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Die Bayerische Presse. Nr. 261. Würzburg, 31. Oktober 1850.

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[Spaltenumbruch] nähme: doch hat dieses einstweilen noch nichts zu
bedeuten.

Wien, 25. Okt. Es ist natürlich, daß jetzt
mit einiger Spannung Nachrichten aus dem Nor-
den erwartet werden. Die Berliner Blätter
schlagen im Ganzen einen sehr friedfertigen Ton
an. Die "deutsche Reform" will wissen, daß
eine Einigung zwischen Oesterreich und Preußen
nicht so schwer fallen würde, wenn nicht die deut-
schen Königreiche dazwischen stünden, welche ei-
gentlich nur scheinbar mit Oesterreich Hand in
Hand gingen, in der That aber beabsichtigten,
vereint die dritte deutsche Großmacht zu bilden,
welche in Zukunft zwischen Preußen und Oester-
reich den Ausschlag geben solle. Deshalb, meint
die "deutsche Reform", hätten jetzt die süddeut-
schen Könige ihre Ergebenheit "gegen ihren Kaiser
und Kriegsherrn" so ostensibel und prunkhaft er-
höht: "durch diese scheinbare Ergebenheit und
durch die Anrufung seiner oberherrlichen Autori-
tät soll eben seine Neigung zur Ausübung solcher
Autorität zum Kriege gegen den norddeutschen
"Emporkömmling" genährt und gesteigert werden."
Das sind die eigenen Worte, welche das preu-
ßische ministerielle Organ braucht. Es ist genug-
sam bekannt, daß Preußen, nachdem seine Aus-
sicht auf die alleinige Oberherrschaft über Deutsch-
land hinschwand, einen Dualismus begründen,
und die Herrschaft in Deutschland mit Oester-
reich theilen wollte. Oesterreichs Bündniß mit
den Königreichen, welches diesem Plan hindernd
in den Weg tritt, ist natürlich stets den Berliner
Staatsmännern ein Dorn im Auge gewesen, und
sie werfen daher einen eben nicht freundlichen
Seitenblick auf die stattgefundene Zusammenkunft
in Bregenz.

   

Wien, 25. Okt. Die "Ostdeutsche Post"
bringt heute eine Darstellung der ernsten Lage
des Augenblicks, welche der Wahrheit zum größ-
ten Theile nicht entbehrt. Sie stellt zwei mög-
liche Fälle auf, daß nämlich den in Kurhessen
einrückenden Bundestruppen augenblicklich mit Ge-
walt entgegengetreten, oder daß Preußen sich
"Namens der Union" auf eine theilweise Besetz-
ung der kurhessischen Lande beschränke, in welch'
letzterem Falle zwar der Conflikt aufgeschoben,
aber nicht aufgehoben sei. Uns scheint es voll-
kommen klar, daß eine Besetzung des Landes im
Namen der Union, zu welcher das Kurfürstenthum
nicht gehört, eine ebensowenig zu rechtfertigende
als zu duldende Gewaltthat wäre. Bekanntlich
hat Preußen mit Kurhessen eine sogenannte Etap-
penkonvention vor vielen Jahren abgeschlossen,
wodurch ihm der Durchmarsch auf mehreren kur-
hessischen Straßen und das Kantonirungsrecht ge-
währleistet wird. Ausgenommen davon ist die
Hauptstadt Kassel. Jn keinem Falle ist Preußen
berechtigt, in jene Anordnungen, welche dort zur
Beseitigung revolutionärer Umtriebe unmittelbar
erforderlich scheinen, irgendwie störend einzugreifen.

Wien, 26. Okt. Se. Maj. der Kaiser wird
sich auf der Rückreise von Warschau einige Tage
in Krakau aufhalten. Man sagt, daß auch der
Kaiser von Rußland dahin kommen werde. Von
Seite der dortigen Komune werden bereits Vor-
bereitungen zu großartigen Empfangsfeierlichkeiten
getroffen. -- Der Hofintendant Sr. Maj. des
Kaisers ist heute mit einer Hofküche und zahl-
reicher Dienerschaft nach Krakau abgegangen, um
Vorbereitungen zu einer großen Hoftafel zu tref-
fen, die daselbst stattfinden wird.

Wien, 26. Okt. Gestern ist ein von Herrn
von Prokesch in Berlin abgesandter Courier ein-
getroffen und sofort nach Warschau abgegangen.
Der österreichische Gesandte soll sich für den Fall
Jnstruktionen erbitten, wenn unvorhergesehene Er-
eignisse ihn in die Nothwendigkeit versetzen, seine
Pässe zu verlangen. Dies wäre denn wohl auch
der nächste Schritt, der einer Kriegserklärung
vorausgehen müßte. -- Die vor einiger Zeit ge-
meldete Nachricht, daß die österreichische Regierung
die deutsche Zolleinigung aufgegeben habe, muß
ich dahin modifiziren, daß mit Preußen fernerer
Notenwechsel, als ganz zweck= und nutzlos, aller-
dings eingestellt bleiben wird, daß dagegen mit
[Spaltenumbruch] anderen deutschen Nachbarstaaten, zumal den süd-
lichen, die Verhandlungen fortgehen werden. Man
soll sich bereits über die Einsetzung einer perma-
nenten Zollkommission geeinigt haben.    ( L. Z. )

Pesth, 22. Okt. Nach einer aus sehr ver-
läßlicher Quelle zugeflossener Notiz hat sich der
ehemalige Kriegsminister der ungarischen Armee,
General Meßaros, in Temesvar zur Purifizirung
gemeldet, und es liegen in der That so viele
günstige Chancen aus der Zeit seiner Wirksam-
keit vor, daß zu hoffen steht, das Urtheil gegen
ihn werde kein allzustrenges sein.

Berlin, 28. Okt. Alle Berichte aus Warschau
stimmen darin überein, daß der Graf von Bran-
denburg als Gesandter seines Königs wie für
seine eigene Person mit der größten Auszeichnung
und aufrichtiger Freundlichkeit aufgenommen ist,
daß derselbe aber einen schwierigen Stand hat,
sobald er als Gesandter der zeitigen preußischen
Regierung auftritt. Man giebt ihm alsdann offen
zu erkennen, daß es an und für sich schwer sei,
mit einer Regierung in Unterhandlung zu treten,
die in ihrer Politik keine bestimmte Richtung ein-
schlage, und daß man außerdem im Zweifel sei,
ob das preußische Kabinet ernstlich entschlossen sei,
die etwa dort einzugehenden Verpflichtungen ohne
Drehen und Deuteln einzulösen. Uebrigens sind
sämmtliche auf dem Warschauer Congreß vertre-
tenen Mächte von dem Wünsche nach einem Ar-
rangement mit Preußen beseelt, verhehlen es aber
durchaus nicht, daß Preußen, so lange Herr von
Radowitz dessen auswärtige Politik leitet, im Falle
eines Arrangements mehr Garantieen werde geben
müssen, als man dies sonst beanspruchen würde.

   

Berlin, 28. Okt. Die aus London hier in
Berlin eingegangene Mittheilung, Frankreich und
Rußland beabsichtigten, Preußen aufzufordern, die
gegen Dänemark eingegangenen Verbindlichkeiten
zu erfüllen und dadurch die Schleswigsche Ange-
legenheit zu beendigen, ist die N. Pr. Z. von
unterrichteter Seite her als von der Wahrheit nicht
weit entfernt bezeichnet wotden.

   
Dänemark.

Aus Kopenhagen, 20. Okt. vernimmt man,
daß die dort herrschende Partei sich gegen die
Thronfolge des Großherzogs von Oldenburg ge-
sträubt, und deshalb die Unterhandlung mit die-
sem Agnaten, dessen Persönlichkeit den Herzog-
thumern zugesagt haben würde, gescheitert sei.
Man will dort keinen deutschen Prinzen auf dem
Throne. Am meisten Aussicht zur Thronfolge
soll der Herzog Christian von Glücksburg haben,
der, obgleich aus der Familie der Augustenbur-
ger, für einen guten Dänen gilt. Seine Schwie-
germutter, Schwester Christian VIII. und Ge-
mahlin des Prinzen von Hessen, übt in Kopen-
hagen großen Einfluß auf die Lage der Dinge.
Der Herzog soll bereits nach Warschau gereist
sein, obgleich die dänischen Blätter es verleugnen.
Jn den Herzogthümern würde man in Betreff
der Erbfolge wenig einzuwenden haben, wie im-
mer diese Frage geschlichtet werden dürfte, denn
die große Masse des Volkes denkt kaum daran,
sich für die Erbrechte des Herzogs von Augusten-
burg zu schlagen. Auch dem "Gesammtstaate"
würde man sich fügen, es gibt sogar viele Ein-
sichtsvolle, welche die Trennung von Dänemark
nicht wünschen, um diesen Seestaat bei Deutsch-
land festzuhalten. Wofür man aber Gut und
Blut opfert, das ist die bleibende Verbindung
Holsteins mit Schleswig unter gemeinsamer Ver-
waltung und Landesvertretung mit einer gemein-
schaftlichen Armee als Bürgschaft für diese Ver-
bindung. Diesem natürlichen und vertragsmäßi-
gen Wunsche steht nun das Projekt der sogenann-
ten Eiderdänen, Schleswig zu incorporiren und
zu dänificiren, im Wege. Diese überwiegende
dänische Partei, an deren Spitze das sogenannte
Casino=Ministerium steht, beeilt sich, durch mas-
senhafte Absetzung der deutschgesinnten Beamten,
Lehrer und Geistlichen Schleswigs die Jncorpo-
ration zur vollendeten Thatsache zu machen. Und
sollte auch durch die Einwirkung der Großmächte
[Spaltenumbruch] die Verwaltung Schleswigs eine separirte wer-
den, so dürfte es dann nicht gut möglich wer-
den, die placirten Danen und deren danificiren-
den Einfluß los zu werden. Diese eiderdänische
Partei, die herrschende, besteht übrigens nicht,
wie in manchen Blättern behauptet wird, aus
Demokraten, obwohl man ihre Chefs Demago-
gen nennen kann; sie ist vielmehr eine Zusam-
mensetzung von puren Nationalfanatikern und li-
beralen Bureaukraten. Die eigentliche Demokra-
tie, deren Organ "Kiövenshavenposten," zieht
auch hier die Förderung der sozialen Entwickelung
wenigstens dem Fanatismus der Nationalität vor;
sie bildet mit der puren, nur die eigenen Jn-
teressen fördernden Aristokratie die Opposition.
Erstere ist nicht geneigt, Schleswig zu beeinträch-
tigen, da ihr das Wohl des Deutschen eben so
am Herzen liegt; letztere würde in der Aristokra-
tie der Herzogthümer gerne eine Stütze suchen
gegen die heimische Bourgeoisie und Bureaukra-
tie. Die Aristokratie möchte gerne den Krieg
beendigt sehen, theils um eine Truppenmacht nach
Kopenhagen zu ziehen, theils um den Eiderdänen
das Mittel, die Massen erhitzt zu halten, ent-
ziehen zu können. Die Demokratie tritt nur leise
auf mit ihren humanitarischen Seufzern, die Ari-
stokratie aber zeigt oft unverholen ihren Haß ge-
gen das jetzige Regiment. Zu den letzteren ge-
hört der Baron Juel=Brockdorf. Obwohl aus
berühmtem dänischen Geschlecht und einer der reich-
sten Grundbesitzer, weigerte er sich doch, sein ver-
fallenes Schloß Waldemar zu einem Lazarethe
herzugeben, und das Commando, welches das
Haus nicht entbehren konnte, mußte Gewalt an-
wenden.

Frankreich.

Paris, 26. Okt. Nachdem die Ceremonie
der Ueberreichung des Biretts an die neuernann-
ten Cardinäle in der Kapelle St. Cloud beendet
war, hielt der Ablegat Msgr. Apolloni an den
Präsidenten der Republik eine kurze Anrede, wor-
auf dieser ungefähr erwiderte: "Jch danke Ew.
Excellenz für die Gesinnungen, die Sie mir im
Namen des h. Vaters bezeugen. Mit der größ-
ten Genugthuung habe ich gesehen, daß Se. Hei-
ligkeit Frankreich drei Cardinalshüte verliehen hat.
Dies ist ein neuer Beweis von Zuneigung des
Statthalters Christi für unsere Nation, und sei-
ner besonderen Hochschätzung des französischen Kle-
rus, der sich wegen seines Verdienstes, seiner Tu-
genden und seiner Anhänglichkeit an die großen
Prinzipien, auf denen die kath. Religion beruht,
ausgezeichnet hat. Jch fühle mich geehrt, einer
Feierlichkeit zu präsidiren, wo sich die geistliche
Gewalt mit der weltlichen Macht in vollkomme-
ner Eintracht zeigt... Jch bitte Sie, mich der
heißen Wünsche theilhaftig zu machen, wodurch S.
Heiligkeit auf Frankreich und auf meine Regie-
rung den Segen des Himmels herabfleht; ich
fühle mit glücklich, bei dieser Gelegenheit meine
Erkenntlichkeit an den Tag legen zu können, und
bitte Ew. Excellenz, zu den Füßen des Oberhaup-
tes der Kirche meine aufrichtige Verehrung nie-
derlegen zu wollen." -- Aus der bei dieser Ge-
legenheit von Se. Exc. dem Cardinal Gousset,
Erzbischof von Rheims, gehaltenen Rede heben
wir folgende Stelle hervor: "Die Würde des
Cardinals, stets groß in sich selbst, scheint mir in
diesem Augenblicke durch den persönlichen Charak-
ter desjenigen, der sie ertheilt, des Papstes nem-
lich, der auf eine so würdige Weise den Stuhl
des h. Petrus inne hat, noch viel größer. Die
Geschichte des unsterblichen Pius IX., hauptsäch-
lich in Bezug auf seine Leiden und den Sieg
über die Widerwärtigkeit, verflechtet sich in die
Annalen von Frankreich, in die Geschichte unserer
Armee, welche, beseelt von den großmüthigen Ge-
sinnungen, die sie in Allem auszeichnen, sich durch
den Gebrauch, den sie vom Siege gemacht hat,
durch die Achtung gegen den gemeinsamen Vater
der Gläubigen noch weit größer gezeigt hat, als
durch die wohlbekannte Fähigkeit unserer Anführer
und durch die Tapferkeit unserer Soldaten. Jch
verhehle mir nicht die Verbindlichkeit, welche ich

[Spaltenumbruch] nähme: doch hat dieses einstweilen noch nichts zu
bedeuten.

Wien, 25. Okt. Es ist natürlich, daß jetzt
mit einiger Spannung Nachrichten aus dem Nor-
den erwartet werden. Die Berliner Blätter
schlagen im Ganzen einen sehr friedfertigen Ton
an. Die „deutsche Reform“ will wissen, daß
eine Einigung zwischen Oesterreich und Preußen
nicht so schwer fallen würde, wenn nicht die deut-
schen Königreiche dazwischen stünden, welche ei-
gentlich nur scheinbar mit Oesterreich Hand in
Hand gingen, in der That aber beabsichtigten,
vereint die dritte deutsche Großmacht zu bilden,
welche in Zukunft zwischen Preußen und Oester-
reich den Ausschlag geben solle. Deshalb, meint
die „deutsche Reform“, hätten jetzt die süddeut-
schen Könige ihre Ergebenheit „gegen ihren Kaiser
und Kriegsherrn“ so ostensibel und prunkhaft er-
höht: „durch diese scheinbare Ergebenheit und
durch die Anrufung seiner oberherrlichen Autori-
tät soll eben seine Neigung zur Ausübung solcher
Autorität zum Kriege gegen den norddeutschen
„Emporkömmling“ genährt und gesteigert werden.“
Das sind die eigenen Worte, welche das preu-
ßische ministerielle Organ braucht. Es ist genug-
sam bekannt, daß Preußen, nachdem seine Aus-
sicht auf die alleinige Oberherrschaft über Deutsch-
land hinschwand, einen Dualismus begründen,
und die Herrschaft in Deutschland mit Oester-
reich theilen wollte. Oesterreichs Bündniß mit
den Königreichen, welches diesem Plan hindernd
in den Weg tritt, ist natürlich stets den Berliner
Staatsmännern ein Dorn im Auge gewesen, und
sie werfen daher einen eben nicht freundlichen
Seitenblick auf die stattgefundene Zusammenkunft
in Bregenz.

   

Wien, 25. Okt. Die „Ostdeutsche Post“
bringt heute eine Darstellung der ernsten Lage
des Augenblicks, welche der Wahrheit zum größ-
ten Theile nicht entbehrt. Sie stellt zwei mög-
liche Fälle auf, daß nämlich den in Kurhessen
einrückenden Bundestruppen augenblicklich mit Ge-
walt entgegengetreten, oder daß Preußen sich
„Namens der Union“ auf eine theilweise Besetz-
ung der kurhessischen Lande beschränke, in welch'
letzterem Falle zwar der Conflikt aufgeschoben,
aber nicht aufgehoben sei. Uns scheint es voll-
kommen klar, daß eine Besetzung des Landes im
Namen der Union, zu welcher das Kurfürstenthum
nicht gehört, eine ebensowenig zu rechtfertigende
als zu duldende Gewaltthat wäre. Bekanntlich
hat Preußen mit Kurhessen eine sogenannte Etap-
penkonvention vor vielen Jahren abgeschlossen,
wodurch ihm der Durchmarsch auf mehreren kur-
hessischen Straßen und das Kantonirungsrecht ge-
währleistet wird. Ausgenommen davon ist die
Hauptstadt Kassel. Jn keinem Falle ist Preußen
berechtigt, in jene Anordnungen, welche dort zur
Beseitigung revolutionärer Umtriebe unmittelbar
erforderlich scheinen, irgendwie störend einzugreifen.

Wien, 26. Okt. Se. Maj. der Kaiser wird
sich auf der Rückreise von Warschau einige Tage
in Krakau aufhalten. Man sagt, daß auch der
Kaiser von Rußland dahin kommen werde. Von
Seite der dortigen Komune werden bereits Vor-
bereitungen zu großartigen Empfangsfeierlichkeiten
getroffen. -- Der Hofintendant Sr. Maj. des
Kaisers ist heute mit einer Hofküche und zahl-
reicher Dienerschaft nach Krakau abgegangen, um
Vorbereitungen zu einer großen Hoftafel zu tref-
fen, die daselbst stattfinden wird.

Wien, 26. Okt. Gestern ist ein von Herrn
von Prokesch in Berlin abgesandter Courier ein-
getroffen und sofort nach Warschau abgegangen.
Der österreichische Gesandte soll sich für den Fall
Jnstruktionen erbitten, wenn unvorhergesehene Er-
eignisse ihn in die Nothwendigkeit versetzen, seine
Pässe zu verlangen. Dies wäre denn wohl auch
der nächste Schritt, der einer Kriegserklärung
vorausgehen müßte. -- Die vor einiger Zeit ge-
meldete Nachricht, daß die österreichische Regierung
die deutsche Zolleinigung aufgegeben habe, muß
ich dahin modifiziren, daß mit Preußen fernerer
Notenwechsel, als ganz zweck= und nutzlos, aller-
dings eingestellt bleiben wird, daß dagegen mit
[Spaltenumbruch] anderen deutschen Nachbarstaaten, zumal den süd-
lichen, die Verhandlungen fortgehen werden. Man
soll sich bereits über die Einsetzung einer perma-
nenten Zollkommission geeinigt haben.    ( L. Z. )

Pesth, 22. Okt. Nach einer aus sehr ver-
läßlicher Quelle zugeflossener Notiz hat sich der
ehemalige Kriegsminister der ungarischen Armee,
General Méßaros, in Temesvar zur Purifizirung
gemeldet, und es liegen in der That so viele
günstige Chancen aus der Zeit seiner Wirksam-
keit vor, daß zu hoffen steht, das Urtheil gegen
ihn werde kein allzustrenges sein.

Berlin, 28. Okt. Alle Berichte aus Warschau
stimmen darin überein, daß der Graf von Bran-
denburg als Gesandter seines Königs wie für
seine eigene Person mit der größten Auszeichnung
und aufrichtiger Freundlichkeit aufgenommen ist,
daß derselbe aber einen schwierigen Stand hat,
sobald er als Gesandter der zeitigen preußischen
Regierung auftritt. Man giebt ihm alsdann offen
zu erkennen, daß es an und für sich schwer sei,
mit einer Regierung in Unterhandlung zu treten,
die in ihrer Politik keine bestimmte Richtung ein-
schlage, und daß man außerdem im Zweifel sei,
ob das preußische Kabinet ernstlich entschlossen sei,
die etwa dort einzugehenden Verpflichtungen ohne
Drehen und Deuteln einzulösen. Uebrigens sind
sämmtliche auf dem Warschauer Congreß vertre-
tenen Mächte von dem Wünsche nach einem Ar-
rangement mit Preußen beseelt, verhehlen es aber
durchaus nicht, daß Preußen, so lange Herr von
Radowitz dessen auswärtige Politik leitet, im Falle
eines Arrangements mehr Garantieen werde geben
müssen, als man dies sonst beanspruchen würde.

   

Berlin, 28. Okt. Die aus London hier in
Berlin eingegangene Mittheilung, Frankreich und
Rußland beabsichtigten, Preußen aufzufordern, die
gegen Dänemark eingegangenen Verbindlichkeiten
zu erfüllen und dadurch die Schleswigsche Ange-
legenheit zu beendigen, ist die N. Pr. Z. von
unterrichteter Seite her als von der Wahrheit nicht
weit entfernt bezeichnet wotden.

   
Dänemark.

Aus Kopenhagen, 20. Okt. vernimmt man,
daß die dort herrschende Partei sich gegen die
Thronfolge des Großherzogs von Oldenburg ge-
sträubt, und deshalb die Unterhandlung mit die-
sem Agnaten, dessen Persönlichkeit den Herzog-
thumern zugesagt haben würde, gescheitert sei.
Man will dort keinen deutschen Prinzen auf dem
Throne. Am meisten Aussicht zur Thronfolge
soll der Herzog Christian von Glücksburg haben,
der, obgleich aus der Familie der Augustenbur-
ger, für einen guten Dänen gilt. Seine Schwie-
germutter, Schwester Christian VIII. und Ge-
mahlin des Prinzen von Hessen, übt in Kopen-
hagen großen Einfluß auf die Lage der Dinge.
Der Herzog soll bereits nach Warschau gereist
sein, obgleich die dänischen Blätter es verleugnen.
Jn den Herzogthümern würde man in Betreff
der Erbfolge wenig einzuwenden haben, wie im-
mer diese Frage geschlichtet werden dürfte, denn
die große Masse des Volkes denkt kaum daran,
sich für die Erbrechte des Herzogs von Augusten-
burg zu schlagen. Auch dem „Gesammtstaate“
würde man sich fügen, es gibt sogar viele Ein-
sichtsvolle, welche die Trennung von Dänemark
nicht wünschen, um diesen Seestaat bei Deutsch-
land festzuhalten. Wofür man aber Gut und
Blut opfert, das ist die bleibende Verbindung
Holsteins mit Schleswig unter gemeinsamer Ver-
waltung und Landesvertretung mit einer gemein-
schaftlichen Armee als Bürgschaft für diese Ver-
bindung. Diesem natürlichen und vertragsmäßi-
gen Wunsche steht nun das Projekt der sogenann-
ten Eiderdänen, Schleswig zu incorporiren und
zu dänificiren, im Wege. Diese überwiegende
dänische Partei, an deren Spitze das sogenannte
Casino=Ministerium steht, beeilt sich, durch mas-
senhafte Absetzung der deutschgesinnten Beamten,
Lehrer und Geistlichen Schleswigs die Jncorpo-
ration zur vollendeten Thatsache zu machen. Und
sollte auch durch die Einwirkung der Großmächte
[Spaltenumbruch] die Verwaltung Schleswigs eine separirte wer-
den, so dürfte es dann nicht gut möglich wer-
den, die placirten Danen und deren danificiren-
den Einfluß los zu werden. Diese eiderdänische
Partei, die herrschende, besteht übrigens nicht,
wie in manchen Blättern behauptet wird, aus
Demokraten, obwohl man ihre Chefs Demago-
gen nennen kann; sie ist vielmehr eine Zusam-
mensetzung von puren Nationalfanatikern und li-
beralen Bureaukraten. Die eigentliche Demokra-
tie, deren Organ „Kiövenshavenposten,“ zieht
auch hier die Förderung der sozialen Entwickelung
wenigstens dem Fanatismus der Nationalität vor;
sie bildet mit der puren, nur die eigenen Jn-
teressen fördernden Aristokratie die Opposition.
Erstere ist nicht geneigt, Schleswig zu beeinträch-
tigen, da ihr das Wohl des Deutschen eben so
am Herzen liegt; letztere würde in der Aristokra-
tie der Herzogthümer gerne eine Stütze suchen
gegen die heimische Bourgeoisie und Bureaukra-
tie. Die Aristokratie möchte gerne den Krieg
beendigt sehen, theils um eine Truppenmacht nach
Kopenhagen zu ziehen, theils um den Eiderdänen
das Mittel, die Massen erhitzt zu halten, ent-
ziehen zu können. Die Demokratie tritt nur leise
auf mit ihren humanitarischen Seufzern, die Ari-
stokratie aber zeigt oft unverholen ihren Haß ge-
gen das jetzige Regiment. Zu den letzteren ge-
hört der Baron Juel=Brockdorf. Obwohl aus
berühmtem dänischen Geschlecht und einer der reich-
sten Grundbesitzer, weigerte er sich doch, sein ver-
fallenes Schloß Waldemar zu einem Lazarethe
herzugeben, und das Commando, welches das
Haus nicht entbehren konnte, mußte Gewalt an-
wenden.

Frankreich.

Paris, 26. Okt. Nachdem die Ceremonie
der Ueberreichung des Biretts an die neuernann-
ten Cardinäle in der Kapelle St. Cloud beendet
war, hielt der Ablegat Msgr. Apolloni an den
Präsidenten der Republik eine kurze Anrede, wor-
auf dieser ungefähr erwiderte: „Jch danke Ew.
Excellenz für die Gesinnungen, die Sie mir im
Namen des h. Vaters bezeugen. Mit der größ-
ten Genugthuung habe ich gesehen, daß Se. Hei-
ligkeit Frankreich drei Cardinalshüte verliehen hat.
Dies ist ein neuer Beweis von Zuneigung des
Statthalters Christi für unsere Nation, und sei-
ner besonderen Hochschätzung des französischen Kle-
rus, der sich wegen seines Verdienstes, seiner Tu-
genden und seiner Anhänglichkeit an die großen
Prinzipien, auf denen die kath. Religion beruht,
ausgezeichnet hat. Jch fühle mich geehrt, einer
Feierlichkeit zu präsidiren, wo sich die geistliche
Gewalt mit der weltlichen Macht in vollkomme-
ner Eintracht zeigt... Jch bitte Sie, mich der
heißen Wünsche theilhaftig zu machen, wodurch S.
Heiligkeit auf Frankreich und auf meine Regie-
rung den Segen des Himmels herabfleht; ich
fühle mit glücklich, bei dieser Gelegenheit meine
Erkenntlichkeit an den Tag legen zu können, und
bitte Ew. Excellenz, zu den Füßen des Oberhaup-
tes der Kirche meine aufrichtige Verehrung nie-
derlegen zu wollen.“ -- Aus der bei dieser Ge-
legenheit von Se. Exc. dem Cardinal Gousset,
Erzbischof von Rheims, gehaltenen Rede heben
wir folgende Stelle hervor: „Die Würde des
Cardinals, stets groß in sich selbst, scheint mir in
diesem Augenblicke durch den persönlichen Charak-
ter desjenigen, der sie ertheilt, des Papstes nem-
lich, der auf eine so würdige Weise den Stuhl
des h. Petrus inne hat, noch viel größer. Die
Geschichte des unsterblichen Pius IX., hauptsäch-
lich in Bezug auf seine Leiden und den Sieg
über die Widerwärtigkeit, verflechtet sich in die
Annalen von Frankreich, in die Geschichte unserer
Armee, welche, beseelt von den großmüthigen Ge-
sinnungen, die sie in Allem auszeichnen, sich durch
den Gebrauch, den sie vom Siege gemacht hat,
durch die Achtung gegen den gemeinsamen Vater
der Gläubigen noch weit größer gezeigt hat, als
durch die wohlbekannte Fähigkeit unserer Anführer
und durch die Tapferkeit unserer Soldaten. Jch
verhehle mir nicht die Verbindlichkeit, welche ich

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[0003] nähme: doch hat dieses einstweilen noch nichts zu bedeuten. Wien, 25. Okt. Es ist natürlich, daß jetzt mit einiger Spannung Nachrichten aus dem Nor- den erwartet werden. Die Berliner Blätter schlagen im Ganzen einen sehr friedfertigen Ton an. Die „deutsche Reform“ will wissen, daß eine Einigung zwischen Oesterreich und Preußen nicht so schwer fallen würde, wenn nicht die deut- schen Königreiche dazwischen stünden, welche ei- gentlich nur scheinbar mit Oesterreich Hand in Hand gingen, in der That aber beabsichtigten, vereint die dritte deutsche Großmacht zu bilden, welche in Zukunft zwischen Preußen und Oester- reich den Ausschlag geben solle. Deshalb, meint die „deutsche Reform“, hätten jetzt die süddeut- schen Könige ihre Ergebenheit „gegen ihren Kaiser und Kriegsherrn“ so ostensibel und prunkhaft er- höht: „durch diese scheinbare Ergebenheit und durch die Anrufung seiner oberherrlichen Autori- tät soll eben seine Neigung zur Ausübung solcher Autorität zum Kriege gegen den norddeutschen „Emporkömmling“ genährt und gesteigert werden.“ Das sind die eigenen Worte, welche das preu- ßische ministerielle Organ braucht. Es ist genug- sam bekannt, daß Preußen, nachdem seine Aus- sicht auf die alleinige Oberherrschaft über Deutsch- land hinschwand, einen Dualismus begründen, und die Herrschaft in Deutschland mit Oester- reich theilen wollte. Oesterreichs Bündniß mit den Königreichen, welches diesem Plan hindernd in den Weg tritt, ist natürlich stets den Berliner Staatsmännern ein Dorn im Auge gewesen, und sie werfen daher einen eben nicht freundlichen Seitenblick auf die stattgefundene Zusammenkunft in Bregenz. ( Ll. ) Wien, 25. Okt. Die „Ostdeutsche Post“ bringt heute eine Darstellung der ernsten Lage des Augenblicks, welche der Wahrheit zum größ- ten Theile nicht entbehrt. Sie stellt zwei mög- liche Fälle auf, daß nämlich den in Kurhessen einrückenden Bundestruppen augenblicklich mit Ge- walt entgegengetreten, oder daß Preußen sich „Namens der Union“ auf eine theilweise Besetz- ung der kurhessischen Lande beschränke, in welch' letzterem Falle zwar der Conflikt aufgeschoben, aber nicht aufgehoben sei. Uns scheint es voll- kommen klar, daß eine Besetzung des Landes im Namen der Union, zu welcher das Kurfürstenthum nicht gehört, eine ebensowenig zu rechtfertigende als zu duldende Gewaltthat wäre. Bekanntlich hat Preußen mit Kurhessen eine sogenannte Etap- penkonvention vor vielen Jahren abgeschlossen, wodurch ihm der Durchmarsch auf mehreren kur- hessischen Straßen und das Kantonirungsrecht ge- währleistet wird. Ausgenommen davon ist die Hauptstadt Kassel. Jn keinem Falle ist Preußen berechtigt, in jene Anordnungen, welche dort zur Beseitigung revolutionärer Umtriebe unmittelbar erforderlich scheinen, irgendwie störend einzugreifen. Wien, 26. Okt. Se. Maj. der Kaiser wird sich auf der Rückreise von Warschau einige Tage in Krakau aufhalten. Man sagt, daß auch der Kaiser von Rußland dahin kommen werde. Von Seite der dortigen Komune werden bereits Vor- bereitungen zu großartigen Empfangsfeierlichkeiten getroffen. -- Der Hofintendant Sr. Maj. des Kaisers ist heute mit einer Hofküche und zahl- reicher Dienerschaft nach Krakau abgegangen, um Vorbereitungen zu einer großen Hoftafel zu tref- fen, die daselbst stattfinden wird. ( Oest. C. ) Wien, 26. Okt. Gestern ist ein von Herrn von Prokesch in Berlin abgesandter Courier ein- getroffen und sofort nach Warschau abgegangen. Der österreichische Gesandte soll sich für den Fall Jnstruktionen erbitten, wenn unvorhergesehene Er- eignisse ihn in die Nothwendigkeit versetzen, seine Pässe zu verlangen. Dies wäre denn wohl auch der nächste Schritt, der einer Kriegserklärung vorausgehen müßte. -- Die vor einiger Zeit ge- meldete Nachricht, daß die österreichische Regierung die deutsche Zolleinigung aufgegeben habe, muß ich dahin modifiziren, daß mit Preußen fernerer Notenwechsel, als ganz zweck= und nutzlos, aller- dings eingestellt bleiben wird, daß dagegen mit anderen deutschen Nachbarstaaten, zumal den süd- lichen, die Verhandlungen fortgehen werden. Man soll sich bereits über die Einsetzung einer perma- nenten Zollkommission geeinigt haben. ( L. Z. ) Pesth, 22. Okt. Nach einer aus sehr ver- läßlicher Quelle zugeflossener Notiz hat sich der ehemalige Kriegsminister der ungarischen Armee, General Méßaros, in Temesvar zur Purifizirung gemeldet, und es liegen in der That so viele günstige Chancen aus der Zeit seiner Wirksam- keit vor, daß zu hoffen steht, das Urtheil gegen ihn werde kein allzustrenges sein. Berlin, 28. Okt. Alle Berichte aus Warschau stimmen darin überein, daß der Graf von Bran- denburg als Gesandter seines Königs wie für seine eigene Person mit der größten Auszeichnung und aufrichtiger Freundlichkeit aufgenommen ist, daß derselbe aber einen schwierigen Stand hat, sobald er als Gesandter der zeitigen preußischen Regierung auftritt. Man giebt ihm alsdann offen zu erkennen, daß es an und für sich schwer sei, mit einer Regierung in Unterhandlung zu treten, die in ihrer Politik keine bestimmte Richtung ein- schlage, und daß man außerdem im Zweifel sei, ob das preußische Kabinet ernstlich entschlossen sei, die etwa dort einzugehenden Verpflichtungen ohne Drehen und Deuteln einzulösen. Uebrigens sind sämmtliche auf dem Warschauer Congreß vertre- tenen Mächte von dem Wünsche nach einem Ar- rangement mit Preußen beseelt, verhehlen es aber durchaus nicht, daß Preußen, so lange Herr von Radowitz dessen auswärtige Politik leitet, im Falle eines Arrangements mehr Garantieen werde geben müssen, als man dies sonst beanspruchen würde. ( N. Pr. Ztg. ) Berlin, 28. Okt. Die aus London hier in Berlin eingegangene Mittheilung, Frankreich und Rußland beabsichtigten, Preußen aufzufordern, die gegen Dänemark eingegangenen Verbindlichkeiten zu erfüllen und dadurch die Schleswigsche Ange- legenheit zu beendigen, ist die N. Pr. Z. von unterrichteter Seite her als von der Wahrheit nicht weit entfernt bezeichnet wotden. ( N. Pr. Z. ) Dänemark. Aus Kopenhagen, 20. Okt. vernimmt man, daß die dort herrschende Partei sich gegen die Thronfolge des Großherzogs von Oldenburg ge- sträubt, und deshalb die Unterhandlung mit die- sem Agnaten, dessen Persönlichkeit den Herzog- thumern zugesagt haben würde, gescheitert sei. Man will dort keinen deutschen Prinzen auf dem Throne. Am meisten Aussicht zur Thronfolge soll der Herzog Christian von Glücksburg haben, der, obgleich aus der Familie der Augustenbur- ger, für einen guten Dänen gilt. Seine Schwie- germutter, Schwester Christian VIII. und Ge- mahlin des Prinzen von Hessen, übt in Kopen- hagen großen Einfluß auf die Lage der Dinge. Der Herzog soll bereits nach Warschau gereist sein, obgleich die dänischen Blätter es verleugnen. Jn den Herzogthümern würde man in Betreff der Erbfolge wenig einzuwenden haben, wie im- mer diese Frage geschlichtet werden dürfte, denn die große Masse des Volkes denkt kaum daran, sich für die Erbrechte des Herzogs von Augusten- burg zu schlagen. Auch dem „Gesammtstaate“ würde man sich fügen, es gibt sogar viele Ein- sichtsvolle, welche die Trennung von Dänemark nicht wünschen, um diesen Seestaat bei Deutsch- land festzuhalten. Wofür man aber Gut und Blut opfert, das ist die bleibende Verbindung Holsteins mit Schleswig unter gemeinsamer Ver- waltung und Landesvertretung mit einer gemein- schaftlichen Armee als Bürgschaft für diese Ver- bindung. Diesem natürlichen und vertragsmäßi- gen Wunsche steht nun das Projekt der sogenann- ten Eiderdänen, Schleswig zu incorporiren und zu dänificiren, im Wege. Diese überwiegende dänische Partei, an deren Spitze das sogenannte Casino=Ministerium steht, beeilt sich, durch mas- senhafte Absetzung der deutschgesinnten Beamten, Lehrer und Geistlichen Schleswigs die Jncorpo- ration zur vollendeten Thatsache zu machen. Und sollte auch durch die Einwirkung der Großmächte die Verwaltung Schleswigs eine separirte wer- den, so dürfte es dann nicht gut möglich wer- den, die placirten Danen und deren danificiren- den Einfluß los zu werden. Diese eiderdänische Partei, die herrschende, besteht übrigens nicht, wie in manchen Blättern behauptet wird, aus Demokraten, obwohl man ihre Chefs Demago- gen nennen kann; sie ist vielmehr eine Zusam- mensetzung von puren Nationalfanatikern und li- beralen Bureaukraten. Die eigentliche Demokra- tie, deren Organ „Kiövenshavenposten,“ zieht auch hier die Förderung der sozialen Entwickelung wenigstens dem Fanatismus der Nationalität vor; sie bildet mit der puren, nur die eigenen Jn- teressen fördernden Aristokratie die Opposition. Erstere ist nicht geneigt, Schleswig zu beeinträch- tigen, da ihr das Wohl des Deutschen eben so am Herzen liegt; letztere würde in der Aristokra- tie der Herzogthümer gerne eine Stütze suchen gegen die heimische Bourgeoisie und Bureaukra- tie. Die Aristokratie möchte gerne den Krieg beendigt sehen, theils um eine Truppenmacht nach Kopenhagen zu ziehen, theils um den Eiderdänen das Mittel, die Massen erhitzt zu halten, ent- ziehen zu können. Die Demokratie tritt nur leise auf mit ihren humanitarischen Seufzern, die Ari- stokratie aber zeigt oft unverholen ihren Haß ge- gen das jetzige Regiment. Zu den letzteren ge- hört der Baron Juel=Brockdorf. Obwohl aus berühmtem dänischen Geschlecht und einer der reich- sten Grundbesitzer, weigerte er sich doch, sein ver- fallenes Schloß Waldemar zu einem Lazarethe herzugeben, und das Commando, welches das Haus nicht entbehren konnte, mußte Gewalt an- wenden. Frankreich. Paris, 26. Okt. Nachdem die Ceremonie der Ueberreichung des Biretts an die neuernann- ten Cardinäle in der Kapelle St. Cloud beendet war, hielt der Ablegat Msgr. Apolloni an den Präsidenten der Republik eine kurze Anrede, wor- auf dieser ungefähr erwiderte: „Jch danke Ew. Excellenz für die Gesinnungen, die Sie mir im Namen des h. Vaters bezeugen. Mit der größ- ten Genugthuung habe ich gesehen, daß Se. Hei- ligkeit Frankreich drei Cardinalshüte verliehen hat. Dies ist ein neuer Beweis von Zuneigung des Statthalters Christi für unsere Nation, und sei- ner besonderen Hochschätzung des französischen Kle- rus, der sich wegen seines Verdienstes, seiner Tu- genden und seiner Anhänglichkeit an die großen Prinzipien, auf denen die kath. Religion beruht, ausgezeichnet hat. Jch fühle mich geehrt, einer Feierlichkeit zu präsidiren, wo sich die geistliche Gewalt mit der weltlichen Macht in vollkomme- ner Eintracht zeigt... Jch bitte Sie, mich der heißen Wünsche theilhaftig zu machen, wodurch S. Heiligkeit auf Frankreich und auf meine Regie- rung den Segen des Himmels herabfleht; ich fühle mit glücklich, bei dieser Gelegenheit meine Erkenntlichkeit an den Tag legen zu können, und bitte Ew. Excellenz, zu den Füßen des Oberhaup- tes der Kirche meine aufrichtige Verehrung nie- derlegen zu wollen.“ -- Aus der bei dieser Ge- legenheit von Se. Exc. dem Cardinal Gousset, Erzbischof von Rheims, gehaltenen Rede heben wir folgende Stelle hervor: „Die Würde des Cardinals, stets groß in sich selbst, scheint mir in diesem Augenblicke durch den persönlichen Charak- ter desjenigen, der sie ertheilt, des Papstes nem- lich, der auf eine so würdige Weise den Stuhl des h. Petrus inne hat, noch viel größer. Die Geschichte des unsterblichen Pius IX., hauptsäch- lich in Bezug auf seine Leiden und den Sieg über die Widerwärtigkeit, verflechtet sich in die Annalen von Frankreich, in die Geschichte unserer Armee, welche, beseelt von den großmüthigen Ge- sinnungen, die sie in Allem auszeichnen, sich durch den Gebrauch, den sie vom Siege gemacht hat, durch die Achtung gegen den gemeinsamen Vater der Gläubigen noch weit größer gezeigt hat, als durch die wohlbekannte Fähigkeit unserer Anführer und durch die Tapferkeit unserer Soldaten. Jch verhehle mir nicht die Verbindlichkeit, welche ich

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 261. Würzburg, 31. Oktober 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische261_1850/3>, abgerufen am 18.04.2024.