[N. N.]: Unsere moderne Bildung im Bunde mit der Anarchie. Stuttgart, 1852.der Staatsmann ein, daß durch Unterricht, durch Mitthei- Es ist traurig, wenn man in Deutschland nicht mehr der Staatsmann ein, daß durch Unterricht, durch Mitthei- Es iſt traurig, wenn man in Deutſchland nicht mehr <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0097" n="91"/> der Staatsmann ein, daß durch Unterricht, durch Mitthei-<lb/> lung von Kenntniſſen, durch formale Verſtandesbildung,<lb/> mit <hi rendition="#g">einem</hi> Worte durch das, was man gegenwärtig „<hi rendition="#g">wiſ-<lb/> ſenſchaftliche Bildung</hi>“ nennt, die ſittliche Veredlung<lb/> nothwendig erreicht werden müſſe. Deßhalb leitet er denn<lb/> auch das Schulweſen ausſchließlich im Jntereſſe dieſer wiſ-<lb/> ſenſchaftlichen Bildung und trifft eine lange Reihe von An-<lb/> ordnungen, welche alle nur auf eine möglichſte Steigerung<lb/> dieſer wiſſenſchaftlichen Reſultate abzielen, aber mit der<lb/> Aufgabe einer ſittlich bildenden Einwirkung des Lehrers und<lb/> des Unterrichts auf den Schüler in offenbarem Widerſpruch<lb/> ſtehen. Wenn dennoch von vielen Lehrern, welche ihren<lb/> hohen Beruf richtig erfaſſen, ſogar unter dieſen Verhält-<lb/> niſſen noch ſegensreich auf manche Schüler eingewirkt wird,<lb/> ſo geſchieht das eben nicht in Folge der beſtehenden Ein-<lb/> richtungen, ſondern trotz der Hemmniſſe, welche dieſe Ein-<lb/> richtungen ihnen nach allen Seiten hin bereiten, und nur<lb/> weil eine tüchtige ſittliche Perſönlichkeit, wie ſehr man auch<lb/> ihr Wirken lähmen mag, nie ganz verhindert werden kann,<lb/> wenigſtens zuweilen das Gewicht ihrer ſittlichen Kraft in<lb/> die Wagſchale zu werfen. Da aber, wo der Staat ſich<lb/> wirklich erinnert, daß er ſich noch nach anderen Garantieen<lb/> für einen ſittlich bildenden Einfluß der Lehrer umſehen<lb/> müſſe, da weiß er in der Regel nichts Klügeres zu thun,<lb/> als Form zu Form hinzuzufügen, und von den Lehrern die<lb/> Verſicherung zu fordern, daß ſie an der buchſtäblichen Form<lb/> dieſes oder jenes Glaubensbekenntniſſes feſthalten. Ein<lb/> feines Mittel!</p><lb/> <p>Es iſt traurig, wenn man in <hi rendition="#g">Deutſchland</hi> nicht mehr<lb/> weiß, welche Bedingungen unerläßlich ſind zu einer ſittlichen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [91/0097]
der Staatsmann ein, daß durch Unterricht, durch Mitthei-
lung von Kenntniſſen, durch formale Verſtandesbildung,
mit einem Worte durch das, was man gegenwärtig „wiſ-
ſenſchaftliche Bildung“ nennt, die ſittliche Veredlung
nothwendig erreicht werden müſſe. Deßhalb leitet er denn
auch das Schulweſen ausſchließlich im Jntereſſe dieſer wiſ-
ſenſchaftlichen Bildung und trifft eine lange Reihe von An-
ordnungen, welche alle nur auf eine möglichſte Steigerung
dieſer wiſſenſchaftlichen Reſultate abzielen, aber mit der
Aufgabe einer ſittlich bildenden Einwirkung des Lehrers und
des Unterrichts auf den Schüler in offenbarem Widerſpruch
ſtehen. Wenn dennoch von vielen Lehrern, welche ihren
hohen Beruf richtig erfaſſen, ſogar unter dieſen Verhält-
niſſen noch ſegensreich auf manche Schüler eingewirkt wird,
ſo geſchieht das eben nicht in Folge der beſtehenden Ein-
richtungen, ſondern trotz der Hemmniſſe, welche dieſe Ein-
richtungen ihnen nach allen Seiten hin bereiten, und nur
weil eine tüchtige ſittliche Perſönlichkeit, wie ſehr man auch
ihr Wirken lähmen mag, nie ganz verhindert werden kann,
wenigſtens zuweilen das Gewicht ihrer ſittlichen Kraft in
die Wagſchale zu werfen. Da aber, wo der Staat ſich
wirklich erinnert, daß er ſich noch nach anderen Garantieen
für einen ſittlich bildenden Einfluß der Lehrer umſehen
müſſe, da weiß er in der Regel nichts Klügeres zu thun,
als Form zu Form hinzuzufügen, und von den Lehrern die
Verſicherung zu fordern, daß ſie an der buchſtäblichen Form
dieſes oder jenes Glaubensbekenntniſſes feſthalten. Ein
feines Mittel!
Es iſt traurig, wenn man in Deutſchland nicht mehr
weiß, welche Bedingungen unerläßlich ſind zu einer ſittlichen
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