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Allgemeine Auswanderungs-Zeitung. Nr. 7. Rudolstadt, 14. Februar 1848.

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[Spaltenumbruch] ein Erwachsener thun würde; er gibt auf die an ihn gerichteten Fra-
gen mit Bescheidenheit Antwort und weiß oft eben so gut über Ge-
schäfte zu sprechen wie ein Alter. Es ist dabei durchaus nichts Ge-
zwungenes, Altkluges in ihrem Benehmen, denn unter einander tollen
sie zuweilen und toben trotz den deutschen Bauernjungen. Die Mäd-
chen scheinen mir häuslicher, sittsamer und ernster zu sein, als bei
Euch. Noch nie habe ich ein amerikanisches Kind mit einer Puppe
spielen sehen, dagegen häufig der Mutter beim Kochen an die Hand
gehen. Die Amerikaner sind im Allgemeinen zuvorkom-
mend und gastfreundlich gegen Fremde.
Jch habe viele Familien
kennen gelernt, wo es mir im Allgemeinen recht gut gefallen hat, wo ich
stets willkommen bin und auch eine gewisse Herzlichkeit vorhanden ist.

Bei dem Urtheil über die Amerikaner in den neuen Staaten und
Niederlassungen darf man nie außer Acht lassen, daß die Meisten
dem weniger gebildeten Stande angehören, eigentlich nur Das sind,
was man in Europa Bauern nennt. Ein himmelweiter Unterschied
findet jedoch statt zwischen einem amerikanischen Bauer und einem
deutschen Bauer, daher man sagen kann, daß es eigentlich keine ame-
rikanischen Bauern gibt. Der Amerikaner bewegt sich stets mit sehr
vielem Anstand, ist im Allgemeinen sehr gesittet, hat viel feines Ge-
fühl und Tact, was den deutschen Bauern und auch niederen Bür-
gersleuten meist abgeht. Ein Amerikaner und besonders eine Ameri-
kanerin wird sich immer ungezwungen und ohne Anstoß in jeder
Gesellschaft bewegen können, abgerechnet einige Freiheiten, die hier
gang und gebe sind, als das von Frauenzimmern und Herren bestän-
dige Schaukeln auf den Stühlen, was von den hier so sehr gewöhn-
lichen Schaukelstühlen herkommt, ferner das bei den Männern übliche
Tabbakkauen. Letzteres abgerechnet, das uns freilich empört, aber
genau betrachtet doch nicht viel ärger ist, als Tabakschnupfen, kann
ich nicht anders sagen, als daß mir die meisten der amerikanischen
Sitten sehr wohl gefallen.
Wenn man sich erst an die-
selben gewöhnt hat und überhaupt in einem Hause einheimisch ist,
kann man sich da recht wohl befinden. Kömmt man zu einem Ame-
rikaner ins Haus und man kennt sich durchaus nicht, so wird nach
den ersten gewöhnlichen Begrüßungen: " How do you do this mor-
ning?" "very well", "how do you do?" "tolerably
", dem Frem-
den ein Stuhl am Camine angeboten, und nachdem nun kurz das
Wetter besprochen ist, wird der Fremde nie mit einer auf die Ursache
seines Besuches bezüglichen Frage incommodirt; es gilt sogar für einen
großen Verstoß gegen allen bon ton, den Besuchenden um die Ursache
seines Kommens zu fragen, sondern man bleibt ruhig sitzen gegen-
seitig, und wenn der Besuchende, oder der Hausherr sehr einsylbig ist,
kann man stundenlang dasitzen, ohne daß man weiß, was er will,
ohne daß ein Wort gewechselt wird, wie mir das zuweilen so geht
in meinem Hause; jedoch genirt man sich dabei nicht; ist man gerade
beschäftigt, so wird fortgearbeitet, und kommt die Essenszeit, so wird
der Gast mit zum Essen eingeladen. Nie aber wird außer der ge-
wöhnlichen Essenszeit etwas zu essen oder zu trinken vorgesetzt. Dem
weiblichen Geschlechte wird hier zu Lande ganz besondere Aufmerksam-
keit und Achtung bewiesen. Nie wird ein Amerikaner ein Frauen-
zimmer beleidigen durch Wort oder That, es gilt dies mit Recht für
die größte Gemeinheit, und wehe Dem, der sich in Gegenwart eines
Amerikaners so etwas zu Schulden kommen läßt; er ist seines Lebens
nicht sicher. Leider sind solche Beleidigungen bei unserm Volk hier
keine Seltenheit, und schlimm genug, daß dieß auch dazu beiträgt,
daß unsere Nation hier so wenig geachtet wird. Aber auch vor dem
Gesetze sind die Frauenzimmer bei weitem höher gestellt wie bei Euch.
Das Benehmen der Frauen rechtfertigt aber auch vollkommen eine so
hohe Achtung; sie haben einen höchst feinen Anstand, sie wissen sehr
gut in ihrer Art zu conversiren und bewegen sich mit viel Freiheit
und Ungezwungenheit, ohne im geringsten die Grenzen des Anstandes
zu überschreiten. Wiewohl sie höchst selten geputzt sind, sind sie stets
mit vielem Geschmacke gekleidet. Mit besonderem Vergnügen habe ich
[Spaltenumbruch] immer bewundert, mit welcher Grazie sie auf den Sattel zu springen
wissen; denn hier reitet Jedermann, Mann oder Frau, und besonders
nett sieht es aus, was sehr häufig der Fall ist, wenn zwei Damen
hinter einander auf einem Pferde sitzen. Durch die freien Staats-
institutionen und die Gleichstellung aller Staatsbürger vor dem Gesetz
gilt denn auch Einer so viel wie der Andere, und nur dem wird mehr
Ehre erwiesen, der durch eigenes Verdienst sie sich zu erwerben
weiß. Aller Unterschied der Stände hört hier vollkommen auf, und
es kann so gut der oberste Staatschef, der Präsident, vor Gericht
gezogen werden, wie der geringste Landmann. Diese Gleichstellung
Aller gefällt mir ausnehmend ( wiewohl ich nie früher eigentlich dema-
gogische Ansichten gehabt habe ) ; wem man hier besonderes Ansehen
gibt, von dem kann man auch ganz gewiß seyn, daß er es durch
eigenes Verdienst erlangt hat, und nicht etwa durch Geburt. Reif
muß ein Volk aber zu solcher politischer Freiheit werden, was man
hier recht handgreiflich merken kann; denn während der geringste Ame-
rikaner, an vernünftigen Gebrauch derselben gewöhnt, seine Gesetze
achtet und sich ihnen unterwirft, verstehen unsere darin noch nicht
mündig gewordenen Deutschen hier darunter nichts als frei von allen
Abgaben, Gemeindelasten, Gesetzen, frei von allen Richtern, so daß
Jeder thun und lassen kann, was er will, ohne Rechenschaft davon
zu geben, daß er stehlen und morden kann nach Herzenslust. Von
Politik haben nun die meisten unserer Deutschen hier keinen Begriff,
und wenn irgend etwas Politisches durchgefochten werden soll, so ist
dieß mit den enormsten Schwierigkeiten verbunden, und eben so ist
unsern Leuten durchaus nicht begreiflich zu machen, in wiefern es vor-
theilhafter für das allgemeine oder unser besonderes Jnteresse ist, diesen
oder jenen Candidaten zu einer Stelle zu wählen u. s. w. Da ich
gerade an dieses Capitel vom Wählen gekommen bin, so will ich Euch
doch kurz Einiges darüber mittheilen, da ich vermuthe, daß Jhr die
Art und Weise der Regierung dieser Freistaaten nicht so genau kennt.

    ( Schluß folgt. )

Beherzigenswerthe Winke und Warnungen
für Ansiedler in Amerika.
( Schluß. )

Wie sehr nun unsere Verfassung auf Gemeinsinn seiner Bürger
basirt ist, wie sehr selbst der Wahlspruch unserer Union die Nothwen-
digkeit eines festen politischen Bandes hervorhebt, so störend und ge-
fährlich ist es, diesen in der Politik als richtig anerkannten Grundsatz
auch hinüberzuziehen in das erwerbende Leben jedes Einzelnen,
und für keinen anderen Stand ist es so gewaltsam störend, als gerade
für den Landmann. Die Erfahrung, die große Lehrmeisterin des stets
versuchenden und unternehmenden Amerikaners, hat in der Union schon
selbst lange den Stab gebrochen über die Zuträglichkeit solcher Ver-
bindungen zum gemeinschaftlichen Betriebe des Ackerbaues; und die
großen Uebelstände, welche die " Company of internal improvements "
in Michigan. die " Furiites society " in Wisconsin, die " Wabash valley
company
" in Jllinois, die " Oeconomy " in Pennsylvanien, der " Adels-
verein " in Texas hervorgerufen haben, sowie Hunderte von anderen
kleineren Gesellschaften zu gleichem Zwecke, besonders in den westlichen
Staaten, haben uns nur zu deutlich bewiesen, wie schlecht solche, die
freie Bewegung hemmende und das Fortkommen und die Zufriedenheit
der vereinten Familien zerstörende Verbindungen ihren gehofften Zweck
erfüllen, selbst dann, wenn Leute, die unter unsern Verhältnissen groß
geworden sind, solche Gesellschaften gründen und Statuten entwerfen.
Daß aber diese Jdeen von Gesellschaften zur Gründung von Kolonien
noch in den Köpfen der zur Auswanderung sich Rüstenden spuken, ist
um so weniger zu verwundern, da sie, außerdem daß sie nicht wie
wir durch Erfahrungen belehrt sind, gerade in dem Augenblick des sich
Losreißens von der Heimath, des Hineintretens in eine ihnen fremde

[Spaltenumbruch] ein Erwachsener thun würde; er gibt auf die an ihn gerichteten Fra-
gen mit Bescheidenheit Antwort und weiß oft eben so gut über Ge-
schäfte zu sprechen wie ein Alter. Es ist dabei durchaus nichts Ge-
zwungenes, Altkluges in ihrem Benehmen, denn unter einander tollen
sie zuweilen und toben trotz den deutschen Bauernjungen. Die Mäd-
chen scheinen mir häuslicher, sittsamer und ernster zu sein, als bei
Euch. Noch nie habe ich ein amerikanisches Kind mit einer Puppe
spielen sehen, dagegen häufig der Mutter beim Kochen an die Hand
gehen. Die Amerikaner sind im Allgemeinen zuvorkom-
mend und gastfreundlich gegen Fremde.
Jch habe viele Familien
kennen gelernt, wo es mir im Allgemeinen recht gut gefallen hat, wo ich
stets willkommen bin und auch eine gewisse Herzlichkeit vorhanden ist.

Bei dem Urtheil über die Amerikaner in den neuen Staaten und
Niederlassungen darf man nie außer Acht lassen, daß die Meisten
dem weniger gebildeten Stande angehören, eigentlich nur Das sind,
was man in Europa Bauern nennt. Ein himmelweiter Unterschied
findet jedoch statt zwischen einem amerikanischen Bauer und einem
deutschen Bauer, daher man sagen kann, daß es eigentlich keine ame-
rikanischen Bauern gibt. Der Amerikaner bewegt sich stets mit sehr
vielem Anstand, ist im Allgemeinen sehr gesittet, hat viel feines Ge-
fühl und Tact, was den deutschen Bauern und auch niederen Bür-
gersleuten meist abgeht. Ein Amerikaner und besonders eine Ameri-
kanerin wird sich immer ungezwungen und ohne Anstoß in jeder
Gesellschaft bewegen können, abgerechnet einige Freiheiten, die hier
gang und gebe sind, als das von Frauenzimmern und Herren bestän-
dige Schaukeln auf den Stühlen, was von den hier so sehr gewöhn-
lichen Schaukelstühlen herkommt, ferner das bei den Männern übliche
Tabbakkauen. Letzteres abgerechnet, das uns freilich empört, aber
genau betrachtet doch nicht viel ärger ist, als Tabakschnupfen, kann
ich nicht anders sagen, als daß mir die meisten der amerikanischen
Sitten sehr wohl gefallen.
Wenn man sich erst an die-
selben gewöhnt hat und überhaupt in einem Hause einheimisch ist,
kann man sich da recht wohl befinden. Kömmt man zu einem Ame-
rikaner ins Haus und man kennt sich durchaus nicht, so wird nach
den ersten gewöhnlichen Begrüßungen: „ How do you do this mor-
ning?“ „very well“, „how do you do?“ „tolerably
“, dem Frem-
den ein Stuhl am Camine angeboten, und nachdem nun kurz das
Wetter besprochen ist, wird der Fremde nie mit einer auf die Ursache
seines Besuches bezüglichen Frage incommodirt; es gilt sogar für einen
großen Verstoß gegen allen bon ton, den Besuchenden um die Ursache
seines Kommens zu fragen, sondern man bleibt ruhig sitzen gegen-
seitig, und wenn der Besuchende, oder der Hausherr sehr einsylbig ist,
kann man stundenlang dasitzen, ohne daß man weiß, was er will,
ohne daß ein Wort gewechselt wird, wie mir das zuweilen so geht
in meinem Hause; jedoch genirt man sich dabei nicht; ist man gerade
beschäftigt, so wird fortgearbeitet, und kommt die Essenszeit, so wird
der Gast mit zum Essen eingeladen. Nie aber wird außer der ge-
wöhnlichen Essenszeit etwas zu essen oder zu trinken vorgesetzt. Dem
weiblichen Geschlechte wird hier zu Lande ganz besondere Aufmerksam-
keit und Achtung bewiesen. Nie wird ein Amerikaner ein Frauen-
zimmer beleidigen durch Wort oder That, es gilt dies mit Recht für
die größte Gemeinheit, und wehe Dem, der sich in Gegenwart eines
Amerikaners so etwas zu Schulden kommen läßt; er ist seines Lebens
nicht sicher. Leider sind solche Beleidigungen bei unserm Volk hier
keine Seltenheit, und schlimm genug, daß dieß auch dazu beiträgt,
daß unsere Nation hier so wenig geachtet wird. Aber auch vor dem
Gesetze sind die Frauenzimmer bei weitem höher gestellt wie bei Euch.
Das Benehmen der Frauen rechtfertigt aber auch vollkommen eine so
hohe Achtung; sie haben einen höchst feinen Anstand, sie wissen sehr
gut in ihrer Art zu conversiren und bewegen sich mit viel Freiheit
und Ungezwungenheit, ohne im geringsten die Grenzen des Anstandes
zu überschreiten. Wiewohl sie höchst selten geputzt sind, sind sie stets
mit vielem Geschmacke gekleidet. Mit besonderem Vergnügen habe ich
[Spaltenumbruch] immer bewundert, mit welcher Grazie sie auf den Sattel zu springen
wissen; denn hier reitet Jedermann, Mann oder Frau, und besonders
nett sieht es aus, was sehr häufig der Fall ist, wenn zwei Damen
hinter einander auf einem Pferde sitzen. Durch die freien Staats-
institutionen und die Gleichstellung aller Staatsbürger vor dem Gesetz
gilt denn auch Einer so viel wie der Andere, und nur dem wird mehr
Ehre erwiesen, der durch eigenes Verdienst sie sich zu erwerben
weiß. Aller Unterschied der Stände hört hier vollkommen auf, und
es kann so gut der oberste Staatschef, der Präsident, vor Gericht
gezogen werden, wie der geringste Landmann. Diese Gleichstellung
Aller gefällt mir ausnehmend ( wiewohl ich nie früher eigentlich dema-
gogische Ansichten gehabt habe ) ; wem man hier besonderes Ansehen
gibt, von dem kann man auch ganz gewiß seyn, daß er es durch
eigenes Verdienst erlangt hat, und nicht etwa durch Geburt. Reif
muß ein Volk aber zu solcher politischer Freiheit werden, was man
hier recht handgreiflich merken kann; denn während der geringste Ame-
rikaner, an vernünftigen Gebrauch derselben gewöhnt, seine Gesetze
achtet und sich ihnen unterwirft, verstehen unsere darin noch nicht
mündig gewordenen Deutschen hier darunter nichts als frei von allen
Abgaben, Gemeindelasten, Gesetzen, frei von allen Richtern, so daß
Jeder thun und lassen kann, was er will, ohne Rechenschaft davon
zu geben, daß er stehlen und morden kann nach Herzenslust. Von
Politik haben nun die meisten unserer Deutschen hier keinen Begriff,
und wenn irgend etwas Politisches durchgefochten werden soll, so ist
dieß mit den enormsten Schwierigkeiten verbunden, und eben so ist
unsern Leuten durchaus nicht begreiflich zu machen, in wiefern es vor-
theilhafter für das allgemeine oder unser besonderes Jnteresse ist, diesen
oder jenen Candidaten zu einer Stelle zu wählen u. s. w. Da ich
gerade an dieses Capitel vom Wählen gekommen bin, so will ich Euch
doch kurz Einiges darüber mittheilen, da ich vermuthe, daß Jhr die
Art und Weise der Regierung dieser Freistaaten nicht so genau kennt.

    ( Schluß folgt. )

Beherzigenswerthe Winke und Warnungen
für Ansiedler in Amerika.
( Schluß. )

Wie sehr nun unsere Verfassung auf Gemeinsinn seiner Bürger
basirt ist, wie sehr selbst der Wahlspruch unserer Union die Nothwen-
digkeit eines festen politischen Bandes hervorhebt, so störend und ge-
fährlich ist es, diesen in der Politik als richtig anerkannten Grundsatz
auch hinüberzuziehen in das erwerbende Leben jedes Einzelnen,
und für keinen anderen Stand ist es so gewaltsam störend, als gerade
für den Landmann. Die Erfahrung, die große Lehrmeisterin des stets
versuchenden und unternehmenden Amerikaners, hat in der Union schon
selbst lange den Stab gebrochen über die Zuträglichkeit solcher Ver-
bindungen zum gemeinschaftlichen Betriebe des Ackerbaues; und die
großen Uebelstände, welche die „ Company of internal improvements
in Michigan. die „ Furiites society “ in Wisconsin, die „ Wabash valley
company
“ in Jllinois, die „ Oeconomy “ in Pennsylvanien, der „ Adels-
verein “ in Texas hervorgerufen haben, sowie Hunderte von anderen
kleineren Gesellschaften zu gleichem Zwecke, besonders in den westlichen
Staaten, haben uns nur zu deutlich bewiesen, wie schlecht solche, die
freie Bewegung hemmende und das Fortkommen und die Zufriedenheit
der vereinten Familien zerstörende Verbindungen ihren gehofften Zweck
erfüllen, selbst dann, wenn Leute, die unter unsern Verhältnissen groß
geworden sind, solche Gesellschaften gründen und Statuten entwerfen.
Daß aber diese Jdeen von Gesellschaften zur Gründung von Kolonien
noch in den Köpfen der zur Auswanderung sich Rüstenden spuken, ist
um so weniger zu verwundern, da sie, außerdem daß sie nicht wie
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Bei dem Urtheil über die Amerikaner in den neuen Staaten und Niederlassungen darf man nie außer Acht lassen, daß die Meisten dem weniger gebildeten Stande angehören, eigentlich nur Das sind, was man in Europa Bauern nennt. Ein himmelweiter Unterschied findet jedoch statt zwischen einem amerikanischen Bauer und einem deutschen Bauer, daher man sagen kann, daß es eigentlich keine ame- rikanischen Bauern gibt. Der Amerikaner bewegt sich stets mit sehr vielem Anstand, ist im Allgemeinen sehr gesittet, hat viel feines Ge- fühl und Tact, was den deutschen Bauern und auch niederen Bür- gersleuten meist abgeht. Ein Amerikaner und besonders eine Ameri- kanerin wird sich immer ungezwungen und ohne Anstoß in jeder Gesellschaft bewegen können, abgerechnet einige Freiheiten, die hier gang und gebe sind, als das von Frauenzimmern und Herren bestän- dige Schaukeln auf den Stühlen, was von den hier so sehr gewöhn- lichen Schaukelstühlen herkommt, ferner das bei den Männern übliche Tabbakkauen. Letzteres abgerechnet, das uns freilich empört, aber genau betrachtet doch nicht viel ärger ist, als Tabakschnupfen, kann ich nicht anders sagen, als daß mir die meisten der amerikanischen Sitten sehr wohl gefallen. Wenn man sich erst an die- selben gewöhnt hat und überhaupt in einem Hause einheimisch ist, kann man sich da recht wohl befinden. Kömmt man zu einem Ame- rikaner ins Haus und man kennt sich durchaus nicht, so wird nach den ersten gewöhnlichen Begrüßungen: „ How do you do this mor- ning?“ „very well“, „how do you do?“ „tolerably “, dem Frem- den ein Stuhl am Camine angeboten, und nachdem nun kurz das Wetter besprochen ist, wird der Fremde nie mit einer auf die Ursache seines Besuches bezüglichen Frage incommodirt; es gilt sogar für einen großen Verstoß gegen allen bon ton, den Besuchenden um die Ursache seines Kommens zu fragen, sondern man bleibt ruhig sitzen gegen- seitig, und wenn der Besuchende, oder der Hausherr sehr einsylbig ist, kann man stundenlang dasitzen, ohne daß man weiß, was er will, ohne daß ein Wort gewechselt wird, wie mir das zuweilen so geht in meinem Hause; jedoch genirt man sich dabei nicht; ist man gerade beschäftigt, so wird fortgearbeitet, und kommt die Essenszeit, so wird der Gast mit zum Essen eingeladen. Nie aber wird außer der ge- wöhnlichen Essenszeit etwas zu essen oder zu trinken vorgesetzt. Dem weiblichen Geschlechte wird hier zu Lande ganz besondere Aufmerksam- keit und Achtung bewiesen. Nie wird ein Amerikaner ein Frauen- zimmer beleidigen durch Wort oder That, es gilt dies mit Recht für die größte Gemeinheit, und wehe Dem, der sich in Gegenwart eines Amerikaners so etwas zu Schulden kommen läßt; er ist seines Lebens nicht sicher. Leider sind solche Beleidigungen bei unserm Volk hier keine Seltenheit, und schlimm genug, daß dieß auch dazu beiträgt, daß unsere Nation hier so wenig geachtet wird. Aber auch vor dem Gesetze sind die Frauenzimmer bei weitem höher gestellt wie bei Euch. Das Benehmen der Frauen rechtfertigt aber auch vollkommen eine so hohe Achtung; sie haben einen höchst feinen Anstand, sie wissen sehr gut in ihrer Art zu conversiren und bewegen sich mit viel Freiheit und Ungezwungenheit, ohne im geringsten die Grenzen des Anstandes zu überschreiten. Wiewohl sie höchst selten geputzt sind, sind sie stets mit vielem Geschmacke gekleidet. Mit besonderem Vergnügen habe ich immer bewundert, mit welcher Grazie sie auf den Sattel zu springen wissen; denn hier reitet Jedermann, Mann oder Frau, und besonders nett sieht es aus, was sehr häufig der Fall ist, wenn zwei Damen hinter einander auf einem Pferde sitzen. Durch die freien Staats- institutionen und die Gleichstellung aller Staatsbürger vor dem Gesetz gilt denn auch Einer so viel wie der Andere, und nur dem wird mehr Ehre erwiesen, der durch eigenes Verdienst sie sich zu erwerben weiß. Aller Unterschied der Stände hört hier vollkommen auf, und es kann so gut der oberste Staatschef, der Präsident, vor Gericht gezogen werden, wie der geringste Landmann. Diese Gleichstellung Aller gefällt mir ausnehmend ( wiewohl ich nie früher eigentlich dema- gogische Ansichten gehabt habe ) ; wem man hier besonderes Ansehen gibt, von dem kann man auch ganz gewiß seyn, daß er es durch eigenes Verdienst erlangt hat, und nicht etwa durch Geburt. Reif muß ein Volk aber zu solcher politischer Freiheit werden, was man hier recht handgreiflich merken kann; denn während der geringste Ame- rikaner, an vernünftigen Gebrauch derselben gewöhnt, seine Gesetze achtet und sich ihnen unterwirft, verstehen unsere darin noch nicht mündig gewordenen Deutschen hier darunter nichts als frei von allen Abgaben, Gemeindelasten, Gesetzen, frei von allen Richtern, so daß Jeder thun und lassen kann, was er will, ohne Rechenschaft davon zu geben, daß er stehlen und morden kann nach Herzenslust. Von Politik haben nun die meisten unserer Deutschen hier keinen Begriff, und wenn irgend etwas Politisches durchgefochten werden soll, so ist dieß mit den enormsten Schwierigkeiten verbunden, und eben so ist unsern Leuten durchaus nicht begreiflich zu machen, in wiefern es vor- theilhafter für das allgemeine oder unser besonderes Jnteresse ist, diesen oder jenen Candidaten zu einer Stelle zu wählen u. s. w. Da ich gerade an dieses Capitel vom Wählen gekommen bin, so will ich Euch doch kurz Einiges darüber mittheilen, da ich vermuthe, daß Jhr die Art und Weise der Regierung dieser Freistaaten nicht so genau kennt. ( Schluß folgt. ) Beherzigenswerthe Winke und Warnungen für Ansiedler in Amerika. ( Schluß. ) Wie sehr nun unsere Verfassung auf Gemeinsinn seiner Bürger basirt ist, wie sehr selbst der Wahlspruch unserer Union die Nothwen- digkeit eines festen politischen Bandes hervorhebt, so störend und ge- fährlich ist es, diesen in der Politik als richtig anerkannten Grundsatz auch hinüberzuziehen in das erwerbende Leben jedes Einzelnen, und für keinen anderen Stand ist es so gewaltsam störend, als gerade für den Landmann. Die Erfahrung, die große Lehrmeisterin des stets versuchenden und unternehmenden Amerikaners, hat in der Union schon selbst lange den Stab gebrochen über die Zuträglichkeit solcher Ver- bindungen zum gemeinschaftlichen Betriebe des Ackerbaues; und die großen Uebelstände, welche die „ Company of internal improvements “ in Michigan. die „ Furiites society “ in Wisconsin, die „ Wabash valley company “ in Jllinois, die „ Oeconomy “ in Pennsylvanien, der „ Adels- verein “ in Texas hervorgerufen haben, sowie Hunderte von anderen kleineren Gesellschaften zu gleichem Zwecke, besonders in den westlichen Staaten, haben uns nur zu deutlich bewiesen, wie schlecht solche, die freie Bewegung hemmende und das Fortkommen und die Zufriedenheit der vereinten Familien zerstörende Verbindungen ihren gehofften Zweck erfüllen, selbst dann, wenn Leute, die unter unsern Verhältnissen groß geworden sind, solche Gesellschaften gründen und Statuten entwerfen. Daß aber diese Jdeen von Gesellschaften zur Gründung von Kolonien noch in den Köpfen der zur Auswanderung sich Rüstenden spuken, ist um so weniger zu verwundern, da sie, außerdem daß sie nicht wie wir durch Erfahrungen belehrt sind, gerade in dem Augenblick des sich Losreißens von der Heimath, des Hineintretens in eine ihnen fremde

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Zitationshilfe: Allgemeine Auswanderungs-Zeitung. Nr. 7. Rudolstadt, 14. Februar 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_auswanderer07_1848/4>, abgerufen am 26.04.2024.