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Herders Conversations-Lexikon. Bd. 3. Freiburg im Breisgau, 1855.

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Glaube stammt von den alten Deutschen, welche dem weibl. Geschlechte die Gabe der Weissagung u. Beschwörung zutrauten, was sich bei dem allmäligen Aufhören des Heidenthums, das aber als Aberglauben beständig fortwirkte, in den Versuch der H.rei und in den Glauben an H.rei verwandelte. Daß wirklich H.rei versucht wurde, beweist unsere eigene Zeit, die trotz aller Aufklärung weniger selten als gewöhnlich angenommen wird zu dem Unwesen zurückkehrt (wie es noch in einigen Gegenden im Volksglauben wurzelt, zeigen z. B. manche Erzählungen bei Jerem. Gotthelf), u. unverwerfliche Zeugnisse aus frühern Jahrhunderten; so erklärt es sich auch, warum kirchliche u. bürgerliche Gesetze mit den schärfsten Strafen einschritten. Daß der Glaube an H.rei zeitenweise zu einer förmlichen Wuth ausartete, ist leider nur zu gewiß. namentlich vom 15. bis zum 18. Jahrh., in Deutschland besonders nach dem 30jähr. Kriege. Viele Tausend Weiber wurden ein Opfer der H. n-Probe (mit zusammengebundenen Daumen u. großen Zehen wurden die Angeschuldigten langsam in einen Fluß oder Teich gelegt; sanken sie nicht ganz unter, so waren sie schuldig) oder des Scheiterhaufens; vielmal wurde das Geständniß durch die Folter ausgepreßt, oft aber bekannten sie sich des Umgangs mit dem Teufel, der Theilnahme am H.nsabbath u. H.ntanz in der Walpurgisnacht (1. Mai), mit Aufzählung aller möglichen Einzelnheiten für schuldig, was nur erklärlich ist, wenn man annimmt, daß damals eine epidemische Geisteskrankheit bei den Weibern geherrscht habe. Die Jesuiten Tanner u. Spee traten zuerst um die Mitte des 17. Jahrh. mit Nachdruck gegen die H.nverfolgungen auf (vergl. dagegen Carpzow), gegen Ende desselben Prof. Thomasius, aber erst um die Mitte des vorigen Jahrhunderts führten die Gesetzgebungen in den meisten Staaten das Ende der H.nprozesse herbei. (Soldan, Gesch. der H.nprozesse, Stuttg. 1843.)


Hexenmehl, s. Bärlappmoos.


Hexham (Hecksäm), Stadt in d. engl. Grafschaft Northumberland mit 6900 E., Leder-, Handschuh-, u. Hutfabrikation.


Hey, Wilh., protest. Theolog, geb. 1790 zu Leina im Gothaischen, gest. 1854 als Superintendent zu Ichtershausen an der Gera, wurde durch Gedichte (1816) u. vor allem durch seine "50 Fabeln für Kinder" bekannt, welche seit 1833 oft herausgegeben und theilweise vielen Sammlungen und Kinderschriften einverleibt wurden.


Heyden, Jan van der, geb. 1640 zu Gorkum, gest. 1712 zu Amsterdam, holländ. Landschafts- u. Architekturmaler; ist auch Verbesserer der Feuerspritze und machte sich um die Gemeindeeinrichtungen Amsterdams verdient.


Heyden, Friedr. Aug. von der, Dichter, geb. 1789 bei Heilsberg im ostpreuß. R.-Bez. Königsberg, Sohn eines Gutsbesitzers, gest. 1851 als Oberregierungsrath zu Breslau, schrieb als ein untergeordneter Parteigänger der Romantik seit 1815 Theaterstücke, Romane u. dramat. Novellen, namentlich auch Heldengedichte. Theod. Mundt gab H.s Gedichte sammt Lebensbeschreibung heraus, Lpzg. 1852.


Heydenreich, Karl Heinr., philosoph. Schriftsteller u. Dichter, geb. 1764 zu Stolpen in Sachsen, 1789-98 Prof. d. Philosophie zu Leipzig, gest. 1801 zu Burgwerben bei Weißenfels. Er war Kantianer; die sehr zahlreichen philos. Werke und Abhandlungen sollen übrigens für geistige Selbständigkeit sowie seine 1803 erschienenen Gedichte bei allem Ueberfluß an Reflexion und Abstraction für ein tiefes Gefühl sprechen. Durch eine höchst ungeregelte Lebensweise bereitete er sich den frühen Tod.


Heyfelder, Joh. Ferd., Arzt u. Chirurg, geb. zu Küstrin 1798, 1833 Leibarzt des Fürsten von Sigmaringen und Director des Medicinalwesens, 1841 Prof. der Chirurgie u. Augenheilkunde in Erlangen, erhielt Febr. 1855 von Petersburg den Ruf als oberster Chirurg bei der in Finnland aufgestellten Armee. Von Schriften: "Die Krankheiten der Neugebornen", Lpzg. 1825; "Beobachtungen über die Cholera", 2 Bde., Bonn 1830; "Studien im Gebiete der Heilwissenschaften", 2 Bde., Stuttg. 1838-39; "die Heilquellen Württembergs, Badens etc.", Stuttg. 1846; "die

Glaube stammt von den alten Deutschen, welche dem weibl. Geschlechte die Gabe der Weissagung u. Beschwörung zutrauten, was sich bei dem allmäligen Aufhören des Heidenthums, das aber als Aberglauben beständig fortwirkte, in den Versuch der H.rei und in den Glauben an H.rei verwandelte. Daß wirklich H.rei versucht wurde, beweist unsere eigene Zeit, die trotz aller Aufklärung weniger selten als gewöhnlich angenommen wird zu dem Unwesen zurückkehrt (wie es noch in einigen Gegenden im Volksglauben wurzelt, zeigen z. B. manche Erzählungen bei Jerem. Gotthelf), u. unverwerfliche Zeugnisse aus frühern Jahrhunderten; so erklärt es sich auch, warum kirchliche u. bürgerliche Gesetze mit den schärfsten Strafen einschritten. Daß der Glaube an H.rei zeitenweise zu einer förmlichen Wuth ausartete, ist leider nur zu gewiß. namentlich vom 15. bis zum 18. Jahrh., in Deutschland besonders nach dem 30jähr. Kriege. Viele Tausend Weiber wurden ein Opfer der H. n-Probe (mit zusammengebundenen Daumen u. großen Zehen wurden die Angeschuldigten langsam in einen Fluß oder Teich gelegt; sanken sie nicht ganz unter, so waren sie schuldig) oder des Scheiterhaufens; vielmal wurde das Geständniß durch die Folter ausgepreßt, oft aber bekannten sie sich des Umgangs mit dem Teufel, der Theilnahme am H.nsabbath u. H.ntanz in der Walpurgisnacht (1. Mai), mit Aufzählung aller möglichen Einzelnheiten für schuldig, was nur erklärlich ist, wenn man annimmt, daß damals eine epidemische Geisteskrankheit bei den Weibern geherrscht habe. Die Jesuiten Tanner u. Spee traten zuerst um die Mitte des 17. Jahrh. mit Nachdruck gegen die H.nverfolgungen auf (vergl. dagegen Carpzow), gegen Ende desselben Prof. Thomasius, aber erst um die Mitte des vorigen Jahrhunderts führten die Gesetzgebungen in den meisten Staaten das Ende der H.nprozesse herbei. (Soldan, Gesch. der H.nprozesse, Stuttg. 1843.)


Hexenmehl, s. Bärlappmoos.


Hexham (Hecksäm), Stadt in d. engl. Grafschaft Northumberland mit 6900 E., Leder-, Handschuh-, u. Hutfabrikation.


Hey, Wilh., protest. Theolog, geb. 1790 zu Leina im Gothaischen, gest. 1854 als Superintendent zu Ichtershausen an der Gera, wurde durch Gedichte (1816) u. vor allem durch seine „50 Fabeln für Kinder“ bekannt, welche seit 1833 oft herausgegeben und theilweise vielen Sammlungen und Kinderschriften einverleibt wurden.


Heyden, Jan van der, geb. 1640 zu Gorkum, gest. 1712 zu Amsterdam, holländ. Landschafts- u. Architekturmaler; ist auch Verbesserer der Feuerspritze und machte sich um die Gemeindeeinrichtungen Amsterdams verdient.


Heyden, Friedr. Aug. von der, Dichter, geb. 1789 bei Heilsberg im ostpreuß. R.-Bez. Königsberg, Sohn eines Gutsbesitzers, gest. 1851 als Oberregierungsrath zu Breslau, schrieb als ein untergeordneter Parteigänger der Romantik seit 1815 Theaterstücke, Romane u. dramat. Novellen, namentlich auch Heldengedichte. Theod. Mundt gab H.s Gedichte sammt Lebensbeschreibung heraus, Lpzg. 1852.


Heydenreich, Karl Heinr., philosoph. Schriftsteller u. Dichter, geb. 1764 zu Stolpen in Sachsen, 1789–98 Prof. d. Philosophie zu Leipzig, gest. 1801 zu Burgwerben bei Weißenfels. Er war Kantianer; die sehr zahlreichen philos. Werke und Abhandlungen sollen übrigens für geistige Selbständigkeit sowie seine 1803 erschienenen Gedichte bei allem Ueberfluß an Reflexion und Abstraction für ein tiefes Gefühl sprechen. Durch eine höchst ungeregelte Lebensweise bereitete er sich den frühen Tod.


Heyfelder, Joh. Ferd., Arzt u. Chirurg, geb. zu Küstrin 1798, 1833 Leibarzt des Fürsten von Sigmaringen und Director des Medicinalwesens, 1841 Prof. der Chirurgie u. Augenheilkunde in Erlangen, erhielt Febr. 1855 von Petersburg den Ruf als oberster Chirurg bei der in Finnland aufgestellten Armee. Von Schriften: „Die Krankheiten der Neugebornen“, Lpzg. 1825; „Beobachtungen über die Cholera“, 2 Bde., Bonn 1830; „Studien im Gebiete der Heilwissenschaften“, 2 Bde., Stuttg. 1838–39; „die Heilquellen Württembergs, Badens etc.“, Stuttg. 1846; „die

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[303/0304] Glaube stammt von den alten Deutschen, welche dem weibl. Geschlechte die Gabe der Weissagung u. Beschwörung zutrauten, was sich bei dem allmäligen Aufhören des Heidenthums, das aber als Aberglauben beständig fortwirkte, in den Versuch der H.rei und in den Glauben an H.rei verwandelte. Daß wirklich H.rei versucht wurde, beweist unsere eigene Zeit, die trotz aller Aufklärung weniger selten als gewöhnlich angenommen wird zu dem Unwesen zurückkehrt (wie es noch in einigen Gegenden im Volksglauben wurzelt, zeigen z. B. manche Erzählungen bei Jerem. Gotthelf), u. unverwerfliche Zeugnisse aus frühern Jahrhunderten; so erklärt es sich auch, warum kirchliche u. bürgerliche Gesetze mit den schärfsten Strafen einschritten. Daß der Glaube an H.rei zeitenweise zu einer förmlichen Wuth ausartete, ist leider nur zu gewiß. namentlich vom 15. bis zum 18. Jahrh., in Deutschland besonders nach dem 30jähr. Kriege. Viele Tausend Weiber wurden ein Opfer der H. n-Probe (mit zusammengebundenen Daumen u. großen Zehen wurden die Angeschuldigten langsam in einen Fluß oder Teich gelegt; sanken sie nicht ganz unter, so waren sie schuldig) oder des Scheiterhaufens; vielmal wurde das Geständniß durch die Folter ausgepreßt, oft aber bekannten sie sich des Umgangs mit dem Teufel, der Theilnahme am H.nsabbath u. H.ntanz in der Walpurgisnacht (1. Mai), mit Aufzählung aller möglichen Einzelnheiten für schuldig, was nur erklärlich ist, wenn man annimmt, daß damals eine epidemische Geisteskrankheit bei den Weibern geherrscht habe. Die Jesuiten Tanner u. Spee traten zuerst um die Mitte des 17. Jahrh. mit Nachdruck gegen die H.nverfolgungen auf (vergl. dagegen Carpzow), gegen Ende desselben Prof. Thomasius, aber erst um die Mitte des vorigen Jahrhunderts führten die Gesetzgebungen in den meisten Staaten das Ende der H.nprozesse herbei. (Soldan, Gesch. der H.nprozesse, Stuttg. 1843.) Hexenmehl, s. Bärlappmoos. Hexham (Hecksäm), Stadt in d. engl. Grafschaft Northumberland mit 6900 E., Leder-, Handschuh-, u. Hutfabrikation. Hey, Wilh., protest. Theolog, geb. 1790 zu Leina im Gothaischen, gest. 1854 als Superintendent zu Ichtershausen an der Gera, wurde durch Gedichte (1816) u. vor allem durch seine „50 Fabeln für Kinder“ bekannt, welche seit 1833 oft herausgegeben und theilweise vielen Sammlungen und Kinderschriften einverleibt wurden. Heyden, Jan van der, geb. 1640 zu Gorkum, gest. 1712 zu Amsterdam, holländ. Landschafts- u. Architekturmaler; ist auch Verbesserer der Feuerspritze und machte sich um die Gemeindeeinrichtungen Amsterdams verdient. Heyden, Friedr. Aug. von der, Dichter, geb. 1789 bei Heilsberg im ostpreuß. R.-Bez. Königsberg, Sohn eines Gutsbesitzers, gest. 1851 als Oberregierungsrath zu Breslau, schrieb als ein untergeordneter Parteigänger der Romantik seit 1815 Theaterstücke, Romane u. dramat. Novellen, namentlich auch Heldengedichte. Theod. Mundt gab H.s Gedichte sammt Lebensbeschreibung heraus, Lpzg. 1852. Heydenreich, Karl Heinr., philosoph. Schriftsteller u. Dichter, geb. 1764 zu Stolpen in Sachsen, 1789–98 Prof. d. Philosophie zu Leipzig, gest. 1801 zu Burgwerben bei Weißenfels. Er war Kantianer; die sehr zahlreichen philos. Werke und Abhandlungen sollen übrigens für geistige Selbständigkeit sowie seine 1803 erschienenen Gedichte bei allem Ueberfluß an Reflexion und Abstraction für ein tiefes Gefühl sprechen. Durch eine höchst ungeregelte Lebensweise bereitete er sich den frühen Tod. Heyfelder, Joh. Ferd., Arzt u. Chirurg, geb. zu Küstrin 1798, 1833 Leibarzt des Fürsten von Sigmaringen und Director des Medicinalwesens, 1841 Prof. der Chirurgie u. Augenheilkunde in Erlangen, erhielt Febr. 1855 von Petersburg den Ruf als oberster Chirurg bei der in Finnland aufgestellten Armee. Von Schriften: „Die Krankheiten der Neugebornen“, Lpzg. 1825; „Beobachtungen über die Cholera“, 2 Bde., Bonn 1830; „Studien im Gebiete der Heilwissenschaften“, 2 Bde., Stuttg. 1838–39; „die Heilquellen Württembergs, Badens etc.“, Stuttg. 1846; „die

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Zitationshilfe: Herders Conversations-Lexikon. Bd. 3. Freiburg im Breisgau, 1855, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationslexikon03_1855/304>, abgerufen am 23.11.2024.