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Herders Conversations-Lexikon. Bd. 3. Freiburg im Breisgau, 1855.

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als Staatsideal hinstellte und die Religion als eine Maschine in der Hand des Monarchen behandelte. Am meisten förderten die Engländer Mathematik u. Naturwissenschaften; Barrow begann die Analysis des Unendlichen, Boyle untersuchte die chemische Zusammensetzung der Luft, Halley beobachtete den südl. Sternenhimmel, berechnete die Bahn eines Kometen u. wies auf die Durchgänge der untern Planeten als ein Mittel zur Bestimmung der Entfernung der Sonne hin, Isaak Newton aber, dessen Hauptwirksamkeit in diese Periode fällt, begründete durch seine Theorie der Schwere, durch seine mathemat. und optischen Entdeckungen eine neue Zeit für die Mathematik u. die Naturwissenschaften. Die folgende Periode der engl. Literatur erfüllt das 18. Jahrh. Die engl. Verfassung ist ausgebildet, die Parteien bekämpfen einander nur noch in den Wahlversammlungen und parlamentarischen Debatten, ein allgem. Wohlstand ruft eine behagliche Lebensweise u. mit derselben das Wohlgefallen am Zierlichen u. Unterhaltenden hervor. Das Lehrgedicht, die Satire, die beschreibende Poesie (besonders in Naturschilderungen) herrschen vor; Pope, Young, Dyer, Denham, Thomson, Akenside, Gay, Goldsmith, Hayley etc. Die Hauptrichtung der Zeit war die humoristische und satirische in allen ihren Formen. Addison erfand gleichsam das allgem. humorist. Charakterbild u. hatte in Steele, Johnson, Goldsmith Nachfolger und Nebenbuhler; Swift gilt jetzt noch als Meister bitterer Satyre, Sterne der seinen Ironie u. des zartfühlenden Humors. Fielding wurde der Vater des humorist. Romans; neben ihm nehmen Smollet und Goldsmith die ersten Plätze ein. Gleichzeitig entstand durch De Foe der populäre Roman zum Ersatz für die verlornen Heldensagen. Die lyr. Poesie war weniger fruchtbar, weist jedoch Gray u. Prior auf, von denen der erste in der Elegie, der andere in der leichten u. zierlichen Gattung als ausgezeichnet gilt. In der zweiten Hälfte des Jahrh. begann eine Reaction gegen den vorherrschenden Geschmack in der Poesie, theils durch die Bekanntschaft mit der altengl. Volkspoesie (Percy), theils durch die neue aus dem Volke hervorgegangene Poesie, vorzüglich durch die tiefgehenden Bewegungen unter Georg III., eine Reaction, die jedoch erst mit dem Schlusse des Jahrh. zum Durchbruche kam. - Die Beredsamkeit hatte in dieser Zeit ihre classische Periode; von Chatham, dem gefeiertsten Redner, sind jedoch nur wenige Reden vollständig erhalten, weil das Zeitungswesen erst nach dem amerikan. Kriege die erforderliche Einrichtung erhielt. Burke, Pitt, Fox, Sheridan, Erskine, Wyndham etc. stehen würdig neben Demosthenes und Cicero, sowohl was Kraft, Schönheit der Form, logische Schärfe und Witz anbelangt. Neben der parlamentar. Beredsamkeit entfaltete sich das polit.-literar. Treiben in ungeahnter Masse u. Bedeutsamkeit; die Zeitungen vermehrten sich u. nahmen das große Format an; unter den zahllosen Pamphleten gelten die Briefe des Junius als Muster der beredten leidenschaftl. Darstellung. In der Nationalökonomie stellte Adam Smith das System auf, das noch jetzt das Schiboleth der Freihandelspartei ist; die engl. Rechtswissenschaft erhielt durch Blakstone die ausgebildete Grundlage, auf welcher noch jetzt fortgebaut wird. Die Geschichtschreibung bildete sich besonders in der pragmatischen Richtung aus, blieb jedoch von dem Einflusse der skeptischen Philosophie nicht frei (Gibbon, Hume; Robertson, Middleton etc.), die sehr beliebte Biographie artete schon damals gerne in Kleinigkeitskrämerei aus; in der Geschichtsforschung wurde bei weitem nicht so viel als von den französ. Benedictinern geleistet. - Die angewandte Mathematik wurde mit dem größten Eifer angebaut, insofern Mechanik, Schiffsbau, Seewesen etc. mit derselben im engsten Zusammenhang stehen; in der Theorie bleiben die Engländer jedoch hinter den Franzosen u. Deutschen zurück. Für die Thätigkeit in den Naturwissenschaften zeugen Namen wie Cavendish, Wilson, Priestley, Kirwan, Bradley etc.; in der Philologie, in der die Engländer nie stark waren, obwohl die Bildung ihrer Aristokratie wie in keinem anderen Lande auf die altclassische Literatur sich

als Staatsideal hinstellte und die Religion als eine Maschine in der Hand des Monarchen behandelte. Am meisten förderten die Engländer Mathematik u. Naturwissenschaften; Barrow begann die Analysis des Unendlichen, Boyle untersuchte die chemische Zusammensetzung der Luft, Halley beobachtete den südl. Sternenhimmel, berechnete die Bahn eines Kometen u. wies auf die Durchgänge der untern Planeten als ein Mittel zur Bestimmung der Entfernung der Sonne hin, Isaak Newton aber, dessen Hauptwirksamkeit in diese Periode fällt, begründete durch seine Theorie der Schwere, durch seine mathemat. und optischen Entdeckungen eine neue Zeit für die Mathematik u. die Naturwissenschaften. Die folgende Periode der engl. Literatur erfüllt das 18. Jahrh. Die engl. Verfassung ist ausgebildet, die Parteien bekämpfen einander nur noch in den Wahlversammlungen und parlamentarischen Debatten, ein allgem. Wohlstand ruft eine behagliche Lebensweise u. mit derselben das Wohlgefallen am Zierlichen u. Unterhaltenden hervor. Das Lehrgedicht, die Satire, die beschreibende Poesie (besonders in Naturschilderungen) herrschen vor; Pope, Young, Dyer, Denham, Thomson, Akenside, Gay, Goldsmith, Hayley etc. Die Hauptrichtung der Zeit war die humoristische und satirische in allen ihren Formen. Addison erfand gleichsam das allgem. humorist. Charakterbild u. hatte in Steele, Johnson, Goldsmith Nachfolger und Nebenbuhler; Swift gilt jetzt noch als Meister bitterer Satyre, Sterne der seinen Ironie u. des zartfühlenden Humors. Fielding wurde der Vater des humorist. Romans; neben ihm nehmen Smollet und Goldsmith die ersten Plätze ein. Gleichzeitig entstand durch De Foe der populäre Roman zum Ersatz für die verlornen Heldensagen. Die lyr. Poesie war weniger fruchtbar, weist jedoch Gray u. Prior auf, von denen der erste in der Elegie, der andere in der leichten u. zierlichen Gattung als ausgezeichnet gilt. In der zweiten Hälfte des Jahrh. begann eine Reaction gegen den vorherrschenden Geschmack in der Poesie, theils durch die Bekanntschaft mit der altengl. Volkspoesie (Percy), theils durch die neue aus dem Volke hervorgegangene Poesie, vorzüglich durch die tiefgehenden Bewegungen unter Georg III., eine Reaction, die jedoch erst mit dem Schlusse des Jahrh. zum Durchbruche kam. – Die Beredsamkeit hatte in dieser Zeit ihre classische Periode; von Chatham, dem gefeiertsten Redner, sind jedoch nur wenige Reden vollständig erhalten, weil das Zeitungswesen erst nach dem amerikan. Kriege die erforderliche Einrichtung erhielt. Burke, Pitt, Fox, Sheridan, Erskine, Wyndham etc. stehen würdig neben Demosthenes und Cicero, sowohl was Kraft, Schönheit der Form, logische Schärfe und Witz anbelangt. Neben der parlamentar. Beredsamkeit entfaltete sich das polit.-literar. Treiben in ungeahnter Masse u. Bedeutsamkeit; die Zeitungen vermehrten sich u. nahmen das große Format an; unter den zahllosen Pamphleten gelten die Briefe des Junius als Muster der beredten leidenschaftl. Darstellung. In der Nationalökonomie stellte Adam Smith das System auf, das noch jetzt das Schiboleth der Freihandelspartei ist; die engl. Rechtswissenschaft erhielt durch Blakstone die ausgebildete Grundlage, auf welcher noch jetzt fortgebaut wird. Die Geschichtschreibung bildete sich besonders in der pragmatischen Richtung aus, blieb jedoch von dem Einflusse der skeptischen Philosophie nicht frei (Gibbon, Hume; Robertson, Middleton etc.), die sehr beliebte Biographie artete schon damals gerne in Kleinigkeitskrämerei aus; in der Geschichtsforschung wurde bei weitem nicht so viel als von den französ. Benedictinern geleistet. – Die angewandte Mathematik wurde mit dem größten Eifer angebaut, insofern Mechanik, Schiffsbau, Seewesen etc. mit derselben im engsten Zusammenhang stehen; in der Theorie bleiben die Engländer jedoch hinter den Franzosen u. Deutschen zurück. Für die Thätigkeit in den Naturwissenschaften zeugen Namen wie Cavendish, Wilson, Priestley, Kirwan, Bradley etc.; in der Philologie, in der die Engländer nie stark waren, obwohl die Bildung ihrer Aristokratie wie in keinem anderen Lande auf die altclassische Literatur sich

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[170/0171] als Staatsideal hinstellte und die Religion als eine Maschine in der Hand des Monarchen behandelte. Am meisten förderten die Engländer Mathematik u. Naturwissenschaften; Barrow begann die Analysis des Unendlichen, Boyle untersuchte die chemische Zusammensetzung der Luft, Halley beobachtete den südl. Sternenhimmel, berechnete die Bahn eines Kometen u. wies auf die Durchgänge der untern Planeten als ein Mittel zur Bestimmung der Entfernung der Sonne hin, Isaak Newton aber, dessen Hauptwirksamkeit in diese Periode fällt, begründete durch seine Theorie der Schwere, durch seine mathemat. und optischen Entdeckungen eine neue Zeit für die Mathematik u. die Naturwissenschaften. Die folgende Periode der engl. Literatur erfüllt das 18. Jahrh. Die engl. Verfassung ist ausgebildet, die Parteien bekämpfen einander nur noch in den Wahlversammlungen und parlamentarischen Debatten, ein allgem. Wohlstand ruft eine behagliche Lebensweise u. mit derselben das Wohlgefallen am Zierlichen u. Unterhaltenden hervor. Das Lehrgedicht, die Satire, die beschreibende Poesie (besonders in Naturschilderungen) herrschen vor; Pope, Young, Dyer, Denham, Thomson, Akenside, Gay, Goldsmith, Hayley etc. Die Hauptrichtung der Zeit war die humoristische und satirische in allen ihren Formen. Addison erfand gleichsam das allgem. humorist. Charakterbild u. hatte in Steele, Johnson, Goldsmith Nachfolger und Nebenbuhler; Swift gilt jetzt noch als Meister bitterer Satyre, Sterne der seinen Ironie u. des zartfühlenden Humors. Fielding wurde der Vater des humorist. Romans; neben ihm nehmen Smollet und Goldsmith die ersten Plätze ein. Gleichzeitig entstand durch De Foe der populäre Roman zum Ersatz für die verlornen Heldensagen. Die lyr. Poesie war weniger fruchtbar, weist jedoch Gray u. Prior auf, von denen der erste in der Elegie, der andere in der leichten u. zierlichen Gattung als ausgezeichnet gilt. In der zweiten Hälfte des Jahrh. begann eine Reaction gegen den vorherrschenden Geschmack in der Poesie, theils durch die Bekanntschaft mit der altengl. Volkspoesie (Percy), theils durch die neue aus dem Volke hervorgegangene Poesie, vorzüglich durch die tiefgehenden Bewegungen unter Georg III., eine Reaction, die jedoch erst mit dem Schlusse des Jahrh. zum Durchbruche kam. – Die Beredsamkeit hatte in dieser Zeit ihre classische Periode; von Chatham, dem gefeiertsten Redner, sind jedoch nur wenige Reden vollständig erhalten, weil das Zeitungswesen erst nach dem amerikan. Kriege die erforderliche Einrichtung erhielt. Burke, Pitt, Fox, Sheridan, Erskine, Wyndham etc. stehen würdig neben Demosthenes und Cicero, sowohl was Kraft, Schönheit der Form, logische Schärfe und Witz anbelangt. Neben der parlamentar. Beredsamkeit entfaltete sich das polit.-literar. Treiben in ungeahnter Masse u. Bedeutsamkeit; die Zeitungen vermehrten sich u. nahmen das große Format an; unter den zahllosen Pamphleten gelten die Briefe des Junius als Muster der beredten leidenschaftl. Darstellung. In der Nationalökonomie stellte Adam Smith das System auf, das noch jetzt das Schiboleth der Freihandelspartei ist; die engl. Rechtswissenschaft erhielt durch Blakstone die ausgebildete Grundlage, auf welcher noch jetzt fortgebaut wird. Die Geschichtschreibung bildete sich besonders in der pragmatischen Richtung aus, blieb jedoch von dem Einflusse der skeptischen Philosophie nicht frei (Gibbon, Hume; Robertson, Middleton etc.), die sehr beliebte Biographie artete schon damals gerne in Kleinigkeitskrämerei aus; in der Geschichtsforschung wurde bei weitem nicht so viel als von den französ. Benedictinern geleistet. – Die angewandte Mathematik wurde mit dem größten Eifer angebaut, insofern Mechanik, Schiffsbau, Seewesen etc. mit derselben im engsten Zusammenhang stehen; in der Theorie bleiben die Engländer jedoch hinter den Franzosen u. Deutschen zurück. Für die Thätigkeit in den Naturwissenschaften zeugen Namen wie Cavendish, Wilson, Priestley, Kirwan, Bradley etc.; in der Philologie, in der die Engländer nie stark waren, obwohl die Bildung ihrer Aristokratie wie in keinem anderen Lande auf die altclassische Literatur sich

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Zitationshilfe: Herders Conversations-Lexikon. Bd. 3. Freiburg im Breisgau, 1855, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationslexikon03_1855/171>, abgerufen am 23.11.2024.