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Badener Zeitung. Nr. 73, Baden (Niederösterreich), 12.09.1906.

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Mittwoch Badener Zeitung 12. September 1906. Nr. 73.

[Spaltenumbruch]

abends 8 Uhr: Gesellige Zusammenkunft im Hotel
"zur Schäferin"; Samstag, den 15.: Vorversamm-
lung in der Kirche, nachmittags gemeinsamer Ausflug
in die Umgebung, abends 8 Uhr: Geselliges Zu-
sammenfinden im Hotel "Stadt Wien"; Sonntag,
den 16.: Festgottesdienst und öffentliche Hauptver-
sammlung; Montag, den 17.: Vormittags 9 Uhr:
Spaziergang ins Helenental zur "alten Krainerhütte".

-- Was wird an der kaufmännischen
Fortbildungsschule in Warenkunde und
in Kalligraphie gelehrt?

Siehe die letzten
drei Nummern dieses Blattes. Warenkunde. Lehr-
ziel: Kenntnis der allerwichtigsten Waren des Welt-
handels nach ihren Haupteigenschaften, ihrer Ge-
winnung, Verwendung und ihren am meisten vor-
kommenden Verfälschungen. Die Auswahl muß sich
nach den lokalen Bedürfnissen der einzelnen Schulen
richten. Der Unterricht soll möglichst Anschauungs-
unterricht sein. III. Klasse: wöchentlich 1 Stunde.
a) Aus dem Pflanzenreiche: die wichtigsten Nahrungs-
und Genußmittel, Hölzer, Gerb- und Spinnstoffe,
b) aus dem Tierreiche: Seide, Wolle, Häute, Fett,
Federn u. s. w. und c) aus dem Mineralreiche:
Kohle, Petroleum, Eisen, Salz, Kalk u. s. w. An-
knüpfend sollen die wichtigsten Fabriksartikel, welche
aus den Rohstoffen gewonnen werden, besprochen
werden, wie Gewebe, Metallwaren, Säuren etc. --
Kalligraphie. Lehrziel: Heranbildung einer ge-
fälligen und geläufigen Handschrift. I. Klasse: wöchent-
lich 1 Srunde. Vielfache Uebung in Kurrent- und
Lateinschrift. II. Klasse: wöchentlich 1 Stunde. Das
kaufmännische Schreiben (kurrent und englisch) mit Rück-
sicht auf die Methode im Schnellschreiben; die Rondschrift
in verschiedenen Größen; kaufmännische Signaturen.

-- Eine Generalprobe von "1001 Nacht"

fand Montag vormittags um 1/29 Uhr statt. Zu der-
selben war seitens der Direktion der gesamte Gemeinde-
ausschuß geladen gewesen.

-- Der landwirtschaftliche Bezirks-
verein Baden

unternimmt Sonntag, den 16. d. M.
eine Exkursion nach Dornau zur Besichtigung der
dortigen Landes-Rebanlagen.

-- Versammlung der Ortsgruppe
Kottingbrunn des Vereines "Freie
Schule".

Samstag, den 15. d. M., 7 Uhr abends,
findet in Kottingbrunn in Schnöller's Gasthaus eine
Versammlung der Ortsgruppe Kottingbrunn des Ver-
eines "Freie Schule" statt, deren Tagesordnung sich
mit den Bestimmungen der neuen Unterrichtsordnung
betreffend die Verpflichtung der Schulkinder zur
Teilnahme an den religiösen Uebungen beschäftigt.

-- Jugendlicher Leichtsinn.

Die beiden
Fabriksarbeiter Ferdinand Oborill und Johann
Brandstätter, zwei im jugendlichsten Alter stehende
Bursche, stahlen am 8. d. M. aus einer Zeughütte
in Gainfarn drei Kilogramm Sprengpulver. Im Sack-
tuche und in einem Hute transportierten sie das ge-
stohlene Gut weg. Vor dem Hause Nr. 11 verstreute
Oborill einen Teil und während er mit dem Ein-
räumen beschäftigt war, entfiel dem Brandstätter die




in den höheren Luftschichten der Nordostwind die
Oberhand gewinnt. "Die Bora hängt am Gebirge",
sagt das Volk.

Eine kühle Brise wehte vom Festland her, als
am Nachmittage vier Segelboote durch die Meerenge
ins offene Meer schossen, wo sie sich vor dem Insel-
fort Mamula in eine Reihe stellten. Die Diener
folgten auf eigenen Kähnen nach.

Am linken Flügel hielt Marina's Segelboot. Am
Vorderdeck saß Eudoxia, am Steuerbord der alte
Kapitän. Marina machte sich mit den Segeltauen
zu schaffen und besprach sich mit seiner Braut.

Auf dem nächsten Boote befanden sich Hugo,
Mutter Vladic und ein alter Fischer; weiterhin zwei
andere bemannte Segler aus Rose.

"Vento in puppo" -- Vor dem Winde hin --
rief der Kapitän.

Die Segel blähten sich, spannten sich, faßten
Luft und die Boote schossen vor dem Winde hin
über die Wasseroberfläche. Anfangs segelten sie in
gleicher Reihe; da zieht Marina plötzlich ungeschickt
am Segeltau und dreht das Segel so, daß sein
Boot sich gegen das Land wendet.

"Was gibt es denn?" fragt Vladic.

"Die Taue haben sich verwickelt!" antwortet
Marino. Kommt, Vater Nikefor, bringt sie in Ordnung,
unterdessen will ich steuern".

"Gut! Aber halt fest und geradeaus, damit wir
wieder in die Reihe gelangen", spricht der Alte und
macht ihm Platz, um selbst am Mitteldeck das Segel
zu befestigen.

Schluß folgt.




[Spaltenumbruch]

Zigarre aus dem Munde und direkt auf das Pulver,
das zur Explosion gebracht wurde und die Kleider
Oborill's in Brand steckte. Auf die Hilferufe eilten
Leute herbei, welche ihm die Kleider vom Leibe rissen,
während Brandstätter sich flüchtete. Oborill hatte jedoch
bereits solche Brandwunden erlitten, daß er in schwer-
verletztem Zustande in das hiesige Spital trausportiert
werden mußte. Gegen die beiden Bursche wurde die
Anzeige erstattet und Brandstätter auch bereits dem
Bezirksgerichte eingeliefert.

-- Unglückschronik.

Sonntag mittags wurde
in einem hiesigen Restaurant der Kurgast Herr B.
von einem Schlaganfalle heimgesucht und mußte in
das Spital transportiert werden. -- Freitag wurde in
Nöstach der Taglöhner Anton Biswanger, der in
einer Sandgrube beschäftigt war, von einer herab-
fallenden Erdmasse verschüttet und mußte in schwer
verletztem Zustande in das Spital nach Baden trans-
portiert werden. -- Am selben Tage fiel der in der
Schönauer Baumwollspinnerei beschäftigten Tag-
löhnerin Rosa Gebhart ein Warentransportaufzug
auf den Kopf, wodurch sie schwere Verletzungen erlitt
und ebenfalls in das hiesige Spital transportiert
werden mußte.

-- Selbstmord.

Der Taglöhner Johann
Pokorny aus Ober-Waltersdorf feuerte am 7. d. M.
in selbstmörderischer Absicht drei Schüsse gegen seinen
Körper ab und wurde in das Rath'sche Spital trans-
portiert, wo er seinen Verletzungen erlegen ist. Ein
unheilbares Leiden trieb den Mann in den Tod.

-- Vergiftung durch Tollkirschen.

Auf
eine grauenhafte Art verunglückten Samstag nach-
mittags 5 Kinder in Wagram bei Leobersdorf. Die-
selben badeten sich um die genannte Zeit im Wr. Neu-
städter Kanale. Auf dem Heimwege nahmen sie ihnen
unbekannte Beeren zu sich, nach derem Genuße sie
zu hause heftig erkrankten. Dem herbeigerufenen Ge-
meindearzt, der schon an den äußern Erscheinungen
Vergiftung konstatieren konnte, gelang es jedoch trotz
der sofort verabreichten Gegenmittel nur zwei der
Kinder zu retten. Ein zehn- und ein elfjähriger Sohn
des Fabriksarbeiters Josef Czakat starben noch im
Laufe der Nacht und ein zwölfjahriges Mädchen Sonn-
tags früh, während die 6 und 8jährigen Söhne des
im gleichen Hause wohnenden Fabriksarbeiters Josef
Lehnfeld vielleicht am Leben erhalten bleiben dürf-
ten. Durch die Aussagen der letztgenannten Kinder ist
es erwiesen, daß die Kinder Tollkirschen zu sich ge-
nommen haben.

-- Kwizda's Touristenfluid

findet immer mehr
und mehr Anwendung seitens der Touristen, Radfahrer, Reiter,
Jäger, sowie überhaupt aller Sportleute, da durch Einreibungen
mit Kwizda's Fluid die Muskeln und Sehnen gestärkt und
jede Ermüdung rasch beseitigt wird.

-- Für Säuglinge mit chronischen Darm-
katarrhen

gibt es kein besseres Nährmittel als Kufekes
Kindermehl,
welches zuerst ohne Milch, später mit Milch
gereicht, die Gärungen im Darme beseitigt und den die Er-
krankung verursachenden Mikroorganismen einen ungünstigen
Nährboden darbietet, dabei leicht verdaut und vom erkrankten
Darme aufgenommen wird. Es tritt bei der Ernährung dieser
Kinder mit Kufekes Kindermehl nicht nur ein Verschinden der
Durchfälle ein, sondern auch das Körpergwicht hebt sich in
günstiger Weise.




Müssen die Eltern ihre Kinder
zu den religiösen Uebungen
schicken?

Die Ortsgruppe Leobersdorf des Vereines "Freie
Schule" veranstaltete am 8. September in Detter's
Gasthaus in Leobersdorf eine allgemein zugängliche
Versammlung mit der Tagesordnung: "Müssen die
Eltern ihre Kinder zu den religiösen Uebungen
schicken?" (Referent Herr Schmid.)

Die Versammlung war erfreulicherweise so gut
besucht, daß nicht nur der Saal, sondern auch ein
größerer Nebenraum gut besetzt waren. Das Haupt-
kontingent der Teilnehmer stellte die Arbeiterschaft
Leobersdorfs mit ihren Frauen; außerdem waren
von der Zentrale des Vereines Herr Sonnen-
leitner,
von der Ortsgruppe Baden Herr Prof.
Süß und von der Ortsgruppe Kottingbrunn eine
sehr zahlreiche Abordnung mit ihrem Obmanne Herrn
Rossecker erschienen.

Der Obmann der Ortsgruppe, Ingenieur Hill-
brand,
eröffnete die Versammlung und begrüßte
die Gäste. Nach Erläuterung des Zweckes der Ver-
sammlung, wobei er auf die jüngst in Böhmen statt-
gefundene Protestbewegung gegen die vom böhmischen
Landesschulrate erlassenen Durchführungsbestimmungen
zur neuen Schul- und Unterrichtsordnung, die mit
der Aufhebung dieser Bestimmungen endete, hinwies,
erteilte er dem Referenten, Herrn Schmid, das Wort.


[Spaltenumbruch]

Dieser führte aus: Die neue Schul- und Unter-
richtsordnung, wo sie von der Verpflichtung zu den
religiösen Uebungen spricht, steht im Widerspruch mit
dem Art. 14 unserer Staatsgrundgesetze. Der Zwang
zu den reliösen Uebungen ist aber nicht nur ungesetz-
lich, sondern auch schädlich für die Charakterbildung
der Kinder, denn dadurch wird Heuchelei und Wider-
wille gegen die Religion hervorgerufen. Die Religion
muß aus innerem Drange nicht durch äußerlichen
Zwang betätigt werden.

Er zitiert aus der Erziehungsvorschrift des ehe-
maligen Wiener Erzbischofs Vinzenz Eduard Milde
mehrere Stellen, wo genau dieselben Ansichten aus-
gesprochen sind.

Insbesondere wendet sich der Referent gegen
die schädlichen Folgen der Ohrenbeichte in moralischer
Hinsicht. Der Zwang zu den religiösen Uebungen ist
nichts anderes als das Bestreben des Klerikalismus,
die Schule wie zu den Zeiten des Konkordats ganz
in seine Gewalt zu bekommen. Die "Freie Schule"
ruft zum Kampfe auf gegen das schwarze Volksgift.
Der Redner zeigt an der Hand des Hirtenbriefes
des Prager Erzbischofs, wie der Klerikalismus die
Bestrebungen des Vereines zu mißdeuten sucht, und
verweist auf Frankreich, wo die Trennung der Kirche
von der Schule nicht nur lange schon besteht, sondern
auch in letzter Zeit die Trennung der Kirche vom
Staate durchgeführt wurde, ferner auf Spanien, das
infolge seiner Unterjochung durch den Klerikalismus
eines der kulturell zurückgebliebensten Länder Europas
war, wo man nun aber auch zu den Waffen greift,
um den Volksfeind abzuwehren.

Am Schlusse seines Reserates verlas Herr
Schmid folgende Resolution, die begeistert und
einstimmig angenommen wurde:

Die Teilnehmer der von der Ortsgruppe Leobers-
dorf des Vereines "Freie Schule" am 8. September
veranstalteten Versammlung erachten, daß der in der
neuen Schul- und Unterrichtsordnung ausgesprochene
Zwang der Kinder zu den religiösen Uebungen der
in unseren Staatsgrundgesetzen vom 31. Dez. 1867
im Art. 14 gewährleisteten Glaubens- und Gewissens-
freiheit widerspricht; sie erheben gegen jede Aus-
legung dieser Gesetze in klerikalem Sinne, gegen
jede Beschränkung der Glaubens- und Gewissensfrei-
heit und gegen jeden Versuch, unsere Volksschule
dem staats- und volksfeindlichen Klerikalismus aus-
zuliefern, lebhaften Protest und erklären, daß sie die
Bestrebungen des Vereines "Freie Schule" zur Be-
kämpfung des Klerikalismus, zum Ausbau unserer
Schule in modernem Geiste zum Wohle unseres
Volkes und Vaterlandes jederzeit auf das kräftigste
mit Aufbietung aller gesetzlichen Mittel unterstützen
werden.

Herr Hillbrand hob die auf den religiösen
Zwang bezughabenden Stellen des Referates hervor
und kam zu dem Schlusse, daß der Abfall vom
Glauben, über den die Klerikalen stets klagen, ihr
eigenes Werk ist, denn die Religion, die eine Sache
des Gefühls und der inneren Ueberzeugung sein
sollte, wird von ihnen zu einer schablonenhaften Be-
tätigung rein äußerlicher Gebärden herabgewürdigt,
wovon ein tiefer angelegter Mensch nicht befriedigt
sein kann. Wenn sich der Klerikalismus dabei selbst
sein Grab gräbt, so könnte uns dies nur recht
sein, wenn nicht auch dabei die sittliche und geistige
Erziehung unserer Kinder Schaden leiden würde. Das
muß aber verhindert werden. Er fordert daher die
Teilnehmer der Versammlung, welche schulpflichtige
Kinder haben, auf, die vom Vereine verfaßten Er-
klärungsformulare wegen Nichtbesuch der religiösen
Uebungen ausgefüllt an die Schulleitungen zu senden.

Herr Sonnenleitner aus Wien erläutert
den Zweck der vom Vereine "Freie Schule" einge-
leiteten Protestbewegung und erklärt unter Hinweis
auf das Beispiel Frankreichs, daß ein Teil des Ver-
eines für die vollständige Entfernung des Religions-
unterrichtes aus der Schule ist. Der Religionsunter-
richt ist nicht Sache der Schule, denn diese sei für
alle Konfessionen gleichmäßig da, sondern Sache der
Kirche. Der konfessionelle Unterricht solle in der
Kirche, und zwar von jenen Priestern vorgenommen
werden, die das Vertrauen der Eltern haben.

Prof. Süß (Baden) erinnert zunächst an den
herrlichen Verlauf der Gründung der Leobersdorfer
Ortsgruppe; er kommt dann nochmals auf den
Angriff zu sprechen, welchen in den letzten Tagen
ein vielvermögender Kirchenfürst gegen die "Freie
Schule" richtete. Zweierlei werde dem Vereine be-
sonders vorgeworfen: Religionslosigkeit und Staats-
gefährlichkeit. Die Vereinsmitglieder müssen sich erstens
vor dem eigenen Gewissen darüber Rechenschaft geben,
ob diese Vorwürfe berechtigt sind oder nicht, dann
aber müssen sie dessen gewärtig sein, daß sie jeden

Mittwoch Badener Zeitung 12. September 1906. Nr. 73.

[Spaltenumbruch]

abends 8 Uhr: Geſellige Zuſammenkunft im Hotel
„zur Schäferin“; Samstag, den 15.: Vorverſamm-
lung in der Kirche, nachmittags gemeinſamer Ausflug
in die Umgebung, abends 8 Uhr: Geſelliges Zu-
ſammenfinden im Hotel „Stadt Wien“; Sonntag,
den 16.: Feſtgottesdienſt und öffentliche Hauptver-
ſammlung; Montag, den 17.: Vormittags 9 Uhr:
Spaziergang ins Helenental zur „alten Krainerhütte“.

Was wird an der kaufmänniſchen
Fortbildungsſchule in Warenkunde und
in Kalligraphie gelehrt?

Siehe die letzten
drei Nummern dieſes Blattes. Warenkunde. Lehr-
ziel: Kenntnis der allerwichtigſten Waren des Welt-
handels nach ihren Haupteigenſchaften, ihrer Ge-
winnung, Verwendung und ihren am meiſten vor-
kommenden Verfälſchungen. Die Auswahl muß ſich
nach den lokalen Bedürfniſſen der einzelnen Schulen
richten. Der Unterricht ſoll möglichſt Anſchauungs-
unterricht ſein. III. Klaſſe: wöchentlich 1 Stunde.
a) Aus dem Pflanzenreiche: die wichtigſten Nahrungs-
und Genußmittel, Hölzer, Gerb- und Spinnſtoffe,
b) aus dem Tierreiche: Seide, Wolle, Häute, Fett,
Federn u. ſ. w. und c) aus dem Mineralreiche:
Kohle, Petroleum, Eiſen, Salz, Kalk u. ſ. w. An-
knüpfend ſollen die wichtigſten Fabriksartikel, welche
aus den Rohſtoffen gewonnen werden, beſprochen
werden, wie Gewebe, Metallwaren, Säuren ꝛc. —
Kalligraphie. Lehrziel: Heranbildung einer ge-
fälligen und geläufigen Handſchrift. I. Klaſſe: wöchent-
lich 1 Srunde. Vielfache Uebung in Kurrent- und
Lateinſchrift. II. Klaſſe: wöchentlich 1 Stunde. Das
kaufmänniſche Schreiben (kurrent und engliſch) mit Rück-
ſicht auf die Methode im Schnellſchreiben; die Rondſchrift
in verſchiedenen Größen; kaufmänniſche Signaturen.

Eine Generalprobe von „1001 Nacht

fand Montag vormittags um ½9 Uhr ſtatt. Zu der-
ſelben war ſeitens der Direktion der geſamte Gemeinde-
ausſchuß geladen geweſen.

Der landwirtſchaftliche Bezirks-
verein Baden

unternimmt Sonntag, den 16. d. M.
eine Exkurſion nach Dornau zur Beſichtigung der
dortigen Landes-Rebanlagen.

Verſammlung der Ortsgruppe
Kottingbrunn des Vereines „Freie
Schule“.

Samstag, den 15. d. M., 7 Uhr abends,
findet in Kottingbrunn in Schnöller’s Gaſthaus eine
Verſammlung der Ortsgruppe Kottingbrunn des Ver-
eines „Freie Schule“ ſtatt, deren Tagesordnung ſich
mit den Beſtimmungen der neuen Unterrichtsordnung
betreffend die Verpflichtung der Schulkinder zur
Teilnahme an den religiöſen Uebungen beſchäftigt.

Jugendlicher Leichtſinn.

Die beiden
Fabriksarbeiter Ferdinand Oborill und Johann
Brandſtätter, zwei im jugendlichſten Alter ſtehende
Burſche, ſtahlen am 8. d. M. aus einer Zeughütte
in Gainfarn drei Kilogramm Sprengpulver. Im Sack-
tuche und in einem Hute transportierten ſie das ge-
ſtohlene Gut weg. Vor dem Hauſe Nr. 11 verſtreute
Oborill einen Teil und während er mit dem Ein-
räumen beſchäftigt war, entfiel dem Brandſtätter die




in den höheren Luftſchichten der Nordoſtwind die
Oberhand gewinnt. „Die Bora hängt am Gebirge“,
ſagt das Volk.

Eine kühle Briſe wehte vom Feſtland her, als
am Nachmittage vier Segelboote durch die Meerenge
ins offene Meer ſchoſſen, wo ſie ſich vor dem Inſel-
fort Mamula in eine Reihe ſtellten. Die Diener
folgten auf eigenen Kähnen nach.

Am linken Flügel hielt Marina’s Segelboot. Am
Vorderdeck ſaß Eudoxia, am Steuerbord der alte
Kapitän. Marina machte ſich mit den Segeltauen
zu ſchaffen und beſprach ſich mit ſeiner Braut.

Auf dem nächſten Boote befanden ſich Hugo,
Mutter Vladić und ein alter Fiſcher; weiterhin zwei
andere bemannte Segler aus Roſe.

„Vento in puppo“ — Vor dem Winde hin —
rief der Kapitän.

Die Segel blähten ſich, ſpannten ſich, faßten
Luft und die Boote ſchoſſen vor dem Winde hin
über die Waſſeroberfläche. Anfangs ſegelten ſie in
gleicher Reihe; da zieht Marina plötzlich ungeſchickt
am Segeltau und dreht das Segel ſo, daß ſein
Boot ſich gegen das Land wendet.

„Was gibt es denn?“ fragt Vladić.

„Die Taue haben ſich verwickelt!“ antwortet
Marino. Kommt, Vater Nikefor, bringt ſie in Ordnung,
unterdeſſen will ich ſteuern“.

„Gut! Aber halt feſt und geradeaus, damit wir
wieder in die Reihe gelangen“, ſpricht der Alte und
macht ihm Platz, um ſelbſt am Mitteldeck das Segel
zu befeſtigen.

Schluß folgt.




[Spaltenumbruch]

Zigarre aus dem Munde und direkt auf das Pulver,
das zur Exploſion gebracht wurde und die Kleider
Oborill’s in Brand ſteckte. Auf die Hilferufe eilten
Leute herbei, welche ihm die Kleider vom Leibe riſſen,
während Brandſtätter ſich flüchtete. Oborill hatte jedoch
bereits ſolche Brandwunden erlitten, daß er in ſchwer-
verletztem Zuſtande in das hieſige Spital trausportiert
werden mußte. Gegen die beiden Burſche wurde die
Anzeige erſtattet und Brandſtätter auch bereits dem
Bezirksgerichte eingeliefert.

Unglückschronik.

Sonntag mittags wurde
in einem hieſigen Reſtaurant der Kurgaſt Herr B.
von einem Schlaganfalle heimgeſucht und mußte in
das Spital transportiert werden. — Freitag wurde in
Nöſtach der Taglöhner Anton Biswanger, der in
einer Sandgrube beſchäftigt war, von einer herab-
fallenden Erdmaſſe verſchüttet und mußte in ſchwer
verletztem Zuſtande in das Spital nach Baden trans-
portiert werden. — Am ſelben Tage fiel der in der
Schönauer Baumwollſpinnerei beſchäftigten Tag-
löhnerin Roſa Gebhart ein Warentransportaufzug
auf den Kopf, wodurch ſie ſchwere Verletzungen erlitt
und ebenfalls in das hieſige Spital transportiert
werden mußte.

Selbſtmord.

Der Taglöhner Johann
Pokorny aus Ober-Waltersdorf feuerte am 7. d. M.
in ſelbſtmörderiſcher Abſicht drei Schüſſe gegen ſeinen
Körper ab und wurde in das Rath’ſche Spital trans-
portiert, wo er ſeinen Verletzungen erlegen iſt. Ein
unheilbares Leiden trieb den Mann in den Tod.

Vergiftung durch Tollkirſchen.

Auf
eine grauenhafte Art verunglückten Samstag nach-
mittags 5 Kinder in Wagram bei Leobersdorf. Die-
ſelben badeten ſich um die genannte Zeit im Wr. Neu-
ſtädter Kanale. Auf dem Heimwege nahmen ſie ihnen
unbekannte Beeren zu ſich, nach derem Genuße ſie
zu hauſe heftig erkrankten. Dem herbeigerufenen Ge-
meindearzt, der ſchon an den äußern Erſcheinungen
Vergiftung konſtatieren konnte, gelang es jedoch trotz
der ſofort verabreichten Gegenmittel nur zwei der
Kinder zu retten. Ein zehn- und ein elfjähriger Sohn
des Fabriksarbeiters Joſef Czakat ſtarben noch im
Laufe der Nacht und ein zwölfjahriges Mädchen Sonn-
tags früh, während die 6 und 8jährigen Söhne des
im gleichen Hauſe wohnenden Fabriksarbeiters Joſef
Lehnfeld vielleicht am Leben erhalten bleiben dürf-
ten. Durch die Ausſagen der letztgenannten Kinder iſt
es erwieſen, daß die Kinder Tollkirſchen zu ſich ge-
nommen haben.

Kwizda’s Touriſtenfluid

findet immer mehr
und mehr Anwendung ſeitens der Touriſten, Radfahrer, Reiter,
Jäger, ſowie überhaupt aller Sportleute, da durch Einreibungen
mit Kwizda’s Fluid die Muskeln und Sehnen geſtärkt und
jede Ermüdung raſch beſeitigt wird.

Für Säuglinge mit chroniſchen Darm-
katarrhen

gibt es kein beſſeres Nährmittel als Kufekes
Kindermehl,
welches zuerſt ohne Milch, ſpäter mit Milch
gereicht, die Gärungen im Darme beſeitigt und den die Er-
krankung verurſachenden Mikroorganismen einen ungünſtigen
Nährboden darbietet, dabei leicht verdaut und vom erkrankten
Darme aufgenommen wird. Es tritt bei der Ernährung dieſer
Kinder mit Kufekes Kindermehl nicht nur ein Verſchinden der
Durchfälle ein, ſondern auch das Körpergwicht hebt ſich in
günſtiger Weiſe.




Müſſen die Eltern ihre Kinder
zu den religiöſen Uebungen
ſchicken?

Die Ortsgruppe Leobersdorf des Vereines „Freie
Schule“ veranſtaltete am 8. September in Detter’s
Gaſthaus in Leobersdorf eine allgemein zugängliche
Verſammlung mit der Tagesordnung: „Müſſen die
Eltern ihre Kinder zu den religiöſen Uebungen
ſchicken?“ (Referent Herr Schmid.)

Die Verſammlung war erfreulicherweiſe ſo gut
beſucht, daß nicht nur der Saal, ſondern auch ein
größerer Nebenraum gut beſetzt waren. Das Haupt-
kontingent der Teilnehmer ſtellte die Arbeiterſchaft
Leobersdorfs mit ihren Frauen; außerdem waren
von der Zentrale des Vereines Herr Sonnen-
leitner,
von der Ortsgruppe Baden Herr Prof.
Süß und von der Ortsgruppe Kottingbrunn eine
ſehr zahlreiche Abordnung mit ihrem Obmanne Herrn
Roſſecker erſchienen.

Der Obmann der Ortsgruppe, Ingenieur Hill-
brand,
eröffnete die Verſammlung und begrüßte
die Gäſte. Nach Erläuterung des Zweckes der Ver-
ſammlung, wobei er auf die jüngſt in Böhmen ſtatt-
gefundene Proteſtbewegung gegen die vom böhmiſchen
Landesſchulrate erlaſſenen Durchführungsbeſtimmungen
zur neuen Schul- und Unterrichtsordnung, die mit
der Aufhebung dieſer Beſtimmungen endete, hinwies,
erteilte er dem Referenten, Herrn Schmid, das Wort.


[Spaltenumbruch]

Dieſer führte aus: Die neue Schul- und Unter-
richtsordnung, wo ſie von der Verpflichtung zu den
religiöſen Uebungen ſpricht, ſteht im Widerſpruch mit
dem Art. 14 unſerer Staatsgrundgeſetze. Der Zwang
zu den reliöſen Uebungen iſt aber nicht nur ungeſetz-
lich, ſondern auch ſchädlich für die Charakterbildung
der Kinder, denn dadurch wird Heuchelei und Wider-
wille gegen die Religion hervorgerufen. Die Religion
muß aus innerem Drange nicht durch äußerlichen
Zwang betätigt werden.

Er zitiert aus der Erziehungsvorſchrift des ehe-
maligen Wiener Erzbiſchofs Vinzenz Eduard Milde
mehrere Stellen, wo genau dieſelben Anſichten aus-
geſprochen ſind.

Insbeſondere wendet ſich der Referent gegen
die ſchädlichen Folgen der Ohrenbeichte in moraliſcher
Hinſicht. Der Zwang zu den religiöſen Uebungen iſt
nichts anderes als das Beſtreben des Klerikalismus,
die Schule wie zu den Zeiten des Konkordats ganz
in ſeine Gewalt zu bekommen. Die „Freie Schule“
ruft zum Kampfe auf gegen das ſchwarze Volksgift.
Der Redner zeigt an der Hand des Hirtenbriefes
des Prager Erzbiſchofs, wie der Klerikalismus die
Beſtrebungen des Vereines zu mißdeuten ſucht, und
verweiſt auf Frankreich, wo die Trennung der Kirche
von der Schule nicht nur lange ſchon beſteht, ſondern
auch in letzter Zeit die Trennung der Kirche vom
Staate durchgeführt wurde, ferner auf Spanien, das
infolge ſeiner Unterjochung durch den Klerikalismus
eines der kulturell zurückgebliebenſten Länder Europas
war, wo man nun aber auch zu den Waffen greift,
um den Volksfeind abzuwehren.

Am Schluſſe ſeines Reſerates verlas Herr
Schmid folgende Reſolution, die begeiſtert und
einſtimmig angenommen wurde:

Die Teilnehmer der von der Ortsgruppe Leobers-
dorf des Vereines „Freie Schule“ am 8. September
veranſtalteten Verſammlung erachten, daß der in der
neuen Schul- und Unterrichtsordnung ausgeſprochene
Zwang der Kinder zu den religiöſen Uebungen der
in unſeren Staatsgrundgeſetzen vom 31. Dez. 1867
im Art. 14 gewährleiſteten Glaubens- und Gewiſſens-
freiheit widerſpricht; ſie erheben gegen jede Aus-
legung dieſer Geſetze in klerikalem Sinne, gegen
jede Beſchränkung der Glaubens- und Gewiſſensfrei-
heit und gegen jeden Verſuch, unſere Volksſchule
dem ſtaats- und volksfeindlichen Klerikalismus aus-
zuliefern, lebhaften Proteſt und erklären, daß ſie die
Beſtrebungen des Vereines „Freie Schule“ zur Be-
kämpfung des Klerikalismus, zum Ausbau unſerer
Schule in modernem Geiſte zum Wohle unſeres
Volkes und Vaterlandes jederzeit auf das kräftigſte
mit Aufbietung aller geſetzlichen Mittel unterſtützen
werden.

Herr Hillbrand hob die auf den religiöſen
Zwang bezughabenden Stellen des Referates hervor
und kam zu dem Schluſſe, daß der Abfall vom
Glauben, über den die Klerikalen ſtets klagen, ihr
eigenes Werk iſt, denn die Religion, die eine Sache
des Gefühls und der inneren Ueberzeugung ſein
ſollte, wird von ihnen zu einer ſchablonenhaften Be-
tätigung rein äußerlicher Gebärden herabgewürdigt,
wovon ein tiefer angelegter Menſch nicht befriedigt
ſein kann. Wenn ſich der Klerikalismus dabei ſelbſt
ſein Grab gräbt, ſo könnte uns dies nur recht
ſein, wenn nicht auch dabei die ſittliche und geiſtige
Erziehung unſerer Kinder Schaden leiden würde. Das
muß aber verhindert werden. Er fordert daher die
Teilnehmer der Verſammlung, welche ſchulpflichtige
Kinder haben, auf, die vom Vereine verfaßten Er-
klärungsformulare wegen Nichtbeſuch der religiöſen
Uebungen ausgefüllt an die Schulleitungen zu ſenden.

Herr Sonnenleitner aus Wien erläutert
den Zweck der vom Vereine „Freie Schule“ einge-
leiteten Proteſtbewegung und erklärt unter Hinweis
auf das Beiſpiel Frankreichs, daß ein Teil des Ver-
eines für die vollſtändige Entfernung des Religions-
unterrichtes aus der Schule iſt. Der Religionsunter-
richt iſt nicht Sache der Schule, denn dieſe ſei für
alle Konfeſſionen gleichmäßig da, ſondern Sache der
Kirche. Der konfeſſionelle Unterricht ſolle in der
Kirche, und zwar von jenen Prieſtern vorgenommen
werden, die das Vertrauen der Eltern haben.

Prof. Süß (Baden) erinnert zunächſt an den
herrlichen Verlauf der Gründung der Leobersdorfer
Ortsgruppe; er kommt dann nochmals auf den
Angriff zu ſprechen, welchen in den letzten Tagen
ein vielvermögender Kirchenfürſt gegen die „Freie
Schule“ richtete. Zweierlei werde dem Vereine be-
ſonders vorgeworfen: Religionsloſigkeit und Staats-
gefährlichkeit. Die Vereinsmitglieder müſſen ſich erſtens
vor dem eigenen Gewiſſen darüber Rechenſchaft geben,
ob dieſe Vorwürfe berechtigt ſind oder nicht, dann
aber müſſen ſie deſſen gewärtig ſein, daß ſie jeden

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[4/0004] Mittwoch Badener Zeitung 12. September 1906. Nr. 73. abends 8 Uhr: Geſellige Zuſammenkunft im Hotel „zur Schäferin“; Samstag, den 15.: Vorverſamm- lung in der Kirche, nachmittags gemeinſamer Ausflug in die Umgebung, abends 8 Uhr: Geſelliges Zu- ſammenfinden im Hotel „Stadt Wien“; Sonntag, den 16.: Feſtgottesdienſt und öffentliche Hauptver- ſammlung; Montag, den 17.: Vormittags 9 Uhr: Spaziergang ins Helenental zur „alten Krainerhütte“. — Was wird an der kaufmänniſchen Fortbildungsſchule in Warenkunde und in Kalligraphie gelehrt? Siehe die letzten drei Nummern dieſes Blattes. Warenkunde. Lehr- ziel: Kenntnis der allerwichtigſten Waren des Welt- handels nach ihren Haupteigenſchaften, ihrer Ge- winnung, Verwendung und ihren am meiſten vor- kommenden Verfälſchungen. Die Auswahl muß ſich nach den lokalen Bedürfniſſen der einzelnen Schulen richten. Der Unterricht ſoll möglichſt Anſchauungs- unterricht ſein. III. Klaſſe: wöchentlich 1 Stunde. a) Aus dem Pflanzenreiche: die wichtigſten Nahrungs- und Genußmittel, Hölzer, Gerb- und Spinnſtoffe, b) aus dem Tierreiche: Seide, Wolle, Häute, Fett, Federn u. ſ. w. und c) aus dem Mineralreiche: Kohle, Petroleum, Eiſen, Salz, Kalk u. ſ. w. An- knüpfend ſollen die wichtigſten Fabriksartikel, welche aus den Rohſtoffen gewonnen werden, beſprochen werden, wie Gewebe, Metallwaren, Säuren ꝛc. — Kalligraphie. Lehrziel: Heranbildung einer ge- fälligen und geläufigen Handſchrift. I. Klaſſe: wöchent- lich 1 Srunde. Vielfache Uebung in Kurrent- und Lateinſchrift. II. Klaſſe: wöchentlich 1 Stunde. Das kaufmänniſche Schreiben (kurrent und engliſch) mit Rück- ſicht auf die Methode im Schnellſchreiben; die Rondſchrift in verſchiedenen Größen; kaufmänniſche Signaturen. — Eine Generalprobe von „1001 Nacht“ fand Montag vormittags um ½9 Uhr ſtatt. Zu der- ſelben war ſeitens der Direktion der geſamte Gemeinde- ausſchuß geladen geweſen. — Der landwirtſchaftliche Bezirks- verein Baden unternimmt Sonntag, den 16. d. M. eine Exkurſion nach Dornau zur Beſichtigung der dortigen Landes-Rebanlagen. — Verſammlung der Ortsgruppe Kottingbrunn des Vereines „Freie Schule“. Samstag, den 15. d. M., 7 Uhr abends, findet in Kottingbrunn in Schnöller’s Gaſthaus eine Verſammlung der Ortsgruppe Kottingbrunn des Ver- eines „Freie Schule“ ſtatt, deren Tagesordnung ſich mit den Beſtimmungen der neuen Unterrichtsordnung betreffend die Verpflichtung der Schulkinder zur Teilnahme an den religiöſen Uebungen beſchäftigt. — Jugendlicher Leichtſinn. Die beiden Fabriksarbeiter Ferdinand Oborill und Johann Brandſtätter, zwei im jugendlichſten Alter ſtehende Burſche, ſtahlen am 8. d. M. aus einer Zeughütte in Gainfarn drei Kilogramm Sprengpulver. Im Sack- tuche und in einem Hute transportierten ſie das ge- ſtohlene Gut weg. Vor dem Hauſe Nr. 11 verſtreute Oborill einen Teil und während er mit dem Ein- räumen beſchäftigt war, entfiel dem Brandſtätter die in den höheren Luftſchichten der Nordoſtwind die Oberhand gewinnt. „Die Bora hängt am Gebirge“, ſagt das Volk. Eine kühle Briſe wehte vom Feſtland her, als am Nachmittage vier Segelboote durch die Meerenge ins offene Meer ſchoſſen, wo ſie ſich vor dem Inſel- fort Mamula in eine Reihe ſtellten. Die Diener folgten auf eigenen Kähnen nach. Am linken Flügel hielt Marina’s Segelboot. Am Vorderdeck ſaß Eudoxia, am Steuerbord der alte Kapitän. Marina machte ſich mit den Segeltauen zu ſchaffen und beſprach ſich mit ſeiner Braut. Auf dem nächſten Boote befanden ſich Hugo, Mutter Vladić und ein alter Fiſcher; weiterhin zwei andere bemannte Segler aus Roſe. „Vento in puppo“ — Vor dem Winde hin — rief der Kapitän. Die Segel blähten ſich, ſpannten ſich, faßten Luft und die Boote ſchoſſen vor dem Winde hin über die Waſſeroberfläche. Anfangs ſegelten ſie in gleicher Reihe; da zieht Marina plötzlich ungeſchickt am Segeltau und dreht das Segel ſo, daß ſein Boot ſich gegen das Land wendet. „Was gibt es denn?“ fragt Vladić. „Die Taue haben ſich verwickelt!“ antwortet Marino. Kommt, Vater Nikefor, bringt ſie in Ordnung, unterdeſſen will ich ſteuern“. „Gut! Aber halt feſt und geradeaus, damit wir wieder in die Reihe gelangen“, ſpricht der Alte und macht ihm Platz, um ſelbſt am Mitteldeck das Segel zu befeſtigen. Schluß folgt. Zigarre aus dem Munde und direkt auf das Pulver, das zur Exploſion gebracht wurde und die Kleider Oborill’s in Brand ſteckte. Auf die Hilferufe eilten Leute herbei, welche ihm die Kleider vom Leibe riſſen, während Brandſtätter ſich flüchtete. Oborill hatte jedoch bereits ſolche Brandwunden erlitten, daß er in ſchwer- verletztem Zuſtande in das hieſige Spital trausportiert werden mußte. Gegen die beiden Burſche wurde die Anzeige erſtattet und Brandſtätter auch bereits dem Bezirksgerichte eingeliefert. — Unglückschronik. Sonntag mittags wurde in einem hieſigen Reſtaurant der Kurgaſt Herr B. von einem Schlaganfalle heimgeſucht und mußte in das Spital transportiert werden. — Freitag wurde in Nöſtach der Taglöhner Anton Biswanger, der in einer Sandgrube beſchäftigt war, von einer herab- fallenden Erdmaſſe verſchüttet und mußte in ſchwer verletztem Zuſtande in das Spital nach Baden trans- portiert werden. — Am ſelben Tage fiel der in der Schönauer Baumwollſpinnerei beſchäftigten Tag- löhnerin Roſa Gebhart ein Warentransportaufzug auf den Kopf, wodurch ſie ſchwere Verletzungen erlitt und ebenfalls in das hieſige Spital transportiert werden mußte. — Selbſtmord. Der Taglöhner Johann Pokorny aus Ober-Waltersdorf feuerte am 7. d. M. in ſelbſtmörderiſcher Abſicht drei Schüſſe gegen ſeinen Körper ab und wurde in das Rath’ſche Spital trans- portiert, wo er ſeinen Verletzungen erlegen iſt. Ein unheilbares Leiden trieb den Mann in den Tod. — Vergiftung durch Tollkirſchen. Auf eine grauenhafte Art verunglückten Samstag nach- mittags 5 Kinder in Wagram bei Leobersdorf. Die- ſelben badeten ſich um die genannte Zeit im Wr. Neu- ſtädter Kanale. Auf dem Heimwege nahmen ſie ihnen unbekannte Beeren zu ſich, nach derem Genuße ſie zu hauſe heftig erkrankten. Dem herbeigerufenen Ge- meindearzt, der ſchon an den äußern Erſcheinungen Vergiftung konſtatieren konnte, gelang es jedoch trotz der ſofort verabreichten Gegenmittel nur zwei der Kinder zu retten. Ein zehn- und ein elfjähriger Sohn des Fabriksarbeiters Joſef Czakat ſtarben noch im Laufe der Nacht und ein zwölfjahriges Mädchen Sonn- tags früh, während die 6 und 8jährigen Söhne des im gleichen Hauſe wohnenden Fabriksarbeiters Joſef Lehnfeld vielleicht am Leben erhalten bleiben dürf- ten. Durch die Ausſagen der letztgenannten Kinder iſt es erwieſen, daß die Kinder Tollkirſchen zu ſich ge- nommen haben. — Kwizda’s Touriſtenfluid findet immer mehr und mehr Anwendung ſeitens der Touriſten, Radfahrer, Reiter, Jäger, ſowie überhaupt aller Sportleute, da durch Einreibungen mit Kwizda’s Fluid die Muskeln und Sehnen geſtärkt und jede Ermüdung raſch beſeitigt wird. — Für Säuglinge mit chroniſchen Darm- katarrhen gibt es kein beſſeres Nährmittel als Kufekes Kindermehl, welches zuerſt ohne Milch, ſpäter mit Milch gereicht, die Gärungen im Darme beſeitigt und den die Er- krankung verurſachenden Mikroorganismen einen ungünſtigen Nährboden darbietet, dabei leicht verdaut und vom erkrankten Darme aufgenommen wird. Es tritt bei der Ernährung dieſer Kinder mit Kufekes Kindermehl nicht nur ein Verſchinden der Durchfälle ein, ſondern auch das Körpergwicht hebt ſich in günſtiger Weiſe. Müſſen die Eltern ihre Kinder zu den religiöſen Uebungen ſchicken? Die Ortsgruppe Leobersdorf des Vereines „Freie Schule“ veranſtaltete am 8. September in Detter’s Gaſthaus in Leobersdorf eine allgemein zugängliche Verſammlung mit der Tagesordnung: „Müſſen die Eltern ihre Kinder zu den religiöſen Uebungen ſchicken?“ (Referent Herr Schmid.) Die Verſammlung war erfreulicherweiſe ſo gut beſucht, daß nicht nur der Saal, ſondern auch ein größerer Nebenraum gut beſetzt waren. Das Haupt- kontingent der Teilnehmer ſtellte die Arbeiterſchaft Leobersdorfs mit ihren Frauen; außerdem waren von der Zentrale des Vereines Herr Sonnen- leitner, von der Ortsgruppe Baden Herr Prof. Süß und von der Ortsgruppe Kottingbrunn eine ſehr zahlreiche Abordnung mit ihrem Obmanne Herrn Roſſecker erſchienen. Der Obmann der Ortsgruppe, Ingenieur Hill- brand, eröffnete die Verſammlung und begrüßte die Gäſte. Nach Erläuterung des Zweckes der Ver- ſammlung, wobei er auf die jüngſt in Böhmen ſtatt- gefundene Proteſtbewegung gegen die vom böhmiſchen Landesſchulrate erlaſſenen Durchführungsbeſtimmungen zur neuen Schul- und Unterrichtsordnung, die mit der Aufhebung dieſer Beſtimmungen endete, hinwies, erteilte er dem Referenten, Herrn Schmid, das Wort. Dieſer führte aus: Die neue Schul- und Unter- richtsordnung, wo ſie von der Verpflichtung zu den religiöſen Uebungen ſpricht, ſteht im Widerſpruch mit dem Art. 14 unſerer Staatsgrundgeſetze. Der Zwang zu den reliöſen Uebungen iſt aber nicht nur ungeſetz- lich, ſondern auch ſchädlich für die Charakterbildung der Kinder, denn dadurch wird Heuchelei und Wider- wille gegen die Religion hervorgerufen. Die Religion muß aus innerem Drange nicht durch äußerlichen Zwang betätigt werden. Er zitiert aus der Erziehungsvorſchrift des ehe- maligen Wiener Erzbiſchofs Vinzenz Eduard Milde mehrere Stellen, wo genau dieſelben Anſichten aus- geſprochen ſind. Insbeſondere wendet ſich der Referent gegen die ſchädlichen Folgen der Ohrenbeichte in moraliſcher Hinſicht. Der Zwang zu den religiöſen Uebungen iſt nichts anderes als das Beſtreben des Klerikalismus, die Schule wie zu den Zeiten des Konkordats ganz in ſeine Gewalt zu bekommen. Die „Freie Schule“ ruft zum Kampfe auf gegen das ſchwarze Volksgift. Der Redner zeigt an der Hand des Hirtenbriefes des Prager Erzbiſchofs, wie der Klerikalismus die Beſtrebungen des Vereines zu mißdeuten ſucht, und verweiſt auf Frankreich, wo die Trennung der Kirche von der Schule nicht nur lange ſchon beſteht, ſondern auch in letzter Zeit die Trennung der Kirche vom Staate durchgeführt wurde, ferner auf Spanien, das infolge ſeiner Unterjochung durch den Klerikalismus eines der kulturell zurückgebliebenſten Länder Europas war, wo man nun aber auch zu den Waffen greift, um den Volksfeind abzuwehren. Am Schluſſe ſeines Reſerates verlas Herr Schmid folgende Reſolution, die begeiſtert und einſtimmig angenommen wurde: Die Teilnehmer der von der Ortsgruppe Leobers- dorf des Vereines „Freie Schule“ am 8. September veranſtalteten Verſammlung erachten, daß der in der neuen Schul- und Unterrichtsordnung ausgeſprochene Zwang der Kinder zu den religiöſen Uebungen der in unſeren Staatsgrundgeſetzen vom 31. Dez. 1867 im Art. 14 gewährleiſteten Glaubens- und Gewiſſens- freiheit widerſpricht; ſie erheben gegen jede Aus- legung dieſer Geſetze in klerikalem Sinne, gegen jede Beſchränkung der Glaubens- und Gewiſſensfrei- heit und gegen jeden Verſuch, unſere Volksſchule dem ſtaats- und volksfeindlichen Klerikalismus aus- zuliefern, lebhaften Proteſt und erklären, daß ſie die Beſtrebungen des Vereines „Freie Schule“ zur Be- kämpfung des Klerikalismus, zum Ausbau unſerer Schule in modernem Geiſte zum Wohle unſeres Volkes und Vaterlandes jederzeit auf das kräftigſte mit Aufbietung aller geſetzlichen Mittel unterſtützen werden. Herr Hillbrand hob die auf den religiöſen Zwang bezughabenden Stellen des Referates hervor und kam zu dem Schluſſe, daß der Abfall vom Glauben, über den die Klerikalen ſtets klagen, ihr eigenes Werk iſt, denn die Religion, die eine Sache des Gefühls und der inneren Ueberzeugung ſein ſollte, wird von ihnen zu einer ſchablonenhaften Be- tätigung rein äußerlicher Gebärden herabgewürdigt, wovon ein tiefer angelegter Menſch nicht befriedigt ſein kann. Wenn ſich der Klerikalismus dabei ſelbſt ſein Grab gräbt, ſo könnte uns dies nur recht ſein, wenn nicht auch dabei die ſittliche und geiſtige Erziehung unſerer Kinder Schaden leiden würde. Das muß aber verhindert werden. Er fordert daher die Teilnehmer der Verſammlung, welche ſchulpflichtige Kinder haben, auf, die vom Vereine verfaßten Er- klärungsformulare wegen Nichtbeſuch der religiöſen Uebungen ausgefüllt an die Schulleitungen zu ſenden. Herr Sonnenleitner aus Wien erläutert den Zweck der vom Vereine „Freie Schule“ einge- leiteten Proteſtbewegung und erklärt unter Hinweis auf das Beiſpiel Frankreichs, daß ein Teil des Ver- eines für die vollſtändige Entfernung des Religions- unterrichtes aus der Schule iſt. Der Religionsunter- richt iſt nicht Sache der Schule, denn dieſe ſei für alle Konfeſſionen gleichmäßig da, ſondern Sache der Kirche. Der konfeſſionelle Unterricht ſolle in der Kirche, und zwar von jenen Prieſtern vorgenommen werden, die das Vertrauen der Eltern haben. Prof. Süß (Baden) erinnert zunächſt an den herrlichen Verlauf der Gründung der Leobersdorfer Ortsgruppe; er kommt dann nochmals auf den Angriff zu ſprechen, welchen in den letzten Tagen ein vielvermögender Kirchenfürſt gegen die „Freie Schule“ richtete. Zweierlei werde dem Vereine be- ſonders vorgeworfen: Religionsloſigkeit und Staats- gefährlichkeit. Die Vereinsmitglieder müſſen ſich erſtens vor dem eigenen Gewiſſen darüber Rechenſchaft geben, ob dieſe Vorwürfe berechtigt ſind oder nicht, dann aber müſſen ſie deſſen gewärtig ſein, daß ſie jeden

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Zitationshilfe: Badener Zeitung. Nr. 73, Baden (Niederösterreich), 12.09.1906, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_badener073_1906/4>, abgerufen am 24.11.2024.