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Herders Conversations-Lexikon. Bd. 3. Freiburg im Breisgau, 1855.

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Unbeschreibliches Elend brachte das Zeitalter Ludwigs XIV. durch die Mordbrenner Türenne, Melac u. a., namentlich 1674, 1688, wo auch das Schloß großentheils zerstört wurde, und 1693-97. Im 18. Jahrh. litt die Universität, zumal von 1705-73, auch erwählte der Kurfürst Mannheim zur Residenz. Karl Theodor that übrigens seit 1743 vieles für H., wollte selbst das Schloß wieder aufbauen und baute das sog. große Faß, das 283200 Flaschen hält, aber seit 1769 leer ist. Im J. 1803 wurde H. badisch, die Sorgfalt der Regierung und die Friedensjahre brachten die Universität in neuen Flor. Dieselbe zählte 1846 und 47 über 80 Lehrer u. beinahe 1000 Studenten, 1852 nur 732, gegenwärtig wieder einige mehr. Zu ihr gehört die Bibliothek mit 130000 B., etwa 50000 Dissertationen, 1300 Handschriften und 1000 Urkunden, eine neue Anatomie, eine Sternwarte, Entbindungsanstalt, vielerlei Sammlungen u. s. f. Das Gymnasium wurde 1846 zum Lyceum. In H. lehrten einst Reuchlin, Wessel, Seb. Münster, Gruterus und Godofred, Freher, Pufendorf, in neuerer Zeit Gatterer, Voß, Paulus, Hegel, Daub, Neander, Thibaut, Zachariä, Creuzer, Nägele u. viele a. Berühmtheiten; gegenwärtig: Schlosser u. Häußer, Kortüm, Schweins, Bähr, Roßhirt, Mittermaier, Vangerow, Chelius, K. Zell u. s. f. Nahe bei H. weilt im Stifte Neuburg die Wittwe des in der kathol. Welt gefeierten und 1851 gest. J. F. H. Schlosser.


Heideloff, Victor Peter, Maler und Architekt, geb. 1757 zu Stuttgart, bildete sich in der Karlsschule daselbst, später in Italien und Paris u. ward nach seiner Rückkehr Prof., Hof- u. Theatermaler in Stuttgart, in welcher Stellung er zuerst dem altfranz. Geschmack entgegenwirkte; st. 1816. - H., Karl Alex., Sohn des Vorigen, Maler und Architekt, geb. 1788 zu Stuttgart, widmete sich vorzugsweise dem Studium der Baukunst des Mittelalters, wurde städtischer Baumeister in Nürnberg, 1822 Prof. an der von ihm gegründeten polytechn. Schule daselbst. Bekannteste architekton. Leistungen: die Wiederherstellung der Jakobskirche, der Moritzkapelle, der Dürersbrunnen in Nürnberg; ferner der Rittersaal in der Festung Koburg, die Schlösser Landsberg u. Altenstein, die Wiederherstellung des Doms von Bamberg, des Schlößchens Lichtenstein, der Pfarrkirche zu Rottweil etc. Von vielen Schriften: "Die Lehre von den Säulenordnungen", Nürnb. 1827; "Der Bau- u. Möbelschreiner", 1832-37; "Der Tüncher", 1835; "Nürnbergs Baudenkmale der Vorzeit", Heft 1, Nürnberg 1838; "Ornamentik des Mittelalters", Heft 1-24, Nürnb. 1838-52; "Der christl. Altar", 1838; "Der kleine Altdeutsche", Nürnb. 1849-51. Gegenwärtig gibt er ein vielversprechendes Kunstwerk heraus: "Die Kunst des Mittelalters in Schwaben".


Heidelsheim, bad. Stadt im Mittelrheinkreise mit 2450 E.


Heiden, lat. pagani, Dorfbewohner, nannte man seit Konstantins d. Gr. Zeit diejenigen, welche weder Christen noch Juden waren od. werden wollten, was beim Landvolk am längsten der Fall blieb. Der Name wurde allmälig auf alle Nichtchristen und Nichtjuden ausgedehnt und erst in der neuern Zeit hörte man auf, die Mohammedaner zu den H. od. Ungläubigen zu zählen, weil dieselben mindestens an einen einzigen Gott glauben und weil man in diesem Glauben den Hauptunterschied zwischen den Christen, Juden u. Mohammedanern einerseits und den Bekennern aller andern Religionen anderseits finden wollte. Richtiger ließe sich sagen, daß nicht die Anerkennung eines einzigen höchsten Wesens, welche im Grunde bei jedem gesund organisirten u. einigermaßen denkfähigen Menschen angetroffen wird, sondern die Erkenntniß eines persönlichen Gottes als des Herrn und Vaters der Völker u. Einzelnen den Nicht-H. vom H. trennt. - Heidnisch, unchristlich, gottlos, lasterhaft.


Heidenheim, württemb. Oberamtsstadt im Jaxtkreise an der Brenz mit 3000 E., lebhafter Industrie für Wolle-, Baumwolle- u. Töpferwaaren, großartiger Papierfabrik. Oberhalb der Stadt die Ruinen von Helfenstein, von dem sich einmal ein berühmtes Grafengeschlecht

Unbeschreibliches Elend brachte das Zeitalter Ludwigs XIV. durch die Mordbrenner Türenne, Melac u. a., namentlich 1674, 1688, wo auch das Schloß großentheils zerstört wurde, und 1693–97. Im 18. Jahrh. litt die Universität, zumal von 1705–73, auch erwählte der Kurfürst Mannheim zur Residenz. Karl Theodor that übrigens seit 1743 vieles für H., wollte selbst das Schloß wieder aufbauen und baute das sog. große Faß, das 283200 Flaschen hält, aber seit 1769 leer ist. Im J. 1803 wurde H. badisch, die Sorgfalt der Regierung und die Friedensjahre brachten die Universität in neuen Flor. Dieselbe zählte 1846 und 47 über 80 Lehrer u. beinahe 1000 Studenten, 1852 nur 732, gegenwärtig wieder einige mehr. Zu ihr gehört die Bibliothek mit 130000 B., etwa 50000 Dissertationen, 1300 Handschriften und 1000 Urkunden, eine neue Anatomie, eine Sternwarte, Entbindungsanstalt, vielerlei Sammlungen u. s. f. Das Gymnasium wurde 1846 zum Lyceum. In H. lehrten einst Reuchlin, Wessel, Seb. Münster, Gruterus und Godofred, Freher, Pufendorf, in neuerer Zeit Gatterer, Voß, Paulus, Hegel, Daub, Neander, Thibaut, Zachariä, Creuzer, Nägele u. viele a. Berühmtheiten; gegenwärtig: Schlosser u. Häußer, Kortüm, Schweins, Bähr, Roßhirt, Mittermaier, Vangerow, Chelius, K. Zell u. s. f. Nahe bei H. weilt im Stifte Neuburg die Wittwe des in der kathol. Welt gefeierten und 1851 gest. J. F. H. Schlosser.


Heideloff, Victor Peter, Maler und Architekt, geb. 1757 zu Stuttgart, bildete sich in der Karlsschule daselbst, später in Italien und Paris u. ward nach seiner Rückkehr Prof., Hof- u. Theatermaler in Stuttgart, in welcher Stellung er zuerst dem altfranz. Geschmack entgegenwirkte; st. 1816. – H., Karl Alex., Sohn des Vorigen, Maler und Architekt, geb. 1788 zu Stuttgart, widmete sich vorzugsweise dem Studium der Baukunst des Mittelalters, wurde städtischer Baumeister in Nürnberg, 1822 Prof. an der von ihm gegründeten polytechn. Schule daselbst. Bekannteste architekton. Leistungen: die Wiederherstellung der Jakobskirche, der Moritzkapelle, der Dürersbrunnen in Nürnberg; ferner der Rittersaal in der Festung Koburg, die Schlösser Landsberg u. Altenstein, die Wiederherstellung des Doms von Bamberg, des Schlößchens Lichtenstein, der Pfarrkirche zu Rottweil etc. Von vielen Schriften: „Die Lehre von den Säulenordnungen“, Nürnb. 1827; „Der Bau- u. Möbelschreiner“, 1832–37; „Der Tüncher“, 1835; „Nürnbergs Baudenkmale der Vorzeit“, Heft 1, Nürnberg 1838; „Ornamentik des Mittelalters“, Heft 1–24, Nürnb. 1838–52; „Der christl. Altar“, 1838; „Der kleine Altdeutsche“, Nürnb. 1849–51. Gegenwärtig gibt er ein vielversprechendes Kunstwerk heraus: „Die Kunst des Mittelalters in Schwaben“.


Heidelsheim, bad. Stadt im Mittelrheinkreise mit 2450 E.


Heiden, lat. pagani, Dorfbewohner, nannte man seit Konstantins d. Gr. Zeit diejenigen, welche weder Christen noch Juden waren od. werden wollten, was beim Landvolk am längsten der Fall blieb. Der Name wurde allmälig auf alle Nichtchristen und Nichtjuden ausgedehnt und erst in der neuern Zeit hörte man auf, die Mohammedaner zu den H. od. Ungläubigen zu zählen, weil dieselben mindestens an einen einzigen Gott glauben und weil man in diesem Glauben den Hauptunterschied zwischen den Christen, Juden u. Mohammedanern einerseits und den Bekennern aller andern Religionen anderseits finden wollte. Richtiger ließe sich sagen, daß nicht die Anerkennung eines einzigen höchsten Wesens, welche im Grunde bei jedem gesund organisirten u. einigermaßen denkfähigen Menschen angetroffen wird, sondern die Erkenntniß eines persönlichen Gottes als des Herrn und Vaters der Völker u. Einzelnen den Nicht-H. vom H. trennt. – Heidnisch, unchristlich, gottlos, lasterhaft.


Heidenheim, württemb. Oberamtsstadt im Jaxtkreise an der Brenz mit 3000 E., lebhafter Industrie für Wolle-, Baumwolle- u. Töpferwaaren, großartiger Papierfabrik. Oberhalb der Stadt die Ruinen von Helfenstein, von dem sich einmal ein berühmtes Grafengeschlecht

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[256/0257] Unbeschreibliches Elend brachte das Zeitalter Ludwigs XIV. durch die Mordbrenner Türenne, Melac u. a., namentlich 1674, 1688, wo auch das Schloß großentheils zerstört wurde, und 1693–97. Im 18. Jahrh. litt die Universität, zumal von 1705–73, auch erwählte der Kurfürst Mannheim zur Residenz. Karl Theodor that übrigens seit 1743 vieles für H., wollte selbst das Schloß wieder aufbauen und baute das sog. große Faß, das 283200 Flaschen hält, aber seit 1769 leer ist. Im J. 1803 wurde H. badisch, die Sorgfalt der Regierung und die Friedensjahre brachten die Universität in neuen Flor. Dieselbe zählte 1846 und 47 über 80 Lehrer u. beinahe 1000 Studenten, 1852 nur 732, gegenwärtig wieder einige mehr. Zu ihr gehört die Bibliothek mit 130000 B., etwa 50000 Dissertationen, 1300 Handschriften und 1000 Urkunden, eine neue Anatomie, eine Sternwarte, Entbindungsanstalt, vielerlei Sammlungen u. s. f. Das Gymnasium wurde 1846 zum Lyceum. In H. lehrten einst Reuchlin, Wessel, Seb. Münster, Gruterus und Godofred, Freher, Pufendorf, in neuerer Zeit Gatterer, Voß, Paulus, Hegel, Daub, Neander, Thibaut, Zachariä, Creuzer, Nägele u. viele a. Berühmtheiten; gegenwärtig: Schlosser u. Häußer, Kortüm, Schweins, Bähr, Roßhirt, Mittermaier, Vangerow, Chelius, K. Zell u. s. f. Nahe bei H. weilt im Stifte Neuburg die Wittwe des in der kathol. Welt gefeierten und 1851 gest. J. F. H. Schlosser. Heideloff, Victor Peter, Maler und Architekt, geb. 1757 zu Stuttgart, bildete sich in der Karlsschule daselbst, später in Italien und Paris u. ward nach seiner Rückkehr Prof., Hof- u. Theatermaler in Stuttgart, in welcher Stellung er zuerst dem altfranz. Geschmack entgegenwirkte; st. 1816. – H., Karl Alex., Sohn des Vorigen, Maler und Architekt, geb. 1788 zu Stuttgart, widmete sich vorzugsweise dem Studium der Baukunst des Mittelalters, wurde städtischer Baumeister in Nürnberg, 1822 Prof. an der von ihm gegründeten polytechn. Schule daselbst. Bekannteste architekton. Leistungen: die Wiederherstellung der Jakobskirche, der Moritzkapelle, der Dürersbrunnen in Nürnberg; ferner der Rittersaal in der Festung Koburg, die Schlösser Landsberg u. Altenstein, die Wiederherstellung des Doms von Bamberg, des Schlößchens Lichtenstein, der Pfarrkirche zu Rottweil etc. Von vielen Schriften: „Die Lehre von den Säulenordnungen“, Nürnb. 1827; „Der Bau- u. Möbelschreiner“, 1832–37; „Der Tüncher“, 1835; „Nürnbergs Baudenkmale der Vorzeit“, Heft 1, Nürnberg 1838; „Ornamentik des Mittelalters“, Heft 1–24, Nürnb. 1838–52; „Der christl. Altar“, 1838; „Der kleine Altdeutsche“, Nürnb. 1849–51. Gegenwärtig gibt er ein vielversprechendes Kunstwerk heraus: „Die Kunst des Mittelalters in Schwaben“. Heidelsheim, bad. Stadt im Mittelrheinkreise mit 2450 E. Heiden, lat. pagani, Dorfbewohner, nannte man seit Konstantins d. Gr. Zeit diejenigen, welche weder Christen noch Juden waren od. werden wollten, was beim Landvolk am längsten der Fall blieb. Der Name wurde allmälig auf alle Nichtchristen und Nichtjuden ausgedehnt und erst in der neuern Zeit hörte man auf, die Mohammedaner zu den H. od. Ungläubigen zu zählen, weil dieselben mindestens an einen einzigen Gott glauben und weil man in diesem Glauben den Hauptunterschied zwischen den Christen, Juden u. Mohammedanern einerseits und den Bekennern aller andern Religionen anderseits finden wollte. Richtiger ließe sich sagen, daß nicht die Anerkennung eines einzigen höchsten Wesens, welche im Grunde bei jedem gesund organisirten u. einigermaßen denkfähigen Menschen angetroffen wird, sondern die Erkenntniß eines persönlichen Gottes als des Herrn und Vaters der Völker u. Einzelnen den Nicht-H. vom H. trennt. – Heidnisch, unchristlich, gottlos, lasterhaft. Heidenheim, württemb. Oberamtsstadt im Jaxtkreise an der Brenz mit 3000 E., lebhafter Industrie für Wolle-, Baumwolle- u. Töpferwaaren, großartiger Papierfabrik. Oberhalb der Stadt die Ruinen von Helfenstein, von dem sich einmal ein berühmtes Grafengeschlecht

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Zitationshilfe: Herders Conversations-Lexikon. Bd. 3. Freiburg im Breisgau, 1855, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationslexikon03_1855/257>, abgerufen am 23.11.2024.