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Die Bayerische Presse. Nr. 272. Würzburg, 13. November 1850.

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[Spaltenumbruch] baren Theorien und leidet in seiner überwiegenden
Mehrheit nicht an demokratischem Schwindel. Wer
Euch anders sagt, den erkennt das Volk nicht als
den Seinen! -- Das Volk will feste Zustände,
damit seine materielle Wohlfahrt auf dem Wege
ihrer Entwickelung und Ausbildung nicht länger
aufgehalten werden; der gesunde Sinn des Volkes
will eine starke Regierung, denn es fühlt, daß
nur durch eine solche das Recht, die Freiheit und
das Wohl Aller wahrhaft gesichert ist. Tretet
aus Euern Gelehrtenstuben und aus den trügeri-
schen Umgebungen einzelner Stadtbezirke mit un-
befangener Seele hinaus unter das Volk und
ihr werdet diese Sätze bewahrheitet finden. Wohl
mag in den Schenken und auf öffentlichen Plätzen
unter Zehn vielleicht Einer oder Zwei Euch zu-
stimmen und sagen, ohne daß er erkennt, was er
sagt: wir brauchen keinen König, Republik wollen
wir, wie in der Schweiz und in Amerika! --
Fragt Jhr, wer es ist, so ist's -- wenn nicht ein
radikaler Arzt oder Advokat, sehr wahrscheinlich
ein Gevatter = Schneider oder Handschuhmacher,
dessen Verhältnisse im Sinken sind, wie seine Ar-
beitslust. Jn den stillen Hütten aber, wo die
fleißige und geordnete Mehrheit wohnt, werdet
Jhr ein anderes Wort hören. Dort wird man
Euch sagen: "wir haben Vertrauen zu unserem
König, wir wollen Frieden haben mit der Regie-
rung, damit Ruhe im Lande sei." So sagt das
Volk, und so sagen auch wir, die wir in Mitte
desselben leben, Hand in Hand mit ihm gehen
und seine Wünsche und Gewohnheiten aus lang-
jähriger Erfahrung kennen. -- Wenn wir daher
unsere Augen nicht dem Lichte des Tages ver-
schließen, so werden wir erkennen die Zeichen der
Zeit, die denn doch -- sage man und träume man,
was man wolle, der fortreißenden Bewegung der
Demokratie ganz und gar nicht günstig sind,
sondern -- Dank den demokratischen Uebertrei-
bungen! -- unverkennbar auf den entschiedenen
und nachhaltigen Sieg der konservativen Elemente
hindeuten, die in dem monarchischen Prinzipe re-
präsentirt werden.

Die Ereignisse in Kurhessen.

Kassel, 10. November. Es ist, als hätte
man es darauf abgesehen, unsere Neuhessen
beständig irre zu sühren. Kaum haben sie
sich von den Gastmälern und Wirthshausbänken,
wo sie sich aus Freude über die Rüstungen Preu-
ßens gütlich thaten, erhoben, so werden sie schon
wieder durch die Nachrichten, daß die Preußen
sich nicht nur auf ihre Etappenstraße, sondern wie
vielseitig behauptet wird, sogar nach Eisenach zu-
rückgezogen haben, daß bayerische Vorposten be-
reits in Hersfeld angekommen seien, daß Preußen
sich mit Oesterreich geeinigt habe ec. niederge-
schmettert. Die renitenden Beamten berechnen sich
schon, wie viel Mann Bayern ihnen ins Quar-
tier gelegt werden dürften, wenn es auf einen
Obergerichtsrath in Fulda 50 Mann beträgt.
Nach diesem Verhältnisse würde die Redaktion der
Neuhessischen Zeitung ein ganzes Bataillon be-
kommen. -- Die hiesigen preußischen Truppen
sollen Befehl erhalten haben, stets zum Abmarsch
fertig zu sein.

   

Fulda, 11. Nov. Jn den Operationen ist für
einige Tage Stillstand eingetreten. Das Heer soll
sich von seinen Strapatzen etwas erholen; mehrere
Tage und Nächte hintereinander auf freiem Felde
zu campiren, ohne hinlängliche Nahrung, wie sie
in dem armen Landstriche kaum beizuschaffen war,
hat der Mannschaft etwas zugesetzt. Kranke ha-
ben wir indeß noch keine, auch ist der fröhliche
Muth noch immer der alte. Die Truppen lie-
gen in und um Fulda einquartirt, und zwar in
größeren Abtheilungen bei den bekannten Anstiftern
des Widerstandes, wie es recht und billig ist;
denn warum die unschuldige Menge entgelten las-
sen, was verhältnißmäßig von nur wenigen Auf-
wieglern ausgegangen ist? Die Preußen sind
wirklich bis Hersfeld zurückgegangen, ob sie dort
aber nicht weiteren Widerstand versuchen werden,
bleibt ungewiß; eine Convention, daß die Straße
[Spaltenumbruch] nach Kassel von ihnen freigegeben sei, liegt nicht
vor.

   

Fulda, 11. Nov. Wer heute nach Fulda
kam, der mußte eher glauben, in einer freund-
lichen Garnisonsstadt, als in einem Feldlager sich
zu befinden. Der Himmel hatte sich endlich ein
wenig wieder gelichtet. Die Parade zog mit Mu-
sik auf und diese spielte noch geraume Zeit auf
dem schönen Platze vor dem kurfürstlichen Schlosse,
wo auch die Hauptwache ist und die schöne Statue
des hl. Bonifacius, eine Zierde, der Stadt, sich
erhebt. Gleich daneben ist das Hotel zum " Kur-
fürsten ", wo der commandirende General Fürst
von Thurn und Taris und der Bundescommissär
Graf Rechberg wohnen. Das Hauptquartier des
preußischen Generals Grafen v. d. Gröben ist
wieder in Vacha; seine Truppen halten aber noch
Hersfeld besetzt, durch welches bekanntlich eine
preußische Etappenstraße führt. Die Vorhut der
Bundestruppen steht1 1 / 2 Stunden von hier vor-
wärts gegen Hersfeld. Die verwundeten öster-
reichischen Jäger ( nur 4, nicht 5, wie Anfangs
irrig angeführt ) geben sämmtlich Hoffnung der
Genesung, falls kein ungünstiger Umstand ihre
Lage verschlimmert.

   

Fulda, 11. Nov. Von Hünfeld aus theilt
sich das k. preußische Armeekorps und marschirt
einerseits nach Hersfeld, anderseits über Buttlar
nach Vach, zurück. Gestern Vormittags um 11
Uhr war Hünfeld von demselben vollständig ge-
räumt. Diese Nachrichten haben jene Liferanten,
welche von den Preußen nach Hünfeld bestellt
waren, um ihre Zahlungen in Empfang zu neh-
men und solche auch bekommen haben, mit hieher
gebracht. -- Die kurfürstlichen Steuererheber ge-
ben heute schon die Steuerzettel aus, um die
Steuern einzufordern. -- Vor Bronzell sieht man
an der Spitze eines etwas höher als die Chaussee
gelegenen Ackers fünf spannhohe Pfähle eingeschla-
gen; hinter diesen Pfählen ist eine Abgrabung,
wodurch eine Art Brustwehr gebildet wird. Auf
diesem verhängnißvollen Plätzchen sind die preußi-
schen Füsiliere mit Zündnadelgewehren aufgestellt
gewesen, welche die österreichischen Jäger verwun-
det haben. Der Eigenthümer der benachbarten,
kaum fünfzehn Schritte von diesem Platze entfern-
ten Hütte will zum Gedächtniß dieses Ereignisses
das Plätzchen unversehrt erhalten und gibt mit
größter Bestimmtheit an, daß die Preußen zuerst
geschossen, dann erst hätte man die österreichischen
Jäger ihre Stutzen laden sehen und hätten sie
das Pferd eines preußischen Offiziers verwundet,
während sich die Preußen aus dem Dorfe zurück-
gezogen. Ersteren Vorfall will der Augenzeuge
in seiner Hütte mit angesehen haben; dann hätte
er sich ins zweite Haus geflüchtet, und als er
dort wahrgenommen, wie bayerische Artillerie auf-
gefahren worden sei und die österreichischen Jäger
das Dorf im Sturm angegriffen, habe er sich
nach dem Walde zurückgezogen. Wie viele Schüsse
beiläufig gewechselt worden, wußte der Mann
nicht. Jm allgemeinen gab er an, es sei eben
nicht vielmal geschossen worden. Warum unter
den gegebenen Verhältnissen überhaupt geschossen
worden ist, bleibt räthselhaft. Das Plätzchen
aber selbst mit seiner Einrichtung, den Pfählen
zum Auflegen der Gewehre wie zum Büchsen-
stande, wird uns ewig denkwürdig bleiben.

   

Hanau, 11. Nov. Gestern wäre es hier
beinahe zwischen bayrischen Soldaten und hiesigen
Civilpersonen zum Conflikte gekommen. Jn der
Koch'schen Bierwirthschaft zum Deutschen Hause
am Steinheimer Thore, dem Hauptsitze der De-
mokraten, hatten sich nämlich gestern Abend viele
bayerische Soldaten eingefunden, welche ihren
König hoch leben ließen, während die Civilperso-
nen, größtentheils Turner, Heckerlieder sangen und
es an sonstigen Neckereien nicht fehlen ließen. Jn
Folge dessen hat der Jnhaber der Bierwirthschaft
Jakob Koch, sein Lokal unter dem Vorwande des
Mangels an Bier geschlossen. Zweck dieses Ma-
növers ist indessen, die Bayern aus der Wirth-
schaft fern zu halten, indem die Turner nach wie
[Spaltenumbruch] vor ihre Besuche und Zusammenkünfte darin zu
halten fortfahren.

Herr Kittsteiner, der Redakteur der Hanauer
Zeitung, ist aus dem Hauptquartier der Bundes-
truppen unverrichteter Sache wieder anher zurück-
gelangt, und hat sich gestern nach Wilhelmsbad
begeben, um bei Herrn Hassenpflug wegen Wie-
dererscheinens seiner Zeitung einen nochmaligen
Versuch zu machen.

   
Deutschland.

Frankfurt, 11. Nov. Die preuß. Politik bleibt
sich immer gleich; es ist ihr einmal unmöglich,
eine aufrichtige Sprache zu führen, selbst wenn
sie mit Gewißheit vorhersehen kann, daß ihre Wi-
dersprüche auf der Hand liegen und auf der
Stelle aufgedeckt werden können. Der General
v. d. Gröben versichert in seinem Schreiben an
die kurfürstliche Regierung, daß die Preußen sich
durchaus nicht in die inneren Angelegenheiten Kur-
hessens mischen würden. Da nun aber die Bun-
desarmee ausschließlich den Zweck hat, die kur-
fürstliche Regierung bei Durchführung der inneren
Angelegenheiten des Landes zu unterstützen, so
darf sie daran auch von den Preußen nicht ver-
hindert werden, wenn jene Versicherung nicht aber-
mals eine Unwahrheit sein soll. Wenn die preuß.
Truppen sich dem Einmarsch der Bayern in Ober-
und Niederhessen und namentlich in Kassel wider-
setzen, so widersetzen sie sich dadurch denjenigen
innern Anordnungen, welche die kurfürstliche Re-
gierung fur diese Landestheile getroffen hat und
noch treffen will. Die Entwaffnung der Bürger-
wehr, die Dürchführung des Kriegszustandes, die
Absetzung renitenter Beamten und die Einsetzung
von deren Nachfolgern, die Eintreibung von Steuern
u. s. w. -- das alles sind ohne Zweifel Dinge,
die zu den inneren Angelegenheiten Hessens ge-
hören, und wenn die Preußen, die zur Unterstütz-
ung dieser Maßregeln herbeigerufenen Truppen
von dem größeren Theile des Landes abwehren,
mischen sie sich also sehr direkt in die inneren An-
gelegenheiten, ja sie heben gerade die Regierung
des Kurfürsten für diese Landestheile auf. Es
müßte denn sein, daß sie sich selbst wider den
Willen des Kurfürsten zur Durchführung aller in-
neren Maßregeln ausdrängen wollten, welche die
kurfürstliche Regierung verfügt. Dann wäre aber
wieder eine Einmischung anderer Art vorhanden.
Wollen denn die preuß. Staatsmänner nie ein-
sehen, daß durch solche aus der Luft gegriffenen
Vorwänden und Ausflüchte Niemand getäuscht
wird, daß sie damit gar Nichts erreichen, als ein
tägliches Wachsen des Mißtrauens gegen den
Verkehr mit ihnen und gegen ihren Charakter?
Wir werden zwar nie eine Politik rechtfertigen,
welche die Verträge verletzt; will man sie aber
doch einmal einschlagen, so ist es immer noch
ehrenvoller und würdiger, wenn man offen mit
der Sprache herausgeht, als wenn man Thatsa-
chen, die sich ja doch nicht verdecken lassen, durch
leere Redensarten zu vertuschen sucht. Wahr-
lich, wer zwei Drittheile des ganzen Landes be-
setzt, und dadurch die Ausführung jeder Verord-
nung der inneren Regierung unmöglich macht, der
sollte nicht die Stirne haben zu der Betheuerung,
sich in die inneren Angelegenheiten des Landes
nicht mischen zu wollen.

Stuttgart, 10. Nv. Dem heutigen " Beo-
bachter " ist ein fliegendes Blatt beigegeben, wel-
ches die Adresse des Pseudo=Ausschusses der auf-
gelösten Landesversammlung an Se. Maj. den
König enthält.

Leipzig, 9. Nov. Heute Mittag reiste Oberst
v. d. Tann, aus Holstein kommend, hier durch.
Wie er selbst erzählt, hat er nicht blos Urlaub
von der schleswig = holsteinischen Armee, sondern
seinen vollständigen Abschied aus derselben genom-
men, und ist gesonnen, sich zu dem bayerischen
Armeecorps zu begeben, welches gegen Hessen ope-
rirt; er glaubt, daß er bei dem Generalstab an-
gestellt werden wird.

   

Wien, 8. Nov. Durch achtzehn Monate sind
wir den Jrrgängen der preußischen Verhandlungs-

[Spaltenumbruch] baren Theorien und leidet in seiner überwiegenden
Mehrheit nicht an demokratischem Schwindel. Wer
Euch anders sagt, den erkennt das Volk nicht als
den Seinen! -- Das Volk will feste Zustände,
damit seine materielle Wohlfahrt auf dem Wege
ihrer Entwickelung und Ausbildung nicht länger
aufgehalten werden; der gesunde Sinn des Volkes
will eine starke Regierung, denn es fühlt, daß
nur durch eine solche das Recht, die Freiheit und
das Wohl Aller wahrhaft gesichert ist. Tretet
aus Euern Gelehrtenstuben und aus den trügeri-
schen Umgebungen einzelner Stadtbezirke mit un-
befangener Seele hinaus unter das Volk und
ihr werdet diese Sätze bewahrheitet finden. Wohl
mag in den Schenken und auf öffentlichen Plätzen
unter Zehn vielleicht Einer oder Zwei Euch zu-
stimmen und sagen, ohne daß er erkennt, was er
sagt: wir brauchen keinen König, Republik wollen
wir, wie in der Schweiz und in Amerika! --
Fragt Jhr, wer es ist, so ist's -- wenn nicht ein
radikaler Arzt oder Advokat, sehr wahrscheinlich
ein Gevatter = Schneider oder Handschuhmacher,
dessen Verhältnisse im Sinken sind, wie seine Ar-
beitslust. Jn den stillen Hütten aber, wo die
fleißige und geordnete Mehrheit wohnt, werdet
Jhr ein anderes Wort hören. Dort wird man
Euch sagen: „wir haben Vertrauen zu unserem
König, wir wollen Frieden haben mit der Regie-
rung, damit Ruhe im Lande sei.“ So sagt das
Volk, und so sagen auch wir, die wir in Mitte
desselben leben, Hand in Hand mit ihm gehen
und seine Wünsche und Gewohnheiten aus lang-
jähriger Erfahrung kennen. -- Wenn wir daher
unsere Augen nicht dem Lichte des Tages ver-
schließen, so werden wir erkennen die Zeichen der
Zeit, die denn doch -- sage man und träume man,
was man wolle, der fortreißenden Bewegung der
Demokratie ganz und gar nicht günstig sind,
sondern -- Dank den demokratischen Uebertrei-
bungen! -- unverkennbar auf den entschiedenen
und nachhaltigen Sieg der konservativen Elemente
hindeuten, die in dem monarchischen Prinzipe re-
präsentirt werden.

Die Ereignisse in Kurhessen.

Kassel, 10. November. Es ist, als hätte
man es darauf abgesehen, unsere Neuhessen
beständig irre zu sühren. Kaum haben sie
sich von den Gastmälern und Wirthshausbänken,
wo sie sich aus Freude über die Rüstungen Preu-
ßens gütlich thaten, erhoben, so werden sie schon
wieder durch die Nachrichten, daß die Preußen
sich nicht nur auf ihre Etappenstraße, sondern wie
vielseitig behauptet wird, sogar nach Eisenach zu-
rückgezogen haben, daß bayerische Vorposten be-
reits in Hersfeld angekommen seien, daß Preußen
sich mit Oesterreich geeinigt habe ec. niederge-
schmettert. Die renitenden Beamten berechnen sich
schon, wie viel Mann Bayern ihnen ins Quar-
tier gelegt werden dürften, wenn es auf einen
Obergerichtsrath in Fulda 50 Mann beträgt.
Nach diesem Verhältnisse würde die Redaktion der
Neuhessischen Zeitung ein ganzes Bataillon be-
kommen. -- Die hiesigen preußischen Truppen
sollen Befehl erhalten haben, stets zum Abmarsch
fertig zu sein.

   

Fulda, 11. Nov. Jn den Operationen ist für
einige Tage Stillstand eingetreten. Das Heer soll
sich von seinen Strapatzen etwas erholen; mehrere
Tage und Nächte hintereinander auf freiem Felde
zu campiren, ohne hinlängliche Nahrung, wie sie
in dem armen Landstriche kaum beizuschaffen war,
hat der Mannschaft etwas zugesetzt. Kranke ha-
ben wir indeß noch keine, auch ist der fröhliche
Muth noch immer der alte. Die Truppen lie-
gen in und um Fulda einquartirt, und zwar in
größeren Abtheilungen bei den bekannten Anstiftern
des Widerstandes, wie es recht und billig ist;
denn warum die unschuldige Menge entgelten las-
sen, was verhältnißmäßig von nur wenigen Auf-
wieglern ausgegangen ist? Die Preußen sind
wirklich bis Hersfeld zurückgegangen, ob sie dort
aber nicht weiteren Widerstand versuchen werden,
bleibt ungewiß; eine Convention, daß die Straße
[Spaltenumbruch] nach Kassel von ihnen freigegeben sei, liegt nicht
vor.

   

Fulda, 11. Nov. Wer heute nach Fulda
kam, der mußte eher glauben, in einer freund-
lichen Garnisonsstadt, als in einem Feldlager sich
zu befinden. Der Himmel hatte sich endlich ein
wenig wieder gelichtet. Die Parade zog mit Mu-
sik auf und diese spielte noch geraume Zeit auf
dem schönen Platze vor dem kurfürstlichen Schlosse,
wo auch die Hauptwache ist und die schöne Statue
des hl. Bonifacius, eine Zierde, der Stadt, sich
erhebt. Gleich daneben ist das Hotel zum „ Kur-
fürsten “, wo der commandirende General Fürst
von Thurn und Taris und der Bundescommissär
Graf Rechberg wohnen. Das Hauptquartier des
preußischen Generals Grafen v. d. Gröben ist
wieder in Vacha; seine Truppen halten aber noch
Hersfeld besetzt, durch welches bekanntlich eine
preußische Etappenstraße führt. Die Vorhut der
Bundestruppen steht1 1 / 2 Stunden von hier vor-
wärts gegen Hersfeld. Die verwundeten öster-
reichischen Jäger ( nur 4, nicht 5, wie Anfangs
irrig angeführt ) geben sämmtlich Hoffnung der
Genesung, falls kein ungünstiger Umstand ihre
Lage verschlimmert.

   

Fulda, 11. Nov. Von Hünfeld aus theilt
sich das k. preußische Armeekorps und marschirt
einerseits nach Hersfeld, anderseits über Buttlar
nach Vach, zurück. Gestern Vormittags um 11
Uhr war Hünfeld von demselben vollständig ge-
räumt. Diese Nachrichten haben jene Liferanten,
welche von den Preußen nach Hünfeld bestellt
waren, um ihre Zahlungen in Empfang zu neh-
men und solche auch bekommen haben, mit hieher
gebracht. -- Die kurfürstlichen Steuererheber ge-
ben heute schon die Steuerzettel aus, um die
Steuern einzufordern. -- Vor Bronzell sieht man
an der Spitze eines etwas höher als die Chaussee
gelegenen Ackers fünf spannhohe Pfähle eingeschla-
gen; hinter diesen Pfählen ist eine Abgrabung,
wodurch eine Art Brustwehr gebildet wird. Auf
diesem verhängnißvollen Plätzchen sind die preußi-
schen Füsiliere mit Zündnadelgewehren aufgestellt
gewesen, welche die österreichischen Jäger verwun-
det haben. Der Eigenthümer der benachbarten,
kaum fünfzehn Schritte von diesem Platze entfern-
ten Hütte will zum Gedächtniß dieses Ereignisses
das Plätzchen unversehrt erhalten und gibt mit
größter Bestimmtheit an, daß die Preußen zuerst
geschossen, dann erst hätte man die österreichischen
Jäger ihre Stutzen laden sehen und hätten sie
das Pferd eines preußischen Offiziers verwundet,
während sich die Preußen aus dem Dorfe zurück-
gezogen. Ersteren Vorfall will der Augenzeuge
in seiner Hütte mit angesehen haben; dann hätte
er sich ins zweite Haus geflüchtet, und als er
dort wahrgenommen, wie bayerische Artillerie auf-
gefahren worden sei und die österreichischen Jäger
das Dorf im Sturm angegriffen, habe er sich
nach dem Walde zurückgezogen. Wie viele Schüsse
beiläufig gewechselt worden, wußte der Mann
nicht. Jm allgemeinen gab er an, es sei eben
nicht vielmal geschossen worden. Warum unter
den gegebenen Verhältnissen überhaupt geschossen
worden ist, bleibt räthselhaft. Das Plätzchen
aber selbst mit seiner Einrichtung, den Pfählen
zum Auflegen der Gewehre wie zum Büchsen-
stande, wird uns ewig denkwürdig bleiben.

   

Hanau, 11. Nov. Gestern wäre es hier
beinahe zwischen bayrischen Soldaten und hiesigen
Civilpersonen zum Conflikte gekommen. Jn der
Koch'schen Bierwirthschaft zum Deutschen Hause
am Steinheimer Thore, dem Hauptsitze der De-
mokraten, hatten sich nämlich gestern Abend viele
bayerische Soldaten eingefunden, welche ihren
König hoch leben ließen, während die Civilperso-
nen, größtentheils Turner, Heckerlieder sangen und
es an sonstigen Neckereien nicht fehlen ließen. Jn
Folge dessen hat der Jnhaber der Bierwirthschaft
Jakob Koch, sein Lokal unter dem Vorwande des
Mangels an Bier geschlossen. Zweck dieses Ma-
növers ist indessen, die Bayern aus der Wirth-
schaft fern zu halten, indem die Turner nach wie
[Spaltenumbruch] vor ihre Besuche und Zusammenkünfte darin zu
halten fortfahren.

Herr Kittsteiner, der Redakteur der Hanauer
Zeitung, ist aus dem Hauptquartier der Bundes-
truppen unverrichteter Sache wieder anher zurück-
gelangt, und hat sich gestern nach Wilhelmsbad
begeben, um bei Herrn Hassenpflug wegen Wie-
dererscheinens seiner Zeitung einen nochmaligen
Versuch zu machen.

   
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Frankfurt, 11. Nov. Die preuß. Politik bleibt
sich immer gleich; es ist ihr einmal unmöglich,
eine aufrichtige Sprache zu führen, selbst wenn
sie mit Gewißheit vorhersehen kann, daß ihre Wi-
dersprüche auf der Hand liegen und auf der
Stelle aufgedeckt werden können. Der General
v. d. Gröben versichert in seinem Schreiben an
die kurfürstliche Regierung, daß die Preußen sich
durchaus nicht in die inneren Angelegenheiten Kur-
hessens mischen würden. Da nun aber die Bun-
desarmee ausschließlich den Zweck hat, die kur-
fürstliche Regierung bei Durchführung der inneren
Angelegenheiten des Landes zu unterstützen, so
darf sie daran auch von den Preußen nicht ver-
hindert werden, wenn jene Versicherung nicht aber-
mals eine Unwahrheit sein soll. Wenn die preuß.
Truppen sich dem Einmarsch der Bayern in Ober-
und Niederhessen und namentlich in Kassel wider-
setzen, so widersetzen sie sich dadurch denjenigen
innern Anordnungen, welche die kurfürstliche Re-
gierung fur diese Landestheile getroffen hat und
noch treffen will. Die Entwaffnung der Bürger-
wehr, die Dürchführung des Kriegszustandes, die
Absetzung renitenter Beamten und die Einsetzung
von deren Nachfolgern, die Eintreibung von Steuern
u. s. w. -- das alles sind ohne Zweifel Dinge,
die zu den inneren Angelegenheiten Hessens ge-
hören, und wenn die Preußen, die zur Unterstütz-
ung dieser Maßregeln herbeigerufenen Truppen
von dem größeren Theile des Landes abwehren,
mischen sie sich also sehr direkt in die inneren An-
gelegenheiten, ja sie heben gerade die Regierung
des Kurfürsten für diese Landestheile auf. Es
müßte denn sein, daß sie sich selbst wider den
Willen des Kurfürsten zur Durchführung aller in-
neren Maßregeln ausdrängen wollten, welche die
kurfürstliche Regierung verfügt. Dann wäre aber
wieder eine Einmischung anderer Art vorhanden.
Wollen denn die preuß. Staatsmänner nie ein-
sehen, daß durch solche aus der Luft gegriffenen
Vorwänden und Ausflüchte Niemand getäuscht
wird, daß sie damit gar Nichts erreichen, als ein
tägliches Wachsen des Mißtrauens gegen den
Verkehr mit ihnen und gegen ihren Charakter?
Wir werden zwar nie eine Politik rechtfertigen,
welche die Verträge verletzt; will man sie aber
doch einmal einschlagen, so ist es immer noch
ehrenvoller und würdiger, wenn man offen mit
der Sprache herausgeht, als wenn man Thatsa-
chen, die sich ja doch nicht verdecken lassen, durch
leere Redensarten zu vertuschen sucht. Wahr-
lich, wer zwei Drittheile des ganzen Landes be-
setzt, und dadurch die Ausführung jeder Verord-
nung der inneren Regierung unmöglich macht, der
sollte nicht die Stirne haben zu der Betheuerung,
sich in die inneren Angelegenheiten des Landes
nicht mischen zu wollen.

Stuttgart, 10. Nv. Dem heutigen „ Beo-
bachter “ ist ein fliegendes Blatt beigegeben, wel-
ches die Adresse des Pseudo=Ausschusses der auf-
gelösten Landesversammlung an Se. Maj. den
König enthält.

Leipzig, 9. Nov. Heute Mittag reiste Oberst
v. d. Tann, aus Holstein kommend, hier durch.
Wie er selbst erzählt, hat er nicht blos Urlaub
von der schleswig = holsteinischen Armee, sondern
seinen vollständigen Abschied aus derselben genom-
men, und ist gesonnen, sich zu dem bayerischen
Armeecorps zu begeben, welches gegen Hessen ope-
rirt; er glaubt, daß er bei dem Generalstab an-
gestellt werden wird.

   

Wien, 8. Nov. Durch achtzehn Monate sind
wir den Jrrgängen der preußischen Verhandlungs-

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[0002] baren Theorien und leidet in seiner überwiegenden Mehrheit nicht an demokratischem Schwindel. Wer Euch anders sagt, den erkennt das Volk nicht als den Seinen! -- Das Volk will feste Zustände, damit seine materielle Wohlfahrt auf dem Wege ihrer Entwickelung und Ausbildung nicht länger aufgehalten werden; der gesunde Sinn des Volkes will eine starke Regierung, denn es fühlt, daß nur durch eine solche das Recht, die Freiheit und das Wohl Aller wahrhaft gesichert ist. Tretet aus Euern Gelehrtenstuben und aus den trügeri- schen Umgebungen einzelner Stadtbezirke mit un- befangener Seele hinaus unter das Volk und ihr werdet diese Sätze bewahrheitet finden. Wohl mag in den Schenken und auf öffentlichen Plätzen unter Zehn vielleicht Einer oder Zwei Euch zu- stimmen und sagen, ohne daß er erkennt, was er sagt: wir brauchen keinen König, Republik wollen wir, wie in der Schweiz und in Amerika! -- Fragt Jhr, wer es ist, so ist's -- wenn nicht ein radikaler Arzt oder Advokat, sehr wahrscheinlich ein Gevatter = Schneider oder Handschuhmacher, dessen Verhältnisse im Sinken sind, wie seine Ar- beitslust. Jn den stillen Hütten aber, wo die fleißige und geordnete Mehrheit wohnt, werdet Jhr ein anderes Wort hören. Dort wird man Euch sagen: „wir haben Vertrauen zu unserem König, wir wollen Frieden haben mit der Regie- rung, damit Ruhe im Lande sei.“ So sagt das Volk, und so sagen auch wir, die wir in Mitte desselben leben, Hand in Hand mit ihm gehen und seine Wünsche und Gewohnheiten aus lang- jähriger Erfahrung kennen. -- Wenn wir daher unsere Augen nicht dem Lichte des Tages ver- schließen, so werden wir erkennen die Zeichen der Zeit, die denn doch -- sage man und träume man, was man wolle, der fortreißenden Bewegung der Demokratie ganz und gar nicht günstig sind, sondern -- Dank den demokratischen Uebertrei- bungen! -- unverkennbar auf den entschiedenen und nachhaltigen Sieg der konservativen Elemente hindeuten, die in dem monarchischen Prinzipe re- präsentirt werden. Die Ereignisse in Kurhessen. Kassel, 10. November. Es ist, als hätte man es darauf abgesehen, unsere Neuhessen beständig irre zu sühren. Kaum haben sie sich von den Gastmälern und Wirthshausbänken, wo sie sich aus Freude über die Rüstungen Preu- ßens gütlich thaten, erhoben, so werden sie schon wieder durch die Nachrichten, daß die Preußen sich nicht nur auf ihre Etappenstraße, sondern wie vielseitig behauptet wird, sogar nach Eisenach zu- rückgezogen haben, daß bayerische Vorposten be- reits in Hersfeld angekommen seien, daß Preußen sich mit Oesterreich geeinigt habe ec. niederge- schmettert. Die renitenden Beamten berechnen sich schon, wie viel Mann Bayern ihnen ins Quar- tier gelegt werden dürften, wenn es auf einen Obergerichtsrath in Fulda 50 Mann beträgt. Nach diesem Verhältnisse würde die Redaktion der Neuhessischen Zeitung ein ganzes Bataillon be- kommen. -- Die hiesigen preußischen Truppen sollen Befehl erhalten haben, stets zum Abmarsch fertig zu sein. ( K. Z. ) Fulda, 11. Nov. Jn den Operationen ist für einige Tage Stillstand eingetreten. Das Heer soll sich von seinen Strapatzen etwas erholen; mehrere Tage und Nächte hintereinander auf freiem Felde zu campiren, ohne hinlängliche Nahrung, wie sie in dem armen Landstriche kaum beizuschaffen war, hat der Mannschaft etwas zugesetzt. Kranke ha- ben wir indeß noch keine, auch ist der fröhliche Muth noch immer der alte. Die Truppen lie- gen in und um Fulda einquartirt, und zwar in größeren Abtheilungen bei den bekannten Anstiftern des Widerstandes, wie es recht und billig ist; denn warum die unschuldige Menge entgelten las- sen, was verhältnißmäßig von nur wenigen Auf- wieglern ausgegangen ist? Die Preußen sind wirklich bis Hersfeld zurückgegangen, ob sie dort aber nicht weiteren Widerstand versuchen werden, bleibt ungewiß; eine Convention, daß die Straße nach Kassel von ihnen freigegeben sei, liegt nicht vor. ( K. Z. ) Fulda, 11. Nov. Wer heute nach Fulda kam, der mußte eher glauben, in einer freund- lichen Garnisonsstadt, als in einem Feldlager sich zu befinden. Der Himmel hatte sich endlich ein wenig wieder gelichtet. Die Parade zog mit Mu- sik auf und diese spielte noch geraume Zeit auf dem schönen Platze vor dem kurfürstlichen Schlosse, wo auch die Hauptwache ist und die schöne Statue des hl. Bonifacius, eine Zierde, der Stadt, sich erhebt. Gleich daneben ist das Hotel zum „ Kur- fürsten “, wo der commandirende General Fürst von Thurn und Taris und der Bundescommissär Graf Rechberg wohnen. Das Hauptquartier des preußischen Generals Grafen v. d. Gröben ist wieder in Vacha; seine Truppen halten aber noch Hersfeld besetzt, durch welches bekanntlich eine preußische Etappenstraße führt. Die Vorhut der Bundestruppen steht1 1 / 2 Stunden von hier vor- wärts gegen Hersfeld. Die verwundeten öster- reichischen Jäger ( nur 4, nicht 5, wie Anfangs irrig angeführt ) geben sämmtlich Hoffnung der Genesung, falls kein ungünstiger Umstand ihre Lage verschlimmert. ( F. O.=Z. ) Fulda, 11. Nov. Von Hünfeld aus theilt sich das k. preußische Armeekorps und marschirt einerseits nach Hersfeld, anderseits über Buttlar nach Vach, zurück. Gestern Vormittags um 11 Uhr war Hünfeld von demselben vollständig ge- räumt. Diese Nachrichten haben jene Liferanten, welche von den Preußen nach Hünfeld bestellt waren, um ihre Zahlungen in Empfang zu neh- men und solche auch bekommen haben, mit hieher gebracht. -- Die kurfürstlichen Steuererheber ge- ben heute schon die Steuerzettel aus, um die Steuern einzufordern. -- Vor Bronzell sieht man an der Spitze eines etwas höher als die Chaussee gelegenen Ackers fünf spannhohe Pfähle eingeschla- gen; hinter diesen Pfählen ist eine Abgrabung, wodurch eine Art Brustwehr gebildet wird. Auf diesem verhängnißvollen Plätzchen sind die preußi- schen Füsiliere mit Zündnadelgewehren aufgestellt gewesen, welche die österreichischen Jäger verwun- det haben. Der Eigenthümer der benachbarten, kaum fünfzehn Schritte von diesem Platze entfern- ten Hütte will zum Gedächtniß dieses Ereignisses das Plätzchen unversehrt erhalten und gibt mit größter Bestimmtheit an, daß die Preußen zuerst geschossen, dann erst hätte man die österreichischen Jäger ihre Stutzen laden sehen und hätten sie das Pferd eines preußischen Offiziers verwundet, während sich die Preußen aus dem Dorfe zurück- gezogen. Ersteren Vorfall will der Augenzeuge in seiner Hütte mit angesehen haben; dann hätte er sich ins zweite Haus geflüchtet, und als er dort wahrgenommen, wie bayerische Artillerie auf- gefahren worden sei und die österreichischen Jäger das Dorf im Sturm angegriffen, habe er sich nach dem Walde zurückgezogen. Wie viele Schüsse beiläufig gewechselt worden, wußte der Mann nicht. Jm allgemeinen gab er an, es sei eben nicht vielmal geschossen worden. Warum unter den gegebenen Verhältnissen überhaupt geschossen worden ist, bleibt räthselhaft. Das Plätzchen aber selbst mit seiner Einrichtung, den Pfählen zum Auflegen der Gewehre wie zum Büchsen- stande, wird uns ewig denkwürdig bleiben. ( F. O.=Z. ) Hanau, 11. Nov. Gestern wäre es hier beinahe zwischen bayrischen Soldaten und hiesigen Civilpersonen zum Conflikte gekommen. Jn der Koch'schen Bierwirthschaft zum Deutschen Hause am Steinheimer Thore, dem Hauptsitze der De- mokraten, hatten sich nämlich gestern Abend viele bayerische Soldaten eingefunden, welche ihren König hoch leben ließen, während die Civilperso- nen, größtentheils Turner, Heckerlieder sangen und es an sonstigen Neckereien nicht fehlen ließen. Jn Folge dessen hat der Jnhaber der Bierwirthschaft Jakob Koch, sein Lokal unter dem Vorwande des Mangels an Bier geschlossen. Zweck dieses Ma- növers ist indessen, die Bayern aus der Wirth- schaft fern zu halten, indem die Turner nach wie vor ihre Besuche und Zusammenkünfte darin zu halten fortfahren. Herr Kittsteiner, der Redakteur der Hanauer Zeitung, ist aus dem Hauptquartier der Bundes- truppen unverrichteter Sache wieder anher zurück- gelangt, und hat sich gestern nach Wilhelmsbad begeben, um bei Herrn Hassenpflug wegen Wie- dererscheinens seiner Zeitung einen nochmaligen Versuch zu machen. ( K. Z. ) Deutschland. Frankfurt, 11. Nov. Die preuß. Politik bleibt sich immer gleich; es ist ihr einmal unmöglich, eine aufrichtige Sprache zu führen, selbst wenn sie mit Gewißheit vorhersehen kann, daß ihre Wi- dersprüche auf der Hand liegen und auf der Stelle aufgedeckt werden können. Der General v. d. Gröben versichert in seinem Schreiben an die kurfürstliche Regierung, daß die Preußen sich durchaus nicht in die inneren Angelegenheiten Kur- hessens mischen würden. Da nun aber die Bun- desarmee ausschließlich den Zweck hat, die kur- fürstliche Regierung bei Durchführung der inneren Angelegenheiten des Landes zu unterstützen, so darf sie daran auch von den Preußen nicht ver- hindert werden, wenn jene Versicherung nicht aber- mals eine Unwahrheit sein soll. Wenn die preuß. Truppen sich dem Einmarsch der Bayern in Ober- und Niederhessen und namentlich in Kassel wider- setzen, so widersetzen sie sich dadurch denjenigen innern Anordnungen, welche die kurfürstliche Re- gierung fur diese Landestheile getroffen hat und noch treffen will. Die Entwaffnung der Bürger- wehr, die Dürchführung des Kriegszustandes, die Absetzung renitenter Beamten und die Einsetzung von deren Nachfolgern, die Eintreibung von Steuern u. s. w. -- das alles sind ohne Zweifel Dinge, die zu den inneren Angelegenheiten Hessens ge- hören, und wenn die Preußen, die zur Unterstütz- ung dieser Maßregeln herbeigerufenen Truppen von dem größeren Theile des Landes abwehren, mischen sie sich also sehr direkt in die inneren An- gelegenheiten, ja sie heben gerade die Regierung des Kurfürsten für diese Landestheile auf. Es müßte denn sein, daß sie sich selbst wider den Willen des Kurfürsten zur Durchführung aller in- neren Maßregeln ausdrängen wollten, welche die kurfürstliche Regierung verfügt. Dann wäre aber wieder eine Einmischung anderer Art vorhanden. Wollen denn die preuß. Staatsmänner nie ein- sehen, daß durch solche aus der Luft gegriffenen Vorwänden und Ausflüchte Niemand getäuscht wird, daß sie damit gar Nichts erreichen, als ein tägliches Wachsen des Mißtrauens gegen den Verkehr mit ihnen und gegen ihren Charakter? Wir werden zwar nie eine Politik rechtfertigen, welche die Verträge verletzt; will man sie aber doch einmal einschlagen, so ist es immer noch ehrenvoller und würdiger, wenn man offen mit der Sprache herausgeht, als wenn man Thatsa- chen, die sich ja doch nicht verdecken lassen, durch leere Redensarten zu vertuschen sucht. Wahr- lich, wer zwei Drittheile des ganzen Landes be- setzt, und dadurch die Ausführung jeder Verord- nung der inneren Regierung unmöglich macht, der sollte nicht die Stirne haben zu der Betheuerung, sich in die inneren Angelegenheiten des Landes nicht mischen zu wollen. Stuttgart, 10. Nv. Dem heutigen „ Beo- bachter “ ist ein fliegendes Blatt beigegeben, wel- ches die Adresse des Pseudo=Ausschusses der auf- gelösten Landesversammlung an Se. Maj. den König enthält. Leipzig, 9. Nov. Heute Mittag reiste Oberst v. d. Tann, aus Holstein kommend, hier durch. Wie er selbst erzählt, hat er nicht blos Urlaub von der schleswig = holsteinischen Armee, sondern seinen vollständigen Abschied aus derselben genom- men, und ist gesonnen, sich zu dem bayerischen Armeecorps zu begeben, welches gegen Hessen ope- rirt; er glaubt, daß er bei dem Generalstab an- gestellt werden wird. ( D. A. Z. ) Wien, 8. Nov. Durch achtzehn Monate sind wir den Jrrgängen der preußischen Verhandlungs-

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 272. Würzburg, 13. November 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische272_1850/2>, abgerufen am 23.04.2024.