Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[N. N.]: Unsere moderne Bildung im Bunde mit der Anarchie. Stuttgart, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

Bande der menschlichen Gesellschaft. Wer dann weiter den
leitenden Grundgedanken in's Auge faßt, von welchem die
Anarchie ausgeht und aus welchem sie alle ihre Kraft schöpft,
der wird, wenn ihm nicht etwa vor lauter Bildung der
freie Gebrauch des gesunden Menschenverstandes abhanden
gekommen ist, mit Leichtigkeit den Punkt auffinden können,
auf welchen Alles ankömmt. Und wenn er dann um sich
blickt und sich frägt, wie sich wohl die Einen und die An-
deren zu dieser Hauptfrage verhalten, so wird sich ihm das
Geheimniß schnell enträthseln, auf welchem unsere Unfähig-
keit zum Widerstand gegen die Anarchie beruht.

Mit dieser Erkenntniß allein ist freilich noch nicht viel
gewonnen, wenn uns die sittliche Kraft fehlt, eine neue
Bahn einzuschlagen. Auch gibt es bekanntlich Fälle genug,
wo den Leuten ihre Vorurtheile lieber sind, als die Wahr-
heit, und in solchen Fällen sind alle Vorstellungen umsonst.
Wer nicht hören will, ist durch die besten Gründe nicht zu
überzeugen. Aber dann übernimmt die bittere Erfahrung
das Geschäft, die Leute für Vernunftgründe empfänglich zu
machen. Wir haben mit solchen Erfahrungen bereits einen
hübschen Anfang gemacht, und wenn dieser Anfang nicht
ausreicht, so wird eine zweite und vermehrte Auflage gewiß
nicht ausbleiben. Diejenigen dagegen, welche für ihre Person
einer zweiten Lektion nicht bedürfen, werden durch die klare
Erkenntniß des leitenden Gedankens der Anarchie und der
Mittel, mit welchen sie allein bekämpft werden kann, wenig-
stens das gewinnen, daß sie der Gefahr entgehen, ihre Kraft
nutzlos zu vergeuden oder sogar noch Oel in's Feuer zu
gießen, während sie löschen wollen.



Bande der menſchlichen Geſellſchaft. Wer dann weiter den
leitenden Grundgedanken in’s Auge faßt, von welchem die
Anarchie ausgeht und aus welchem ſie alle ihre Kraft ſchöpft,
der wird, wenn ihm nicht etwa vor lauter Bildung der
freie Gebrauch des geſunden Menſchenverſtandes abhanden
gekommen iſt, mit Leichtigkeit den Punkt auffinden können,
auf welchen Alles ankömmt. Und wenn er dann um ſich
blickt und ſich frägt, wie ſich wohl die Einen und die An-
deren zu dieſer Hauptfrage verhalten, ſo wird ſich ihm das
Geheimniß ſchnell enträthſeln, auf welchem unſere Unfähig-
keit zum Widerſtand gegen die Anarchie beruht.

Mit dieſer Erkenntniß allein iſt freilich noch nicht viel
gewonnen, wenn uns die ſittliche Kraft fehlt, eine neue
Bahn einzuſchlagen. Auch gibt es bekanntlich Fälle genug,
wo den Leuten ihre Vorurtheile lieber ſind, als die Wahr-
heit, und in ſolchen Fällen ſind alle Vorſtellungen umſonſt.
Wer nicht hören will, iſt durch die beſten Gründe nicht zu
überzeugen. Aber dann übernimmt die bittere Erfahrung
das Geſchäft, die Leute für Vernunftgründe empfänglich zu
machen. Wir haben mit ſolchen Erfahrungen bereits einen
hübſchen Anfang gemacht, und wenn dieſer Anfang nicht
ausreicht, ſo wird eine zweite und vermehrte Auflage gewiß
nicht ausbleiben. Diejenigen dagegen, welche für ihre Perſon
einer zweiten Lektion nicht bedürfen, werden durch die klare
Erkenntniß des leitenden Gedankens der Anarchie und der
Mittel, mit welchen ſie allein bekämpft werden kann, wenig-
ſtens das gewinnen, daß ſie der Gefahr entgehen, ihre Kraft
nutzlos zu vergeuden oder ſogar noch Oel in’s Feuer zu
gießen, während ſie löſchen wollen.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="preface" n="1">
        <p><pb facs="#f0010" n="4"/>
Bande der men&#x017F;chlichen Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft. Wer dann weiter den<lb/>
leitenden Grundgedanken in&#x2019;s Auge faßt, von welchem die<lb/>
Anarchie ausgeht und aus welchem &#x017F;ie alle ihre Kraft &#x017F;chöpft,<lb/>
der wird, wenn ihm nicht etwa vor lauter Bildung der<lb/>
freie Gebrauch des ge&#x017F;unden Men&#x017F;chenver&#x017F;tandes abhanden<lb/>
gekommen i&#x017F;t, mit Leichtigkeit den Punkt auffinden können,<lb/>
auf welchen Alles ankömmt. Und wenn er dann um &#x017F;ich<lb/>
blickt und &#x017F;ich frägt, wie &#x017F;ich wohl die Einen und die An-<lb/>
deren zu die&#x017F;er Hauptfrage verhalten, &#x017F;o wird &#x017F;ich ihm das<lb/>
Geheimniß &#x017F;chnell enträth&#x017F;eln, auf welchem un&#x017F;ere Unfähig-<lb/>
keit zum Wider&#x017F;tand gegen die Anarchie beruht.</p><lb/>
        <p>Mit die&#x017F;er Erkenntniß allein i&#x017F;t freilich noch nicht viel<lb/>
gewonnen, wenn uns die &#x017F;ittliche Kraft fehlt, eine neue<lb/>
Bahn einzu&#x017F;chlagen. Auch gibt es bekanntlich Fälle genug,<lb/>
wo den Leuten ihre Vorurtheile lieber &#x017F;ind, als die Wahr-<lb/>
heit, und in &#x017F;olchen Fällen &#x017F;ind alle Vor&#x017F;tellungen um&#x017F;on&#x017F;t.<lb/>
Wer nicht hören will, i&#x017F;t durch die be&#x017F;ten Gründe nicht zu<lb/>
überzeugen. Aber dann übernimmt die bittere Erfahrung<lb/>
das Ge&#x017F;chäft, die Leute für Vernunftgründe empfänglich zu<lb/>
machen. Wir haben mit &#x017F;olchen Erfahrungen bereits einen<lb/>
hüb&#x017F;chen Anfang gemacht, und wenn die&#x017F;er Anfang nicht<lb/>
ausreicht, &#x017F;o wird eine zweite und vermehrte Auflage gewiß<lb/>
nicht ausbleiben. Diejenigen dagegen, welche für ihre Per&#x017F;on<lb/>
einer zweiten Lektion nicht bedürfen, werden durch die klare<lb/>
Erkenntniß des leitenden Gedankens der Anarchie und der<lb/>
Mittel, mit welchen &#x017F;ie allein bekämpft werden kann, wenig-<lb/>
&#x017F;tens das gewinnen, daß &#x017F;ie der Gefahr entgehen, ihre Kraft<lb/>
nutzlos zu vergeuden oder &#x017F;ogar noch Oel in&#x2019;s Feuer zu<lb/>
gießen, während &#x017F;ie lö&#x017F;chen wollen.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[4/0010] Bande der menſchlichen Geſellſchaft. Wer dann weiter den leitenden Grundgedanken in’s Auge faßt, von welchem die Anarchie ausgeht und aus welchem ſie alle ihre Kraft ſchöpft, der wird, wenn ihm nicht etwa vor lauter Bildung der freie Gebrauch des geſunden Menſchenverſtandes abhanden gekommen iſt, mit Leichtigkeit den Punkt auffinden können, auf welchen Alles ankömmt. Und wenn er dann um ſich blickt und ſich frägt, wie ſich wohl die Einen und die An- deren zu dieſer Hauptfrage verhalten, ſo wird ſich ihm das Geheimniß ſchnell enträthſeln, auf welchem unſere Unfähig- keit zum Widerſtand gegen die Anarchie beruht. Mit dieſer Erkenntniß allein iſt freilich noch nicht viel gewonnen, wenn uns die ſittliche Kraft fehlt, eine neue Bahn einzuſchlagen. Auch gibt es bekanntlich Fälle genug, wo den Leuten ihre Vorurtheile lieber ſind, als die Wahr- heit, und in ſolchen Fällen ſind alle Vorſtellungen umſonſt. Wer nicht hören will, iſt durch die beſten Gründe nicht zu überzeugen. Aber dann übernimmt die bittere Erfahrung das Geſchäft, die Leute für Vernunftgründe empfänglich zu machen. Wir haben mit ſolchen Erfahrungen bereits einen hübſchen Anfang gemacht, und wenn dieſer Anfang nicht ausreicht, ſo wird eine zweite und vermehrte Auflage gewiß nicht ausbleiben. Diejenigen dagegen, welche für ihre Perſon einer zweiten Lektion nicht bedürfen, werden durch die klare Erkenntniß des leitenden Gedankens der Anarchie und der Mittel, mit welchen ſie allein bekämpft werden kann, wenig- ſtens das gewinnen, daß ſie der Gefahr entgehen, ihre Kraft nutzlos zu vergeuden oder ſogar noch Oel in’s Feuer zu gießen, während ſie löſchen wollen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_anarchie_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_anarchie_1852/10
Zitationshilfe: [N. N.]: Unsere moderne Bildung im Bunde mit der Anarchie. Stuttgart, 1852, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_anarchie_1852/10>, abgerufen am 26.04.2024.