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Herders Conversations-Lexikon. Bd. 1. Freiburg im Breisgau, 1857.

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in Lucon, 1823 zu Amiens, 1834 zu Paris und 1840 Erzbischof in dieser Hauptstadt. Am 25. Juni 1848, als der Kampf am heftigsten wüthete, begab er sich zu der großen Barrikade auf dem Platze der Bastille, um die Aufständischen zum Aufgeben des verzweifelten Kampfes zu mahnen; diese stellten ihr Feuer wirklich ein, aber ehe der Erzbischof reden konnte, wurde er von einem meuchlerischen Schuß von einem Hause herunter tödtlich verwundet. "Möchte mein Blut das letzte sein, das vergossen wird", sprach der Getroffene; er duldete die größten Schmerzen mit Ergebung und starb den 27. Juni. Alle Parteien zollten ihm während seines Lebens hohe Achtung, sein Tod aber weihte ihn zum Märtyrer der Menschenliebe und Hirtentreue.


Affrettando, affretoso, musik., eilend im Zeitmaße.


Affreux (affrös), abscheulich.


Affront, Trotz, Unverschämtheit; davon das Verb. affrontiren, das Subst. affronterie, unverschämte Begegnung.


Affry, Patricierfamilie in Freiburg i. d. Schw.; der bekannteste ist Ludwig Graf von Affry, geb. 1743, wurde in franz. Diensten Generallieutenant, aber durch die Revolution vertrieben. Im J. 1803 war er einer der schweiz. Gesandten bei dem 1. Consul, als dieser der Schweiz die Mediationsacte gab; wurde auch der 1. Landammann der Schweiz, gest. 1810.


Affut s. Laffete.


Afghanen, Afghanistan, asiat. Hochland, die Pforte zu Ostindien und Persien (im Alterthum Drangiana, Ariana und Arachosia), an Persien, das Land der Beludschen, an die engl. Provinzen Sind und Pendschab, an den Hindukusch und die turkoman. Steppen gränzend, 12-16000 #M. groß mit vielleicht 10 Mill. E., von denen vielleicht 3 Mill. eigentl. Afghanen, eben so viele Hindus, über 11/2 Mill. Perser, die anderen Turkomanen und Beludschen sein mögen. Afghanistan hat als Hochland trotz seiner südl. Lage kalte Winter und deßwegen die Erzeugnisse der gemäßigten Zone, namentlich vortreffliches Obst, da es sich aber südlich in die Wüsten der Beludschen, westlich gegen die persischen abdacht, so haben diese Theile einen afrikanischen Charakter. Afghanistan war der Reihe nach ein Bestandtheil der großen asiat. Reiche, des persischen, macedonischen, parthischen, neupersischen, des Kalifats; unter den Ghazneviden und Ghauriden (11-13. Jahrh.), türkischen Herrschern, war es ein Reich, das gegen Persien und Hindostan erobernd vordrang. Dann wurde es von dem Großmogul unterworfen, dem es wieder Schah Abbas d. Gr. im 17. Jahrh. abnahm. Unter Mir Weis empörten sich die Afghanen gegen die pers. Despotie, eroberten und verwüsteten Persien, unterlagen aber dem Schah Nadir. Als nach dessen Tode das persische Reich wieder zerfiel, gründete Achmed Khan von Kandahar aus ein neues Afghanenreich, das der Duranis (weil Achmed diesem Stamme angehörte), und eroberte einen Theil von Indien. Aber schon seine Enkel verdarben Haus und Reich durch blutige Zwietracht; einer derselben Schah Mahmud siegte über den andern, Schah Schudscha, durch Fathi Khan aus der Familie der Barekschis, ermordete ihn aber treulos 1818. Seine Brüder vertrieben ihn dafür nach Herat, wo er 1829 starb und die Herrschaft seinem Sohne Schah Kamram hinterließ, der sich auch gegen die persischen Angriffe behauptete. Die Barekschis verjagten auch den Schah Schudscha, entsetzten den jüngsten der Duranis, Eyub, und theilten Afghanistan unter sich. Obgleich gegen einander selbst häufig im Kriege, behaupteten sie sich gegen Schah Schudschah, verloren aber an Rundschid Sing von Lahore das Peschawer. Als aber die russische Politik sich des unternehmendsten Barekschiden, Dost Mohammed Schah von Kabul, gegen Ostindien bedienen wollte, schickten die Engländer den Schah Schudschah mit 12000 Mann gegen Afghanistan. Anfangs 1839 brachen sie von Schikarpoor am untern Indus auf und drangen in äußerst mühseligen Märschen, 3000 Kameele trugen die Heeresbedürfnisse, gegen Kandahar vor. Sie besetzten es Anfangs Mai ohne Widerstand,

in Luçon, 1823 zu Amiens, 1834 zu Paris und 1840 Erzbischof in dieser Hauptstadt. Am 25. Juni 1848, als der Kampf am heftigsten wüthete, begab er sich zu der großen Barrikade auf dem Platze der Bastille, um die Aufständischen zum Aufgeben des verzweifelten Kampfes zu mahnen; diese stellten ihr Feuer wirklich ein, aber ehe der Erzbischof reden konnte, wurde er von einem meuchlerischen Schuß von einem Hause herunter tödtlich verwundet. „Möchte mein Blut das letzte sein, das vergossen wird“, sprach der Getroffene; er duldete die größten Schmerzen mit Ergebung und starb den 27. Juni. Alle Parteien zollten ihm während seines Lebens hohe Achtung, sein Tod aber weihte ihn zum Märtyrer der Menschenliebe und Hirtentreue.


Affrettando, affretoso, musik., eilend im Zeitmaße.


Affreux (affrös), abscheulich.


Affront, Trotz, Unverschämtheit; davon das Verb. affrontiren, das Subst. affronterie, unverschämte Begegnung.


Affry, Patricierfamilie in Freiburg i. d. Schw.; der bekannteste ist Ludwig Graf von Affry, geb. 1743, wurde in franz. Diensten Generallieutenant, aber durch die Revolution vertrieben. Im J. 1803 war er einer der schweiz. Gesandten bei dem 1. Consul, als dieser der Schweiz die Mediationsacte gab; wurde auch der 1. Landammann der Schweiz, gest. 1810.


Affut s. Laffete.


Afghanen, Afghanistan, asiat. Hochland, die Pforte zu Ostindien und Persien (im Alterthum Drangiana, Ariana und Arachosia), an Persien, das Land der Beludschen, an die engl. Provinzen Sind und Pendschab, an den Hindukusch und die turkoman. Steppen gränzend, 12–16000 □M. groß mit vielleicht 10 Mill. E., von denen vielleicht 3 Mill. eigentl. Afghanen, eben so viele Hindus, über 11/2 Mill. Perser, die anderen Turkomanen und Beludschen sein mögen. Afghanistan hat als Hochland trotz seiner südl. Lage kalte Winter und deßwegen die Erzeugnisse der gemäßigten Zone, namentlich vortreffliches Obst, da es sich aber südlich in die Wüsten der Beludschen, westlich gegen die persischen abdacht, so haben diese Theile einen afrikanischen Charakter. Afghanistan war der Reihe nach ein Bestandtheil der großen asiat. Reiche, des persischen, macedonischen, parthischen, neupersischen, des Kalifats; unter den Ghazneviden und Ghauriden (11–13. Jahrh.), türkischen Herrschern, war es ein Reich, das gegen Persien und Hindostan erobernd vordrang. Dann wurde es von dem Großmogul unterworfen, dem es wieder Schah Abbas d. Gr. im 17. Jahrh. abnahm. Unter Mir Weis empörten sich die Afghanen gegen die pers. Despotie, eroberten und verwüsteten Persien, unterlagen aber dem Schah Nadir. Als nach dessen Tode das persische Reich wieder zerfiel, gründete Achmed Khan von Kandahar aus ein neues Afghanenreich, das der Duranis (weil Achmed diesem Stamme angehörte), und eroberte einen Theil von Indien. Aber schon seine Enkel verdarben Haus und Reich durch blutige Zwietracht; einer derselben Schah Mahmud siegte über den andern, Schah Schudscha, durch Fathi Khan aus der Familie der Barekschis, ermordete ihn aber treulos 1818. Seine Brüder vertrieben ihn dafür nach Herat, wo er 1829 starb und die Herrschaft seinem Sohne Schah Kamram hinterließ, der sich auch gegen die persischen Angriffe behauptete. Die Barekschis verjagten auch den Schah Schudscha, entsetzten den jüngsten der Duranis, Eyub, und theilten Afghanistan unter sich. Obgleich gegen einander selbst häufig im Kriege, behaupteten sie sich gegen Schah Schudschah, verloren aber an Rundschid Sing von Lahore das Peschawer. Als aber die russische Politik sich des unternehmendsten Barekschiden, Dost Mohammed Schah von Kabul, gegen Ostindien bedienen wollte, schickten die Engländer den Schah Schudschah mit 12000 Mann gegen Afghanistan. Anfangs 1839 brachen sie von Schikarpoor am untern Indus auf und drangen in äußerst mühseligen Märschen, 3000 Kameele trugen die Heeresbedürfnisse, gegen Kandahar vor. Sie besetzten es Anfangs Mai ohne Widerstand,

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[62/0063] in Luçon, 1823 zu Amiens, 1834 zu Paris und 1840 Erzbischof in dieser Hauptstadt. Am 25. Juni 1848, als der Kampf am heftigsten wüthete, begab er sich zu der großen Barrikade auf dem Platze der Bastille, um die Aufständischen zum Aufgeben des verzweifelten Kampfes zu mahnen; diese stellten ihr Feuer wirklich ein, aber ehe der Erzbischof reden konnte, wurde er von einem meuchlerischen Schuß von einem Hause herunter tödtlich verwundet. „Möchte mein Blut das letzte sein, das vergossen wird“, sprach der Getroffene; er duldete die größten Schmerzen mit Ergebung und starb den 27. Juni. Alle Parteien zollten ihm während seines Lebens hohe Achtung, sein Tod aber weihte ihn zum Märtyrer der Menschenliebe und Hirtentreue. Affrettando, affretoso, musik., eilend im Zeitmaße. Affreux (affrös), abscheulich. Affront, Trotz, Unverschämtheit; davon das Verb. affrontiren, das Subst. affronterie, unverschämte Begegnung. Affry, Patricierfamilie in Freiburg i. d. Schw.; der bekannteste ist Ludwig Graf von Affry, geb. 1743, wurde in franz. Diensten Generallieutenant, aber durch die Revolution vertrieben. Im J. 1803 war er einer der schweiz. Gesandten bei dem 1. Consul, als dieser der Schweiz die Mediationsacte gab; wurde auch der 1. Landammann der Schweiz, gest. 1810. Affut s. Laffete. Afghanen, Afghanistan, asiat. Hochland, die Pforte zu Ostindien und Persien (im Alterthum Drangiana, Ariana und Arachosia), an Persien, das Land der Beludschen, an die engl. Provinzen Sind und Pendschab, an den Hindukusch und die turkoman. Steppen gränzend, 12–16000 □M. groß mit vielleicht 10 Mill. E., von denen vielleicht 3 Mill. eigentl. Afghanen, eben so viele Hindus, über 11/2 Mill. Perser, die anderen Turkomanen und Beludschen sein mögen. Afghanistan hat als Hochland trotz seiner südl. Lage kalte Winter und deßwegen die Erzeugnisse der gemäßigten Zone, namentlich vortreffliches Obst, da es sich aber südlich in die Wüsten der Beludschen, westlich gegen die persischen abdacht, so haben diese Theile einen afrikanischen Charakter. Afghanistan war der Reihe nach ein Bestandtheil der großen asiat. Reiche, des persischen, macedonischen, parthischen, neupersischen, des Kalifats; unter den Ghazneviden und Ghauriden (11–13. Jahrh.), türkischen Herrschern, war es ein Reich, das gegen Persien und Hindostan erobernd vordrang. Dann wurde es von dem Großmogul unterworfen, dem es wieder Schah Abbas d. Gr. im 17. Jahrh. abnahm. Unter Mir Weis empörten sich die Afghanen gegen die pers. Despotie, eroberten und verwüsteten Persien, unterlagen aber dem Schah Nadir. Als nach dessen Tode das persische Reich wieder zerfiel, gründete Achmed Khan von Kandahar aus ein neues Afghanenreich, das der Duranis (weil Achmed diesem Stamme angehörte), und eroberte einen Theil von Indien. Aber schon seine Enkel verdarben Haus und Reich durch blutige Zwietracht; einer derselben Schah Mahmud siegte über den andern, Schah Schudscha, durch Fathi Khan aus der Familie der Barekschis, ermordete ihn aber treulos 1818. Seine Brüder vertrieben ihn dafür nach Herat, wo er 1829 starb und die Herrschaft seinem Sohne Schah Kamram hinterließ, der sich auch gegen die persischen Angriffe behauptete. Die Barekschis verjagten auch den Schah Schudscha, entsetzten den jüngsten der Duranis, Eyub, und theilten Afghanistan unter sich. Obgleich gegen einander selbst häufig im Kriege, behaupteten sie sich gegen Schah Schudschah, verloren aber an Rundschid Sing von Lahore das Peschawer. Als aber die russische Politik sich des unternehmendsten Barekschiden, Dost Mohammed Schah von Kabul, gegen Ostindien bedienen wollte, schickten die Engländer den Schah Schudschah mit 12000 Mann gegen Afghanistan. Anfangs 1839 brachen sie von Schikarpoor am untern Indus auf und drangen in äußerst mühseligen Märschen, 3000 Kameele trugen die Heeresbedürfnisse, gegen Kandahar vor. Sie besetzten es Anfangs Mai ohne Widerstand,

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Zitationshilfe: Herders Conversations-Lexikon. Bd. 1. Freiburg im Breisgau, 1857, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationslexikon01_1857/63>, abgerufen am 30.11.2024.