Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[N. N.]: Unsere moderne Bildung im Bunde mit der Anarchie. Stuttgart, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

aus allen Verirrungen immer wieder dahin zurückzukehren,
wohin der Schöpfer unsern Sinn gerichtet wissen wollte.
Gebet den Menschen ein wahres, sie befriedigen-
des Glück, dann wird das Geschrei nach Wohl-
stand für Alle plötzlich verstummen
.

Aber wo ist denn dieses wunderthätige Glück zu finden?
So saget es uns doch, ihr, die ihr so groß denket von der
Allmacht des menschlichen Verstandes, von der Allmacht un-
serer modernen Bildung, aber schwatzet uns keine hohlen
Redensarten vor und verweiset uns auch nicht auf eine ferne
Zukunft, sondern bietet uns ein Mittel dar, das un-
fehlbar hilft und das schnell hilft, denn wir können
nicht mehr lange zuwarten. Es muß ja wohl ein solches
Mittel geben, denn es gab Zeiten, wo der Mensch glücklich
war ohne Wohlstand für Alle, Zeiten, wo der Mensch
"beim Wasserkruge sang, als wär' ihm Wein gereicht,"
während wir jetzt nicht einmal beim Champagner glück-
lich werden. Jhr gelehrten Akademieen, die ihr Preise
habt für alle möglichen Fragen, schreibet doch einmal die
Frage aus:

"Auf welchem Geheimniß beruhte das Glück der son-
derbaren Menschen, welche ehemals beim Wasserkruge
sangen, als wäre ihnen Wein gereicht? durch welche Um-
stände ist dieses Glück abhanden gekommen, und durch
welche Mittel ließe es sich wieder beibringen?"

Wenn der Mensch nichts weiter ist, als ein halb sinn-
liches, halb geistiges, d. h. denkendes Wesen, so muß seine
Befähigung zu jenem Glück, nach welchem er durch ein
gebieterisches Gesetz seiner Natur zu streben gezwungen ist,
nothwendig entweder in seiner sinnlichen oder in seiner

aus allen Verirrungen immer wieder dahin zurückzukehren,
wohin der Schöpfer unſern Sinn gerichtet wiſſen wollte.
Gebet den Menſchen ein wahres, ſie befriedigen-
des Glück, dann wird das Geſchrei nach Wohl-
ſtand für Alle plötzlich verſtummen
.

Aber wo iſt denn dieſes wunderthätige Glück zu finden?
So ſaget es uns doch, ihr, die ihr ſo groß denket von der
Allmacht des menſchlichen Verſtandes, von der Allmacht un-
ſerer modernen Bildung, aber ſchwatzet uns keine hohlen
Redensarten vor und verweiſet uns auch nicht auf eine ferne
Zukunft, ſondern bietet uns ein Mittel dar, das un-
fehlbar hilft und das ſchnell hilft, denn wir können
nicht mehr lange zuwarten. Es muß ja wohl ein ſolches
Mittel geben, denn es gab Zeiten, wo der Menſch glücklich
war ohne Wohlſtand für Alle, Zeiten, wo der Menſch
„beim Waſſerkruge ſang, als wär’ ihm Wein gereicht,“
während wir jetzt nicht einmal beim Champagner glück-
lich werden. Jhr gelehrten Akademieen, die ihr Preiſe
habt für alle möglichen Fragen, ſchreibet doch einmal die
Frage aus:

„Auf welchem Geheimniß beruhte das Glück der ſon-
derbaren Menſchen, welche ehemals beim Waſſerkruge
ſangen, als wäre ihnen Wein gereicht? durch welche Um-
ſtände iſt dieſes Glück abhanden gekommen, und durch
welche Mittel ließe es ſich wieder beibringen?“

Wenn der Menſch nichts weiter iſt, als ein halb ſinn-
liches, halb geiſtiges, d. h. denkendes Weſen, ſo muß ſeine
Befähigung zu jenem Glück, nach welchem er durch ein
gebieteriſches Geſetz ſeiner Natur zu ſtreben gezwungen iſt,
nothwendig entweder in ſeiner ſinnlichen oder in ſeiner

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0036" n="30"/>
aus allen Verirrungen immer wieder dahin zurückzukehren,<lb/>
wohin der Schöpfer un&#x017F;ern Sinn gerichtet wi&#x017F;&#x017F;en wollte.<lb/><hi rendition="#g">Gebet den Men&#x017F;chen ein wahres, &#x017F;ie befriedigen-<lb/>
des Glück, dann wird das Ge&#x017F;chrei nach Wohl-<lb/>
&#x017F;tand für Alle plötzlich ver&#x017F;tummen</hi>.</p><lb/>
        <p>Aber wo i&#x017F;t denn die&#x017F;es wunderthätige Glück zu finden?<lb/>
So &#x017F;aget es uns doch, ihr, die ihr &#x017F;o groß denket von der<lb/>
Allmacht des men&#x017F;chlichen Ver&#x017F;tandes, von der Allmacht un-<lb/>
&#x017F;erer modernen Bildung, aber &#x017F;chwatzet uns keine hohlen<lb/>
Redensarten vor und verwei&#x017F;et uns auch nicht auf eine ferne<lb/>
Zukunft, &#x017F;ondern bietet uns ein Mittel dar, das un-<lb/>
fehlbar hilft und das &#x017F;chnell hilft, denn wir können<lb/>
nicht mehr lange zuwarten. Es muß ja wohl ein &#x017F;olches<lb/>
Mittel geben, denn es gab Zeiten, wo der Men&#x017F;ch glücklich<lb/>
war ohne Wohl&#x017F;tand für Alle, Zeiten, wo der Men&#x017F;ch<lb/>
&#x201E;beim Wa&#x017F;&#x017F;erkruge &#x017F;ang, als wär&#x2019; ihm Wein gereicht,&#x201C;<lb/>
während wir jetzt nicht einmal beim Champagner glück-<lb/>
lich werden. Jhr gelehrten Akademieen, die ihr Prei&#x017F;e<lb/>
habt für alle möglichen Fragen, &#x017F;chreibet doch einmal die<lb/>
Frage aus:</p><lb/>
        <cit>
          <quote>&#x201E;Auf welchem Geheimniß beruhte das Glück der &#x017F;on-<lb/>
derbaren Men&#x017F;chen, welche ehemals beim Wa&#x017F;&#x017F;erkruge<lb/>
&#x017F;angen, als wäre ihnen Wein gereicht? durch welche Um-<lb/>
&#x017F;tände i&#x017F;t die&#x017F;es Glück abhanden gekommen, und durch<lb/>
welche Mittel ließe es &#x017F;ich wieder beibringen?&#x201C;</quote>
        </cit><lb/>
        <p>Wenn der Men&#x017F;ch nichts weiter i&#x017F;t, als ein halb &#x017F;inn-<lb/>
liches, halb gei&#x017F;tiges, d. h. denkendes We&#x017F;en, &#x017F;o muß &#x017F;eine<lb/><hi rendition="#g">Befähigung</hi> zu jenem Glück, nach welchem er durch ein<lb/>
gebieteri&#x017F;ches Ge&#x017F;etz &#x017F;einer Natur zu &#x017F;treben gezwungen i&#x017F;t,<lb/>
nothwendig entweder in &#x017F;einer &#x017F;innlichen oder in &#x017F;einer<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[30/0036] aus allen Verirrungen immer wieder dahin zurückzukehren, wohin der Schöpfer unſern Sinn gerichtet wiſſen wollte. Gebet den Menſchen ein wahres, ſie befriedigen- des Glück, dann wird das Geſchrei nach Wohl- ſtand für Alle plötzlich verſtummen. Aber wo iſt denn dieſes wunderthätige Glück zu finden? So ſaget es uns doch, ihr, die ihr ſo groß denket von der Allmacht des menſchlichen Verſtandes, von der Allmacht un- ſerer modernen Bildung, aber ſchwatzet uns keine hohlen Redensarten vor und verweiſet uns auch nicht auf eine ferne Zukunft, ſondern bietet uns ein Mittel dar, das un- fehlbar hilft und das ſchnell hilft, denn wir können nicht mehr lange zuwarten. Es muß ja wohl ein ſolches Mittel geben, denn es gab Zeiten, wo der Menſch glücklich war ohne Wohlſtand für Alle, Zeiten, wo der Menſch „beim Waſſerkruge ſang, als wär’ ihm Wein gereicht,“ während wir jetzt nicht einmal beim Champagner glück- lich werden. Jhr gelehrten Akademieen, die ihr Preiſe habt für alle möglichen Fragen, ſchreibet doch einmal die Frage aus: „Auf welchem Geheimniß beruhte das Glück der ſon- derbaren Menſchen, welche ehemals beim Waſſerkruge ſangen, als wäre ihnen Wein gereicht? durch welche Um- ſtände iſt dieſes Glück abhanden gekommen, und durch welche Mittel ließe es ſich wieder beibringen?“ Wenn der Menſch nichts weiter iſt, als ein halb ſinn- liches, halb geiſtiges, d. h. denkendes Weſen, ſo muß ſeine Befähigung zu jenem Glück, nach welchem er durch ein gebieteriſches Geſetz ſeiner Natur zu ſtreben gezwungen iſt, nothwendig entweder in ſeiner ſinnlichen oder in ſeiner

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_anarchie_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_anarchie_1852/36
Zitationshilfe: [N. N.]: Unsere moderne Bildung im Bunde mit der Anarchie. Stuttgart, 1852, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_anarchie_1852/36>, abgerufen am 25.04.2024.