[N. N.]: Unsere moderne Bildung im Bunde mit der Anarchie. Stuttgart, 1852.ohne Beimischung der allergröbsten menschlichen Jrrthümer Statt daher mit Anderen zu rechten über die Jrrthümer Nicht Alle, welche zu einer kirchlichen Gemeinschaft ver- 6
ohne Beimiſchung der allergröbſten menſchlichen Jrrthümer Statt daher mit Anderen zu rechten über die Jrrthümer Nicht Alle, welche zu einer kirchlichen Gemeinſchaft ver- 6
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ohne Beimiſchung der allergröbſten menſchlichen Jrrthümer
oder Mängel zu erfaſſen. Jhr armſeligen Geſchöpfe könnt
es mit aller Mühe nicht dahin bringen, daß zwei Menſchen,
wenn ſie aus dem erſten beſten Buche eine halbe Seite leſen,
mit dem Geleſenen genau die nämlichen Vorſtellungen ver-
binden, und ihr wollt das Seelenheil von Millionen davon
abhängig machen, daß dieſe Millionen ſich alle genau die
gleichen Vorſtellungen von Gott und göttlichen Dingen machen?
Denn wenn ihr das nicht erreichet, ſo habt ihr ja doch offen-
bar den Zweck nicht erreicht, welchen ihr durch die allgemeine
Annahme des allein richtigen Glaubensbekenntniſſes zu er-
reichen hofftet.
Statt daher mit Anderen zu rechten über die Jrrthümer
ihres Denkens, verbeſſert erſt eure eigene ſtets unvollkommene
Auffaſſung des Glaubensbekenntniſſes, wenn euch dieſes
Bekenntniß ſo theuer und werth iſt, als es euch ſein ſoll.
Wer das redlich thut, der wird bald zur Milde im Urtheil
über Andersdenkende geleitet werden, denn er wird vielleicht
ſchon nach kurzer Zeit die Entdeckung machen, daß er früher
in vielfachen Jrrthümern befangen war. Und wenn ihm
dabei dennoch ſeine Erinnerung das Zeugniß geben kann,
daß er auch früher, trotz jener Jrrthümer, von einem red-
lichen Streben und von gottesfürchtiger Geſinnung erfüllt
war, ſo wird ihn das ermahnen, über Andere nicht den
Stab zu brechen, ſie nicht nach ihren Worten, ſondern nach
ihren Früchten zu beurtheilen.
Nicht Alle, welche zu einer kirchlichen Gemeinſchaft ver-
bunden ſind, können das Gleiche denken, aber Alle können
ſich in gleicher Demuth vor Gott beugen, ſich in gleicher
Geſinnung der Ehrfurcht und Liebe zu ihm wenden,
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