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Die Bayerische Presse. Nr. 113. Würzburg, 11. Mai 1850.

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[Spaltenumbruch] in verschiedenen Departements stimmen. Diesem
Uebelstande muß rasch abgeholfen werden. Die
Constitution verlange Abstimmung am eigentlichen
Wohnorte. Das Wahlgesetz erfülle diese Vor-
schrift nicht. Das Ministerium schlage daher vor,
die Aufenthaltsdauer zur Wahlfähigkeit auf drei
Jahre, d. h., auf die Dauer einer Legislative zu
verlängern. Die Bedingung des Aufenthalts werde
erkannt aus der Liste der Personalsteuer. Das
Ministerium schlage daher vor, zur Basis des
Beweises der Aufenthaltsdauer eine dreijährige
Steuerzahlung anzunehmen. Die Jndividuen, welche
bei ihren Eltern wohnen, Arbeiter und Bediente
brauchen keine Personalsteuer zu zahlen, doch müs-
sen sie drei Jahre am nämlichen Orte wohnen.
Die Soldaten sind keiner von Beiden unterwor-
sen. So wird also, der Constitution gemäß, kein
Census zu Grunde gelegt. Die Steuerzahlung
beziehe sich ja nur auf den Aufenthalts=Ausweis.
Ein fernerer Uebelstand des Wahlgesetzes ist die
Bestimmung der Jncapacitäten; das neue Gesetz
ändert sie.

Schweiz.

Bern, 2. Mai. Die "Basler Zeitung" vom
6. Mai sagt: Die in der Sitzung des National-
rathes vom 3. d. von Hrn. Bundespräsident
Druey gehaltene Rede ist ein würdiges Seiten-
stück zu den. hestigsten Klubbreden, eine schmähliche
Brandrede, bei der man sich nur schämen muß,
daß der erste Magistrat der Schweiz sich so weit
vergessen konnte. Zufällig traf es sich, daß ge-
rade nach ihm ein liberaler Walliser, Herr von
Riedmatten, das Wort hatte, der dann seine
Entrüstung in einer Weise aussprach, welche für
beide Redner charakteristisch ist. Er griff zuerst
die Eingangsworte der Druey'schen Rede auf:
"Jch sehe die Sache der Demokratie, die wahr-
haft liberale Sache in den Dekreten der Regie-
rung von Freiburg, die Angelegenheit ist von
wesentlich politischer Natur, und in politischen
Fragen gibt es keine Gerechtigkeit." -- "Diese
Lehre", sagte Hr. v. Riedmatten, "von so hoher
Seite her vorgetragen zu hören, ist mir so be-
fremdend, daß ich Mühe habe, meinen Ohren zu
trauen. Seit wann steht die Politik über der
Moral? Jmmer glaubte ich, Aufgabe der Po-
litik sei es, die sittlichen Grundfätze zu verwirk-
lichen, sie sei nur das Mittel zum Zwecke; aber
der ehrenwerthe Hr. Präsident setzt das Mittel
über den Zweck. Die politische Freiheit kann so
wenig als die bürgerliche oder religiöse Freiheit
ohne Gerechtigkeit bestehen, sie sind unzertrennbare
Anforderungen der gesellschaftlichen Ordnung.
Als Hr. v. Tillier in der schönen, kurz vorher
gesprochenen Rede mit Anspielung auf die gegen-
wärtige Lage äußerte: ""Jch wünsche nur, daß
wir nicht auf der Neige unserer politischen Exi-
stenz uns befinden,"" hatte ich Mühe, diese Aeu-
ßerung zu begreifen, ich hielt sie für übertrieben,
aber ich mußte finden, er habe Recht, als ich
hörte, wie Hr. Druey rief: ""wenn man gefehlt
hat in Freiburg, so war es darin, daß man die-
ses Jesuitennest nicht in Brand gesteckt hat.""
Jst wohl das die Lehre des Heilandes, die der
Hr. Bundespräsident in diesem Saale angerufen
hat bei Uebernahme des hohen ihm anvertrauten
Amtes? Was mich betrifft, so beschränke ich
mich, im Namen des Volkes, das ich zu vertre-
ten die Eyre habe, diese Grundsätze zurückzuwei-
sen." -- Diese Protestation eines gesunden, sitt-
lichen Gefühls gegen den Fanatismus des Hrn.
Druey zeichnet wohl am besten die Versunkenheit
unserer Zustände.

Bern, 6. Mai. Von den bis jetzt bekannten
170 Wahlen zählen die Conservativen 97 Stim-
men; 6 sind zweifelhaft, die übrigen radikal. --
Bei dem Bekanntwerden der zahlreichen conserva-
tiven Wahlen kam Schrecken über die Radikalen.
Die Regierung ließ das Zeughaus besetzen, wozu
auch die radikalen Studenten aufgeboten waren.
Mittags vernahm man Kanonendonner von Frei-
burg her; gleich wurden zwei Bataillone aufge-
[Spaltenumbruch] boten, um den treuen Freiburgern zu Hilfe zu
eilen. Heute morgen zeigte es sich nun, daß das
Schießen nur der Rückkehr des Pabstes gegolten
hat und daß der Kanton Freiburg ganz ruhig ist.

Neuestes.

München, 8. Mai. Das Finanzministe-
rium beachsichtigt, für die Pfalz in Ludwigshafen
eine Filialbank von Nürnberg zu gründen.

Frankfurt, 9. Mai. Der zum k. österreichi-
schen Commissär ernannte Graf Fr. v. Thun ist
gestern Abend hier eingetroffen und im Gasthof
zum "Römischen Kaiser" abgestiegen.

Frankfurt, 10. Mai. Dem Vernehmen nach
kehrt Herr v. Kudeck in nächster Zeit nach Wien
zurück; auch Generals F.M.L. v. Schönhals soll
Frankfurt bald verlassen, um sich wieder zur italie-
nischen Armee zu begeben.

Frankfurt, 10. Mai, Vormittags 11 Uhr.
Von den Bevollmächtigten zum Staatenkongreß
sind folgende Herren bereits ernannt: Für Oester-
reich Graf Thun; für Sachsen Hr. v. Zeschau;
für Hannover Herr Legationsrath Dettmold;
für Würtemberg Herr v. Reinhard; für Bay-
ern Herr v. Xylander; für Luxemburg Hr. v.
Scherff, für Landgrafenthum Hessen=Homburg
Hr. v. Holzhausen.

Darmstadt, 8. Mai. Die "Darmstädter
Zeitung" verkündet heute, daß der Großherzog
für weitere 6 unserer politischen Angeklagten, auf
ihr Nachsuchen, die Untersuchung niedergeschlagen
habe.

Bückeburg, 3. Mai. Den Mitgliedern des
bleibenden Landtagsausschusses ist von der Regie-
rung eröffnet worden, daß, wenn sie sich noch fer-
ner beigehen lassen sollten, sich als Mitglieder
des von der Regierung als ständisches Organ
nicht anerkannten "bleibenden Landtagsausschusses"
zu geriren, sie nach Befinden der Umstände in
eine Geldbuße von 25. Thaler genommen oder
zu achttägigem Arrest abgeführt werden
sollen.

Berlin, 8. Mai. Wie wir hören, wird au-
ßer dem 8. Armeecorps auch noch ein anderes Ar-
meecorps mobil gemacht werden. Letzteres dürfte
wohl das 6. sein. Auch spricht man davon, daß
ein Garderegiment zur Verstärkung an den Rhein
marschiren werden.

Wien, 2. Mai. Ein großes politisches Blatt
in katholischem Sinne wird nächstens hier erschei-
nen. Aktien bis zu 30,000 fl. sollen es gründen.

Wien, 7. Mai. Das Kriegsministerium hat
sich für den Bau einer Zitadelle in Lem-
berg
entschlossen.

+ Wien, 8. Mai. Der Cardinal=Erzbischof
Friedrich Fürst Schwarzenberg wird nächstens den
Erzbischöflichen Stuhl von Prag übernehmen.

Paris, 8. Mail. Der National - Versamm-
lung wurde in der heutigen Sitzung der Gesetz-
Entwurf wegen Reform des Wahlgesetzes vorge-
legt. Mit 453 gegen 187 wurde entschieden,
daß die Dringlichkeit in Betracht gezogen werden
solle, und wurde die Diskussion darüber sofort
begonnen. -- Die Mitglieder der Siebenzehner-
Commission wollen aus der Nationalversammlung
austreten, wenn ihre Vorschläge nicht durchgehen.
-- Die Regierung verstärkt die Garnison von
Paris. -- Der Präsident begibt sich morgen nach
Fontainbleau. -- Die heutigen Oppositionsblätter
führen eine drohende Sprache. -- Die Tapeten-
Arbeiter in der Vorstadt St. Antoine haben seit
gestern Abends sämmtlich dieg[unleserliches Material] Arbeit eingestellt.

Straßburg, 7. Mai. Jakob Brunner, durch
Bescheid des niederrheinischen Assisengerichts vom
1. Merz d. J. zum Tode verurtheilt, hat diesen
Morgen seine Strafe erlitten.

+ Rom, 29. April. Pater Rohan, der
Jesuitengeneral, ist hier angekommen.

[Spaltenumbruch]
Schwurgerichtsverhandlung.
I.

   Würzburg, 10. Mai.

Die erste Sitzung unseres Schwurgerichtshofes
zeigt uns auf der Anklagebank eine unmenschliche
Tochter, angeklagt des qualifizirten Mordes ihrer
alten Mutter und neben ihr die Schwester der
Gemordeten, des I. Grades der Beihülfe be-
schuldigt.

Margaretha Schultheis ungefähr 44 Jahre
alt, säßhaft in Feuerthal, eine unehliche Tochter
der Gemordeten Marg. Danz, verheirathet im J.
1845 mit dem Bauern Schultheis allda, erhielt
von ihrem Stiefbruder 280 fl. zur Pflege ihrer Mutter,
welche aber keinen Gebrauch hievon gemacht ha-
ben soll, indem sie streunend und bettelnd herum-
zog. Auch hatte sie in ihrer Wohnung, M. Danz
die Mitangeklagte, eine Stiefschwester der Gemor-
deten, gegen Abtretung ihres kleinen Vermögens,
zu verpflegen. Marg. Schultheis wurde nun im
vorigen Jahre Wittwe, suchte aber gleich in den
ersten Tagen, nach Aussage der Zeugen, welche
sie sehr heirathslustig angeben, einen Bräutigam,
was ihr auch gelang. Bei dem Heirathsvertrag
machte der Schullehrer aufmerksam auf die Ver-
bindlichkeit wegen der Sorge für ihre Mutter,
was den Bräutigam sehr unlieb schien; allein die
Schultheis suchte ihn zu beruhigen indem sie sagte:
"die kommt doch nicht!" Nun geschah es, daß
zwei Tage vor der Hochzeit die Mutter plötzlich
in einem erbärmlichen Zustande auf einen Wagen
angefahren kam. Diese war nämlich erkrankt nach
Rieneck gekommen und dort vom 24. Nov. bis
17. Dez. v. Js. verpflegt worden und nun sich
besser fühlend führte man auf einen mit Tuch
überspannten Wagen sie nach Feuerthal wo sie
Abends 8 Uhr bei ihrer Tochter anlangte. Mit
einem Hagel von Schimpfworten wurde sie von
ihrer Tochter empfangen, wobei sie unter Andern
ausrief: "Welch ein Kreuz macht mir das Weibs-
bild! Wenn nur Eines vorüber gewesen wäre!"
Auch M. Danz überhäufte mit Schimpfworten
ihre Schwester, u. sagte unter anderen "sie nehme
sie in einem so ekelhaften Zustande nicht zu sich
ins Bett." Endlich trug die Schultheis ihre Mut-
ter in die Stube und legte sie auf den Boden.
Zeugen sahen, wie sie sie hineingeworfen und mit
Füßen getreten hatte; auch M. Danz hat sie ge-
schlagen. So ließ man sie liegen ohne alle Speise.
"Sie muß verrecken," rief sie, "sie muß verhun-
gern." So verging die Nacht und der Vormit-
tag. Um 12 Uhr schleppte sie die Schultheis in
den Stall und bald darauf ließ sie die Schiedung
läuten. Bei der Leichenschau ergab sich, daß 5
Rippen der rechten 2mal und eben so viele der
linken Seite einmal gebrochen waren. Der Ma-
gen war leer und das Netz entzwei gerissen. So
sehr auch alles dieses für die Schuld der Schult-
heis zeugte, suchte sie doch Alles zu läugnen bis
zwei Zeugen aussagten, theilweise die Mißhand-
lung angesehen zu haben, worauf sie erklärte, die
Mutter einigemal gestoßen zu haben, eben dahin
gab M. Danz ihre Erklärung ab. Nachdem An-
klage und Vertheidigung der Angeklagten mehrere
Stunden in Anspruch genommen hatten, sprachen
die Geschworenen nach 2stündiger Berathung die
Schultheis schuldig des nächsten Versuches
zum Morde
und die Danz auf Beihilfe 3.
Grades. Erstere wurde zu Kettenstrafe, Letztere
zu drei Jahr Arbeitshaus verurtheilt.

Folgende Geschworenen gingen aus der Urne
hervor: Gresser, Henkel, Popp, Reck, ( Obmann ) ,
Zehnter, Fuchs, Mangold, Hannewacker, Sander,
Rüth, Schleier, Christ. Ersatzgeschworne: Jäck-
lein, Baier. -- Präsident: App.=G.=Rath Dr.
Samhaber. Staatsanwalt: App.=G.=R. Dr. Lotz.
Vertheidiger der Schultheis: Acc. Streit; der
Danz: Conc. Schmitt.



Verantwortlicher Redaktteur u. Verleger:
v. Faber.





[Ende Spaltensatz]

   Druck von Joseph [unleserliches Material - 5 Zeichen fehlen]Steib.   Hiezu das Ergänzungsblatt Nr. 37.

[Spaltenumbruch] in verschiedenen Departements stimmen. Diesem
Uebelstande muß rasch abgeholfen werden. Die
Constitution verlange Abstimmung am eigentlichen
Wohnorte. Das Wahlgesetz erfülle diese Vor-
schrift nicht. Das Ministerium schlage daher vor,
die Aufenthaltsdauer zur Wahlfähigkeit auf drei
Jahre, d. h., auf die Dauer einer Legislative zu
verlängern. Die Bedingung des Aufenthalts werde
erkannt aus der Liste der Personalsteuer. Das
Ministerium schlage daher vor, zur Basis des
Beweises der Aufenthaltsdauer eine dreijährige
Steuerzahlung anzunehmen. Die Jndividuen, welche
bei ihren Eltern wohnen, Arbeiter und Bediente
brauchen keine Personalsteuer zu zahlen, doch müs-
sen sie drei Jahre am nämlichen Orte wohnen.
Die Soldaten sind keiner von Beiden unterwor-
sen. So wird also, der Constitution gemäß, kein
Census zu Grunde gelegt. Die Steuerzahlung
beziehe sich ja nur auf den Aufenthalts=Ausweis.
Ein fernerer Uebelstand des Wahlgesetzes ist die
Bestimmung der Jncapacitäten; das neue Gesetz
ändert sie.

Schweiz.

Bern, 2. Mai. Die „Basler Zeitung“ vom
6. Mai sagt: Die in der Sitzung des National-
rathes vom 3. d. von Hrn. Bundespräsident
Druey gehaltene Rede ist ein würdiges Seiten-
stück zu den. hestigsten Klubbreden, eine schmähliche
Brandrede, bei der man sich nur schämen muß,
daß der erste Magistrat der Schweiz sich so weit
vergessen konnte. Zufällig traf es sich, daß ge-
rade nach ihm ein liberaler Walliser, Herr von
Riedmatten, das Wort hatte, der dann seine
Entrüstung in einer Weise aussprach, welche für
beide Redner charakteristisch ist. Er griff zuerst
die Eingangsworte der Druey'schen Rede auf:
„Jch sehe die Sache der Demokratie, die wahr-
haft liberale Sache in den Dekreten der Regie-
rung von Freiburg, die Angelegenheit ist von
wesentlich politischer Natur, und in politischen
Fragen gibt es keine Gerechtigkeit.“ -- „Diese
Lehre“, sagte Hr. v. Riedmatten, „von so hoher
Seite her vorgetragen zu hören, ist mir so be-
fremdend, daß ich Mühe habe, meinen Ohren zu
trauen. Seit wann steht die Politik über der
Moral? Jmmer glaubte ich, Aufgabe der Po-
litik sei es, die sittlichen Grundfätze zu verwirk-
lichen, sie sei nur das Mittel zum Zwecke; aber
der ehrenwerthe Hr. Präsident setzt das Mittel
über den Zweck. Die politische Freiheit kann so
wenig als die bürgerliche oder religiöse Freiheit
ohne Gerechtigkeit bestehen, sie sind unzertrennbare
Anforderungen der gesellschaftlichen Ordnung.
Als Hr. v. Tillier in der schönen, kurz vorher
gesprochenen Rede mit Anspielung auf die gegen-
wärtige Lage äußerte: „„Jch wünsche nur, daß
wir nicht auf der Neige unserer politischen Exi-
stenz uns befinden,““ hatte ich Mühe, diese Aeu-
ßerung zu begreifen, ich hielt sie für übertrieben,
aber ich mußte finden, er habe Recht, als ich
hörte, wie Hr. Druey rief: „„wenn man gefehlt
hat in Freiburg, so war es darin, daß man die-
ses Jesuitennest nicht in Brand gesteckt hat.““
Jst wohl das die Lehre des Heilandes, die der
Hr. Bundespräsident in diesem Saale angerufen
hat bei Uebernahme des hohen ihm anvertrauten
Amtes? Was mich betrifft, so beschränke ich
mich, im Namen des Volkes, das ich zu vertre-
ten die Eyre habe, diese Grundsätze zurückzuwei-
sen.“ -- Diese Protestation eines gesunden, sitt-
lichen Gefühls gegen den Fanatismus des Hrn.
Druey zeichnet wohl am besten die Versunkenheit
unserer Zustände.

Bern, 6. Mai. Von den bis jetzt bekannten
170 Wahlen zählen die Conservativen 97 Stim-
men; 6 sind zweifelhaft, die übrigen radikal. --
Bei dem Bekanntwerden der zahlreichen conserva-
tiven Wahlen kam Schrecken über die Radikalen.
Die Regierung ließ das Zeughaus besetzen, wozu
auch die radikalen Studenten aufgeboten waren.
Mittags vernahm man Kanonendonner von Frei-
burg her; gleich wurden zwei Bataillone aufge-
[Spaltenumbruch] boten, um den treuen Freiburgern zu Hilfe zu
eilen. Heute morgen zeigte es sich nun, daß das
Schießen nur der Rückkehr des Pabstes gegolten
hat und daß der Kanton Freiburg ganz ruhig ist.

Neuestes.

München, 8. Mai. Das Finanzministe-
rium beachsichtigt, für die Pfalz in Ludwigshafen
eine Filialbank von Nürnberg zu gründen.

Frankfurt, 9. Mai. Der zum k. österreichi-
schen Commissär ernannte Graf Fr. v. Thun ist
gestern Abend hier eingetroffen und im Gasthof
zum „Römischen Kaiser“ abgestiegen.

Frankfurt, 10. Mai. Dem Vernehmen nach
kehrt Herr v. Kudeck in nächster Zeit nach Wien
zurück; auch Generals F.M.L. v. Schönhals soll
Frankfurt bald verlassen, um sich wieder zur italie-
nischen Armee zu begeben.

Frankfurt, 10. Mai, Vormittags 11 Uhr.
Von den Bevollmächtigten zum Staatenkongreß
sind folgende Herren bereits ernannt: Für Oester-
reich Graf Thun; für Sachsen Hr. v. Zeschau;
für Hannover Herr Legationsrath Dettmold;
für Würtemberg Herr v. Reinhard; für Bay-
ern Herr v. Xylander; für Luxemburg Hr. v.
Scherff, für Landgrafenthum Hessen=Homburg
Hr. v. Holzhausen.

Darmstadt, 8. Mai. Die „Darmstädter
Zeitung“ verkündet heute, daß der Großherzog
für weitere 6 unserer politischen Angeklagten, auf
ihr Nachsuchen, die Untersuchung niedergeschlagen
habe.

Bückeburg, 3. Mai. Den Mitgliedern des
bleibenden Landtagsausschusses ist von der Regie-
rung eröffnet worden, daß, wenn sie sich noch fer-
ner beigehen lassen sollten, sich als Mitglieder
des von der Regierung als ständisches Organ
nicht anerkannten „bleibenden Landtagsausschusses“
zu geriren, sie nach Befinden der Umstände in
eine Geldbuße von 25. Thaler genommen oder
zu achttägigem Arrest abgeführt werden
sollen.

Berlin, 8. Mai. Wie wir hören, wird au-
ßer dem 8. Armeecorps auch noch ein anderes Ar-
meecorps mobil gemacht werden. Letzteres dürfte
wohl das 6. sein. Auch spricht man davon, daß
ein Garderegiment zur Verstärkung an den Rhein
marschiren werden.

Wien, 2. Mai. Ein großes politisches Blatt
in katholischem Sinne wird nächstens hier erschei-
nen. Aktien bis zu 30,000 fl. sollen es gründen.

Wien, 7. Mai. Das Kriegsministerium hat
sich für den Bau einer Zitadelle in Lem-
berg
entschlossen.

+ Wien, 8. Mai. Der Cardinal=Erzbischof
Friedrich Fürst Schwarzenberg wird nächstens den
Erzbischöflichen Stuhl von Prag übernehmen.

Paris, 8. Mail. Der National - Versamm-
lung wurde in der heutigen Sitzung der Gesetz-
Entwurf wegen Reform des Wahlgesetzes vorge-
legt. Mit 453 gegen 187 wurde entschieden,
daß die Dringlichkeit in Betracht gezogen werden
solle, und wurde die Diskussion darüber sofort
begonnen. -- Die Mitglieder der Siebenzehner-
Commission wollen aus der Nationalversammlung
austreten, wenn ihre Vorschläge nicht durchgehen.
-- Die Regierung verstärkt die Garnison von
Paris. -- Der Präsident begibt sich morgen nach
Fontainbleau. -- Die heutigen Oppositionsblätter
führen eine drohende Sprache. -- Die Tapeten-
Arbeiter in der Vorstadt St. Antoine haben seit
gestern Abends sämmtlich dieg[unleserliches Material] Arbeit eingestellt.

Straßburg, 7. Mai. Jakob Brunner, durch
Bescheid des niederrheinischen Assisengerichts vom
1. Merz d. J. zum Tode verurtheilt, hat diesen
Morgen seine Strafe erlitten.

+ Rom, 29. April. Pater Rohan, der
Jesuitengeneral, ist hier angekommen.

[Spaltenumbruch]
Schwurgerichtsverhandlung.
I.

   Würzburg, 10. Mai.

Die erste Sitzung unseres Schwurgerichtshofes
zeigt uns auf der Anklagebank eine unmenschliche
Tochter, angeklagt des qualifizirten Mordes ihrer
alten Mutter und neben ihr die Schwester der
Gemordeten, des I. Grades der Beihülfe be-
schuldigt.

Margaretha Schultheis ungefähr 44 Jahre
alt, säßhaft in Feuerthal, eine unehliche Tochter
der Gemordeten Marg. Danz, verheirathet im J.
1845 mit dem Bauern Schultheis allda, erhielt
von ihrem Stiefbruder 280 fl. zur Pflege ihrer Mutter,
welche aber keinen Gebrauch hievon gemacht ha-
ben soll, indem sie streunend und bettelnd herum-
zog. Auch hatte sie in ihrer Wohnung, M. Danz
die Mitangeklagte, eine Stiefschwester der Gemor-
deten, gegen Abtretung ihres kleinen Vermögens,
zu verpflegen. Marg. Schultheis wurde nun im
vorigen Jahre Wittwe, suchte aber gleich in den
ersten Tagen, nach Aussage der Zeugen, welche
sie sehr heirathslustig angeben, einen Bräutigam,
was ihr auch gelang. Bei dem Heirathsvertrag
machte der Schullehrer aufmerksam auf die Ver-
bindlichkeit wegen der Sorge für ihre Mutter,
was den Bräutigam sehr unlieb schien; allein die
Schultheis suchte ihn zu beruhigen indem sie sagte:
„die kommt doch nicht!“ Nun geschah es, daß
zwei Tage vor der Hochzeit die Mutter plötzlich
in einem erbärmlichen Zustande auf einen Wagen
angefahren kam. Diese war nämlich erkrankt nach
Rieneck gekommen und dort vom 24. Nov. bis
17. Dez. v. Js. verpflegt worden und nun sich
besser fühlend führte man auf einen mit Tuch
überspannten Wagen sie nach Feuerthal wo sie
Abends 8 Uhr bei ihrer Tochter anlangte. Mit
einem Hagel von Schimpfworten wurde sie von
ihrer Tochter empfangen, wobei sie unter Andern
ausrief: „Welch ein Kreuz macht mir das Weibs-
bild! Wenn nur Eines vorüber gewesen wäre!“
Auch M. Danz überhäufte mit Schimpfworten
ihre Schwester, u. sagte unter anderen „sie nehme
sie in einem so ekelhaften Zustande nicht zu sich
ins Bett.“ Endlich trug die Schultheis ihre Mut-
ter in die Stube und legte sie auf den Boden.
Zeugen sahen, wie sie sie hineingeworfen und mit
Füßen getreten hatte; auch M. Danz hat sie ge-
schlagen. So ließ man sie liegen ohne alle Speise.
„Sie muß verrecken,“ rief sie, „sie muß verhun-
gern.“ So verging die Nacht und der Vormit-
tag. Um 12 Uhr schleppte sie die Schultheis in
den Stall und bald darauf ließ sie die Schiedung
läuten. Bei der Leichenschau ergab sich, daß 5
Rippen der rechten 2mal und eben so viele der
linken Seite einmal gebrochen waren. Der Ma-
gen war leer und das Netz entzwei gerissen. So
sehr auch alles dieses für die Schuld der Schult-
heis zeugte, suchte sie doch Alles zu läugnen bis
zwei Zeugen aussagten, theilweise die Mißhand-
lung angesehen zu haben, worauf sie erklärte, die
Mutter einigemal gestoßen zu haben, eben dahin
gab M. Danz ihre Erklärung ab. Nachdem An-
klage und Vertheidigung der Angeklagten mehrere
Stunden in Anspruch genommen hatten, sprachen
die Geschworenen nach 2stündiger Berathung die
Schultheis schuldig des nächsten Versuches
zum Morde
und die Danz auf Beihilfe 3.
Grades. Erstere wurde zu Kettenstrafe, Letztere
zu drei Jahr Arbeitshaus verurtheilt.

Folgende Geschworenen gingen aus der Urne
hervor: Gresser, Henkel, Popp, Reck, ( Obmann ) ,
Zehnter, Fuchs, Mangold, Hannewacker, Sander,
Rüth, Schleier, Christ. Ersatzgeschworne: Jäck-
lein, Baier. -- Präsident: App.=G.=Rath Dr.
Samhaber. Staatsanwalt: App.=G.=R. Dr. Lotz.
Vertheidiger der Schultheis: Acc. Streit; der
Danz: Conc. Schmitt.



Verantwortlicher Redaktteur u. Verleger:
v. Faber.





[Ende Spaltensatz]

   Druck von Joseph [unleserliches Material – 5 Zeichen fehlen]Steib.   Hiezu das Ergänzungsblatt Nr. 37.

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[0004] in verschiedenen Departements stimmen. Diesem Uebelstande muß rasch abgeholfen werden. Die Constitution verlange Abstimmung am eigentlichen Wohnorte. Das Wahlgesetz erfülle diese Vor- schrift nicht. Das Ministerium schlage daher vor, die Aufenthaltsdauer zur Wahlfähigkeit auf drei Jahre, d. h., auf die Dauer einer Legislative zu verlängern. Die Bedingung des Aufenthalts werde erkannt aus der Liste der Personalsteuer. Das Ministerium schlage daher vor, zur Basis des Beweises der Aufenthaltsdauer eine dreijährige Steuerzahlung anzunehmen. Die Jndividuen, welche bei ihren Eltern wohnen, Arbeiter und Bediente brauchen keine Personalsteuer zu zahlen, doch müs- sen sie drei Jahre am nämlichen Orte wohnen. Die Soldaten sind keiner von Beiden unterwor- sen. So wird also, der Constitution gemäß, kein Census zu Grunde gelegt. Die Steuerzahlung beziehe sich ja nur auf den Aufenthalts=Ausweis. Ein fernerer Uebelstand des Wahlgesetzes ist die Bestimmung der Jncapacitäten; das neue Gesetz ändert sie. Schweiz. Bern, 2. Mai. Die „Basler Zeitung“ vom 6. Mai sagt: Die in der Sitzung des National- rathes vom 3. d. von Hrn. Bundespräsident Druey gehaltene Rede ist ein würdiges Seiten- stück zu den. hestigsten Klubbreden, eine schmähliche Brandrede, bei der man sich nur schämen muß, daß der erste Magistrat der Schweiz sich so weit vergessen konnte. Zufällig traf es sich, daß ge- rade nach ihm ein liberaler Walliser, Herr von Riedmatten, das Wort hatte, der dann seine Entrüstung in einer Weise aussprach, welche für beide Redner charakteristisch ist. Er griff zuerst die Eingangsworte der Druey'schen Rede auf: „Jch sehe die Sache der Demokratie, die wahr- haft liberale Sache in den Dekreten der Regie- rung von Freiburg, die Angelegenheit ist von wesentlich politischer Natur, und in politischen Fragen gibt es keine Gerechtigkeit.“ -- „Diese Lehre“, sagte Hr. v. Riedmatten, „von so hoher Seite her vorgetragen zu hören, ist mir so be- fremdend, daß ich Mühe habe, meinen Ohren zu trauen. Seit wann steht die Politik über der Moral? Jmmer glaubte ich, Aufgabe der Po- litik sei es, die sittlichen Grundfätze zu verwirk- lichen, sie sei nur das Mittel zum Zwecke; aber der ehrenwerthe Hr. Präsident setzt das Mittel über den Zweck. Die politische Freiheit kann so wenig als die bürgerliche oder religiöse Freiheit ohne Gerechtigkeit bestehen, sie sind unzertrennbare Anforderungen der gesellschaftlichen Ordnung. Als Hr. v. Tillier in der schönen, kurz vorher gesprochenen Rede mit Anspielung auf die gegen- wärtige Lage äußerte: „„Jch wünsche nur, daß wir nicht auf der Neige unserer politischen Exi- stenz uns befinden,““ hatte ich Mühe, diese Aeu- ßerung zu begreifen, ich hielt sie für übertrieben, aber ich mußte finden, er habe Recht, als ich hörte, wie Hr. Druey rief: „„wenn man gefehlt hat in Freiburg, so war es darin, daß man die- ses Jesuitennest nicht in Brand gesteckt hat.““ Jst wohl das die Lehre des Heilandes, die der Hr. Bundespräsident in diesem Saale angerufen hat bei Uebernahme des hohen ihm anvertrauten Amtes? Was mich betrifft, so beschränke ich mich, im Namen des Volkes, das ich zu vertre- ten die Eyre habe, diese Grundsätze zurückzuwei- sen.“ -- Diese Protestation eines gesunden, sitt- lichen Gefühls gegen den Fanatismus des Hrn. Druey zeichnet wohl am besten die Versunkenheit unserer Zustände. Bern, 6. Mai. Von den bis jetzt bekannten 170 Wahlen zählen die Conservativen 97 Stim- men; 6 sind zweifelhaft, die übrigen radikal. -- Bei dem Bekanntwerden der zahlreichen conserva- tiven Wahlen kam Schrecken über die Radikalen. Die Regierung ließ das Zeughaus besetzen, wozu auch die radikalen Studenten aufgeboten waren. Mittags vernahm man Kanonendonner von Frei- burg her; gleich wurden zwei Bataillone aufge- boten, um den treuen Freiburgern zu Hilfe zu eilen. Heute morgen zeigte es sich nun, daß das Schießen nur der Rückkehr des Pabstes gegolten hat und daß der Kanton Freiburg ganz ruhig ist. Neuestes. München, 8. Mai. Das Finanzministe- rium beachsichtigt, für die Pfalz in Ludwigshafen eine Filialbank von Nürnberg zu gründen. Frankfurt, 9. Mai. Der zum k. österreichi- schen Commissär ernannte Graf Fr. v. Thun ist gestern Abend hier eingetroffen und im Gasthof zum „Römischen Kaiser“ abgestiegen. Frankfurt, 10. Mai. Dem Vernehmen nach kehrt Herr v. Kudeck in nächster Zeit nach Wien zurück; auch Generals F.M.L. v. Schönhals soll Frankfurt bald verlassen, um sich wieder zur italie- nischen Armee zu begeben. Frankfurt, 10. Mai, Vormittags 11 Uhr. Von den Bevollmächtigten zum Staatenkongreß sind folgende Herren bereits ernannt: Für Oester- reich Graf Thun; für Sachsen Hr. v. Zeschau; für Hannover Herr Legationsrath Dettmold; für Würtemberg Herr v. Reinhard; für Bay- ern Herr v. Xylander; für Luxemburg Hr. v. Scherff, für Landgrafenthum Hessen=Homburg Hr. v. Holzhausen. Darmstadt, 8. Mai. Die „Darmstädter Zeitung“ verkündet heute, daß der Großherzog für weitere 6 unserer politischen Angeklagten, auf ihr Nachsuchen, die Untersuchung niedergeschlagen habe. Bückeburg, 3. Mai. Den Mitgliedern des bleibenden Landtagsausschusses ist von der Regie- rung eröffnet worden, daß, wenn sie sich noch fer- ner beigehen lassen sollten, sich als Mitglieder des von der Regierung als ständisches Organ nicht anerkannten „bleibenden Landtagsausschusses“ zu geriren, sie nach Befinden der Umstände in eine Geldbuße von 25. Thaler genommen oder zu achttägigem Arrest abgeführt werden sollen. Berlin, 8. Mai. Wie wir hören, wird au- ßer dem 8. Armeecorps auch noch ein anderes Ar- meecorps mobil gemacht werden. Letzteres dürfte wohl das 6. sein. Auch spricht man davon, daß ein Garderegiment zur Verstärkung an den Rhein marschiren werden. Wien, 2. Mai. Ein großes politisches Blatt in katholischem Sinne wird nächstens hier erschei- nen. Aktien bis zu 30,000 fl. sollen es gründen. Wien, 7. Mai. Das Kriegsministerium hat sich für den Bau einer Zitadelle in Lem- berg entschlossen. + Wien, 8. Mai. Der Cardinal=Erzbischof Friedrich Fürst Schwarzenberg wird nächstens den Erzbischöflichen Stuhl von Prag übernehmen. Paris, 8. Mail. Der National - Versamm- lung wurde in der heutigen Sitzung der Gesetz- Entwurf wegen Reform des Wahlgesetzes vorge- legt. Mit 453 gegen 187 wurde entschieden, daß die Dringlichkeit in Betracht gezogen werden solle, und wurde die Diskussion darüber sofort begonnen. -- Die Mitglieder der Siebenzehner- Commission wollen aus der Nationalversammlung austreten, wenn ihre Vorschläge nicht durchgehen. -- Die Regierung verstärkt die Garnison von Paris. -- Der Präsident begibt sich morgen nach Fontainbleau. -- Die heutigen Oppositionsblätter führen eine drohende Sprache. -- Die Tapeten- Arbeiter in der Vorstadt St. Antoine haben seit gestern Abends sämmtlich dieg_ Arbeit eingestellt. ( K. Z. ) Straßburg, 7. Mai. Jakob Brunner, durch Bescheid des niederrheinischen Assisengerichts vom 1. Merz d. J. zum Tode verurtheilt, hat diesen Morgen seine Strafe erlitten. + Rom, 29. April. Pater Rohan, der Jesuitengeneral, ist hier angekommen. Schwurgerichtsverhandlung. I. Würzburg, 10. Mai. Die erste Sitzung unseres Schwurgerichtshofes zeigt uns auf der Anklagebank eine unmenschliche Tochter, angeklagt des qualifizirten Mordes ihrer alten Mutter und neben ihr die Schwester der Gemordeten, des I. Grades der Beihülfe be- schuldigt. Margaretha Schultheis ungefähr 44 Jahre alt, säßhaft in Feuerthal, eine unehliche Tochter der Gemordeten Marg. Danz, verheirathet im J. 1845 mit dem Bauern Schultheis allda, erhielt von ihrem Stiefbruder 280 fl. zur Pflege ihrer Mutter, welche aber keinen Gebrauch hievon gemacht ha- ben soll, indem sie streunend und bettelnd herum- zog. Auch hatte sie in ihrer Wohnung, M. Danz die Mitangeklagte, eine Stiefschwester der Gemor- deten, gegen Abtretung ihres kleinen Vermögens, zu verpflegen. Marg. Schultheis wurde nun im vorigen Jahre Wittwe, suchte aber gleich in den ersten Tagen, nach Aussage der Zeugen, welche sie sehr heirathslustig angeben, einen Bräutigam, was ihr auch gelang. Bei dem Heirathsvertrag machte der Schullehrer aufmerksam auf die Ver- bindlichkeit wegen der Sorge für ihre Mutter, was den Bräutigam sehr unlieb schien; allein die Schultheis suchte ihn zu beruhigen indem sie sagte: „die kommt doch nicht!“ Nun geschah es, daß zwei Tage vor der Hochzeit die Mutter plötzlich in einem erbärmlichen Zustande auf einen Wagen angefahren kam. Diese war nämlich erkrankt nach Rieneck gekommen und dort vom 24. Nov. bis 17. Dez. v. Js. verpflegt worden und nun sich besser fühlend führte man auf einen mit Tuch überspannten Wagen sie nach Feuerthal wo sie Abends 8 Uhr bei ihrer Tochter anlangte. Mit einem Hagel von Schimpfworten wurde sie von ihrer Tochter empfangen, wobei sie unter Andern ausrief: „Welch ein Kreuz macht mir das Weibs- bild! Wenn nur Eines vorüber gewesen wäre!“ Auch M. Danz überhäufte mit Schimpfworten ihre Schwester, u. sagte unter anderen „sie nehme sie in einem so ekelhaften Zustande nicht zu sich ins Bett.“ Endlich trug die Schultheis ihre Mut- ter in die Stube und legte sie auf den Boden. Zeugen sahen, wie sie sie hineingeworfen und mit Füßen getreten hatte; auch M. Danz hat sie ge- schlagen. So ließ man sie liegen ohne alle Speise. „Sie muß verrecken,“ rief sie, „sie muß verhun- gern.“ So verging die Nacht und der Vormit- tag. Um 12 Uhr schleppte sie die Schultheis in den Stall und bald darauf ließ sie die Schiedung läuten. Bei der Leichenschau ergab sich, daß 5 Rippen der rechten 2mal und eben so viele der linken Seite einmal gebrochen waren. Der Ma- gen war leer und das Netz entzwei gerissen. So sehr auch alles dieses für die Schuld der Schult- heis zeugte, suchte sie doch Alles zu läugnen bis zwei Zeugen aussagten, theilweise die Mißhand- lung angesehen zu haben, worauf sie erklärte, die Mutter einigemal gestoßen zu haben, eben dahin gab M. Danz ihre Erklärung ab. Nachdem An- klage und Vertheidigung der Angeklagten mehrere Stunden in Anspruch genommen hatten, sprachen die Geschworenen nach 2stündiger Berathung die Schultheis schuldig des nächsten Versuches zum Morde und die Danz auf Beihilfe 3. Grades. Erstere wurde zu Kettenstrafe, Letztere zu drei Jahr Arbeitshaus verurtheilt. Folgende Geschworenen gingen aus der Urne hervor: Gresser, Henkel, Popp, Reck, ( Obmann ) , Zehnter, Fuchs, Mangold, Hannewacker, Sander, Rüth, Schleier, Christ. Ersatzgeschworne: Jäck- lein, Baier. -- Präsident: App.=G.=Rath Dr. Samhaber. Staatsanwalt: App.=G.=R. Dr. Lotz. Vertheidiger der Schultheis: Acc. Streit; der Danz: Conc. Schmitt. Verantwortlicher Redaktteur u. Verleger: v. Faber. Druck von Joseph _____Steib. Hiezu das Ergänzungsblatt Nr. 37.

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 113. Würzburg, 11. Mai 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische113_1850/4>, abgerufen am 20.04.2024.