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Allgemeine Auswanderungs-Zeitung. Nr. 26. Rudolstadt, 30. März 1847.

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[Beginn Spaltensatz]

Rathgeber für Auswanderungslustige. Wie und
wohin sollen wir auswandern:
nach den Vereinigten
Staaten oder Britisch Nordamerika -- nach dem Land jenseits
der Felsengebirge oder dem Freistaat Teras -- Santo Thomas
oder der Musquitoküste, Süd = Amerika oder Westindien --
Afrika oder Asien -- Süd = Australien oder Neu = Seeland? --
Sollen wir nach Rußland oder Polen -- nach Ungarn oder
Siebenbürgen -- Serbien oder Griechenland ziehen -- oder
ist es besser, unsere Kräfte den weniger cultivirten Theilen
unsers deutschen Vaterlandes zu widmen? -- Eine umfassende
Beleuchtung der bisherigen deutschen Auswanderung und aller
deutschen Ansiedlungspläne, Beschreibung der in Vorschlag
gebrachten Auswanderungsgebiete und gewissenhafte Schilde-
rung derer Vortheile und Nachtheile. Von Traugott
Bromme.
Mit 17 Karten und Plänen. Stuttgart, Hoff-
mann 'sche Verlags = Buchhandlung. 1846.1 1 / 2 Rl.

Wenn wir den Titel dieses Buches auch nicht deßhalb geradezu
einen falsch gewählten nennen wollten, weil der Verf. in demselben oft
da, wo es sich um wichtige Aufschlüsse für den Auswanderer handelt,
ja, in der Einleitung schon auf sein früher erschienenes "Reise = und
Handbuch für Auswanderer" hinweiset und Seite 15 sogar ausdrücklich
bemerkt: "die vorliegende Schrift ist ( im Gegensatze zu dem Reise-
und Handbuche ) für größere Gesellschaften, Behörden und alle Volks-
und Vaterlandsfreunde bestimmt", so hätten wir doch gern gesehen,
er hätte dieß in dem ohnehin schon langen Titel auch mit angekündigt.
Mancher wenig bemittelte Auswanderer wird durch den Titel verlockt,
sich in dem Rathgeber ein Buch zu kaufen, das zunächst gar nicht
für ihn bestimmt, für ihn, wenigstens ohne das mehrerwähnte ältere
Werk des Verf., unbrauchbar ist und, zusammen mit jenem, ein häufiges
Nachschlagen bezeichneter Stellen erfordert. Für Auswanderer, d. h.
für die bei weitem größere Zahl derselben, ist der kürzeste, bündigste
Rathgeber der beste; Raisonnements über Pläne und Jdeen, welche
meistens sich nur auf dem Papiere gut ausnehmen, interessiren ihn
nicht, meistens verwirren sie ihn, bringen ihm falsche Begriffe bei.
Der Auswanderer muß in einem "Rathgeber" erfahren, was er am
Ziele seiner Wanderung vorfinden wird, er muß auf das Gute klar
aufmerksam gemacht, vor dem Schlechten und Gefährlichen ebenso klar
gewarnt werden. Hiernach wird es wohl jedem einleuchten, daß der
"Rathgeber für Auswanderungslustige", trotz seiner sonstigen Vor-
trefflichkeit, streng genommen gar kein Rathgeber für Auswanderer,
dagegen ein, allen Behörden und größeren Auswanderungsgesellschaften
zu empfehlendes Buch ist.

Hienach könnten wir die kritisirende Feder aus der Hand legen,
da wir mit dem Meisten des vom Verfasser Gesagten einverstanden
und einzelne Punkte, in denen unsere Ansicht von den seinigen abweicht,
zu wenig erheblich sind, als daß wir zu ihrer Erörterung einen größern
Raum in diesem Blatte in Anspruch nehmen möchten. Nur über einen
Punkt müssen wir uns noch näher aussprechen, weil dieser für den
einzelnen Auswanderer, wie für Gesellschaften unstreitig einer der wich-
tigsten, wenn nicht der allerwichtigste ist, der berücksichtigt werden muß.

Der Verf. sagt nämlich in seiner Schilderung des Gesundheits-
zustandes des Mississippithals: "Jm Allgemeinen kann man das Land
oberhalb des 36° N. Br. gesund nennen." Oberhalb des 36° N. Br.
liegt ein Theil Nord = Carolinas, ein Theil Tenessees, fast die Hälfte
des Staats Arkansas, ferner Missouri, Jowa, Jllinois, Wisconsin,
Jndiana, Michigan, Süd = Kentucky, West = Virginien, West - Pennsyl-
vanien. Von diesen sind ganz Nord = Carolina, ganz Arkansas, ein
Theil Tenessees, ganz Missouri, der bei weitem größere Theil von
Jllinois, manche Gegenden Ohios, einige Kentuckys und einige West-
Virginiens ungesund, d. h. ungesund für den deutschen Ackerbauer,
und der Bauernstand ist ja doch eben derjenige, den man vorzugs-
weise im Auge hat, wenn man von deutscher Auswanderung spricht.
[Spaltenumbruch] Der Hr. Verf. gibt als Hauptursachen der in jenen Gegenden ein-
heimischen Krankheiten Veränderlichkeit der Witterung und Ausdün-
stungen des Bodens an, zeigt sich dagegen aber geneigt, die dritte,
häufig angegebene, die Beschaffenheit des Trinkwassers nämlich, nur
für Bottomländereien gelten lassen zu wollen. Wir müssen die dritte
Ursache leider für voll mitzählen, da die meisten Prairien von Jllinois
z. B. schlechtes, im Sommer warmes, oft stinkendes Wasser haben.
"Mehr Einfluß," fährt der Verf. fort, "hat der schnelle Wechsel der
Temperatur, hauptsächlich auf Erkältungen, Wechselfieber ec., doch ist
dieses auch in Deutschland der Fall." Dem müssen wir entschieden
widersprechen, denn so plößlich ist in Deutschland nie der Uebergang
von Hitze zur Kälte, so oft wie in Amerika wechselt die Temperatur
in Deutschland in einem Tage nicht, und dieser Wechsel wird gerade
da, wo ohnehin ein von dem Deutschlands sehr verschiedenes Klima
herrscht, vom Einwanderer am empfindlichsten empfunden.

" Die zweite Ursache der Krankheiten", sagt Bromme, "die Aus-
dünstungen des Bodens im Mississippithale, ist am meisten zu berück-
sichtigen, wird aber in allen Ansiedelungsgebieten beobachtet." Das
ist richtig, doch sind die Ausdünstungen des Bodens natürlich da am
stärksten, wo der Boden fett und die Macht der Sonne so groß ist
wie im Mississippithale. Jn ganz gesunden Gegenden wirkt allerdings
auch die Bearbeitung des rohen Bodens nachtheilig auf die Gesundheit
des Arbeiter, indem sie Kopfschmerz und Unlustigkeit erzeugt, aber
im Mississippithale tritt dafür das Fieber ein, welches auch den Stärk-
sten mürbe macht, daß er, wenn es ihm möglich ist, in eine andere
Gegend flieht.

Vollkommen stimmen wir damit überein, daß der Deutsche sich
daran gewöhnen müsse, mehr Gartenfrüchte zu ziehen, wenigstens
Abends sich der Fleichspeisen zu enthalten und statt dieser Milch und
Brod zu genießen. Aber wenn es auch ein guter Rath des Verf.
ist, wenn er sagt: "vor Regen hüte man sich; denn die Nässe ist
dort weit nachtheiliger wie in Deutschland, und wenn man auch nur
von einem leichten Regen angefeuchtet ist, fühlt man gleich, selbst bei
warmer Luft, ein Frösteln durch den ganzen Körper, dem Erkältungen
oder Fieber folgen, wenn man sich nicht sogleich umkleidet," so möchten
wir ihn doch fragen, wie ist es möglich, daß ein Ackersmann sich
vor Nässe, vor Regen schützen, und, ist er naß geworden, sofort die
Kleider wechseln kann? -- "Auch wer bei der Arbeit in Schweiß
gerathen ist, wechsele sogleich die Wäsche, und bei feuchtem Wetter
versäume man nicht, Morgens und Abends ein kleines Feuer im Kamin
anzuzünden, wenn auch die Wärme unangenehm sein sollte. Besonders
nehme sich der Arbeiter während der Sommerhitze in Acht, strenge
sich nicht zu sehr an, arbeite des Vormittags nur bis 10, höchstens
bis 11 Uhr auf dem Felde, und gehe Nachmittags erst zwischen 3
und 4 Uhr wieder aufs Feld; in dieser Zeit sei man vor Allem mäßig
in der Diät, vermeide hitzige Getränke und trinke nie frisches, aus
einer kalten Quelle geschöpftes Wasser, wenn man erhitzt ist." Wollen
wir fast das Unmögliche annehmen, wollen wir nämlich glauben, es
sei dem Ansiedler möglich, in jenen Gegenden sich der geringsten Arbeit
zu unterziehen, ohne in Schweiß zu gerathen, oder, gerieth er in
Schweiß, sogleich die Wäsche wechseln zu können, wollen wir auch
überhaupt zugestehen, der Landmann könne ganz so leben, wie der Hr.
Verf. es für nothwendig hält, so ist ja schon die fortwährende Be-
sorgniß für Gesundheit und Leben eine peinliche Last, die jeden Lebens-
genuß verbittern muß. Jst es denn da nicht besser, lieber eine ganz
gesunde Gegend aufzusuchen, wo vielleicht der Boden etwas minder
ergiebig ist, wo man aber doch seines Lebens froh werden kann? --
Wir müssen uns nochmals gegen deutsche Niederlassungen in jenen
Gegenden erklären, wiederholen aber mit Vergnügen, daß wir im
Uebrigen in dem "Rathgeber" ein gediegenes, jedem Gebildeten und
namentlich allen Behörden zu empfehlendes Werk kennen gelernt haben.

   
[Beginn Spaltensatz]

Rathgeber für Auswanderungslustige. Wie und
wohin sollen wir auswandern:
nach den Vereinigten
Staaten oder Britisch Nordamerika -- nach dem Land jenseits
der Felsengebirge oder dem Freistaat Teras -- Santo Thomas
oder der Musquitoküste, Süd = Amerika oder Westindien --
Afrika oder Asien -- Süd = Australien oder Neu = Seeland? --
Sollen wir nach Rußland oder Polen -- nach Ungarn oder
Siebenbürgen -- Serbien oder Griechenland ziehen -- oder
ist es besser, unsere Kräfte den weniger cultivirten Theilen
unsers deutschen Vaterlandes zu widmen? -- Eine umfassende
Beleuchtung der bisherigen deutschen Auswanderung und aller
deutschen Ansiedlungspläne, Beschreibung der in Vorschlag
gebrachten Auswanderungsgebiete und gewissenhafte Schilde-
rung derer Vortheile und Nachtheile. Von Traugott
Bromme.
Mit 17 Karten und Plänen. Stuttgart, Hoff-
mann 'sche Verlags = Buchhandlung. 1846.1 1 / 2 Rl.

Wenn wir den Titel dieses Buches auch nicht deßhalb geradezu
einen falsch gewählten nennen wollten, weil der Verf. in demselben oft
da, wo es sich um wichtige Aufschlüsse für den Auswanderer handelt,
ja, in der Einleitung schon auf sein früher erschienenes „Reise = und
Handbuch für Auswanderer“ hinweiset und Seite 15 sogar ausdrücklich
bemerkt: „die vorliegende Schrift ist ( im Gegensatze zu dem Reise-
und Handbuche ) für größere Gesellschaften, Behörden und alle Volks-
und Vaterlandsfreunde bestimmt“, so hätten wir doch gern gesehen,
er hätte dieß in dem ohnehin schon langen Titel auch mit angekündigt.
Mancher wenig bemittelte Auswanderer wird durch den Titel verlockt,
sich in dem Rathgeber ein Buch zu kaufen, das zunächst gar nicht
für ihn bestimmt, für ihn, wenigstens ohne das mehrerwähnte ältere
Werk des Verf., unbrauchbar ist und, zusammen mit jenem, ein häufiges
Nachschlagen bezeichneter Stellen erfordert. Für Auswanderer, d. h.
für die bei weitem größere Zahl derselben, ist der kürzeste, bündigste
Rathgeber der beste; Raisonnements über Pläne und Jdeen, welche
meistens sich nur auf dem Papiere gut ausnehmen, interessiren ihn
nicht, meistens verwirren sie ihn, bringen ihm falsche Begriffe bei.
Der Auswanderer muß in einem „Rathgeber“ erfahren, was er am
Ziele seiner Wanderung vorfinden wird, er muß auf das Gute klar
aufmerksam gemacht, vor dem Schlechten und Gefährlichen ebenso klar
gewarnt werden. Hiernach wird es wohl jedem einleuchten, daß der
„Rathgeber für Auswanderungslustige“, trotz seiner sonstigen Vor-
trefflichkeit, streng genommen gar kein Rathgeber für Auswanderer,
dagegen ein, allen Behörden und größeren Auswanderungsgesellschaften
zu empfehlendes Buch ist.

Hienach könnten wir die kritisirende Feder aus der Hand legen,
da wir mit dem Meisten des vom Verfasser Gesagten einverstanden
und einzelne Punkte, in denen unsere Ansicht von den seinigen abweicht,
zu wenig erheblich sind, als daß wir zu ihrer Erörterung einen größern
Raum in diesem Blatte in Anspruch nehmen möchten. Nur über einen
Punkt müssen wir uns noch näher aussprechen, weil dieser für den
einzelnen Auswanderer, wie für Gesellschaften unstreitig einer der wich-
tigsten, wenn nicht der allerwichtigste ist, der berücksichtigt werden muß.

Der Verf. sagt nämlich in seiner Schilderung des Gesundheits-
zustandes des Mississippithals: „Jm Allgemeinen kann man das Land
oberhalb des 36° N. Br. gesund nennen.“ Oberhalb des 36° N. Br.
liegt ein Theil Nord = Carolinas, ein Theil Tenessees, fast die Hälfte
des Staats Arkansas, ferner Missouri, Jowa, Jllinois, Wisconsin,
Jndiana, Michigan, Süd = Kentucky, West = Virginien, West - Pennsyl-
vanien. Von diesen sind ganz Nord = Carolina, ganz Arkansas, ein
Theil Tenessees, ganz Missouri, der bei weitem größere Theil von
Jllinois, manche Gegenden Ohios, einige Kentuckys und einige West-
Virginiens ungesund, d. h. ungesund für den deutschen Ackerbauer,
und der Bauernstand ist ja doch eben derjenige, den man vorzugs-
weise im Auge hat, wenn man von deutscher Auswanderung spricht.
[Spaltenumbruch] Der Hr. Verf. gibt als Hauptursachen der in jenen Gegenden ein-
heimischen Krankheiten Veränderlichkeit der Witterung und Ausdün-
stungen des Bodens an, zeigt sich dagegen aber geneigt, die dritte,
häufig angegebene, die Beschaffenheit des Trinkwassers nämlich, nur
für Bottomländereien gelten lassen zu wollen. Wir müssen die dritte
Ursache leider für voll mitzählen, da die meisten Prairien von Jllinois
z. B. schlechtes, im Sommer warmes, oft stinkendes Wasser haben.
„Mehr Einfluß,“ fährt der Verf. fort, „hat der schnelle Wechsel der
Temperatur, hauptsächlich auf Erkältungen, Wechselfieber ec., doch ist
dieses auch in Deutschland der Fall.“ Dem müssen wir entschieden
widersprechen, denn so plößlich ist in Deutschland nie der Uebergang
von Hitze zur Kälte, so oft wie in Amerika wechselt die Temperatur
in Deutschland in einem Tage nicht, und dieser Wechsel wird gerade
da, wo ohnehin ein von dem Deutschlands sehr verschiedenes Klima
herrscht, vom Einwanderer am empfindlichsten empfunden.

„ Die zweite Ursache der Krankheiten“, sagt Bromme, „die Aus-
dünstungen des Bodens im Mississippithale, ist am meisten zu berück-
sichtigen, wird aber in allen Ansiedelungsgebieten beobachtet.“ Das
ist richtig, doch sind die Ausdünstungen des Bodens natürlich da am
stärksten, wo der Boden fett und die Macht der Sonne so groß ist
wie im Mississippithale. Jn ganz gesunden Gegenden wirkt allerdings
auch die Bearbeitung des rohen Bodens nachtheilig auf die Gesundheit
des Arbeiter, indem sie Kopfschmerz und Unlustigkeit erzeugt, aber
im Mississippithale tritt dafür das Fieber ein, welches auch den Stärk-
sten mürbe macht, daß er, wenn es ihm möglich ist, in eine andere
Gegend flieht.

Vollkommen stimmen wir damit überein, daß der Deutsche sich
daran gewöhnen müsse, mehr Gartenfrüchte zu ziehen, wenigstens
Abends sich der Fleichspeisen zu enthalten und statt dieser Milch und
Brod zu genießen. Aber wenn es auch ein guter Rath des Verf.
ist, wenn er sagt: „vor Regen hüte man sich; denn die Nässe ist
dort weit nachtheiliger wie in Deutschland, und wenn man auch nur
von einem leichten Regen angefeuchtet ist, fühlt man gleich, selbst bei
warmer Luft, ein Frösteln durch den ganzen Körper, dem Erkältungen
oder Fieber folgen, wenn man sich nicht sogleich umkleidet,“ so möchten
wir ihn doch fragen, wie ist es möglich, daß ein Ackersmann sich
vor Nässe, vor Regen schützen, und, ist er naß geworden, sofort die
Kleider wechseln kann? -- „Auch wer bei der Arbeit in Schweiß
gerathen ist, wechsele sogleich die Wäsche, und bei feuchtem Wetter
versäume man nicht, Morgens und Abends ein kleines Feuer im Kamin
anzuzünden, wenn auch die Wärme unangenehm sein sollte. Besonders
nehme sich der Arbeiter während der Sommerhitze in Acht, strenge
sich nicht zu sehr an, arbeite des Vormittags nur bis 10, höchstens
bis 11 Uhr auf dem Felde, und gehe Nachmittags erst zwischen 3
und 4 Uhr wieder aufs Feld; in dieser Zeit sei man vor Allem mäßig
in der Diät, vermeide hitzige Getränke und trinke nie frisches, aus
einer kalten Quelle geschöpftes Wasser, wenn man erhitzt ist.“ Wollen
wir fast das Unmögliche annehmen, wollen wir nämlich glauben, es
sei dem Ansiedler möglich, in jenen Gegenden sich der geringsten Arbeit
zu unterziehen, ohne in Schweiß zu gerathen, oder, gerieth er in
Schweiß, sogleich die Wäsche wechseln zu können, wollen wir auch
überhaupt zugestehen, der Landmann könne ganz so leben, wie der Hr.
Verf. es für nothwendig hält, so ist ja schon die fortwährende Be-
sorgniß für Gesundheit und Leben eine peinliche Last, die jeden Lebens-
genuß verbittern muß. Jst es denn da nicht besser, lieber eine ganz
gesunde Gegend aufzusuchen, wo vielleicht der Boden etwas minder
ergiebig ist, wo man aber doch seines Lebens froh werden kann? --
Wir müssen uns nochmals gegen deutsche Niederlassungen in jenen
Gegenden erklären, wiederholen aber mit Vergnügen, daß wir im
Uebrigen in dem „Rathgeber“ ein gediegenes, jedem Gebildeten und
namentlich allen Behörden zu empfehlendes Werk kennen gelernt haben.

   
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Wenn wir den Titel dieses Buches auch nicht deßhalb geradezu einen falsch gewählten nennen wollten, weil der Verf. in demselben oft da, wo es sich um wichtige Aufschlüsse für den Auswanderer handelt, ja, in der Einleitung schon auf sein früher erschienenes „Reise = und Handbuch für Auswanderer“ hinweiset und Seite 15 sogar ausdrücklich bemerkt: „die vorliegende Schrift ist ( im Gegensatze zu dem Reise- und Handbuche ) für größere Gesellschaften, Behörden und alle Volks- und Vaterlandsfreunde bestimmt“, so hätten wir doch gern gesehen, er hätte dieß in dem ohnehin schon langen Titel auch mit angekündigt. Mancher wenig bemittelte Auswanderer wird durch den Titel verlockt, sich in dem Rathgeber ein Buch zu kaufen, das zunächst gar nicht für ihn bestimmt, für ihn, wenigstens ohne das mehrerwähnte ältere Werk des Verf., unbrauchbar ist und, zusammen mit jenem, ein häufiges Nachschlagen bezeichneter Stellen erfordert. Für Auswanderer, d. h. für die bei weitem größere Zahl derselben, ist der kürzeste, bündigste Rathgeber der beste; Raisonnements über Pläne und Jdeen, welche meistens sich nur auf dem Papiere gut ausnehmen, interessiren ihn nicht, meistens verwirren sie ihn, bringen ihm falsche Begriffe bei. Der Auswanderer muß in einem „Rathgeber“ erfahren, was er am Ziele seiner Wanderung vorfinden wird, er muß auf das Gute klar aufmerksam gemacht, vor dem Schlechten und Gefährlichen ebenso klar gewarnt werden. Hiernach wird es wohl jedem einleuchten, daß der „Rathgeber für Auswanderungslustige“, trotz seiner sonstigen Vor- trefflichkeit, streng genommen gar kein Rathgeber für Auswanderer, dagegen ein, allen Behörden und größeren Auswanderungsgesellschaften zu empfehlendes Buch ist. Hienach könnten wir die kritisirende Feder aus der Hand legen, da wir mit dem Meisten des vom Verfasser Gesagten einverstanden und einzelne Punkte, in denen unsere Ansicht von den seinigen abweicht, zu wenig erheblich sind, als daß wir zu ihrer Erörterung einen größern Raum in diesem Blatte in Anspruch nehmen möchten. Nur über einen Punkt müssen wir uns noch näher aussprechen, weil dieser für den einzelnen Auswanderer, wie für Gesellschaften unstreitig einer der wich- tigsten, wenn nicht der allerwichtigste ist, der berücksichtigt werden muß. Der Verf. sagt nämlich in seiner Schilderung des Gesundheits- zustandes des Mississippithals: „Jm Allgemeinen kann man das Land oberhalb des 36° N. Br. gesund nennen.“ Oberhalb des 36° N. Br. liegt ein Theil Nord = Carolinas, ein Theil Tenessees, fast die Hälfte des Staats Arkansas, ferner Missouri, Jowa, Jllinois, Wisconsin, Jndiana, Michigan, Süd = Kentucky, West = Virginien, West - Pennsyl- vanien. Von diesen sind ganz Nord = Carolina, ganz Arkansas, ein Theil Tenessees, ganz Missouri, der bei weitem größere Theil von Jllinois, manche Gegenden Ohios, einige Kentuckys und einige West- Virginiens ungesund, d. h. ungesund für den deutschen Ackerbauer, und der Bauernstand ist ja doch eben derjenige, den man vorzugs- weise im Auge hat, wenn man von deutscher Auswanderung spricht. Der Hr. Verf. gibt als Hauptursachen der in jenen Gegenden ein- heimischen Krankheiten Veränderlichkeit der Witterung und Ausdün- stungen des Bodens an, zeigt sich dagegen aber geneigt, die dritte, häufig angegebene, die Beschaffenheit des Trinkwassers nämlich, nur für Bottomländereien gelten lassen zu wollen. Wir müssen die dritte Ursache leider für voll mitzählen, da die meisten Prairien von Jllinois z. B. schlechtes, im Sommer warmes, oft stinkendes Wasser haben. „Mehr Einfluß,“ fährt der Verf. fort, „hat der schnelle Wechsel der Temperatur, hauptsächlich auf Erkältungen, Wechselfieber ec., doch ist dieses auch in Deutschland der Fall.“ Dem müssen wir entschieden widersprechen, denn so plößlich ist in Deutschland nie der Uebergang von Hitze zur Kälte, so oft wie in Amerika wechselt die Temperatur in Deutschland in einem Tage nicht, und dieser Wechsel wird gerade da, wo ohnehin ein von dem Deutschlands sehr verschiedenes Klima herrscht, vom Einwanderer am empfindlichsten empfunden. „ Die zweite Ursache der Krankheiten“, sagt Bromme, „die Aus- dünstungen des Bodens im Mississippithale, ist am meisten zu berück- sichtigen, wird aber in allen Ansiedelungsgebieten beobachtet.“ Das ist richtig, doch sind die Ausdünstungen des Bodens natürlich da am stärksten, wo der Boden fett und die Macht der Sonne so groß ist wie im Mississippithale. Jn ganz gesunden Gegenden wirkt allerdings auch die Bearbeitung des rohen Bodens nachtheilig auf die Gesundheit des Arbeiter, indem sie Kopfschmerz und Unlustigkeit erzeugt, aber im Mississippithale tritt dafür das Fieber ein, welches auch den Stärk- sten mürbe macht, daß er, wenn es ihm möglich ist, in eine andere Gegend flieht. Vollkommen stimmen wir damit überein, daß der Deutsche sich daran gewöhnen müsse, mehr Gartenfrüchte zu ziehen, wenigstens Abends sich der Fleichspeisen zu enthalten und statt dieser Milch und Brod zu genießen. Aber wenn es auch ein guter Rath des Verf. ist, wenn er sagt: „vor Regen hüte man sich; denn die Nässe ist dort weit nachtheiliger wie in Deutschland, und wenn man auch nur von einem leichten Regen angefeuchtet ist, fühlt man gleich, selbst bei warmer Luft, ein Frösteln durch den ganzen Körper, dem Erkältungen oder Fieber folgen, wenn man sich nicht sogleich umkleidet,“ so möchten wir ihn doch fragen, wie ist es möglich, daß ein Ackersmann sich vor Nässe, vor Regen schützen, und, ist er naß geworden, sofort die Kleider wechseln kann? -- „Auch wer bei der Arbeit in Schweiß gerathen ist, wechsele sogleich die Wäsche, und bei feuchtem Wetter versäume man nicht, Morgens und Abends ein kleines Feuer im Kamin anzuzünden, wenn auch die Wärme unangenehm sein sollte. Besonders nehme sich der Arbeiter während der Sommerhitze in Acht, strenge sich nicht zu sehr an, arbeite des Vormittags nur bis 10, höchstens bis 11 Uhr auf dem Felde, und gehe Nachmittags erst zwischen 3 und 4 Uhr wieder aufs Feld; in dieser Zeit sei man vor Allem mäßig in der Diät, vermeide hitzige Getränke und trinke nie frisches, aus einer kalten Quelle geschöpftes Wasser, wenn man erhitzt ist.“ Wollen wir fast das Unmögliche annehmen, wollen wir nämlich glauben, es sei dem Ansiedler möglich, in jenen Gegenden sich der geringsten Arbeit zu unterziehen, ohne in Schweiß zu gerathen, oder, gerieth er in Schweiß, sogleich die Wäsche wechseln zu können, wollen wir auch überhaupt zugestehen, der Landmann könne ganz so leben, wie der Hr. Verf. es für nothwendig hält, so ist ja schon die fortwährende Be- sorgniß für Gesundheit und Leben eine peinliche Last, die jeden Lebens- genuß verbittern muß. Jst es denn da nicht besser, lieber eine ganz gesunde Gegend aufzusuchen, wo vielleicht der Boden etwas minder ergiebig ist, wo man aber doch seines Lebens froh werden kann? -- Wir müssen uns nochmals gegen deutsche Niederlassungen in jenen Gegenden erklären, wiederholen aber mit Vergnügen, daß wir im Uebrigen in dem „Rathgeber“ ein gediegenes, jedem Gebildeten und namentlich allen Behörden zu empfehlendes Werk kennen gelernt haben. R.

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Zitationshilfe: Allgemeine Auswanderungs-Zeitung. Nr. 26. Rudolstadt, 30. März 1847, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_auswanderer26_1847/4>, abgerufen am 23.11.2024.