Badener Zeitung. Nr. 58, Baden (Niederösterreich), 21.07.1909. Mittwoch Badener Zeitung 21. Juli 1909 Nr. 58 [Spaltenumbruch] und sorgt so dafür, daß der sackartige Eindruck vermieden -- Bei der Abfahrtsstelle der elek- trischen Bahn Wien--Baden auf dem Josefs- so muß man zur Erkenntnis kommen, daß man es Bei Paar las Prokesch einst Szenen aus "Don Ueber H. Heines Reisebilder urteilt Prokesch: Dagegen schwärmt er sehr für Peter Hebels: Von Baron Zedlitz' Drama "Tassos Tod" ver- Diese Tagebücher bieten eine ebenso interessante [Spaltenumbruch] lautes Geschrei ab, denn es ist ein etwas sehr ge- -- Die Postverbindung zwischen Baden, Alland und Klausen-Leopoldsdorf oder: Pferd und Automobil im Wettbewerbe. Mehr und mehr sehen wir den Pferdebetrieb durch -- Arena in Baden. Heute Mittwoch -- Gastspiel der Mitglieder des Ka- baretts "Die Hölle". Heute Mittwoch abends -- Ein Vorfall in der Mineralschwimm- schule, der unter den Badegästen einiges Aufsehen -- Entwässerung des Wiener-Neu- städter Kanales. Die schon mehrmals angekün- -- Schlaganfall. Sonntag mittags erlitt -- Das Heldenstück eines Chauffeurs. Der bei einem Mödlinger Fabrikanten bedienstete Mittwoch Badener Zeitung 21. Juli 1909 Nr. 58 [Spaltenumbruch] und ſorgt ſo dafür, daß der ſackartige Eindruck vermieden — Bei der Abfahrtsſtelle der elek- triſchen Bahn Wien—Baden auf dem Joſefs- ſo muß man zur Erkenntnis kommen, daß man es Bei Paar las Prokeſch einſt Szenen aus „Don Ueber H. Heines Reiſebilder urteilt Prokeſch: Dagegen ſchwärmt er ſehr für Peter Hebels: Von Baron Zedlitz’ Drama „Taſſos Tod“ ver- Dieſe Tagebücher bieten eine ebenſo intereſſante [Spaltenumbruch] lautes Geſchrei ab, denn es iſt ein etwas ſehr ge- — Die Poſtverbindung zwiſchen Baden, Alland und Klauſen-Leopoldsdorf oder: Pferd und Automobil im Wettbewerbe. Mehr und mehr ſehen wir den Pferdebetrieb durch — Arena in Baden. Heute Mittwoch — Gaſtſpiel der Mitglieder des Ka- baretts „Die Hölle“. Heute Mittwoch abends — Ein Vorfall in der Mineralſchwimm- ſchule, der unter den Badegäſten einiges Aufſehen — Entwäſſerung des Wiener-Neu- ſtädter Kanales. Die ſchon mehrmals angekün- — Schlaganfall. Sonntag mittags erlitt — Das Heldenſtück eines Chauffeurs. Der bei einem Mödlinger Fabrikanten bedienſtete <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0004" n="4"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq">Mittwoch Badener Zeitung 21. Juli 1909 Nr. 58</hi> </hi> </fw><lb/> <cb/> <div type="jLocal" n="1"> <div xml:id="mode2" prev="#mode1" type="jArticle" n="2"> <p>und ſorgt ſo dafür, daß der ſackartige Eindruck vermieden<lb/> wird. Lange enge Manſchetten halten die Stoffülle des<lb/> loſen Aermels am Ellbogen zurück und ſchließen mit<lb/> kleinen Stoffknöpfen. Schon wollten wir den Vorzug<lb/> der großen Taſchen rühmend hervorheben, die unter<lb/> den breiten Klappen verborgen, zu vermuten waren,<lb/> da zeigte es ſich, daß dieſe lediglich Staffage bildeten.<lb/> Ein ſolches oder ähnliches Modell als <hi rendition="#g">Reiſe-</hi> und<lb/><hi rendition="#g">Automobil-Mantel</hi> iſt das begehrte Garderobe<supplied>-</supplied><lb/> ſtück des unfreundlichen Hochſommers. Dem Luxus-<lb/> bedürfnis kann durch weiche Ledermäntel von ſtumpfen<lb/> Farben Rechnung getragen werden, und das kühle<lb/> Wetter gibt den Vorwand, die kleidſamen dunklen<lb/> Pelze als große Kragen mit Chalerevers auf die<lb/> Mäntel zu ſetzen. Alles bewährte Waffen zum Schutz<lb/> gegen die Unbilden der Witterung, ſonſt nur im<lb/> Winter in Gebrauch. Die kleine <hi rendition="#g">Capote,</hi> die ſich<lb/> im Frühjar vergebens bei der Mode einzuführen<lb/> ſtrebte, als Automobil-Kopfbedeckung mag ſie will-<lb/> kommen ſein. Knapp umrahmt der Capotehut das<lb/> Köpfchen und ſein ſchmaler Rand ermöglicht es, den<lb/> Schleier vor das Geſicht zu ziehen. Die leichten<lb/> Tuſſorgewebe kommen in dieſem Sommer dafür kaum<lb/> mehr in Betracht, die derberen Strohſtoffe und Phan-<lb/> taſieborden liefern feſteres Material und laſſen mehr<lb/> Freiheit der Nuance. Daß dieſe Hüte von bedeckten<lb/> Farben ſind, iſt ſelbſtverſtändlich. Außer <hi rendition="#aq">beige, khaki,<lb/> taupe</hi> kommt höchſtens noch mattviolett zur Wahl.<lb/> Große Roſetten an den beiden Seiten, durch Band<lb/> über der Front verbunden, dienen als Zierrat. Von<lb/> den Farben der Hüte ſind auch die breiten Chiffon-<lb/> bindebänder, die um den Hals geſchlungen werden<lb/> und gleichzeitig auch als Schleier dienen können. Iſt<lb/> der Automobilmantel aus Leder, ſo wird auch die<lb/> Capote aus dieſem Material hergeſtellt und durch<lb/> Gazewindung mit Bindebändern freundlich ausgeputzt.<lb/> Wildlederhandſchuhe in braun oder grau, von denen<lb/> manche mit Stulpen verſehen ſind, gehören zur Ver-<lb/> vollſtändigung des Auto-Anzuges.</p> </div><lb/> <div xml:id="bahn1" next="#bahn2" type="jArticle" n="2"> <head>— <hi rendition="#g">Bei der Abfahrtsſtelle der elek-<lb/> triſchen Bahn Wien—Baden</hi> </head> <p>auf dem Joſefs-<lb/> platz hatte man vergangenen Sonntag das merkwür-<lb/> dige Schauſpiel einer Bewachung der Paſſagiere durch<lb/> Gendarmerie. Zwei Gendarmen wurden mit der Auf-<lb/> rechterhaltung der Ordnung betraut und hatten alle<lb/> Mühe, das wie wild ſich geberdende Publikum in die<lb/> Schranken zu weiſen, um einerſeits Unglücksfälle zu<lb/> verhüten, andererſeits Ruhe und Ordnung zu ſchaffen.<lb/> So ſehr dieſe neue vernünftige Einrichtung mit<lb/> wahrhafter Freude begrüßt werden muß, weil ſie<lb/> einem entſchieden ſeit langem unerträglichen Uebel<lb/> abhilft, iſt es doch ein trauriger Beweis dafür, daß<lb/> man zur Gewalt der Gendarmen ſchreiten muß, um<lb/> die Ausflügler und anderen Benützer der elektriſchen<lb/> Bahn Sitte, Anſtand und Benehmen zu lehren. Auch<lb/> diesmal ging es nicht ganz ohne Wortwechſel und</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div xml:id="prokesch4" prev="#prokesch3" type="jArticle" n="2"> <p>ſo muß man zur Erkenntnis kommen, daß man es<lb/> hier mit einem Manne von feinſtem literariſchem<lb/> Geſchmack zu tun hat. Ich will nur einiges anführen,<lb/> was Prokeſch mit Irene Kieſewetter las u. a.:<lb/> „Mattiſon und Salis“, Schulzes „Bezauberte Roſe“,<lb/> „Petrarca“, Johannes Müllers „24 Bücher der Ge-<lb/> ſchichte“, Göthes „Werther“, Börne (mit dem Zu-<lb/> ſatze: lachen viel darüber), Grillparzers „Sappho“,<lb/> die Irene ſehr ergreift, Werners „24. Februar“,<lb/> „Ahnfrau“, „Das Leben ein Traum“ ꝛc.</p><lb/> <p>Bei Paar las Prokeſch einſt Szenen aus „Don<lb/> Carlos“ und am 9. Jänner 1831 mehrere Stellen<lb/> aus „Benjamin Conſtant“. Wenn auch Prokeſch nicht<lb/> angibt, aus welchen Werken Conſtants geleſen wurde,<lb/> iſt es nicht unwahrſcheinlich, daß es aus dem erſt zu<lb/> Ende der zwanziger Jahre erſchienenen Romane<lb/> „Adolfo“ war, der auf Grillparzer einen ſo großen<lb/> Eindruck machte, daß er unterm 11. März 1829 in<lb/> ſein Tagebuch eintrug: „Mit einem Einblick in das<lb/> menſchliche Herz geſchrieben, das denjenigen ſchaudern<lb/> macht, der ſich in einer ähnlichen Lage befunden hat<lb/> oder befindet.“</p><lb/> <p>Ueber H. Heines Reiſebilder urteilt Prokeſch:<lb/> „Ein Buch voll Geſchmackloſigkeiten und Geiſt, voll<lb/> Wahrheit und Lüge, voll Teufel und Engel“.</p><lb/> <p>Dagegen ſchwärmt er ſehr für Peter Hebels:<lb/> „Allemanniſche Gedichte“.</p><lb/> <p>Von Baron Zedlitz’ Drama „Taſſos Tod“ ver-<lb/> merkt er: „Nicht genial, aber doch ſehr wertvoll“.</p><lb/> <p>Dieſe Tagebücher bieten eine ebenſo intereſſante<lb/> als anregende Lektüre, dieſelben enthalten Eintragungen<lb/> von allgemeinem Intereſſe und werden von einem<lb/> einſtmaligen Schilderer des Vormärz nicht unberück-<lb/> ſichtigt gelaſſen werden können. Die Firma Reißer<lb/> hat durch deren Verlag einen Beweis öſterreichiſchen<lb/> Patriotismus geliefert.</p><lb/> <byline>Peter <hi rendition="#g">Enslein.</hi> </byline><lb/> <cb/> </div> </div> <div type="jLocal" n="1"> <div xml:id="bahn2" prev="#bahn1" type="jArticle" n="2"> <p>lautes Geſchrei ab, denn es iſt ein etwas ſehr ge-<lb/> miſchtes Publikum, das da Sonntag abends aus allen<lb/> Weltgegenden auf dem Joſefplatz zuſammenſtrömt<lb/> und in geradezu ſinnloſer Wildheit und aller Be-<lb/> ſonnenheit ſpottend auf die fahrenden Waggons auf-<lb/> ſpringt, <hi rendition="#g">wie eine Horde betrunkener Indi-<lb/> aner,</hi> den Nächſten neben ſich nicht achtend, über<lb/> die Wagentreppen hinaufdrängt, dabei gröhlt und<lb/> ſchreit, ſo daß man verſucht wäre, an unſere heutige<lb/> Stufe der Ziviliſation zu vergeſſen. Erſt ein in dem<lb/> allgemeinen Gewühl von den unbarmherzigen Rädern<lb/> eines Waggons überfahrenes Kind oder zwei, drei<lb/> Beinbrüche dürften dieſem Publikum jene Ruhe wieder<lb/> geben, die herzuſtellen endlich zwei aufgepflanzte<lb/> Bajonette berufen wurden. Daß dabei die vielen gar<lb/> nicht mitfahrenden Begleitperſonen den ohnehin ſehr<lb/> beſchränkten Raum den Paſſagieren wegnehmen, ver-<lb/> ſchärft die Situation natürlich noch mehr. Wenn ſich<lb/> aber die Leute daran gewöhnen würden, ein wenig<lb/> auf den eigenen Trotz zu verzichten und nicht eigen-<lb/> ſinnig ſich auf <hi rendition="#g">einen</hi> wegfahrenden Train zu kapri-<lb/> zieren und wenn ſie endlich zu der ſo billigen Ein-<lb/> ſicht kommen wollten, daß das Seelenheil nicht im<lb/> geringſten gefährdet iſt, wenn man ſtatt um 9 Uhr 20,<lb/> um 9 Uhr 40 fährt, aber auch erſt dann wird man<lb/> auf die jetzt ſo wohltätige Mithilfe der Gendarmerie<lb/> verzichten dürfen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head>— <hi rendition="#g">Die Poſtverbindung zwiſchen Baden,<lb/> Alland und Klauſen-Leopoldsdorf</hi> oder:<lb/><hi rendition="#g">Pferd und Automobil im Wettbewerbe.</hi> </head><lb/> <p>Mehr und mehr ſehen wir den Pferdebetrieb durch<lb/> den elektriſchen und den Automobilbetrieb abgelöſt.<lb/> Der Motorwagen verdrängt den Pferdewagen. Darum<lb/> klagten ja auch die Lohnkutſchenbeſitzer, als das Poſt-<lb/> automobil für die Fahrten von Baden nach Heiligen-<lb/> kreuz, Alland <hi rendition="#aq">I</hi> und <hi rendition="#aq">II,</hi> Klauſen-Leopoldsdorf einge-<lb/> führt wurde, daß es nun mit der Ausnützung ihrer<lb/> Pferde und Lohnwagen aus ſei. Auf dieſer Linie iſt<lb/> aber in Wirklichkeit das Gegenteil eingetreten. Wohl<lb/> wurden die täglich verkehrenden Poſtautomobile zur<lb/> wirkſamen Reklame und machten das Publikum durch<lb/> die Aufſchriftstafeln auf die Endſtationen aufmerkſam,<lb/> ſtieg von Woche zu Woche die Zahl derer, die nun<lb/> raſch von Baden nach Alland und Klauſen-Leopoldsdorf<lb/> wollten. Aber dank der Unzulänglichkeit und dem<lb/> ewigen Siechtum der Autos kam es nicht zu der ge-<lb/> fürchteten Kaltſtellung des privaten Lohnfuhrwerkes,<lb/> ſondern im Gegenteil zu einer ungeahnten Inanſpruch-<lb/> nahme desſelben. <hi rendition="#g">Vorläufig iſt das Pferd in<lb/> dem Wettkampfe Sieger geblieben, ge-<lb/> radezu der Retter in der Fahrnot geweſen.</hi><lb/> Das zeigte wieder recht lebhaft der verfloſſene Sonn-<lb/> tag. Das große Automobil machte Samstag nach<lb/> mehrtägigem Unwohlſein ſeine erſte Verſuchausfahrt<lb/> und blieb bei der Krainerhütte ſtecken. Ein am Sonn-<lb/> tage wiederholter Verſuch ſchloß mit Aufgabe der<lb/> Fahrt bei der Cholerakapelle ab. Der Wagen kam<lb/> zwar Sonntag nochmals zum Fahren, vermochte aber<lb/> nicht, auch den Anhängewagen mitzunehmen. So<lb/> ſtanden für den Vormittagsverkehr am Sonntag, der<lb/> infolge des prächtigen Wetters ein zahlreiches Pub-<lb/> likum auf die Wagen warten ſah, nur die unzuläng-<lb/> lichen drei kleinen Wagen zur Verfügung, die auch<lb/> in gewohnter Heringsfüllung abgingen. Für die<lb/> Menge der Rückgebliebenen mußten die Wagen von<lb/> Klimek aus Alland einſpringen, die aber auch nicht<lb/> alle aufnehmen konnten. Abends wiederholte ſich in<lb/> Alland die ſtarke Nachfrage. Da ſich aber das Gros<lb/> nicht auf das zweifelhafte Eintreffen des großen<lb/> Autowagens verlaſſen wollte, ſahen ſie ſich ſchon in<lb/> den frühen Nachmittagsſtunden um die Privatomni-<lb/> buſſe um und beförderten die Wagenbeſitzer Höfling<lb/> und Klimek eine ſtattliche Zahl von Reiſenden, Klimek<lb/> allein 34, ſo daß die Autos ganz mäßig beſetzt die<lb/> Fahrt machten. Dasſelbe fand an dieſem Tage in<lb/> Klauſen-Leopoldsdorf ſtatt. Bei der Ankunft des voll-<lb/> beſetzten Autos erkundigten ſich die wartenden Gäſte<lb/> bezüglich der Rückfahrt am Nachmittage. Da es nun<lb/> zuerſt hieß, daß die angekommenen Paſſagiere das<lb/> Vorrecht hätten, dann wieder, daß man auf die nach<lb/> Baden Fahrenden Rückſicht nehmen müſſe, die nach<lb/> Alland zu Fuß gehen können, zogen es die meiſten<lb/> vor, ſich der Privatwägen zu verſichern und wurden<lb/> von den Wagenbeſitzern Gramm, Weingartgshoffer<lb/> und Zinner über 30 Paſſagiere befördert, während<lb/> das Auto nur teilweiſe beſetzt blieb. So erbringt<lb/> jeder ſchöne Tag einerſeits den Beweis, <hi rendition="#g">wie groß<lb/> die Zahl der zu Befördernden iſt,</hi> von Woche<lb/> zu Woche ſteigt und bei geordneten Verhältniſſen ſich<lb/> noch weiter ſteigern könnte, andererſeits, <hi rendition="#g">wie unzu-<lb/> länglich die für ſo ausgiebige Inan-<lb/> ſpruchnahme zur Verfügung ſtehenden<lb/> Autobetriebsmittel ſind.</hi> Noch iſt das erſte<lb/> Jahr des Automobilbetriebes nicht abgelaufen und<lb/><cb/> ſchon kann man ernſt behaupten: 1. daß die zur<lb/> Verfügung ſtehenden Autowagen ſich nicht bewährt<lb/> haben, dem Verkehre nicht gewachſen ſind und durch<lb/> ihre ewige Reparaturnot in den Poſtbetrieb eine ſehr<lb/> unerfreuliche Unordnung bringen; 2. daß die Wagen-<lb/> type in ihrer ganzen Einrichtung abſolut nicht ent-<lb/> ſpricht. Unterhalb der Sitzplätze iſt aller Raum faſt<lb/> ganz von den verſchiedentlichen Utenſilien der Chauf-<lb/> feure in Anſpruch genommen. Die zur Aufnahme<lb/> leichten Gepäcks beſtimmten Hängevorrichtungen haben<lb/> die angenehme Eigenſchaft, ihren Inhalt dem Beſitzer<lb/> oder einem anderen immer wieder auf den Kopf oder<lb/> in den Schooß zurückzuwerfen. So müſſen die Fah-<lb/> renden, die doch außer Stock oder Schirm etwas in<lb/> der Hand zu tragen haben, bei der ohnehin engen<lb/> Beſchränkung des Innenraumes auch noch das Hand-<lb/> gepäck neben oder auf ſich nehmen und kann man<lb/> ſich denken, wie lieblich eine ſolche Fahrt an einem<lb/> heißen Tage, in einem Wagen, der mit 12 Sitzenden<lb/> und 5 Stehenden beſetzt iſt, ſein kann. Polizeilich<lb/> wird man wohl erſt eingreifen, bis ein ſchwerer<lb/> Ohnmachtsanfall auf die Enge des Raumes und das<lb/> Unziemliche der Stehplätze aufmerkſam gemacht haben<lb/> wird. Wie nett jemand ausſieht, der in Beſuchtoilette<lb/> ſtatt in weniger empfindlichem Touriſtenkleide zur<lb/> Stadt zu fahren hat, das kann man ja jeden Tag<lb/> beim Ausſteigen der Fahrgäſte in der Endſtation<lb/> ſehen; 3. daß ſeitens der Poſtverwaltung durch die<lb/> ganz unpraktiſche Fahrordnung, die z. B. keinen<lb/> Anſchluß an die Poſtfahrt Preßbaum—Klauſen-<lb/> Leopoldsdorf kennt, für die Fahrt der Klauſener nach<lb/> Baden ganz unbrauchbar iſt und die zu geringe Zahl<lb/> und ſchlechte Beſchaffenheit der Wagen der erſichtlich<lb/> dringliche Bedarf nicht zur geſchäftsmäßigen Aus-<lb/> nützung kommen konnte, <hi rendition="#g">ein Vorwurf, gegen<lb/> den ſich die Verwaltung einmal zu ver-<lb/> teidigen haben wird, wenn die Gemeinden<lb/> zur Deckung des Defizits werden heran-<lb/> gezogen werden.</hi> </p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head>— <hi rendition="#g">Arena in Baden.</hi> </head> <p><hi rendition="#g">Heute Mittwoch</hi><lb/> wird die <hi rendition="#g">„Geſchiedene Frau“,</hi> Donnerstag<lb/><hi rendition="#g">„Die luſtige Witwe“,</hi> Freitag <hi rendition="#g">„Dollar-<lb/> prinzeſſin“</hi> (Debut des Frl. Käthe <hi rendition="#g">Schreiber</hi>),<lb/> Samstag <hi rendition="#g">„Der fidele Bauer“</hi> zur Aufführung<lb/> gebracht.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head>— <hi rendition="#g">Gaſtſpiel der Mitglieder des Ka-<lb/> baretts „Die Hölle“.</hi> </head> <p>Heute Mittwoch abends<lb/> findet das einmalige hochintereſſante Gaſtſpiel der<lb/> Mitglieder vom Wiener Kabarett „Die Hölle“ (Mela<lb/> Mars, Rudolf Oeſterreicher, Viktor Norbert u. a.,<lb/> Bela Laszky) im Etabliſſement Sacher im Helenen-<lb/> thal ſtatt. Wie vorauszuſehen, war der Kartenvor-<lb/> verkauf ein derartig ſtarker, daß der Saal heute<lb/> bereits ausverkauft iſt. Die noch in geringer Anzahl<lb/> vorhandenen Karten ſind im Vorverkauf in Karl<lb/> Zweymüller’s Buch- und Muſikalienhandlung, Haupt-<lb/> platz 3 (Telephon 258), ſowie beim Portier des Eta-<lb/> bliſſements Sacher und eventuell noch übrige an der<lb/> Abendkaſſa erhältlich.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head>— <hi rendition="#g">Ein Vorfall in der Mineralſchwimm-<lb/> ſchule,</hi> </head> <p>der unter den Badegäſten einiges Aufſehen<lb/> erregte, wird uns von einem Augenzeugen gemeldet.<lb/> Um etwa 4 Uhr nachmittags geriet einer der Bade-<lb/> gäſte in der Schwimmabteilung in die Gefahr des<lb/> Ertrinkens und nur dem raſchen Eingreifen des<lb/> Schwimmeiſters Herrn <hi rendition="#g">Mild,</hi> der den Vorfall be-<lb/> merkte, war es zu danken, daß der Ertrinkende, nicht<lb/> ohne Gefahr, in Sicherheit gebracht werden konnte.<lb/> Das Publikum äußerte ſich in anerkennenden Worten<lb/> über die raſche Aktion des wackeren Schwimmeiſters.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head>— <hi rendition="#g">Entwäſſerung des Wiener-Neu-<lb/> ſtädter Kanales.</hi> </head> <p>Die ſchon mehrmals angekün-<lb/> digte Entwäſſerung des Wiener-Neuſtädter Kanales,<lb/> die aber immer wieder aufgeſchoben wurde, ſoll nun,<lb/> wie aus einer ſeitens der auſtro-belgiſchen Eiſenbahn-<lb/> geſellſchaft verausgabten Kurrende an die Intereſſenten<lb/> verlautet, doch eintreten, und zwar iſt hiefür der<lb/> 9. Auguſt beſtimmt. Die Entwäſſerung ſoll ſich auf<lb/> die Zeit von 2½ Monaten erſtrecken. Bekanntlich<lb/> ſollen während dieſer Zeit auf der Strecke zwiſchen<lb/> Neuſtadt und Wien mehrere ſchadhaft gewordene<lb/> Brückenüberſetzungen ausgewechſelt und der Kanal<lb/> ſelbſt einer gründlichen Reinigung unterzogen werden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head>— <hi rendition="#g">Schlaganfall.</hi> </head> <p>Sonntag mittags erlitt<lb/> Frau Ludmilla <hi rendition="#g">Kriegler</hi> in der Wilhelmſtraße<lb/> einen Schlaganfall und mußte durch die Rettungs-<lb/> abteilung in das Rath’ſche Spital trausportiert<lb/> werden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head>— <hi rendition="#g">Das Heldenſtück eines Chauffeurs.</hi> </head><lb/> <p>Der bei einem Mödlinger Fabrikanten bedienſtete<lb/> Chauffeur Johann <hi rendition="#g">Püffel</hi> führte am 16. d. M.<lb/> mit ſeinem Automobil <hi rendition="#aq">B</hi> 302 auf der Reichsſtraße<lb/> bei Möllersdorf den Radfahrer Joſef <hi rendition="#g">Brenner</hi> aus<lb/> Möllersdorf nieder und wollte ſich nach dieſer Helden-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [4/0004]
Mittwoch Badener Zeitung 21. Juli 1909 Nr. 58
und ſorgt ſo dafür, daß der ſackartige Eindruck vermieden
wird. Lange enge Manſchetten halten die Stoffülle des
loſen Aermels am Ellbogen zurück und ſchließen mit
kleinen Stoffknöpfen. Schon wollten wir den Vorzug
der großen Taſchen rühmend hervorheben, die unter
den breiten Klappen verborgen, zu vermuten waren,
da zeigte es ſich, daß dieſe lediglich Staffage bildeten.
Ein ſolches oder ähnliches Modell als Reiſe- und
Automobil-Mantel iſt das begehrte Garderobe-
ſtück des unfreundlichen Hochſommers. Dem Luxus-
bedürfnis kann durch weiche Ledermäntel von ſtumpfen
Farben Rechnung getragen werden, und das kühle
Wetter gibt den Vorwand, die kleidſamen dunklen
Pelze als große Kragen mit Chalerevers auf die
Mäntel zu ſetzen. Alles bewährte Waffen zum Schutz
gegen die Unbilden der Witterung, ſonſt nur im
Winter in Gebrauch. Die kleine Capote, die ſich
im Frühjar vergebens bei der Mode einzuführen
ſtrebte, als Automobil-Kopfbedeckung mag ſie will-
kommen ſein. Knapp umrahmt der Capotehut das
Köpfchen und ſein ſchmaler Rand ermöglicht es, den
Schleier vor das Geſicht zu ziehen. Die leichten
Tuſſorgewebe kommen in dieſem Sommer dafür kaum
mehr in Betracht, die derberen Strohſtoffe und Phan-
taſieborden liefern feſteres Material und laſſen mehr
Freiheit der Nuance. Daß dieſe Hüte von bedeckten
Farben ſind, iſt ſelbſtverſtändlich. Außer beige, khaki,
taupe kommt höchſtens noch mattviolett zur Wahl.
Große Roſetten an den beiden Seiten, durch Band
über der Front verbunden, dienen als Zierrat. Von
den Farben der Hüte ſind auch die breiten Chiffon-
bindebänder, die um den Hals geſchlungen werden
und gleichzeitig auch als Schleier dienen können. Iſt
der Automobilmantel aus Leder, ſo wird auch die
Capote aus dieſem Material hergeſtellt und durch
Gazewindung mit Bindebändern freundlich ausgeputzt.
Wildlederhandſchuhe in braun oder grau, von denen
manche mit Stulpen verſehen ſind, gehören zur Ver-
vollſtändigung des Auto-Anzuges.
— Bei der Abfahrtsſtelle der elek-
triſchen Bahn Wien—Baden auf dem Joſefs-
platz hatte man vergangenen Sonntag das merkwür-
dige Schauſpiel einer Bewachung der Paſſagiere durch
Gendarmerie. Zwei Gendarmen wurden mit der Auf-
rechterhaltung der Ordnung betraut und hatten alle
Mühe, das wie wild ſich geberdende Publikum in die
Schranken zu weiſen, um einerſeits Unglücksfälle zu
verhüten, andererſeits Ruhe und Ordnung zu ſchaffen.
So ſehr dieſe neue vernünftige Einrichtung mit
wahrhafter Freude begrüßt werden muß, weil ſie
einem entſchieden ſeit langem unerträglichen Uebel
abhilft, iſt es doch ein trauriger Beweis dafür, daß
man zur Gewalt der Gendarmen ſchreiten muß, um
die Ausflügler und anderen Benützer der elektriſchen
Bahn Sitte, Anſtand und Benehmen zu lehren. Auch
diesmal ging es nicht ganz ohne Wortwechſel und
ſo muß man zur Erkenntnis kommen, daß man es
hier mit einem Manne von feinſtem literariſchem
Geſchmack zu tun hat. Ich will nur einiges anführen,
was Prokeſch mit Irene Kieſewetter las u. a.:
„Mattiſon und Salis“, Schulzes „Bezauberte Roſe“,
„Petrarca“, Johannes Müllers „24 Bücher der Ge-
ſchichte“, Göthes „Werther“, Börne (mit dem Zu-
ſatze: lachen viel darüber), Grillparzers „Sappho“,
die Irene ſehr ergreift, Werners „24. Februar“,
„Ahnfrau“, „Das Leben ein Traum“ ꝛc.
Bei Paar las Prokeſch einſt Szenen aus „Don
Carlos“ und am 9. Jänner 1831 mehrere Stellen
aus „Benjamin Conſtant“. Wenn auch Prokeſch nicht
angibt, aus welchen Werken Conſtants geleſen wurde,
iſt es nicht unwahrſcheinlich, daß es aus dem erſt zu
Ende der zwanziger Jahre erſchienenen Romane
„Adolfo“ war, der auf Grillparzer einen ſo großen
Eindruck machte, daß er unterm 11. März 1829 in
ſein Tagebuch eintrug: „Mit einem Einblick in das
menſchliche Herz geſchrieben, das denjenigen ſchaudern
macht, der ſich in einer ähnlichen Lage befunden hat
oder befindet.“
Ueber H. Heines Reiſebilder urteilt Prokeſch:
„Ein Buch voll Geſchmackloſigkeiten und Geiſt, voll
Wahrheit und Lüge, voll Teufel und Engel“.
Dagegen ſchwärmt er ſehr für Peter Hebels:
„Allemanniſche Gedichte“.
Von Baron Zedlitz’ Drama „Taſſos Tod“ ver-
merkt er: „Nicht genial, aber doch ſehr wertvoll“.
Dieſe Tagebücher bieten eine ebenſo intereſſante
als anregende Lektüre, dieſelben enthalten Eintragungen
von allgemeinem Intereſſe und werden von einem
einſtmaligen Schilderer des Vormärz nicht unberück-
ſichtigt gelaſſen werden können. Die Firma Reißer
hat durch deren Verlag einen Beweis öſterreichiſchen
Patriotismus geliefert.
Peter Enslein.
lautes Geſchrei ab, denn es iſt ein etwas ſehr ge-
miſchtes Publikum, das da Sonntag abends aus allen
Weltgegenden auf dem Joſefplatz zuſammenſtrömt
und in geradezu ſinnloſer Wildheit und aller Be-
ſonnenheit ſpottend auf die fahrenden Waggons auf-
ſpringt, wie eine Horde betrunkener Indi-
aner, den Nächſten neben ſich nicht achtend, über
die Wagentreppen hinaufdrängt, dabei gröhlt und
ſchreit, ſo daß man verſucht wäre, an unſere heutige
Stufe der Ziviliſation zu vergeſſen. Erſt ein in dem
allgemeinen Gewühl von den unbarmherzigen Rädern
eines Waggons überfahrenes Kind oder zwei, drei
Beinbrüche dürften dieſem Publikum jene Ruhe wieder
geben, die herzuſtellen endlich zwei aufgepflanzte
Bajonette berufen wurden. Daß dabei die vielen gar
nicht mitfahrenden Begleitperſonen den ohnehin ſehr
beſchränkten Raum den Paſſagieren wegnehmen, ver-
ſchärft die Situation natürlich noch mehr. Wenn ſich
aber die Leute daran gewöhnen würden, ein wenig
auf den eigenen Trotz zu verzichten und nicht eigen-
ſinnig ſich auf einen wegfahrenden Train zu kapri-
zieren und wenn ſie endlich zu der ſo billigen Ein-
ſicht kommen wollten, daß das Seelenheil nicht im
geringſten gefährdet iſt, wenn man ſtatt um 9 Uhr 20,
um 9 Uhr 40 fährt, aber auch erſt dann wird man
auf die jetzt ſo wohltätige Mithilfe der Gendarmerie
verzichten dürfen.
— Die Poſtverbindung zwiſchen Baden,
Alland und Klauſen-Leopoldsdorf oder:
Pferd und Automobil im Wettbewerbe.
Mehr und mehr ſehen wir den Pferdebetrieb durch
den elektriſchen und den Automobilbetrieb abgelöſt.
Der Motorwagen verdrängt den Pferdewagen. Darum
klagten ja auch die Lohnkutſchenbeſitzer, als das Poſt-
automobil für die Fahrten von Baden nach Heiligen-
kreuz, Alland I und II, Klauſen-Leopoldsdorf einge-
führt wurde, daß es nun mit der Ausnützung ihrer
Pferde und Lohnwagen aus ſei. Auf dieſer Linie iſt
aber in Wirklichkeit das Gegenteil eingetreten. Wohl
wurden die täglich verkehrenden Poſtautomobile zur
wirkſamen Reklame und machten das Publikum durch
die Aufſchriftstafeln auf die Endſtationen aufmerkſam,
ſtieg von Woche zu Woche die Zahl derer, die nun
raſch von Baden nach Alland und Klauſen-Leopoldsdorf
wollten. Aber dank der Unzulänglichkeit und dem
ewigen Siechtum der Autos kam es nicht zu der ge-
fürchteten Kaltſtellung des privaten Lohnfuhrwerkes,
ſondern im Gegenteil zu einer ungeahnten Inanſpruch-
nahme desſelben. Vorläufig iſt das Pferd in
dem Wettkampfe Sieger geblieben, ge-
radezu der Retter in der Fahrnot geweſen.
Das zeigte wieder recht lebhaft der verfloſſene Sonn-
tag. Das große Automobil machte Samstag nach
mehrtägigem Unwohlſein ſeine erſte Verſuchausfahrt
und blieb bei der Krainerhütte ſtecken. Ein am Sonn-
tage wiederholter Verſuch ſchloß mit Aufgabe der
Fahrt bei der Cholerakapelle ab. Der Wagen kam
zwar Sonntag nochmals zum Fahren, vermochte aber
nicht, auch den Anhängewagen mitzunehmen. So
ſtanden für den Vormittagsverkehr am Sonntag, der
infolge des prächtigen Wetters ein zahlreiches Pub-
likum auf die Wagen warten ſah, nur die unzuläng-
lichen drei kleinen Wagen zur Verfügung, die auch
in gewohnter Heringsfüllung abgingen. Für die
Menge der Rückgebliebenen mußten die Wagen von
Klimek aus Alland einſpringen, die aber auch nicht
alle aufnehmen konnten. Abends wiederholte ſich in
Alland die ſtarke Nachfrage. Da ſich aber das Gros
nicht auf das zweifelhafte Eintreffen des großen
Autowagens verlaſſen wollte, ſahen ſie ſich ſchon in
den frühen Nachmittagsſtunden um die Privatomni-
buſſe um und beförderten die Wagenbeſitzer Höfling
und Klimek eine ſtattliche Zahl von Reiſenden, Klimek
allein 34, ſo daß die Autos ganz mäßig beſetzt die
Fahrt machten. Dasſelbe fand an dieſem Tage in
Klauſen-Leopoldsdorf ſtatt. Bei der Ankunft des voll-
beſetzten Autos erkundigten ſich die wartenden Gäſte
bezüglich der Rückfahrt am Nachmittage. Da es nun
zuerſt hieß, daß die angekommenen Paſſagiere das
Vorrecht hätten, dann wieder, daß man auf die nach
Baden Fahrenden Rückſicht nehmen müſſe, die nach
Alland zu Fuß gehen können, zogen es die meiſten
vor, ſich der Privatwägen zu verſichern und wurden
von den Wagenbeſitzern Gramm, Weingartgshoffer
und Zinner über 30 Paſſagiere befördert, während
das Auto nur teilweiſe beſetzt blieb. So erbringt
jeder ſchöne Tag einerſeits den Beweis, wie groß
die Zahl der zu Befördernden iſt, von Woche
zu Woche ſteigt und bei geordneten Verhältniſſen ſich
noch weiter ſteigern könnte, andererſeits, wie unzu-
länglich die für ſo ausgiebige Inan-
ſpruchnahme zur Verfügung ſtehenden
Autobetriebsmittel ſind. Noch iſt das erſte
Jahr des Automobilbetriebes nicht abgelaufen und
ſchon kann man ernſt behaupten: 1. daß die zur
Verfügung ſtehenden Autowagen ſich nicht bewährt
haben, dem Verkehre nicht gewachſen ſind und durch
ihre ewige Reparaturnot in den Poſtbetrieb eine ſehr
unerfreuliche Unordnung bringen; 2. daß die Wagen-
type in ihrer ganzen Einrichtung abſolut nicht ent-
ſpricht. Unterhalb der Sitzplätze iſt aller Raum faſt
ganz von den verſchiedentlichen Utenſilien der Chauf-
feure in Anſpruch genommen. Die zur Aufnahme
leichten Gepäcks beſtimmten Hängevorrichtungen haben
die angenehme Eigenſchaft, ihren Inhalt dem Beſitzer
oder einem anderen immer wieder auf den Kopf oder
in den Schooß zurückzuwerfen. So müſſen die Fah-
renden, die doch außer Stock oder Schirm etwas in
der Hand zu tragen haben, bei der ohnehin engen
Beſchränkung des Innenraumes auch noch das Hand-
gepäck neben oder auf ſich nehmen und kann man
ſich denken, wie lieblich eine ſolche Fahrt an einem
heißen Tage, in einem Wagen, der mit 12 Sitzenden
und 5 Stehenden beſetzt iſt, ſein kann. Polizeilich
wird man wohl erſt eingreifen, bis ein ſchwerer
Ohnmachtsanfall auf die Enge des Raumes und das
Unziemliche der Stehplätze aufmerkſam gemacht haben
wird. Wie nett jemand ausſieht, der in Beſuchtoilette
ſtatt in weniger empfindlichem Touriſtenkleide zur
Stadt zu fahren hat, das kann man ja jeden Tag
beim Ausſteigen der Fahrgäſte in der Endſtation
ſehen; 3. daß ſeitens der Poſtverwaltung durch die
ganz unpraktiſche Fahrordnung, die z. B. keinen
Anſchluß an die Poſtfahrt Preßbaum—Klauſen-
Leopoldsdorf kennt, für die Fahrt der Klauſener nach
Baden ganz unbrauchbar iſt und die zu geringe Zahl
und ſchlechte Beſchaffenheit der Wagen der erſichtlich
dringliche Bedarf nicht zur geſchäftsmäßigen Aus-
nützung kommen konnte, ein Vorwurf, gegen
den ſich die Verwaltung einmal zu ver-
teidigen haben wird, wenn die Gemeinden
zur Deckung des Defizits werden heran-
gezogen werden.
— Arena in Baden. Heute Mittwoch
wird die „Geſchiedene Frau“, Donnerstag
„Die luſtige Witwe“, Freitag „Dollar-
prinzeſſin“ (Debut des Frl. Käthe Schreiber),
Samstag „Der fidele Bauer“ zur Aufführung
gebracht.
— Gaſtſpiel der Mitglieder des Ka-
baretts „Die Hölle“. Heute Mittwoch abends
findet das einmalige hochintereſſante Gaſtſpiel der
Mitglieder vom Wiener Kabarett „Die Hölle“ (Mela
Mars, Rudolf Oeſterreicher, Viktor Norbert u. a.,
Bela Laszky) im Etabliſſement Sacher im Helenen-
thal ſtatt. Wie vorauszuſehen, war der Kartenvor-
verkauf ein derartig ſtarker, daß der Saal heute
bereits ausverkauft iſt. Die noch in geringer Anzahl
vorhandenen Karten ſind im Vorverkauf in Karl
Zweymüller’s Buch- und Muſikalienhandlung, Haupt-
platz 3 (Telephon 258), ſowie beim Portier des Eta-
bliſſements Sacher und eventuell noch übrige an der
Abendkaſſa erhältlich.
— Ein Vorfall in der Mineralſchwimm-
ſchule, der unter den Badegäſten einiges Aufſehen
erregte, wird uns von einem Augenzeugen gemeldet.
Um etwa 4 Uhr nachmittags geriet einer der Bade-
gäſte in der Schwimmabteilung in die Gefahr des
Ertrinkens und nur dem raſchen Eingreifen des
Schwimmeiſters Herrn Mild, der den Vorfall be-
merkte, war es zu danken, daß der Ertrinkende, nicht
ohne Gefahr, in Sicherheit gebracht werden konnte.
Das Publikum äußerte ſich in anerkennenden Worten
über die raſche Aktion des wackeren Schwimmeiſters.
— Entwäſſerung des Wiener-Neu-
ſtädter Kanales. Die ſchon mehrmals angekün-
digte Entwäſſerung des Wiener-Neuſtädter Kanales,
die aber immer wieder aufgeſchoben wurde, ſoll nun,
wie aus einer ſeitens der auſtro-belgiſchen Eiſenbahn-
geſellſchaft verausgabten Kurrende an die Intereſſenten
verlautet, doch eintreten, und zwar iſt hiefür der
9. Auguſt beſtimmt. Die Entwäſſerung ſoll ſich auf
die Zeit von 2½ Monaten erſtrecken. Bekanntlich
ſollen während dieſer Zeit auf der Strecke zwiſchen
Neuſtadt und Wien mehrere ſchadhaft gewordene
Brückenüberſetzungen ausgewechſelt und der Kanal
ſelbſt einer gründlichen Reinigung unterzogen werden.
— Schlaganfall. Sonntag mittags erlitt
Frau Ludmilla Kriegler in der Wilhelmſtraße
einen Schlaganfall und mußte durch die Rettungs-
abteilung in das Rath’ſche Spital trausportiert
werden.
— Das Heldenſtück eines Chauffeurs.
Der bei einem Mödlinger Fabrikanten bedienſtete
Chauffeur Johann Püffel führte am 16. d. M.
mit ſeinem Automobil B 302 auf der Reichsſtraße
bei Möllersdorf den Radfahrer Joſef Brenner aus
Möllersdorf nieder und wollte ſich nach dieſer Helden-
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