Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Bayerische Presse. Nr. 142. Würzburg, 14. Juni 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch] fälle auf Professor Raschig in ihren Spalten
brachte.

Wien, 5. Mai. Die Fleischsalzung wird bei
uns mit dem kommenden Monat aufhören, jedoch
so, daß das Fleischhauergewerbe vorläufig noch
nicht freigegeben wird, und man einen Versuch
machen will, welche Wirkung die Concurrenz vor-
erst unter den Metzgern selbst machen wird. Jm
August wird dann die Eröffnung der Schlachthal-
len geschehen und die Ausschrottung des Flei-
sches erforderlichen Falls auch Jederman gestattet
werden.

Berlin, 9. Juni. Die mehrfachen Klagen
der demokratischen Presse über die schlechte Be-
handlung Kinkels in Spandau, haben den Mi-
nister v. Manteuffel veranlaßt, heute plötzlich und
ohne vorhergegangener Ankündigung nach Spandau
zu fahren, um sich mit eigenen Augen zu über-
zeugen, ob irgendwelche Ueberschreitung seiner An-
ordnungen stattfinde. Ein schöner Zug der Ge-
rechtigkeit und Menschlichkeit, der viel demokrati-
sches Gewäsch widerlegt!

England.

London, 7. Juni. Jn beiden Häusern des
Parlaments wurde heute die Freischaarenexpedition
nach Cuba zur Sprache gebracht. Lord Broug-
ham verlangte, die Regierung solle die Expedition
durch ihre Kreuzerschiffe in jenen Gewässern als
Seeräuber behandeln lassen. Lord Stanley fragte,
welche Weisungen sie dem Commandanten dieser
Schiffe zugesandt habe; der Marquis Lansdowne
fand aber diese Frage im gegenwärtigen Augen-
blicke unzulässig und beschränkte sich auf die Er-
klärung, daß die Regierung die Sache in Erwä-
gung genommen habe. Aehnlich war die Antwort
Lord Palmerston's im Unterhause. Der "Globe"
sagt, daß man in der City nicht ohne Besorgniß
wegen der Expedition sei, da es heiße, daß eine
große Partei auf der Jnsel mit derselben sympa-
thisire. -- Bei einem Gastmahl, welches gestern
der Marquis von Londonerry gab, sprach sich der
russische Gesandte in einem Toast sehr freundlich
über die Nothwendigkeit eines guten Einverneh-
mens zwischen England und Rußland aus.

Aus dem "Ami de la religion " entnehmen
wir folgende von einem katholischen Prälaten
Englands herrührende Nachricht: "Newman gibt
eine glänzende Reihe von Vorträgen über die
Schwierigkeiten, in welchen die anglieanische Kir-
che sich befindet. Wenigstens 600 anglicanische
Protestanten, theils Geistliche, theils Juristen neh-
men daran Theil. Ohne Zweifel ist dieses die
schwerste Krise, welche der Anglicanismus seit sei-
ner Gründung bestanden hat. Wenn die Gnade
nicht zurückgestoßen wird, so erfolgen gewiß zahl-
reiche Bekehrungen zur katholischen Kirche."

Frankreich.

C Paris, 11. Juni. Der Polizeipräfekt hat
folgendes Circular an die Polizei = Commissaire
von Paris und der Bannmeile erlassen: Paris,
8. Juni 1850. Mein Herr! Jn Paris und dem
Seinedepartement befindet sich eine ziemlich be-
trächtliche Anzahl von Fremden, deren Anwesen-
heit in den gegenwärtigen Umständen nothwendig
die Aufmerksamkeit der Behörde auf sich zieht.
Viele unter ihnen stehen im Bunde mit den
Feinden der Ordnung, und würden, in einem ge-
gebenen Momente, gemeinsame Sache mit den
Jnsurgenten machen. Alle Jene, deren hiesiger
Aufenthalt die öffentliche Sicherheit gefährdet,
müssen nach dem Gesetze vom 3. Dezember 1849
von französischem Gebiete verwiesen werden. Es
ist nothwendig, daß die Polizeikommissäre nach-
drücklich die sorgsame Ueberwachung, welcher ich
diese gefährlichen Gäste unterziehe, unterstützen.
Wollen Sie folglich die nöthige Sorge darauf
verwenden, alle zeitweilig in ihrem Bezirke sich
aufhaltenden Fremden kennen zu lernen. Vorläufig
haben Sie die genauesten Untersuchungen über Beneh-
men u. Moralität eines Jeden anzustellen u. Jhrem
Commissariate diejenigen anzuzeigen, über welche
Sie ungünstige Erkundigungen eingezogen haben.
Sobald Sie ihren Stand u. ihre Nationalität ord-
[Spaltenumbruch] nungsmäßig nachgewiesen haben, werden Sie ihnen
bekannt geben, daß die französ. Regierung ent-
schlossen ist, strenge Maßregeln gegen Jene zu
ergreifen, welche sich mit politischen Umtrieben
befaßten und deren Benehmen aus irgend einem
Grunde tadelnswerth wäre, daß sie in diesem
Falle aus Frankreich ausgewiesen und nöthigen-
falls mit Gendarmerie über die Grenze gebracht
werden. Es versteht sich von selbst, daß Sie
diese Benachrichtigung denjenigen Fremden nicht
zu Theil werden lassen, welche Jhnen personlich
als friedliche und ungefährliche Leute bekannt sind.
Sie haben mir regelmäßig und nacheinander Be-
richte einzusenden, in denen Sie über das Ergeb-
niß Jhrer Nachforschungen Rechenschaft legen, und
mir speziell die Fremden bezeichnen, welche Jhnen
der franz. Gastfreundschaft unwürdig zu sein schei-
nen. Empfangen ec. Der Polizeipräfect Carlier."
-- So oft der Präsident ausfährt, werden in sei-
nen Wagen zwei Rollen mit je 100 Fr. gesteckt,
die er vertheilt. Bei der letzten Revue hat er
10,000 Fr. an die Soldaten vertheilt. Allerdings
reicht sein gegenwärtiger Gehalt dazu nicht aus.
-- Der frühere Kanzler Pasquier und Hr. Gui-
zot begeben sich ebenfalls zu Ludwig Philipp. Ob
Mol e, ist zweifelhaft.

Schweiz.

Bern, 7. Juni. Die heutige Sitzung des
großen Raths wird von Bedeutung, und wenn
der Parteihaß nicht wieder von Neuem die Her-
zen verstockt, von segensreichen Folgen für das
Land sein, das sich nach Ruhe sehnt, und mit
Unwillen den erbitterten Kampf seiner Repräsen-
tanten wahrnimmt. Das Volk will Versöhnung,
und seine Abgeordneten stehen sich in zwei Lagern
schroff gegenüber, und mit jeder Sitzung frißt sich
der Haß tiefer in die Herzen. Schon eine Woche
sitzt der große Rath, und ist kaum über die Hälfte
der Wahlanstände hinausgekommen; wenn es so
fortgeht, kann es noch 8 Tage dauern, bis die
Regierung gewählt ist. Daß die jetzige Mehrheit
den Regierungsrath nur aus der rechten Seite
des Hauses zu wählen entschlossen scheint, das
versetzt viele edle Patrioten in Unruhe und erfüllt
sie mit der Besorgniß, welche ich in einem frühe-
ren Briefe aussprach: daß wir einer neuen Par-
teiyerrschaft entgegengehen, welche bei der Macht,
die der Radikalismus noch im Volke hat, und bei
der Zähigkeit und Schroffheit, die ihm eigen ist,
eine Reihe von erschütternden Kämpfen zur Folge
haben müßte. Die Zahl der Männer, welche mit
aller ihnen zu Gebote stehenden Kraft jeder Aus-
schließlichkeit sich zu widersetzen entschlossen sind,
ist zwar klein, es sind kaum mehr als 15 Groß-
räthe, an ihrer Spitze die HH. Röthlisberger und
Karlen von der Mühlematt. Es sind dies diesel-
ben Männer, welche sich Anfangs im Mohren
unter Ochsenbein's Protectorat als Mittelpartei
constituiren wollten, den Plan aber aufgaben, als
sie ihre geringe Zahl sahen. Da aber die conser-
vative und radikale Partei fast gleich stark sind,
so gibt dieses Centrum bei der Abstimmung den
Ausschlag. Karlen von der Mühlematt hat schon
früher der Rechten zugerufen: haltet fest an den
liberalen Grundsätzen, oder wir wenden uns von
Euch ab. Es kam die Abstimmung über die Zu-
lassung des Hrn. Abb e Belet; die Mittelpartei
schlug sich zur Linken, und die Radikalen siegten.
Schon aus diesem Factum ging die Bedeutung
dieser schwachen, aber in sich einigen Zahl von
Männern hervor. Heute nun erreichte der Haß
beider Parteien seinen Glühpunkt, als die Rechte
die Wahlen von Laufen wegen Formwidrigkeiten
kassiren wollte. Jn ungemessener Leidenschaft schleu-
derte die Linke alle nur denkbaren Vorwürfe, An-
klagen und Verdächtigungen ihren Gegnern in das
Gesicht, die in gleichem Tone antworteten. Jede
Partei beschuldigte die andere, sie stehe unter frem-
dem Einflusse, sie sei eine Auslandspartei. Als
Butzberger an den Waldshuter Verrath und an
den Stecklikrieg erinnerte und ausrief: die Rechte
muß die Wahl von Laufen genehmigen, da warf
sich ihm Karlen von der Mühlematt entgegen und
sagte: Jhr habt das Land dem Fremdenthum hin-
[Spaltenumbruch] gegeben. Die 31r Regierung hat den Boden des
Kantons durch Berufung fremder Lehrer unter-
höhlt, und die 46r Regierung hat den Fehler
nicht gut gemacht, sondern durch ihre Sympathien
mit der Propaganda verschlimmert. Darum schweigt
mit den ewigen Vorwürfen! Die Linke muß Zu-
geständnisse machen, sie muß! Butzberger dazwi-
schen: sie wird nicht! Die Discussion wurde im-
mer wilder. Da tritt Röthlisberger von Walk-
ringen auf, und ruft beiden Parteien zu: Laßt
Euren persönlichen Haß; das Volk will Beruhi-
gung; gebt die Parteistellung auf; ich stelle, um
die Versöhnung anzubahnen, den Antrag: man
möge alle Wahlen, mit Ausnahme der Pruntru-
ter, an die Commission zurückweisen, damit sie
einen Gesammtbericht erstatte und die Frage be-
gutachte: ob nicht Alle in Bausch und Bogen zu
genehmigen seien? Mehrere Radikale rufen: wir
wollen keine Versöhnung, die ärger wäre, als die
Feindschaft; Andere sind geneigt, für den Antrag
zu stimmen, insofern auch die Pruntruter Wahlen
mit inbegriffen würden. Röthlisberger erklärt, daß
das Wort: "mit Ausnahme der Pruntruter Wah-
len " aus seinem Antrag wegfallen soll. Das be-
ruhigt die Linke, und die Führer beider Parteien
rathen, man möchte um des Vaterlandes willen
den Antrag annehmen. Mit allen gegen 21 Stim-
men nimmt die Versammlung den Antrag an,
und die Commission wird schon morgen um 7 Uhr
Bericht erstatten. Ohne Zweifel werden nun alle
Wahlanstände durch eine einzige Abstimmung be-
seitigt, und hoffentlich kann der große Rath schon
morgen zu seiner Constituirung, vielleicht noch zur
Wahl des Regierungsraths schreiten.

Jtalien.

Turin, 6. Juni. Die Protestation gegen die
Gesetze Siccardi, welche der römische Staatsse-
kretär Kardinal Antonelli durch den sardinischen
Geschäftsträger zu Rom in einer demselben zuge-
stellten Note eingelegt hat, ist nun öffentlich be-
kannt und in sehr bestimmten Ausdrücken abgefaßt.
Seitdem haben sämmtliche Bischofe von Savoyen
in einer Zuschrift an die Regierung vom 24. Mai
den Widerstand des hiesigen Erzbischofs gegen
jene Gesetze ausdrücklich gutgeheißen und feierlich
erklärt, daß kein Kirchenprälat vor dem Civilrich-
ter erscheinen könne ohne Ermächtigung dazu von
Seite des hl. Stuhles. Die Bischöfe von Ta-
rantasia, Moriana, und Annecy haben das Groß-
kreuz des St. Mauritius= und Lazarus=Ordens,
das ihnen der König vor seiner Wiederabreise
aus Savoyen verliehen hatte, abgelehnt. Ferner
haben die sämmtliche Bischöfe der Kirchenprovin-
zen von Turin und Genua im Namen ihrer ge-
sammten Geistlichkeit gegen die Gesetze Siccardi
Verwahrung eingelegt. Die Verlegenheiten der
Regierung wachsen so in dem Maße, als sie auf
der so unvorsichtig beschrittenen Bahn voranzu-
schreiten sucht.

Palermo, 20. Mai. Ueber den hier stattge-
fundenen Revolutionsversuch vernimmt man Nach-
stehendes: Die Regierung, durch einzelne Solda-
ten von dem Anzuge bewaffneter Jnsurgentenhau-
fen gegen die Stadt in Kenntniß gesetzt, sendete
diesen Kavallerie und Artillerie entgegen. Nach
einem mehrstündigen Kampfe bei San Paolo wur-
den die Rebellen in die Flucht geschlagen, ohne
daß auch nur, was höchst auffällig ist, ein einzi-
ger gefangen genommen worden wäre.

   

Der "Observator di Genua" bringt die an
den König gerichtete Rede des Erzbischofs von
Chambery, woraus wir Folgendes mittheilen:
"Die Gesetze der Menschen sind schwach und un-
wirksam, wenn sie nicht im Himmel anerkannt,
ratificirt und geheiligt sind. Sire! Die Religion
und die Magistratur sind die beiden großen Stü-
tzen des Staates: der Souverain veröffentlicht
die Gesetze, die Magistratur sorgt für die äußere
Vollziehung derselben, überwacht sie und schüchtert
die Leidenschaften der Menschen ein, bestraft die
Uebertreter des Gesetzes und hält die öffentliche
Ordnung vermittelst der materiellen Gewalt auf-
recht. Wenn ihr aber erst die Religion ihren

[Spaltenumbruch] fälle auf Professor Raschig in ihren Spalten
brachte.

Wien, 5. Mai. Die Fleischsalzung wird bei
uns mit dem kommenden Monat aufhören, jedoch
so, daß das Fleischhauergewerbe vorläufig noch
nicht freigegeben wird, und man einen Versuch
machen will, welche Wirkung die Concurrenz vor-
erst unter den Metzgern selbst machen wird. Jm
August wird dann die Eröffnung der Schlachthal-
len geschehen und die Ausschrottung des Flei-
sches erforderlichen Falls auch Jederman gestattet
werden.

Berlin, 9. Juni. Die mehrfachen Klagen
der demokratischen Presse über die schlechte Be-
handlung Kinkels in Spandau, haben den Mi-
nister v. Manteuffel veranlaßt, heute plötzlich und
ohne vorhergegangener Ankündigung nach Spandau
zu fahren, um sich mit eigenen Augen zu über-
zeugen, ob irgendwelche Ueberschreitung seiner An-
ordnungen stattfinde. Ein schöner Zug der Ge-
rechtigkeit und Menschlichkeit, der viel demokrati-
sches Gewäsch widerlegt!

England.

London, 7. Juni. Jn beiden Häusern des
Parlaments wurde heute die Freischaarenexpedition
nach Cuba zur Sprache gebracht. Lord Broug-
ham verlangte, die Regierung solle die Expedition
durch ihre Kreuzerschiffe in jenen Gewässern als
Seeräuber behandeln lassen. Lord Stanley fragte,
welche Weisungen sie dem Commandanten dieser
Schiffe zugesandt habe; der Marquis Lansdowne
fand aber diese Frage im gegenwärtigen Augen-
blicke unzulässig und beschränkte sich auf die Er-
klärung, daß die Regierung die Sache in Erwä-
gung genommen habe. Aehnlich war die Antwort
Lord Palmerston's im Unterhause. Der „Globe“
sagt, daß man in der City nicht ohne Besorgniß
wegen der Expedition sei, da es heiße, daß eine
große Partei auf der Jnsel mit derselben sympa-
thisire. -- Bei einem Gastmahl, welches gestern
der Marquis von Londonerry gab, sprach sich der
russische Gesandte in einem Toast sehr freundlich
über die Nothwendigkeit eines guten Einverneh-
mens zwischen England und Rußland aus.

Aus dem „Ami de la réligion “ entnehmen
wir folgende von einem katholischen Prälaten
Englands herrührende Nachricht: „Newman gibt
eine glänzende Reihe von Vorträgen über die
Schwierigkeiten, in welchen die anglieanische Kir-
che sich befindet. Wenigstens 600 anglicanische
Protestanten, theils Geistliche, theils Juristen neh-
men daran Theil. Ohne Zweifel ist dieses die
schwerste Krise, welche der Anglicanismus seit sei-
ner Gründung bestanden hat. Wenn die Gnade
nicht zurückgestoßen wird, so erfolgen gewiß zahl-
reiche Bekehrungen zur katholischen Kirche.“

Frankreich.

C Paris, 11. Juni. Der Polizeipräfekt hat
folgendes Circular an die Polizei = Commissaire
von Paris und der Bannmeile erlassen: Paris,
8. Juni 1850. Mein Herr! Jn Paris und dem
Seinedepartement befindet sich eine ziemlich be-
trächtliche Anzahl von Fremden, deren Anwesen-
heit in den gegenwärtigen Umständen nothwendig
die Aufmerksamkeit der Behörde auf sich zieht.
Viele unter ihnen stehen im Bunde mit den
Feinden der Ordnung, und würden, in einem ge-
gebenen Momente, gemeinsame Sache mit den
Jnsurgenten machen. Alle Jene, deren hiesiger
Aufenthalt die öffentliche Sicherheit gefährdet,
müssen nach dem Gesetze vom 3. Dezember 1849
von französischem Gebiete verwiesen werden. Es
ist nothwendig, daß die Polizeikommissäre nach-
drücklich die sorgsame Ueberwachung, welcher ich
diese gefährlichen Gäste unterziehe, unterstützen.
Wollen Sie folglich die nöthige Sorge darauf
verwenden, alle zeitweilig in ihrem Bezirke sich
aufhaltenden Fremden kennen zu lernen. Vorläufig
haben Sie die genauesten Untersuchungen über Beneh-
men u. Moralität eines Jeden anzustellen u. Jhrem
Commissariate diejenigen anzuzeigen, über welche
Sie ungünstige Erkundigungen eingezogen haben.
Sobald Sie ihren Stand u. ihre Nationalität ord-
[Spaltenumbruch] nungsmäßig nachgewiesen haben, werden Sie ihnen
bekannt geben, daß die französ. Regierung ent-
schlossen ist, strenge Maßregeln gegen Jene zu
ergreifen, welche sich mit politischen Umtrieben
befaßten und deren Benehmen aus irgend einem
Grunde tadelnswerth wäre, daß sie in diesem
Falle aus Frankreich ausgewiesen und nöthigen-
falls mit Gendarmerie über die Grenze gebracht
werden. Es versteht sich von selbst, daß Sie
diese Benachrichtigung denjenigen Fremden nicht
zu Theil werden lassen, welche Jhnen personlich
als friedliche und ungefährliche Leute bekannt sind.
Sie haben mir regelmäßig und nacheinander Be-
richte einzusenden, in denen Sie über das Ergeb-
niß Jhrer Nachforschungen Rechenschaft legen, und
mir speziell die Fremden bezeichnen, welche Jhnen
der franz. Gastfreundschaft unwürdig zu sein schei-
nen. Empfangen ec. Der Polizeipräfect Carlier.“
-- So oft der Präsident ausfährt, werden in sei-
nen Wagen zwei Rollen mit je 100 Fr. gesteckt,
die er vertheilt. Bei der letzten Revue hat er
10,000 Fr. an die Soldaten vertheilt. Allerdings
reicht sein gegenwärtiger Gehalt dazu nicht aus.
-- Der frühere Kanzler Pasquier und Hr. Gui-
zot begeben sich ebenfalls zu Ludwig Philipp. Ob
Mol é, ist zweifelhaft.

Schweiz.

Bern, 7. Juni. Die heutige Sitzung des
großen Raths wird von Bedeutung, und wenn
der Parteihaß nicht wieder von Neuem die Her-
zen verstockt, von segensreichen Folgen für das
Land sein, das sich nach Ruhe sehnt, und mit
Unwillen den erbitterten Kampf seiner Repräsen-
tanten wahrnimmt. Das Volk will Versöhnung,
und seine Abgeordneten stehen sich in zwei Lagern
schroff gegenüber, und mit jeder Sitzung frißt sich
der Haß tiefer in die Herzen. Schon eine Woche
sitzt der große Rath, und ist kaum über die Hälfte
der Wahlanstände hinausgekommen; wenn es so
fortgeht, kann es noch 8 Tage dauern, bis die
Regierung gewählt ist. Daß die jetzige Mehrheit
den Regierungsrath nur aus der rechten Seite
des Hauses zu wählen entschlossen scheint, das
versetzt viele edle Patrioten in Unruhe und erfüllt
sie mit der Besorgniß, welche ich in einem frühe-
ren Briefe aussprach: daß wir einer neuen Par-
teiyerrschaft entgegengehen, welche bei der Macht,
die der Radikalismus noch im Volke hat, und bei
der Zähigkeit und Schroffheit, die ihm eigen ist,
eine Reihe von erschütternden Kämpfen zur Folge
haben müßte. Die Zahl der Männer, welche mit
aller ihnen zu Gebote stehenden Kraft jeder Aus-
schließlichkeit sich zu widersetzen entschlossen sind,
ist zwar klein, es sind kaum mehr als 15 Groß-
räthe, an ihrer Spitze die HH. Röthlisberger und
Karlen von der Mühlematt. Es sind dies diesel-
ben Männer, welche sich Anfangs im Mohren
unter Ochsenbein's Protectorat als Mittelpartei
constituiren wollten, den Plan aber aufgaben, als
sie ihre geringe Zahl sahen. Da aber die conser-
vative und radikale Partei fast gleich stark sind,
so gibt dieses Centrum bei der Abstimmung den
Ausschlag. Karlen von der Mühlematt hat schon
früher der Rechten zugerufen: haltet fest an den
liberalen Grundsätzen, oder wir wenden uns von
Euch ab. Es kam die Abstimmung über die Zu-
lassung des Hrn. Abb é Belet; die Mittelpartei
schlug sich zur Linken, und die Radikalen siegten.
Schon aus diesem Factum ging die Bedeutung
dieser schwachen, aber in sich einigen Zahl von
Männern hervor. Heute nun erreichte der Haß
beider Parteien seinen Glühpunkt, als die Rechte
die Wahlen von Laufen wegen Formwidrigkeiten
kassiren wollte. Jn ungemessener Leidenschaft schleu-
derte die Linke alle nur denkbaren Vorwürfe, An-
klagen und Verdächtigungen ihren Gegnern in das
Gesicht, die in gleichem Tone antworteten. Jede
Partei beschuldigte die andere, sie stehe unter frem-
dem Einflusse, sie sei eine Auslandspartei. Als
Butzberger an den Waldshuter Verrath und an
den Stecklikrieg erinnerte und ausrief: die Rechte
muß die Wahl von Laufen genehmigen, da warf
sich ihm Karlen von der Mühlematt entgegen und
sagte: Jhr habt das Land dem Fremdenthum hin-
[Spaltenumbruch] gegeben. Die 31r Regierung hat den Boden des
Kantons durch Berufung fremder Lehrer unter-
höhlt, und die 46r Regierung hat den Fehler
nicht gut gemacht, sondern durch ihre Sympathien
mit der Propaganda verschlimmert. Darum schweigt
mit den ewigen Vorwürfen! Die Linke muß Zu-
geständnisse machen, sie muß! Butzberger dazwi-
schen: sie wird nicht! Die Discussion wurde im-
mer wilder. Da tritt Röthlisberger von Walk-
ringen auf, und ruft beiden Parteien zu: Laßt
Euren persönlichen Haß; das Volk will Beruhi-
gung; gebt die Parteistellung auf; ich stelle, um
die Versöhnung anzubahnen, den Antrag: man
möge alle Wahlen, mit Ausnahme der Pruntru-
ter, an die Commission zurückweisen, damit sie
einen Gesammtbericht erstatte und die Frage be-
gutachte: ob nicht Alle in Bausch und Bogen zu
genehmigen seien? Mehrere Radikale rufen: wir
wollen keine Versöhnung, die ärger wäre, als die
Feindschaft; Andere sind geneigt, für den Antrag
zu stimmen, insofern auch die Pruntruter Wahlen
mit inbegriffen würden. Röthlisberger erklärt, daß
das Wort: „mit Ausnahme der Pruntruter Wah-
len “ aus seinem Antrag wegfallen soll. Das be-
ruhigt die Linke, und die Führer beider Parteien
rathen, man möchte um des Vaterlandes willen
den Antrag annehmen. Mit allen gegen 21 Stim-
men nimmt die Versammlung den Antrag an,
und die Commission wird schon morgen um 7 Uhr
Bericht erstatten. Ohne Zweifel werden nun alle
Wahlanstände durch eine einzige Abstimmung be-
seitigt, und hoffentlich kann der große Rath schon
morgen zu seiner Constituirung, vielleicht noch zur
Wahl des Regierungsraths schreiten.

Jtalien.

Turin, 6. Juni. Die Protestation gegen die
Gesetze Siccardi, welche der römische Staatsse-
kretär Kardinal Antonelli durch den sardinischen
Geschäftsträger zu Rom in einer demselben zuge-
stellten Note eingelegt hat, ist nun öffentlich be-
kannt und in sehr bestimmten Ausdrücken abgefaßt.
Seitdem haben sämmtliche Bischofe von Savoyen
in einer Zuschrift an die Regierung vom 24. Mai
den Widerstand des hiesigen Erzbischofs gegen
jene Gesetze ausdrücklich gutgeheißen und feierlich
erklärt, daß kein Kirchenprälat vor dem Civilrich-
ter erscheinen könne ohne Ermächtigung dazu von
Seite des hl. Stuhles. Die Bischöfe von Ta-
rantasia, Moriana, und Annecy haben das Groß-
kreuz des St. Mauritius= und Lazarus=Ordens,
das ihnen der König vor seiner Wiederabreise
aus Savoyen verliehen hatte, abgelehnt. Ferner
haben die sämmtliche Bischöfe der Kirchenprovin-
zen von Turin und Genua im Namen ihrer ge-
sammten Geistlichkeit gegen die Gesetze Siccardi
Verwahrung eingelegt. Die Verlegenheiten der
Regierung wachsen so in dem Maße, als sie auf
der so unvorsichtig beschrittenen Bahn voranzu-
schreiten sucht.

Palermo, 20. Mai. Ueber den hier stattge-
fundenen Revolutionsversuch vernimmt man Nach-
stehendes: Die Regierung, durch einzelne Solda-
ten von dem Anzuge bewaffneter Jnsurgentenhau-
fen gegen die Stadt in Kenntniß gesetzt, sendete
diesen Kavallerie und Artillerie entgegen. Nach
einem mehrstündigen Kampfe bei San Paolo wur-
den die Rebellen in die Flucht geschlagen, ohne
daß auch nur, was höchst auffällig ist, ein einzi-
ger gefangen genommen worden wäre.

   

Der „Observator di Genua“ bringt die an
den König gerichtete Rede des Erzbischofs von
Chambery, woraus wir Folgendes mittheilen:
„Die Gesetze der Menschen sind schwach und un-
wirksam, wenn sie nicht im Himmel anerkannt,
ratificirt und geheiligt sind. Sire! Die Religion
und die Magistratur sind die beiden großen Stü-
tzen des Staates: der Souverain veröffentlicht
die Gesetze, die Magistratur sorgt für die äußere
Vollziehung derselben, überwacht sie und schüchtert
die Leidenschaften der Menschen ein, bestraft die
Uebertreter des Gesetzes und hält die öffentliche
Ordnung vermittelst der materiellen Gewalt auf-
recht. Wenn ihr aber erst die Religion ihren

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jPoliticalNews">
        <div type="jPoliticalNews">
          <div type="jArticle">
            <p><pb facs="#f0003"/><cb/>
fälle auf Professor Raschig in ihren Spalten<lb/>
brachte.</p>
          </div><lb/>
          <div type="jArticle">
            <p>Wien, 5. Mai. Die Fleischsalzung wird bei<lb/>
uns mit dem kommenden Monat aufhören, jedoch<lb/>
so, daß das Fleischhauergewerbe vorläufig noch<lb/>
nicht freigegeben wird, und man einen Versuch<lb/>
machen will, welche Wirkung die Concurrenz vor-<lb/>
erst unter den Metzgern selbst machen wird. Jm<lb/>
August wird dann die Eröffnung der Schlachthal-<lb/>
len geschehen und die Ausschrottung des Flei-<lb/>
sches erforderlichen Falls auch Jederman gestattet<lb/>
werden.</p>
          </div><lb/>
          <div type="jArticle">
            <p>Berlin, 9. Juni. Die mehrfachen Klagen<lb/>
der demokratischen Presse über die schlechte Be-<lb/>
handlung <hi rendition="#g">Kinkels</hi> in Spandau, haben den Mi-<lb/>
nister v. Manteuffel veranlaßt, heute plötzlich und<lb/>
ohne vorhergegangener Ankündigung nach Spandau<lb/>
zu fahren, um sich mit eigenen Augen zu über-<lb/>
zeugen, ob irgendwelche Ueberschreitung seiner An-<lb/>
ordnungen stattfinde. Ein schöner Zug der Ge-<lb/>
rechtigkeit und Menschlichkeit, der viel demokrati-<lb/>
sches Gewäsch widerlegt!</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <div type="jPoliticalNews">
          <head> <hi rendition="#c #fr"><hi rendition="#g">England</hi>.</hi> </head><lb/>
          <div type="jArticle">
            <p>London, 7. Juni. Jn beiden Häusern des<lb/>
Parlaments wurde heute die Freischaarenexpedition<lb/>
nach Cuba zur Sprache gebracht. Lord Broug-<lb/>
ham verlangte, die Regierung solle die Expedition<lb/>
durch ihre Kreuzerschiffe in jenen Gewässern als<lb/>
Seeräuber behandeln lassen. Lord Stanley fragte,<lb/>
welche Weisungen sie dem Commandanten dieser<lb/>
Schiffe zugesandt habe; der Marquis Lansdowne<lb/>
fand aber diese Frage im gegenwärtigen Augen-<lb/>
blicke unzulässig und beschränkte sich auf die Er-<lb/>
klärung, daß die Regierung die Sache in Erwä-<lb/>
gung genommen habe. Aehnlich war die Antwort<lb/>
Lord Palmerston's im Unterhause. Der &#x201E;Globe&#x201C;<lb/>
sagt, daß man in der City nicht ohne Besorgniß<lb/>
wegen der Expedition sei, da es heiße, daß eine<lb/>
große Partei auf der Jnsel mit derselben sympa-<lb/>
thisire. -- Bei einem Gastmahl, welches gestern<lb/>
der Marquis von Londonerry gab, sprach sich der<lb/>
russische Gesandte in einem Toast sehr freundlich<lb/>
über die Nothwendigkeit eines guten Einverneh-<lb/>
mens zwischen England und Rußland aus.</p>
          </div><lb/>
          <div type="jArticle">
            <p>Aus dem &#x201E;Ami de la r<hi rendition="#aq">é</hi>ligion &#x201C; entnehmen<lb/>
wir folgende von einem katholischen Prälaten<lb/>
Englands herrührende Nachricht: &#x201E;Newman gibt<lb/>
eine glänzende Reihe von Vorträgen über die<lb/>
Schwierigkeiten, in welchen die anglieanische Kir-<lb/>
che sich befindet. Wenigstens 600 anglicanische<lb/>
Protestanten, theils Geistliche, theils Juristen neh-<lb/>
men daran Theil. Ohne Zweifel ist dieses die<lb/>
schwerste Krise, welche der Anglicanismus seit sei-<lb/>
ner Gründung bestanden hat. Wenn die Gnade<lb/>
nicht zurückgestoßen wird, so erfolgen gewiß zahl-<lb/>
reiche Bekehrungen zur katholischen Kirche.&#x201C;</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <div type="jPoliticalNews">
          <head> <hi rendition="#c #fr"><hi rendition="#g">Frankreich</hi>.</hi> </head><lb/>
          <div type="jArticle">
            <p><hi rendition="#aq">C</hi> Paris, 11. Juni. Der Polizeipräfekt hat<lb/>
folgendes Circular an die Polizei = Commissaire<lb/>
von Paris und der Bannmeile erlassen: <hi rendition="#g">Paris,</hi><lb/>
8. Juni 1850. Mein Herr! Jn Paris und dem<lb/>
Seinedepartement befindet sich eine ziemlich be-<lb/>
trächtliche Anzahl von Fremden, deren Anwesen-<lb/>
heit in den gegenwärtigen Umständen nothwendig<lb/>
die Aufmerksamkeit der Behörde auf sich zieht.<lb/>
Viele unter ihnen stehen im Bunde mit den<lb/>
Feinden der Ordnung, und würden, in einem ge-<lb/>
gebenen Momente, gemeinsame Sache mit den<lb/>
Jnsurgenten machen. Alle Jene, deren hiesiger<lb/>
Aufenthalt die öffentliche Sicherheit gefährdet,<lb/>
müssen nach dem Gesetze vom 3. Dezember 1849<lb/>
von französischem Gebiete verwiesen werden. Es<lb/>
ist nothwendig, daß die Polizeikommissäre nach-<lb/>
drücklich die sorgsame Ueberwachung, welcher ich<lb/>
diese gefährlichen Gäste unterziehe, unterstützen.<lb/>
Wollen Sie folglich die nöthige Sorge darauf<lb/>
verwenden, alle zeitweilig in ihrem Bezirke sich<lb/>
aufhaltenden Fremden kennen zu lernen. Vorläufig<lb/>
haben Sie die genauesten Untersuchungen über Beneh-<lb/>
men u. Moralität eines Jeden anzustellen u. Jhrem<lb/>
Commissariate diejenigen anzuzeigen, über welche<lb/>
Sie ungünstige Erkundigungen eingezogen haben.<lb/>
Sobald Sie ihren Stand u. ihre Nationalität ord-<lb/><cb/>
nungsmäßig nachgewiesen haben, werden Sie ihnen<lb/>
bekannt geben, daß die französ. Regierung ent-<lb/>
schlossen ist, strenge Maßregeln gegen Jene zu<lb/>
ergreifen, welche sich mit politischen Umtrieben<lb/>
befaßten und deren Benehmen aus irgend einem<lb/>
Grunde tadelnswerth wäre, daß sie in diesem<lb/>
Falle aus Frankreich ausgewiesen und nöthigen-<lb/>
falls mit Gendarmerie über die Grenze gebracht<lb/>
werden. Es versteht sich von selbst, daß Sie<lb/>
diese Benachrichtigung denjenigen Fremden nicht<lb/>
zu Theil werden lassen, welche Jhnen personlich<lb/>
als friedliche und ungefährliche Leute bekannt sind.<lb/>
Sie haben mir regelmäßig und nacheinander Be-<lb/>
richte einzusenden, in denen Sie über das Ergeb-<lb/>
niß Jhrer Nachforschungen Rechenschaft legen, und<lb/>
mir speziell die Fremden bezeichnen, welche Jhnen<lb/>
der franz. Gastfreundschaft unwürdig zu sein schei-<lb/>
nen. Empfangen <abbr>ec.</abbr> Der Polizeipräfect Carlier.&#x201C;<lb/>
-- So oft der Präsident ausfährt, werden in sei-<lb/>
nen Wagen zwei Rollen mit je 100 Fr. gesteckt,<lb/>
die er vertheilt. Bei der letzten Revue hat er<lb/>
10,000 Fr. an die Soldaten vertheilt. Allerdings<lb/>
reicht sein gegenwärtiger Gehalt dazu nicht aus.<lb/>
-- Der frühere Kanzler Pasquier und Hr. Gui-<lb/>
zot begeben sich ebenfalls zu Ludwig Philipp. Ob<lb/>
Mol <hi rendition="#aq">é</hi>, ist zweifelhaft.</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <div type="jPoliticalNews">
          <head> <hi rendition="#c #fr"><hi rendition="#g">Schweiz</hi>.</hi> </head><lb/>
          <div type="jArticle">
            <p>Bern, 7. Juni. Die heutige Sitzung des<lb/>
großen Raths wird von Bedeutung, und wenn<lb/>
der Parteihaß nicht wieder von Neuem die Her-<lb/>
zen verstockt, von segensreichen Folgen für das<lb/>
Land sein, das sich nach Ruhe sehnt, und mit<lb/>
Unwillen den erbitterten Kampf seiner Repräsen-<lb/>
tanten wahrnimmt. Das Volk will Versöhnung,<lb/>
und seine Abgeordneten stehen sich in zwei Lagern<lb/>
schroff gegenüber, und mit jeder Sitzung frißt sich<lb/>
der Haß tiefer in die Herzen. Schon eine Woche<lb/>
sitzt der große Rath, und ist kaum über die Hälfte<lb/>
der Wahlanstände hinausgekommen; wenn es so<lb/>
fortgeht, kann es noch 8 Tage dauern, bis die<lb/>
Regierung gewählt ist. Daß die jetzige Mehrheit<lb/>
den Regierungsrath nur aus der rechten Seite<lb/>
des Hauses zu wählen entschlossen scheint, das<lb/>
versetzt viele edle Patrioten in Unruhe und erfüllt<lb/>
sie mit der Besorgniß, welche ich in einem frühe-<lb/>
ren Briefe aussprach: daß wir einer neuen Par-<lb/>
teiyerrschaft entgegengehen, welche bei der Macht,<lb/>
die der Radikalismus noch im Volke hat, und bei<lb/>
der Zähigkeit und Schroffheit, die ihm eigen ist,<lb/>
eine Reihe von erschütternden Kämpfen zur Folge<lb/>
haben müßte. Die Zahl der Männer, welche mit<lb/>
aller ihnen zu Gebote stehenden Kraft jeder Aus-<lb/>
schließlichkeit sich zu widersetzen entschlossen sind,<lb/>
ist zwar klein, es sind kaum mehr als 15 Groß-<lb/>
räthe, an ihrer Spitze die HH. Röthlisberger und<lb/>
Karlen von der Mühlematt. Es sind dies diesel-<lb/>
ben Männer, welche sich Anfangs im Mohren<lb/>
unter Ochsenbein's Protectorat als Mittelpartei<lb/>
constituiren wollten, den Plan aber aufgaben, als<lb/>
sie ihre geringe Zahl sahen. Da aber die conser-<lb/>
vative und radikale Partei fast gleich stark sind,<lb/>
so gibt dieses Centrum bei der Abstimmung den<lb/>
Ausschlag. Karlen von der Mühlematt hat schon<lb/>
früher der Rechten zugerufen: haltet fest an den<lb/>
liberalen Grundsätzen, oder wir wenden uns von<lb/>
Euch ab. Es kam die Abstimmung über die Zu-<lb/>
lassung des Hrn. Abb <hi rendition="#aq">é</hi> Belet; die Mittelpartei<lb/>
schlug sich zur Linken, und die Radikalen siegten.<lb/>
Schon aus diesem Factum ging die Bedeutung<lb/>
dieser schwachen, aber in sich einigen Zahl von<lb/>
Männern hervor. Heute nun erreichte der Haß<lb/>
beider Parteien seinen Glühpunkt, als die Rechte<lb/>
die Wahlen von Laufen wegen Formwidrigkeiten<lb/>
kassiren wollte. Jn ungemessener Leidenschaft schleu-<lb/>
derte die Linke alle nur denkbaren Vorwürfe, An-<lb/>
klagen und Verdächtigungen ihren Gegnern in das<lb/>
Gesicht, die in gleichem Tone antworteten. Jede<lb/>
Partei beschuldigte die andere, sie stehe unter frem-<lb/>
dem Einflusse, sie sei eine Auslandspartei. Als<lb/>
Butzberger an den Waldshuter Verrath und an<lb/>
den Stecklikrieg erinnerte und ausrief: die Rechte<lb/>
muß die Wahl von Laufen genehmigen, da warf<lb/>
sich ihm Karlen von der Mühlematt entgegen und<lb/>
sagte: Jhr habt das Land dem Fremdenthum hin-<lb/><cb/>
gegeben. Die 31r Regierung hat den Boden des<lb/>
Kantons durch Berufung fremder Lehrer unter-<lb/>
höhlt, und die 46r Regierung hat den Fehler<lb/>
nicht gut gemacht, sondern durch ihre Sympathien<lb/>
mit der Propaganda verschlimmert. Darum schweigt<lb/>
mit den ewigen Vorwürfen! Die Linke muß Zu-<lb/>
geständnisse machen, sie muß! Butzberger dazwi-<lb/>
schen: sie wird nicht! Die Discussion wurde im-<lb/>
mer wilder. Da tritt Röthlisberger von Walk-<lb/>
ringen auf, und ruft beiden Parteien zu: Laßt<lb/>
Euren persönlichen Haß; das Volk will Beruhi-<lb/>
gung; gebt die Parteistellung auf; ich stelle, um<lb/>
die Versöhnung anzubahnen, den Antrag: man<lb/>
möge alle Wahlen, mit Ausnahme der Pruntru-<lb/>
ter, an die Commission zurückweisen, damit sie<lb/>
einen Gesammtbericht erstatte und die Frage be-<lb/>
gutachte: ob nicht Alle in Bausch und Bogen zu<lb/>
genehmigen seien? Mehrere Radikale rufen: wir<lb/>
wollen keine Versöhnung, die ärger wäre, als die<lb/>
Feindschaft; Andere sind geneigt, für den Antrag<lb/>
zu stimmen, insofern auch die Pruntruter Wahlen<lb/>
mit inbegriffen würden. Röthlisberger erklärt, daß<lb/>
das Wort: &#x201E;mit Ausnahme der Pruntruter Wah-<lb/>
len &#x201C; aus seinem Antrag wegfallen soll. Das be-<lb/>
ruhigt die Linke, und die Führer beider Parteien<lb/>
rathen, man möchte um des Vaterlandes willen<lb/>
den Antrag annehmen. Mit allen gegen 21 Stim-<lb/>
men nimmt die Versammlung den Antrag an,<lb/>
und die Commission wird schon morgen um 7 Uhr<lb/>
Bericht erstatten. Ohne Zweifel werden nun alle<lb/>
Wahlanstände durch eine einzige Abstimmung be-<lb/>
seitigt, und hoffentlich kann der große Rath schon<lb/>
morgen zu seiner Constituirung, vielleicht noch zur<lb/>
Wahl des Regierungsraths schreiten.</p>
            <byline>( A. Z. )</byline>
          </div>
        </div><lb/>
        <div type="jPoliticalNews">
          <head> <hi rendition="#c #fr"><hi rendition="#g">Jtalien</hi>.</hi> </head><lb/>
          <div type="jArticle">
            <p>Turin, 6. Juni. Die Protestation gegen die<lb/>
Gesetze Siccardi, welche der römische Staatsse-<lb/>
kretär Kardinal Antonelli durch den sardinischen<lb/>
Geschäftsträger zu Rom in einer demselben zuge-<lb/>
stellten Note eingelegt hat, ist nun öffentlich be-<lb/>
kannt und in sehr bestimmten Ausdrücken abgefaßt.<lb/>
Seitdem haben sämmtliche Bischofe von Savoyen<lb/>
in einer Zuschrift an die Regierung vom 24. Mai<lb/>
den Widerstand des hiesigen Erzbischofs gegen<lb/>
jene Gesetze ausdrücklich gutgeheißen und feierlich<lb/>
erklärt, daß kein Kirchenprälat vor dem Civilrich-<lb/>
ter erscheinen könne ohne Ermächtigung dazu von<lb/>
Seite des hl. Stuhles. Die Bischöfe von Ta-<lb/>
rantasia, Moriana, und Annecy haben das Groß-<lb/>
kreuz des St. Mauritius= und Lazarus=Ordens,<lb/>
das ihnen der König vor seiner Wiederabreise<lb/>
aus Savoyen verliehen hatte, abgelehnt. Ferner<lb/>
haben die sämmtliche Bischöfe der Kirchenprovin-<lb/>
zen von Turin und Genua im Namen ihrer ge-<lb/>
sammten Geistlichkeit gegen die Gesetze Siccardi<lb/>
Verwahrung eingelegt. Die Verlegenheiten der<lb/>
Regierung wachsen so in dem Maße, als sie auf<lb/>
der so unvorsichtig beschrittenen Bahn voranzu-<lb/>
schreiten sucht.</p>
          </div><lb/>
          <div type="jArticle">
            <p>Palermo, 20. Mai. Ueber den hier stattge-<lb/>
fundenen Revolutionsversuch vernimmt man Nach-<lb/>
stehendes: Die Regierung, durch einzelne Solda-<lb/>
ten von dem Anzuge bewaffneter Jnsurgentenhau-<lb/>
fen gegen die Stadt in Kenntniß gesetzt, sendete<lb/>
diesen Kavallerie und Artillerie entgegen. Nach<lb/>
einem mehrstündigen Kampfe bei San Paolo wur-<lb/>
den die Rebellen in die Flucht geschlagen, ohne<lb/>
daß auch nur, was höchst auffällig ist, ein einzi-<lb/>
ger gefangen genommen worden wäre.</p><lb/>
            <space dim="horizontal"/>
            <byline>( N. M. Z. )</byline>
          </div><lb/>
          <div type="jArticle">
            <p>Der &#x201E;Observator di Genua&#x201C; bringt die an<lb/>
den König gerichtete Rede des Erzbischofs von<lb/>
Chambery, woraus wir Folgendes mittheilen:<lb/>
&#x201E;Die Gesetze der Menschen sind schwach und un-<lb/>
wirksam, wenn sie nicht im Himmel anerkannt,<lb/>
ratificirt und geheiligt sind. Sire! Die Religion<lb/>
und die Magistratur sind die beiden großen Stü-<lb/>
tzen des Staates: der Souverain veröffentlicht<lb/>
die Gesetze, die Magistratur sorgt für die äußere<lb/>
Vollziehung derselben, überwacht sie und schüchtert<lb/>
die Leidenschaften der Menschen ein, bestraft die<lb/>
Uebertreter des Gesetzes und hält die öffentliche<lb/>
Ordnung vermittelst der materiellen Gewalt auf-<lb/>
recht. Wenn ihr aber erst die Religion ihren<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0003] fälle auf Professor Raschig in ihren Spalten brachte. Wien, 5. Mai. Die Fleischsalzung wird bei uns mit dem kommenden Monat aufhören, jedoch so, daß das Fleischhauergewerbe vorläufig noch nicht freigegeben wird, und man einen Versuch machen will, welche Wirkung die Concurrenz vor- erst unter den Metzgern selbst machen wird. Jm August wird dann die Eröffnung der Schlachthal- len geschehen und die Ausschrottung des Flei- sches erforderlichen Falls auch Jederman gestattet werden. Berlin, 9. Juni. Die mehrfachen Klagen der demokratischen Presse über die schlechte Be- handlung Kinkels in Spandau, haben den Mi- nister v. Manteuffel veranlaßt, heute plötzlich und ohne vorhergegangener Ankündigung nach Spandau zu fahren, um sich mit eigenen Augen zu über- zeugen, ob irgendwelche Ueberschreitung seiner An- ordnungen stattfinde. Ein schöner Zug der Ge- rechtigkeit und Menschlichkeit, der viel demokrati- sches Gewäsch widerlegt! England. London, 7. Juni. Jn beiden Häusern des Parlaments wurde heute die Freischaarenexpedition nach Cuba zur Sprache gebracht. Lord Broug- ham verlangte, die Regierung solle die Expedition durch ihre Kreuzerschiffe in jenen Gewässern als Seeräuber behandeln lassen. Lord Stanley fragte, welche Weisungen sie dem Commandanten dieser Schiffe zugesandt habe; der Marquis Lansdowne fand aber diese Frage im gegenwärtigen Augen- blicke unzulässig und beschränkte sich auf die Er- klärung, daß die Regierung die Sache in Erwä- gung genommen habe. Aehnlich war die Antwort Lord Palmerston's im Unterhause. Der „Globe“ sagt, daß man in der City nicht ohne Besorgniß wegen der Expedition sei, da es heiße, daß eine große Partei auf der Jnsel mit derselben sympa- thisire. -- Bei einem Gastmahl, welches gestern der Marquis von Londonerry gab, sprach sich der russische Gesandte in einem Toast sehr freundlich über die Nothwendigkeit eines guten Einverneh- mens zwischen England und Rußland aus. Aus dem „Ami de la réligion “ entnehmen wir folgende von einem katholischen Prälaten Englands herrührende Nachricht: „Newman gibt eine glänzende Reihe von Vorträgen über die Schwierigkeiten, in welchen die anglieanische Kir- che sich befindet. Wenigstens 600 anglicanische Protestanten, theils Geistliche, theils Juristen neh- men daran Theil. Ohne Zweifel ist dieses die schwerste Krise, welche der Anglicanismus seit sei- ner Gründung bestanden hat. Wenn die Gnade nicht zurückgestoßen wird, so erfolgen gewiß zahl- reiche Bekehrungen zur katholischen Kirche.“ Frankreich. C Paris, 11. Juni. Der Polizeipräfekt hat folgendes Circular an die Polizei = Commissaire von Paris und der Bannmeile erlassen: Paris, 8. Juni 1850. Mein Herr! Jn Paris und dem Seinedepartement befindet sich eine ziemlich be- trächtliche Anzahl von Fremden, deren Anwesen- heit in den gegenwärtigen Umständen nothwendig die Aufmerksamkeit der Behörde auf sich zieht. Viele unter ihnen stehen im Bunde mit den Feinden der Ordnung, und würden, in einem ge- gebenen Momente, gemeinsame Sache mit den Jnsurgenten machen. Alle Jene, deren hiesiger Aufenthalt die öffentliche Sicherheit gefährdet, müssen nach dem Gesetze vom 3. Dezember 1849 von französischem Gebiete verwiesen werden. Es ist nothwendig, daß die Polizeikommissäre nach- drücklich die sorgsame Ueberwachung, welcher ich diese gefährlichen Gäste unterziehe, unterstützen. Wollen Sie folglich die nöthige Sorge darauf verwenden, alle zeitweilig in ihrem Bezirke sich aufhaltenden Fremden kennen zu lernen. Vorläufig haben Sie die genauesten Untersuchungen über Beneh- men u. Moralität eines Jeden anzustellen u. Jhrem Commissariate diejenigen anzuzeigen, über welche Sie ungünstige Erkundigungen eingezogen haben. Sobald Sie ihren Stand u. ihre Nationalität ord- nungsmäßig nachgewiesen haben, werden Sie ihnen bekannt geben, daß die französ. Regierung ent- schlossen ist, strenge Maßregeln gegen Jene zu ergreifen, welche sich mit politischen Umtrieben befaßten und deren Benehmen aus irgend einem Grunde tadelnswerth wäre, daß sie in diesem Falle aus Frankreich ausgewiesen und nöthigen- falls mit Gendarmerie über die Grenze gebracht werden. Es versteht sich von selbst, daß Sie diese Benachrichtigung denjenigen Fremden nicht zu Theil werden lassen, welche Jhnen personlich als friedliche und ungefährliche Leute bekannt sind. Sie haben mir regelmäßig und nacheinander Be- richte einzusenden, in denen Sie über das Ergeb- niß Jhrer Nachforschungen Rechenschaft legen, und mir speziell die Fremden bezeichnen, welche Jhnen der franz. Gastfreundschaft unwürdig zu sein schei- nen. Empfangen ec. Der Polizeipräfect Carlier.“ -- So oft der Präsident ausfährt, werden in sei- nen Wagen zwei Rollen mit je 100 Fr. gesteckt, die er vertheilt. Bei der letzten Revue hat er 10,000 Fr. an die Soldaten vertheilt. Allerdings reicht sein gegenwärtiger Gehalt dazu nicht aus. -- Der frühere Kanzler Pasquier und Hr. Gui- zot begeben sich ebenfalls zu Ludwig Philipp. Ob Mol é, ist zweifelhaft. Schweiz. Bern, 7. Juni. Die heutige Sitzung des großen Raths wird von Bedeutung, und wenn der Parteihaß nicht wieder von Neuem die Her- zen verstockt, von segensreichen Folgen für das Land sein, das sich nach Ruhe sehnt, und mit Unwillen den erbitterten Kampf seiner Repräsen- tanten wahrnimmt. Das Volk will Versöhnung, und seine Abgeordneten stehen sich in zwei Lagern schroff gegenüber, und mit jeder Sitzung frißt sich der Haß tiefer in die Herzen. Schon eine Woche sitzt der große Rath, und ist kaum über die Hälfte der Wahlanstände hinausgekommen; wenn es so fortgeht, kann es noch 8 Tage dauern, bis die Regierung gewählt ist. Daß die jetzige Mehrheit den Regierungsrath nur aus der rechten Seite des Hauses zu wählen entschlossen scheint, das versetzt viele edle Patrioten in Unruhe und erfüllt sie mit der Besorgniß, welche ich in einem frühe- ren Briefe aussprach: daß wir einer neuen Par- teiyerrschaft entgegengehen, welche bei der Macht, die der Radikalismus noch im Volke hat, und bei der Zähigkeit und Schroffheit, die ihm eigen ist, eine Reihe von erschütternden Kämpfen zur Folge haben müßte. Die Zahl der Männer, welche mit aller ihnen zu Gebote stehenden Kraft jeder Aus- schließlichkeit sich zu widersetzen entschlossen sind, ist zwar klein, es sind kaum mehr als 15 Groß- räthe, an ihrer Spitze die HH. Röthlisberger und Karlen von der Mühlematt. Es sind dies diesel- ben Männer, welche sich Anfangs im Mohren unter Ochsenbein's Protectorat als Mittelpartei constituiren wollten, den Plan aber aufgaben, als sie ihre geringe Zahl sahen. Da aber die conser- vative und radikale Partei fast gleich stark sind, so gibt dieses Centrum bei der Abstimmung den Ausschlag. Karlen von der Mühlematt hat schon früher der Rechten zugerufen: haltet fest an den liberalen Grundsätzen, oder wir wenden uns von Euch ab. Es kam die Abstimmung über die Zu- lassung des Hrn. Abb é Belet; die Mittelpartei schlug sich zur Linken, und die Radikalen siegten. Schon aus diesem Factum ging die Bedeutung dieser schwachen, aber in sich einigen Zahl von Männern hervor. Heute nun erreichte der Haß beider Parteien seinen Glühpunkt, als die Rechte die Wahlen von Laufen wegen Formwidrigkeiten kassiren wollte. Jn ungemessener Leidenschaft schleu- derte die Linke alle nur denkbaren Vorwürfe, An- klagen und Verdächtigungen ihren Gegnern in das Gesicht, die in gleichem Tone antworteten. Jede Partei beschuldigte die andere, sie stehe unter frem- dem Einflusse, sie sei eine Auslandspartei. Als Butzberger an den Waldshuter Verrath und an den Stecklikrieg erinnerte und ausrief: die Rechte muß die Wahl von Laufen genehmigen, da warf sich ihm Karlen von der Mühlematt entgegen und sagte: Jhr habt das Land dem Fremdenthum hin- gegeben. Die 31r Regierung hat den Boden des Kantons durch Berufung fremder Lehrer unter- höhlt, und die 46r Regierung hat den Fehler nicht gut gemacht, sondern durch ihre Sympathien mit der Propaganda verschlimmert. Darum schweigt mit den ewigen Vorwürfen! Die Linke muß Zu- geständnisse machen, sie muß! Butzberger dazwi- schen: sie wird nicht! Die Discussion wurde im- mer wilder. Da tritt Röthlisberger von Walk- ringen auf, und ruft beiden Parteien zu: Laßt Euren persönlichen Haß; das Volk will Beruhi- gung; gebt die Parteistellung auf; ich stelle, um die Versöhnung anzubahnen, den Antrag: man möge alle Wahlen, mit Ausnahme der Pruntru- ter, an die Commission zurückweisen, damit sie einen Gesammtbericht erstatte und die Frage be- gutachte: ob nicht Alle in Bausch und Bogen zu genehmigen seien? Mehrere Radikale rufen: wir wollen keine Versöhnung, die ärger wäre, als die Feindschaft; Andere sind geneigt, für den Antrag zu stimmen, insofern auch die Pruntruter Wahlen mit inbegriffen würden. Röthlisberger erklärt, daß das Wort: „mit Ausnahme der Pruntruter Wah- len “ aus seinem Antrag wegfallen soll. Das be- ruhigt die Linke, und die Führer beider Parteien rathen, man möchte um des Vaterlandes willen den Antrag annehmen. Mit allen gegen 21 Stim- men nimmt die Versammlung den Antrag an, und die Commission wird schon morgen um 7 Uhr Bericht erstatten. Ohne Zweifel werden nun alle Wahlanstände durch eine einzige Abstimmung be- seitigt, und hoffentlich kann der große Rath schon morgen zu seiner Constituirung, vielleicht noch zur Wahl des Regierungsraths schreiten. ( A. Z. ) Jtalien. Turin, 6. Juni. Die Protestation gegen die Gesetze Siccardi, welche der römische Staatsse- kretär Kardinal Antonelli durch den sardinischen Geschäftsträger zu Rom in einer demselben zuge- stellten Note eingelegt hat, ist nun öffentlich be- kannt und in sehr bestimmten Ausdrücken abgefaßt. Seitdem haben sämmtliche Bischofe von Savoyen in einer Zuschrift an die Regierung vom 24. Mai den Widerstand des hiesigen Erzbischofs gegen jene Gesetze ausdrücklich gutgeheißen und feierlich erklärt, daß kein Kirchenprälat vor dem Civilrich- ter erscheinen könne ohne Ermächtigung dazu von Seite des hl. Stuhles. Die Bischöfe von Ta- rantasia, Moriana, und Annecy haben das Groß- kreuz des St. Mauritius= und Lazarus=Ordens, das ihnen der König vor seiner Wiederabreise aus Savoyen verliehen hatte, abgelehnt. Ferner haben die sämmtliche Bischöfe der Kirchenprovin- zen von Turin und Genua im Namen ihrer ge- sammten Geistlichkeit gegen die Gesetze Siccardi Verwahrung eingelegt. Die Verlegenheiten der Regierung wachsen so in dem Maße, als sie auf der so unvorsichtig beschrittenen Bahn voranzu- schreiten sucht. Palermo, 20. Mai. Ueber den hier stattge- fundenen Revolutionsversuch vernimmt man Nach- stehendes: Die Regierung, durch einzelne Solda- ten von dem Anzuge bewaffneter Jnsurgentenhau- fen gegen die Stadt in Kenntniß gesetzt, sendete diesen Kavallerie und Artillerie entgegen. Nach einem mehrstündigen Kampfe bei San Paolo wur- den die Rebellen in die Flucht geschlagen, ohne daß auch nur, was höchst auffällig ist, ein einzi- ger gefangen genommen worden wäre. ( N. M. Z. ) Der „Observator di Genua“ bringt die an den König gerichtete Rede des Erzbischofs von Chambery, woraus wir Folgendes mittheilen: „Die Gesetze der Menschen sind schwach und un- wirksam, wenn sie nicht im Himmel anerkannt, ratificirt und geheiligt sind. Sire! Die Religion und die Magistratur sind die beiden großen Stü- tzen des Staates: der Souverain veröffentlicht die Gesetze, die Magistratur sorgt für die äußere Vollziehung derselben, überwacht sie und schüchtert die Leidenschaften der Menschen ein, bestraft die Uebertreter des Gesetzes und hält die öffentliche Ordnung vermittelst der materiellen Gewalt auf- recht. Wenn ihr aber erst die Religion ihren

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI Transkription
Peter Fankhauser: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format.

Weitere Informationen:

Siehe Dokumentation




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische142_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische142_1850/3
Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 142. Würzburg, 14. Juni 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische142_1850/3>, abgerufen am 02.05.2024.