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Allgemeine Auswanderungs-Zeitung. Nr. 7. Rudolstadt, 14. Februar 1848.

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Absichtlich einmal Licht und Schatten neben einanderstellend
überlassen wir es unsern Lesern, aus folgenden Mittheilungen
dieser Art die Wahrheit selbst herauszufühlen. Der erste, aus
der Nähe von Vacha eingesandte Bericht rührt von einem im
Jahre 1846 nebst Familie Ausgewanderten her, welcher unge-
achtet hinlänglicher Mittel sich in Teras nur unglücklich fühlt;
der Verfasser des zweiten, aus der "Didaskalia" entlehnten ist
ein aus Frankfurt a. M. gebürtiger Arzt.

I.

   Houston am 6. Febr. 1847.

-- -- -- Nicht lange nach unserer Ankunft im vergangenen Jahre
kauften wir eine Farm 12 Meilen von Houston gelegen, und zogen
alsbald auf dieselbe. Weil wir aber Alle nach und nach das klimatische
Fieber bekamen, das gewöhnlich neuangekommene Auswanderer über-
fällt * ), und sich auch noch andere Uebel hinzugesellten, waren wir ge-
nöthigt, da kein Arzt sich in der Nähe befand, wieder zurück nach
Houston zu ziehen, wo wir eine Miethswohnung bezogen und noch sind.

Es ist indessen in Texas Alles ganz anders, als es in Büchern
steht, die so Viele zur Auswanderung verleiten, und die man alle ver-
brennen sollte, weil sie fast alle deutschen Auswanderer ins Elend führen.
Die schlechte Kost und das verdorbene, oft ganz übelriechende Buffalo-
Bajo=Wasser, das man hier trinken muß, ist es schon allein, welches
die Menschen krank und elend macht ** ); und dann die schlechten Häuser!
Die Musquitos sind hier so schlimm, daß wir noch im November Alle
ganz im Gesicht und Händen zerstochen und voller Beule waren. Unge-
ziefer gibt es überhaupt hier in Menge. Die Schlangen, Scorpionen
und Eidechsen kommen sogar in die Häuser und fressen die Hühner
und Enten. Jch sah gestern noch eine Schlange auf der Straße todt-
schlagen, die über eine Elle lang und von schwarzbrauner Farbe war.
Andere Raubthiere sind nicht weniger häufig. Wir hörten, als wir
noch auf der Farm wohnten, die Wölfe oft des Nachts um unser Haus
heulen, so daß uns manchmal ganz bange wurde. Sie fürchten sich
zwar vor den Menschen, und kommen selten am Tage hervor; aber
desto öfterer des Nachts. Nur ein einziges Mal sah ich einen --
er war so groß als ein junger Hühnerhund -- am Tage, als er durch
unser eingefenztes Feld lief. Dabei stehen die Preise der Lebensmittel
und des sonst Nöthigen, gegen Deutschland, hier sehr hoch. Für ein
Quartier, worin wir im Winter bald erfroren wären, müssen wir mo-
natlich 10 Dollar geben. Der Doctor nimmt für ein Recept zu schreiben
1 / 4 Doll. für einen Besuch 4 -- 5 D. Ein knappes Nösel Milch kostet
4 gute Groschen. Dabei sind die Amerikaner so stolz und kalt gegen
Fremde, daß von ihnen wenig Hülfe zu erwarten ist, und nur mit
Verachtung sehen sie auf die deutschen Einwanderer herab. Das kommt
aber daher, weil so viel schlechtes Gesindel sich darunter befindet, da
müssen denn die Guten mit den Schlechten leiden. Wie mancher ginge
gern in sein Vaterland zurück, wenn es nur in seinen Kräften stünde.

II.

   Neu=Braunfels, den 23. März 1847.

Unser Klima ist das angenehmste und schönste, das man sich nur
wünschen kann. Jm Sommer ist freilich die Hitze groß, jedoch nicht
so sehr, wie es in den wenigen in Deutschland über Texas erschie-
nenen Büchern gemacht wird. Jm vorigen Sommer stieg dieselbe nie
[Spaltenumbruch] über 32° R. ( natürlich im Schatten ) . Die heißesten Monate sind der
Juli und August. Die Nächte sind alsdann so warm, daß fast stets
über 20° R. sind, jedoch am Tage weht meist von Morgens 10 an
bis Abends ein höchst angenehmer und sehr erfrischender Südwind;
höchst selten, fast nie hatten wir Windstille; größtentheils ist der Wind
S. O. oder S. S. O., seltener S. und noch seltener S. W. Die
Hitze wird freilich dadurch bedeutend gesteigert, daß es während dieser
ganzen Zeit nur höchst selten regnet und deßhalb der Boden sehr
trocken und warm ist. Man baut jedoch schon mit Berücksichtigung
dieser warmen Zeit die Häuser hier viel luftiger als in Deutschland,
um den Wind durch dieselben streichen lassen zu können; außerdem
bringt man vor jedem Hause ein sogenannte Gallerie an, was weiter
nichts ist, als eine Halle, welche Schatten und durch das freie Durch-
strömen des Windes Kühlung gewährt. Diese heiße Zeit ist dann für
mich und meine Collegen die angestrengteste Periode, indem es wäh-
rend derselben die meisten Kranken gibt; denn gerade zu dieser Zeit
herrschen die Fieber, meistens Wechselfieber, wozu dann noch das von
amerikanischen Aerzten sogenannte Congestivfieber kommt, was haupt-
sächlich durch die Hitze und von dem Aussetzen der Sonnenstrahlen
erzeugt wird, besonders häufig bei unsern Bauern, da dieselben so
schwer daran zu gewöhnen sind, nie ohne gute Kopfbedeckung im
Freien zu arbeiten.
Außer dieser Zeit ist die Temperatur hier höchst
angenehm, nur im Winter haben wir zuweilen anhaltende Regen, jedoch
selten länger als 5 -- 7 Tage, und wenn auch danach Alles über-
schwemmt ist, so trocknet es hier auch desto schneller, indem meist nach
einem solchen Regen ein N. W. Wind eintritt, welcher mit unendlicher
Schnelligkeit die Pfützen austrocknet; kommt dazu noch warmer Son-
nenschein, so sind in 3 -- 4 Tagen die Straßen und Wege fast wieder
so trocken, wie vorher. Unangenehm sind im Winter nur zuweilen
die Norder ( Nordwinde ) , welche oft sehr schneidend kalt sind und die
Erinnerung an die heimlich durchwärmten Zimmer in Europa sehr
auffrischen; aber auch ein solcher Norder dauert selten länger als drei
Tage, und während desselben hat man denn Morgens das seltene
Schauspiel, Eis zu sehen. Jn wohleingerichteten Häusern hat man
Kamine, um welche sich dann bei so kalten Tagen die Haushaltung
versammelt und wärmt, denn die Geschäfte stocken sogleich bei Ein-
tritt eines solchen Norders. Wie höchst angenehm das Klima hier
ist, und wie selten kalte Tage und Nächte sind, dafür liefern unendlich
viele Texaner den Beweis, indem sehr viele derselben in vielen Jahren
oft nicht in einem Hause, sondern stets im Freien unter Bäumen
schlafen. Bei der großen Ungenirtheit in jeder Beziehung läßt sich
hier die Wärme auch leichter ertragen, indem es im Sommer fast
Niemand einfällt, einen Rock anzuziehen; ich habe den ganzen Som-
mer durch fast nie einen Rock, noch weniger eine Weste und Halsbinde
getragen, letztere beiden Stücke habe ich ohnedem ganz aus meiner
Garderobe verbannt, indem sie hier überflüssig sind. Mein Anzug
besteht gewöhnlich aus einem Hemd, weißen Hosen, Strümpfen und
Schuhen und einem breitrandigen Strohhut; so setze ich mich des
Morgens zu Pferde und besuche meine Kranken, so gehe ich auch zu
Tische. Am Neujahrstage z. B. hatten wir so schönes, warmes Wetter,
daß ich in demselben Costüme ohne den Rock den ganzen Tag sein
konnte; ich dachte dabei recht an Euch, wie Jhr wohl frieren möchtet
und viel um eine Stunde solchen schönen Wetters geben würdet. Wie
gesagt, das Klima hier wird wohl nicht leicht von dem eines
andern Landes übertroffen.
Was den Einfluß desselben auf die Ge-
sundheit neuer Ankömmlinge betrifft, so kann ich aus meiner Erfahrung
nicht anders sagen, als daß er im Allgemeinen nicht ungünstig ist.
Wenn auch allerdings im Sommer durch die Hitze Viele auf das Kranken-
bett geworfen werden, so haben die Meisten sich selbst die Schuld
beizumessen, da es zu viele kluge Leute gibt, die, aller Warnung un-
geachtet, stets ohne Kopfbedeckung im Freien arbeiten, oder doch wäh-
rend der heißesten Stunden ( von 10 Uhr Morgens bis Nachmittags
3 Uhr ) die so nöthige Ruhe im Hause nicht genießen wollen. Jn der

* ) Jm Umkreise von 12 engl. Meilen um Houston ist, so viel uns be-
kannt, fast nur flaches, für Neueingewanderte nicht gesundes Land. Mehr
westlich leben viele Einwanderer, welche nicht am Fieber litten. Es ist also
von größter Wichtigkeit für den Einwanderer, nur in einer als gesund bekannten
und bewährten Gegend sich niederzulassen.   D. Red.
** ) Ein Missionär, dessen angenehme Bekanntschaft ich zufällig machte,
versicherte mich, es gäbe kein besseres Schutzmittel gegen Klimafieber, als
gänzliches Vermeiden des Frischenwassertrinkens. Statt dessen solle man nur
mit Reis abgekochtes Wasser trinken, und werde dabei auch bei unge-
wohntem Klima völlig gesund bleiben.   D. Herausg.
[Spaltenumbruch]

Absichtlich einmal Licht und Schatten neben einanderstellend
überlassen wir es unsern Lesern, aus folgenden Mittheilungen
dieser Art die Wahrheit selbst herauszufühlen. Der erste, aus
der Nähe von Vacha eingesandte Bericht rührt von einem im
Jahre 1846 nebst Familie Ausgewanderten her, welcher unge-
achtet hinlänglicher Mittel sich in Teras nur unglücklich fühlt;
der Verfasser des zweiten, aus der „Didaskalia“ entlehnten ist
ein aus Frankfurt a. M. gebürtiger Arzt.

I.

   Houston am 6. Febr. 1847.

-- -- -- Nicht lange nach unserer Ankunft im vergangenen Jahre
kauften wir eine Farm 12 Meilen von Houston gelegen, und zogen
alsbald auf dieselbe. Weil wir aber Alle nach und nach das klimatische
Fieber bekamen, das gewöhnlich neuangekommene Auswanderer über-
fällt * ), und sich auch noch andere Uebel hinzugesellten, waren wir ge-
nöthigt, da kein Arzt sich in der Nähe befand, wieder zurück nach
Houston zu ziehen, wo wir eine Miethswohnung bezogen und noch sind.

Es ist indessen in Texas Alles ganz anders, als es in Büchern
steht, die so Viele zur Auswanderung verleiten, und die man alle ver-
brennen sollte, weil sie fast alle deutschen Auswanderer ins Elend führen.
Die schlechte Kost und das verdorbene, oft ganz übelriechende Buffalo-
Bajo=Wasser, das man hier trinken muß, ist es schon allein, welches
die Menschen krank und elend macht ** ); und dann die schlechten Häuser!
Die Musquitos sind hier so schlimm, daß wir noch im November Alle
ganz im Gesicht und Händen zerstochen und voller Beule waren. Unge-
ziefer gibt es überhaupt hier in Menge. Die Schlangen, Scorpionen
und Eidechsen kommen sogar in die Häuser und fressen die Hühner
und Enten. Jch sah gestern noch eine Schlange auf der Straße todt-
schlagen, die über eine Elle lang und von schwarzbrauner Farbe war.
Andere Raubthiere sind nicht weniger häufig. Wir hörten, als wir
noch auf der Farm wohnten, die Wölfe oft des Nachts um unser Haus
heulen, so daß uns manchmal ganz bange wurde. Sie fürchten sich
zwar vor den Menschen, und kommen selten am Tage hervor; aber
desto öfterer des Nachts. Nur ein einziges Mal sah ich einen --
er war so groß als ein junger Hühnerhund -- am Tage, als er durch
unser eingefenztes Feld lief. Dabei stehen die Preise der Lebensmittel
und des sonst Nöthigen, gegen Deutschland, hier sehr hoch. Für ein
Quartier, worin wir im Winter bald erfroren wären, müssen wir mo-
natlich 10 Dollar geben. Der Doctor nimmt für ein Recept zu schreiben
1 / 4 Doll. für einen Besuch 4 -- 5 D. Ein knappes Nösel Milch kostet
4 gute Groschen. Dabei sind die Amerikaner so stolz und kalt gegen
Fremde, daß von ihnen wenig Hülfe zu erwarten ist, und nur mit
Verachtung sehen sie auf die deutschen Einwanderer herab. Das kommt
aber daher, weil so viel schlechtes Gesindel sich darunter befindet, da
müssen denn die Guten mit den Schlechten leiden. Wie mancher ginge
gern in sein Vaterland zurück, wenn es nur in seinen Kräften stünde.

II.

   Neu=Braunfels, den 23. März 1847.

Unser Klima ist das angenehmste und schönste, das man sich nur
wünschen kann. Jm Sommer ist freilich die Hitze groß, jedoch nicht
so sehr, wie es in den wenigen in Deutschland über Texas erschie-
nenen Büchern gemacht wird. Jm vorigen Sommer stieg dieselbe nie
[Spaltenumbruch] über 32° R. ( natürlich im Schatten ) . Die heißesten Monate sind der
Juli und August. Die Nächte sind alsdann so warm, daß fast stets
über 20° R. sind, jedoch am Tage weht meist von Morgens 10 an
bis Abends ein höchst angenehmer und sehr erfrischender Südwind;
höchst selten, fast nie hatten wir Windstille; größtentheils ist der Wind
S. O. oder S. S. O., seltener S. und noch seltener S. W. Die
Hitze wird freilich dadurch bedeutend gesteigert, daß es während dieser
ganzen Zeit nur höchst selten regnet und deßhalb der Boden sehr
trocken und warm ist. Man baut jedoch schon mit Berücksichtigung
dieser warmen Zeit die Häuser hier viel luftiger als in Deutschland,
um den Wind durch dieselben streichen lassen zu können; außerdem
bringt man vor jedem Hause ein sogenannte Gallerie an, was weiter
nichts ist, als eine Halle, welche Schatten und durch das freie Durch-
strömen des Windes Kühlung gewährt. Diese heiße Zeit ist dann für
mich und meine Collegen die angestrengteste Periode, indem es wäh-
rend derselben die meisten Kranken gibt; denn gerade zu dieser Zeit
herrschen die Fieber, meistens Wechselfieber, wozu dann noch das von
amerikanischen Aerzten sogenannte Congestivfieber kommt, was haupt-
sächlich durch die Hitze und von dem Aussetzen der Sonnenstrahlen
erzeugt wird, besonders häufig bei unsern Bauern, da dieselben so
schwer daran zu gewöhnen sind, nie ohne gute Kopfbedeckung im
Freien zu arbeiten.
Außer dieser Zeit ist die Temperatur hier höchst
angenehm, nur im Winter haben wir zuweilen anhaltende Regen, jedoch
selten länger als 5 -- 7 Tage, und wenn auch danach Alles über-
schwemmt ist, so trocknet es hier auch desto schneller, indem meist nach
einem solchen Regen ein N. W. Wind eintritt, welcher mit unendlicher
Schnelligkeit die Pfützen austrocknet; kommt dazu noch warmer Son-
nenschein, so sind in 3 -- 4 Tagen die Straßen und Wege fast wieder
so trocken, wie vorher. Unangenehm sind im Winter nur zuweilen
die Norder ( Nordwinde ) , welche oft sehr schneidend kalt sind und die
Erinnerung an die heimlich durchwärmten Zimmer in Europa sehr
auffrischen; aber auch ein solcher Norder dauert selten länger als drei
Tage, und während desselben hat man denn Morgens das seltene
Schauspiel, Eis zu sehen. Jn wohleingerichteten Häusern hat man
Kamine, um welche sich dann bei so kalten Tagen die Haushaltung
versammelt und wärmt, denn die Geschäfte stocken sogleich bei Ein-
tritt eines solchen Norders. Wie höchst angenehm das Klima hier
ist, und wie selten kalte Tage und Nächte sind, dafür liefern unendlich
viele Texaner den Beweis, indem sehr viele derselben in vielen Jahren
oft nicht in einem Hause, sondern stets im Freien unter Bäumen
schlafen. Bei der großen Ungenirtheit in jeder Beziehung läßt sich
hier die Wärme auch leichter ertragen, indem es im Sommer fast
Niemand einfällt, einen Rock anzuziehen; ich habe den ganzen Som-
mer durch fast nie einen Rock, noch weniger eine Weste und Halsbinde
getragen, letztere beiden Stücke habe ich ohnedem ganz aus meiner
Garderobe verbannt, indem sie hier überflüssig sind. Mein Anzug
besteht gewöhnlich aus einem Hemd, weißen Hosen, Strümpfen und
Schuhen und einem breitrandigen Strohhut; so setze ich mich des
Morgens zu Pferde und besuche meine Kranken, so gehe ich auch zu
Tische. Am Neujahrstage z. B. hatten wir so schönes, warmes Wetter,
daß ich in demselben Costüme ohne den Rock den ganzen Tag sein
konnte; ich dachte dabei recht an Euch, wie Jhr wohl frieren möchtet
und viel um eine Stunde solchen schönen Wetters geben würdet. Wie
gesagt, das Klima hier wird wohl nicht leicht von dem eines
andern Landes übertroffen.
Was den Einfluß desselben auf die Ge-
sundheit neuer Ankömmlinge betrifft, so kann ich aus meiner Erfahrung
nicht anders sagen, als daß er im Allgemeinen nicht ungünstig ist.
Wenn auch allerdings im Sommer durch die Hitze Viele auf das Kranken-
bett geworfen werden, so haben die Meisten sich selbst die Schuld
beizumessen, da es zu viele kluge Leute gibt, die, aller Warnung un-
geachtet, stets ohne Kopfbedeckung im Freien arbeiten, oder doch wäh-
rend der heißesten Stunden ( von 10 Uhr Morgens bis Nachmittags
3 Uhr ) die so nöthige Ruhe im Hause nicht genießen wollen. Jn der

* ) Jm Umkreise von 12 engl. Meilen um Houston ist, so viel uns be-
kannt, fast nur flaches, für Neueingewanderte nicht gesundes Land. Mehr
westlich leben viele Einwanderer, welche nicht am Fieber litten. Es ist also
von größter Wichtigkeit für den Einwanderer, nur in einer als gesund bekannten
und bewährten Gegend sich niederzulassen.   D. Red.
** ) Ein Missionär, dessen angenehme Bekanntschaft ich zufällig machte,
versicherte mich, es gäbe kein besseres Schutzmittel gegen Klimafieber, als
gänzliches Vermeiden des Frischenwassertrinkens. Statt dessen solle man nur
mit Reis abgekochtes Wasser trinken, und werde dabei auch bei unge-
wohntem Klima völlig gesund bleiben.   D. Herausg.
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Es ist indessen in Texas Alles ganz anders, als es in Büchern steht, die so Viele zur Auswanderung verleiten, und die man alle ver- brennen sollte, weil sie fast alle deutschen Auswanderer ins Elend führen. Die schlechte Kost und das verdorbene, oft ganz übelriechende Buffalo- Bajo=Wasser, das man hier trinken muß, ist es schon allein, welches die Menschen krank und elend macht ** ); und dann die schlechten Häuser! Die Musquitos sind hier so schlimm, daß wir noch im November Alle ganz im Gesicht und Händen zerstochen und voller Beule waren. Unge- ziefer gibt es überhaupt hier in Menge. Die Schlangen, Scorpionen und Eidechsen kommen sogar in die Häuser und fressen die Hühner und Enten. Jch sah gestern noch eine Schlange auf der Straße todt- schlagen, die über eine Elle lang und von schwarzbrauner Farbe war. Andere Raubthiere sind nicht weniger häufig. Wir hörten, als wir noch auf der Farm wohnten, die Wölfe oft des Nachts um unser Haus heulen, so daß uns manchmal ganz bange wurde. Sie fürchten sich zwar vor den Menschen, und kommen selten am Tage hervor; aber desto öfterer des Nachts. Nur ein einziges Mal sah ich einen -- er war so groß als ein junger Hühnerhund -- am Tage, als er durch unser eingefenztes Feld lief. Dabei stehen die Preise der Lebensmittel und des sonst Nöthigen, gegen Deutschland, hier sehr hoch. Für ein Quartier, worin wir im Winter bald erfroren wären, müssen wir mo- natlich 10 Dollar geben. Der Doctor nimmt für ein Recept zu schreiben 1 / 4 Doll. für einen Besuch 4 -- 5 D. Ein knappes Nösel Milch kostet 4 gute Groschen. Dabei sind die Amerikaner so stolz und kalt gegen Fremde, daß von ihnen wenig Hülfe zu erwarten ist, und nur mit Verachtung sehen sie auf die deutschen Einwanderer herab. Das kommt aber daher, weil so viel schlechtes Gesindel sich darunter befindet, da müssen denn die Guten mit den Schlechten leiden. Wie mancher ginge gern in sein Vaterland zurück, wenn es nur in seinen Kräften stünde. II. Neu=Braunfels, den 23. März 1847. Unser Klima ist das angenehmste und schönste, das man sich nur wünschen kann. Jm Sommer ist freilich die Hitze groß, jedoch nicht so sehr, wie es in den wenigen in Deutschland über Texas erschie- nenen Büchern gemacht wird. Jm vorigen Sommer stieg dieselbe nie über 32° R. ( natürlich im Schatten ) . Die heißesten Monate sind der Juli und August. Die Nächte sind alsdann so warm, daß fast stets über 20° R. sind, jedoch am Tage weht meist von Morgens 10 an bis Abends ein höchst angenehmer und sehr erfrischender Südwind; höchst selten, fast nie hatten wir Windstille; größtentheils ist der Wind S. O. oder S. S. O., seltener S. und noch seltener S. W. Die Hitze wird freilich dadurch bedeutend gesteigert, daß es während dieser ganzen Zeit nur höchst selten regnet und deßhalb der Boden sehr trocken und warm ist. Man baut jedoch schon mit Berücksichtigung dieser warmen Zeit die Häuser hier viel luftiger als in Deutschland, um den Wind durch dieselben streichen lassen zu können; außerdem bringt man vor jedem Hause ein sogenannte Gallerie an, was weiter nichts ist, als eine Halle, welche Schatten und durch das freie Durch- strömen des Windes Kühlung gewährt. Diese heiße Zeit ist dann für mich und meine Collegen die angestrengteste Periode, indem es wäh- rend derselben die meisten Kranken gibt; denn gerade zu dieser Zeit herrschen die Fieber, meistens Wechselfieber, wozu dann noch das von amerikanischen Aerzten sogenannte Congestivfieber kommt, was haupt- sächlich durch die Hitze und von dem Aussetzen der Sonnenstrahlen erzeugt wird, besonders häufig bei unsern Bauern, da dieselben so schwer daran zu gewöhnen sind, nie ohne gute Kopfbedeckung im Freien zu arbeiten. Außer dieser Zeit ist die Temperatur hier höchst angenehm, nur im Winter haben wir zuweilen anhaltende Regen, jedoch selten länger als 5 -- 7 Tage, und wenn auch danach Alles über- schwemmt ist, so trocknet es hier auch desto schneller, indem meist nach einem solchen Regen ein N. W. Wind eintritt, welcher mit unendlicher Schnelligkeit die Pfützen austrocknet; kommt dazu noch warmer Son- nenschein, so sind in 3 -- 4 Tagen die Straßen und Wege fast wieder so trocken, wie vorher. Unangenehm sind im Winter nur zuweilen die Norder ( Nordwinde ) , welche oft sehr schneidend kalt sind und die Erinnerung an die heimlich durchwärmten Zimmer in Europa sehr auffrischen; aber auch ein solcher Norder dauert selten länger als drei Tage, und während desselben hat man denn Morgens das seltene Schauspiel, Eis zu sehen. Jn wohleingerichteten Häusern hat man Kamine, um welche sich dann bei so kalten Tagen die Haushaltung versammelt und wärmt, denn die Geschäfte stocken sogleich bei Ein- tritt eines solchen Norders. Wie höchst angenehm das Klima hier ist, und wie selten kalte Tage und Nächte sind, dafür liefern unendlich viele Texaner den Beweis, indem sehr viele derselben in vielen Jahren oft nicht in einem Hause, sondern stets im Freien unter Bäumen schlafen. Bei der großen Ungenirtheit in jeder Beziehung läßt sich hier die Wärme auch leichter ertragen, indem es im Sommer fast Niemand einfällt, einen Rock anzuziehen; ich habe den ganzen Som- mer durch fast nie einen Rock, noch weniger eine Weste und Halsbinde getragen, letztere beiden Stücke habe ich ohnedem ganz aus meiner Garderobe verbannt, indem sie hier überflüssig sind. Mein Anzug besteht gewöhnlich aus einem Hemd, weißen Hosen, Strümpfen und Schuhen und einem breitrandigen Strohhut; so setze ich mich des Morgens zu Pferde und besuche meine Kranken, so gehe ich auch zu Tische. Am Neujahrstage z. B. hatten wir so schönes, warmes Wetter, daß ich in demselben Costüme ohne den Rock den ganzen Tag sein konnte; ich dachte dabei recht an Euch, wie Jhr wohl frieren möchtet und viel um eine Stunde solchen schönen Wetters geben würdet. Wie gesagt, das Klima hier wird wohl nicht leicht von dem eines andern Landes übertroffen. Was den Einfluß desselben auf die Ge- sundheit neuer Ankömmlinge betrifft, so kann ich aus meiner Erfahrung nicht anders sagen, als daß er im Allgemeinen nicht ungünstig ist. Wenn auch allerdings im Sommer durch die Hitze Viele auf das Kranken- bett geworfen werden, so haben die Meisten sich selbst die Schuld beizumessen, da es zu viele kluge Leute gibt, die, aller Warnung un- geachtet, stets ohne Kopfbedeckung im Freien arbeiten, oder doch wäh- rend der heißesten Stunden ( von 10 Uhr Morgens bis Nachmittags 3 Uhr ) die so nöthige Ruhe im Hause nicht genießen wollen. Jn der * ) Jm Umkreise von 12 engl. Meilen um Houston ist, so viel uns be- kannt, fast nur flaches, für Neueingewanderte nicht gesundes Land. Mehr westlich leben viele Einwanderer, welche nicht am Fieber litten. Es ist also von größter Wichtigkeit für den Einwanderer, nur in einer als gesund bekannten und bewährten Gegend sich niederzulassen. D. Red. ** ) Ein Missionär, dessen angenehme Bekanntschaft ich zufällig machte, versicherte mich, es gäbe kein besseres Schutzmittel gegen Klimafieber, als gänzliches Vermeiden des Frischenwassertrinkens. Statt dessen solle man nur mit Reis abgekochtes Wasser trinken, und werde dabei auch bei unge- wohntem Klima völlig gesund bleiben. D. Herausg.

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Zitationshilfe: Allgemeine Auswanderungs-Zeitung. Nr. 7. Rudolstadt, 14. Februar 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_auswanderer07_1848/2>, abgerufen am 19.04.2024.