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Herders Conversations-Lexikon. Bd. 2. Freiburg im Breisgau, 1854.

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das ganze Volksleben bannenden Despotismus und das hermetische System der Absperrung gegen außen, wozu die natürlichen Gränzen des Reiches mithalfen. - Nach der alten Sage der Chinesen wanderten ihre Väter 100 Familien stark aus dem Quellgebiete des Hoangho in Hochasien in das Ostland herunter und gründeten dort ihren patriarchalischen Staat. Die Sage wird aber alsbald zur Mythe, nach welcher Götter und darauf Göttersöhne (unter diesen Fohi und Yao) fast zahllose Jahrtausende über das glückliche China herrschen. Die historische Zeit läßt man mit der Dynastie Hia (2002-1767 v. Chr.) beginnen, auf welche die der Schang folgt (1122 v. Chr.), eine Periode, die indessen noch keineswegs festgestellt ist. Weitere Dynastien folgten: die der Tscheu (1122-249 v. Chr.); der Tsin (249-206 v. Chr.); der Han (206 v.Chr.-220 n.Chr.); darauf Zerfall des Reiches in 3 Reiche und Wiedervereinigung 280 n. Chr. durch Wuti, den Stifter der Dynastie Tsin, von welcher das Reich genannt wird. 386 n. Chr. eroberten die Mongolen den nördl. Theil des Reichs und stifteten dort ein eigenes; die Wiedervereinigung 589 durch die Dynastie Sui (590-618), Tang (619-907), die sogen. 5 späteren Dynastien Heu-wu-tai (907-960), Sung (960 bis 1279). Diese Anzahl der Dynastien weist auf große innere Erschütterungen, die auch wirklich stattfanden, und gleichzeitig dauerte ein wechselvoller Kampf mit den mongol. Nachbarvölkern im Norden und Osten fort. Im J. 1279 gelang es Kublai Khan, dem Mongolen, dem Sohne Oktais, China zu erobern und das ganze Reich unter seinem Scepter zu vereinigen. Die Mongolenherrschaft dauerte bis 1368 und war jedenfalls so gut als die der früheren eingebornen Dynastien; während dieser Zeit betrat der erste Europäer, Marco Polo (s. d. A.), den chinesischen Boden. Im J. 1368 gelang es Tschu oder Taitsong die Mongolen zu vertreiben; er stiftete die Dynastie Ming (1368-1645), welche 1645 den Mandschu (d. h. Anführer), einem Tungusenstamme aus dem Amurland, weichen mußte. Unter diesen erreichte das chinesische Reich seine größte Ausdehnung, besonders unter Kanghi (1661-1722) und dessen Sohn Yungtsching (1722-1735). Unter den Mandschu fand das Christenthum Eingang und die Missionen der Jesuiten hatten solchen Erfolg, daß man die christlichen Gemeinden nach Hunderten zählte und die Bekehrung des ganzen Reiches erwartet werden durfte; namentlich war es der treffliche Kanghi, der den Jesuiten persönlich sehr wohlgewogen war. Aber schon sein Sohn, ein wollüstiger Wütherich, der auch seine eigene Familie nicht schonte, begann eine blutige Verfolgung und nun erneuerten sich die Martyrien im fernsten Osten, welche vor mehr als 1000 Jahren so viele römische Cäsaren im Westen der alten Welt verhängt hatten. Es erfolgten wohl einige Pausen der Verfolgung, im Ganzen genommen dauerte sie aber fort und 1815 wurde allen kath. Missionären der Zutritt in das Reich und allen Chinesen das Bekenntniß der kath. Religion bei Todesstrafe verboten, ohne daß jedoch das kaiserl. Edict durchgeführt werden konnte, weil die Missionäre insgeheim das Land betraten und durchwanderten und die bekehrten Chinesen dem Glauben treu blieben. Die herrschende Kolonialpolitik der Europäer trug diese Früchte; denn damals begnügte man sich nicht mit Handelsverbindungen in den andern Erdtheilen, sondern man suchte Eroberungen, welche dem Handel und zugleich directe der Staatskasse tributär werden sollten, und Ostindien lag China so wenig ferne, daß dessen Herrscher nothwendig die europäische Politik durchschauen mußten. 1821 bestieg Taokuang (d. h. Glanz der Vernunft) den Thron, und nachdem er mongolische und chinesische Unruhen glücklich niedergeschlagen hatte, wurde er 1839 mit den Engländern in Krieg verwickelt. Die Chinesen hatten die Gewohnheit Opium zu essen oder zu rauchen angenommen und die Leidenschaft für diesen Genuß ging so weit, daß die Engländer das Gift zu Tausenden von Centnern ein führten, und als

das ganze Volksleben bannenden Despotismus und das hermetische System der Absperrung gegen außen, wozu die natürlichen Gränzen des Reiches mithalfen. – Nach der alten Sage der Chinesen wanderten ihre Väter 100 Familien stark aus dem Quellgebiete des Hoangho in Hochasien in das Ostland herunter und gründeten dort ihren patriarchalischen Staat. Die Sage wird aber alsbald zur Mythe, nach welcher Götter und darauf Göttersöhne (unter diesen Fohi und Yao) fast zahllose Jahrtausende über das glückliche China herrschen. Die historische Zeit läßt man mit der Dynastie Hia (2002–1767 v. Chr.) beginnen, auf welche die der Schang folgt (1122 v. Chr.), eine Periode, die indessen noch keineswegs festgestellt ist. Weitere Dynastien folgten: die der Tscheu (1122–249 v. Chr.); der Tsin (249–206 v. Chr.); der Han (206 v.Chr.–220 n.Chr.); darauf Zerfall des Reiches in 3 Reiche und Wiedervereinigung 280 n. Chr. durch Wuti, den Stifter der Dynastie Tsin, von welcher das Reich genannt wird. 386 n. Chr. eroberten die Mongolen den nördl. Theil des Reichs und stifteten dort ein eigenes; die Wiedervereinigung 589 durch die Dynastie Sui (590–618), Tang (619–907), die sogen. 5 späteren Dynastien Heu-wu-tai (907–960), Sung (960 bis 1279). Diese Anzahl der Dynastien weist auf große innere Erschütterungen, die auch wirklich stattfanden, und gleichzeitig dauerte ein wechselvoller Kampf mit den mongol. Nachbarvölkern im Norden und Osten fort. Im J. 1279 gelang es Kublai Khan, dem Mongolen, dem Sohne Oktais, China zu erobern und das ganze Reich unter seinem Scepter zu vereinigen. Die Mongolenherrschaft dauerte bis 1368 und war jedenfalls so gut als die der früheren eingebornen Dynastien; während dieser Zeit betrat der erste Europäer, Marco Polo (s. d. A.), den chinesischen Boden. Im J. 1368 gelang es Tschu oder Taitsong die Mongolen zu vertreiben; er stiftete die Dynastie Ming (1368–1645), welche 1645 den Mandschu (d. h. Anführer), einem Tungusenstamme aus dem Amurland, weichen mußte. Unter diesen erreichte das chinesische Reich seine größte Ausdehnung, besonders unter Kanghi (1661–1722) und dessen Sohn Yungtsching (1722–1735). Unter den Mandschu fand das Christenthum Eingang und die Missionen der Jesuiten hatten solchen Erfolg, daß man die christlichen Gemeinden nach Hunderten zählte und die Bekehrung des ganzen Reiches erwartet werden durfte; namentlich war es der treffliche Kanghi, der den Jesuiten persönlich sehr wohlgewogen war. Aber schon sein Sohn, ein wollüstiger Wütherich, der auch seine eigene Familie nicht schonte, begann eine blutige Verfolgung und nun erneuerten sich die Martyrien im fernsten Osten, welche vor mehr als 1000 Jahren so viele römische Cäsaren im Westen der alten Welt verhängt hatten. Es erfolgten wohl einige Pausen der Verfolgung, im Ganzen genommen dauerte sie aber fort und 1815 wurde allen kath. Missionären der Zutritt in das Reich und allen Chinesen das Bekenntniß der kath. Religion bei Todesstrafe verboten, ohne daß jedoch das kaiserl. Edict durchgeführt werden konnte, weil die Missionäre insgeheim das Land betraten und durchwanderten und die bekehrten Chinesen dem Glauben treu blieben. Die herrschende Kolonialpolitik der Europäer trug diese Früchte; denn damals begnügte man sich nicht mit Handelsverbindungen in den andern Erdtheilen, sondern man suchte Eroberungen, welche dem Handel und zugleich directe der Staatskasse tributär werden sollten, und Ostindien lag China so wenig ferne, daß dessen Herrscher nothwendig die europäische Politik durchschauen mußten. 1821 bestieg Taokuang (d. h. Glanz der Vernunft) den Thron, und nachdem er mongolische und chinesische Unruhen glücklich niedergeschlagen hatte, wurde er 1839 mit den Engländern in Krieg verwickelt. Die Chinesen hatten die Gewohnheit Opium zu essen oder zu rauchen angenommen und die Leidenschaft für diesen Genuß ging so weit, daß die Engländer das Gift zu Tausenden von Centnern ein führten, und als

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[90/0091] das ganze Volksleben bannenden Despotismus und das hermetische System der Absperrung gegen außen, wozu die natürlichen Gränzen des Reiches mithalfen. – Nach der alten Sage der Chinesen wanderten ihre Väter 100 Familien stark aus dem Quellgebiete des Hoangho in Hochasien in das Ostland herunter und gründeten dort ihren patriarchalischen Staat. Die Sage wird aber alsbald zur Mythe, nach welcher Götter und darauf Göttersöhne (unter diesen Fohi und Yao) fast zahllose Jahrtausende über das glückliche China herrschen. Die historische Zeit läßt man mit der Dynastie Hia (2002–1767 v. Chr.) beginnen, auf welche die der Schang folgt (1122 v. Chr.), eine Periode, die indessen noch keineswegs festgestellt ist. Weitere Dynastien folgten: die der Tscheu (1122–249 v. Chr.); der Tsin (249–206 v. Chr.); der Han (206 v.Chr.–220 n.Chr.); darauf Zerfall des Reiches in 3 Reiche und Wiedervereinigung 280 n. Chr. durch Wuti, den Stifter der Dynastie Tsin, von welcher das Reich genannt wird. 386 n. Chr. eroberten die Mongolen den nördl. Theil des Reichs und stifteten dort ein eigenes; die Wiedervereinigung 589 durch die Dynastie Sui (590–618), Tang (619–907), die sogen. 5 späteren Dynastien Heu-wu-tai (907–960), Sung (960 bis 1279). Diese Anzahl der Dynastien weist auf große innere Erschütterungen, die auch wirklich stattfanden, und gleichzeitig dauerte ein wechselvoller Kampf mit den mongol. Nachbarvölkern im Norden und Osten fort. Im J. 1279 gelang es Kublai Khan, dem Mongolen, dem Sohne Oktais, China zu erobern und das ganze Reich unter seinem Scepter zu vereinigen. Die Mongolenherrschaft dauerte bis 1368 und war jedenfalls so gut als die der früheren eingebornen Dynastien; während dieser Zeit betrat der erste Europäer, Marco Polo (s. d. A.), den chinesischen Boden. Im J. 1368 gelang es Tschu oder Taitsong die Mongolen zu vertreiben; er stiftete die Dynastie Ming (1368–1645), welche 1645 den Mandschu (d. h. Anführer), einem Tungusenstamme aus dem Amurland, weichen mußte. Unter diesen erreichte das chinesische Reich seine größte Ausdehnung, besonders unter Kanghi (1661–1722) und dessen Sohn Yungtsching (1722–1735). Unter den Mandschu fand das Christenthum Eingang und die Missionen der Jesuiten hatten solchen Erfolg, daß man die christlichen Gemeinden nach Hunderten zählte und die Bekehrung des ganzen Reiches erwartet werden durfte; namentlich war es der treffliche Kanghi, der den Jesuiten persönlich sehr wohlgewogen war. Aber schon sein Sohn, ein wollüstiger Wütherich, der auch seine eigene Familie nicht schonte, begann eine blutige Verfolgung und nun erneuerten sich die Martyrien im fernsten Osten, welche vor mehr als 1000 Jahren so viele römische Cäsaren im Westen der alten Welt verhängt hatten. Es erfolgten wohl einige Pausen der Verfolgung, im Ganzen genommen dauerte sie aber fort und 1815 wurde allen kath. Missionären der Zutritt in das Reich und allen Chinesen das Bekenntniß der kath. Religion bei Todesstrafe verboten, ohne daß jedoch das kaiserl. Edict durchgeführt werden konnte, weil die Missionäre insgeheim das Land betraten und durchwanderten und die bekehrten Chinesen dem Glauben treu blieben. Die herrschende Kolonialpolitik der Europäer trug diese Früchte; denn damals begnügte man sich nicht mit Handelsverbindungen in den andern Erdtheilen, sondern man suchte Eroberungen, welche dem Handel und zugleich directe der Staatskasse tributär werden sollten, und Ostindien lag China so wenig ferne, daß dessen Herrscher nothwendig die europäische Politik durchschauen mußten. 1821 bestieg Taokuang (d. h. Glanz der Vernunft) den Thron, und nachdem er mongolische und chinesische Unruhen glücklich niedergeschlagen hatte, wurde er 1839 mit den Engländern in Krieg verwickelt. Die Chinesen hatten die Gewohnheit Opium zu essen oder zu rauchen angenommen und die Leidenschaft für diesen Genuß ging so weit, daß die Engländer das Gift zu Tausenden von Centnern ein führten, und als

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Zitationshilfe: Herders Conversations-Lexikon. Bd. 2. Freiburg im Breisgau, 1854, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationslexikon02_1854/91>, abgerufen am 28.11.2024.