Die Bayerische Presse. Nr. 178. Würzburg, 26. Juli 1850.Die Bayerische Presse. [Beginn Spaltensatz] Abonnement: Ganzjährig 6 fl. Halbjährig 3 fl. Vierteljährig 1 fl. 30 kr. Monatlich für die Stadt 30 kr. [Spaltenumbruch] Eine constitutionell-monarchische Zeitung. [Spaltenumbruch] Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr. Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe- Nr. 178. Würzburg, Freitag den 26. Juli. 1850. [Beginn Spaltensatz]
Der Geächtete. Die Polizei hat ihn ohne weiteres gefaßt, ehe Schleswig=holsteinische Ange- legenheiten . Kiel, 22. Juli. Jn unserem Hauptquartier Kiel, 20. Juli. Der "A. M." enthält vom Kiel, 22. Juli. Der kommandirende General Die Bayerische Presse. [Beginn Spaltensatz] Abonnement: Ganzjährig 6 fl. Halbjährig 3 fl. Vierteljährig 1 fl. 30 kr. Monatlich für die Stadt 30 kr. [Spaltenumbruch] Eine constitutionell-monarchische Zeitung. [Spaltenumbruch] Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr. Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe- Nr. 178. Würzburg, Freitag den 26. Juli. 1850. [Beginn Spaltensatz]
Der Geächtete. Die Polizei hat ihn ohne weiteres gefaßt, ehe Schleswig=holsteinische Ange- legenheiten . Kiel, 22. Juli. Jn unserem Hauptquartier Kiel, 20. Juli. Der „A. M.“ enthält vom Kiel, 22. Juli. Der kommandirende General <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0001"/> <docTitle> <titlePart xml:id="tpm1" type="main" next="#tpm2"> <hi rendition="#c #fr">Die Bayerische Presse.</hi> </titlePart><lb/> <cb type="start"/> <titlePart type="price"><hi rendition="#c">Abonnement: </hi><lb/> Ganzjährig 6 fl.<lb/> Halbjährig 3 fl.<lb/> Vierteljährig 1 fl. 30 kr.<lb/> Monatlich für die Stadt 30 kr.</titlePart><lb/> <cb/> <titlePart type="sub"> <hi rendition="#c #fr">Eine constitutionell-monarchische Zeitung.</hi> </titlePart> </docTitle><lb/> <cb/> <p>Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr.<lb/> Nr. 533.</p><lb/> <p>Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe-<lb/> titzeile oder deren Raum 3 kr. 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Wo ist die Dy-<lb/> nastie Arago, wie man sich damals ausdrückte?<lb/> Jm Februar=Sturm stieg sie auf wie ein Meteor,<lb/> das bei heiterem Himmel spurlos verschwand.<lb/> „Jch ging vorüber, und sieh, er war nicht mehr,“<lb/> wie die Bibel sagt. Etienne Arago führte die<lb/> Manifestation am 13. Juni an; er <hi rendition="#g">mußte,</hi> das<lb/> ist das Fatalste, und nach dem Spaziergange dem<lb/> General Changarnier so ungerufen in die Quere<lb/> kam, <hi rendition="#g">mußte</hi> er mit den Uebrigen nach London<lb/> spazieren; es war eine Komödie; „die Verschwö-<lb/> rung wider Willen.“ Niemand glaubte an den<lb/> Erfolg, aber die Montagne wollte eine Demon-<lb/> stration. Ledru=Rollin wehrte mit Händen und<lb/> Füßen dagegen, aber er mußte vorwärts; hinter<lb/> ihm drohte der Dolch der Brüderlichkeit. Den<lb/> Citoyen Martin Bernard brauchte Niemand zu<lb/> zwingen; er war Einer der entschlossensten, weil<lb/> er Einer der beschränktesten ist; die Rolle eines<lb/> Conspirators schmeichelt seiner Schwäche. Jm<lb/> „Geachteten“ macht er seinem Grolle gegen Proud-<lb/> hon Luft und gegen de Flotte. De Flotte hat<lb/> die Sociazisten arg mystificirt; er hat keinen Schuß<lb/> gethan bei der Jnsurrektion im Juni 1848, und<lb/> er wurde zum Repräsentanten gewählt, weil er<lb/> für den Hauptführer galt. Gab es aber je in<lb/> der Welt überhaupt eine ärgere Mystification, als<lb/> diese ganze demokratische Bewegung, wo sich Nie-<lb/> mand kennt, und Einer den Anderen überlistet?<lb/> So heißt es allgemein, Proudhon, der schreckliche<lb/> Socialisten=Häuptling, stehe im Solde der Regie-<lb/> rung. Martin Bernard meint es aufrichtig, und<lb/> wenn er schließt; wer für seine Grundsätze stirbt,<lb/> hat sein Tagewerk vollbracht, so sagt er das mit<lb/> voller Ueberzeugung. Die Männer des National<lb/> werden übel mitgenommen von einem Hrn. De-<lb/> lescluze. Es geht dem National mit den Socia-<lb/> listen, wie dem Hrn. Girardin mit dem Natio-<lb/> nal; sie laufen einander nach, und Keiner will<lb/> vom Anderen was wissen. Ledru = Rollin endlich<lb/> feuert auf die Montagne. Die Stelle ist zu<lb/> merkwürdig, wir wollen sie wenigstens im Aus-<lb/><cb/> zuge mittheilen: „Wir können nicht umhin, der<lb/> Montagne zu sagen, was ihr einst die Geschichte<lb/> sagen wird. Sie hat sich des großen Namens<lb/> unwürdig gezeigt, womit ihre Feinde sie beehrt<lb/> hatten. Sie hat, ohne Auftrag dazu, über zwei<lb/> Fragen abstimmen lassen, die über alle Fragen<lb/> erhaben sind, nämlich die Constitution und das<lb/> allgemeine Stimmrecht; indem sie ihr Votum ab-<lb/> gab, hat sie, soviel an ihr war, eine radikalisch<lb/> unfähige Majorität rehabilitirt, und die Usurpa-<lb/> tion legitimirt. Und nach vollbrachtem Attentate<lb/> ist sie auf ihren Sitzen geblieben, als wenn von<lb/> da an noch eine ernstliche Opposition möglich ge-<lb/> wesen.“ Noch ein Mal, Volk, traue in Zukunft<lb/> nur Dir selbst, aber mache auch in Zukunft Nie-<lb/> manden für die Feigheit verantwortlich, die Du<lb/> möglicherweise begehen wirst. Das wurmt Le-<lb/> dru=Rollin ganz besonders, daß die Montagne auf<lb/> ihren Sitzen geblieben ist, und die Schwachheit<lb/> hat, nach wie vor 25 Francs täglich einzustrei-<lb/> chen, während er, Ledru=Rollin, sich zum Sünden-<lb/> bock hergeben, und davon laufen mußte, und gar<lb/> nichts mehr einstreiche. Und auch das wurmt ihn,<lb/> daß man über sein Entkommen durch's Fenster<lb/> gelacht, und er gibt dem Volke den Vorwurf der<lb/> Feigheit zurück. Jn Wahrheit, es steht schlecht<lb/> mit der Demokratie. Dann geht's über die jüngst-<lb/> hin ernannten Socialisten los: „Diese Feuer-<lb/> Männer, die Alles in Brand stecken sollten, diese<lb/> Offenbarer der Zukunft, neben welchen Alles Ob-<lb/> scurantismus sein sollte, sie haben sich kaum Zeit<lb/> genommen, sich zu setzen, und kaum noch hatte<lb/> die zwölfte Stunde geschlagen, so hatten sie schon<lb/> drei Mal die Revolution verleugnet, und in die<lb/> Hände der Reaktion abdicirt.“ Und zum Volke,<lb/> das er mit so harten Worten gezüchtigt, spricht<lb/> er: „Sei immer bereit, wie die ersten Christen<lb/> immer zu sterben bereit waren, und Du wirst sie-<lb/> gen wie diese. Keine eitele Schrecken! Deine<lb/> Kraft bleibe ganz für die wirkliche Gefahr; alles<lb/> sei bereit für den entscheidenden Augenblick, und<lb/> wie der Prophet sagt: alle Pfeile seien gespitzt,<lb/> und alle Bogen seien gespannt.“ Jn demselben<lb/> Tone läßt sich Mazzini vernehmen, und schließt<lb/> wie Ledru=Rollin: „Mögen unsere Brüder, wer<lb/> sie auch seien, unserem Aufrufe nachkommen!“ Es<lb/> ist aber dieß ein Aufruf zum Bürgerkrieg, und<lb/> auf den Grund dieses Verbrechens hin hat der<lb/> Procurator der Republik die Monatschrift: „der<lb/> Geächtete,“ auf der Post sowohl, als in den Bu-<lb/> reaux des Journals in Beschlag nehmen lassen,<lb/> und eine Untersuchung eingeleitet gegen den Ge-<lb/> ranten, den Drucker und Hrn. Ledru=Rollin. So-<lb/> mit hätte der berühmte Volkstribun seine Rolle<lb/> ausgespielt; nur der völlige Sieg der rothen Re-<lb/> publik könnte ihm eine neue Laufbahn eröffnen,<lb/> und dazu ist, Gott sei Dank, keine Aussicht vor-<lb/> handen. Freilich hat Frankreich noch eine schwere<lb/> Krisis zu bestehen, und ohne Bürgerkrieg wird es<lb/> nicht zur Ruhe kommen; aber keine Partei wird<lb/> die Hilfe der Montagne annehmen, und sie ist zu<lb/> schwach, um allein zu siegen.</p> </div><lb/> <div type="jPoliticalNews"> <div type="jPoliticalNews"> <head> <hi rendition="#fr #c"><hi rendition="#g">Schleswig=holsteinische Ange-<lb/> legenheiten </hi>.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle"> <p>Kiel, 22. Juli. Jn unserem Hauptquartier<lb/> besinden sich u. A. drei englische Berichterstatter;<lb/><cb/> erwartet werden mit Sicherheit mehrere höhere<lb/> englische Offiziere, unter ihnen ein Oberst Mal-<lb/> colm; abgegangen ins Hauptquartier sind kürzlich<lb/> der Graf Reventlou=Preetz, Mitglied der Statt-<lb/> halterschaft, der Chef des Kriegsdepartements und<lb/> der Generalstabsarzt Prof. Stromeyer.</p> </div><lb/> <div type="jArticle"> <p>Kiel, 20. Juli. Der „A. 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Wäre nicht durch den verfrühten<lb/> Abmarsch aus der gedachten dominirenden Position<lb/> der Einmarsch nothwendig geworden, so würde er<lb/> erst am 18. erfolgt sein. Glaubt übrigens die<lb/> „Deutsche Reform“, daß es eine Rechtfertigung<lb/> dafür bedarf, wenn bei vorher angekündigter dä-<lb/> nischer Jnvasion man die Hauptpositionen des ei-<lb/> genen Landes sicher stellt, so mag die feststehende<lb/> Nachricht genügen, daß im Widerspruche mit dem<lb/> zwischen Preußen und Dänemark abgeschlossenen<lb/> Protokoll vom 2. Juli die dänischen Vorposten<lb/> schon früher, wenigstens schon am 12., auf den<lb/> Düppeler Höhen, also auf dem schleswig'schen<lb/> Continente standen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle"> <p>Kiel, 22. Juli. Der kommandirende General<lb/> hat folgende Proclamation an die Armee erlassen:<lb/> Soldaten! Der Tag der Entscheidung ist da! Un-<lb/> sere Regierung hat nichts unversucht gelassen, statt<lb/> der blutigen Lösung des Streits eine friedliche her-<lb/> beizuführen. Jhr wißt es Alle, daß unsere Ver-<lb/> trauensmanner, nachdem man sie lange hingehal-<lb/> ten, zuletzt zurückgewiesen worden sind. Jetzt wird<lb/> von uns verlangt, daß wir feige unsere Waffen<lb/> von uns werfen, dann soll uns Gnade werden.<lb/> Und wer verspricht diese Gnade? Eine Partei in<lb/> Dänemark, dieselbe, welche schon einmal mit Dro-<lb/> hungen vor dem Königsschlosse unseres Herzogs<lb/> verlangte, daß unser gutes Recht gebrochen wer-<lb/> den soll. Die Gnade dieser Partei heißt: Unter-<lb/> werfung ohne irgend eine andere Sicherheit, als<lb/> Worte von zweifelhaftem Sinn. Wir wollen un-<lb/> ser Recht, wie es Männern ziemt; dafür haben<lb/> wir zum Schwert gegriffen und dafür werden wir<lb/> es führen der Partei gegenüber, welche auch Däne-<lb/> mark tyrannisirt. Sie allein ist es, welche auch<lb/> Dänemark hindert, neben uns in Frieden zu leben<lb/> und mit uns stark zu sein. Wir nehmen jetzt den<lb/> Kampf allein auf. Zwei Jahre der besten Schule<lb/> haben uns die Uebung, die Kenntniß und vor Allem<lb/> den Geist der Ordnung und des strengen Gehorsams<lb/> gegeben, welcher immer den Erfolg verbürgt. Wir<lb/> können jetzt Alles leisten u. wir wollen es. Ein Ge-<lb/> danke, ein Wille beseele uns. Ehrlos sei der, welcher<lb/> durch Mangel an Gehorsam oder Entschlossenheit<lb/> dem Vaterlande Gefahr bringt! Soldaten! Eure<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0001]
Die Bayerische Presse.
Abonnement:
Ganzjährig 6 fl.
Halbjährig 3 fl.
Vierteljährig 1 fl. 30 kr.
Monatlich für die Stadt 30 kr.
Eine constitutionell-monarchische Zeitung.
Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr.
Nr. 533.
Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe-
titzeile oder deren Raum 3 kr. Briefe
und Gelder frei.
Nr. 178. Würzburg, Freitag den 26. Juli. 1850.
Der Geächtete.
Die Polizei hat ihn ohne weiteres gefaßt, ehe
er noch sich die Hauptstadt angesehen. Es wird
Jhnen um so willkommener sein, etwas Näheres
über diese Monatschrift zu erfahren, die schwerlich
bis zu Jhnen drang. Der vollständige Titel lau-
tet: „Der Geächtete“ ( le Proscrit ) , Journal
der Universal=Republik. Um ein Organ zu ha-
ben, mußte aber diese erst existiren. Die Mitar-
beiter sind: Berjeau, Darotz, Ch. Delescluze,
Dupont, Et. Arago, Ernst Haug ( aus Wien ) ,
Leclanch é, Ledru = Rollin, Martin Bernard, J.
Mazzini, Pilette, Podolecki, Rattier, Ch. Ribey-
rolles und Wercell. Das sind die Citoyens, wel-
che die Welt in eine einzige Republik umschaffen
wollen. Gefährlich ist ihre Propaganda keines-
wegs; sie verkünden die Fraternität mit einem
furchtbaren Apparate von Drohungen und Ver-
wünschungen, und ihre Freiheit ist herrisch und
despotisch; sie trägt die blutrothe Mütze und in
ihrem Gefolge ist der Henker, wenn auch verkappt.
Man hätte „den Geächteten“ auf öffentlichem
Platze reden lassen sollen, er hätte sich selbst zu
Grunde geredet. Jetzt stehen die Herren Ledru-
Rollin, Martin Bernard, Mazzini, Et. Arago,
Rattier ec. ec. als Märtyrer da. Wo ist die Dy-
nastie Arago, wie man sich damals ausdrückte?
Jm Februar=Sturm stieg sie auf wie ein Meteor,
das bei heiterem Himmel spurlos verschwand.
„Jch ging vorüber, und sieh, er war nicht mehr,“
wie die Bibel sagt. Etienne Arago führte die
Manifestation am 13. Juni an; er mußte, das
ist das Fatalste, und nach dem Spaziergange dem
General Changarnier so ungerufen in die Quere
kam, mußte er mit den Uebrigen nach London
spazieren; es war eine Komödie; „die Verschwö-
rung wider Willen.“ Niemand glaubte an den
Erfolg, aber die Montagne wollte eine Demon-
stration. Ledru=Rollin wehrte mit Händen und
Füßen dagegen, aber er mußte vorwärts; hinter
ihm drohte der Dolch der Brüderlichkeit. Den
Citoyen Martin Bernard brauchte Niemand zu
zwingen; er war Einer der entschlossensten, weil
er Einer der beschränktesten ist; die Rolle eines
Conspirators schmeichelt seiner Schwäche. Jm
„Geachteten“ macht er seinem Grolle gegen Proud-
hon Luft und gegen de Flotte. De Flotte hat
die Sociazisten arg mystificirt; er hat keinen Schuß
gethan bei der Jnsurrektion im Juni 1848, und
er wurde zum Repräsentanten gewählt, weil er
für den Hauptführer galt. Gab es aber je in
der Welt überhaupt eine ärgere Mystification, als
diese ganze demokratische Bewegung, wo sich Nie-
mand kennt, und Einer den Anderen überlistet?
So heißt es allgemein, Proudhon, der schreckliche
Socialisten=Häuptling, stehe im Solde der Regie-
rung. Martin Bernard meint es aufrichtig, und
wenn er schließt; wer für seine Grundsätze stirbt,
hat sein Tagewerk vollbracht, so sagt er das mit
voller Ueberzeugung. Die Männer des National
werden übel mitgenommen von einem Hrn. De-
lescluze. Es geht dem National mit den Socia-
listen, wie dem Hrn. Girardin mit dem Natio-
nal; sie laufen einander nach, und Keiner will
vom Anderen was wissen. Ledru = Rollin endlich
feuert auf die Montagne. Die Stelle ist zu
merkwürdig, wir wollen sie wenigstens im Aus-
zuge mittheilen: „Wir können nicht umhin, der
Montagne zu sagen, was ihr einst die Geschichte
sagen wird. Sie hat sich des großen Namens
unwürdig gezeigt, womit ihre Feinde sie beehrt
hatten. Sie hat, ohne Auftrag dazu, über zwei
Fragen abstimmen lassen, die über alle Fragen
erhaben sind, nämlich die Constitution und das
allgemeine Stimmrecht; indem sie ihr Votum ab-
gab, hat sie, soviel an ihr war, eine radikalisch
unfähige Majorität rehabilitirt, und die Usurpa-
tion legitimirt. Und nach vollbrachtem Attentate
ist sie auf ihren Sitzen geblieben, als wenn von
da an noch eine ernstliche Opposition möglich ge-
wesen.“ Noch ein Mal, Volk, traue in Zukunft
nur Dir selbst, aber mache auch in Zukunft Nie-
manden für die Feigheit verantwortlich, die Du
möglicherweise begehen wirst. Das wurmt Le-
dru=Rollin ganz besonders, daß die Montagne auf
ihren Sitzen geblieben ist, und die Schwachheit
hat, nach wie vor 25 Francs täglich einzustrei-
chen, während er, Ledru=Rollin, sich zum Sünden-
bock hergeben, und davon laufen mußte, und gar
nichts mehr einstreiche. Und auch das wurmt ihn,
daß man über sein Entkommen durch's Fenster
gelacht, und er gibt dem Volke den Vorwurf der
Feigheit zurück. Jn Wahrheit, es steht schlecht
mit der Demokratie. Dann geht's über die jüngst-
hin ernannten Socialisten los: „Diese Feuer-
Männer, die Alles in Brand stecken sollten, diese
Offenbarer der Zukunft, neben welchen Alles Ob-
scurantismus sein sollte, sie haben sich kaum Zeit
genommen, sich zu setzen, und kaum noch hatte
die zwölfte Stunde geschlagen, so hatten sie schon
drei Mal die Revolution verleugnet, und in die
Hände der Reaktion abdicirt.“ Und zum Volke,
das er mit so harten Worten gezüchtigt, spricht
er: „Sei immer bereit, wie die ersten Christen
immer zu sterben bereit waren, und Du wirst sie-
gen wie diese. Keine eitele Schrecken! Deine
Kraft bleibe ganz für die wirkliche Gefahr; alles
sei bereit für den entscheidenden Augenblick, und
wie der Prophet sagt: alle Pfeile seien gespitzt,
und alle Bogen seien gespannt.“ Jn demselben
Tone läßt sich Mazzini vernehmen, und schließt
wie Ledru=Rollin: „Mögen unsere Brüder, wer
sie auch seien, unserem Aufrufe nachkommen!“ Es
ist aber dieß ein Aufruf zum Bürgerkrieg, und
auf den Grund dieses Verbrechens hin hat der
Procurator der Republik die Monatschrift: „der
Geächtete,“ auf der Post sowohl, als in den Bu-
reaux des Journals in Beschlag nehmen lassen,
und eine Untersuchung eingeleitet gegen den Ge-
ranten, den Drucker und Hrn. Ledru=Rollin. So-
mit hätte der berühmte Volkstribun seine Rolle
ausgespielt; nur der völlige Sieg der rothen Re-
publik könnte ihm eine neue Laufbahn eröffnen,
und dazu ist, Gott sei Dank, keine Aussicht vor-
handen. Freilich hat Frankreich noch eine schwere
Krisis zu bestehen, und ohne Bürgerkrieg wird es
nicht zur Ruhe kommen; aber keine Partei wird
die Hilfe der Montagne annehmen, und sie ist zu
schwach, um allein zu siegen.
Schleswig=holsteinische Ange-
legenheiten .
Kiel, 22. Juli. Jn unserem Hauptquartier
besinden sich u. A. drei englische Berichterstatter;
erwartet werden mit Sicherheit mehrere höhere
englische Offiziere, unter ihnen ein Oberst Mal-
colm; abgegangen ins Hauptquartier sind kürzlich
der Graf Reventlou=Preetz, Mitglied der Statt-
halterschaft, der Chef des Kriegsdepartements und
der Generalstabsarzt Prof. Stromeyer.
Kiel, 20. Juli. Der „A. M.“ enthält vom
vorstehenden Datum folgendes halboffizielle Schrei-
ben: Die „Deutsche Reform“ sprach vor Kurzem
die Ansicht aus, daß erst die sicherste Nachricht,
welche die Statthalterschaft vom Einrücken der
Dänen in Christiansfelde erhalten, sie veranlaßt
habe, die schleswig=holsteinische Armee über die
Eider gehen zu lassen. Der Grund dieser Maß-
regel ist aber vielmehr darin zu suchen, daß das
preuß. Gouvernement auf den 14. den Abmarsch
der preuß. Truppen aus Eckernförde angesetzt hatte,
obwohl derselbe nicht vor dem 17. zu geschehen
brauchte. Eckernförde liegt nur einen Tagemarsch
von der holsteinische Grenze. Wir sind veranlaßt
anzunehmen, daß die in Berlin geschehenen Schritte,
um einen spätern Abzug zu erwirken, erfolglos
geblieben sind. Wäre nicht durch den verfrühten
Abmarsch aus der gedachten dominirenden Position
der Einmarsch nothwendig geworden, so würde er
erst am 18. erfolgt sein. Glaubt übrigens die
„Deutsche Reform“, daß es eine Rechtfertigung
dafür bedarf, wenn bei vorher angekündigter dä-
nischer Jnvasion man die Hauptpositionen des ei-
genen Landes sicher stellt, so mag die feststehende
Nachricht genügen, daß im Widerspruche mit dem
zwischen Preußen und Dänemark abgeschlossenen
Protokoll vom 2. Juli die dänischen Vorposten
schon früher, wenigstens schon am 12., auf den
Düppeler Höhen, also auf dem schleswig'schen
Continente standen.
Kiel, 22. Juli. Der kommandirende General
hat folgende Proclamation an die Armee erlassen:
Soldaten! Der Tag der Entscheidung ist da! Un-
sere Regierung hat nichts unversucht gelassen, statt
der blutigen Lösung des Streits eine friedliche her-
beizuführen. Jhr wißt es Alle, daß unsere Ver-
trauensmanner, nachdem man sie lange hingehal-
ten, zuletzt zurückgewiesen worden sind. Jetzt wird
von uns verlangt, daß wir feige unsere Waffen
von uns werfen, dann soll uns Gnade werden.
Und wer verspricht diese Gnade? Eine Partei in
Dänemark, dieselbe, welche schon einmal mit Dro-
hungen vor dem Königsschlosse unseres Herzogs
verlangte, daß unser gutes Recht gebrochen wer-
den soll. Die Gnade dieser Partei heißt: Unter-
werfung ohne irgend eine andere Sicherheit, als
Worte von zweifelhaftem Sinn. Wir wollen un-
ser Recht, wie es Männern ziemt; dafür haben
wir zum Schwert gegriffen und dafür werden wir
es führen der Partei gegenüber, welche auch Däne-
mark tyrannisirt. Sie allein ist es, welche auch
Dänemark hindert, neben uns in Frieden zu leben
und mit uns stark zu sein. Wir nehmen jetzt den
Kampf allein auf. Zwei Jahre der besten Schule
haben uns die Uebung, die Kenntniß und vor Allem
den Geist der Ordnung und des strengen Gehorsams
gegeben, welcher immer den Erfolg verbürgt. Wir
können jetzt Alles leisten u. wir wollen es. Ein Ge-
danke, ein Wille beseele uns. Ehrlos sei der, welcher
durch Mangel an Gehorsam oder Entschlossenheit
dem Vaterlande Gefahr bringt! Soldaten! Eure
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Peter Fankhauser:
Transformation von TUSTEP nach TEI P5.
Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format.
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