Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tübinger Chronik. Nr. 82. [Tübingen (Württemberg)], 9. Juli 1845.

Bild:
<< vorherige Seite

[Beginn Spaltensatz] Metkalfe, gab 2000 und das Hotel Dien gab 500 Pfd.
Sterl. her. Der katholische Bischof überschickte 500 Pfd.
Sterl., und erließ sogleich ein Rundschreiben an seine
Geistlichkeit, worin er sie auffordert, für die obdach-
losen Familien beizusteuern und in allen Kirchspielen
öffentliche Versammlungen zu veranstalten, um Geld,
Kleidung und Lebensmittel zusammenzubringen."

Paris. Man hat dieser Tage in Pau ein
junges Mädchen verhaftet, das einer Frevelthat an-
geklagt ist, welche alles, was die Einbildungskraft
Schreckliches erzeugen kann, weit hinter sich läßt.
Diese Unglückliche, Namens Gabaigs, gebürtig von
Coarraze, welche in Pau als Kammermädchen oder
Köchin diente, war vor 14 Tagen entbunden worden.
Sie hatte ihr Kind einer Amme in der Straße des
Hospices übergeben. Besuchte es am Sonntage,
und nachdem sie unter einem Vorwande die Amme
und die anderen Personen des Hauses entfernt hatte,
gab sie ihrem Kinde Vitriol zu trinken. Das arme
Geschöpfchen ist am andern Tage unter den schreck-
lichsten Leiden gestorben. Die Amme ließ diese un-
natürliche Mutter verhaften. Sie gesteht ihr Ver-
brechen ein. Man kennt die Beweggründe ihrer
Schauderthat noch nicht.



Hiesiges.
Ueber die gewerblichen Zustände in Deutsch-
land, Eugland und Frankreich.
Eine geschichtliche Skizze.
Dem hiesigen Gewerbsverein vorgetragen von
Kaufmann Louis Schmidt.

Es ist gewiß sehr interessant, die Zustände der
Gewerbe in verschiedenen Zeiten mit einander zu ver-
gleichen, hauptsächlich aber das Vormals und Jetzt
solcher Gewerbszweige in's Auge zu fassen, welche den
Wohlstand ganzer Bezirke gründeten, und jetzt für die-
selben verloren gingen, während diese Gewerbe in an-
dern Gegenden, die man für den Betrieb derselben gar
nicht geeignet hielt, nun blühen.

Vor 80 Jahren noch schrieb Justus Möser ( 2 Thl.
136 ) : Es ist eine eigene Sache um Verpflanzung der
Fabriken. Unsere Leinenhändler sagen, sie wollen es
jedem Stücke Leinwand ansehen, in welchem Dorfe es
gemacht sey; ich habe sogar einen Garnhändler gekannt,
der einige hunderttausend Stücke Garn des Jahres ver-
sandte, und die Hand der Familie, welche es gesponnen
hatte, eben so gut zu unterscheiden wußte, als man
die verschiedene Hnandschriften unterscheiden kann. Jeder
Ort hat also etwas eben so Eigenthümliches in seinen
Arbeiten, als in seinem Biere, welches von Andern
nicht leicht nachgeahmt werden kann.

"Vielleicht - fährt Möser fort - "hat die gött-
"liche Vorsehung auch hierin ihre Weisheit zeigen und
" nicht zugeben wollen, daß ein Land sich alle
" Künste zueignen solle. " - Und Büsch sagt bei
einer ähnlichen Veranlassung ( 2. Bd. 303, Geldumlauf ) :
"England, das es auf's Höchste in dem Bestreben ge-
"trieben hat, für die Bedürfnisse aller übrigen Völker
"zu arbeiten, aber auch diesen so wenig Arbeit als
"möglich zuzuwenden, erfährt dennoch die Unmöglichkeit,
"seinen eigenen Bedürfnissen in allen Stücken zu genügen.
[Spaltenumbruch] " Es hat davon abstehen müssen, die Einfuhr
" fremder Leinen zu beschränken. "

So stand es noch vor 80 Jahren, und die Deut-
schen, die auch in der Wollmannfaktur, in feineren
Metallarbeiten den Vorzug vor andern Völkern hatten,
mußten und müssen noch einen Jndustriezweig um den
andern den Engländern und Franzosen zuwandern sehen.

Diese Veränderung der Dinge zu unserm Nachtheil
drängt uns die Frage auf: "Woher kommt dieß?"

Die Antwort finden wir in einem geschichtlichen
Ueberblick der Gewerbszustände im Allgemeinen unsers
deutschen Vaterlandes, so wie dann besonders der von
Frankreich und England, welche ich jetzt zu geben ver-
suchen will.

Zur Zeit Karls des Großen ( Gülich, 2. Bd. 134. )
wurden die nöthigsten Bedürfnisse für jede Haushaltung
von den Leibeigenen und von den Frauen selbst ver-
fertigt. Letztere machten besonders leinene und wollene
Zeuge und hatten auch im Sticken genialische Fortschritte
gemacht. Karl selbst hatte auf seinen Gütern Gold-
und Silberarbeiter, Schuhmacher, Drechsler, Wagner,
Schwertfeger, Seifensieder, Bäcker, Brauer Der
rohe Stoff wurde ebenfalls auf den eigenen Gütern
erzeugt, und die Beamten Karls hatten hauptsächlich
dafür zu sorgen, daß es nie an Flachs, Wolle und an
den nöthigen Farbekräutern, als Waid fehlen solle.

Sowohl die Produktion, als auch die Verarbeitung
geschah außer den Frauen durch Leibeigne ( Fischer 1. Bd.
377 Geschichte des deutschen Handels ) .

An einen freien Handwerksstand war noch nicht zu
denken. Erstens waren in den wilderen Gegenden Deutsch-
lands die Freien noch zu sehr an das einfache Leben,
- das uns Tacitus beschreibt - gewöhnt, zweitens
aber fanden die Arbeitsscheuen und Müßiggänger in
den Klöstern und bei frommen Stiftungen reichlichern
Unterhalt als durch Arbeit. Drittens fehlte bei der
Unterdrückung des Landbaues auch der Rohstoff. End-
lich mußten die häufigen Kriege mit den Sachsen und
später mit den Normännern und Ungarn jede begin-
nende Jndustrie im Keime ersticken.



Fortsetzung folgt.

Amtliche Bekanntmachungen.
Forstamt Tübingen. Revier Entringen.
Holz=Verkauf.

Unter den bekannten Bedingungen wird in den nach-
genannten Staatswaldschlägen folgendes Holz im
Aufstreich verkauft werden:

Am Montag den 14. d. Mts. im Schlag
Breitenhölzer Kleeb:

30 3 / 4 Klftr. buchene Scheiter, 7 Klftr. buchene Prü-
gel, 1 / 4 Klftr. eichene Prügel, 2,038 buchene und
7 eichene Wellen.

Am Dienstag den 15. d. Mts., zuerst im Schlag
Appelenshalde:

34 Klftr. buchene Scheiter,9 1 / 4 Klftr. buchene Prü-
gel, 1 / 8 Klft Abfallholz, 1594 buchene Wellen;

Sodann im Schlag Stunkert:

5 Eichenstämme mit 154 C'., worunter 1 Stamm
zu einem Mahltrog tauglich ist, 7 Klftr. eichene
Scheiter,3 1 / 4 Klftr. eichene Spälter,24 1 / 2 Klftr.
eichene Prügel, 851 eichene Wellen;

[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] Metkalfe, gab 2000 und das Hotel Dien gab 500 Pfd.
Sterl. her. Der katholische Bischof überschickte 500 Pfd.
Sterl., und erließ sogleich ein Rundschreiben an seine
Geistlichkeit, worin er sie auffordert, für die obdach-
losen Familien beizusteuern und in allen Kirchspielen
öffentliche Versammlungen zu veranstalten, um Geld,
Kleidung und Lebensmittel zusammenzubringen.“

Paris. Man hat dieser Tage in Pau ein
junges Mädchen verhaftet, das einer Frevelthat an-
geklagt ist, welche alles, was die Einbildungskraft
Schreckliches erzeugen kann, weit hinter sich läßt.
Diese Unglückliche, Namens Gabaigs, gebürtig von
Coarraze, welche in Pau als Kammermädchen oder
Köchin diente, war vor 14 Tagen entbunden worden.
Sie hatte ihr Kind einer Amme in der Straße des
Hospices übergeben. Besuchte es am Sonntage,
und nachdem sie unter einem Vorwande die Amme
und die anderen Personen des Hauses entfernt hatte,
gab sie ihrem Kinde Vitriol zu trinken. Das arme
Geschöpfchen ist am andern Tage unter den schreck-
lichsten Leiden gestorben. Die Amme ließ diese un-
natürliche Mutter verhaften. Sie gesteht ihr Ver-
brechen ein. Man kennt die Beweggründe ihrer
Schauderthat noch nicht.



Hiesiges.
Ueber die gewerblichen Zustände in Deutsch-
land, Eugland und Frankreich.
Eine geschichtliche Skizze.
Dem hiesigen Gewerbsverein vorgetragen von
Kaufmann Louis Schmidt.

Es ist gewiß sehr interessant, die Zustände der
Gewerbe in verschiedenen Zeiten mit einander zu ver-
gleichen, hauptsächlich aber das Vormals und Jetzt
solcher Gewerbszweige in's Auge zu fassen, welche den
Wohlstand ganzer Bezirke gründeten, und jetzt für die-
selben verloren gingen, während diese Gewerbe in an-
dern Gegenden, die man für den Betrieb derselben gar
nicht geeignet hielt, nun blühen.

Vor 80 Jahren noch schrieb Justus Möser ( 2 Thl.
136 ) : Es ist eine eigene Sache um Verpflanzung der
Fabriken. Unsere Leinenhändler sagen, sie wollen es
jedem Stücke Leinwand ansehen, in welchem Dorfe es
gemacht sey; ich habe sogar einen Garnhändler gekannt,
der einige hunderttausend Stücke Garn des Jahres ver-
sandte, und die Hand der Familie, welche es gesponnen
hatte, eben so gut zu unterscheiden wußte, als man
die verschiedene Hnandschriften unterscheiden kann. Jeder
Ort hat also etwas eben so Eigenthümliches in seinen
Arbeiten, als in seinem Biere, welches von Andern
nicht leicht nachgeahmt werden kann.

„Vielleicht – fährt Möser fort – „hat die gött-
„liche Vorsehung auch hierin ihre Weisheit zeigen und
nicht zugeben wollen, daß ein Land sich alle
Künste zueignen solle. “ – Und Büsch sagt bei
einer ähnlichen Veranlassung ( 2. Bd. 303, Geldumlauf ) :
„England, das es auf's Höchste in dem Bestreben ge-
„trieben hat, für die Bedürfnisse aller übrigen Völker
„zu arbeiten, aber auch diesen so wenig Arbeit als
„möglich zuzuwenden, erfährt dennoch die Unmöglichkeit,
„seinen eigenen Bedürfnissen in allen Stücken zu genügen.
[Spaltenumbruch]Es hat davon abstehen müssen, die Einfuhr
fremder Leinen zu beschränken.

So stand es noch vor 80 Jahren, und die Deut-
schen, die auch in der Wollmannfaktur, in feineren
Metallarbeiten den Vorzug vor andern Völkern hatten,
mußten und müssen noch einen Jndustriezweig um den
andern den Engländern und Franzosen zuwandern sehen.

Diese Veränderung der Dinge zu unserm Nachtheil
drängt uns die Frage auf: „Woher kommt dieß?“

Die Antwort finden wir in einem geschichtlichen
Ueberblick der Gewerbszustände im Allgemeinen unsers
deutschen Vaterlandes, so wie dann besonders der von
Frankreich und England, welche ich jetzt zu geben ver-
suchen will.

Zur Zeit Karls des Großen ( Gülich, 2. Bd. 134. )
wurden die nöthigsten Bedürfnisse für jede Haushaltung
von den Leibeigenen und von den Frauen selbst ver-
fertigt. Letztere machten besonders leinene und wollene
Zeuge und hatten auch im Sticken genialische Fortschritte
gemacht. Karl selbst hatte auf seinen Gütern Gold-
und Silberarbeiter, Schuhmacher, Drechsler, Wagner,
Schwertfeger, Seifensieder, Bäcker, Brauer Der
rohe Stoff wurde ebenfalls auf den eigenen Gütern
erzeugt, und die Beamten Karls hatten hauptsächlich
dafür zu sorgen, daß es nie an Flachs, Wolle und an
den nöthigen Farbekräutern, als Waid fehlen solle.

Sowohl die Produktion, als auch die Verarbeitung
geschah außer den Frauen durch Leibeigne ( Fischer 1. Bd.
377 Geschichte des deutschen Handels ) .

An einen freien Handwerksstand war noch nicht zu
denken. Erstens waren in den wilderen Gegenden Deutsch-
lands die Freien noch zu sehr an das einfache Leben,
– das uns Tacitus beschreibt – gewöhnt, zweitens
aber fanden die Arbeitsscheuen und Müßiggänger in
den Klöstern und bei frommen Stiftungen reichlichern
Unterhalt als durch Arbeit. Drittens fehlte bei der
Unterdrückung des Landbaues auch der Rohstoff. End-
lich mußten die häufigen Kriege mit den Sachsen und
später mit den Normännern und Ungarn jede begin-
nende Jndustrie im Keime ersticken.



Fortsetzung folgt.

Amtliche Bekanntmachungen.
Forstamt Tübingen. Revier Entringen.
Holz=Verkauf.

Unter den bekannten Bedingungen wird in den nach-
genannten Staatswaldschlägen folgendes Holz im
Aufstreich verkauft werden:

Am Montag den 14. d. Mts. im Schlag
Breitenhölzer Kleeb:

30 3 / 4 Klftr. buchene Scheiter, 7 Klftr. buchene Prü-
gel, 1 / 4 Klftr. eichene Prügel, 2,038 buchene und
7 eichene Wellen.

Am Dienstag den 15. d. Mts., zuerst im Schlag
Appelenshalde:

34 Klftr. buchene Scheiter,9 1 / 4 Klftr. buchene Prü-
gel, 1 / 8 Klft Abfallholz, 1594 buchene Wellen;

Sodann im Schlag Stunkert:

5 Eichenstämme mit 154 C'., worunter 1 Stamm
zu einem Mahltrog tauglich ist, 7 Klftr. eichene
Scheiter,3 1 / 4 Klftr. eichene Spälter,24 1 / 2 Klftr.
eichene Prügel, 851 eichene Wellen;

[Ende Spaltensatz]
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jVarious" n="1">
        <div type="jArticle" n="2">
          <p><pb facs="#f0003" n="331"/><cb type="start"/><hi rendition="#g">Metkalfe,</hi> gab 2000 und das Hotel Dien gab 500 Pfd.<lb/>
Sterl. her. Der katholische Bischof überschickte 500 Pfd.<lb/>
Sterl., und erließ sogleich ein Rundschreiben an seine<lb/>
Geistlichkeit, worin er sie auffordert, für die obdach-<lb/>
losen Familien beizusteuern und in allen Kirchspielen<lb/>
öffentliche Versammlungen zu veranstalten, um Geld,<lb/>
Kleidung und Lebensmittel zusammenzubringen.&#x201C;</p><lb/>
          <div type="jArticle" n="2">
            <p><hi rendition="#g">Paris.</hi> Man hat dieser Tage in Pau ein<lb/>
junges Mädchen verhaftet, das einer Frevelthat an-<lb/>
geklagt ist, welche alles, was die Einbildungskraft<lb/>
Schreckliches erzeugen kann, weit hinter sich läßt.<lb/>
Diese Unglückliche, Namens Gabaigs, gebürtig von<lb/>
Coarraze, welche in Pau als Kammermädchen oder<lb/>
Köchin diente, war vor 14 Tagen entbunden worden.<lb/>
Sie hatte ihr Kind einer Amme in der Straße des<lb/>
Hospices übergeben. Besuchte es am Sonntage,<lb/>
und nachdem sie unter einem Vorwande die Amme<lb/>
und die anderen Personen des Hauses entfernt hatte,<lb/>
gab sie ihrem Kinde Vitriol zu trinken. Das arme<lb/>
Geschöpfchen ist am andern Tage unter den schreck-<lb/>
lichsten Leiden gestorben. Die Amme ließ diese un-<lb/>
natürliche Mutter verhaften. Sie gesteht ihr Ver-<lb/>
brechen ein. Man kennt die Beweggründe ihrer<lb/>
Schauderthat noch nicht.</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div xml:id="Schmidt1" type="jArticle" n="2">
          <head><hi rendition="#g">Hiesiges.</hi><lb/>
Ueber die gewerblichen Zustände in Deutsch-<lb/>
land, Eugland und Frankreich.<lb/>
Eine geschichtliche Skizze.<lb/>
Dem hiesigen Gewerbsverein vorgetragen von<lb/>
Kaufmann <hi rendition="#g">Louis Schmidt</hi>.</head><lb/>
          <p>Es ist gewiß sehr interessant, die Zustände der<lb/>
Gewerbe in verschiedenen Zeiten mit einander zu ver-<lb/>
gleichen, hauptsächlich aber das Vormals und Jetzt<lb/>
solcher Gewerbszweige in's Auge zu fassen, welche den<lb/>
Wohlstand ganzer Bezirke gründeten, und jetzt für die-<lb/>
selben verloren gingen, während diese Gewerbe in an-<lb/>
dern Gegenden, die man für den Betrieb derselben gar<lb/>
nicht geeignet hielt, nun blühen.</p><lb/>
          <p>Vor 80 Jahren noch schrieb Justus <hi rendition="#g">Möser</hi> ( 2 Thl.<lb/>
136 ) : Es ist eine eigene Sache um Verpflanzung der<lb/>
Fabriken. Unsere Leinenhändler sagen, sie wollen es<lb/>
jedem Stücke Leinwand ansehen, in welchem Dorfe es<lb/>
gemacht sey; ich habe sogar einen Garnhändler gekannt,<lb/>
der einige hunderttausend Stücke Garn des Jahres ver-<lb/>
sandte, und die Hand der Familie, welche es gesponnen<lb/>
hatte, eben so gut zu unterscheiden wußte, als man<lb/>
die verschiedene Hnandschriften unterscheiden kann. Jeder<lb/>
Ort hat also etwas eben so Eigenthümliches in seinen<lb/>
Arbeiten, als in seinem Biere, welches von Andern<lb/>
nicht leicht nachgeahmt werden kann.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Vielleicht &#x2013; fährt <hi rendition="#g">Möser</hi> fort &#x2013; &#x201E;hat die gött-<lb/>
&#x201E;liche Vorsehung auch hierin ihre Weisheit zeigen und<lb/>
&#x201E; <hi rendition="#g">nicht zugeben wollen, daß ein Land sich alle</hi><lb/>
&#x201E; <hi rendition="#g">Künste zueignen solle.</hi> &#x201C; &#x2013; Und <hi rendition="#g">Büsch</hi> sagt bei<lb/>
einer ähnlichen Veranlassung ( 2. Bd. 303, Geldumlauf ) :<lb/>
&#x201E;England, das es auf's Höchste in dem Bestreben ge-<lb/>
&#x201E;trieben hat, für die Bedürfnisse aller übrigen Völker<lb/>
&#x201E;zu arbeiten, aber auch diesen so wenig Arbeit als<lb/>
&#x201E;möglich zuzuwenden, erfährt dennoch die Unmöglichkeit,<lb/>
&#x201E;seinen eigenen Bedürfnissen in allen Stücken zu genügen.<lb/><cb n="2"/>
&#x201E; <hi rendition="#g">Es hat davon abstehen müssen, die Einfuhr</hi><lb/>
&#x201E; <hi rendition="#g">fremder Leinen zu beschränken.</hi> &#x201C;</p><lb/>
          <p>So stand es noch vor 80 Jahren, und die Deut-<lb/>
schen, die auch in der Wollmannfaktur, in feineren<lb/>
Metallarbeiten den Vorzug vor andern Völkern hatten,<lb/>
mußten und müssen noch einen Jndustriezweig um den<lb/>
andern den Engländern und Franzosen zuwandern sehen.</p><lb/>
          <p>Diese Veränderung der Dinge zu unserm Nachtheil<lb/>
drängt uns die Frage auf: &#x201E;Woher kommt dieß?&#x201C;</p><lb/>
          <p>Die Antwort finden wir in einem geschichtlichen<lb/>
Ueberblick der Gewerbszustände im Allgemeinen unsers<lb/>
deutschen Vaterlandes, so wie dann besonders der von<lb/>
Frankreich und England, welche ich jetzt zu geben ver-<lb/>
suchen will.</p><lb/>
          <p>Zur Zeit Karls des Großen ( Gülich, 2. Bd. 134. )<lb/>
wurden die nöthigsten Bedürfnisse für jede Haushaltung<lb/>
von den Leibeigenen und von den Frauen selbst ver-<lb/>
fertigt. Letztere machten besonders leinene und wollene<lb/>
Zeuge und hatten auch im Sticken genialische Fortschritte<lb/>
gemacht. Karl selbst hatte auf seinen Gütern Gold-<lb/>
und Silberarbeiter, Schuhmacher, Drechsler, Wagner,<lb/>
Schwertfeger, Seifensieder, Bäcker, Brauer <choice><abbr>ec.</abbr></choice> Der<lb/>
rohe Stoff wurde ebenfalls auf den eigenen Gütern<lb/>
erzeugt, und die Beamten Karls hatten hauptsächlich<lb/>
dafür zu sorgen, daß es nie an Flachs, Wolle und an<lb/>
den nöthigen Farbekräutern, als Waid <choice><abbr>ec.</abbr></choice> fehlen solle.</p><lb/>
          <p>Sowohl die Produktion, als auch die Verarbeitung<lb/>
geschah außer den Frauen durch Leibeigne ( Fischer 1. Bd.<lb/>
377 Geschichte des deutschen Handels ) .</p><lb/>
          <p>An einen freien Handwerksstand war noch nicht zu<lb/>
denken. Erstens waren in den wilderen Gegenden Deutsch-<lb/>
lands die Freien noch zu sehr an das einfache Leben,<lb/>
&#x2013; das uns Tacitus beschreibt &#x2013; gewöhnt, zweitens<lb/>
aber fanden die Arbeitsscheuen und Müßiggänger in<lb/>
den Klöstern und bei frommen Stiftungen reichlichern<lb/>
Unterhalt als durch Arbeit. Drittens fehlte bei der<lb/>
Unterdrückung des Landbaues auch der Rohstoff. End-<lb/>
lich mußten die häufigen Kriege mit den Sachsen und<lb/>
später mit den Normännern und Ungarn jede begin-<lb/>
nende Jndustrie im Keime ersticken.</p>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>
            <ref target="nn_chronik083_1845#Schmidt2">Fortsetzung folgt.</ref>
          </p><lb/>
        </div>
      </div>
      <div type="jAnnouncements" n="1">
        <head> <hi rendition="#fr">Amtliche Bekanntmachungen.</hi> </head><lb/>
        <div type="jAn" n="2">
          <head>Forstamt Tübingen. Revier <hi rendition="#fr">Entringen.<lb/>
Holz=Verkauf.</hi></head><lb/>
          <p>Unter den bekannten Bedingungen wird in den nach-<lb/>
genannten Staatswaldschlägen folgendes Holz im<lb/>
Aufstreich verkauft werden:</p><lb/>
          <p rendition="#c">Am Montag den 14. d. Mts. im Schlag<lb/><hi rendition="#fr">Breitenhölzer Kleeb:</hi></p><lb/>
          <p>30 3 / 4 Klftr. buchene Scheiter, 7 Klftr. buchene Prü-<lb/>
gel, 1 / 4 Klftr. eichene Prügel, 2,038 buchene und<lb/>
7 eichene Wellen.</p><lb/>
          <p rendition="#c">Am Dienstag den 15. d. Mts., zuerst im Schlag<lb/><hi rendition="#fr">Appelenshalde:</hi></p><lb/>
          <p>34 Klftr. buchene Scheiter,9 1 / 4 Klftr. buchene Prü-<lb/>
gel, 1 / 8 Klft Abfallholz, 1594 buchene Wellen;</p><lb/>
          <p rendition="#c">Sodann im Schlag <hi rendition="#fr">Stunkert:</hi></p><lb/>
          <p>5 Eichenstämme mit 154 C'., worunter 1 Stamm<lb/>
zu einem Mahltrog tauglich ist, 7 Klftr. eichene<lb/>
Scheiter,3 1 / 4 Klftr. eichene Spälter,24 1 / 2 Klftr.<lb/>
eichene Prügel, 851 eichene Wellen;</p><lb/>
          <cb type="end"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[331/0003] Metkalfe, gab 2000 und das Hotel Dien gab 500 Pfd. Sterl. her. Der katholische Bischof überschickte 500 Pfd. Sterl., und erließ sogleich ein Rundschreiben an seine Geistlichkeit, worin er sie auffordert, für die obdach- losen Familien beizusteuern und in allen Kirchspielen öffentliche Versammlungen zu veranstalten, um Geld, Kleidung und Lebensmittel zusammenzubringen.“ Paris. Man hat dieser Tage in Pau ein junges Mädchen verhaftet, das einer Frevelthat an- geklagt ist, welche alles, was die Einbildungskraft Schreckliches erzeugen kann, weit hinter sich läßt. Diese Unglückliche, Namens Gabaigs, gebürtig von Coarraze, welche in Pau als Kammermädchen oder Köchin diente, war vor 14 Tagen entbunden worden. Sie hatte ihr Kind einer Amme in der Straße des Hospices übergeben. Besuchte es am Sonntage, und nachdem sie unter einem Vorwande die Amme und die anderen Personen des Hauses entfernt hatte, gab sie ihrem Kinde Vitriol zu trinken. Das arme Geschöpfchen ist am andern Tage unter den schreck- lichsten Leiden gestorben. Die Amme ließ diese un- natürliche Mutter verhaften. Sie gesteht ihr Ver- brechen ein. Man kennt die Beweggründe ihrer Schauderthat noch nicht. Hiesiges. Ueber die gewerblichen Zustände in Deutsch- land, Eugland und Frankreich. Eine geschichtliche Skizze. Dem hiesigen Gewerbsverein vorgetragen von Kaufmann Louis Schmidt. Es ist gewiß sehr interessant, die Zustände der Gewerbe in verschiedenen Zeiten mit einander zu ver- gleichen, hauptsächlich aber das Vormals und Jetzt solcher Gewerbszweige in's Auge zu fassen, welche den Wohlstand ganzer Bezirke gründeten, und jetzt für die- selben verloren gingen, während diese Gewerbe in an- dern Gegenden, die man für den Betrieb derselben gar nicht geeignet hielt, nun blühen. Vor 80 Jahren noch schrieb Justus Möser ( 2 Thl. 136 ) : Es ist eine eigene Sache um Verpflanzung der Fabriken. Unsere Leinenhändler sagen, sie wollen es jedem Stücke Leinwand ansehen, in welchem Dorfe es gemacht sey; ich habe sogar einen Garnhändler gekannt, der einige hunderttausend Stücke Garn des Jahres ver- sandte, und die Hand der Familie, welche es gesponnen hatte, eben so gut zu unterscheiden wußte, als man die verschiedene Hnandschriften unterscheiden kann. Jeder Ort hat also etwas eben so Eigenthümliches in seinen Arbeiten, als in seinem Biere, welches von Andern nicht leicht nachgeahmt werden kann. „Vielleicht – fährt Möser fort – „hat die gött- „liche Vorsehung auch hierin ihre Weisheit zeigen und „ nicht zugeben wollen, daß ein Land sich alle „ Künste zueignen solle. “ – Und Büsch sagt bei einer ähnlichen Veranlassung ( 2. Bd. 303, Geldumlauf ) : „England, das es auf's Höchste in dem Bestreben ge- „trieben hat, für die Bedürfnisse aller übrigen Völker „zu arbeiten, aber auch diesen so wenig Arbeit als „möglich zuzuwenden, erfährt dennoch die Unmöglichkeit, „seinen eigenen Bedürfnissen in allen Stücken zu genügen. „ Es hat davon abstehen müssen, die Einfuhr „ fremder Leinen zu beschränken. “ So stand es noch vor 80 Jahren, und die Deut- schen, die auch in der Wollmannfaktur, in feineren Metallarbeiten den Vorzug vor andern Völkern hatten, mußten und müssen noch einen Jndustriezweig um den andern den Engländern und Franzosen zuwandern sehen. Diese Veränderung der Dinge zu unserm Nachtheil drängt uns die Frage auf: „Woher kommt dieß?“ Die Antwort finden wir in einem geschichtlichen Ueberblick der Gewerbszustände im Allgemeinen unsers deutschen Vaterlandes, so wie dann besonders der von Frankreich und England, welche ich jetzt zu geben ver- suchen will. Zur Zeit Karls des Großen ( Gülich, 2. Bd. 134. ) wurden die nöthigsten Bedürfnisse für jede Haushaltung von den Leibeigenen und von den Frauen selbst ver- fertigt. Letztere machten besonders leinene und wollene Zeuge und hatten auch im Sticken genialische Fortschritte gemacht. Karl selbst hatte auf seinen Gütern Gold- und Silberarbeiter, Schuhmacher, Drechsler, Wagner, Schwertfeger, Seifensieder, Bäcker, Brauer Der rohe Stoff wurde ebenfalls auf den eigenen Gütern erzeugt, und die Beamten Karls hatten hauptsächlich dafür zu sorgen, daß es nie an Flachs, Wolle und an den nöthigen Farbekräutern, als Waid fehlen solle. Sowohl die Produktion, als auch die Verarbeitung geschah außer den Frauen durch Leibeigne ( Fischer 1. Bd. 377 Geschichte des deutschen Handels ) . An einen freien Handwerksstand war noch nicht zu denken. Erstens waren in den wilderen Gegenden Deutsch- lands die Freien noch zu sehr an das einfache Leben, – das uns Tacitus beschreibt – gewöhnt, zweitens aber fanden die Arbeitsscheuen und Müßiggänger in den Klöstern und bei frommen Stiftungen reichlichern Unterhalt als durch Arbeit. Drittens fehlte bei der Unterdrückung des Landbaues auch der Rohstoff. End- lich mußten die häufigen Kriege mit den Sachsen und später mit den Normännern und Ungarn jede begin- nende Jndustrie im Keime ersticken. Fortsetzung folgt. Amtliche Bekanntmachungen. Forstamt Tübingen. Revier Entringen. Holz=Verkauf. Unter den bekannten Bedingungen wird in den nach- genannten Staatswaldschlägen folgendes Holz im Aufstreich verkauft werden: Am Montag den 14. d. Mts. im Schlag Breitenhölzer Kleeb: 30 3 / 4 Klftr. buchene Scheiter, 7 Klftr. buchene Prü- gel, 1 / 4 Klftr. eichene Prügel, 2,038 buchene und 7 eichene Wellen. Am Dienstag den 15. d. Mts., zuerst im Schlag Appelenshalde: 34 Klftr. buchene Scheiter,9 1 / 4 Klftr. buchene Prü- gel, 1 / 8 Klft Abfallholz, 1594 buchene Wellen; Sodann im Schlag Stunkert: 5 Eichenstämme mit 154 C'., worunter 1 Stamm zu einem Mahltrog tauglich ist, 7 Klftr. eichene Scheiter,3 1 / 4 Klftr. eichene Spälter,24 1 / 2 Klftr. eichene Prügel, 851 eichene Wellen;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_chronik082_1845
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_chronik082_1845/3
Zitationshilfe: Tübinger Chronik. Nr. 82. [Tübingen (Württemberg)], 9. Juli 1845, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_chronik082_1845/3>, abgerufen am 16.07.2024.