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Herders Conversations-Lexikon. Bd. 3. Freiburg im Breisgau, 1855.

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Fürstenthümer nach dem Muster der abendländischen Feudalstaaten errichtet. Es zeigte sich jedoch schon damals, daß Lateiner und Griechen, die europ. wie die asiat., einander abstoßen; die Feindseligkeit der Griechen gegen die Abendländer trug auch zum Untergange der latein. Fürstenthümer in Asien kaum weniger bei als der kriegerische, fanatische Muth der Moslemin. Die kleinern u. größern Schaaren, welche unter abendländischen Herren fortwährend anlangten und wenigstens einige Wochen gegen den Feind dienten, sowie die geistlichen Ritterorden vermochten den Mangel an einer einheimischen, aus der Bevölkerung des Landes bestehenden Heeresmacht nicht zu ersetzen und das Vorrücken der Türken nachhaltig zu hemmen. Diese nahmen 1144 Edessa, worauf die Beredsamkeit des hl. Bernhard den König Ludwig VII. von Frankreich und Konrad III. von Deutschland zu einem Kreuzzuge vermochte (1147), der vollständig mißlang. Als Saladin 1187 Jerusalem eroberte, nahmen Kaiser Friedrich I., König Philipp August von Frankreich und Richard Löwenherz von England das Kreuz (1189 u. 1191), aber selbst diese gewaltige Anstrengung brachte nur St. Jean d'Acre wieder in die Hände der Christen. Ein ungar. u. deutsches Kreuzheer eroberte 1196 nur einige unbedeutende Plätze, ein franz.-venetian. wandte sich gegen Konstantinopel, das 1204 erstürmt und die Hauptstadt eines kurzdauernden lat. Kaiserthums wurde. Ein neuer ungar.-deutscher Heerzug beschränkte sich abermals auf unbedeutende Erfolge in Palästina selbst; das wichtige Damiette in Aegypten, das nach unsäglicher Anstrengung 1219 erobert wurde, ging schon 1221 wieder verloren. Kaiser Friedrich II. gewann 1228 die hl. Stätten durch Unterhandlungen abermals, sie blieben aber den Christen nur wenige Jahre. Am unglücklichsten war der franz. König Ludwig IX.; er richtete aus ganz guten Gründen seine Unternehmung 1248 gegen Aegypten, ohne welches Palästina noch nie behauptet worden ist, aber er wurde geschlagen, gefangen u. mußte sich mit großen Opfern loskaufen. Ludwigs IX. Angriff auf Tunis, vor welcher Stadt er 1270 st., kann kaum zu den K.n gerechnet werden. Mit St. Jean d'Acre, das 1292 von den Mamelucken erstürmt wurde, fiel die letzte christliche Besitzung auf dem Festlande in die Hände der Moslemin und obwohl die Päpste noch lange zu einem neuen Kreuzzuge aufforderten und manche Fürsten wenigstens bedingungsweise zusagten, kam keiner mehr zu Stande, nicht einmal zur Rettung Konstantinopels, der östl. Vormauer der europ. Christenheit. Die K. regten als eine europ. Bewegung alle christlichen Völker in der Tiefe auf; sie schufen die 3 geistlichen Ritterorden und überhaupt die Blüte des Ritterwesens, beförderten das Emporkommen der Städte u. trugen wesentlich zur Gründung der Macht Venedigs und Genuas bei; der Verkehr mit dem Oriente konnte auch nicht ohne Einfluß auf die abendländ. Wissenschaft u. Kunst bleiben, obwohl die Einwirkung der sicil. u. span. Moslemin das Meiste in dieser Beziehung gethan haben mag.


Kreysig, Friedr. Ludwig, geb. 1770 zu Eulenburg bei Leipzig, 1801 Professor der Anatomie und Botanik zu Wittenberg, 1803 kurfürstl. Leibarzt in Dresden, übernahm 1815 wieder eine Professur, lebte aber später ganz seiner Praxis und dem Studium der Botanik; st. 1839. Schriften: "Neue Darstellung der physiologischen und pathologischen Grundlehren", Leipzig 1798-1800; "Die Krankheiten des Herzens", Leipz. 1814-17; "System der praktischen Heilkunde", Leipzig 1818-19.


Kriebelkrankheit, Kornstaupe (Ergotismus Raphania), eine schon seit mehren Jahrhunderten öfter beobachtete, meist epidemische Krankheit, entstanden durch den Genuß von verdorbenem, besonders mit viel Mutterkorn verunreinigtem Mehl. Das Wesen der Krankheit ist eine Vergiftung des Rückenmarks, die sich theils in den Bewegungsnerven als Krampf und Lähmung, theils in den Empfindungsnerven als Gefühllosigkeit oder als Gefühl von Kriebeln in der Haut ausspricht; öfters auch befällt sie die Gefäßnerven mit Blutstockung und Brand (E. gangraenosus). Die Krankheit tritt zuerst unter gastrischen Erscheinungen

Fürstenthümer nach dem Muster der abendländischen Feudalstaaten errichtet. Es zeigte sich jedoch schon damals, daß Lateiner und Griechen, die europ. wie die asiat., einander abstoßen; die Feindseligkeit der Griechen gegen die Abendländer trug auch zum Untergange der latein. Fürstenthümer in Asien kaum weniger bei als der kriegerische, fanatische Muth der Moslemin. Die kleinern u. größern Schaaren, welche unter abendländischen Herren fortwährend anlangten und wenigstens einige Wochen gegen den Feind dienten, sowie die geistlichen Ritterorden vermochten den Mangel an einer einheimischen, aus der Bevölkerung des Landes bestehenden Heeresmacht nicht zu ersetzen und das Vorrücken der Türken nachhaltig zu hemmen. Diese nahmen 1144 Edessa, worauf die Beredsamkeit des hl. Bernhard den König Ludwig VII. von Frankreich und Konrad III. von Deutschland zu einem Kreuzzuge vermochte (1147), der vollständig mißlang. Als Saladin 1187 Jerusalem eroberte, nahmen Kaiser Friedrich I., König Philipp August von Frankreich und Richard Löwenherz von England das Kreuz (1189 u. 1191), aber selbst diese gewaltige Anstrengung brachte nur St. Jean dʼAcre wieder in die Hände der Christen. Ein ungar. u. deutsches Kreuzheer eroberte 1196 nur einige unbedeutende Plätze, ein franz.-venetian. wandte sich gegen Konstantinopel, das 1204 erstürmt und die Hauptstadt eines kurzdauernden lat. Kaiserthums wurde. Ein neuer ungar.-deutscher Heerzug beschränkte sich abermals auf unbedeutende Erfolge in Palästina selbst; das wichtige Damiette in Aegypten, das nach unsäglicher Anstrengung 1219 erobert wurde, ging schon 1221 wieder verloren. Kaiser Friedrich II. gewann 1228 die hl. Stätten durch Unterhandlungen abermals, sie blieben aber den Christen nur wenige Jahre. Am unglücklichsten war der franz. König Ludwig IX.; er richtete aus ganz guten Gründen seine Unternehmung 1248 gegen Aegypten, ohne welches Palästina noch nie behauptet worden ist, aber er wurde geschlagen, gefangen u. mußte sich mit großen Opfern loskaufen. Ludwigs IX. Angriff auf Tunis, vor welcher Stadt er 1270 st., kann kaum zu den K.n gerechnet werden. Mit St. Jean dʼAcre, das 1292 von den Mamelucken erstürmt wurde, fiel die letzte christliche Besitzung auf dem Festlande in die Hände der Moslemin und obwohl die Päpste noch lange zu einem neuen Kreuzzuge aufforderten und manche Fürsten wenigstens bedingungsweise zusagten, kam keiner mehr zu Stande, nicht einmal zur Rettung Konstantinopels, der östl. Vormauer der europ. Christenheit. Die K. regten als eine europ. Bewegung alle christlichen Völker in der Tiefe auf; sie schufen die 3 geistlichen Ritterorden und überhaupt die Blüte des Ritterwesens, beförderten das Emporkommen der Städte u. trugen wesentlich zur Gründung der Macht Venedigs und Genuas bei; der Verkehr mit dem Oriente konnte auch nicht ohne Einfluß auf die abendländ. Wissenschaft u. Kunst bleiben, obwohl die Einwirkung der sicil. u. span. Moslemin das Meiste in dieser Beziehung gethan haben mag.


Kreysig, Friedr. Ludwig, geb. 1770 zu Eulenburg bei Leipzig, 1801 Professor der Anatomie und Botanik zu Wittenberg, 1803 kurfürstl. Leibarzt in Dresden, übernahm 1815 wieder eine Professur, lebte aber später ganz seiner Praxis und dem Studium der Botanik; st. 1839. Schriften: „Neue Darstellung der physiologischen und pathologischen Grundlehren“, Leipzig 1798–1800; „Die Krankheiten des Herzens“, Leipz. 1814–17; „System der praktischen Heilkunde“, Leipzig 1818–19.


Kriebelkrankheit, Kornstaupe (Ergotismus Raphania), eine schon seit mehren Jahrhunderten öfter beobachtete, meist epidemische Krankheit, entstanden durch den Genuß von verdorbenem, besonders mit viel Mutterkorn verunreinigtem Mehl. Das Wesen der Krankheit ist eine Vergiftung des Rückenmarks, die sich theils in den Bewegungsnerven als Krampf und Lähmung, theils in den Empfindungsnerven als Gefühllosigkeit oder als Gefühl von Kriebeln in der Haut ausspricht; öfters auch befällt sie die Gefäßnerven mit Blutstockung und Brand (E. gangraenosus). Die Krankheit tritt zuerst unter gastrischen Erscheinungen

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[661/0662] Fürstenthümer nach dem Muster der abendländischen Feudalstaaten errichtet. Es zeigte sich jedoch schon damals, daß Lateiner und Griechen, die europ. wie die asiat., einander abstoßen; die Feindseligkeit der Griechen gegen die Abendländer trug auch zum Untergange der latein. Fürstenthümer in Asien kaum weniger bei als der kriegerische, fanatische Muth der Moslemin. Die kleinern u. größern Schaaren, welche unter abendländischen Herren fortwährend anlangten und wenigstens einige Wochen gegen den Feind dienten, sowie die geistlichen Ritterorden vermochten den Mangel an einer einheimischen, aus der Bevölkerung des Landes bestehenden Heeresmacht nicht zu ersetzen und das Vorrücken der Türken nachhaltig zu hemmen. Diese nahmen 1144 Edessa, worauf die Beredsamkeit des hl. Bernhard den König Ludwig VII. von Frankreich und Konrad III. von Deutschland zu einem Kreuzzuge vermochte (1147), der vollständig mißlang. Als Saladin 1187 Jerusalem eroberte, nahmen Kaiser Friedrich I., König Philipp August von Frankreich und Richard Löwenherz von England das Kreuz (1189 u. 1191), aber selbst diese gewaltige Anstrengung brachte nur St. Jean dʼAcre wieder in die Hände der Christen. Ein ungar. u. deutsches Kreuzheer eroberte 1196 nur einige unbedeutende Plätze, ein franz.-venetian. wandte sich gegen Konstantinopel, das 1204 erstürmt und die Hauptstadt eines kurzdauernden lat. Kaiserthums wurde. Ein neuer ungar.-deutscher Heerzug beschränkte sich abermals auf unbedeutende Erfolge in Palästina selbst; das wichtige Damiette in Aegypten, das nach unsäglicher Anstrengung 1219 erobert wurde, ging schon 1221 wieder verloren. Kaiser Friedrich II. gewann 1228 die hl. Stätten durch Unterhandlungen abermals, sie blieben aber den Christen nur wenige Jahre. Am unglücklichsten war der franz. König Ludwig IX.; er richtete aus ganz guten Gründen seine Unternehmung 1248 gegen Aegypten, ohne welches Palästina noch nie behauptet worden ist, aber er wurde geschlagen, gefangen u. mußte sich mit großen Opfern loskaufen. Ludwigs IX. Angriff auf Tunis, vor welcher Stadt er 1270 st., kann kaum zu den K.n gerechnet werden. Mit St. Jean dʼAcre, das 1292 von den Mamelucken erstürmt wurde, fiel die letzte christliche Besitzung auf dem Festlande in die Hände der Moslemin und obwohl die Päpste noch lange zu einem neuen Kreuzzuge aufforderten und manche Fürsten wenigstens bedingungsweise zusagten, kam keiner mehr zu Stande, nicht einmal zur Rettung Konstantinopels, der östl. Vormauer der europ. Christenheit. Die K. regten als eine europ. Bewegung alle christlichen Völker in der Tiefe auf; sie schufen die 3 geistlichen Ritterorden und überhaupt die Blüte des Ritterwesens, beförderten das Emporkommen der Städte u. trugen wesentlich zur Gründung der Macht Venedigs und Genuas bei; der Verkehr mit dem Oriente konnte auch nicht ohne Einfluß auf die abendländ. Wissenschaft u. Kunst bleiben, obwohl die Einwirkung der sicil. u. span. Moslemin das Meiste in dieser Beziehung gethan haben mag. Kreysig, Friedr. Ludwig, geb. 1770 zu Eulenburg bei Leipzig, 1801 Professor der Anatomie und Botanik zu Wittenberg, 1803 kurfürstl. Leibarzt in Dresden, übernahm 1815 wieder eine Professur, lebte aber später ganz seiner Praxis und dem Studium der Botanik; st. 1839. Schriften: „Neue Darstellung der physiologischen und pathologischen Grundlehren“, Leipzig 1798–1800; „Die Krankheiten des Herzens“, Leipz. 1814–17; „System der praktischen Heilkunde“, Leipzig 1818–19. Kriebelkrankheit, Kornstaupe (Ergotismus Raphania), eine schon seit mehren Jahrhunderten öfter beobachtete, meist epidemische Krankheit, entstanden durch den Genuß von verdorbenem, besonders mit viel Mutterkorn verunreinigtem Mehl. Das Wesen der Krankheit ist eine Vergiftung des Rückenmarks, die sich theils in den Bewegungsnerven als Krampf und Lähmung, theils in den Empfindungsnerven als Gefühllosigkeit oder als Gefühl von Kriebeln in der Haut ausspricht; öfters auch befällt sie die Gefäßnerven mit Blutstockung und Brand (E. gangraenosus). Die Krankheit tritt zuerst unter gastrischen Erscheinungen

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Zitationshilfe: Herders Conversations-Lexikon. Bd. 3. Freiburg im Breisgau, 1855, S. 661. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationslexikon03_1855/662>, abgerufen am 24.11.2024.