Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 8. Burg/Berlin, 1836.127 Conversations=Blatt. 128 [Beginn Spaltensatz]
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auf den Rand desselben, und die dritte blieb unten Ein Dieb schlich sich neulich in eine Gewürzhand- Vor einiger Zeit waren wir Zeuge eines seltsamen Einem preußischen Friedensrichter an der Mosel Gabriel Metsü. 127 Conversations=Blatt. 128 [Beginn Spaltensatz]
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auf den Rand desselben, und die dritte blieb unten Ein Dieb schlich sich neulich in eine Gewürzhand- Vor einiger Zeit waren wir Zeuge eines seltsamen Einem preußischen Friedensrichter an der Mosel Gabriel Metsü. <TEI> <text> <body> <div type="jVarious" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <pb facs="#f0008"/> <fw type="header" place="top">127 <hi rendition="#c">Conversations=Blatt.</hi> <hi rendition="#right">128</hi></fw> <cb type="start" n="[127]"/> <p><figure/> auf den Rand desselben, und die dritte blieb unten<lb/> daran stehen. Es war nicht zu sehen, was die erste<lb/> unten im Fasse vornahm, obgleich eine Lampe in der<lb/> Kammer brannte; diejenige aber, welche auf dem<lb/> Rande stand, bückte sich hinein in das Faß und zog<lb/> etwas heraus. Die dritte endlich richtete sich außen am<lb/> Fäßchen hoch und bekam von der obenstehenden et-<lb/> was in den Mund. Dieses ganze Verfahren wurde<lb/> noch zweimal so wiederholt, dann bückte sich die auf<lb/> dem Rande stehende Ratte wieder in das Faß und<lb/> zog etwas heraus, das sie ebenfalls der außenstehenden<lb/> zulangte, und bald sahen wir, daß es der Schwanz<lb/> der im Fasse befindlichen Ratte war, welche die beiden<lb/> andern daran heraus zu ziehen sich bemühten. Bald<lb/> erschien sie auch, mit dem Kopf nach unten, und hielt<lb/> ein Ei mit allen vier Pfoten; ihre Kameraden legten<lb/> sie auf den Rand des Fasses auf den Rücken im Gleich-<lb/> gewicht, während diese ihr Ei fest an den Bauch drückte,<lb/> und brachten sie dann, eine die Ohren, die andere den<lb/> Schwanz anfassend, von Reifen zu Reifen ganz be-<lb/> hutsam auf den Boden. Nun zogen sie selbige mit<lb/> ihrem Eie in den Pfoten am Schwanze fort nach<lb/> einem Schlupfwinkel, wo man sie nicht sehen konnte,<lb/> kamen aber bald wieder hervor, und holten ein zweites<lb/> Ei auf dieselbe Weise, wobei sich eine um die andere als<lb/> Wagen gebrauchen ließ, und wir kannten nun den Eierdieb.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>Ein Dieb schlich sich neulich in eine Gewürzhand-<lb/> lung und erwischte ein Paket mit ungefähr 8 Pfund<lb/> Kaffee. Gerade, wie er damit aus der Hausthür<lb/> ging, begegnete ihm der Herr. Dieser glaubte, er<lb/> habe den Kaffee im Laden gekauft und sagte zu ihm:<lb/> „Besuchen Sie mich bald wieder.“</p> </div><lb/> <cb n="[128]"/> <figure/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>Vor einiger Zeit waren wir Zeuge eines seltsamen<lb/> Kampfes, der in dem Mühlgraben zu... zwischen<lb/> einer Ente und einer Krähe stattfand. Auf einer klei-<lb/> nen Jnsel legte eine Ente ihre Eier, die ihr eine<lb/> Krähe von einem nahen Baume regelmäßig raubte.<lb/> Endlich ergriff bie Ente, nachdem sie eine Zeit lang<lb/> gewacht hatte, die Krähe auf der That, faßte die<lb/> Diebin in den Schnabel und ersäufte sie nach einem<lb/> langen und heftigen Kampfe im Wasser. –</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>Einem preußischen Friedensrichter an der Mosel<lb/> wurde unlängst die Anzeige gemacht, daß einige Her-<lb/> ren Sonntags während des Frühgottesdienstes das<lb/> Wirthshaus besucht hätten, welches gesetzlich verboten<lb/> ist. Der Friedensrichter ließ die denunziirten Herren<lb/> vorladen, und sie konnten die That nicht leugnen.<lb/> Auf die Frage, was sie im Wirthshause getrunken<lb/> hätten, erwiederten sie: „Wir haben einige Flaschen<lb/> 1828er Wein getrunken.“ Nachdem auch dieses fest-<lb/> gestellt war, diktirte der Richter seinem Sekretär fol-<lb/> gendes Urtheil: „Nach dem Gesetze ist der Genuß gei-<lb/> stiger Getränke in den Wirthshäusern während des<lb/> sonntäglichen Gottesdienstes verboten. Da nun aber<lb/> notorisch bekannt ist, daß der 1828er Wein durch-<lb/> aus keinen Geist hat, so sind die Angeschuldigten von<lb/> der Beschuldigung der Verletzung des Gesetzes freizu-<lb/> sprechen.“ – Dieser Spruch erregte natürlich gro-<lb/> ßen Jubel unter dem weinbauenden Volke, und selbst<lb/> die Herren bei der Regierung zu Koblenz sollen tüchtig<lb/> gelacht haben.</p> </div> </div><lb/> <cb type="end"/> <trailer> <ref>Hierbei die Extrabeilage No. 2. „ <hi rendition="#g">Der Wildprethändler,</hi> “ nach einem Gemälde der Dresdner Bildergallerie von<lb/><hi rendition="#g">Gabriel Metsü</hi>.</ref> </trailer> </body> </text> </TEI> [0008]
127 Conversations=Blatt. 128
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auf den Rand desselben, und die dritte blieb unten
daran stehen. Es war nicht zu sehen, was die erste
unten im Fasse vornahm, obgleich eine Lampe in der
Kammer brannte; diejenige aber, welche auf dem
Rande stand, bückte sich hinein in das Faß und zog
etwas heraus. Die dritte endlich richtete sich außen am
Fäßchen hoch und bekam von der obenstehenden et-
was in den Mund. Dieses ganze Verfahren wurde
noch zweimal so wiederholt, dann bückte sich die auf
dem Rande stehende Ratte wieder in das Faß und
zog etwas heraus, das sie ebenfalls der außenstehenden
zulangte, und bald sahen wir, daß es der Schwanz
der im Fasse befindlichen Ratte war, welche die beiden
andern daran heraus zu ziehen sich bemühten. Bald
erschien sie auch, mit dem Kopf nach unten, und hielt
ein Ei mit allen vier Pfoten; ihre Kameraden legten
sie auf den Rand des Fasses auf den Rücken im Gleich-
gewicht, während diese ihr Ei fest an den Bauch drückte,
und brachten sie dann, eine die Ohren, die andere den
Schwanz anfassend, von Reifen zu Reifen ganz be-
hutsam auf den Boden. Nun zogen sie selbige mit
ihrem Eie in den Pfoten am Schwanze fort nach
einem Schlupfwinkel, wo man sie nicht sehen konnte,
kamen aber bald wieder hervor, und holten ein zweites
Ei auf dieselbe Weise, wobei sich eine um die andere als
Wagen gebrauchen ließ, und wir kannten nun den Eierdieb.
Ein Dieb schlich sich neulich in eine Gewürzhand-
lung und erwischte ein Paket mit ungefähr 8 Pfund
Kaffee. Gerade, wie er damit aus der Hausthür
ging, begegnete ihm der Herr. Dieser glaubte, er
habe den Kaffee im Laden gekauft und sagte zu ihm:
„Besuchen Sie mich bald wieder.“
[Abbildung]
Vor einiger Zeit waren wir Zeuge eines seltsamen
Kampfes, der in dem Mühlgraben zu... zwischen
einer Ente und einer Krähe stattfand. Auf einer klei-
nen Jnsel legte eine Ente ihre Eier, die ihr eine
Krähe von einem nahen Baume regelmäßig raubte.
Endlich ergriff bie Ente, nachdem sie eine Zeit lang
gewacht hatte, die Krähe auf der That, faßte die
Diebin in den Schnabel und ersäufte sie nach einem
langen und heftigen Kampfe im Wasser. –
Einem preußischen Friedensrichter an der Mosel
wurde unlängst die Anzeige gemacht, daß einige Her-
ren Sonntags während des Frühgottesdienstes das
Wirthshaus besucht hätten, welches gesetzlich verboten
ist. Der Friedensrichter ließ die denunziirten Herren
vorladen, und sie konnten die That nicht leugnen.
Auf die Frage, was sie im Wirthshause getrunken
hätten, erwiederten sie: „Wir haben einige Flaschen
1828er Wein getrunken.“ Nachdem auch dieses fest-
gestellt war, diktirte der Richter seinem Sekretär fol-
gendes Urtheil: „Nach dem Gesetze ist der Genuß gei-
stiger Getränke in den Wirthshäusern während des
sonntäglichen Gottesdienstes verboten. Da nun aber
notorisch bekannt ist, daß der 1828er Wein durch-
aus keinen Geist hat, so sind die Angeschuldigten von
der Beschuldigung der Verletzung des Gesetzes freizu-
sprechen.“ – Dieser Spruch erregte natürlich gro-
ßen Jubel unter dem weinbauenden Volke, und selbst
die Herren bei der Regierung zu Koblenz sollen tüchtig
gelacht haben.
Hierbei die Extrabeilage No. 2. „ Der Wildprethändler, “ nach einem Gemälde der Dresdner Bildergallerie von
Gabriel Metsü.
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