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Die Bayerische Presse. Nr. 211. Würzburg, 3. September 1850.

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[Spaltenumbruch] Uhr Morgens begann die Arbeit. Bei ruhiger
See und günstigem Winde verließ der "Goliah",
mit Vorräthen für den Tag versehen und mit 30
Matrosen bemannt, den Hafen von Dover. Der
Cylinder oder die Trommel, welche die 30 Mei-
len telegraphischen Drahtes trug, hat eine Länge
von 15 und eine Höhe von 7 Fuß. Der Draht
ist 4 / 10 Zoll dick; die Gutta=Percha=Verhüllung
hat die Dicke eines kleinen Fingers. Das ge-
sammte Gewicht des Drahtes betrug fünf Ton-
nen, das Gewicht des Cylinders zwei Tonen.
Sowie das Schiff in offener See war, steuerte
es in der Geschwindigkeit von 3--4 Meilen die
Stunde gerade auf Cap Grinez ( auf halbem
Wege zwischen Calais und Bologne, 21 Meilen
von Dover entfent ) los. Die Arbeit des Draht-
Abwickeln ging durchaus befriedigend von Stat-
ten. Jn der Entfernung von 1 / 16 Meile war
jedes Mal ein Bleigewicht von 14--24 Pfund
Schwere an den Draht befestigt, um denselben
auf den Grund der See zu senken. Jn der Nähe
der englischen Küste ist die Tiefe der See 30
Fuß und variirt näher nach Frankreich zu von
100--180 Fuß ( 30 Faden ) , der größten Tiefe,
welche auf der ganzen Strecke, durch welche der
Telegraph gelegt wurde, erreicht. Ueber ein paar
gefährliche Treibsandstellen ( Ridge und Varne ge-
nannt ) in der Mitte des Canals, zwischen wel-
chen sich ein tiefes Thal hinzieht, kam man glück-
lich weg. Um halb 9 Uhr Abends telegraphirte
der neue Telegraph die Nachricht von seiner Vol-
lendung nach Dover.

Jtalien.

Nachrichten aus Turin vom 24. August zu-
folge scheint es wohl keinem Zweifel mehr zu un-
terliegen, daß im Schooße des Ministeriums Zwie-
spalt ausgebrochen ist. Siccardi soll sogar beab-
sichtigen, seine Entlassung zu geben; Galvagno
und Paleocapa würden diesem Beispiele natürlich
folgen. Diese drei Minister sind über die per-
sönlichen Schritte, wozu der Ministerpräsident dem
hl. Stuhle gegenüber die Jnitiative ergriffen hat,
höchst ungehalten. Pinelli's Sendung nach Rom
war ihnen nicht willkommen, und wenn es an ih-
nen gelegen hätte, so würden sie es nicht unter-
lassen haben, ihm nach Genua eine Gegenordre
zu schicken, wie sie es kurz vorher dem Senator
Sauli gethan hatten. Azeglio scheint jedoch bei
seinem Entschlusse fest zu beharren, gestützt auf den
französischen Gesandten, der über diese Angelegen-
heit bestimmte Jnstructionen erhalten hat, die dem
seitherigen Benehmen des sardinischen Cabinettes
ein eben nicht günstiges Urtheil sprechen, und theil-
weise auch auf den General La Marmora, der
just von Lyon zurückgekehrt ist. Mit einiger Span-
nung erwartet man die Wiedergenesung des Kö-
nigs Victor Emanuel, und sein Urtheil über die
im Schooße des Ministeriums entstandene Span-
nung. -- Jn Savoyen sind neuerdings wieder
mehrere Geistliche und Lehrer ihrer Aemter ent-
setzt worden, weil sie sich den kirchenfeindlichen
Siccardischen Gesetzen nicht fügen wollten. --
Dem "Journal des Debats" wird unter dem 22.
August aus Florenz geschrieben: Die politischen
und religiösen Ereignisse in Piemont haben in
Florenz, so wie auch in Livorno, wo seit einem
Monate die toscanische Gesellschaft versammelt
ist, einen traurigen Eindruck gemacht. Mehr als
15,000 sind aus allen Theilen der Halbinsel her-
beigeströmt, und geben der Stadt das belebte und
glückliche Aussehen wieder, das sie vor den Um-
wälzungen des Jahres 1849 so sehr auszeichnete.
Einige Wirrköpfe, denen die Ruhe nicht behagt,
träumten die unter dem Belagerungszustande ohne-
hin unmöglich gewordenen Scenen wieder zu er-
neuern. Aber eine einzige Proklamation des öster-
reichischen Generals reichte hin, die rothen Abzei-
chen und die Cocarden, die man dem Vernehmen
nach für ein Volksfest vorbereitet hatte, bei Seite
zu legen. Man sprach von einer Demonstration,
die in Florenz oder in Siena statthaben sollte,
die Ruhe wurde jedoch nirgends gestört. Einige
[Spaltenumbruch] Unbesonnene lassen sich von Zeit zu Zeit gefan-
gen nehmen, während Diejenigen, welche sie ver-
leiten, sich im Geheimen halten. Die Conven-
tion, in Beziehung auf die Erbauung einer Ei-
senbahn zwischen Toscana und Oesterreich soll be-
reits beiderseits unterzeichnet sein. Der Groß-
herzog wird am 24. August in Florenz zurücker-
wartet.

Griechenland.

Athen, 18. August. Die Vermuthung, daß
die Reise des Königs nach Bayern mit der Frage
von der künftigen Thronfolge in Griechenland in
Verbindung steht, gewinnt immer mehr an Wahr-
scheinlichkeit. Das hiesige Journal Aeon äußert
sich darüber folgendermaßen: "Der wichtigste
aller Beweggründe zur Reise des Königs wird
unstreitig die Frage des Thronfolgers sein. Zu
demselben Entzweck hatte sich die Königin im vo-
rigen Jahre nach München begeben, aber ohne,
trotz allen ihren Bemühungen, etwas auszurichten.
Diejenigen, welche nach den Traktaten von 1832
und dem Artikel 38 der Constitution, "in Er-
manglung eines direkten und rechtmäßigen Erben
des Königs Otto," das Successionsrecht auf den
Thron von Griechenland haben, wollten sich ( wie
Thatsachen bewiesen haben ) weder dem Artikel 40
des Statuts, wonach sich jeder hellenische Thron-
folger zur griechisch=orientalischen Religion beken-
nen muß, fügen, noch auf ihr Successionsrecht
Verzicht leisten. Jene präsumtiven Thronerben
wollten sich bereits im Jahre 1844, nachdem die
aus einem andern Gesichtspunkte unternommene
Sendung des Fürsten Wallerstein gescheitert war,
nicht von der Unmöglichkeit überzeugen, in Grie-
chenland zu regieren, ohne sich der Bedingung des
zwischen dem König und der Nation stipulirten
Artikel 40 zu unterwerfen. Aber was sprechen
wir von Erfüllung des Artikel 40 des Statuts,
wenn es bekannt ist, daß das Haus Bayern sich
nicht einmal in der Vergangenheit ( im Jahre
1837 ) die Heirath unseres Königs mit der Be-
dingung gefallen lassen wollte, daß seine direkten
und rechtmäßigen Erben die Taufe nach dem ori-
entalischen Ritus empfangen sollten." -- "Aus
allen diesen wichtigen Rücksichten geht unser Kö-
nig im Jahre 1850 nach Bayern, um jenes Re-
sultat zu erzielen, welches die Königin, als Ver-
mittlerin, im Jahre 1849 nicht erreichen konnte.
Der König Otto, von gerechter Sorgsaft für sein
neues Vaterland und für die Legitimität seines
Thrones durchdrungen, sieht sich bei dem betrü-
benden Umstande, daß er keine direkte Nachkom-
menschaft besitzt, genöthigt, auf die Erfüllung des
Artikel 40 der Constitution oder auf die Ver-
zichtleistung auf die durch den Traktat eingeräum-
ten Rechte zu dringen. Die Anwesenheit des
Grafen Nesselrode in den Bädern in der Nähe
von München, ist ein für die in Rede stehende
Verhandlung günstiger Umstand." -- "Wenn es
so ist, so sind wir, weit entfernt, uns über die
Abreise des Königs zu betrüben, viermehr höchst
erfreut darüber, wenn dadurch der heilsame Zweck
einer Festsetzung der Thronfolge erreicht werden
kann. Wir wünschen aufrichtig, daß diese Reise
einen günstigen Erfolg haben möge; der Gedanke
an die schrecklichen Uebel, welche Griechenland bei
dem Mangel eines Thronerben, ohne Unterlaß
bedrohen, muß jeden warmen Freund des Vater-
landes bewegen, unserer Ansicht beizutreten, und
Bewegungen und Unglück nicht wegen der Ab-
reise des Königs, sondern für den Fall zu be-
fürchten, wenn der Zweck dieser Reise mißlingen
sollte."

Schwurgerichtsverhandlungen.

+ Würzburg, 1. September. Ein das sitt-
liche Gefühl im höchsten Grade verletzendes Ver-
brechen machte den Schluß der zweiten Woche un-
serer Schwurgerichtsverhandlungen. Der Schul-
präparant H. Hummler von Nördlingen war an-
geschuldigt des Verbrechens der Nothzucht an ei-
nem etwas über 8 Jahr alten Kinde. Die Ge-
schwornen sprachen ihn schuldig dieses Verbrechens
[Spaltenumbruch] im zweiten Grade und der Gerichtshof verhängte
8 Jahr Zuchthaus. -- Präsident: Appel.=Ger. -
Rath Schattemann. Staatßanwalt: Appel.=Ger. -
Rath Helfreich. Vertheidiger Conzipient Treutlein.

+ Würzburg, 3. September. Der Tünchner-
geselle J. Wiesner von Aura, 24 Jahre alt, steht
angeschuldigt des ausgezeichneten Diebstahls
mittelst Einsteigens und Einbruchs am 6. Novbr.
1849 zu Weichersfolden, ein Bett im Werthe zu
40 fl. entwendet zu haben und seine Geliebte E.
Spieß aus Langenprozelten 28 J. alt, angeschul-
digt des Verbrechens der Hilfeleistung 2. Grades.
Die Geschworenen erkannten Ersteren schuldig des
Diebstahls mit der Auszeichnung des Einsteigens
und Einbruchs; Letztere aber wohl schuldig der
Hilfeleistung des Diebstahls 2. Grades, aber nicht
schuldig der Hilfeleistung des Einsteigens, worauf
die Staatsanwaltschaft in Betracht der mildernden
Umstände, da Wiesner seiner armen nahe an der Ent-
bindung stehenden Geliebte, blos helfen wollte,
das geringste Strafmaß 8 Jahr Zuchthausstrafe
beantragte, für die Spieß 1 Monat Gefängniß-
strafe. Der Vertheidiger des Ersteren wollte eine
Milderung auf 4 Jahre Arbeitshaus, der Ver-
theidiger der Letzten, die 6monatliche Haft für die
Strafe angesehen wissen: allein der Schwurgerichtshof
entschied nach langer Berathung für die vom
Staatsanwalt beantragte Strafe. Präsident: Kreis-
und Stadtgerichtsrath Dr. Steppes. Staatsan-
walt: Appellationsgerichts=Assessor Helfereich. Ver-
theidiger des Ersteren, Rechtspraktikant Hänle;
Vertheidiger der Letzteren Rechtspraktikant Schmitt.

Neuestes.

* Würzburg, 3. Sept. Die gestern hier ein-
getroffene Chevauxlegers=Division vom 6. Regi-
ment ( Herzog Leuchtenberg ) setzte heute früh ih-
ren Marsch nach Esselbach fort.

Bruchsal, 31. August. Se. k. Hoheit der
Großherzog hat 60 in den hiesigen Zuchthäusern
sitzende politische Gefangene amnestirt. Sie wur-
den sogleich in ihre Heimath entlassen.

Kassel, 31. August. So eben ( Abends5 3 / 4
Uhr ) wird nach 9stündiger Sitzung über die Steuer-
verwilligung abgestimmt. Das Resultat der Ab-
stimmung ist: die Erhebung der direkten Steuern
ist abgelehnt, die der indirekten zwar bewilligt
worden, jedoch unter Vorbehalt der Deposition
der Letztern.

   

C Paris, 31. August. Der Draht des un-
terseeischen Telegraphen ist, wie soeben gemeldet
wird, zerrissen.



Verantwortlicher Redakteur u. Verleger:
Franz v. Faber.



Mittelpreise hiesiger Schranne vom 31. August.

Weizen 13 fl. 28 kr. Korn 8 fl. -- kr.
Gerste 6 fl. 49 kr. Haber 4 fl. 21 kr.

Frankfurter Cours.
Den 2. September 1850.
Geld.Papier.
Oesterreich Bankaktien......11991204
   "   5% Metallique....71 1 / 2 71 3 / 4
   "   4%   "   ....63 1 / 264
   "   3%   "   ....47 3 / 448 1 / 4
   "   2 1 / 2 %   "   ....43 5 / 843 7 / 8
   "   4 1 / 2 % Vethmann... --76 1 / 2
   "   4%   "   ...-- 66
   "   fl. 250 Loose v. J. 1839.101101 1 / 2
   "   " 500   "   "   1834.156 3 / 4157 1 / 4
Preußen3 1 / 2 % St. Schuld Scheine.8686 1 / 4
   "   Tthl. 50 Prämien Scheine.110--
Bayern3 1 / 2 % Obligationen...84 3 / 884 7 / 8
   "   4%   "   ....89 1 / 489 3 / 4
   "   5%   "   ....100 1 / 8100 5 / 8
Württemberg3 1 / 4 % "   ....83 5 / 884 1 / 8
   "   4 1 / 2    "   ....9898 1 / 2
Baden   3 1 / 2 %   "   ....81 1 / 282
   "   fl. 35 Loose......32 1 / 432 1 / 2
   "   " 50   "   ......52 5 / 8 53 1 / 8
Nassau fl. 25 "   ...... 2626 1 / 4
Hessen Darmst. fl. 50 Loose...76 3 / 8 76 7 / 8
   "   "   "   25   "   ...28 5 / 828 7 / 8
Polen fl. 300   "   ...136--
Sardinien Fcs. 36   "   ...33 1 / 8 33 5 / 8
[Ende Spaltensatz]

Druck von Joseph Steib in Würzburg.

[Spaltenumbruch] Uhr Morgens begann die Arbeit. Bei ruhiger
See und günstigem Winde verließ der „Goliah“,
mit Vorräthen für den Tag versehen und mit 30
Matrosen bemannt, den Hafen von Dover. Der
Cylinder oder die Trommel, welche die 30 Mei-
len telegraphischen Drahtes trug, hat eine Länge
von 15 und eine Höhe von 7 Fuß. Der Draht
ist 4 / 10 Zoll dick; die Gutta=Percha=Verhüllung
hat die Dicke eines kleinen Fingers. Das ge-
sammte Gewicht des Drahtes betrug fünf Ton-
nen, das Gewicht des Cylinders zwei Tonen.
Sowie das Schiff in offener See war, steuerte
es in der Geschwindigkeit von 3--4 Meilen die
Stunde gerade auf Cap Grinez ( auf halbem
Wege zwischen Calais und Bologne, 21 Meilen
von Dover entfent ) los. Die Arbeit des Draht-
Abwickeln ging durchaus befriedigend von Stat-
ten. Jn der Entfernung von 1 / 16 Meile war
jedes Mal ein Bleigewicht von 14--24 Pfund
Schwere an den Draht befestigt, um denselben
auf den Grund der See zu senken. Jn der Nähe
der englischen Küste ist die Tiefe der See 30
Fuß und variirt näher nach Frankreich zu von
100--180 Fuß ( 30 Faden ) , der größten Tiefe,
welche auf der ganzen Strecke, durch welche der
Telegraph gelegt wurde, erreicht. Ueber ein paar
gefährliche Treibsandstellen ( Ridge und Varne ge-
nannt ) in der Mitte des Canals, zwischen wel-
chen sich ein tiefes Thal hinzieht, kam man glück-
lich weg. Um halb 9 Uhr Abends telegraphirte
der neue Telegraph die Nachricht von seiner Vol-
lendung nach Dover.

Jtalien.

Nachrichten aus Turin vom 24. August zu-
folge scheint es wohl keinem Zweifel mehr zu un-
terliegen, daß im Schooße des Ministeriums Zwie-
spalt ausgebrochen ist. Siccardi soll sogar beab-
sichtigen, seine Entlassung zu geben; Galvagno
und Paleocapa würden diesem Beispiele natürlich
folgen. Diese drei Minister sind über die per-
sönlichen Schritte, wozu der Ministerpräsident dem
hl. Stuhle gegenüber die Jnitiative ergriffen hat,
höchst ungehalten. Pinelli's Sendung nach Rom
war ihnen nicht willkommen, und wenn es an ih-
nen gelegen hätte, so würden sie es nicht unter-
lassen haben, ihm nach Genua eine Gegenordre
zu schicken, wie sie es kurz vorher dem Senator
Sauli gethan hatten. Azeglio scheint jedoch bei
seinem Entschlusse fest zu beharren, gestützt auf den
französischen Gesandten, der über diese Angelegen-
heit bestimmte Jnstructionen erhalten hat, die dem
seitherigen Benehmen des sardinischen Cabinettes
ein eben nicht günstiges Urtheil sprechen, und theil-
weise auch auf den General La Marmora, der
just von Lyon zurückgekehrt ist. Mit einiger Span-
nung erwartet man die Wiedergenesung des Kö-
nigs Victor Emanuel, und sein Urtheil über die
im Schooße des Ministeriums entstandene Span-
nung. -- Jn Savoyen sind neuerdings wieder
mehrere Geistliche und Lehrer ihrer Aemter ent-
setzt worden, weil sie sich den kirchenfeindlichen
Siccardischen Gesetzen nicht fügen wollten. --
Dem „Journal des Debats“ wird unter dem 22.
August aus Florenz geschrieben: Die politischen
und religiösen Ereignisse in Piemont haben in
Florenz, so wie auch in Livorno, wo seit einem
Monate die toscanische Gesellschaft versammelt
ist, einen traurigen Eindruck gemacht. Mehr als
15,000 sind aus allen Theilen der Halbinsel her-
beigeströmt, und geben der Stadt das belebte und
glückliche Aussehen wieder, das sie vor den Um-
wälzungen des Jahres 1849 so sehr auszeichnete.
Einige Wirrköpfe, denen die Ruhe nicht behagt,
träumten die unter dem Belagerungszustande ohne-
hin unmöglich gewordenen Scenen wieder zu er-
neuern. Aber eine einzige Proklamation des öster-
reichischen Generals reichte hin, die rothen Abzei-
chen und die Cocarden, die man dem Vernehmen
nach für ein Volksfest vorbereitet hatte, bei Seite
zu legen. Man sprach von einer Demonstration,
die in Florenz oder in Siena statthaben sollte,
die Ruhe wurde jedoch nirgends gestört. Einige
[Spaltenumbruch] Unbesonnene lassen sich von Zeit zu Zeit gefan-
gen nehmen, während Diejenigen, welche sie ver-
leiten, sich im Geheimen halten. Die Conven-
tion, in Beziehung auf die Erbauung einer Ei-
senbahn zwischen Toscana und Oesterreich soll be-
reits beiderseits unterzeichnet sein. Der Groß-
herzog wird am 24. August in Florenz zurücker-
wartet.

Griechenland.

Athen, 18. August. Die Vermuthung, daß
die Reise des Königs nach Bayern mit der Frage
von der künftigen Thronfolge in Griechenland in
Verbindung steht, gewinnt immer mehr an Wahr-
scheinlichkeit. Das hiesige Journal Aeon äußert
sich darüber folgendermaßen: „Der wichtigste
aller Beweggründe zur Reise des Königs wird
unstreitig die Frage des Thronfolgers sein. Zu
demselben Entzweck hatte sich die Königin im vo-
rigen Jahre nach München begeben, aber ohne,
trotz allen ihren Bemühungen, etwas auszurichten.
Diejenigen, welche nach den Traktaten von 1832
und dem Artikel 38 der Constitution, „in Er-
manglung eines direkten und rechtmäßigen Erben
des Königs Otto,“ das Successionsrecht auf den
Thron von Griechenland haben, wollten sich ( wie
Thatsachen bewiesen haben ) weder dem Artikel 40
des Statuts, wonach sich jeder hellenische Thron-
folger zur griechisch=orientalischen Religion beken-
nen muß, fügen, noch auf ihr Successionsrecht
Verzicht leisten. Jene präsumtiven Thronerben
wollten sich bereits im Jahre 1844, nachdem die
aus einem andern Gesichtspunkte unternommene
Sendung des Fürsten Wallerstein gescheitert war,
nicht von der Unmöglichkeit überzeugen, in Grie-
chenland zu regieren, ohne sich der Bedingung des
zwischen dem König und der Nation stipulirten
Artikel 40 zu unterwerfen. Aber was sprechen
wir von Erfüllung des Artikel 40 des Statuts,
wenn es bekannt ist, daß das Haus Bayern sich
nicht einmal in der Vergangenheit ( im Jahre
1837 ) die Heirath unseres Königs mit der Be-
dingung gefallen lassen wollte, daß seine direkten
und rechtmäßigen Erben die Taufe nach dem ori-
entalischen Ritus empfangen sollten.“ -- „Aus
allen diesen wichtigen Rücksichten geht unser Kö-
nig im Jahre 1850 nach Bayern, um jenes Re-
sultat zu erzielen, welches die Königin, als Ver-
mittlerin, im Jahre 1849 nicht erreichen konnte.
Der König Otto, von gerechter Sorgsaft für sein
neues Vaterland und für die Legitimität seines
Thrones durchdrungen, sieht sich bei dem betrü-
benden Umstande, daß er keine direkte Nachkom-
menschaft besitzt, genöthigt, auf die Erfüllung des
Artikel 40 der Constitution oder auf die Ver-
zichtleistung auf die durch den Traktat eingeräum-
ten Rechte zu dringen. Die Anwesenheit des
Grafen Nesselrode in den Bädern in der Nähe
von München, ist ein für die in Rede stehende
Verhandlung günstiger Umstand.“ -- „Wenn es
so ist, so sind wir, weit entfernt, uns über die
Abreise des Königs zu betrüben, viermehr höchst
erfreut darüber, wenn dadurch der heilsame Zweck
einer Festsetzung der Thronfolge erreicht werden
kann. Wir wünschen aufrichtig, daß diese Reise
einen günstigen Erfolg haben möge; der Gedanke
an die schrecklichen Uebel, welche Griechenland bei
dem Mangel eines Thronerben, ohne Unterlaß
bedrohen, muß jeden warmen Freund des Vater-
landes bewegen, unserer Ansicht beizutreten, und
Bewegungen und Unglück nicht wegen der Ab-
reise des Königs, sondern für den Fall zu be-
fürchten, wenn der Zweck dieser Reise mißlingen
sollte.“

Schwurgerichtsverhandlungen.

+ Würzburg, 1. September. Ein das sitt-
liche Gefühl im höchsten Grade verletzendes Ver-
brechen machte den Schluß der zweiten Woche un-
serer Schwurgerichtsverhandlungen. Der Schul-
präparant H. Hummler von Nördlingen war an-
geschuldigt des Verbrechens der Nothzucht an ei-
nem etwas über 8 Jahr alten Kinde. Die Ge-
schwornen sprachen ihn schuldig dieses Verbrechens
[Spaltenumbruch] im zweiten Grade und der Gerichtshof verhängte
8 Jahr Zuchthaus. -- Präsident: Appel.=Ger. -
Rath Schattemann. Staatßanwalt: Appel.=Ger. -
Rath Helfreich. Vertheidiger Conzipient Treutlein.

† Würzburg, 3. September. Der Tünchner-
geselle J. Wiesner von Aura, 24 Jahre alt, steht
angeschuldigt des ausgezeichneten Diebstahls
mittelst Einsteigens und Einbruchs am 6. Novbr.
1849 zu Weichersfolden, ein Bett im Werthe zu
40 fl. entwendet zu haben und seine Geliebte E.
Spieß aus Langenprozelten 28 J. alt, angeschul-
digt des Verbrechens der Hilfeleistung 2. Grades.
Die Geschworenen erkannten Ersteren schuldig des
Diebstahls mit der Auszeichnung des Einsteigens
und Einbruchs; Letztere aber wohl schuldig der
Hilfeleistung des Diebstahls 2. Grades, aber nicht
schuldig der Hilfeleistung des Einsteigens, worauf
die Staatsanwaltschaft in Betracht der mildernden
Umstände, da Wiesner seiner armen nahe an der Ent-
bindung stehenden Geliebte, blos helfen wollte,
das geringste Strafmaß 8 Jahr Zuchthausstrafe
beantragte, für die Spieß 1 Monat Gefängniß-
strafe. Der Vertheidiger des Ersteren wollte eine
Milderung auf 4 Jahre Arbeitshaus, der Ver-
theidiger der Letzten, die 6monatliche Haft für die
Strafe angesehen wissen: allein der Schwurgerichtshof
entschied nach langer Berathung für die vom
Staatsanwalt beantragte Strafe. Präsident: Kreis-
und Stadtgerichtsrath Dr. Steppes. Staatsan-
walt: Appellationsgerichts=Assessor Helfereich. Ver-
theidiger des Ersteren, Rechtspraktikant Hänle;
Vertheidiger der Letzteren Rechtspraktikant Schmitt.

Neuestes.

* Würzburg, 3. Sept. Die gestern hier ein-
getroffene Chevauxlegers=Division vom 6. Regi-
ment ( Herzog Leuchtenberg ) setzte heute früh ih-
ren Marsch nach Esselbach fort.

Bruchsal, 31. August. Se. k. Hoheit der
Großherzog hat 60 in den hiesigen Zuchthäusern
sitzende politische Gefangene amnestirt. Sie wur-
den sogleich in ihre Heimath entlassen.

Kassel, 31. August. So eben ( Abends5 3 / 4
Uhr ) wird nach 9stündiger Sitzung über die Steuer-
verwilligung abgestimmt. Das Resultat der Ab-
stimmung ist: die Erhebung der direkten Steuern
ist abgelehnt, die der indirekten zwar bewilligt
worden, jedoch unter Vorbehalt der Deposition
der Letztern.

   

C Paris, 31. August. Der Draht des un-
terseeischen Telegraphen ist, wie soeben gemeldet
wird, zerrissen.



Verantwortlicher Redakteur u. Verleger:
Franz v. Faber.



Mittelpreise hiesiger Schranne vom 31. August.

Weizen 13 fl. 28 kr. Korn 8 fl. -- kr.
Gerste 6 fl. 49 kr. Haber 4 fl. 21 kr.

Frankfurter Cours.
Den 2. September 1850.
Geld.Papier.
Oesterreich Bankaktien......11991204
   „   5% Metallique....71 1 / 2 71 3 / 4
   „   4%   „   ....63 1 / 264
   „   3%   „   ....47 3 / 448 1 / 4
   „   2 1 / 2 %   „   ....43 5 / 843 7 / 8
   „   4 1 / 2 % Vethmann... --76 1 / 2
   „   4%   „   ...-- 66
   „   fl. 250 Loose v. J. 1839.101101 1 / 2
   „   „ 500   „   „   1834.156 3 / 4157 1 / 4
Preußen3 1 / 2 % St. Schuld Scheine.8686 1 / 4
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Bayern3 1 / 2 % Obligationen...84 3 / 884 7 / 8
   „   4%   „   ....89 1 / 489 3 / 4
   „   5%   „   ....100 1 / 8100 5 / 8
Württemberg3 1 / 4 % „   ....83 5 / 884 1 / 8
   „   4 1 / 2    „   ....9898 1 / 2
Baden   3 1 / 2 %   „   ....81 1 / 282
   „   fl. 35 Loose......32 1 / 432 1 / 2
   „   „ 50   „   ......52 5 / 8 53 1 / 8
Nassau fl. 25 „   ...... 2626 1 / 4
Hessen Darmst. fl. 50 Loose...76 3 / 8 76 7 / 8
   „   „   „   25   „   ...28 5 / 828 7 / 8
Polen fl. 300   „   ...136--
Sardinien Fcs. 36   „   ...33 1 / 8 33 5 / 8
[Ende Spaltensatz]

Druck von Joseph Steib in Würzburg.

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[0004] Uhr Morgens begann die Arbeit. Bei ruhiger See und günstigem Winde verließ der „Goliah“, mit Vorräthen für den Tag versehen und mit 30 Matrosen bemannt, den Hafen von Dover. Der Cylinder oder die Trommel, welche die 30 Mei- len telegraphischen Drahtes trug, hat eine Länge von 15 und eine Höhe von 7 Fuß. Der Draht ist 4 / 10 Zoll dick; die Gutta=Percha=Verhüllung hat die Dicke eines kleinen Fingers. Das ge- sammte Gewicht des Drahtes betrug fünf Ton- nen, das Gewicht des Cylinders zwei Tonen. Sowie das Schiff in offener See war, steuerte es in der Geschwindigkeit von 3--4 Meilen die Stunde gerade auf Cap Grinez ( auf halbem Wege zwischen Calais und Bologne, 21 Meilen von Dover entfent ) los. Die Arbeit des Draht- Abwickeln ging durchaus befriedigend von Stat- ten. Jn der Entfernung von 1 / 16 Meile war jedes Mal ein Bleigewicht von 14--24 Pfund Schwere an den Draht befestigt, um denselben auf den Grund der See zu senken. Jn der Nähe der englischen Küste ist die Tiefe der See 30 Fuß und variirt näher nach Frankreich zu von 100--180 Fuß ( 30 Faden ) , der größten Tiefe, welche auf der ganzen Strecke, durch welche der Telegraph gelegt wurde, erreicht. Ueber ein paar gefährliche Treibsandstellen ( Ridge und Varne ge- nannt ) in der Mitte des Canals, zwischen wel- chen sich ein tiefes Thal hinzieht, kam man glück- lich weg. Um halb 9 Uhr Abends telegraphirte der neue Telegraph die Nachricht von seiner Vol- lendung nach Dover. Jtalien. Nachrichten aus Turin vom 24. August zu- folge scheint es wohl keinem Zweifel mehr zu un- terliegen, daß im Schooße des Ministeriums Zwie- spalt ausgebrochen ist. Siccardi soll sogar beab- sichtigen, seine Entlassung zu geben; Galvagno und Paleocapa würden diesem Beispiele natürlich folgen. Diese drei Minister sind über die per- sönlichen Schritte, wozu der Ministerpräsident dem hl. Stuhle gegenüber die Jnitiative ergriffen hat, höchst ungehalten. Pinelli's Sendung nach Rom war ihnen nicht willkommen, und wenn es an ih- nen gelegen hätte, so würden sie es nicht unter- lassen haben, ihm nach Genua eine Gegenordre zu schicken, wie sie es kurz vorher dem Senator Sauli gethan hatten. Azeglio scheint jedoch bei seinem Entschlusse fest zu beharren, gestützt auf den französischen Gesandten, der über diese Angelegen- heit bestimmte Jnstructionen erhalten hat, die dem seitherigen Benehmen des sardinischen Cabinettes ein eben nicht günstiges Urtheil sprechen, und theil- weise auch auf den General La Marmora, der just von Lyon zurückgekehrt ist. Mit einiger Span- nung erwartet man die Wiedergenesung des Kö- nigs Victor Emanuel, und sein Urtheil über die im Schooße des Ministeriums entstandene Span- nung. -- Jn Savoyen sind neuerdings wieder mehrere Geistliche und Lehrer ihrer Aemter ent- setzt worden, weil sie sich den kirchenfeindlichen Siccardischen Gesetzen nicht fügen wollten. -- Dem „Journal des Debats“ wird unter dem 22. August aus Florenz geschrieben: Die politischen und religiösen Ereignisse in Piemont haben in Florenz, so wie auch in Livorno, wo seit einem Monate die toscanische Gesellschaft versammelt ist, einen traurigen Eindruck gemacht. Mehr als 15,000 sind aus allen Theilen der Halbinsel her- beigeströmt, und geben der Stadt das belebte und glückliche Aussehen wieder, das sie vor den Um- wälzungen des Jahres 1849 so sehr auszeichnete. Einige Wirrköpfe, denen die Ruhe nicht behagt, träumten die unter dem Belagerungszustande ohne- hin unmöglich gewordenen Scenen wieder zu er- neuern. Aber eine einzige Proklamation des öster- reichischen Generals reichte hin, die rothen Abzei- chen und die Cocarden, die man dem Vernehmen nach für ein Volksfest vorbereitet hatte, bei Seite zu legen. Man sprach von einer Demonstration, die in Florenz oder in Siena statthaben sollte, die Ruhe wurde jedoch nirgends gestört. Einige Unbesonnene lassen sich von Zeit zu Zeit gefan- gen nehmen, während Diejenigen, welche sie ver- leiten, sich im Geheimen halten. Die Conven- tion, in Beziehung auf die Erbauung einer Ei- senbahn zwischen Toscana und Oesterreich soll be- reits beiderseits unterzeichnet sein. Der Groß- herzog wird am 24. August in Florenz zurücker- wartet. Griechenland. Athen, 18. August. Die Vermuthung, daß die Reise des Königs nach Bayern mit der Frage von der künftigen Thronfolge in Griechenland in Verbindung steht, gewinnt immer mehr an Wahr- scheinlichkeit. Das hiesige Journal Aeon äußert sich darüber folgendermaßen: „Der wichtigste aller Beweggründe zur Reise des Königs wird unstreitig die Frage des Thronfolgers sein. Zu demselben Entzweck hatte sich die Königin im vo- rigen Jahre nach München begeben, aber ohne, trotz allen ihren Bemühungen, etwas auszurichten. Diejenigen, welche nach den Traktaten von 1832 und dem Artikel 38 der Constitution, „in Er- manglung eines direkten und rechtmäßigen Erben des Königs Otto,“ das Successionsrecht auf den Thron von Griechenland haben, wollten sich ( wie Thatsachen bewiesen haben ) weder dem Artikel 40 des Statuts, wonach sich jeder hellenische Thron- folger zur griechisch=orientalischen Religion beken- nen muß, fügen, noch auf ihr Successionsrecht Verzicht leisten. Jene präsumtiven Thronerben wollten sich bereits im Jahre 1844, nachdem die aus einem andern Gesichtspunkte unternommene Sendung des Fürsten Wallerstein gescheitert war, nicht von der Unmöglichkeit überzeugen, in Grie- chenland zu regieren, ohne sich der Bedingung des zwischen dem König und der Nation stipulirten Artikel 40 zu unterwerfen. Aber was sprechen wir von Erfüllung des Artikel 40 des Statuts, wenn es bekannt ist, daß das Haus Bayern sich nicht einmal in der Vergangenheit ( im Jahre 1837 ) die Heirath unseres Königs mit der Be- dingung gefallen lassen wollte, daß seine direkten und rechtmäßigen Erben die Taufe nach dem ori- entalischen Ritus empfangen sollten.“ -- „Aus allen diesen wichtigen Rücksichten geht unser Kö- nig im Jahre 1850 nach Bayern, um jenes Re- sultat zu erzielen, welches die Königin, als Ver- mittlerin, im Jahre 1849 nicht erreichen konnte. Der König Otto, von gerechter Sorgsaft für sein neues Vaterland und für die Legitimität seines Thrones durchdrungen, sieht sich bei dem betrü- benden Umstande, daß er keine direkte Nachkom- menschaft besitzt, genöthigt, auf die Erfüllung des Artikel 40 der Constitution oder auf die Ver- zichtleistung auf die durch den Traktat eingeräum- ten Rechte zu dringen. Die Anwesenheit des Grafen Nesselrode in den Bädern in der Nähe von München, ist ein für die in Rede stehende Verhandlung günstiger Umstand.“ -- „Wenn es so ist, so sind wir, weit entfernt, uns über die Abreise des Königs zu betrüben, viermehr höchst erfreut darüber, wenn dadurch der heilsame Zweck einer Festsetzung der Thronfolge erreicht werden kann. Wir wünschen aufrichtig, daß diese Reise einen günstigen Erfolg haben möge; der Gedanke an die schrecklichen Uebel, welche Griechenland bei dem Mangel eines Thronerben, ohne Unterlaß bedrohen, muß jeden warmen Freund des Vater- landes bewegen, unserer Ansicht beizutreten, und Bewegungen und Unglück nicht wegen der Ab- reise des Königs, sondern für den Fall zu be- fürchten, wenn der Zweck dieser Reise mißlingen sollte.“ Schwurgerichtsverhandlungen. + Würzburg, 1. September. Ein das sitt- liche Gefühl im höchsten Grade verletzendes Ver- brechen machte den Schluß der zweiten Woche un- serer Schwurgerichtsverhandlungen. Der Schul- präparant H. Hummler von Nördlingen war an- geschuldigt des Verbrechens der Nothzucht an ei- nem etwas über 8 Jahr alten Kinde. Die Ge- schwornen sprachen ihn schuldig dieses Verbrechens im zweiten Grade und der Gerichtshof verhängte 8 Jahr Zuchthaus. -- Präsident: Appel.=Ger. - Rath Schattemann. Staatßanwalt: Appel.=Ger. - Rath Helfreich. Vertheidiger Conzipient Treutlein. † Würzburg, 3. September. Der Tünchner- geselle J. Wiesner von Aura, 24 Jahre alt, steht angeschuldigt des ausgezeichneten Diebstahls mittelst Einsteigens und Einbruchs am 6. Novbr. 1849 zu Weichersfolden, ein Bett im Werthe zu 40 fl. entwendet zu haben und seine Geliebte E. Spieß aus Langenprozelten 28 J. alt, angeschul- digt des Verbrechens der Hilfeleistung 2. Grades. Die Geschworenen erkannten Ersteren schuldig des Diebstahls mit der Auszeichnung des Einsteigens und Einbruchs; Letztere aber wohl schuldig der Hilfeleistung des Diebstahls 2. Grades, aber nicht schuldig der Hilfeleistung des Einsteigens, worauf die Staatsanwaltschaft in Betracht der mildernden Umstände, da Wiesner seiner armen nahe an der Ent- bindung stehenden Geliebte, blos helfen wollte, das geringste Strafmaß 8 Jahr Zuchthausstrafe beantragte, für die Spieß 1 Monat Gefängniß- strafe. Der Vertheidiger des Ersteren wollte eine Milderung auf 4 Jahre Arbeitshaus, der Ver- theidiger der Letzten, die 6monatliche Haft für die Strafe angesehen wissen: allein der Schwurgerichtshof entschied nach langer Berathung für die vom Staatsanwalt beantragte Strafe. Präsident: Kreis- und Stadtgerichtsrath Dr. Steppes. Staatsan- walt: Appellationsgerichts=Assessor Helfereich. Ver- theidiger des Ersteren, Rechtspraktikant Hänle; Vertheidiger der Letzteren Rechtspraktikant Schmitt. Neuestes. * Würzburg, 3. Sept. Die gestern hier ein- getroffene Chevauxlegers=Division vom 6. Regi- ment ( Herzog Leuchtenberg ) setzte heute früh ih- ren Marsch nach Esselbach fort. Bruchsal, 31. August. Se. k. Hoheit der Großherzog hat 60 in den hiesigen Zuchthäusern sitzende politische Gefangene amnestirt. Sie wur- den sogleich in ihre Heimath entlassen. Kassel, 31. August. So eben ( Abends5 3 / 4 Uhr ) wird nach 9stündiger Sitzung über die Steuer- verwilligung abgestimmt. Das Resultat der Ab- stimmung ist: die Erhebung der direkten Steuern ist abgelehnt, die der indirekten zwar bewilligt worden, jedoch unter Vorbehalt der Deposition der Letztern. ( F. H. ) C Paris, 31. August. Der Draht des un- terseeischen Telegraphen ist, wie soeben gemeldet wird, zerrissen. Verantwortlicher Redakteur u. Verleger: Franz v. Faber. Mittelpreise hiesiger Schranne vom 31. August. Weizen 13 fl. 28 kr. Korn 8 fl. -- kr. Gerste 6 fl. 49 kr. Haber 4 fl. 21 kr. Frankfurter Cours. Den 2. September 1850. Geld. Papier. Oesterreich Bankaktien...... 1199 1204 „ 5% Metallique.... 71 1 / 2 71 3 / 4 „ 4% „ .... 63 1 / 2 64 „ 3% „ .... 47 3 / 4 48 1 / 4 „ 2 1 / 2 % „ .... 43 5 / 8 43 7 / 8 „ 4 1 / 2 % Vethmann... -- 76 1 / 2 „ 4% „ ... -- 66 „ fl. 250 Loose v. J. 1839. 101 101 1 / 2 „ „ 500 „ „ 1834. 156 3 / 4 157 1 / 4 Preußen3 1 / 2 % St. Schuld Scheine. 86 86 1 / 4 „ Tthl. 50 Prämien Scheine. 110 -- Bayern3 1 / 2 % Obligationen... 84 3 / 8 84 7 / 8 „ 4% „ .... 89 1 / 4 89 3 / 4 „ 5% „ .... 100 1 / 8 100 5 / 8 Württemberg3 1 / 4 % „ .... 83 5 / 8 84 1 / 8 „ 4 1 / 2 „ .... 98 98 1 / 2 Baden 3 1 / 2 % „ .... 81 1 / 2 82 „ fl. 35 Loose...... 32 1 / 4 32 1 / 2 „ „ 50 „ ...... 52 5 / 8 53 1 / 8 Nassau fl. 25 „ ...... 26 26 1 / 4 Hessen Darmst. fl. 50 Loose... 76 3 / 8 76 7 / 8 „ „ „ 25 „ ... 28 5 / 8 28 7 / 8 Polen fl. 300 „ ... 136 -- Sardinien Fcs. 36 „ ... 33 1 / 8 33 5 / 8 Druck von Joseph Steib in Würzburg.

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 211. Würzburg, 3. September 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische211_1850/4>, abgerufen am 24.04.2024.