Badener Zeitung. Nr. 32, Baden (Niederösterreich), 20.04.1904. Badener Zeitung (vormals Badener Bezirks-Blatt). Abonnement Baden: Zum Abholen vierteljährig K 2·50, halbjährig K 5·--, ganzjährig K 10·--. Mit Zustellung ins Haus Baden: Vierteljährig K 3·--, halbjährig K 6·--, Nr. 32. Mittwoch, den 20. April 1904. 25. Jahrg. [Spaltenumbruch] Die Tschechen in der Enge. Normal und kühl denkende Tschechen scheint Was haben die Tschechen nicht schon alles Wenn der Abgeordnete Fiedler jüngst meinte, Allerdings haben die Deutschen den Grund- [Spaltenumbruch]
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Fenilleton.
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Tierschutz und Schule. Referat, erstattet in der Bezirks-Lehrerkonferenz in Baden am 7. April 1904. Es ist nicht daran zu zweifeln, daß jede Lehr- Wir haben zunächst zwischen bewußter und Da gibt man z. B. Kindern lebende Tiere als Man kauft den Kindern Schmetterlingsnetze und Das Fangen der Singvögel ist verboten, aber Aehnlich verhält es sich auch mit dem Hunde, Wenden wir uns zu den Grausamkeiten der Der Durchschnittsmensch unterwirft sich nicht Badener Zeitung (vormals Badener Bezirks-Blatt). Abonnement Baden: Zum Abholen vierteljährig K 2·50, halbjährig K 5·—, ganzjährig K 10·—. Mit Zuſtellung ins Haus Baden: Vierteljährig K 3·—, halbjährig K 6·—, Nr. 32. Mittwoch, den 20. April 1904. 25. Jahrg. [Spaltenumbruch] Die Tſchechen in der Enge. Normal und kühl denkende Tſchechen ſcheint Was haben die Tſchechen nicht ſchon alles Wenn der Abgeordnete Fiedler jüngſt meinte, Allerdings haben die Deutſchen den Grund- [Spaltenumbruch]
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Fenilleton.
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Tierſchutz und Schule. Referat, erſtattet in der Bezirks-Lehrerkonferenz in Baden am 7. April 1904. Es iſt nicht daran zu zweifeln, daß jede Lehr- Wir haben zunächſt zwiſchen bewußter und Da gibt man z. B. Kindern lebende Tiere als Man kauft den Kindern Schmetterlingsnetze und Das Fangen der Singvögel iſt verboten, aber Aehnlich verhält es ſich auch mit dem Hunde, Wenden wir uns zu den Grauſamkeiten der Der Durchſchnittsmenſch unterwirft ſich nicht <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0001" n="[1]"/> <titlePage xml:id="title1" type="heading" next="#title2"> <titlePart type="main"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Badener Zeitung</hi><lb/> (vormals Badener Bezirks-Blatt).</hi> </titlePart> </titlePage><lb/> <div type="jExpedition"> <p><hi rendition="#b">Abonnement Baden:</hi> Zum Abholen vierteljährig <hi rendition="#aq">K</hi> 2·50, halbjährig <hi rendition="#aq">K</hi> 5·—, ganzjährig <hi rendition="#aq">K</hi> 10·—. 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Mit ihren letzten Forderungen<lb/> der tſchechiſchen inneren Amtsſprache und der<lb/> tſchechiſchen Univerſität in Brünn haben ſie ſich<lb/> erſt recht vor eine unüberſteigliche Wand geſtellt,<lb/> vor der ſie nun ratlos daſtehen, weil ſie nicht<lb/> hinüber können. Zurück wollen ſie aber doch nicht.<lb/> So wird denn die nächſte am 19. d. M. be-<lb/> ginnende Tagung des Reichsrats die Tſchechen<lb/> abermals in der Obſtruktion ſehen, wenn ſie auch<lb/> wahrſcheinlich auf den Rat der Polen die Dele-<lb/> gationswahlen nicht gewalttätig hindern werden.<lb/> Es war töricht von ihnen, Forderungen aufzu-<lb/> ſtellen, die ſie nicht durchſetzen können. Denn<lb/> weder die Regierung Körber’s noch die eines<lb/> Nachfolgers könnte über das Veto der Deutſchen,<lb/> wie es eben wieder in Brünn nachdrücklich aus-<lb/> geſprochen wurde, hinweggehen. Die Tſchechen be-<lb/> lügen ſich ſelbſt, wenn ſie glauben, es ſei noch<lb/><cb/> eine Regierung denkbar, die ihnen trotz allem<lb/> Widerſpruch der Deutſchen in ſolchen Lebens-<lb/> fragen zu Willen ſein werde. Das iſt einfach aus-<lb/> geſchloſſen. 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Ich verweiſe nur<lb/> darauf, daß die Revoluttonäre vom Jahre 1848 in<lb/> der gewiß frommen Konkordatſchule erzogen wurden,<lb/> während die Antiſemiten von heute großenteils die<lb/> interkonfeſſionelle ſogenannte Neuſchule beſucht haben.<lb/> Damit will ich ſagen, daß es eben nicht hinreicht,<lb/> wenn der Lehrer bloß innerhalb der vier Wände<lb/> ſeiner Schulſtube für den Tierſchutz eintritt, worauf<lb/> ich ſpäter zurückkommen werde.</p><lb/> <p>Wir haben zunächſt zwiſchen bewußter und<lb/> unbewußter Tierquälerei zu unterſcheiden. Zu letzterer<lb/> ſind jene Tiermartern zu rechnen, die ſich aus Ge-<lb/> dankenloſigkeit oder Bequemlichkeit derart zur all-<lb/> täglichen Gewohnheit herausgebildet daben, daß ihr<lb/><cb/> grauſamer Charakter nicht zum Bewußiſein kommt,<lb/> wenigſtens nicht ſo zwingend, daß das Gewiſſen<lb/> geweckt würde. Damit will ich mich in erſter Linie<lb/> und vorzugsweiſe beſchäftigen.</p><lb/> <p>Da gibt man z. B. 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Aber ich habe einmal zugeſehen, wie man einem<lb/><cb/> entflohenen Schwarzblättchen das Vogelbauer nachtrug<lb/> und es mit aller Zuvorkommenheit einlud, zum<lb/> offenen Türchen gefälligſt wieder hineinzuſpazieren.<lb/> Da habe ich mir denn gedacht, man ſollte doch an<lb/> den Landſtraßen Wegzeiger anbringen mit der Auf-<lb/> ſchrift: „Nächſter Weg ins Zuchthaus!“ Die Ver-<lb/> brecher würden ohne Zweifel eilig dem Winke folgen<lb/> und ſich dahin begeben, wo man aller Nahrungs-<lb/> ſorgen enthoben iſt.</p><lb/> <p>Aehnlich verhält es ſich auch mit dem Hunde,<lb/> der ſein Leben an der Kette verbringt; nur vergißt<lb/> man hier manchmal, daß der arme Burſche auch<lb/> Durſt haben könnte und reicht ihm oft wochenlang<lb/> keinen Tropfen Waſſers.</p><lb/> <p>Wenden wir uns zu den Grauſamkeiten der<lb/> Küche. Fröſche, Krebſe, Fiſche (insbeſondere Aale)<lb/> müſſen häufig ein förmliches Martyrium durchmachen.<lb/> Eine arge Tierquälerei iſt das „Stopfen“ der Enten<lb/> und Gäuſe, um ſie zu mäſten. Fünf bis ſechs Wochen<lb/> werden die Tiere ganz eng eingekerkert und dabei<lb/> mit Futter überladen, das man ihnen zwangsweiſe<lb/> in den Hals ſtopft. Unter ſo unnatürlichen, qual-<lb/> vollen Verhältniſſen bekommen ſie eine Fettkrankheit<lb/> und Lebervergrößerung. Darauf iſt es aber gerade<lb/> abgeſehen. Die tägliche Erſtickungsangſt, die Ver-<lb/> dauungsbeſchwerden, die Zwangsſtellung gelten für<lb/> nichts. „Gerechter Himmel“, ſagt Jean Paul, „aus<lb/> wie vielen Marterſtunden der Tiere lötet ſich der<lb/> Menſch eine einzige Feſtminute der Zunge zuſammen“.</p><lb/> <p>Der Durchſchnittsmenſch unterwirft ſich nicht<lb/> allein ſelbſt ſklaviſch den Modetorheiten, ſondern läßt<lb/> auch die Tiere darunter leiden. Hunden verſtümmelt<lb/> man die Ohren und den Schwanz, Pferden werden<lb/> nicht nur die Schweifhaare abgeſchnitten, auch der<lb/> Ausläufer des Rückgrates wird verkürzt und die<lb/> Blutung durch glühendes Eiſen geſtillt. Pferde werden<lb/> durch dieſe Operation gegen Inſekten wehrlos.</p> </div> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [[1]/0001]
Badener Zeitung
(vormals Badener Bezirks-Blatt).
Abonnement Baden: Zum Abholen vierteljährig K 2·50, halbjährig K 5·—, ganzjährig K 10·—. Mit Zuſtellung ins Haus Baden: Vierteljährig K 3·—, halbjährig K 6·—,
ganzjährig K 12·—. Oeſterreich-Ungarn: Mit Zuſendung vierteljährig K 3·30, halbjährig K 6·50, ganzjährig K 13·—. Einzelne Mittwoch-Nummer 12 h., Samstag-
Nummer 16 h. — Inſerate werden per 80 mm breite Petitzeile mit 16 h für die erſte, und mit 14 h für fünf nacheinander folgende Einſchaltungen berechnet, größere Anfträge
nach Uebereinkommen und können auch durch die beſtehenden Annonzen-Bureaux an die Adminiſtration gerichtet werden. — Intereſſante Mitteilungen, Notizen und
Korreſpondenzen werden nach Uebereinkunft honoriert. — Mannſkripte werden nicht zurückgeſtellt. — Redaktion und Adminiſtration: Baden, Pfarrgaſſe Nr. 3.
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Erſcheint Mittwoch und Samstag früh.
[Abbildung]
(Die Samstag-Nummer enthält die Gratis-Beilage „Illuſtriertes Unterhaltungsblatt“.)
Nr. 32. Mittwoch, den 20. April 1904. 25. Jahrg.
Die Tſchechen in der Enge.
Normal und kühl denkende Tſchechen ſcheint
es nicht zu geben. Eine Periode ungeahnten
Glückes hat ſie alle verwirrt gemacht und ſie
können es nicht begreifen, daß es Grenzen für
ihre Wünſche gibt, daß ſie Widerſtand finden,
daß auch noch andere Leute leben, mit denen ſie
rechnen müſſen. Die Einſicht, daß ſie mit der
Obſtruktion nichts mehr erreichen werden, iſt
ihnen ſchon aufgedämmert; davon gibt es vielfache
Anzeichen. Allein davon abzulaſſen, das will ihnen
nicht in den Sinn. Mit ihren letzten Forderungen
der tſchechiſchen inneren Amtsſprache und der
tſchechiſchen Univerſität in Brünn haben ſie ſich
erſt recht vor eine unüberſteigliche Wand geſtellt,
vor der ſie nun ratlos daſtehen, weil ſie nicht
hinüber können. Zurück wollen ſie aber doch nicht.
So wird denn die nächſte am 19. d. M. be-
ginnende Tagung des Reichsrats die Tſchechen
abermals in der Obſtruktion ſehen, wenn ſie auch
wahrſcheinlich auf den Rat der Polen die Dele-
gationswahlen nicht gewalttätig hindern werden.
Es war töricht von ihnen, Forderungen aufzu-
ſtellen, die ſie nicht durchſetzen können. Denn
weder die Regierung Körber’s noch die eines
Nachfolgers könnte über das Veto der Deutſchen,
wie es eben wieder in Brünn nachdrücklich aus-
geſprochen wurde, hinweggehen. Die Tſchechen be-
lügen ſich ſelbſt, wenn ſie glauben, es ſei noch
eine Regierung denkbar, die ihnen trotz allem
Widerſpruch der Deutſchen in ſolchen Lebens-
fragen zu Willen ſein werde. Das iſt einfach aus-
geſchloſſen. Wer aber unmögliches anſtrebt, der
bereitet ſich nur ſelbſt Niederlagen.
Was haben die Tſchechen nicht ſchon alles
angeführt, um ihre Obſtruktion zu begründen.
Zunächſt hieß es, ſie müßten zeigen, daß man
ihnen nicht ungeſtraft das Unrecht der Aufhebung
der erſchlichenen Sprachenverordnungen Badeni’s
zugefügt habe, daß auch ſie imſtande ſeien, dem
Parlamente mit Erfolg in die Speichen zu greifen.
Jetzt werden wir belehrt, die Obſtruktion gelte
eigentlich dem prinzipiellen Veto der Deutſchen,
nach welchem die Tſchechen nur dann etwas be-
kommen dürfen, wenn die Deutſchen das erlauben.
Daß die Deutſchen Einſprache erheben, wenn ſie
geſchädigt werden ſollen, das will den Tſchechen
nicht einleuchten. Wenn ſie fordern, ſo nehmen
ſie niemals Rückſicht auf diejenigen, denen ſie
damit Schaden zufügen. Das brauchen wir, ſagen
ſie und darum müſſen wir es haben, ohne Rück-
ſicht auf Wohl und Wehe der Deutſchen, des
Staates oder weſſen immer. Und wenn die Ge-
ſchädigten ſchreien, dann wollen die Tſchechen erſt
recht deren Schädigung und machen Obſtruktion,
wenn auf dieſe Rückſicht genommen wird. Das
iſt doch ganz natürlich, daß z. B. die Deutſchen
zu einer tſchechiſchen Univerſität in Brünn ein
unwiderrufliches Niemals ſagen. Das gebietet
ihnen ihre Wohlfahrt, ihre Zukunft. Brünn iſt
für das Deutſchtum in Oeſterreich eine Hand,
die es ſich nicht willig amputieren laſſen kann.
Wenn der Abgeordnete Fiedler jüngſt meinte,
dieſes Nein der Deutſchen auf die tſchechiſche
Forderung für Brünn ſei für die Tſchechen be-
leidigend, ſo iſt dies einfach kindiſch. Wenn die
Deutſchen ſo viel Opfermut für die Tſchechen
aufwenden ſollen, daß ſie ſich freiwillig ein Glied
abhacken laſſen, weil es den Tſchechen unbequem
iſt, ſo müßten die Deutſchen in aller Beſcheiden-
heit fragen, wo denn die Liebesgaben für die
Deutſchen zu erfragen ſind? Die Deutſchen in
Oeſterreich haben nichts mehr zu verſchenken.
Allerdings haben die Deutſchen den Grund-
ſatz aufgeſtellt, einſeitige Zugeſtändniſſe der Re-
gierungen an die Tſchechen unter keinen Um-
ſtänden mehr zu dulden, und eine öſterreichiſche
Regierung hat erkannt, daß dieſes Veto, wenn
man es ſo nennen will, ein gerechtfertigtes iſt.
Das kehrt ſich jedoch ebenſo gegen die Deutſchen
wie gegen die Tſchechen, und die Tſchechen müßten
eigentlich damit einverſtanden ſein. Das werden
ſie aber ſolange nicht ſein, als nicht eine Re-
gierung kommt, welche einſeitig nationale Forde-
rungen der Deutſchen erfüllt, die nationale Ab-
grenzung in Böhmen und Mähren durchführt
u. ſ. w. Von dieſem Augenblicke an würden die
Tſchechen zu dem Veto gegen einſeitige Zu-
geſtändiſſe bekehrt ſein und laut darnach als der
[Abbildung]
Fenilleton.
[Abbildung]
Tierſchutz und Schule.
Referat, erſtattet in der Bezirks-Lehrerkonferenz
in Baden am 7. April 1904.
Referent: Ernſt Ketter, Lehrer in Hirtenberg.
Es iſt nicht daran zu zweifeln, daß jede Lehr-
kraft bei ſich bietender Gelegenheit den Abſcheu gegen
Tierquälerei im Kinde zu wecken ſuchte und auf
den Nutzen des Vogelſchutzes hinweiſt. Allein ein
Erlaß des Unterrichtsminiſteriums bezeichnet die auf
dieſem Gebiete erzielten Erfolge als unzureichend.
Damit dürfte es auch ſeine Richtigkeit haben, denn
der erziehliche Einfluß der Volksſchule wird zumeiſt
bedeutend überſchätzt. Gerade in dem Alter, in welchem
die Charakterbildung dauernd Fuß faſſen könnte,
wird der Schüler dem Einfluſſe des Lehrers entzogen,
Elternhaus und Geſellſchaft machen ihn zu dem, was
er ſchließlich iſt, zum Kinde ſeiner Zeit, und gedanken-
los treibt er dahin mit der großen Maſſe in dem
breiten Strome der Allgemeinheit. Ich verweiſe nur
darauf, daß die Revoluttonäre vom Jahre 1848 in
der gewiß frommen Konkordatſchule erzogen wurden,
während die Antiſemiten von heute großenteils die
interkonfeſſionelle ſogenannte Neuſchule beſucht haben.
Damit will ich ſagen, daß es eben nicht hinreicht,
wenn der Lehrer bloß innerhalb der vier Wände
ſeiner Schulſtube für den Tierſchutz eintritt, worauf
ich ſpäter zurückkommen werde.
Wir haben zunächſt zwiſchen bewußter und
unbewußter Tierquälerei zu unterſcheiden. Zu letzterer
ſind jene Tiermartern zu rechnen, die ſich aus Ge-
dankenloſigkeit oder Bequemlichkeit derart zur all-
täglichen Gewohnheit herausgebildet daben, daß ihr
grauſamer Charakter nicht zum Bewußiſein kommt,
wenigſtens nicht ſo zwingend, daß das Gewiſſen
geweckt würde. Damit will ich mich in erſter Linie
und vorzugsweiſe beſchäftigen.
Da gibt man z. B. Kindern lebende Tiere als
Spielzeug: Hunde, Katzen u. ſ. w. Niemand bedenkt,
was ſo ein Tier oft ausſtehen muß. Der Hund wird
zerzauſt, am Schweife, an den Ohren gezogen —
man ſtaunt manchmal, wie er ſich mißhandeln läßt,
ohne ſeine überlegene Kraft zur Abwehr zu ge-
brauchen. „Ein gutes Vieh“, heißt es dann. Ob der
Hund vielleicht nur darum ſtill hält, weil er Schläge
noch mehr fürchtet, darnach fragt kein Menſch. Katzen
verteidigen ſich ſchon eher, wenn es ſo ein kleiner
Schlingel zu arg treibt. Dann aber ſchilt man ſie
„falſch“. Nein, die Katze iſt deshalb noch lange nicht
falſch; ſie wehrt ſich einfach, weil ſie noch nicht bis
zur hündiſchen Ergebenheit gezähmt iſt.
Man kauft den Kindern Schmetterlingsnetze und
leitet ſie zum Inſektenſammeln an. Falls damit kein
wiſſenſchaftlicher Zweck verfolgt wird, iſt es ein
Morden aus Vergnügen, eine Jagd im kleinen.
Das Fangen der Singvögel iſt verboten, aber
einſperren darf man ſie. Schreit dann ſolch’ ein
unſchuldiger Sträfling im Vogelhauſe verzweifelt um
die verlorene Freiheit, ſo meint man wohl gar, er
ſinge dankbar ſeinem Kerkermeiſter fröhliche Frühlings-
lieder. Vielen Menſchen iſt es ganz unbegreiflich, wie
ein Tier bei genügendem Futter unglücklich ſein
könne. Aber ich denke, gerade ein Vogel, der ſo recht
eigentlich für weite Räume geſchaffen iſt und faſt
immer in Familien oder Geſellſchaften lebt, empfindet
Gefangenſchaft und Einſamkeit doppelt ſchmerzlich.
Bei Kanarienvögeln will ich gern eine Ausnahme
gelten laſſen. Ungezählte Generationen derſelben ſind
im Bauer ausgebrütet worden; ſie kennen die Freiheit
nicht. Aber ich habe einmal zugeſehen, wie man einem
entflohenen Schwarzblättchen das Vogelbauer nachtrug
und es mit aller Zuvorkommenheit einlud, zum
offenen Türchen gefälligſt wieder hineinzuſpazieren.
Da habe ich mir denn gedacht, man ſollte doch an
den Landſtraßen Wegzeiger anbringen mit der Auf-
ſchrift: „Nächſter Weg ins Zuchthaus!“ Die Ver-
brecher würden ohne Zweifel eilig dem Winke folgen
und ſich dahin begeben, wo man aller Nahrungs-
ſorgen enthoben iſt.
Aehnlich verhält es ſich auch mit dem Hunde,
der ſein Leben an der Kette verbringt; nur vergißt
man hier manchmal, daß der arme Burſche auch
Durſt haben könnte und reicht ihm oft wochenlang
keinen Tropfen Waſſers.
Wenden wir uns zu den Grauſamkeiten der
Küche. Fröſche, Krebſe, Fiſche (insbeſondere Aale)
müſſen häufig ein förmliches Martyrium durchmachen.
Eine arge Tierquälerei iſt das „Stopfen“ der Enten
und Gäuſe, um ſie zu mäſten. Fünf bis ſechs Wochen
werden die Tiere ganz eng eingekerkert und dabei
mit Futter überladen, das man ihnen zwangsweiſe
in den Hals ſtopft. Unter ſo unnatürlichen, qual-
vollen Verhältniſſen bekommen ſie eine Fettkrankheit
und Lebervergrößerung. Darauf iſt es aber gerade
abgeſehen. Die tägliche Erſtickungsangſt, die Ver-
dauungsbeſchwerden, die Zwangsſtellung gelten für
nichts. „Gerechter Himmel“, ſagt Jean Paul, „aus
wie vielen Marterſtunden der Tiere lötet ſich der
Menſch eine einzige Feſtminute der Zunge zuſammen“.
Der Durchſchnittsmenſch unterwirft ſich nicht
allein ſelbſt ſklaviſch den Modetorheiten, ſondern läßt
auch die Tiere darunter leiden. Hunden verſtümmelt
man die Ohren und den Schwanz, Pferden werden
nicht nur die Schweifhaare abgeſchnitten, auch der
Ausläufer des Rückgrates wird verkürzt und die
Blutung durch glühendes Eiſen geſtillt. Pferde werden
durch dieſe Operation gegen Inſekten wehrlos.
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