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Die Bayerische Presse. Nr. 242. Würzburg, 9. Oktober 1850.

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[Spaltenumbruch] daß, wie aus dem Commissionsbericht erkennbar
ist, der Geist der badischen Soldaten und das
kameradschaftliche Verhältniß zwischen Offizieren
und Soldaten schon jetzt so sehr sich entwickeln
konnte, daß unsere im Lande verbliebenen Trup-
pen -- etwa 3000 Mann -- ihre Erziehung in
Preußen nicht mehr nöthig hätten. -- Diese Frage,
sowie die damit zusammenhängende über das Wie-
dereinführen der Prügelstrafe, fand aber schon nach
der frühern Versicherung des Hrn. v. Baggenbach
die Erledigung, indem er das Verhalten der ba-
dischen Truppen unter sich, wie gegen ihre Quar-
tierträger öffentlich über alles lobend erhob und
zudem zu erwarten steht, daß er keine Jnhumani-
tät der Offiziere gegen seine Soldaten dulden
wird. Ohne Zweifel ist zu den Notizen die im
Bericht vom Kriegsrath Vogelmann geliefert wur-
den, über den Unterschied der Vergütungsansätze
für Service, Fourage und Brod, welche, weil man
in Baden diese Dinge theuerer bezahlt, als in
Preußen, einen großen Mehraufwand für Baden
bilden, auch das weitere Bedenken gekommen, daß
die nicht einkasernirten Truppen der Preußen, die
in 7 Compagnien, also über 1400 Mann beste-
hen, zuerst zurückgezogen werden sollten, daß über-
haupt die Besetzung Badens nur an den Kaser-
nenplätzen stattfinden und die übrigen Orte frei
bleiben sollten. Man könnte so den Geist des
Landes besser entdecken und gegen Excesse wären
Executionsbataillone stets bereit. Diejenigen, wel-
che aus finanziellen Gründen, auf ein Mehreres
als im Commissionsantrag enthalten ist, dringen
wollten, worunter nach Aeußerungen in den frühe-
ren Commissionssitzungen der Abgeordnete Hoff-
mann gehören wird, konnten hervorheben, daß
Baden laut dem Militärvertrag wenigstens 10,000
Mann Badener oder Preußen bereit halten und
bezahlen muß, während der bundesmäßige Prä-
sentstand nur 6000 Mann beträgt. Bleibe es
beim Militärvertrag, so habe Baden für diesen
Winter noch für 180,000 fl. Wolldecken anzu-
schaffen, bezahlt das Brod um 100,000 fl. jähr-
lich theuerer, als es die Preußen nach den Main-
zer Tarifsätzen vergüten und die Verköstigung der
1400 Mann nicht einkasernirter preußischer Trup-
pen kosteten in Baden einen Zuschuß von jährlich
etwa 50,000 fl. über die Vergütungssumme die
Preußen an die Kostgeber zu bezahlen habe. Diese
Kosten, könnte man denken, wären zu ersparen,
wenn Baden auf seinen eigenen Füßen stände und
nur seine eigenen Truppen im alten Präsentstand
hielte. Hiegegen wurde von "Kennern der höhern
Staatsverhältnisse" hervorgehoben, daß die finan-
zielle Frage in den Hintergrund gehöre, wo es
sich um das "Dasein" handle und nicht blos um
eine "ärmliche Selbstständigkeit, wie sie die klei-
nen Staaten seit 30 Jahren zu haben scheinen".
"Auch wäre in letzterer Beziehung bei Württem-
berg, Sachsen, Hessen ec. nur der Unterschied,
daß die Preußen in Baden stehen, die württem-
bergische, sächsische und hessische Occupation in
Vorarlberg, Böhmen und bei Kreuznach. Denn
kleine Staaten könnten sich nicht aufrecht zwischen
Großstaaten stellen, sie müßten sich an den einen
oder andern halten. Das Jnteresse der Großen
diktire die Politik der kleinen und in Preußen
werde es wohl noch andere Rechner geben, als
der Finanzminister, und die edle Berechnung ein-
leuchten, daß das Jnteresse Preußens als Groß-
staat einen Zusammenhang mit Baden gebieterisch
erheische, so wie umgekehrt das Geschick Badens
an das des preußischen Culturstaates der allein
schon die Hälfte Deutschlands ausmache, geknüpft
sei u. nicht, selbst nicht in dem Militärvertrag gelöst
werden dürfte." Diese politische Auffassung der
vorliegenden Frage hat in der großdeutschen Par-
tei der Kammer eine entschiedene Widerlegung ge-
funden.    ( Schluß folgt. )

^ Aus Baden, 6. Okt. Von der Bundesbehörde
in Bern ist an die Großh. bad. Regierung eine
Note ergangen, worin Genugthuung für die Ge-
bietsverletzung bei Schaffhausen verlangt wird.

^ Karlsruhe, 6. Okt. Kammerbericht.
Bei Eröffnung der Sitzung der zweiten Kam-
[Spaltenumbruch] mer unter dem Vorsitze des Präsidenten Beck
bringt der Abgeordnete Matty seine Jnterpel-
lation, die Rückbehaltung der Zölle fürs 2.
Quartal 1850 von Seite des k. p. Finanzmini-
steriums vor. Finanzminister Angenauer beantwor-
tet dieselbe dahin, daß nach einer Mittheilung des
k. p. Finanzministers allerdings auch der Zollbe-
trag von 34,550 Thaler für das 2. Quartal
1850 wieder zurückbehalten worden sei, weil Preu-
ßen von uns eine Entschädigungsforderung zu
machen habe. Die Regierung habe nicht ver-
säumt die geeignete Schritte zu dieser Sache
zu thun und werde dieselbe ganz nach dem
Kammerbeschluß vom 28. Sept. fortsetzen. --
Matthy glaubt sich damit nicht zufrieden geben
zu dürfen, und stellt den Antrag, die Sache der
Budgetkommission zur Berathung zu überweisen,
damit diese der Kammer Vorlage darüber machen
könne. Dieser Antrag wurde einstimmig ange-
nommen. Sofort richtete der Abgeordnete Jung-
hanns seine gestern angezeigte Jnterpellation we-
gen der rheinpfälzischen Staatsschuld an den Fi-
nanzminister. Regenauer erwidert, die großherzogl.
bad. Regierung habe nie unterlassen, diese Forde-
rung geltend zu machen u. alle möglichen Schritte
angewendet, jedoch vergebens; jetzt werde nach der
Austraegalordnung weiter verfahren werden. Nach-
dem noch der Abgeordnete Häusser eine Jnterpel-
lation wegen des Kriegszustandes angezeigt, wird
zur Abstimmung über das ganze Gesetz, die Ci-
vilprozeßordnung betreffend, geschritten und dasselbe
mit allen gegen 2 Stimmen ( Soiron und Weller )
angenommen.

Aus Thüringen, 2. Okt. Nicht minder inte-
ressant ist es, wie gerade in dem als treue Ge-
nossin der Union geltenden Staaten sich die ge-
mäßigt liberale Presse über das Verhalten Preu-
ßens in der kurhessischen Frage äußert. So heißt
es, z. B. dieserhalb in den vielgelesenen " Deut-
schen Blättern aus Thüringen": "Will Preußen
etwa in seiner Feindseligkeit gegen den Bund zu
Gunsten der hessischen Demokratie einschreiten?
Jn welche Lage setzte es sich dadurch? Die ganze
Steuerverweigerungscomödie wird sich noch in
manchen anderen Staaten wiederholen; die De-
mokratie wird sich tüchtig auf Kassel beziehen und
aus dem Verlauf der Begebenheiten beweisen, daß
es gar keines Oberhauptes im Staate bedürfe,
um Ruhe und Ordnung zu handhaben. Oder
Preußen und die Union wollen bei ihrem Ein-
schreiten in die hessischen Verhältnisse ganz das-
selbe, was der deutsche Bund will, die Demokra-
tie nämlich in die gesetzlichen Schranken weisen.
Warum aber dann nicht offen mit dem Bund
Hand in Hand gehen; warum ihn noch immer
durch den Nichthinzutritt schwächen? Liegt darin
nicht wieder das Geständniß, daß die Union etwas
anderes, als das Beste des allgemeinen Vater-
landes beabsichtige.

Hannover, 3. Okt. Es erscheint doch nicht
ganz überflüssig, das Zeitungspublikum über die
Bedeutung der Anwesenheit Herrn Detmolds in
Hannover aufzuklären: Die Freude, welche man
von der einen, sowie die Besorgniß, welche man
von der andern Seite daran geknüpft hat, sind
gleich überflüssig gewesen. Herr Detmold ist ein-
fach deßhalb hierher berufen worden, um mit ihm
über die brennenden Fragen des Augenblicks per-
sönliche Rücksprache nehmen zu können, und ihm
für gewisse Eventualitaten die geeigneten Jnstruk-
tionen zu geben. Läugnen läßt sich nicht, daß
allerdings in unserer Stadt das Gerücht geht,
Herr Detmold sei hier, um sich wegen eigenmäch-
tigen Vorgehens in der kurhessischen Frage zu
rechtfertigen. Allein der Ungrund dieses Gerüchts
liegt auf der Hand. Denn es würde in der That
fast ebenso unverantwortlich gewesen sein, wenn
Herr Stüve den hannöverschen Bevollmächtigten
in einem solchen Augenblicke ohne genügende Jn-
struktion gelassen hätte, als wenn Herr Detmold
eigenmächtig auf dem Wege vorgeschritten wäre,
welchen das Bundesrecht seiner Regierung doch
mit Nothwendigkeit vorschrieb.

   
[Spaltenumbruch]
Frankreich.

* Straßburg, 6. Okt. Seine königl. Hoheit
der Großherzog Leopold von Baden haben dem
Verfasser der Geschichte der Germanen Hrn. v.
Ring die Jnsignien des Ritterordens vom Zäh-
ringer Löwen nebst einem huldvollen Handschrei-
ben überschickt. Es ist dies ein Beweis von dem
Jnteresse, welches dieses Werk, das im Jnteresse
der französischen Wissenschaft geschrieben ist, auch
jenseits des Rheins findet. -- Großes Aufsehen
erregt die von Seite der großh. bad. Behörde
erfolgte Verhaftung eines französischen Beamten,
eines Notars, wegen angeblichen Jagens auf ba-
dischem Gebiet. Die Behörde in Neubreisach hat
sogleich bei der badischen Regierung die nöthigen
Schritte für die Freilassung des Verhafteten ge-
than.

Jtalien.

Die Nachrichten aus Turin reichen bis zum
28. Sept. Es wird unsern Lesern noch im fri-
schen Angedenken sein, was man nicht alles auf-
geboten hat, um an dem Hochwürdigsten Erzbi-
schof Msgr. Fransoni irgend etwas zu finden, wo-
rauf man eine Anklage begründen könne. Was
ist bei einem solchen Verfahren nicht alles mög-
lich? Der Erzbischof ist vor der weltlichen Be-
hörde -- wegen Mißbrauch in kirchlichen Dingen
-- mit 13 gegen 1 Stimme zur sofortigen und
ewigen Verbannung und zum Verluste aller seiner
Güter verurtheilt worden. Gleich nach diesem
zu Turin gefällten Urtheilsspruche wurden drei
Gensdarmen nach Fenestrelle geschickt, um den
Hochwürdigsten Erzbischof über die Grenze zu
transportiren. Die That ist himmelschreiend und
verabscheuungswürdig, und es bedarf weiter keiner
Worte. -- Das halbamtliche "Pouvoir" enthält
über die piemontessische Angelegenheit einen sehr
bemerkenswerthen Artikel, aus welchem wir nach-
folgend Einiges mittheilen: Daß Demagogen und
Atheisten solche Werke vollführen, ist begreiflich.
Die Philosophen des 18. Jahrhunderts, welche
von den Jesuiten bekämpft, von den Parlamenten
beschützt wurden, benutzten den von den Parla-
menten und den Jansenisten gemeinschaftlich den
Jesuiten erklärten Krieg, um diese furchtbare und
berühmte Gesellschaft zu vernichten. Dann hatte
man doch einen starken Feind weniger; denn die
Jesuiten sind eine Schaar von Soldaten, wie
d'Alembert sagte, und die Jansenisten ec. nur
Guerillahaufen und Kosaken. Mag man den
Papst auch für schwach halten; er ist doch ein so
fürchterlicher Gegner, als daß man es wagte, ihn
direkt und mit eigener Kraft anzugreifen. Das
haben die Revolutionäre zu Rom erfahren. Der
fliehende Papst hat sie besiegt und in alle Welt
zerstreut. Die philosophischen Marquis und Abbe's
schätzen sich daher glücklich, einen jungen König
gefunden zu haben, der für sie die Kohlen aus
dem Feuer holen soll. Man sollte kaum glauben,
wie sich die Gemäßigten so täuschen lassen könn-
ten. Jst es nicht traurig, daß man den Katho-
liken eine so klare, so elementare Wahrheit wie-
derholen muß, als die ist: der Papst ist der Kö-
nig des Katholicismus; wo nur Katholiken sind,
da regiert und herrscht er, nicht für sich, sondern
für seine Getreuen, für seine Kinder. Der Papst
ist König zu Turin, zu Paris, zu Wien ec.; sein
Königreich ist wirklicher, solider, älter und dauer-
hafter, als alle Reiche der Welt, denn es ist auf
den freiwilligen Gehorsam, auf die Achtung, die
Zärtlichkeit und die Anhänglichkeit der Katholiken
gegründet. Vom Papste, vom Bischofe verlangt
man den Segen, was aber von den Königen?
Der Papst hat also auch die Gesetze des Katho-
licismus zu überwachen. Er hat nicht allein das
Recht, es ist obendrein seine Pflicht, für die Jn-
teressen des Katholicismus zu sorgen. Die Re-
gierungen haben diese erhabene Herrschaft ge-
wissermaßen mit einem neidischen Auge angesehen,
trotz aller Versuche hat keine gegen den überwind-
lichen Felsen etwas vermocht. Die Völker kom-
men zuletzt immer zur Einsicht, und wissen wohl,
daß auch der Papst ihr Oberhaupt ist. Für ei-

[Spaltenumbruch] daß, wie aus dem Commissionsbericht erkennbar
ist, der Geist der badischen Soldaten und das
kameradschaftliche Verhältniß zwischen Offizieren
und Soldaten schon jetzt so sehr sich entwickeln
konnte, daß unsere im Lande verbliebenen Trup-
pen -- etwa 3000 Mann -- ihre Erziehung in
Preußen nicht mehr nöthig hätten. -- Diese Frage,
sowie die damit zusammenhängende über das Wie-
dereinführen der Prügelstrafe, fand aber schon nach
der frühern Versicherung des Hrn. v. Baggenbach
die Erledigung, indem er das Verhalten der ba-
dischen Truppen unter sich, wie gegen ihre Quar-
tierträger öffentlich über alles lobend erhob und
zudem zu erwarten steht, daß er keine Jnhumani-
tät der Offiziere gegen seine Soldaten dulden
wird. Ohne Zweifel ist zu den Notizen die im
Bericht vom Kriegsrath Vogelmann geliefert wur-
den, über den Unterschied der Vergütungsansätze
für Service, Fourage und Brod, welche, weil man
in Baden diese Dinge theuerer bezahlt, als in
Preußen, einen großen Mehraufwand für Baden
bilden, auch das weitere Bedenken gekommen, daß
die nicht einkasernirten Truppen der Preußen, die
in 7 Compagnien, also über 1400 Mann beste-
hen, zuerst zurückgezogen werden sollten, daß über-
haupt die Besetzung Badens nur an den Kaser-
nenplätzen stattfinden und die übrigen Orte frei
bleiben sollten. Man könnte so den Geist des
Landes besser entdecken und gegen Excesse wären
Executionsbataillone stets bereit. Diejenigen, wel-
che aus finanziellen Gründen, auf ein Mehreres
als im Commissionsantrag enthalten ist, dringen
wollten, worunter nach Aeußerungen in den frühe-
ren Commissionssitzungen der Abgeordnete Hoff-
mann gehören wird, konnten hervorheben, daß
Baden laut dem Militärvertrag wenigstens 10,000
Mann Badener oder Preußen bereit halten und
bezahlen muß, während der bundesmäßige Prä-
sentstand nur 6000 Mann beträgt. Bleibe es
beim Militärvertrag, so habe Baden für diesen
Winter noch für 180,000 fl. Wolldecken anzu-
schaffen, bezahlt das Brod um 100,000 fl. jähr-
lich theuerer, als es die Preußen nach den Main-
zer Tarifsätzen vergüten und die Verköstigung der
1400 Mann nicht einkasernirter preußischer Trup-
pen kosteten in Baden einen Zuschuß von jährlich
etwa 50,000 fl. über die Vergütungssumme die
Preußen an die Kostgeber zu bezahlen habe. Diese
Kosten, könnte man denken, wären zu ersparen,
wenn Baden auf seinen eigenen Füßen stände und
nur seine eigenen Truppen im alten Präsentstand
hielte. Hiegegen wurde von „Kennern der höhern
Staatsverhältnisse“ hervorgehoben, daß die finan-
zielle Frage in den Hintergrund gehöre, wo es
sich um das „Dasein“ handle und nicht blos um
eine „ärmliche Selbstständigkeit, wie sie die klei-
nen Staaten seit 30 Jahren zu haben scheinen“.
„Auch wäre in letzterer Beziehung bei Württem-
berg, Sachsen, Hessen ec. nur der Unterschied,
daß die Preußen in Baden stehen, die württem-
bergische, sächsische und hessische Occupation in
Vorarlberg, Böhmen und bei Kreuznach. Denn
kleine Staaten könnten sich nicht aufrecht zwischen
Großstaaten stellen, sie müßten sich an den einen
oder andern halten. Das Jnteresse der Großen
diktire die Politik der kleinen und in Preußen
werde es wohl noch andere Rechner geben, als
der Finanzminister, und die edle Berechnung ein-
leuchten, daß das Jnteresse Preußens als Groß-
staat einen Zusammenhang mit Baden gebieterisch
erheische, so wie umgekehrt das Geschick Badens
an das des preußischen Culturstaates der allein
schon die Hälfte Deutschlands ausmache, geknüpft
sei u. nicht, selbst nicht in dem Militärvertrag gelöst
werden dürfte.“ Diese politische Auffassung der
vorliegenden Frage hat in der großdeutschen Par-
tei der Kammer eine entschiedene Widerlegung ge-
funden.    ( Schluß folgt. )

△ Aus Baden, 6. Okt. Von der Bundesbehörde
in Bern ist an die Großh. bad. Regierung eine
Note ergangen, worin Genugthuung für die Ge-
bietsverletzung bei Schaffhausen verlangt wird.

△ Karlsruhe, 6. Okt. Kammerbericht.
Bei Eröffnung der Sitzung der zweiten Kam-
[Spaltenumbruch] mer unter dem Vorsitze des Präsidenten Beck
bringt der Abgeordnete Matty seine Jnterpel-
lation, die Rückbehaltung der Zölle fürs 2.
Quartal 1850 von Seite des k. p. Finanzmini-
steriums vor. Finanzminister Angenauer beantwor-
tet dieselbe dahin, daß nach einer Mittheilung des
k. p. Finanzministers allerdings auch der Zollbe-
trag von 34,550 Thaler für das 2. Quartal
1850 wieder zurückbehalten worden sei, weil Preu-
ßen von uns eine Entschädigungsforderung zu
machen habe. Die Regierung habe nicht ver-
säumt die geeignete Schritte zu dieser Sache
zu thun und werde dieselbe ganz nach dem
Kammerbeschluß vom 28. Sept. fortsetzen. --
Matthy glaubt sich damit nicht zufrieden geben
zu dürfen, und stellt den Antrag, die Sache der
Budgetkommission zur Berathung zu überweisen,
damit diese der Kammer Vorlage darüber machen
könne. Dieser Antrag wurde einstimmig ange-
nommen. Sofort richtete der Abgeordnete Jung-
hanns seine gestern angezeigte Jnterpellation we-
gen der rheinpfälzischen Staatsschuld an den Fi-
nanzminister. Regenauer erwidert, die großherzogl.
bad. Regierung habe nie unterlassen, diese Forde-
rung geltend zu machen u. alle möglichen Schritte
angewendet, jedoch vergebens; jetzt werde nach der
Austraegalordnung weiter verfahren werden. Nach-
dem noch der Abgeordnete Häusser eine Jnterpel-
lation wegen des Kriegszustandes angezeigt, wird
zur Abstimmung über das ganze Gesetz, die Ci-
vilprozeßordnung betreffend, geschritten und dasselbe
mit allen gegen 2 Stimmen ( Soiron und Weller )
angenommen.

Aus Thüringen, 2. Okt. Nicht minder inte-
ressant ist es, wie gerade in dem als treue Ge-
nossin der Union geltenden Staaten sich die ge-
mäßigt liberale Presse über das Verhalten Preu-
ßens in der kurhessischen Frage äußert. So heißt
es, z. B. dieserhalb in den vielgelesenen „ Deut-
schen Blättern aus Thüringen“: „Will Preußen
etwa in seiner Feindseligkeit gegen den Bund zu
Gunsten der hessischen Demokratie einschreiten?
Jn welche Lage setzte es sich dadurch? Die ganze
Steuerverweigerungscomödie wird sich noch in
manchen anderen Staaten wiederholen; die De-
mokratie wird sich tüchtig auf Kassel beziehen und
aus dem Verlauf der Begebenheiten beweisen, daß
es gar keines Oberhauptes im Staate bedürfe,
um Ruhe und Ordnung zu handhaben. Oder
Preußen und die Union wollen bei ihrem Ein-
schreiten in die hessischen Verhältnisse ganz das-
selbe, was der deutsche Bund will, die Demokra-
tie nämlich in die gesetzlichen Schranken weisen.
Warum aber dann nicht offen mit dem Bund
Hand in Hand gehen; warum ihn noch immer
durch den Nichthinzutritt schwächen? Liegt darin
nicht wieder das Geständniß, daß die Union etwas
anderes, als das Beste des allgemeinen Vater-
landes beabsichtige.

Hannover, 3. Okt. Es erscheint doch nicht
ganz überflüssig, das Zeitungspublikum über die
Bedeutung der Anwesenheit Herrn Detmolds in
Hannover aufzuklären: Die Freude, welche man
von der einen, sowie die Besorgniß, welche man
von der andern Seite daran geknüpft hat, sind
gleich überflüssig gewesen. Herr Detmold ist ein-
fach deßhalb hierher berufen worden, um mit ihm
über die brennenden Fragen des Augenblicks per-
sönliche Rücksprache nehmen zu können, und ihm
für gewisse Eventualitaten die geeigneten Jnstruk-
tionen zu geben. Läugnen läßt sich nicht, daß
allerdings in unserer Stadt das Gerücht geht,
Herr Detmold sei hier, um sich wegen eigenmäch-
tigen Vorgehens in der kurhessischen Frage zu
rechtfertigen. Allein der Ungrund dieses Gerüchts
liegt auf der Hand. Denn es würde in der That
fast ebenso unverantwortlich gewesen sein, wenn
Herr Stüve den hannöverschen Bevollmächtigten
in einem solchen Augenblicke ohne genügende Jn-
struktion gelassen hätte, als wenn Herr Detmold
eigenmächtig auf dem Wege vorgeschritten wäre,
welchen das Bundesrecht seiner Regierung doch
mit Nothwendigkeit vorschrieb.

   
[Spaltenumbruch]
Frankreich.

* Straßburg, 6. Okt. Seine königl. Hoheit
der Großherzog Leopold von Baden haben dem
Verfasser der Geschichte der Germanen Hrn. v.
Ring die Jnsignien des Ritterordens vom Zäh-
ringer Löwen nebst einem huldvollen Handschrei-
ben überschickt. Es ist dies ein Beweis von dem
Jnteresse, welches dieses Werk, das im Jnteresse
der französischen Wissenschaft geschrieben ist, auch
jenseits des Rheins findet. -- Großes Aufsehen
erregt die von Seite der großh. bad. Behörde
erfolgte Verhaftung eines französischen Beamten,
eines Notars, wegen angeblichen Jagens auf ba-
dischem Gebiet. Die Behörde in Neubreisach hat
sogleich bei der badischen Regierung die nöthigen
Schritte für die Freilassung des Verhafteten ge-
than.

Jtalien.

Die Nachrichten aus Turin reichen bis zum
28. Sept. Es wird unsern Lesern noch im fri-
schen Angedenken sein, was man nicht alles auf-
geboten hat, um an dem Hochwürdigsten Erzbi-
schof Msgr. Fransoni irgend etwas zu finden, wo-
rauf man eine Anklage begründen könne. Was
ist bei einem solchen Verfahren nicht alles mög-
lich? Der Erzbischof ist vor der weltlichen Be-
hörde -- wegen Mißbrauch in kirchlichen Dingen
-- mit 13 gegen 1 Stimme zur sofortigen und
ewigen Verbannung und zum Verluste aller seiner
Güter verurtheilt worden. Gleich nach diesem
zu Turin gefällten Urtheilsspruche wurden drei
Gensdarmen nach Fenestrelle geschickt, um den
Hochwürdigsten Erzbischof über die Grenze zu
transportiren. Die That ist himmelschreiend und
verabscheuungswürdig, und es bedarf weiter keiner
Worte. -- Das halbamtliche „Pouvoir“ enthält
über die piemontessische Angelegenheit einen sehr
bemerkenswerthen Artikel, aus welchem wir nach-
folgend Einiges mittheilen: Daß Demagogen und
Atheisten solche Werke vollführen, ist begreiflich.
Die Philosophen des 18. Jahrhunderts, welche
von den Jesuiten bekämpft, von den Parlamenten
beschützt wurden, benutzten den von den Parla-
menten und den Jansenisten gemeinschaftlich den
Jesuiten erklärten Krieg, um diese furchtbare und
berühmte Gesellschaft zu vernichten. Dann hatte
man doch einen starken Feind weniger; denn die
Jesuiten sind eine Schaar von Soldaten, wie
d'Alembert sagte, und die Jansenisten ec. nur
Guerillahaufen und Kosaken. Mag man den
Papst auch für schwach halten; er ist doch ein so
fürchterlicher Gegner, als daß man es wagte, ihn
direkt und mit eigener Kraft anzugreifen. Das
haben die Revolutionäre zu Rom erfahren. Der
fliehende Papst hat sie besiegt und in alle Welt
zerstreut. Die philosophischen Marquis und Abbe's
schätzen sich daher glücklich, einen jungen König
gefunden zu haben, der für sie die Kohlen aus
dem Feuer holen soll. Man sollte kaum glauben,
wie sich die Gemäßigten so täuschen lassen könn-
ten. Jst es nicht traurig, daß man den Katho-
liken eine so klare, so elementare Wahrheit wie-
derholen muß, als die ist: der Papst ist der Kö-
nig des Katholicismus; wo nur Katholiken sind,
da regiert und herrscht er, nicht für sich, sondern
für seine Getreuen, für seine Kinder. Der Papst
ist König zu Turin, zu Paris, zu Wien ec.; sein
Königreich ist wirklicher, solider, älter und dauer-
hafter, als alle Reiche der Welt, denn es ist auf
den freiwilligen Gehorsam, auf die Achtung, die
Zärtlichkeit und die Anhänglichkeit der Katholiken
gegründet. Vom Papste, vom Bischofe verlangt
man den Segen, was aber von den Königen?
Der Papst hat also auch die Gesetze des Katho-
licismus zu überwachen. Er hat nicht allein das
Recht, es ist obendrein seine Pflicht, für die Jn-
teressen des Katholicismus zu sorgen. Die Re-
gierungen haben diese erhabene Herrschaft ge-
wissermaßen mit einem neidischen Auge angesehen,
trotz aller Versuche hat keine gegen den überwind-
lichen Felsen etwas vermocht. Die Völker kom-
men zuletzt immer zur Einsicht, und wissen wohl,
daß auch der Papst ihr Oberhaupt ist. Für ei-

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[0003] daß, wie aus dem Commissionsbericht erkennbar ist, der Geist der badischen Soldaten und das kameradschaftliche Verhältniß zwischen Offizieren und Soldaten schon jetzt so sehr sich entwickeln konnte, daß unsere im Lande verbliebenen Trup- pen -- etwa 3000 Mann -- ihre Erziehung in Preußen nicht mehr nöthig hätten. -- Diese Frage, sowie die damit zusammenhängende über das Wie- dereinführen der Prügelstrafe, fand aber schon nach der frühern Versicherung des Hrn. v. Baggenbach die Erledigung, indem er das Verhalten der ba- dischen Truppen unter sich, wie gegen ihre Quar- tierträger öffentlich über alles lobend erhob und zudem zu erwarten steht, daß er keine Jnhumani- tät der Offiziere gegen seine Soldaten dulden wird. Ohne Zweifel ist zu den Notizen die im Bericht vom Kriegsrath Vogelmann geliefert wur- den, über den Unterschied der Vergütungsansätze für Service, Fourage und Brod, welche, weil man in Baden diese Dinge theuerer bezahlt, als in Preußen, einen großen Mehraufwand für Baden bilden, auch das weitere Bedenken gekommen, daß die nicht einkasernirten Truppen der Preußen, die in 7 Compagnien, also über 1400 Mann beste- hen, zuerst zurückgezogen werden sollten, daß über- haupt die Besetzung Badens nur an den Kaser- nenplätzen stattfinden und die übrigen Orte frei bleiben sollten. Man könnte so den Geist des Landes besser entdecken und gegen Excesse wären Executionsbataillone stets bereit. Diejenigen, wel- che aus finanziellen Gründen, auf ein Mehreres als im Commissionsantrag enthalten ist, dringen wollten, worunter nach Aeußerungen in den frühe- ren Commissionssitzungen der Abgeordnete Hoff- mann gehören wird, konnten hervorheben, daß Baden laut dem Militärvertrag wenigstens 10,000 Mann Badener oder Preußen bereit halten und bezahlen muß, während der bundesmäßige Prä- sentstand nur 6000 Mann beträgt. Bleibe es beim Militärvertrag, so habe Baden für diesen Winter noch für 180,000 fl. Wolldecken anzu- schaffen, bezahlt das Brod um 100,000 fl. jähr- lich theuerer, als es die Preußen nach den Main- zer Tarifsätzen vergüten und die Verköstigung der 1400 Mann nicht einkasernirter preußischer Trup- pen kosteten in Baden einen Zuschuß von jährlich etwa 50,000 fl. über die Vergütungssumme die Preußen an die Kostgeber zu bezahlen habe. Diese Kosten, könnte man denken, wären zu ersparen, wenn Baden auf seinen eigenen Füßen stände und nur seine eigenen Truppen im alten Präsentstand hielte. Hiegegen wurde von „Kennern der höhern Staatsverhältnisse“ hervorgehoben, daß die finan- zielle Frage in den Hintergrund gehöre, wo es sich um das „Dasein“ handle und nicht blos um eine „ärmliche Selbstständigkeit, wie sie die klei- nen Staaten seit 30 Jahren zu haben scheinen“. „Auch wäre in letzterer Beziehung bei Württem- berg, Sachsen, Hessen ec. nur der Unterschied, daß die Preußen in Baden stehen, die württem- bergische, sächsische und hessische Occupation in Vorarlberg, Böhmen und bei Kreuznach. Denn kleine Staaten könnten sich nicht aufrecht zwischen Großstaaten stellen, sie müßten sich an den einen oder andern halten. Das Jnteresse der Großen diktire die Politik der kleinen und in Preußen werde es wohl noch andere Rechner geben, als der Finanzminister, und die edle Berechnung ein- leuchten, daß das Jnteresse Preußens als Groß- staat einen Zusammenhang mit Baden gebieterisch erheische, so wie umgekehrt das Geschick Badens an das des preußischen Culturstaates der allein schon die Hälfte Deutschlands ausmache, geknüpft sei u. nicht, selbst nicht in dem Militärvertrag gelöst werden dürfte.“ Diese politische Auffassung der vorliegenden Frage hat in der großdeutschen Par- tei der Kammer eine entschiedene Widerlegung ge- funden. ( Schluß folgt. ) △ Aus Baden, 6. Okt. Von der Bundesbehörde in Bern ist an die Großh. bad. Regierung eine Note ergangen, worin Genugthuung für die Ge- bietsverletzung bei Schaffhausen verlangt wird. △ Karlsruhe, 6. Okt. Kammerbericht. Bei Eröffnung der Sitzung der zweiten Kam- mer unter dem Vorsitze des Präsidenten Beck bringt der Abgeordnete Matty seine Jnterpel- lation, die Rückbehaltung der Zölle fürs 2. Quartal 1850 von Seite des k. p. Finanzmini- steriums vor. Finanzminister Angenauer beantwor- tet dieselbe dahin, daß nach einer Mittheilung des k. p. Finanzministers allerdings auch der Zollbe- trag von 34,550 Thaler für das 2. Quartal 1850 wieder zurückbehalten worden sei, weil Preu- ßen von uns eine Entschädigungsforderung zu machen habe. Die Regierung habe nicht ver- säumt die geeignete Schritte zu dieser Sache zu thun und werde dieselbe ganz nach dem Kammerbeschluß vom 28. Sept. fortsetzen. -- Matthy glaubt sich damit nicht zufrieden geben zu dürfen, und stellt den Antrag, die Sache der Budgetkommission zur Berathung zu überweisen, damit diese der Kammer Vorlage darüber machen könne. Dieser Antrag wurde einstimmig ange- nommen. Sofort richtete der Abgeordnete Jung- hanns seine gestern angezeigte Jnterpellation we- gen der rheinpfälzischen Staatsschuld an den Fi- nanzminister. Regenauer erwidert, die großherzogl. bad. Regierung habe nie unterlassen, diese Forde- rung geltend zu machen u. alle möglichen Schritte angewendet, jedoch vergebens; jetzt werde nach der Austraegalordnung weiter verfahren werden. Nach- dem noch der Abgeordnete Häusser eine Jnterpel- lation wegen des Kriegszustandes angezeigt, wird zur Abstimmung über das ganze Gesetz, die Ci- vilprozeßordnung betreffend, geschritten und dasselbe mit allen gegen 2 Stimmen ( Soiron und Weller ) angenommen. Aus Thüringen, 2. Okt. Nicht minder inte- ressant ist es, wie gerade in dem als treue Ge- nossin der Union geltenden Staaten sich die ge- mäßigt liberale Presse über das Verhalten Preu- ßens in der kurhessischen Frage äußert. So heißt es, z. B. dieserhalb in den vielgelesenen „ Deut- schen Blättern aus Thüringen“: „Will Preußen etwa in seiner Feindseligkeit gegen den Bund zu Gunsten der hessischen Demokratie einschreiten? Jn welche Lage setzte es sich dadurch? Die ganze Steuerverweigerungscomödie wird sich noch in manchen anderen Staaten wiederholen; die De- mokratie wird sich tüchtig auf Kassel beziehen und aus dem Verlauf der Begebenheiten beweisen, daß es gar keines Oberhauptes im Staate bedürfe, um Ruhe und Ordnung zu handhaben. Oder Preußen und die Union wollen bei ihrem Ein- schreiten in die hessischen Verhältnisse ganz das- selbe, was der deutsche Bund will, die Demokra- tie nämlich in die gesetzlichen Schranken weisen. Warum aber dann nicht offen mit dem Bund Hand in Hand gehen; warum ihn noch immer durch den Nichthinzutritt schwächen? Liegt darin nicht wieder das Geständniß, daß die Union etwas anderes, als das Beste des allgemeinen Vater- landes beabsichtige. Hannover, 3. Okt. Es erscheint doch nicht ganz überflüssig, das Zeitungspublikum über die Bedeutung der Anwesenheit Herrn Detmolds in Hannover aufzuklären: Die Freude, welche man von der einen, sowie die Besorgniß, welche man von der andern Seite daran geknüpft hat, sind gleich überflüssig gewesen. Herr Detmold ist ein- fach deßhalb hierher berufen worden, um mit ihm über die brennenden Fragen des Augenblicks per- sönliche Rücksprache nehmen zu können, und ihm für gewisse Eventualitaten die geeigneten Jnstruk- tionen zu geben. Läugnen läßt sich nicht, daß allerdings in unserer Stadt das Gerücht geht, Herr Detmold sei hier, um sich wegen eigenmäch- tigen Vorgehens in der kurhessischen Frage zu rechtfertigen. Allein der Ungrund dieses Gerüchts liegt auf der Hand. Denn es würde in der That fast ebenso unverantwortlich gewesen sein, wenn Herr Stüve den hannöverschen Bevollmächtigten in einem solchen Augenblicke ohne genügende Jn- struktion gelassen hätte, als wenn Herr Detmold eigenmächtig auf dem Wege vorgeschritten wäre, welchen das Bundesrecht seiner Regierung doch mit Nothwendigkeit vorschrieb. ( N. C. ) Frankreich. * Straßburg, 6. Okt. Seine königl. Hoheit der Großherzog Leopold von Baden haben dem Verfasser der Geschichte der Germanen Hrn. v. Ring die Jnsignien des Ritterordens vom Zäh- ringer Löwen nebst einem huldvollen Handschrei- ben überschickt. Es ist dies ein Beweis von dem Jnteresse, welches dieses Werk, das im Jnteresse der französischen Wissenschaft geschrieben ist, auch jenseits des Rheins findet. -- Großes Aufsehen erregt die von Seite der großh. bad. Behörde erfolgte Verhaftung eines französischen Beamten, eines Notars, wegen angeblichen Jagens auf ba- dischem Gebiet. Die Behörde in Neubreisach hat sogleich bei der badischen Regierung die nöthigen Schritte für die Freilassung des Verhafteten ge- than. Jtalien. Die Nachrichten aus Turin reichen bis zum 28. Sept. Es wird unsern Lesern noch im fri- schen Angedenken sein, was man nicht alles auf- geboten hat, um an dem Hochwürdigsten Erzbi- schof Msgr. Fransoni irgend etwas zu finden, wo- rauf man eine Anklage begründen könne. Was ist bei einem solchen Verfahren nicht alles mög- lich? Der Erzbischof ist vor der weltlichen Be- hörde -- wegen Mißbrauch in kirchlichen Dingen -- mit 13 gegen 1 Stimme zur sofortigen und ewigen Verbannung und zum Verluste aller seiner Güter verurtheilt worden. Gleich nach diesem zu Turin gefällten Urtheilsspruche wurden drei Gensdarmen nach Fenestrelle geschickt, um den Hochwürdigsten Erzbischof über die Grenze zu transportiren. Die That ist himmelschreiend und verabscheuungswürdig, und es bedarf weiter keiner Worte. -- Das halbamtliche „Pouvoir“ enthält über die piemontessische Angelegenheit einen sehr bemerkenswerthen Artikel, aus welchem wir nach- folgend Einiges mittheilen: Daß Demagogen und Atheisten solche Werke vollführen, ist begreiflich. Die Philosophen des 18. Jahrhunderts, welche von den Jesuiten bekämpft, von den Parlamenten beschützt wurden, benutzten den von den Parla- menten und den Jansenisten gemeinschaftlich den Jesuiten erklärten Krieg, um diese furchtbare und berühmte Gesellschaft zu vernichten. Dann hatte man doch einen starken Feind weniger; denn die Jesuiten sind eine Schaar von Soldaten, wie d'Alembert sagte, und die Jansenisten ec. nur Guerillahaufen und Kosaken. Mag man den Papst auch für schwach halten; er ist doch ein so fürchterlicher Gegner, als daß man es wagte, ihn direkt und mit eigener Kraft anzugreifen. Das haben die Revolutionäre zu Rom erfahren. 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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 242. Würzburg, 9. Oktober 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische242_1850/3>, abgerufen am 19.04.2024.