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[N. N.]: Unsere moderne Bildung im Bunde mit der Anarchie. Stuttgart, 1852.

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Es ist bekannt, daß man im Alterthum das Blau des
Himmels, welches sich über die Erde wölbt, für ein festes
Gewölbe hielt, oder mehrere über einander liegende Gewölbe
dieser Art annahm, welche man als den Himmel, d. h.
als den räumlichen Wohnsitz Gottes und der Engel be-
trachtete. Ebenso ist bekannt, daß auch die heilige Schrift,
obgleich sie an sich jede körperliche Vorstellung von Gott
verwirft, und deshalb auch die Ansicht, daß Gott an irgend
einem Orte räumlich existirend zu denken sei, auf's Entschie-
denste zurückweist, dennoch jene Vorstellung vom Himmel
als dem räumlichen Wohnsitze Gottes und der Engel voll-
ständig in die Form ihrer Darstellung aufgenommen hat,
und daß diese Vorstellungsweise sich keineswegs auf einzelne,
leicht aus dem übrigen Zusammenhang herauszudenkende
Ausdrücke beschränkt, sondern einen sehr weit gehenden
Einfluß auch auf vieles Andere ausübt. Wenn uns daher
auch gar nichts Anderes berechtigte oder vielmehr verpflichtete,
in unserer Auffassung der christlichen Lehre einen Unterschied
zu machen zwischen Form und Wesen, zwischen der bild-
lichen Darstellung, wie sie der damaligen Zeit so geläufig
war, und zwischen Demjenigen, was eigentlich darunter zu
verstehen ist, so würde diese Nothwendigkeit schon aus die-
sem einzigen Beispiele (welches bekanntlich nur eines unter
vielen ist) hervorgehen. Denn es ist unchristlich, kör-
perliche Vorstellungen auf Gott zu übertragen, sofern wir
nämlich die Sache buchstäblich nehmen. Aber gleichwohl ist
der Gebrauch derartiger bildlicher Darstellungen, sowohl in
Bezug auf diese als auf viele andere Fragen gegenüber von
unzähligen Menschen geradezu eine Nothwendigkeit, und
gegenüber von ebenso vielen Anderen wenigstens eine sehr

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Es iſt bekannt, daß man im Alterthum das Blau des
Himmels, welches ſich über die Erde wölbt, für ein feſtes
Gewölbe hielt, oder mehrere über einander liegende Gewölbe
dieſer Art annahm, welche man als den Himmel, d. h.
als den räumlichen Wohnſitz Gottes und der Engel be-
trachtete. Ebenſo iſt bekannt, daß auch die heilige Schrift,
obgleich ſie an ſich jede körperliche Vorſtellung von Gott
verwirft, und deshalb auch die Anſicht, daß Gott an irgend
einem Orte räumlich exiſtirend zu denken ſei, auf’s Entſchie-
denſte zurückweist, dennoch jene Vorſtellung vom Himmel
als dem räumlichen Wohnſitze Gottes und der Engel voll-
ſtändig in die Form ihrer Darſtellung aufgenommen hat,
und daß dieſe Vorſtellungsweiſe ſich keineswegs auf einzelne,
leicht aus dem übrigen Zuſammenhang herauszudenkende
Ausdrücke beſchränkt, ſondern einen ſehr weit gehenden
Einfluß auch auf vieles Andere ausübt. Wenn uns daher
auch gar nichts Anderes berechtigte oder vielmehr verpflichtete,
in unſerer Auffaſſung der chriſtlichen Lehre einen Unterſchied
zu machen zwiſchen Form und Weſen, zwiſchen der bild-
lichen Darſtellung, wie ſie der damaligen Zeit ſo geläufig
war, und zwiſchen Demjenigen, was eigentlich darunter zu
verſtehen iſt, ſo würde dieſe Nothwendigkeit ſchon aus die-
ſem einzigen Beiſpiele (welches bekanntlich nur eines unter
vielen iſt) hervorgehen. Denn es iſt unchriſtlich, kör-
perliche Vorſtellungen auf Gott zu übertragen, ſofern wir
nämlich die Sache buchſtäblich nehmen. Aber gleichwohl iſt
der Gebrauch derartiger bildlicher Darſtellungen, ſowohl in
Bezug auf dieſe als auf viele andere Fragen gegenüber von
unzähligen Menſchen geradezu eine Nothwendigkeit, und
gegenüber von ebenſo vielen Anderen wenigſtens eine ſehr

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[67/0073] Es iſt bekannt, daß man im Alterthum das Blau des Himmels, welches ſich über die Erde wölbt, für ein feſtes Gewölbe hielt, oder mehrere über einander liegende Gewölbe dieſer Art annahm, welche man als den Himmel, d. h. als den räumlichen Wohnſitz Gottes und der Engel be- trachtete. Ebenſo iſt bekannt, daß auch die heilige Schrift, obgleich ſie an ſich jede körperliche Vorſtellung von Gott verwirft, und deshalb auch die Anſicht, daß Gott an irgend einem Orte räumlich exiſtirend zu denken ſei, auf’s Entſchie- denſte zurückweist, dennoch jene Vorſtellung vom Himmel als dem räumlichen Wohnſitze Gottes und der Engel voll- ſtändig in die Form ihrer Darſtellung aufgenommen hat, und daß dieſe Vorſtellungsweiſe ſich keineswegs auf einzelne, leicht aus dem übrigen Zuſammenhang herauszudenkende Ausdrücke beſchränkt, ſondern einen ſehr weit gehenden Einfluß auch auf vieles Andere ausübt. Wenn uns daher auch gar nichts Anderes berechtigte oder vielmehr verpflichtete, in unſerer Auffaſſung der chriſtlichen Lehre einen Unterſchied zu machen zwiſchen Form und Weſen, zwiſchen der bild- lichen Darſtellung, wie ſie der damaligen Zeit ſo geläufig war, und zwiſchen Demjenigen, was eigentlich darunter zu verſtehen iſt, ſo würde dieſe Nothwendigkeit ſchon aus die- ſem einzigen Beiſpiele (welches bekanntlich nur eines unter vielen iſt) hervorgehen. Denn es iſt unchriſtlich, kör- perliche Vorſtellungen auf Gott zu übertragen, ſofern wir nämlich die Sache buchſtäblich nehmen. Aber gleichwohl iſt der Gebrauch derartiger bildlicher Darſtellungen, ſowohl in Bezug auf dieſe als auf viele andere Fragen gegenüber von unzähligen Menſchen geradezu eine Nothwendigkeit, und gegenüber von ebenſo vielen Anderen wenigſtens eine ſehr 5 *

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Zitationshilfe: [N. N.]: Unsere moderne Bildung im Bunde mit der Anarchie. Stuttgart, 1852, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_anarchie_1852/73>, abgerufen am 09.11.2024.