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Die Bayerische Presse. Nr. 260. Würzburg, 30. Oktober 1850.

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[Spaltenumbruch] erg, Schuß durch die Brust; Peter Hersinger aus
Baireuth, vermißt; Martin Höfelein aus Kitzingen,
vermißt. Der Oberjäger Wilhelm Henke ist seiner
Tapferkeit wegen zum Fähndrig befördert worden.

Vonder Niederelbe, 24. Okt. Obgleich die
Friedensratificationen zwischen Preußen ( nebst den
Unionsstaaten ) und Dänemark bereits seit mehreren
Wochen ausgetauscht sind, ist doch noch eine ganze
Reihe von Streitpunkten zwischen Berlin und Ko-
penhagen zu erledigen. Zum Zwecke dieser Er-
ledigung befindet sich nun Freiherr von Pechlin
seit einigen Tagen in Berlin. Jn erster Reihe
wird unter seinen Forderungen die stehen, daß die
preußische Regierung die angeblichen Werbungen
für das schleswig=holsteinische Heer inhibire und
die noch dienstpflichtigen Freiwilligen, die in das-
selbe eingetreten, bei Androhung der für Deser-
teure festgesetzten Strafe zurückberufe. Nächstdem
dürfte es sich um Rücknahme des preußischen Pro-
testes gegen die im Namen des deutschen Bundes
von der Bundesversammlung erfolgte Ratifikation
des Friedens vom 2. Juli handeln.

Kiel, 25. Okt. Ueber die Verhandlungen und
Resultate der gestrigen geheimen Sitzung der Rit-
terschaft und Gutsbesitzer, welche noch Abends
spät wieder fortgesetzt wurde, ist bis jetzt wenig
im Publikum bekannt geworden. Die Convoca-
tion war von dem Grafen Magnus von Moltke
von Grünholz in feiner Eigenschaft als Verbitter,
mithin amtlich Vorsitzendem erlassen worden, und
gestellt auf die Wahl einer Revisionscommission
für die Ansetzung zur Vermögenssteuer, sowie Be-
rathung über die etwaige Möglichkeit, einen Frie-
den anzubahnen. Es waren im Ganzen 25, nach
andern Angaben 29 Personen gegenwärtig, und
diese scheinen nach einer heftigen Debatte mit 16
gegen 13 oder 13 gegen 12 Stimmen zu dem
Beschluß gekommen zu sein, eine Friedensadresse
zu erlassen, entweder für sich allein, oder in Ver-
bindung mit den Städten, welche zur Mitbethei-
ligung aufzufordern.

   

* Aus Baden, 25. Okt. ( Kammer. Fort-
setzung.
) Der Abg. Zittel: Jch brauche keine
Rede mehr zu halten doch will ich bemerken, daß
man nicht aus Mitleid, sondern aus Klugheit
Amnestie gibt. Jch möchte daß in dem Antrag
das Wort "minder" gestrichen werde. Wir den-
ken jetzt schon ganz anders von den Verbrechern:
früher war die Entrüstung, jetzt ist das Mitleid
größer. Die Ungleichheit liegt auch in der Be-
handlung von Staatsbeamten und Bürgern; der
Beamte wird sich selbst, wenn er auch betheiligt
war, wohl zu schützen suchen und wird den Ci-
vilkommissär einstecken, aber nicht sich, der die
Verfügungen desselben mit unterschrieb. Jch selbst
habe Soldaten klagen und weinen hören, daß ihre
Offiziere sie verlassen hatten und daß sie nun der
Revolution überlassen wären. Viele Offiziere blie-
ben in der Hoffnung, eine Gegenrevolution zu
machen. Damals hat man die entwichenen Offi-
ziere härter getadelt, als man nun die gebliebe-
nen tadelt. Wären die Offiziere geblieben, statt
zu entweichen, so hätte man einen Umschlag be-
wirken können, aber man hatte dazu keine Män-
ner. ( Bravo! ) Viele Familien sind an den Bet-
telstab gekommen, weil sie ein unbedachtes Wort
gesprochen. Viele Familien hätten lieber das
Zuchthaus vorgezogen, -- wegen nichts -- als
an den Bettelstab sich gebracht zu wissen. Es
wäre eine Thorheit, wenn man die Feinde der
Verfassung amnestiren wollte; allein nicht alle wa-
ren Feinde der Verfassung: Viele kamen aus
Schwachheit, aber viele auch aus Jrrthum in den
Streit. ( -- Bravo!!! -- ) Der Abg. Zentner:
Es gibt noch weitere Kategorien, als die im Be-
richt genannten, z. B. diejenigen, welche schon in
den Strafanstalten sind. Auch von diesen gehör-
ten Viele der Gnade empfohlen. Viele, welche
weniger gravirt sind, stehen noch in Unterhand-
lung bei den Hofgerichten und doch will der Com-
missionsbericht blos die bereits zurückgelegten Pro-
zesse für aufgehoben erklären. Jch glaube man
muß etwas weiter gehen und nicht blos die zu-
[Spaltenumbruch] rückgelegten Prozesse für aufgehoben erklären. Man
muß auch diejenigen, welche noch in Untersuchung
sind, oder hineinkommen, der Gnade empfehlen.
Jch wünsche die Regierung möge in diesem Sinne
handeln. -- Minister der Justiz: Schon vor
einem Jahre, wo noch jeder gegen eine Amnestie
aufgebracht war hat man die Aemter und Ge-
richtshöfe angewiesen, nur die wichtigern Unter-
suchungen aufzunehmen. Man wollte nur die Lei-
ter und Anstifter greifen, namentlich solche welche
Stellen bekleideten. -- Der Abg. Blanken-
horn:
Jch theile die Ansichten der Abg. Weller
und Zittel. Man muß gerecht sein und nicht die
Großen laufen lassen und die Kleinen hängen:
ein hochstehender Richter der sich ins Ausland ge-
flüchtet, lebte bequem dort, kam, um der provi-
sorischen Regierung zu huldigen und ging dann
wieder in das Ausland. Dieser Beamte ist noch
in Ehren und Würden. Jch bin kein Freund der
Freischärler, aber man muß gerecht gegen Alle
sein. -- Der Abg. Stöffer: Man hätte Rück-
sicht nehmen sollen auf die minder betheiligten
Flüchtigen. -- Herr Ministerpräsident Freiherr
von Marschall: Die Kommission hält dafür,
daß der einzelne Fall sich hier nicht unter eine
Formel bringen lasse. Maaß halten ist nöthig,
allein zu milde darf man auch nicht verfahren,
sonst würde dieß abermals zu Begriffs=Verwir-
rungen führen. Viele haben viel gelitten, die
nicht viel zu leiden verdienten; die Staatsbeam-
ten sind aber nicht milder behandelt worden, als
die Bürger. Jn diese Sache habe ich genau ge-
blickt. Ob man da bleiben oder gehen solle, ist
eine schwierige Frage; es sollte hier Niemand ei-
nen Stein auf den Andern werfen. -- Der Abg.
Zell weist die Behauptung, die ein Redner ge-
macht, daß die Ultramontanen, die Schuld an
der ganzen Revolution hätten entschieden zurück.
Man hat sich -- sagt er sodann -- Jdeale über
Verfassungen gebildet, und diese Jdeale wollten
Manche durch die Massen verwirklichen; allein
das ist nicht durchzuführen. Das hat man zuerst
in Frankreich erlebt und erfahren. Bürger und
Bauer wollen Ordnung und Friede, -- keine
Jdeale! -- ( Allgemeines Bravo! )

    ( Schluß folgt. )

* Aus Baden, 28. Okt. Bald nach der ge-
heimen Sitzung der ersten Kammer vom 25. d.
M. fand ein Ministerrath statt, der mehre Stun-
den dauerte. Prinz Friedrich wohnte demselben
bei. Bei Tagesanbruch empfing der Minister der
auswärtigen Angelegenheiten, Frhr. v. Klüber,
seine Entlassung und wurde an dessen Stelle Frhr.
v. Rüdt ernannt. Rüdt ist ein entfchiedener
Anhänger der großdeutschen Partei und somit
durch seine Ernennung zum Minister der auswär-
tigen Angelegenheiten ein Systemwechsel eingetre-
ten, der von höchst wichtigen Folgen sein wird.
Jn der Nacht vom 26. auf den 27. d. herrschte
im Hotel des Ministeriums der auswärtigen An-
gelegenheiten große Thätigkeit. Prinz Friedrich
fuhr um 4 Uhr Morgens daselbst vor und ver-
weilte bis 5 Uhr, um welche Zeit zwei Couriere
abgesandt wurden. Der eine nach Wien, der an-
dere nach Berlin. Wichtige Ereignisse stehen be-
vor. Der Minister des Jnnern, Frhr. v. Mar-
schall soll heute Nacht seine Entlassung eingereicht
haben; sie wurde jedoch vom Großherzog nicht
angenommen. -- Nachschrift. So eben geht
mir durch besondere Gelegenheit die Nachricht zu,
die in Bregenz liegenden k. k. österr. Truppen
hätten Marschbefehl erhalten.

Karlsruhe, 28. Okt. Ueber die geheime
Sitzung unserer ersten Kammer, welche den Rück-
tritt v. Klübers entschied, bin ich in der Lage,
folgende Einzelheiten mittheilen zu können. Herr
Klüber trat sowohl dem Mehrheits= als Minder-
heitsantrage der ersten Kammer entgegen, indem
er behauptete: "er müsse bei der bisherigen Po-
litik verharren, auch wenn ihn der Fluch des
Landes treffen sollte." Mehrere Mitglieder der
Kammer, welche sich durch ihr muthvolles Auf-
treten in dieser zur Lebensfrage unseres so arg
heimgesuchten Landes den tiefsten Dank des
badischen Volkes erworben haben, darunter
[Spaltenumbruch] namentlich der Frhr. v. Ringk, und die Hrn.
v. Hirscher und Lauer traten dem Minister Klü-
ber lebhaft entgegen, und wiesen nach, wie bei
längerer Fortdauer der gegenwärtigen Verhältnisse
Baden nicht nur dem bereits eingetretenen mate-
riellen Ruine vollständig verfallen, sondern auch
der badische Staat von Grund aus gefährdet
werde. -- So wenig wir von der gegenwärtigen
fast ganz aus Gothaern zusammengesetzten zwei-
ten Kammer erwarten dürfen, daß sie der be-
schlossenen Adresse vollständig beitreten werde, so
hat die Entschiedenheit der ersten Kammer doch
die so folgenreiche Krisis herbeigeführt, und uns
von einem Ministerium befreit, dessen Ergeben-
heit an Preußen und Aufopferung aller unserer
Jnteressen, bereits das Unglaubliche in Baden voll-
bracht hat. -- Hr. v. Rüdt gehört der groß-
deutschen Richtung an und wir hoffen, er werde
energisch alle die vielen Ouellen unseres Elendes
zu verschließen trachten und Baden seine natür-
liche Stellung in Deutschland wieder geben. Wir
hoffen vor Allem, daß er die unzähligen in die
Staatsverwaltung blos ihrer Klüberschen Gesin-
nung wegen gezogenen Elemente zu beseitigen und
jenen Männern Genugthuung zu verschaffen wissen
werde, welche auf allen Wegen verfolgt worden
sind, weil sie ihrer bessern Ueberzeugung, der gro-
ßen deutschen Richtung treu geblieben sind. --

   

Berlin, 26. Okt. Heute Morgens um 10
Uhr fand eine Plenarsitzung des Staatsministe-
riums statt. Neu angekommene Depeschen aus
Warschau sollen den Grund der Berathung ge-
bildet haben. Gut unterrichtete Personen sind ver-
sicher, daß die Warschauer Depeschen keineswegs
angenehmen Jnhalts seien, vielmehr sollen fast
sämmtliche Anträge des Grafen von Brandenburg
durchaus keine günstige Erledigung gefunden ha-
ben. Man bezeichnet heute Abends die "freien
Conferenzen" als abgelehnt, und soll jeder Bo-
den der Unterhandlung auf die Allianzverträge
zurückgewiesen sein. -- Der dem Grafen v. d.
Gröben ertheilte Befehl, die Bayern, sobald sie
den kurhessischen Boden betreten, zurückzuwerfen,
ist aber in Kraft getreten.

   
England.

* London, 25. Okt. Der ministerielle "Globe"
bespricht in einem Leitartikel die traurigen Zu-
stände in Schleswig=Holstein, welche auf eine so
bedauerungswürdige Weise die falsche Politik
Preußens herbeigeführt habe, und bis auf den
heutigen Tag noch mehr zu verwickeln suche, in-
dem er unter Anderem sagt: Kann behauptet
werden, daß Preußen mittlerweile sein Möglichstes
oder überhaupt etwas gethan habe, den abgeschlos-
senen Vertrag auszuführen? General Willisen,
der Befehlshaber des Jnsurgentenheeres, ist ein
Preuße. Nicht ein Tag vergeht, daß man nicht
ein paar hundert preußische Soldaten in voller
Uniform die Grenze überschreiten sieht, um sich in
die holsteinische Armee einreihen zu lassen. Von
sechszehn Offizieren eines einzigen Re-
giments, welche bei dem Angriff auf
Friedrichstadt gefallen sind, waren nicht
weniger als eilf in preußischen Diensten.

Jn diesem Augenblick ist in Berliu unter den
Augen des preußischen Kabinets für die Einzeich-
nung von Freiwilligen für Schleswig=Holstein ein
Bureau eröffnet. Alles dieses, sagen wir, muß
so großes Mißtrauen zu einer Macht erwecken,
die sich zu dem Versuch, den Frieden zwischen
Dänemark und den Herzogthümern wieder herzu-
stellen, verpflichtet hat, daß wir uns nicht wun-
dern dürfen, wenn andere Regierungen sich einen
so schwachen Standpunkt zum Angriff ausersehen.
Frankreich und Rußland halten sich durch die Ver-
träge des vorigen Jahrhunderts für verpflichtet,
Schleswig dem König von Dänemark zu garan-
tiren, und Operationen für die Aufrechthaltung
dieser Garantie können sicherlich nicht für Ver-
letzungen des Volkerrechts gelten. Tief bedauern
wir, daß die preußische Regierung übersehen hat,
wie ihre Connivenz gegenüber dem fortgesetzten
Krieg in Holstein die englischen Sympathieen ihr

[Spaltenumbruch] erg, Schuß durch die Brust; Peter Hersinger aus
Baireuth, vermißt; Martin Höfelein aus Kitzingen,
vermißt. Der Oberjäger Wilhelm Henke ist seiner
Tapferkeit wegen zum Fähndrig befördert worden.

Vonder Niederelbe, 24. Okt. Obgleich die
Friedensratificationen zwischen Preußen ( nebst den
Unionsstaaten ) und Dänemark bereits seit mehreren
Wochen ausgetauscht sind, ist doch noch eine ganze
Reihe von Streitpunkten zwischen Berlin und Ko-
penhagen zu erledigen. Zum Zwecke dieser Er-
ledigung befindet sich nun Freiherr von Pechlin
seit einigen Tagen in Berlin. Jn erster Reihe
wird unter seinen Forderungen die stehen, daß die
preußische Regierung die angeblichen Werbungen
für das schleswig=holsteinische Heer inhibire und
die noch dienstpflichtigen Freiwilligen, die in das-
selbe eingetreten, bei Androhung der für Deser-
teure festgesetzten Strafe zurückberufe. Nächstdem
dürfte es sich um Rücknahme des preußischen Pro-
testes gegen die im Namen des deutschen Bundes
von der Bundesversammlung erfolgte Ratifikation
des Friedens vom 2. Juli handeln.

Kiel, 25. Okt. Ueber die Verhandlungen und
Resultate der gestrigen geheimen Sitzung der Rit-
terschaft und Gutsbesitzer, welche noch Abends
spät wieder fortgesetzt wurde, ist bis jetzt wenig
im Publikum bekannt geworden. Die Convoca-
tion war von dem Grafen Magnus von Moltke
von Grünholz in feiner Eigenschaft als Verbitter,
mithin amtlich Vorsitzendem erlassen worden, und
gestellt auf die Wahl einer Revisionscommission
für die Ansetzung zur Vermögenssteuer, sowie Be-
rathung über die etwaige Möglichkeit, einen Frie-
den anzubahnen. Es waren im Ganzen 25, nach
andern Angaben 29 Personen gegenwärtig, und
diese scheinen nach einer heftigen Debatte mit 16
gegen 13 oder 13 gegen 12 Stimmen zu dem
Beschluß gekommen zu sein, eine Friedensadresse
zu erlassen, entweder für sich allein, oder in Ver-
bindung mit den Städten, welche zur Mitbethei-
ligung aufzufordern.

   

* Aus Baden, 25. Okt. ( Kammer. Fort-
setzung.
) Der Abg. Zittel: Jch brauche keine
Rede mehr zu halten doch will ich bemerken, daß
man nicht aus Mitleid, sondern aus Klugheit
Amnestie gibt. Jch möchte daß in dem Antrag
das Wort „minder“ gestrichen werde. Wir den-
ken jetzt schon ganz anders von den Verbrechern:
früher war die Entrüstung, jetzt ist das Mitleid
größer. Die Ungleichheit liegt auch in der Be-
handlung von Staatsbeamten und Bürgern; der
Beamte wird sich selbst, wenn er auch betheiligt
war, wohl zu schützen suchen und wird den Ci-
vilkommissär einstecken, aber nicht sich, der die
Verfügungen desselben mit unterschrieb. Jch selbst
habe Soldaten klagen und weinen hören, daß ihre
Offiziere sie verlassen hatten und daß sie nun der
Revolution überlassen wären. Viele Offiziere blie-
ben in der Hoffnung, eine Gegenrevolution zu
machen. Damals hat man die entwichenen Offi-
ziere härter getadelt, als man nun die gebliebe-
nen tadelt. Wären die Offiziere geblieben, statt
zu entweichen, so hätte man einen Umschlag be-
wirken können, aber man hatte dazu keine Män-
ner. ( Bravo! ) Viele Familien sind an den Bet-
telstab gekommen, weil sie ein unbedachtes Wort
gesprochen. Viele Familien hätten lieber das
Zuchthaus vorgezogen, -- wegen nichts -- als
an den Bettelstab sich gebracht zu wissen. Es
wäre eine Thorheit, wenn man die Feinde der
Verfassung amnestiren wollte; allein nicht alle wa-
ren Feinde der Verfassung: Viele kamen aus
Schwachheit, aber viele auch aus Jrrthum in den
Streit. ( -- Bravo!!! -- ) Der Abg. Zentner:
Es gibt noch weitere Kategorien, als die im Be-
richt genannten, z. B. diejenigen, welche schon in
den Strafanstalten sind. Auch von diesen gehör-
ten Viele der Gnade empfohlen. Viele, welche
weniger gravirt sind, stehen noch in Unterhand-
lung bei den Hofgerichten und doch will der Com-
missionsbericht blos die bereits zurückgelegten Pro-
zesse für aufgehoben erklären. Jch glaube man
muß etwas weiter gehen und nicht blos die zu-
[Spaltenumbruch] rückgelegten Prozesse für aufgehoben erklären. Man
muß auch diejenigen, welche noch in Untersuchung
sind, oder hineinkommen, der Gnade empfehlen.
Jch wünsche die Regierung möge in diesem Sinne
handeln. -- Minister der Justiz: Schon vor
einem Jahre, wo noch jeder gegen eine Amnestie
aufgebracht war hat man die Aemter und Ge-
richtshöfe angewiesen, nur die wichtigern Unter-
suchungen aufzunehmen. Man wollte nur die Lei-
ter und Anstifter greifen, namentlich solche welche
Stellen bekleideten. -- Der Abg. Blanken-
horn:
Jch theile die Ansichten der Abg. Weller
und Zittel. Man muß gerecht sein und nicht die
Großen laufen lassen und die Kleinen hängen:
ein hochstehender Richter der sich ins Ausland ge-
flüchtet, lebte bequem dort, kam, um der provi-
sorischen Regierung zu huldigen und ging dann
wieder in das Ausland. Dieser Beamte ist noch
in Ehren und Würden. Jch bin kein Freund der
Freischärler, aber man muß gerecht gegen Alle
sein. -- Der Abg. Stöffer: Man hätte Rück-
sicht nehmen sollen auf die minder betheiligten
Flüchtigen. -- Herr Ministerpräsident Freiherr
von Marschall: Die Kommission hält dafür,
daß der einzelne Fall sich hier nicht unter eine
Formel bringen lasse. Maaß halten ist nöthig,
allein zu milde darf man auch nicht verfahren,
sonst würde dieß abermals zu Begriffs=Verwir-
rungen führen. Viele haben viel gelitten, die
nicht viel zu leiden verdienten; die Staatsbeam-
ten sind aber nicht milder behandelt worden, als
die Bürger. Jn diese Sache habe ich genau ge-
blickt. Ob man da bleiben oder gehen solle, ist
eine schwierige Frage; es sollte hier Niemand ei-
nen Stein auf den Andern werfen. -- Der Abg.
Zell weist die Behauptung, die ein Redner ge-
macht, daß die Ultramontanen, die Schuld an
der ganzen Revolution hätten entschieden zurück.
Man hat sich -- sagt er sodann -- Jdeale über
Verfassungen gebildet, und diese Jdeale wollten
Manche durch die Massen verwirklichen; allein
das ist nicht durchzuführen. Das hat man zuerst
in Frankreich erlebt und erfahren. Bürger und
Bauer wollen Ordnung und Friede, -- keine
Jdeale! -- ( Allgemeines Bravo! )

    ( Schluß folgt. )

* Aus Baden, 28. Okt. Bald nach der ge-
heimen Sitzung der ersten Kammer vom 25. d.
M. fand ein Ministerrath statt, der mehre Stun-
den dauerte. Prinz Friedrich wohnte demselben
bei. Bei Tagesanbruch empfing der Minister der
auswärtigen Angelegenheiten, Frhr. v. Klüber,
seine Entlassung und wurde an dessen Stelle Frhr.
v. Rüdt ernannt. Rüdt ist ein entfchiedener
Anhänger der großdeutschen Partei und somit
durch seine Ernennung zum Minister der auswär-
tigen Angelegenheiten ein Systemwechsel eingetre-
ten, der von höchst wichtigen Folgen sein wird.
Jn der Nacht vom 26. auf den 27. d. herrschte
im Hotel des Ministeriums der auswärtigen An-
gelegenheiten große Thätigkeit. Prinz Friedrich
fuhr um 4 Uhr Morgens daselbst vor und ver-
weilte bis 5 Uhr, um welche Zeit zwei Couriere
abgesandt wurden. Der eine nach Wien, der an-
dere nach Berlin. Wichtige Ereignisse stehen be-
vor. Der Minister des Jnnern, Frhr. v. Mar-
schall soll heute Nacht seine Entlassung eingereicht
haben; sie wurde jedoch vom Großherzog nicht
angenommen. -- Nachschrift. So eben geht
mir durch besondere Gelegenheit die Nachricht zu,
die in Bregenz liegenden k. k. österr. Truppen
hätten Marschbefehl erhalten.

Karlsruhe, 28. Okt. Ueber die geheime
Sitzung unserer ersten Kammer, welche den Rück-
tritt v. Klübers entschied, bin ich in der Lage,
folgende Einzelheiten mittheilen zu können. Herr
Klüber trat sowohl dem Mehrheits= als Minder-
heitsantrage der ersten Kammer entgegen, indem
er behauptete: „er müsse bei der bisherigen Po-
litik verharren, auch wenn ihn der Fluch des
Landes treffen sollte.“ Mehrere Mitglieder der
Kammer, welche sich durch ihr muthvolles Auf-
treten in dieser zur Lebensfrage unseres so arg
heimgesuchten Landes den tiefsten Dank des
badischen Volkes erworben haben, darunter
[Spaltenumbruch] namentlich der Frhr. v. Ringk, und die Hrn.
v. Hirscher und Lauer traten dem Minister Klü-
ber lebhaft entgegen, und wiesen nach, wie bei
längerer Fortdauer der gegenwärtigen Verhältnisse
Baden nicht nur dem bereits eingetretenen mate-
riellen Ruine vollständig verfallen, sondern auch
der badische Staat von Grund aus gefährdet
werde. -- So wenig wir von der gegenwärtigen
fast ganz aus Gothaern zusammengesetzten zwei-
ten Kammer erwarten dürfen, daß sie der be-
schlossenen Adresse vollständig beitreten werde, so
hat die Entschiedenheit der ersten Kammer doch
die so folgenreiche Krisis herbeigeführt, und uns
von einem Ministerium befreit, dessen Ergeben-
heit an Preußen und Aufopferung aller unserer
Jnteressen, bereits das Unglaubliche in Baden voll-
bracht hat. -- Hr. v. Rüdt gehört der groß-
deutschen Richtung an und wir hoffen, er werde
energisch alle die vielen Ouellen unseres Elendes
zu verschließen trachten und Baden seine natür-
liche Stellung in Deutschland wieder geben. Wir
hoffen vor Allem, daß er die unzähligen in die
Staatsverwaltung blos ihrer Klüberschen Gesin-
nung wegen gezogenen Elemente zu beseitigen und
jenen Männern Genugthuung zu verschaffen wissen
werde, welche auf allen Wegen verfolgt worden
sind, weil sie ihrer bessern Ueberzeugung, der gro-
ßen deutschen Richtung treu geblieben sind. --

   

Berlin, 26. Okt. Heute Morgens um 10
Uhr fand eine Plenarsitzung des Staatsministe-
riums statt. Neu angekommene Depeschen aus
Warschau sollen den Grund der Berathung ge-
bildet haben. Gut unterrichtete Personen sind ver-
sicher, daß die Warschauer Depeschen keineswegs
angenehmen Jnhalts seien, vielmehr sollen fast
sämmtliche Anträge des Grafen von Brandenburg
durchaus keine günstige Erledigung gefunden ha-
ben. Man bezeichnet heute Abends die „freien
Conferenzen“ als abgelehnt, und soll jeder Bo-
den der Unterhandlung auf die Allianzverträge
zurückgewiesen sein. -- Der dem Grafen v. d.
Gröben ertheilte Befehl, die Bayern, sobald sie
den kurhessischen Boden betreten, zurückzuwerfen,
ist aber in Kraft getreten.

   
England.

* London, 25. Okt. Der ministerielle „Globe“
bespricht in einem Leitartikel die traurigen Zu-
stände in Schleswig=Holstein, welche auf eine so
bedauerungswürdige Weise die falsche Politik
Preußens herbeigeführt habe, und bis auf den
heutigen Tag noch mehr zu verwickeln suche, in-
dem er unter Anderem sagt: Kann behauptet
werden, daß Preußen mittlerweile sein Möglichstes
oder überhaupt etwas gethan habe, den abgeschlos-
senen Vertrag auszuführen? General Willisen,
der Befehlshaber des Jnsurgentenheeres, ist ein
Preuße. Nicht ein Tag vergeht, daß man nicht
ein paar hundert preußische Soldaten in voller
Uniform die Grenze überschreiten sieht, um sich in
die holsteinische Armee einreihen zu lassen. Von
sechszehn Offizieren eines einzigen Re-
giments, welche bei dem Angriff auf
Friedrichstadt gefallen sind, waren nicht
weniger als eilf in preußischen Diensten.

Jn diesem Augenblick ist in Berliu unter den
Augen des preußischen Kabinets für die Einzeich-
nung von Freiwilligen für Schleswig=Holstein ein
Bureau eröffnet. Alles dieses, sagen wir, muß
so großes Mißtrauen zu einer Macht erwecken,
die sich zu dem Versuch, den Frieden zwischen
Dänemark und den Herzogthümern wieder herzu-
stellen, verpflichtet hat, daß wir uns nicht wun-
dern dürfen, wenn andere Regierungen sich einen
so schwachen Standpunkt zum Angriff ausersehen.
Frankreich und Rußland halten sich durch die Ver-
träge des vorigen Jahrhunderts für verpflichtet,
Schleswig dem König von Dänemark zu garan-
tiren, und Operationen für die Aufrechthaltung
dieser Garantie können sicherlich nicht für Ver-
letzungen des Volkerrechts gelten. Tief bedauern
wir, daß die preußische Regierung übersehen hat,
wie ihre Connivenz gegenüber dem fortgesetzten
Krieg in Holstein die englischen Sympathieen ihr

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[0002] erg, Schuß durch die Brust; Peter Hersinger aus Baireuth, vermißt; Martin Höfelein aus Kitzingen, vermißt. Der Oberjäger Wilhelm Henke ist seiner Tapferkeit wegen zum Fähndrig befördert worden. Vonder Niederelbe, 24. Okt. Obgleich die Friedensratificationen zwischen Preußen ( nebst den Unionsstaaten ) und Dänemark bereits seit mehreren Wochen ausgetauscht sind, ist doch noch eine ganze Reihe von Streitpunkten zwischen Berlin und Ko- penhagen zu erledigen. Zum Zwecke dieser Er- ledigung befindet sich nun Freiherr von Pechlin seit einigen Tagen in Berlin. Jn erster Reihe wird unter seinen Forderungen die stehen, daß die preußische Regierung die angeblichen Werbungen für das schleswig=holsteinische Heer inhibire und die noch dienstpflichtigen Freiwilligen, die in das- selbe eingetreten, bei Androhung der für Deser- teure festgesetzten Strafe zurückberufe. Nächstdem dürfte es sich um Rücknahme des preußischen Pro- testes gegen die im Namen des deutschen Bundes von der Bundesversammlung erfolgte Ratifikation des Friedens vom 2. Juli handeln. ( Wes.=Z. ) Kiel, 25. Okt. Ueber die Verhandlungen und Resultate der gestrigen geheimen Sitzung der Rit- terschaft und Gutsbesitzer, welche noch Abends spät wieder fortgesetzt wurde, ist bis jetzt wenig im Publikum bekannt geworden. Die Convoca- tion war von dem Grafen Magnus von Moltke von Grünholz in feiner Eigenschaft als Verbitter, mithin amtlich Vorsitzendem erlassen worden, und gestellt auf die Wahl einer Revisionscommission für die Ansetzung zur Vermögenssteuer, sowie Be- rathung über die etwaige Möglichkeit, einen Frie- den anzubahnen. Es waren im Ganzen 25, nach andern Angaben 29 Personen gegenwärtig, und diese scheinen nach einer heftigen Debatte mit 16 gegen 13 oder 13 gegen 12 Stimmen zu dem Beschluß gekommen zu sein, eine Friedensadresse zu erlassen, entweder für sich allein, oder in Ver- bindung mit den Städten, welche zur Mitbethei- ligung aufzufordern. ( A. M. ) * Aus Baden, 25. Okt. ( Kammer. Fort- setzung. ) Der Abg. Zittel: Jch brauche keine Rede mehr zu halten doch will ich bemerken, daß man nicht aus Mitleid, sondern aus Klugheit Amnestie gibt. Jch möchte daß in dem Antrag das Wort „minder“ gestrichen werde. Wir den- ken jetzt schon ganz anders von den Verbrechern: früher war die Entrüstung, jetzt ist das Mitleid größer. Die Ungleichheit liegt auch in der Be- handlung von Staatsbeamten und Bürgern; der Beamte wird sich selbst, wenn er auch betheiligt war, wohl zu schützen suchen und wird den Ci- vilkommissär einstecken, aber nicht sich, der die Verfügungen desselben mit unterschrieb. Jch selbst habe Soldaten klagen und weinen hören, daß ihre Offiziere sie verlassen hatten und daß sie nun der Revolution überlassen wären. Viele Offiziere blie- ben in der Hoffnung, eine Gegenrevolution zu machen. Damals hat man die entwichenen Offi- ziere härter getadelt, als man nun die gebliebe- nen tadelt. Wären die Offiziere geblieben, statt zu entweichen, so hätte man einen Umschlag be- wirken können, aber man hatte dazu keine Män- ner. ( Bravo! ) Viele Familien sind an den Bet- telstab gekommen, weil sie ein unbedachtes Wort gesprochen. Viele Familien hätten lieber das Zuchthaus vorgezogen, -- wegen nichts -- als an den Bettelstab sich gebracht zu wissen. Es wäre eine Thorheit, wenn man die Feinde der Verfassung amnestiren wollte; allein nicht alle wa- ren Feinde der Verfassung: Viele kamen aus Schwachheit, aber viele auch aus Jrrthum in den Streit. ( -- Bravo!!! -- ) Der Abg. Zentner: Es gibt noch weitere Kategorien, als die im Be- richt genannten, z. B. diejenigen, welche schon in den Strafanstalten sind. Auch von diesen gehör- ten Viele der Gnade empfohlen. Viele, welche weniger gravirt sind, stehen noch in Unterhand- lung bei den Hofgerichten und doch will der Com- missionsbericht blos die bereits zurückgelegten Pro- zesse für aufgehoben erklären. Jch glaube man muß etwas weiter gehen und nicht blos die zu- rückgelegten Prozesse für aufgehoben erklären. Man muß auch diejenigen, welche noch in Untersuchung sind, oder hineinkommen, der Gnade empfehlen. Jch wünsche die Regierung möge in diesem Sinne handeln. -- Minister der Justiz: Schon vor einem Jahre, wo noch jeder gegen eine Amnestie aufgebracht war hat man die Aemter und Ge- richtshöfe angewiesen, nur die wichtigern Unter- suchungen aufzunehmen. Man wollte nur die Lei- ter und Anstifter greifen, namentlich solche welche Stellen bekleideten. -- Der Abg. Blanken- horn: Jch theile die Ansichten der Abg. Weller und Zittel. Man muß gerecht sein und nicht die Großen laufen lassen und die Kleinen hängen: ein hochstehender Richter der sich ins Ausland ge- flüchtet, lebte bequem dort, kam, um der provi- sorischen Regierung zu huldigen und ging dann wieder in das Ausland. Dieser Beamte ist noch in Ehren und Würden. Jch bin kein Freund der Freischärler, aber man muß gerecht gegen Alle sein. -- Der Abg. Stöffer: Man hätte Rück- sicht nehmen sollen auf die minder betheiligten Flüchtigen. -- Herr Ministerpräsident Freiherr von Marschall: Die Kommission hält dafür, daß der einzelne Fall sich hier nicht unter eine Formel bringen lasse. Maaß halten ist nöthig, allein zu milde darf man auch nicht verfahren, sonst würde dieß abermals zu Begriffs=Verwir- rungen führen. Viele haben viel gelitten, die nicht viel zu leiden verdienten; die Staatsbeam- ten sind aber nicht milder behandelt worden, als die Bürger. Jn diese Sache habe ich genau ge- blickt. Ob man da bleiben oder gehen solle, ist eine schwierige Frage; es sollte hier Niemand ei- nen Stein auf den Andern werfen. -- Der Abg. Zell weist die Behauptung, die ein Redner ge- macht, daß die Ultramontanen, die Schuld an der ganzen Revolution hätten entschieden zurück. Man hat sich -- sagt er sodann -- Jdeale über Verfassungen gebildet, und diese Jdeale wollten Manche durch die Massen verwirklichen; allein das ist nicht durchzuführen. Das hat man zuerst in Frankreich erlebt und erfahren. Bürger und Bauer wollen Ordnung und Friede, -- keine Jdeale! -- ( Allgemeines Bravo! ) ( Schluß folgt. ) * Aus Baden, 28. Okt. Bald nach der ge- heimen Sitzung der ersten Kammer vom 25. d. M. fand ein Ministerrath statt, der mehre Stun- den dauerte. Prinz Friedrich wohnte demselben bei. Bei Tagesanbruch empfing der Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Frhr. v. Klüber, seine Entlassung und wurde an dessen Stelle Frhr. v. Rüdt ernannt. Rüdt ist ein entfchiedener Anhänger der großdeutschen Partei und somit durch seine Ernennung zum Minister der auswär- tigen Angelegenheiten ein Systemwechsel eingetre- ten, der von höchst wichtigen Folgen sein wird. Jn der Nacht vom 26. auf den 27. d. herrschte im Hotel des Ministeriums der auswärtigen An- gelegenheiten große Thätigkeit. Prinz Friedrich fuhr um 4 Uhr Morgens daselbst vor und ver- weilte bis 5 Uhr, um welche Zeit zwei Couriere abgesandt wurden. Der eine nach Wien, der an- dere nach Berlin. Wichtige Ereignisse stehen be- vor. Der Minister des Jnnern, Frhr. v. Mar- schall soll heute Nacht seine Entlassung eingereicht haben; sie wurde jedoch vom Großherzog nicht angenommen. -- Nachschrift. So eben geht mir durch besondere Gelegenheit die Nachricht zu, die in Bregenz liegenden k. k. österr. Truppen hätten Marschbefehl erhalten. Karlsruhe, 28. Okt. Ueber die geheime Sitzung unserer ersten Kammer, welche den Rück- tritt v. Klübers entschied, bin ich in der Lage, folgende Einzelheiten mittheilen zu können. Herr Klüber trat sowohl dem Mehrheits= als Minder- heitsantrage der ersten Kammer entgegen, indem er behauptete: „er müsse bei der bisherigen Po- litik verharren, auch wenn ihn der Fluch des Landes treffen sollte.“ Mehrere Mitglieder der Kammer, welche sich durch ihr muthvolles Auf- treten in dieser zur Lebensfrage unseres so arg heimgesuchten Landes den tiefsten Dank des badischen Volkes erworben haben, darunter namentlich der Frhr. v. Ringk, und die Hrn. v. Hirscher und Lauer traten dem Minister Klü- ber lebhaft entgegen, und wiesen nach, wie bei längerer Fortdauer der gegenwärtigen Verhältnisse Baden nicht nur dem bereits eingetretenen mate- riellen Ruine vollständig verfallen, sondern auch der badische Staat von Grund aus gefährdet werde. -- So wenig wir von der gegenwärtigen fast ganz aus Gothaern zusammengesetzten zwei- ten Kammer erwarten dürfen, daß sie der be- schlossenen Adresse vollständig beitreten werde, so hat die Entschiedenheit der ersten Kammer doch die so folgenreiche Krisis herbeigeführt, und uns von einem Ministerium befreit, dessen Ergeben- heit an Preußen und Aufopferung aller unserer Jnteressen, bereits das Unglaubliche in Baden voll- bracht hat. -- Hr. v. Rüdt gehört der groß- deutschen Richtung an und wir hoffen, er werde energisch alle die vielen Ouellen unseres Elendes zu verschließen trachten und Baden seine natür- liche Stellung in Deutschland wieder geben. Wir hoffen vor Allem, daß er die unzähligen in die Staatsverwaltung blos ihrer Klüberschen Gesin- nung wegen gezogenen Elemente zu beseitigen und jenen Männern Genugthuung zu verschaffen wissen werde, welche auf allen Wegen verfolgt worden sind, weil sie ihrer bessern Ueberzeugung, der gro- ßen deutschen Richtung treu geblieben sind. -- ( K. Z. ) Berlin, 26. Okt. Heute Morgens um 10 Uhr fand eine Plenarsitzung des Staatsministe- riums statt. Neu angekommene Depeschen aus Warschau sollen den Grund der Berathung ge- bildet haben. Gut unterrichtete Personen sind ver- sicher, daß die Warschauer Depeschen keineswegs angenehmen Jnhalts seien, vielmehr sollen fast sämmtliche Anträge des Grafen von Brandenburg durchaus keine günstige Erledigung gefunden ha- ben. Man bezeichnet heute Abends die „freien Conferenzen“ als abgelehnt, und soll jeder Bo- den der Unterhandlung auf die Allianzverträge zurückgewiesen sein. -- Der dem Grafen v. d. Gröben ertheilte Befehl, die Bayern, sobald sie den kurhessischen Boden betreten, zurückzuwerfen, ist aber in Kraft getreten. ( K. Z. ) England. * London, 25. Okt. Der ministerielle „Globe“ bespricht in einem Leitartikel die traurigen Zu- stände in Schleswig=Holstein, welche auf eine so bedauerungswürdige Weise die falsche Politik Preußens herbeigeführt habe, und bis auf den heutigen Tag noch mehr zu verwickeln suche, in- dem er unter Anderem sagt: Kann behauptet werden, daß Preußen mittlerweile sein Möglichstes oder überhaupt etwas gethan habe, den abgeschlos- senen Vertrag auszuführen? General Willisen, der Befehlshaber des Jnsurgentenheeres, ist ein Preuße. Nicht ein Tag vergeht, daß man nicht ein paar hundert preußische Soldaten in voller Uniform die Grenze überschreiten sieht, um sich in die holsteinische Armee einreihen zu lassen. 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Tief bedauern wir, daß die preußische Regierung übersehen hat, wie ihre Connivenz gegenüber dem fortgesetzten Krieg in Holstein die englischen Sympathieen ihr

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 260. Würzburg, 30. Oktober 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische260_1850/2>, abgerufen am 23.04.2024.