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Allgemeine Zeitung, Nr. 98, 8. April 1849.

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[Spaltenumbruch] Nach Nachrichten von Nizza ist er bereits gestern durch jene Stadt nach
Frankreich gelangt. Diese Nachrichten waren hier kaum als officiell be-
kannt geworden, als öffentliche Anschlagzettel an den Straßenecken er-
schienen, worin die Bürger und Einwohner insgesammt eingeladen wur-
den sich mit einbrechender Nacht auf dem Opernplatz einzufinden, um
über das Wohl der Stadt zu berathen. Dort kam man zu dem Beschlusse
die sämmtlichen Festungswerke den Bürgergarden in die Hände zu geben.
Eine Deputation ward an den Generalintendanten gesandt um von diesem
die Uebergabe der Festung an die Bürgergarbe zu fordern. Der Inten-
dant weigerte sich, da er keine Ordre dazu habe, versprach aber sogleich
einen Eilboten nach der Hauptstadt abzusenden. Mit unverhaltenem Un-
willen zog sich die Deputation zurück, und wenige Minuten später durch-
zogen zahlreiche Haufen Volkes die Stadt unter wildem Geschrei von: Es
lebe die Republik! Es lebe das souveräne Volk! Es lebe das freie Ita-
lien! Wir wollen eine provisorische Regierung! Andere Haufen waren
in das Zeughaus eingedrungen, von wo sie zahlreiche Fuhren von Ge-
wehren nach dem Hauptquartiere der Bürgergarden transportiren ließen.
Dorthin strömten nun die Männer des Volkes, durch das Läuten der
Sturmglocken und das Wirbeln der Trommeln zu den Waffen gerufen;
und in wenigen Stunden waren viele Tausende des niedrigsten Volkes be-
waffnet. Erst gegen Mitternacht legte sich das furchtbare Getöse so vie-
ler Sturmglocken und Trommeln. Diesen Morgen ist alles unter den
Waffen. Die Stadt ist in großer Aufregung, jedoch ohne Zeichen von
Unordnung oder Unfug. Mehrere Volksvertreter, und unter diesen be-
sonders die Advocaten Pellegrini und Lazotti, Präsidenten des weiland
Circolo Italiano, haben sich an die Spitze der Volksbewegung gestellt,
und den hiesigen Generalintendanten als Geisel festgenommen bis den
Bürgergarden die Festungswerke von Genua eingeräumt seyen, was der
hiefige Divisionsgeneral sich jedoch bis jetzt zu thun weigert. Der Ge-
neral La Marmora, welcher bereits in Parma mit einer Truppenabthei-
lung von 5000 Mann eingerückt war, wird jeden Augenblick hier er-
wartet. Von dem Kriegsschauplatze find bereits zahlreiche Haufen von
Ausreißern bis in die Nähe von Genua angelangt, und vor diesen sowie vor
dem niedrigsten Pöbel herrscht hier mehr Furcht als vor den Oesterreichern
selbst, so daß heute die Läden der Goldarbeiter und Seidenhändler alle
geschlossen find. -- Soeben langt die Staatscasse von Nizza hier an, wo-
selbst eine förmliche Revolution mit Vertreibung aller obrigkeitlichen
Personen stattgefunden hat.

Neuestes.

* Die neuesten Briefe und Blätter aus Frankfurt und Berlin,
die wir diesen Morgen erwarteten, find uns auffallenderweise nicht zuge-
kommen; wir beklagen dieß umsomehr als es in diesem Augenblick die
beiden wichtigsten Posten find.


Nach langen Versuchen ist es endlich gelungen
in Bezug auf die in der deutschen Frage an den König zu erlassende Adresse
eine Einigung zwischen den gemäßigten Fractionen beider Seiten der zwei-
ten Kammer herbeizuführen. Vincke hat eingewilligt daß in seinem
Entwurfe zu den Worten "und die Würde eines Oberhauptes übernehmen"
hinzugefügt werde: auf Grund der deutschen Verfassung. Die
Linke wird nun ihrerseits für den so amendirten Entwurf stimmen -- falls
nämlich derselbe überhaupt noch zur Abstimmung kommt, und die ganze
Frage nicht durch die neue Circularnote in eine andere Phase getreten ist.
Diese Note, nach welcher sich der König zur Uebernahme der Reichs-
statthalterschaft
bereit erklärt, bis mit den deutschen Regierungen de-
finitive Verständigung getroffen worden, ward auch in der zweiten Kam-
mer verlesen, ohne daß daran irgendeine Discussion geknüpft worden
wäre. Die Kammer nahm sie mit Stillschweigen auf, und der Prästdent
beförderte sie zum Druck.

* Die Briefe und Blätter aus Wien vom 5 April bestätigen nun
ebenfalls daß Bem und die Szekler sich Kronstadts bemächtigt haben und
alle kaiserlichen Truppen aus Siebenbürgen verdrängt find. Der Lloyd
zählt die russtschen Truppen massen auf die längs der stebenbürgischen
Gränze sich gesammelt -- ein neues Einrücken derselben scheint also wirk-
lich noch nicht erfolgt zu seyn; dann schildert er die nach der Walachei ge-
drängten kaiserlichen Truppen -- 21,000 Mann nebst 3000 Pferden --
als bereit zur Hülfe für das unglückliche Land. Diese Truppen befinden
sich bei Zimpina, Rimpolung und Rymnik. Es find dieß die Corps von
Puchner (Kalliany), Malkowsky und Urban. Man sieht da nicht krar,
wir wollen aber den Trost, den das ministerielle Blatt bringt, einstweilen
als gutes Vorzeichen hinnehmen daß man endlich ernstliche Schritte zur
Befreiung Siebenbürgens thun werde.

Die in Oberungarn eingedrungenen Truppen
unter Görgey find geworfen worden; die Brigaden Götz und Jablonoweky
rückten in Loschonz ein, wo wenige Tage zuvor ein paar Compagnien --
-- wie es scheint in Folge der Sorglosigkeit ihrer Führer -- überfallen
und zersprengt worden waren.

[Spaltenumbruch]

Im Parlament kam am 3 bis zum Postab-
gang weder im Ober- noch im Unterhaus etwas interessanteres vor, aus-
genommen einige Worte von Brougham über Sardinien. Er rieth der
Regierung die Beilegung der sardinischen Angelegenheit durchaus an
Frankreich zu überlassen.


Karl Albert ist gestern in Paris angekommen.*)
Er war Morgens halb 10 Uhr mit einem Extrazug von Bourges abgegan-
gen. Gleichzeitig ist auch Hr. Gioberti, in besonderer Sentung an die
französtsche Regierung, daselbst eingetroffen. Man versichert (sagt das J.
des Debats) daß es sich um eine Combination handle über welche der
Marschall Radetzky und der neue König von Sardinien übereingekommen
seyen, und die eine definitive Ausgleichung der italienischen Frage mittelst
einer Conföderation sämmtlicher italienischer Staaten zum Zweck haben
soll. Dasselbe Journal spricht von Herstellung eines innigen Verhältnis-
ses zwischen Piemont und Oesterreich die im Werk sey: das erstere würde
seinen Ansprüchen auf die Lombardei entsagen und die Herzogthümer Parma
und Piacenza erhalten, beide Mächte würden in ein Schutz- und Trutz-
bündniß treten und zur innern Befriedung Italiens zusammenwirken, und
der König von Reapel würde zur Theilnahme eingeladen werden. Der
letztere hat den Golf von Palermo und die sicilischen Küsten in Blokade
erklärt, was die französtsche Regierung durch Umlaufschreiben vom
3 April an die Handelskammern öffentlich bekannt macht. -- In der
Nationalversammlung ging man heute mit dem Budget des Ministe-
riums des Innern etwas glimpflicher um, und es wurden manche Vor-
schläge von Abzügen zurückgewiesen. -- In Bourges ist in der Sitzung
vom 3 April auch das Urtheil über die auf stüchtigem Fuß befindlichen An-
geklagten gefallt worden. L. Blanc, Caussidiere, Seigneuret, Houneau,
Lavirron und Chancel wurden sämmtlich zur Deportation, d. i. lebens-
längliche Gefangenschaft mit bürgerlichem Tod verurtheilt.

* Briefe aus Rom vom 31 März melden eine Thatsache die --
scheinbar wenig bedeutend -- die Stellung Oesterreichs zu der Bewegung
im Kirchenstaat nahe berührt. Oesterreich besitzt in Rom bekanntlich als
Erbe der Republik S. Marco den sogenannten venetianischen Palast, wor-
in die österreichischen Botschafter ihren Sitz haben. Dieser Palast wurde
von der jetzigen dictatorischen Regierung mit Beschlag belegt, besetzt und
die Fahne von S. Marco auf ihm aufgepflanzt.

Im officiellen Theil veröffentlicht die Gazz. Piemon-
tese
vom 3 April ein Decret, nach welchem Genua in Belagerungszu-
stand erklärt und dem General Alfons de la Marmora der Oberbefehl
über diese Stadt mit unumschränkter Vollmacht ertheilt wird. -- Am
28 und 29 März herrschte in Genua die größte Verwirrung. Der Com-
mandant Giuseppe Arezzana überließ der Nationalgarde die Besetzung der
zwei wichtigen Forts welche die Stadt beherrschen, und erließ mehrere
Proclame wovon eins wörtlich beginnt: "Genuesen! Unterstützt das hel-
denmüthige Beginnen dieser Mannschaft welche nicht Waffenstillstand, nicht
Frieden kennt, wenn solche eine ganze Nation brandmarken!"

* Im Widerspruch mit den allarmirenden Berichten über die Zu-
stände von Genua und Nizza erhalten wir auf halbofsiciellem Wege aus
Turin die Versicherung daß man rücksichtlich der Verhältnisse jenes gan-
zen Küstengebiets nicht die mindeste Besorgniß zu hegen brauche. Es
seyen nur wenige (?) kecke Wühler welche die Nachsicht der genuesischen Be-
völkerung mißbraucht haben; diese Bevölkerung in ihrer großen Mehrzahl
sey über die Verhängung des Belagerungsstands ebenso hocherfreut als
das ganze Land die Auflösung der Deputirtenkammer billige. Nicht we-
nig trage zur öffentlichen Zufriedenheit bei daß Marschall Radetzko auf die
theilweise Besetzung Alessandria's durch österreichische Truppen verzich-
tet
habe.
Handels- und Börsennachrichten.

3proc. 56.90; neues Anley. 89.50; 4proc. 66; 5proc.
89.60; Banlatten 2425; belg. 5proc. 921/4; Anley v. 1842 921/4; 41/2 proc.
811/2; österr. Loose herausgekommene 510; neap. 5proc. 80.50; röm. 80;
span. innere Schuld 23; piem. 900; St. Germain E.-B. 430; Pers. rechte
225; linke 187.50; Paris-Orleans 892 50; Rouen 555; Straßburg 375;
Nordbahn 465; Rouen Havre 307.50; Mars-Avignon 227.50; Straßb-Basel
110; Orl-Vierzon 368.75; Bordeaur 415; Toute-Nautes 333.75; Montereau-
Troyes 130.


5proc. Met. 861/2; 21/2proc. 451/2; Bankactien 1125;
Nordbahn 96; Goggnitzer 95; Mailänder 691/2.



Berichtigung.
In einem Theil der Exemplare der heutigen Beilage ist auf der zwei-
ten Columne. Sp. 1, Z. 19 v. u. gesetzt: gestimmt statt verstimmt.


Verantwortliche Redaction:
Dr. Gustav Kolb. Dr. A. J. Altenhöfer. Dr. C. A. Mebold.
Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung in Stuttgart.
*) Diese Nachricht, ursprünglich im Abendmoniteur enthalten, wird von ei-
nem unserer Corresvondenten in Zweifel gezogen.

[Spaltenumbruch] Nach Nachrichten von Nizza iſt er bereits geſtern durch jene Stadt nach
Frankreich gelangt. Dieſe Nachrichten waren hier kaum als officiell be-
kannt geworden, als öffentliche Anſchlagzettel an den Straßenecken er-
ſchienen, worin die Bürger und Einwohner insgeſammt eingeladen wur-
den ſich mit einbrechender Nacht auf dem Opernplatz einzufinden, um
über das Wohl der Stadt zu berathen. Dort kam man zu dem Beſchluſſe
die ſämmtlichen Feſtungswerke den Bürgergarden in die Hände zu geben.
Eine Deputation ward an den Generalintendanten geſandt um von dieſem
die Uebergabe der Feſtung an die Bürgergarbe zu fordern. Der Inten-
dant weigerte ſich, da er keine Ordre dazu habe, verſprach aber ſogleich
einen Eilboten nach der Hauptſtadt abzuſenden. Mit unverhaltenem Un-
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zogen zahlreiche Haufen Volkes die Stadt unter wildem Geſchrei von: Es
lebe die Republik! Es lebe das ſouveräne Volk! Es lebe das freie Ita-
lien! Wir wollen eine proviſoriſche Regierung! Andere Haufen waren
in das Zeughaus eingedrungen, von wo ſie zahlreiche Fuhren von Ge-
wehren nach dem Hauptquartiere der Bürgergarden transportiren ließen.
Dorthin ſtrömten nun die Männer des Volkes, durch das Läuten der
Sturmglocken und das Wirbeln der Trommeln zu den Waffen gerufen;
und in wenigen Stunden waren viele Tauſende des niedrigſten Volkes be-
waffnet. Erſt gegen Mitternacht legte ſich das furchtbare Getöſe ſo vie-
ler Sturmglocken und Trommeln. Dieſen Morgen iſt alles unter den
Waffen. Die Stadt iſt in großer Aufregung, jedoch ohne Zeichen von
Unordnung oder Unfug. Mehrere Volksvertreter, und unter dieſen be-
ſonders die Advocaten Pellegrini und Lazotti, Präſidenten des weiland
Circolo Italiano, haben ſich an die Spitze der Volksbewegung geſtellt,
und den hieſigen Generalintendanten als Geiſel feſtgenommen bis den
Bürgergarden die Feſtungswerke von Genua eingeräumt ſeyen, was der
hiefige Diviſionsgeneral ſich jedoch bis jetzt zu thun weigert. Der Ge-
neral La Marmora, welcher bereits in Parma mit einer Truppenabthei-
lung von 5000 Mann eingerückt war, wird jeden Augenblick hier er-
wartet. Von dem Kriegsſchauplatze find bereits zahlreiche Haufen von
Ausreißern bis in die Nähe von Genua angelangt, und vor dieſen ſowie vor
dem niedrigſten Pöbel herrſcht hier mehr Furcht als vor den Oeſterreichern
ſelbſt, ſo daß heute die Läden der Goldarbeiter und Seidenhändler alle
geſchloſſen find. — Soeben langt die Staatscaſſe von Nizza hier an, wo-
ſelbſt eine förmliche Revolution mit Vertreibung aller obrigkeitlichen
Perſonen ſtattgefunden hat.

Neueſtes.

* Die neueſten Briefe und Blätter aus Frankfurt und Berlin,
die wir dieſen Morgen erwarteten, find uns auffallenderweiſe nicht zuge-
kommen; wir beklagen dieß umſomehr als es in dieſem Augenblick die
beiden wichtigſten Poſten find.


Nach langen Verſuchen iſt es endlich gelungen
in Bezug auf die in der deutſchen Frage an den König zu erlaſſende Adreſſe
eine Einigung zwiſchen den gemäßigten Fractionen beider Seiten der zwei-
ten Kammer herbeizuführen. Vincke hat eingewilligt daß in ſeinem
Entwurfe zu den Worten „und die Würde eines Oberhauptes übernehmen“
hinzugefügt werde: auf Grund der deutſchen Verfaſſung. Die
Linke wird nun ihrerſeits für den ſo amendirten Entwurf ſtimmen — falls
nämlich derſelbe überhaupt noch zur Abſtimmung kommt, und die ganze
Frage nicht durch die neue Circularnote in eine andere Phaſe getreten iſt.
Dieſe Note, nach welcher ſich der König zur Uebernahme der Reichs-
ſtatthalterſchaft
bereit erklärt, bis mit den deutſchen Regierungen de-
finitive Verſtändigung getroffen worden, ward auch in der zweiten Kam-
mer verleſen, ohne daß daran irgendeine Discuſſion geknüpft worden
wäre. Die Kammer nahm ſie mit Stillſchweigen auf, und der Präſtdent
beförderte ſie zum Druck.

* Die Briefe und Blätter aus Wien vom 5 April beſtätigen nun
ebenfalls daß Bem und die Szekler ſich Kronſtadts bemächtigt haben und
alle kaiſerlichen Truppen aus Siebenbürgen verdrängt find. Der Lloyd
zählt die ruſſtſchen Truppen maſſen auf die längs der ſtebenbürgiſchen
Gränze ſich geſammelt — ein neues Einrücken derſelben ſcheint alſo wirk-
lich noch nicht erfolgt zu ſeyn; dann ſchildert er die nach der Walachei ge-
drängten kaiſerlichen Truppen — 21,000 Mann nebſt 3000 Pferden —
als bereit zur Hülfe für das unglückliche Land. Dieſe Truppen befinden
ſich bei Zimpina, Rimpolung und Rymnik. Es find dieß die Corps von
Puchner (Kalliany), Malkowsky und Urban. Man ſieht da nicht krar,
wir wollen aber den Troſt, den das miniſterielle Blatt bringt, einſtweilen
als gutes Vorzeichen hinnehmen daß man endlich ernſtliche Schritte zur
Befreiung Siebenbürgens thun werde.

Die in Oberungarn eingedrungenen Truppen
unter Görgey find geworfen worden; die Brigaden Götz und Jablonoweky
rückten in Loſchonz ein, wo wenige Tage zuvor ein paar Compagnien —
— wie es ſcheint in Folge der Sorgloſigkeit ihrer Führer — überfallen
und zerſprengt worden waren.

[Spaltenumbruch]

Im Parlament kam am 3 bis zum Poſtab-
gang weder im Ober- noch im Unterhaus etwas intereſſanteres vor, aus-
genommen einige Worte von Brougham über Sardinien. Er rieth der
Regierung die Beilegung der ſardiniſchen Angelegenheit durchaus an
Frankreich zu überlaſſen.


Karl Albert iſt geſtern in Paris angekommen.*)
Er war Morgens halb 10 Uhr mit einem Extrazug von Bourges abgegan-
gen. Gleichzeitig iſt auch Hr. Gioberti, in beſonderer Sentung an die
franzöſtſche Regierung, daſelbſt eingetroffen. Man verſichert (ſagt das J.
des Débats) daß es ſich um eine Combination handle über welche der
Marſchall Radetzky und der neue König von Sardinien übereingekommen
ſeyen, und die eine definitive Ausgleichung der italieniſchen Frage mittelſt
einer Conföderation ſämmtlicher italieniſcher Staaten zum Zweck haben
ſoll. Dasſelbe Journal ſpricht von Herſtellung eines innigen Verhältniſ-
ſes zwiſchen Piemont und Oeſterreich die im Werk ſey: das erſtere würde
ſeinen Anſprüchen auf die Lombardei entſagen und die Herzogthümer Parma
und Piacenza erhalten, beide Mächte würden in ein Schutz- und Trutz-
bündniß treten und zur innern Befriedung Italiens zuſammenwirken, und
der König von Reapel würde zur Theilnahme eingeladen werden. Der
letztere hat den Golf von Palermo und die ſiciliſchen Küſten in Blokade
erklärt, was die franzöſtſche Regierung durch Umlaufſchreiben vom
3 April an die Handelskammern öffentlich bekannt macht. — In der
Nationalverſammlung ging man heute mit dem Budget des Miniſte-
riums des Innern etwas glimpflicher um, und es wurden manche Vor-
ſchläge von Abzügen zurückgewieſen. — In Bourges iſt in der Sitzung
vom 3 April auch das Urtheil über die auf ſtüchtigem Fuß befindlichen An-
geklagten gefallt worden. L. Blanc, Cauſſidière, Seigneuret, Houneau,
Lavirron und Chancel wurden ſämmtlich zur Deportation, d. i. lebens-
längliche Gefangenſchaft mit bürgerlichem Tod verurtheilt.

* Briefe aus Rom vom 31 März melden eine Thatſache die —
ſcheinbar wenig bedeutend — die Stellung Oeſterreichs zu der Bewegung
im Kirchenſtaat nahe berührt. Oeſterreich beſitzt in Rom bekanntlich als
Erbe der Republik S. Marco den ſogenannten venetianiſchen Palaſt, wor-
in die öſterreichiſchen Botſchafter ihren Sitz haben. Dieſer Palaſt wurde
von der jetzigen dictatoriſchen Regierung mit Beſchlag belegt, beſetzt und
die Fahne von S. Marco auf ihm aufgepflanzt.

Im officiellen Theil veröffentlicht die Gazz. Piemon-
teſe
vom 3 April ein Decret, nach welchem Genua in Belagerungszu-
ſtand erklärt und dem General Alfons de la Marmora der Oberbefehl
über dieſe Stadt mit unumſchränkter Vollmacht ertheilt wird. — Am
28 und 29 März herrſchte in Genua die größte Verwirrung. Der Com-
mandant Giuſeppe Arezzana überließ der Nationalgarde die Beſetzung der
zwei wichtigen Forts welche die Stadt beherrſchen, und erließ mehrere
Proclame wovon eins wörtlich beginnt: „Genueſen! Unterſtützt das hel-
denmüthige Beginnen dieſer Mannſchaft welche nicht Waffenſtillſtand, nicht
Frieden kennt, wenn ſolche eine ganze Nation brandmarken!“

* Im Widerſpruch mit den allarmirenden Berichten über die Zu-
ſtände von Genua und Nizza erhalten wir auf halbofſiciellem Wege aus
Turin die Verſicherung daß man rückſichtlich der Verhältniſſe jenes gan-
zen Küſtengebiets nicht die mindeſte Beſorgniß zu hegen brauche. Es
ſeyen nur wenige (?) kecke Wühler welche die Nachſicht der genueſiſchen Be-
völkerung mißbraucht haben; dieſe Bevölkerung in ihrer großen Mehrzahl
ſey über die Verhängung des Belagerungsſtands ebenſo hocherfreut als
das ganze Land die Auflöſung der Deputirtenkammer billige. Nicht we-
nig trage zur öffentlichen Zufriedenheit bei daß Marſchall Radetzko auf die
theilweiſe Beſetzung Aleſſandria’s durch öſterreichiſche Truppen verzich-
tet
habe.
Handels- und Börſennachrichten.

3proc. 56.90; neues Anley. 89.50; 4proc. 66; 5proc.
89.60; Banlatten 2425; belg. 5proc. 92¼; Anley v. 1842 92¼; 4½ proc.
81½; öſterr. Looſe herausgekommene 510; neap. 5proc. 80.50; röm. 80;
ſpan. innere Schuld 23; piem. 900; St. Germain E.-B. 430; Perſ. rechte
225; linke 187.50; Paris-Orleans 892 50; Rouen 555; Straßburg 375;
Nordbahn 465; Rouen Havre 307.50; Marſ-Avignon 227.50; Straßb-Baſel
110; Orl-Vierzon 368.75; Bordeaur 415; Toute-Nautes 333.75; Montereau-
Troyes 130.


5proc. Met. 86½; 2½proc. 45½; Bankactien 1125;
Nordbahn 96; Goggnitzer 95; Mailänder 69½.



Berichtigung.
In einem Theil der Exemplare der heutigen Beilage iſt auf der zwei-
ten Columne. Sp. 1, Z. 19 v. u. geſetzt: geſtimmt ſtatt verſtimmt.


Verantwortliche Redaction:
Dr. Guſtav Kolb. Dr. A. J. Altenhöfer. Dr. C. A. Mebold.
Verlag der J. G. Cotta’ſchen Buchhandlung in Stuttgart.
*) Dieſe Nachricht, urſprünglich im Abendmoniteur enthalten, wird von ei-
nem unſerer Correſvondenten in Zweifel gezogen.
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[1504/0008] Nach Nachrichten von Nizza iſt er bereits geſtern durch jene Stadt nach Frankreich gelangt. Dieſe Nachrichten waren hier kaum als officiell be- kannt geworden, als öffentliche Anſchlagzettel an den Straßenecken er- ſchienen, worin die Bürger und Einwohner insgeſammt eingeladen wur- den ſich mit einbrechender Nacht auf dem Opernplatz einzufinden, um über das Wohl der Stadt zu berathen. Dort kam man zu dem Beſchluſſe die ſämmtlichen Feſtungswerke den Bürgergarden in die Hände zu geben. Eine Deputation ward an den Generalintendanten geſandt um von dieſem die Uebergabe der Feſtung an die Bürgergarbe zu fordern. Der Inten- dant weigerte ſich, da er keine Ordre dazu habe, verſprach aber ſogleich einen Eilboten nach der Hauptſtadt abzuſenden. Mit unverhaltenem Un- willen zog ſich die Deputation zurück, und wenige Minuten ſpäter durch- zogen zahlreiche Haufen Volkes die Stadt unter wildem Geſchrei von: Es lebe die Republik! Es lebe das ſouveräne Volk! Es lebe das freie Ita- lien! Wir wollen eine proviſoriſche Regierung! Andere Haufen waren in das Zeughaus eingedrungen, von wo ſie zahlreiche Fuhren von Ge- wehren nach dem Hauptquartiere der Bürgergarden transportiren ließen. Dorthin ſtrömten nun die Männer des Volkes, durch das Läuten der Sturmglocken und das Wirbeln der Trommeln zu den Waffen gerufen; und in wenigen Stunden waren viele Tauſende des niedrigſten Volkes be- waffnet. Erſt gegen Mitternacht legte ſich das furchtbare Getöſe ſo vie- ler Sturmglocken und Trommeln. Dieſen Morgen iſt alles unter den Waffen. Die Stadt iſt in großer Aufregung, jedoch ohne Zeichen von Unordnung oder Unfug. Mehrere Volksvertreter, und unter dieſen be- ſonders die Advocaten Pellegrini und Lazotti, Präſidenten des weiland Circolo Italiano, haben ſich an die Spitze der Volksbewegung geſtellt, und den hieſigen Generalintendanten als Geiſel feſtgenommen bis den Bürgergarden die Feſtungswerke von Genua eingeräumt ſeyen, was der hiefige Diviſionsgeneral ſich jedoch bis jetzt zu thun weigert. Der Ge- neral La Marmora, welcher bereits in Parma mit einer Truppenabthei- lung von 5000 Mann eingerückt war, wird jeden Augenblick hier er- wartet. Von dem Kriegsſchauplatze find bereits zahlreiche Haufen von Ausreißern bis in die Nähe von Genua angelangt, und vor dieſen ſowie vor dem niedrigſten Pöbel herrſcht hier mehr Furcht als vor den Oeſterreichern ſelbſt, ſo daß heute die Läden der Goldarbeiter und Seidenhändler alle geſchloſſen find. — Soeben langt die Staatscaſſe von Nizza hier an, wo- ſelbſt eine förmliche Revolution mit Vertreibung aller obrigkeitlichen Perſonen ſtattgefunden hat. Neueſtes. * Die neueſten Briefe und Blätter aus Frankfurt und Berlin, die wir dieſen Morgen erwarteten, find uns auffallenderweiſe nicht zuge- kommen; wir beklagen dieß umſomehr als es in dieſem Augenblick die beiden wichtigſten Poſten find. Berlin, 4 April. Nach langen Verſuchen iſt es endlich gelungen in Bezug auf die in der deutſchen Frage an den König zu erlaſſende Adreſſe eine Einigung zwiſchen den gemäßigten Fractionen beider Seiten der zwei- ten Kammer herbeizuführen. Vincke hat eingewilligt daß in ſeinem Entwurfe zu den Worten „und die Würde eines Oberhauptes übernehmen“ hinzugefügt werde: auf Grund der deutſchen Verfaſſung. Die Linke wird nun ihrerſeits für den ſo amendirten Entwurf ſtimmen — falls nämlich derſelbe überhaupt noch zur Abſtimmung kommt, und die ganze Frage nicht durch die neue Circularnote in eine andere Phaſe getreten iſt. 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Es find dieß die Corps von Puchner (Kalliany), Malkowsky und Urban. Man ſieht da nicht krar, wir wollen aber den Troſt, den das miniſterielle Blatt bringt, einſtweilen als gutes Vorzeichen hinnehmen daß man endlich ernſtliche Schritte zur Befreiung Siebenbürgens thun werde. ß Peſth, 3 April. Die in Oberungarn eingedrungenen Truppen unter Görgey find geworfen worden; die Brigaden Götz und Jablonoweky rückten in Loſchonz ein, wo wenige Tage zuvor ein paar Compagnien — — wie es ſcheint in Folge der Sorgloſigkeit ihrer Führer — überfallen und zerſprengt worden waren. London, 4 April. Im Parlament kam am 3 bis zum Poſtab- gang weder im Ober- noch im Unterhaus etwas intereſſanteres vor, aus- genommen einige Worte von Brougham über Sardinien. Er rieth der Regierung die Beilegung der ſardiniſchen Angelegenheit durchaus an Frankreich zu überlaſſen. Paris, 4 April. Karl Albert iſt geſtern in Paris angekommen. *) Er war Morgens halb 10 Uhr mit einem Extrazug von Bourges abgegan- gen. 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Der letztere hat den Golf von Palermo und die ſiciliſchen Küſten in Blokade erklärt, was die franzöſtſche Regierung durch Umlaufſchreiben vom 3 April an die Handelskammern öffentlich bekannt macht. — In der Nationalverſammlung ging man heute mit dem Budget des Miniſte- riums des Innern etwas glimpflicher um, und es wurden manche Vor- ſchläge von Abzügen zurückgewieſen. — In Bourges iſt in der Sitzung vom 3 April auch das Urtheil über die auf ſtüchtigem Fuß befindlichen An- geklagten gefallt worden. L. Blanc, Cauſſidière, Seigneuret, Houneau, Lavirron und Chancel wurden ſämmtlich zur Deportation, d. i. lebens- längliche Gefangenſchaft mit bürgerlichem Tod verurtheilt. * Briefe aus Rom vom 31 März melden eine Thatſache die — ſcheinbar wenig bedeutend — die Stellung Oeſterreichs zu der Bewegung im Kirchenſtaat nahe berührt. Oeſterreich beſitzt in Rom bekanntlich als Erbe der Republik S. Marco den ſogenannten venetianiſchen Palaſt, wor- in die öſterreichiſchen Botſchafter ihren Sitz haben. Dieſer Palaſt wurde von der jetzigen dictatoriſchen Regierung mit Beſchlag belegt, beſetzt und die Fahne von S. Marco auf ihm aufgepflanzt. Turin. Im officiellen Theil veröffentlicht die Gazz. Piemon- teſe vom 3 April ein Decret, nach welchem Genua in Belagerungszu- ſtand erklärt und dem General Alfons de la Marmora der Oberbefehl über dieſe Stadt mit unumſchränkter Vollmacht ertheilt wird. — Am 28 und 29 März herrſchte in Genua die größte Verwirrung. Der Com- mandant Giuſeppe Arezzana überließ der Nationalgarde die Beſetzung der zwei wichtigen Forts welche die Stadt beherrſchen, und erließ mehrere Proclame wovon eins wörtlich beginnt: „Genueſen! Unterſtützt das hel- denmüthige Beginnen dieſer Mannſchaft welche nicht Waffenſtillſtand, nicht Frieden kennt, wenn ſolche eine ganze Nation brandmarken!“ * Im Widerſpruch mit den allarmirenden Berichten über die Zu- ſtände von Genua und Nizza erhalten wir auf halbofſiciellem Wege aus Turin die Verſicherung daß man rückſichtlich der Verhältniſſe jenes gan- zen Küſtengebiets nicht die mindeſte Beſorgniß zu hegen brauche. Es ſeyen nur wenige (?) kecke Wühler welche die Nachſicht der genueſiſchen Be- völkerung mißbraucht haben; dieſe Bevölkerung in ihrer großen Mehrzahl ſey über die Verhängung des Belagerungsſtands ebenſo hocherfreut als das ganze Land die Auflöſung der Deputirtenkammer billige. Nicht we- nig trage zur öffentlichen Zufriedenheit bei daß Marſchall Radetzko auf die theilweiſe Beſetzung Aleſſandria’s durch öſterreichiſche Truppen verzich- tet habe. Handels- und Börſennachrichten. Paris, 4 April. 3proc. 56.90; neues Anley. 89.50; 4proc. 66; 5proc. 89.60; Banlatten 2425; belg. 5proc. 92¼; Anley v. 1842 92¼; 4½ proc. 81½; öſterr. Looſe herausgekommene 510; neap. 5proc. 80.50; röm. 80; ſpan. innere Schuld 23; piem. 900; St. Germain E.-B. 430; Perſ. rechte 225; linke 187.50; Paris-Orleans 892 50; Rouen 555; Straßburg 375; Nordbahn 465; Rouen Havre 307.50; Marſ-Avignon 227.50; Straßb-Baſel 110; Orl-Vierzon 368.75; Bordeaur 415; Toute-Nautes 333.75; Montereau- Troyes 130. Wien, 5 April. 5proc. Met. 86½; 2½proc. 45½; Bankactien 1125; Nordbahn 96; Goggnitzer 95; Mailänder 69½. Berichtigung. In einem Theil der Exemplare der heutigen Beilage iſt auf der zwei- ten Columne. Sp. 1, Z. 19 v. u. geſetzt: geſtimmt ſtatt verſtimmt. Verantwortliche Redaction: Dr. Guſtav Kolb. Dr. A. J. Altenhöfer. Dr. C. A. Mebold. Verlag der J. G. Cotta’ſchen Buchhandlung in Stuttgart. *) Dieſe Nachricht, urſprünglich im Abendmoniteur enthalten, wird von ei- nem unſerer Correſvondenten in Zweifel gezogen.

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 98, 8. April 1849, S. 1504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine98_1849/8>, abgerufen am 23.11.2024.