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Deutsche Auswanderer-Zeitung. Nr. 93. Bremen, 19. November 1852.

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[Beginn Spaltensatz] sind aber in vielen Stücken ihrer früheren Lebensweise treu geblieben und
besitzen vom Christenthum nur den Namen. Sie werden getauft, lernen
später in der Schule der Mission ( d. h. nur die Knaben ) etwas lesen und
schreiben und den Katechismus hersagen und kehren darauf wieder in's
älterliche Haus zurück, um das mühsam Erlernte zu vergessen. Zur Zeit
der Saat und Ernte werden die Arbeitsfähigen von dem Missionair in
Anspruch genommen, um ihnen, während sie des Tags über die Felder
der Mission bearbeiten, des Abends und Morgens die früher erlernten
Gebete wieder einzutrichtern, damit sie den Geboten der Kirche gebührend
nachkommen können. Sie sind höchst indolent, diebischer Natur und fast
ohne Ausnahme dem Trunke ergeben. An Körperstärke und Ausdauer
übertreffen sie die ihnen in geistiger Hinsicht weit überlegenen Mestizen.

Familien von rein spanischem Geblüt sind wohl nicht viele in der
Provinz und solche sind leicht durch ihr Aeußeres von der übrigen Bevöl-
kerung zu unterscheiden.

Was den Ackerbau betrifft, so wird die Bearbeitung des Bodens noch
auf eine sehr mangelhafte Weise betrieben. Ein nur aus Holz bestehender
plumper Hakenpflug dient zum flachen Aufreißen der Erde, welche durch
wiederholtes Kreuzen mit demselben zerkleinert wird, und ein Bündel Dornen
vertritt die Stelle der Egge, um das weitläufig ausgestreute Getraide
u. s. w. mit Erde zu bedecken. Zum Ackerbau und dem Ziehen von
Schleifen oder ungestalten, zweirädrigen, niedrigen Karren werden nur die
zu zweien in ein Joch gespannten Ochsen verwendet; das Pferd dient nur
zum Reiten, die Stute vorzugsweise nur zum Dreschen; zum Fortschaffen
der Kaufmannsgüter gebraucht man allgemein Maulthiere, deren Belastung
3 Centner nicht übersteigen darf.

Trotz der erwähnten mangelhaften Bearbeitung des Bodens und der
Nichtanwendung von Dünger, welcher durch eine langjährige Wechsel-
wirthschaft ersetzt wird, fällt die Ernte doch ergiebig aus und kann im
Durchschnitt bei Getraide auf das 20 bis 25=fache der Saat angeschlagen
werden, die Kartoffeln geben ca. 15 bis 20 für eine. Die Saatzeit wechselt,
je nach der Lage der Ländereien, von Mai bis September, Kartoffeln
werden selbst noch im December gelegt, die Ernte fällt in die Monate
Januar und Februar für Getraide, Hülsenfrüchte Man läßt das
Getraide gewöhnlich überreif werden, um das Austreten der Körner durch
Stuten zu erleichtern, der Mangel an hinreichenden Arbeitsleuten und
plötzliches Eintreten von Regenwetter zerstören dann zuweilen die Hoff-
nungen des Landmanns, der zu lässig ist, um sich Scheunen zu bauen und
also Dreschen und Reinigen des Getraides unter freiem Himmel thun muß.

Die Viehzucht wird auch auf die sorgloseste Art getrieben, indem man
Pferde, Rindvieh Sommer und Winter frei herumlaufen läßt, wo
denn im letzteren aus Mangel an Futter oft viel stirbt.

( Fortsetzung folgt. )




Auswanderer=Beförderung über England.

* Jndem die "Hansa" vom 10. d. Mts. den nachfolgenden ihr von
achtbarer Hand zugestellten Brief mittheilt, der neues Zeugniß davon giebt,
wie sehr die Reise über England Auswanderern nach Amerika zu wider-
rathen ist, bemerkt sie, wie sie nicht unterlassen könne, ihre schon oft aus-
gesprochene Warnung vor der Auswanderer=Beförderung über England zu
wiederholen, die in den meisten Fällen ähnliche Uebelstände, wie die in
dem mitgetheilten Briefe beschriebenen mit sich führen wird. Unsere
Collegin erlaube uns die Frage, wie es sich mit dieser Ueberzeugung ver-
eint, daß sie fortwährend und so auch in der Nummer vom 10. d. Mts.
Anzeigen über Beförderung von Auswanderern über England nach Amerika
bringt? Wie es Pflicht der Presse und vorzugsweise der Auswanderer-
Presse ist, der Beförderung über England immer wieder entgegen zu treten,
so darf sie nach unserer Ueberzeugung auch durch diese keinerlei Vortheil
für sich nehmen, sondern muß auf jeden Gewinn daraus gern verzichten;
auch auf diese Weise wird sie wenn auch nicht wirksam derselben entgegen
arbeiten doch dieselbe nicht befördern, und so ihre Unabhängigkeit und ihre
Ueberzeugung entschieden darthun.

    Mountville, 16. Juni 1852.
    Geehrter Herr F.!

Jhrem Wunsche zufolge setze ich Jhnen nur Einiges von meiner Seereise,
von Liverpool nach Newyork auseinander. Am 29. März Abends 9 Uhr,
kam ich mit mindestens 300 Auswanderern, die sich in Hull versammelt
hatten, nach Liverpool; hier wurden wir sogleich in Empfang genommen,
und in verschiedene Emigrantenhäuser gebracht, wo wir sämmtlich Abend-
essen erhielten. Hier waren wir drei Tage, dann wurden wir gegen
[Spaltenumbruch] 400 Passagiere den 1. April auf dem Dreimaster "Malabar," Liverpooler
Schiff, eingeschifft, wo wir jedoch noch drei Tage im Hafen blieben, aber
im Emigrantenhause beköstigt wurden. Obgleich die Mehrzahl hier schon
murrte, so muß ich meine Zufriedenheit aussprechen, denn dieses ist sehr
einfach, wer nicht rasch essen konnte mußte hungern, oder aus seinem
Beutel zehren. Es kam auf 6 Personen eine Schüssel voll auf den Tisch,
war diese leer, so war es vorüber. Den 3. April ging unser Schiff in
See, und den fünften Tag darauf erhielten wir erst Brod, was in 6 weißen
Zwiebacken bestand, welche 8 Tage reichen sollten; jedoch von mehreren,
selbst von mir bis den andern Tag gegessen wurden, da wir schon 2 Tage
weder Brod noch sonst etwas hatten, und so hatten wir 5 Tage wieder
keins, kurz und gut, es vergingen 8 Tage ehe wir das, was unser Contract
vorschrieb, erhielten, dieses lautete also:2 1 / 2 Zwieback, 5 Hafermehl,
1 Weizenmehl, 2 Reis, 1 / 2 braunen Zucker, 1 / 2 Syrup und 1 Lth.
Thee wöchentlich und 3 Quart Trinkwasser täglich. Syrup haben wir
nicht erhalten, dafür aber 3 Mal 1 Fleisch a Person auf der ganzen
Reise, was jedoch so salzig war, daß es kaum zu genießen war, selbst
viele Passagiere es über Bord warfen, da sie nicht genug Wasser hatten,
um es einzuwässern, denn nur dem Namen nach hatten wir 3 Quart.
Auch das Weizenmehl war in festen Stücken, und im höchsten Grade ver-
dorben; jedoch ich war froh, daß ich es von mehreren bekam, und nebst
mehrerern Andern meines Gleichen mit 2 Theilen Hafermehl vermengte
und Brod davon backen konnte, was leider, wie Sie denken können, nicht
das beste war, doch waren wir froh, wenn wir solches hatten. An Butter,
Fett, Salz und dergleichen war nicht zu denken, wer sich dergleichen nicht
eingekauft hatte, konnte nichts an das Essen thun. Unser deutscher Contract,
welcher diese Theile benannte, wurde uns in Liverpool abgenommen, und
beim Einschiffen ein englischer überreicht, der weiter nichts enthielt, als
was ich oben angegeben habe. Diejenigen, welche sich widersetzten mitzu-
fahren, und sich beschwerten, erhielten ihren deutschen nebst englischen
Contract, aber auf der See lautete es anders, der Deutsche wurde vom
Capitain nicht anerkannt, und wer nichts hatte, mußte sich in das Schicksal
fügen. So hatten wir 2 Küchen, wo in jeder höchstens 24 Mann kochen
konnten, auch durften wir nicht selber frühzeitig Feuer anbrennen, es wurde
solches täglich gegen 8 Uhr Morgens durch einen Matrosen angebrannt,
dann waren gegen 40 Mann an der Küche versammelt, und ehe noch ein
Topf auf das Feuer gebracht wurde, ging schon die Prügelei los, denn
jeder wollte immer zuerst hinan, indem es 3 bis 4 Stunden dauerte, ehe
ein Topf kochte, dann konnte erst wieder ein anderer heran, auch muß ich
noch bemerken, daß wir sehr schlechte Steinkohlen hatten, und oft Stunden
lang kein Feuer brannte. Desgleichen von Seiten der Matrosen die schlechteste
Behandlung; wollte ich alle Nichtswürdigkeiten einzeln anführen, so würde
ich mehrere Bogen brauchen, also will ich schließen, und nur jeden Aus-
wanderer rathen, sich mit allem Möglichen gut zu versehen, oder noch
besser, ja auf kein englisches Schiff zu gehen, wer mir nicht glaubt, mag
es selbst versuchen, nicht allein ich, sondern Alle, die mit einem englischen
Schiff nach Amerika kamen, sprechen dasselbe. Jch verbleibe in aller
Hochachtung Jhr ergebener     Bernhard Böhme.



Briefauszug.

    Burlington, Jowa, 11. October 1852.

Die Ansiedlerzüge bedecken die Straßen. Von hier aus zieht eine
Gesellschaft in 14 Tagen ab. Sie wird aufs Gerathewohl bis zum Missouri
vordringen und dort ( in Mills County ) sich ansiedeln, wo es ihr am besten
gefallen wird. Gegenwärtig ist sie mit Vorbereitungen, Einkäufen
überhäuft. Jhre Verbindung läuft auf eine gegenseitige Unterstützung für
mehrere Jahre hinaus, nach deren Ablauf die unbemittelten Mitglieder aus
der Gemeinschaft gewisse Antheile an Privateigenthum erhalten sollen.
Eine andere Gesellschaft ist Ende August von Davenport aus nach Mills
County gezogen. Diese, aus Schleswig=Holsteiner Offizieren und einigen
preußischen Familien bestehend, ist eine engere Verbindung für ihre ganze
Zukunft eingegangen. Nach einem Briefe, den ich soeben aus Dubuque
erhalten, ist dort ebenfalls eine Gesellschaft im Aufbruch nach dem ferneren
Westen begriffen.

Das Princip der Ackerbau=Association, der, nachdem der Boden cultivirt
worden, auch die gewerbliche Association zu folgen pflegt ( in Anlage von
Sägemühlen, Brennerei, Destillerie ) , verbreitet sich immer mehr.

Der Gesundheitszustand ist außerordentlich gut. Jch glaube
im Jnteresse unserer Landsleute bemerken zu müssen, daß ich keinen gesun-
deren Staat in der Union kennen gelernt habe, als Jowa. Nicht blos
Burlington und Umgegend sind, sondern es ist der ganze Staat, einige
Niederungen am Mississippi und im Jnnern abgerechnet, wegen der Gesund-
heit des Lebens zu empfehlen. Oregon freilich leistet das Unglaubliche.
Leute, welche dort waren, haben mir erzählt, daß eine eigentliche Hitze
und eine eigentliche Kälte fast überall daselbst nicht auftreten und daß es
dort Gegenden giebt, wo man im Winter unter freiem Himmel ohne Be-
schwerde schlafen kann. Jeder Einwanderer sollte vor Allem darauf sehen,
daß die Gegend, wo er sich ansiedeln will, gesund sei. Mit ungeschwächten
Körperkräften lassen sich alle Beschwernisse überwinden, und hiermit erhöht
sich der Ertrag der Arbeit.

Massenversammlungen, demokratische und whiggistische, waren
in letzter Woche. Von nah und fern strömte die Parteigenossenschaft
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] sind aber in vielen Stücken ihrer früheren Lebensweise treu geblieben und
besitzen vom Christenthum nur den Namen. Sie werden getauft, lernen
später in der Schule der Mission ( d. h. nur die Knaben ) etwas lesen und
schreiben und den Katechismus hersagen und kehren darauf wieder in's
älterliche Haus zurück, um das mühsam Erlernte zu vergessen. Zur Zeit
der Saat und Ernte werden die Arbeitsfähigen von dem Missionair in
Anspruch genommen, um ihnen, während sie des Tags über die Felder
der Mission bearbeiten, des Abends und Morgens die früher erlernten
Gebete wieder einzutrichtern, damit sie den Geboten der Kirche gebührend
nachkommen können. Sie sind höchst indolent, diebischer Natur und fast
ohne Ausnahme dem Trunke ergeben. An Körperstärke und Ausdauer
übertreffen sie die ihnen in geistiger Hinsicht weit überlegenen Mestizen.

Familien von rein spanischem Geblüt sind wohl nicht viele in der
Provinz und solche sind leicht durch ihr Aeußeres von der übrigen Bevöl-
kerung zu unterscheiden.

Was den Ackerbau betrifft, so wird die Bearbeitung des Bodens noch
auf eine sehr mangelhafte Weise betrieben. Ein nur aus Holz bestehender
plumper Hakenpflug dient zum flachen Aufreißen der Erde, welche durch
wiederholtes Kreuzen mit demselben zerkleinert wird, und ein Bündel Dornen
vertritt die Stelle der Egge, um das weitläufig ausgestreute Getraide
u. s. w. mit Erde zu bedecken. Zum Ackerbau und dem Ziehen von
Schleifen oder ungestalten, zweirädrigen, niedrigen Karren werden nur die
zu zweien in ein Joch gespannten Ochsen verwendet; das Pferd dient nur
zum Reiten, die Stute vorzugsweise nur zum Dreschen; zum Fortschaffen
der Kaufmannsgüter gebraucht man allgemein Maulthiere, deren Belastung
3 Centner nicht übersteigen darf.

Trotz der erwähnten mangelhaften Bearbeitung des Bodens und der
Nichtanwendung von Dünger, welcher durch eine langjährige Wechsel-
wirthschaft ersetzt wird, fällt die Ernte doch ergiebig aus und kann im
Durchschnitt bei Getraide auf das 20 bis 25=fache der Saat angeschlagen
werden, die Kartoffeln geben ca. 15 bis 20 für eine. Die Saatzeit wechselt,
je nach der Lage der Ländereien, von Mai bis September, Kartoffeln
werden selbst noch im December gelegt, die Ernte fällt in die Monate
Januar und Februar für Getraide, Hülsenfrüchte Man läßt das
Getraide gewöhnlich überreif werden, um das Austreten der Körner durch
Stuten zu erleichtern, der Mangel an hinreichenden Arbeitsleuten und
plötzliches Eintreten von Regenwetter zerstören dann zuweilen die Hoff-
nungen des Landmanns, der zu lässig ist, um sich Scheunen zu bauen und
also Dreschen und Reinigen des Getraides unter freiem Himmel thun muß.

Die Viehzucht wird auch auf die sorgloseste Art getrieben, indem man
Pferde, Rindvieh Sommer und Winter frei herumlaufen läßt, wo
denn im letzteren aus Mangel an Futter oft viel stirbt.

( Fortsetzung folgt. )




Auswanderer=Beförderung über England.

* Jndem die „Hansa“ vom 10. d. Mts. den nachfolgenden ihr von
achtbarer Hand zugestellten Brief mittheilt, der neues Zeugniß davon giebt,
wie sehr die Reise über England Auswanderern nach Amerika zu wider-
rathen ist, bemerkt sie, wie sie nicht unterlassen könne, ihre schon oft aus-
gesprochene Warnung vor der Auswanderer=Beförderung über England zu
wiederholen, die in den meisten Fällen ähnliche Uebelstände, wie die in
dem mitgetheilten Briefe beschriebenen mit sich führen wird. Unsere
Collegin erlaube uns die Frage, wie es sich mit dieser Ueberzeugung ver-
eint, daß sie fortwährend und so auch in der Nummer vom 10. d. Mts.
Anzeigen über Beförderung von Auswanderern über England nach Amerika
bringt? Wie es Pflicht der Presse und vorzugsweise der Auswanderer-
Presse ist, der Beförderung über England immer wieder entgegen zu treten,
so darf sie nach unserer Ueberzeugung auch durch diese keinerlei Vortheil
für sich nehmen, sondern muß auf jeden Gewinn daraus gern verzichten;
auch auf diese Weise wird sie wenn auch nicht wirksam derselben entgegen
arbeiten doch dieselbe nicht befördern, und so ihre Unabhängigkeit und ihre
Ueberzeugung entschieden darthun.

    Mountville, 16. Juni 1852.
    Geehrter Herr F.!

Jhrem Wunsche zufolge setze ich Jhnen nur Einiges von meiner Seereise,
von Liverpool nach Newyork auseinander. Am 29. März Abends 9 Uhr,
kam ich mit mindestens 300 Auswanderern, die sich in Hull versammelt
hatten, nach Liverpool; hier wurden wir sogleich in Empfang genommen,
und in verschiedene Emigrantenhäuser gebracht, wo wir sämmtlich Abend-
essen erhielten. Hier waren wir drei Tage, dann wurden wir gegen
[Spaltenumbruch] 400 Passagiere den 1. April auf dem Dreimaster „Malabar,“ Liverpooler
Schiff, eingeschifft, wo wir jedoch noch drei Tage im Hafen blieben, aber
im Emigrantenhause beköstigt wurden. Obgleich die Mehrzahl hier schon
murrte, so muß ich meine Zufriedenheit aussprechen, denn dieses ist sehr
einfach, wer nicht rasch essen konnte mußte hungern, oder aus seinem
Beutel zehren. Es kam auf 6 Personen eine Schüssel voll auf den Tisch,
war diese leer, so war es vorüber. Den 3. April ging unser Schiff in
See, und den fünften Tag darauf erhielten wir erst Brod, was in 6 weißen
Zwiebacken bestand, welche 8 Tage reichen sollten; jedoch von mehreren,
selbst von mir bis den andern Tag gegessen wurden, da wir schon 2 Tage
weder Brod noch sonst etwas hatten, und so hatten wir 5 Tage wieder
keins, kurz und gut, es vergingen 8 Tage ehe wir das, was unser Contract
vorschrieb, erhielten, dieses lautete also:2 1 / 2 Zwieback, 5 Hafermehl,
1 Weizenmehl, 2 Reis, 1 / 2 braunen Zucker, 1 / 2 Syrup und 1 Lth.
Thee wöchentlich und 3 Quart Trinkwasser täglich. Syrup haben wir
nicht erhalten, dafür aber 3 Mal 1 Fleisch à Person auf der ganzen
Reise, was jedoch so salzig war, daß es kaum zu genießen war, selbst
viele Passagiere es über Bord warfen, da sie nicht genug Wasser hatten,
um es einzuwässern, denn nur dem Namen nach hatten wir 3 Quart.
Auch das Weizenmehl war in festen Stücken, und im höchsten Grade ver-
dorben; jedoch ich war froh, daß ich es von mehreren bekam, und nebst
mehrerern Andern meines Gleichen mit 2 Theilen Hafermehl vermengte
und Brod davon backen konnte, was leider, wie Sie denken können, nicht
das beste war, doch waren wir froh, wenn wir solches hatten. An Butter,
Fett, Salz und dergleichen war nicht zu denken, wer sich dergleichen nicht
eingekauft hatte, konnte nichts an das Essen thun. Unser deutscher Contract,
welcher diese Theile benannte, wurde uns in Liverpool abgenommen, und
beim Einschiffen ein englischer überreicht, der weiter nichts enthielt, als
was ich oben angegeben habe. Diejenigen, welche sich widersetzten mitzu-
fahren, und sich beschwerten, erhielten ihren deutschen nebst englischen
Contract, aber auf der See lautete es anders, der Deutsche wurde vom
Capitain nicht anerkannt, und wer nichts hatte, mußte sich in das Schicksal
fügen. So hatten wir 2 Küchen, wo in jeder höchstens 24 Mann kochen
konnten, auch durften wir nicht selber frühzeitig Feuer anbrennen, es wurde
solches täglich gegen 8 Uhr Morgens durch einen Matrosen angebrannt,
dann waren gegen 40 Mann an der Küche versammelt, und ehe noch ein
Topf auf das Feuer gebracht wurde, ging schon die Prügelei los, denn
jeder wollte immer zuerst hinan, indem es 3 bis 4 Stunden dauerte, ehe
ein Topf kochte, dann konnte erst wieder ein anderer heran, auch muß ich
noch bemerken, daß wir sehr schlechte Steinkohlen hatten, und oft Stunden
lang kein Feuer brannte. Desgleichen von Seiten der Matrosen die schlechteste
Behandlung; wollte ich alle Nichtswürdigkeiten einzeln anführen, so würde
ich mehrere Bogen brauchen, also will ich schließen, und nur jeden Aus-
wanderer rathen, sich mit allem Möglichen gut zu versehen, oder noch
besser, ja auf kein englisches Schiff zu gehen, wer mir nicht glaubt, mag
es selbst versuchen, nicht allein ich, sondern Alle, die mit einem englischen
Schiff nach Amerika kamen, sprechen dasselbe. Jch verbleibe in aller
Hochachtung Jhr ergebener     Bernhard Böhme.



Briefauszug.

    Burlington, Jowa, 11. October 1852.

Die Ansiedlerzüge bedecken die Straßen. Von hier aus zieht eine
Gesellschaft in 14 Tagen ab. Sie wird aufs Gerathewohl bis zum Missouri
vordringen und dort ( in Mills County ) sich ansiedeln, wo es ihr am besten
gefallen wird. Gegenwärtig ist sie mit Vorbereitungen, Einkäufen
überhäuft. Jhre Verbindung läuft auf eine gegenseitige Unterstützung für
mehrere Jahre hinaus, nach deren Ablauf die unbemittelten Mitglieder aus
der Gemeinschaft gewisse Antheile an Privateigenthum erhalten sollen.
Eine andere Gesellschaft ist Ende August von Davenport aus nach Mills
County gezogen. Diese, aus Schleswig=Holsteiner Offizieren und einigen
preußischen Familien bestehend, ist eine engere Verbindung für ihre ganze
Zukunft eingegangen. Nach einem Briefe, den ich soeben aus Dubuque
erhalten, ist dort ebenfalls eine Gesellschaft im Aufbruch nach dem ferneren
Westen begriffen.

Das Princip der Ackerbau=Association, der, nachdem der Boden cultivirt
worden, auch die gewerbliche Association zu folgen pflegt ( in Anlage von
Sägemühlen, Brennerei, Destillerie ) , verbreitet sich immer mehr.

Der Gesundheitszustand ist außerordentlich gut. Jch glaube
im Jnteresse unserer Landsleute bemerken zu müssen, daß ich keinen gesun-
deren Staat in der Union kennen gelernt habe, als Jowa. Nicht blos
Burlington und Umgegend sind, sondern es ist der ganze Staat, einige
Niederungen am Mississippi und im Jnnern abgerechnet, wegen der Gesund-
heit des Lebens zu empfehlen. Oregon freilich leistet das Unglaubliche.
Leute, welche dort waren, haben mir erzählt, daß eine eigentliche Hitze
und eine eigentliche Kälte fast überall daselbst nicht auftreten und daß es
dort Gegenden giebt, wo man im Winter unter freiem Himmel ohne Be-
schwerde schlafen kann. Jeder Einwanderer sollte vor Allem darauf sehen,
daß die Gegend, wo er sich ansiedeln will, gesund sei. Mit ungeschwächten
Körperkräften lassen sich alle Beschwernisse überwinden, und hiermit erhöht
sich der Ertrag der Arbeit.

Massenversammlungen, demokratische und whiggistische, waren
in letzter Woche. Von nah und fern strömte die Parteigenossenschaft
[Ende Spaltensatz]

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        <p><space dim="horizontal"/>  Burlington, Jowa, 11. October 1852.</p><lb/>
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[372/0002] 372 sind aber in vielen Stücken ihrer früheren Lebensweise treu geblieben und besitzen vom Christenthum nur den Namen. Sie werden getauft, lernen später in der Schule der Mission ( d. h. nur die Knaben ) etwas lesen und schreiben und den Katechismus hersagen und kehren darauf wieder in's älterliche Haus zurück, um das mühsam Erlernte zu vergessen. Zur Zeit der Saat und Ernte werden die Arbeitsfähigen von dem Missionair in Anspruch genommen, um ihnen, während sie des Tags über die Felder der Mission bearbeiten, des Abends und Morgens die früher erlernten Gebete wieder einzutrichtern, damit sie den Geboten der Kirche gebührend nachkommen können. Sie sind höchst indolent, diebischer Natur und fast ohne Ausnahme dem Trunke ergeben. An Körperstärke und Ausdauer übertreffen sie die ihnen in geistiger Hinsicht weit überlegenen Mestizen. Familien von rein spanischem Geblüt sind wohl nicht viele in der Provinz und solche sind leicht durch ihr Aeußeres von der übrigen Bevöl- kerung zu unterscheiden. Was den Ackerbau betrifft, so wird die Bearbeitung des Bodens noch auf eine sehr mangelhafte Weise betrieben. Ein nur aus Holz bestehender plumper Hakenpflug dient zum flachen Aufreißen der Erde, welche durch wiederholtes Kreuzen mit demselben zerkleinert wird, und ein Bündel Dornen vertritt die Stelle der Egge, um das weitläufig ausgestreute Getraide u. s. w. mit Erde zu bedecken. Zum Ackerbau und dem Ziehen von Schleifen oder ungestalten, zweirädrigen, niedrigen Karren werden nur die zu zweien in ein Joch gespannten Ochsen verwendet; das Pferd dient nur zum Reiten, die Stute vorzugsweise nur zum Dreschen; zum Fortschaffen der Kaufmannsgüter gebraucht man allgemein Maulthiere, deren Belastung 3 Centner nicht übersteigen darf. Trotz der erwähnten mangelhaften Bearbeitung des Bodens und der Nichtanwendung von Dünger, welcher durch eine langjährige Wechsel- wirthschaft ersetzt wird, fällt die Ernte doch ergiebig aus und kann im Durchschnitt bei Getraide auf das 20 bis 25=fache der Saat angeschlagen werden, die Kartoffeln geben ca. 15 bis 20 für eine. Die Saatzeit wechselt, je nach der Lage der Ländereien, von Mai bis September, Kartoffeln werden selbst noch im December gelegt, die Ernte fällt in die Monate Januar und Februar für Getraide, Hülsenfrüchte Man läßt das Getraide gewöhnlich überreif werden, um das Austreten der Körner durch Stuten zu erleichtern, der Mangel an hinreichenden Arbeitsleuten und plötzliches Eintreten von Regenwetter zerstören dann zuweilen die Hoff- nungen des Landmanns, der zu lässig ist, um sich Scheunen zu bauen und also Dreschen und Reinigen des Getraides unter freiem Himmel thun muß. Die Viehzucht wird auch auf die sorgloseste Art getrieben, indem man Pferde, Rindvieh Sommer und Winter frei herumlaufen läßt, wo denn im letzteren aus Mangel an Futter oft viel stirbt. ( Fortsetzung folgt. ) Auswanderer=Beförderung über England. * Jndem die „Hansa“ vom 10. d. Mts. den nachfolgenden ihr von achtbarer Hand zugestellten Brief mittheilt, der neues Zeugniß davon giebt, wie sehr die Reise über England Auswanderern nach Amerika zu wider- rathen ist, bemerkt sie, wie sie nicht unterlassen könne, ihre schon oft aus- gesprochene Warnung vor der Auswanderer=Beförderung über England zu wiederholen, die in den meisten Fällen ähnliche Uebelstände, wie die in dem mitgetheilten Briefe beschriebenen mit sich führen wird. Unsere Collegin erlaube uns die Frage, wie es sich mit dieser Ueberzeugung ver- eint, daß sie fortwährend und so auch in der Nummer vom 10. d. Mts. Anzeigen über Beförderung von Auswanderern über England nach Amerika bringt? Wie es Pflicht der Presse und vorzugsweise der Auswanderer- Presse ist, der Beförderung über England immer wieder entgegen zu treten, so darf sie nach unserer Ueberzeugung auch durch diese keinerlei Vortheil für sich nehmen, sondern muß auf jeden Gewinn daraus gern verzichten; auch auf diese Weise wird sie wenn auch nicht wirksam derselben entgegen arbeiten doch dieselbe nicht befördern, und so ihre Unabhängigkeit und ihre Ueberzeugung entschieden darthun. Mountville, 16. Juni 1852. Geehrter Herr F.! Jhrem Wunsche zufolge setze ich Jhnen nur Einiges von meiner Seereise, von Liverpool nach Newyork auseinander. Am 29. März Abends 9 Uhr, kam ich mit mindestens 300 Auswanderern, die sich in Hull versammelt hatten, nach Liverpool; hier wurden wir sogleich in Empfang genommen, und in verschiedene Emigrantenhäuser gebracht, wo wir sämmtlich Abend- essen erhielten. Hier waren wir drei Tage, dann wurden wir gegen 400 Passagiere den 1. April auf dem Dreimaster „Malabar,“ Liverpooler Schiff, eingeschifft, wo wir jedoch noch drei Tage im Hafen blieben, aber im Emigrantenhause beköstigt wurden. Obgleich die Mehrzahl hier schon murrte, so muß ich meine Zufriedenheit aussprechen, denn dieses ist sehr einfach, wer nicht rasch essen konnte mußte hungern, oder aus seinem Beutel zehren. Es kam auf 6 Personen eine Schüssel voll auf den Tisch, war diese leer, so war es vorüber. Den 3. April ging unser Schiff in See, und den fünften Tag darauf erhielten wir erst Brod, was in 6 weißen Zwiebacken bestand, welche 8 Tage reichen sollten; jedoch von mehreren, selbst von mir bis den andern Tag gegessen wurden, da wir schon 2 Tage weder Brod noch sonst etwas hatten, und so hatten wir 5 Tage wieder keins, kurz und gut, es vergingen 8 Tage ehe wir das, was unser Contract vorschrieb, erhielten, dieses lautete also:2 1 / 2 Zwieback, 5 Hafermehl, 1 Weizenmehl, 2 Reis, 1 / 2 braunen Zucker, 1 / 2 Syrup und 1 Lth. Thee wöchentlich und 3 Quart Trinkwasser täglich. Syrup haben wir nicht erhalten, dafür aber 3 Mal 1 Fleisch à Person auf der ganzen Reise, was jedoch so salzig war, daß es kaum zu genießen war, selbst viele Passagiere es über Bord warfen, da sie nicht genug Wasser hatten, um es einzuwässern, denn nur dem Namen nach hatten wir 3 Quart. Auch das Weizenmehl war in festen Stücken, und im höchsten Grade ver- dorben; jedoch ich war froh, daß ich es von mehreren bekam, und nebst mehrerern Andern meines Gleichen mit 2 Theilen Hafermehl vermengte und Brod davon backen konnte, was leider, wie Sie denken können, nicht das beste war, doch waren wir froh, wenn wir solches hatten. An Butter, Fett, Salz und dergleichen war nicht zu denken, wer sich dergleichen nicht eingekauft hatte, konnte nichts an das Essen thun. Unser deutscher Contract, welcher diese Theile benannte, wurde uns in Liverpool abgenommen, und beim Einschiffen ein englischer überreicht, der weiter nichts enthielt, als was ich oben angegeben habe. Diejenigen, welche sich widersetzten mitzu- fahren, und sich beschwerten, erhielten ihren deutschen nebst englischen Contract, aber auf der See lautete es anders, der Deutsche wurde vom Capitain nicht anerkannt, und wer nichts hatte, mußte sich in das Schicksal fügen. So hatten wir 2 Küchen, wo in jeder höchstens 24 Mann kochen konnten, auch durften wir nicht selber frühzeitig Feuer anbrennen, es wurde solches täglich gegen 8 Uhr Morgens durch einen Matrosen angebrannt, dann waren gegen 40 Mann an der Küche versammelt, und ehe noch ein Topf auf das Feuer gebracht wurde, ging schon die Prügelei los, denn jeder wollte immer zuerst hinan, indem es 3 bis 4 Stunden dauerte, ehe ein Topf kochte, dann konnte erst wieder ein anderer heran, auch muß ich noch bemerken, daß wir sehr schlechte Steinkohlen hatten, und oft Stunden lang kein Feuer brannte. Desgleichen von Seiten der Matrosen die schlechteste Behandlung; wollte ich alle Nichtswürdigkeiten einzeln anführen, so würde ich mehrere Bogen brauchen, also will ich schließen, und nur jeden Aus- wanderer rathen, sich mit allem Möglichen gut zu versehen, oder noch besser, ja auf kein englisches Schiff zu gehen, wer mir nicht glaubt, mag es selbst versuchen, nicht allein ich, sondern Alle, die mit einem englischen Schiff nach Amerika kamen, sprechen dasselbe. Jch verbleibe in aller Hochachtung Jhr ergebener Bernhard Böhme. Briefauszug. Burlington, Jowa, 11. October 1852. Die Ansiedlerzüge bedecken die Straßen. Von hier aus zieht eine Gesellschaft in 14 Tagen ab. Sie wird aufs Gerathewohl bis zum Missouri vordringen und dort ( in Mills County ) sich ansiedeln, wo es ihr am besten gefallen wird. Gegenwärtig ist sie mit Vorbereitungen, Einkäufen überhäuft. Jhre Verbindung läuft auf eine gegenseitige Unterstützung für mehrere Jahre hinaus, nach deren Ablauf die unbemittelten Mitglieder aus der Gemeinschaft gewisse Antheile an Privateigenthum erhalten sollen. Eine andere Gesellschaft ist Ende August von Davenport aus nach Mills County gezogen. Diese, aus Schleswig=Holsteiner Offizieren und einigen preußischen Familien bestehend, ist eine engere Verbindung für ihre ganze Zukunft eingegangen. Nach einem Briefe, den ich soeben aus Dubuque erhalten, ist dort ebenfalls eine Gesellschaft im Aufbruch nach dem ferneren Westen begriffen. Das Princip der Ackerbau=Association, der, nachdem der Boden cultivirt worden, auch die gewerbliche Association zu folgen pflegt ( in Anlage von Sägemühlen, Brennerei, Destillerie ) , verbreitet sich immer mehr. Der Gesundheitszustand ist außerordentlich gut. Jch glaube im Jnteresse unserer Landsleute bemerken zu müssen, daß ich keinen gesun- deren Staat in der Union kennen gelernt habe, als Jowa. Nicht blos Burlington und Umgegend sind, sondern es ist der ganze Staat, einige Niederungen am Mississippi und im Jnnern abgerechnet, wegen der Gesund- heit des Lebens zu empfehlen. Oregon freilich leistet das Unglaubliche. Leute, welche dort waren, haben mir erzählt, daß eine eigentliche Hitze und eine eigentliche Kälte fast überall daselbst nicht auftreten und daß es dort Gegenden giebt, wo man im Winter unter freiem Himmel ohne Be- schwerde schlafen kann. Jeder Einwanderer sollte vor Allem darauf sehen, daß die Gegend, wo er sich ansiedeln will, gesund sei. Mit ungeschwächten Körperkräften lassen sich alle Beschwernisse überwinden, und hiermit erhöht sich der Ertrag der Arbeit. Massenversammlungen, demokratische und whiggistische, waren in letzter Woche. Von nah und fern strömte die Parteigenossenschaft

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Zitationshilfe: Deutsche Auswanderer-Zeitung. Nr. 93. Bremen, 19. November 1852, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_auswandererzeitung093_1852/2>, abgerufen am 23.11.2024.