Herders Conversations-Lexikon. Bd. 1. Freiburg im Breisgau, 1857.nur durch Selbstmord; 12000 arme Bürger wurden aus A. gejagt und nur 9000 durften bleiben. Später befreite es der achäische Bund und bald darauf die Römermacht noch einmal von Macedonien; allein als 146 v. Chr. Griechenland röm. Provinz wurde, traf dies Schicksal auch A., dem jedoch eine freie Verfassung unter röm. Vormundschaft gnädig bewilligt wurde. Im Kriege gegen Mithridates, auf dessen Seite sich die Athener schlugen, erstürmte Sulla 86 v. Chr. die Stadt, doch zerstörte er sie nicht und ihr blieb die municipale Freiheit auch forthin. Ein Erbe war A. aus der perikleischen Zeit geblieben: es war der klassische Ort der Wissenschaft und Kunst, des seinen Geschmacks und darum blieb es auch in der Kaiserzeit bevorzugt; die vornehmen röm. Jünglinge studierten daselbst, Kaiser Hadrian begünstigte A. als den Heerd der Wissenschaft; erst Kaiser Justinian schloß im 6. Jahrh. die Schulen der Philosophen und seitdem verfiel A. Dies ging um so rascher, als die Gothen Alarichs durch Plünderung und Verheerung vorgearbeitet hatten. Nach der Eroberung Constantinopels durch die Lateiner wurde A. der Sitz eines unabhängigen Herzogthums, das flandrische, burgundische, französische, italienische Großen nach einander inne hatten, bis es 1455 Marco Acciajuoli an die Türken überlassen mußte. Auch die Türken ließen A. einige Freiheit; 1687 eroberten es die Venetianer unter Morosini, 3 Jahre später aber überließen sie es wieder den Türken. Im 19. Jahrh. plünderte Lord Elgin die Kunstreste, welche Gothen, Türken und die venetianischen Bomben verschont hatten und schleppte den Raub nach England. 1821 erhob sich auch A. gegen die Türken und das Jahr darauf ergab sich die ausgehungerte Akropolis; aber 1826 und 1827 wurde sie von den Türken wieder belagert und nach standhafter Vertheidigung und nachdem alle Versuche sie zu entsetzen mißlungen waren, ergab sie sich an Redschid Pascha. 1833 wurde A. wieder von den Türken geräumt und von König Otto zur Residenz gewählt; seitdem ist die Stadt schnell aufgeblüht und zählt bereits über 40000 E., hat eine besuchte Universität und ist ein belebter Handelsplatz, hat aber den Umfang des alten A. noch lange nicht erreicht. - Die eigentliche Stadt hatte im Anfang des peloponnes. Krieges 174 1/2 Stadien (4 deutsche Meilen) im Umfang, von denen auf die eigentliche Stadt 43 Stadien, die Hafenstadt Piräus und Munichia 56 1/2, Stadien, auf die beide Städte verbindenden langen Mauern 75 Stadien kamen. Die Zahl der bürgerlichen Häuser wird auf 10000, die der Einwohner auf 180000 geschätzt. Thore hatte die Stadt 10. Die Höhen innerhalb der Stadt waren die Akropolis, der Areopag, der Nymphenhügel, die Pnyx, das Museum und das Theseum, Unter den öffentlichen Gebäuden waren die merkwürdigsten: die Akropolis, nur von der Westseite zugänglich, unter Perikles durch eine Prachttreppe und die Propyläen zugleich befestigt und verschönert. Die Oberfläche der Akropolis hat 1150' in der Länge, 500' in der Breite; da stand das Parthenon, das herrlichste Werk der alten Baukunst, in seinen Trümmern noch bewundert, einst mit den schönsten Arbeiten des Phidias geschmückt; das Erechtheum mit dem Tempel der Athene Polias, dem Tempel des Erechtheus, dem Pandroseum; außerdem war der Raum der Akropolis mit unbegreiflich vielen Kunstwerken geschmückt. In der andern Stadt befanden sich: das von Perikles erbaute Odeum, das herrliche Theater des Dionysus, das Odeum der Regilla, der Tempel des Aesculap, der Aphrodite Pandemos, der Themis, der Demeter, der Gerichtshof des Areopag, der Tempel der Erynnien, des Apollo, Mars, die Gebäude des Raths und der Prytanen, der Tempel des Theseus (noch erhalten), der Aphrodite Urania, des Triptolemos, der Ceres und Proserpina, des Herakles, endlich der gewaltige, viel bewunderte Tempel des Zeus Olympios. Die öffentlichen Plätze innerhalb der Stadt waren der alte und neue Markt, der innere Ceramikus; als solche dienten auch die vielen herrlichen Säulenhallen. Außerhalb der Stadt war der äußere nur durch Selbstmord; 12000 arme Bürger wurden aus A. gejagt und nur 9000 durften bleiben. Später befreite es der achäische Bund und bald darauf die Römermacht noch einmal von Macedonien; allein als 146 v. Chr. Griechenland röm. Provinz wurde, traf dies Schicksal auch A., dem jedoch eine freie Verfassung unter röm. Vormundschaft gnädig bewilligt wurde. Im Kriege gegen Mithridates, auf dessen Seite sich die Athener schlugen, erstürmte Sulla 86 v. Chr. die Stadt, doch zerstörte er sie nicht und ihr blieb die municipale Freiheit auch forthin. Ein Erbe war A. aus der perikleischen Zeit geblieben: es war der klassische Ort der Wissenschaft und Kunst, des seinen Geschmacks und darum blieb es auch in der Kaiserzeit bevorzugt; die vornehmen röm. Jünglinge studierten daselbst, Kaiser Hadrian begünstigte A. als den Heerd der Wissenschaft; erst Kaiser Justinian schloß im 6. Jahrh. die Schulen der Philosophen und seitdem verfiel A. Dies ging um so rascher, als die Gothen Alarichs durch Plünderung und Verheerung vorgearbeitet hatten. Nach der Eroberung Constantinopels durch die Lateiner wurde A. der Sitz eines unabhängigen Herzogthums, das flandrische, burgundische, französische, italienische Großen nach einander inne hatten, bis es 1455 Marco Acciajuoli an die Türken überlassen mußte. Auch die Türken ließen A. einige Freiheit; 1687 eroberten es die Venetianer unter Morosini, 3 Jahre später aber überließen sie es wieder den Türken. Im 19. Jahrh. plünderte Lord Elgin die Kunstreste, welche Gothen, Türken und die venetianischen Bomben verschont hatten und schleppte den Raub nach England. 1821 erhob sich auch A. gegen die Türken und das Jahr darauf ergab sich die ausgehungerte Akropolis; aber 1826 und 1827 wurde sie von den Türken wieder belagert und nach standhafter Vertheidigung und nachdem alle Versuche sie zu entsetzen mißlungen waren, ergab sie sich an Redschid Pascha. 1833 wurde A. wieder von den Türken geräumt und von König Otto zur Residenz gewählt; seitdem ist die Stadt schnell aufgeblüht und zählt bereits über 40000 E., hat eine besuchte Universität und ist ein belebter Handelsplatz, hat aber den Umfang des alten A. noch lange nicht erreicht. – Die eigentliche Stadt hatte im Anfang des peloponnes. Krieges 174 1/2 Stadien (4 deutsche Meilen) im Umfang, von denen auf die eigentliche Stadt 43 Stadien, die Hafenstadt Piräus und Munichia 56 1/2, Stadien, auf die beide Städte verbindenden langen Mauern 75 Stadien kamen. Die Zahl der bürgerlichen Häuser wird auf 10000, die der Einwohner auf 180000 geschätzt. Thore hatte die Stadt 10. Die Höhen innerhalb der Stadt waren die Akropolis, der Areopag, der Nymphenhügel, die Pnyx, das Museum und das Theseum, Unter den öffentlichen Gebäuden waren die merkwürdigsten: die Akropolis, nur von der Westseite zugänglich, unter Perikles durch eine Prachttreppe und die Propyläen zugleich befestigt und verschönert. Die Oberfläche der Akropolis hat 1150' in der Länge, 500' in der Breite; da stand das Parthenon, das herrlichste Werk der alten Baukunst, in seinen Trümmern noch bewundert, einst mit den schönsten Arbeiten des Phidias geschmückt; das Erechtheum mit dem Tempel der Athene Polias, dem Tempel des Erechtheus, dem Pandroseum; außerdem war der Raum der Akropolis mit unbegreiflich vielen Kunstwerken geschmückt. In der andern Stadt befanden sich: das von Perikles erbaute Odeum, das herrliche Theater des Dionysus, das Odeum der Regilla, der Tempel des Aesculap, der Aphrodite Pandemos, der Themis, der Demeter, der Gerichtshof des Areopag, der Tempel der Erynnien, des Apollo, Mars, die Gebäude des Raths und der Prytanen, der Tempel des Theseus (noch erhalten), der Aphrodite Urania, des Triptolemos, der Ceres und Proserpina, des Herakles, endlich der gewaltige, viel bewunderte Tempel des Zeus Olympios. 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Ein Erbe war A. aus der perikleischen Zeit geblieben: es war der klassische Ort der Wissenschaft und Kunst, des seinen Geschmacks und darum blieb es auch in der Kaiserzeit bevorzugt; die vornehmen röm. Jünglinge studierten daselbst, Kaiser Hadrian begünstigte A. als den Heerd der Wissenschaft; erst Kaiser Justinian schloß im 6. Jahrh. die Schulen der Philosophen und seitdem verfiel A. Dies ging um so rascher, als die Gothen Alarichs durch Plünderung und Verheerung vorgearbeitet hatten. Nach der Eroberung Constantinopels durch die Lateiner wurde A. der Sitz eines unabhängigen Herzogthums, das flandrische, burgundische, französische, italienische Großen nach einander inne hatten, bis es 1455 Marco Acciajuoli an die Türken überlassen mußte. Auch die Türken ließen A. einige Freiheit; 1687 eroberten es die Venetianer unter Morosini, 3 Jahre später aber überließen sie es wieder den Türken. Im 19. Jahrh. plünderte Lord Elgin die Kunstreste, welche Gothen, Türken und die venetianischen Bomben verschont hatten und schleppte den Raub nach England. 1821 erhob sich auch A. gegen die Türken und das Jahr darauf ergab sich die ausgehungerte Akropolis; aber 1826 und 1827 wurde sie von den Türken wieder belagert und nach standhafter Vertheidigung und nachdem alle Versuche sie zu entsetzen mißlungen waren, ergab sie sich an Redschid Pascha. 1833 wurde A. wieder von den Türken geräumt und von König Otto zur Residenz gewählt; seitdem ist die Stadt schnell aufgeblüht und zählt bereits über 40000 E., hat eine besuchte Universität und ist ein belebter Handelsplatz, hat aber den Umfang des alten A. noch lange nicht erreicht. – Die eigentliche Stadt hatte im Anfang des peloponnes. 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Die Oberfläche der Akropolis hat 1150' in der Länge, 500' in der Breite; da stand das Parthenon, das herrlichste Werk der alten Baukunst, in seinen Trümmern noch bewundert, einst mit den schönsten Arbeiten des Phidias geschmückt; das Erechtheum mit dem Tempel der Athene Polias, dem Tempel des Erechtheus, dem Pandroseum; außerdem war der Raum der Akropolis mit unbegreiflich vielen Kunstwerken geschmückt. In der andern Stadt befanden sich: das von Perikles erbaute Odeum, das herrliche Theater des Dionysus, das Odeum der Regilla, der Tempel des Aesculap, der Aphrodite Pandemos, der Themis, der Demeter, der Gerichtshof des Areopag, der Tempel der Erynnien, des Apollo, Mars, die Gebäude des Raths und der Prytanen, der Tempel des Theseus (noch erhalten), der Aphrodite Urania, des Triptolemos, der Ceres und Proserpina, des Herakles, endlich der gewaltige, viel bewunderte Tempel des Zeus Olympios. Die öffentlichen Plätze innerhalb der Stadt waren der alte und neue Markt, der innere Ceramikus; als solche dienten auch die vielen herrlichen Säulenhallen. Außerhalb der Stadt war der äußere </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [309/0310]
nur durch Selbstmord; 12000 arme Bürger wurden aus A. gejagt und nur 9000 durften bleiben. Später befreite es der achäische Bund und bald darauf die Römermacht noch einmal von Macedonien; allein als 146 v. Chr. Griechenland röm. Provinz wurde, traf dies Schicksal auch A., dem jedoch eine freie Verfassung unter röm. Vormundschaft gnädig bewilligt wurde. Im Kriege gegen Mithridates, auf dessen Seite sich die Athener schlugen, erstürmte Sulla 86 v. Chr. die Stadt, doch zerstörte er sie nicht und ihr blieb die municipale Freiheit auch forthin. Ein Erbe war A. aus der perikleischen Zeit geblieben: es war der klassische Ort der Wissenschaft und Kunst, des seinen Geschmacks und darum blieb es auch in der Kaiserzeit bevorzugt; die vornehmen röm. Jünglinge studierten daselbst, Kaiser Hadrian begünstigte A. als den Heerd der Wissenschaft; erst Kaiser Justinian schloß im 6. Jahrh. die Schulen der Philosophen und seitdem verfiel A. Dies ging um so rascher, als die Gothen Alarichs durch Plünderung und Verheerung vorgearbeitet hatten. Nach der Eroberung Constantinopels durch die Lateiner wurde A. der Sitz eines unabhängigen Herzogthums, das flandrische, burgundische, französische, italienische Großen nach einander inne hatten, bis es 1455 Marco Acciajuoli an die Türken überlassen mußte. Auch die Türken ließen A. einige Freiheit; 1687 eroberten es die Venetianer unter Morosini, 3 Jahre später aber überließen sie es wieder den Türken. Im 19. Jahrh. plünderte Lord Elgin die Kunstreste, welche Gothen, Türken und die venetianischen Bomben verschont hatten und schleppte den Raub nach England. 1821 erhob sich auch A. gegen die Türken und das Jahr darauf ergab sich die ausgehungerte Akropolis; aber 1826 und 1827 wurde sie von den Türken wieder belagert und nach standhafter Vertheidigung und nachdem alle Versuche sie zu entsetzen mißlungen waren, ergab sie sich an Redschid Pascha. 1833 wurde A. wieder von den Türken geräumt und von König Otto zur Residenz gewählt; seitdem ist die Stadt schnell aufgeblüht und zählt bereits über 40000 E., hat eine besuchte Universität und ist ein belebter Handelsplatz, hat aber den Umfang des alten A. noch lange nicht erreicht. – Die eigentliche Stadt hatte im Anfang des peloponnes. Krieges 174 1/2 Stadien (4 deutsche Meilen) im Umfang, von denen auf die eigentliche Stadt 43 Stadien, die Hafenstadt Piräus und Munichia 56 1/2, Stadien, auf die beide Städte verbindenden langen Mauern 75 Stadien kamen. Die Zahl der bürgerlichen Häuser wird auf 10000, die der Einwohner auf 180000 geschätzt. Thore hatte die Stadt 10. Die Höhen innerhalb der Stadt waren die Akropolis, der Areopag, der Nymphenhügel, die Pnyx, das Museum und das Theseum, Unter den öffentlichen Gebäuden waren die merkwürdigsten: die Akropolis, nur von der Westseite zugänglich, unter Perikles durch eine Prachttreppe und die Propyläen zugleich befestigt und verschönert. Die Oberfläche der Akropolis hat 1150' in der Länge, 500' in der Breite; da stand das Parthenon, das herrlichste Werk der alten Baukunst, in seinen Trümmern noch bewundert, einst mit den schönsten Arbeiten des Phidias geschmückt; das Erechtheum mit dem Tempel der Athene Polias, dem Tempel des Erechtheus, dem Pandroseum; außerdem war der Raum der Akropolis mit unbegreiflich vielen Kunstwerken geschmückt. In der andern Stadt befanden sich: das von Perikles erbaute Odeum, das herrliche Theater des Dionysus, das Odeum der Regilla, der Tempel des Aesculap, der Aphrodite Pandemos, der Themis, der Demeter, der Gerichtshof des Areopag, der Tempel der Erynnien, des Apollo, Mars, die Gebäude des Raths und der Prytanen, der Tempel des Theseus (noch erhalten), der Aphrodite Urania, des Triptolemos, der Ceres und Proserpina, des Herakles, endlich der gewaltige, viel bewunderte Tempel des Zeus Olympios. Die öffentlichen Plätze innerhalb der Stadt waren der alte und neue Markt, der innere Ceramikus; als solche dienten auch die vielen herrlichen Säulenhallen. Außerhalb der Stadt war der äußere
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