die Aar. Reuß, 2 souveräne deutsche Fürstenthümer

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Zitationshilfe: Herders Conversations-Lexikon. Bd. 4. Freiburg im Breisgau, 1856, S. 714. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationslexikon04_1856/715>, abgerufen am 23.11.2024.