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Allgemeine Zeitung, Nr. 97, 7. April 1849.

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[Spaltenumbruch] dieser eilte den Irrthum zu berichtigen. Der Vicepräsident ladet die Com-
mission ein sich noch an demselben Tage nach 5 Uhr zu versammeln, und
setzt die nächste Sitzung auf Donnerstag früh 8 Uhr an. Man widerspricht.
Der Abg. Schramm will daß wegen der Dringlichkeit des Vincke'schen An-
trags die Sitzung schon morgen stattfinde. Waldeck, Parrisius stimmen
bei. Kleist-Retzow erinnert daran daß der Commissionsbericht 24 Stun-
den vor der Debatte in den Händen der Deputirten sich befinden müsse.
Keller: "In einem Fall wie der gegenwärtige mag die Kammer sich glück-
lich preisen wenn sie 24 Stunden Zeit zum Ueberlegen hat. Von den
Vorschriften der Geschäftsordnung darf auf keinen Fall abgegangen wer-
den." Vincke ist wegen der Wichtigkeit der Sache ebenfalls für die Bera-
thung am Donnerstag. Aldenhoven, v. Bismark-Schönhausen protesti-
ren gegen die Verletzung der Geschäftsordnung. Berg und Kosch find der
Meinung daß in so wichtigen Momenten die Geschäftsordnung nicht hin-
dern dürfe. Von der Linken wird bemerkt daß Donnerstag ein Feiertag
sey, und Thiel erinnert an das Gebot: Du sollst den Feiertag heiligen.
(Heiterkeit.) Jung: "Es bleibt auf diese Weise nichts übrig als den
Antrag nach den Ferien zu erledigen." (Lachen). Berg bemerkt daß am
Donnerstag er und viele andere Deputirte nicht erscheinen könnten; wenn
man den Antrag verschiebe, so tödte man ihn. Nachdem der Streit noch
eine Weile gedauert, wird beschlossen daß morgen eine Sitzung seyn solle,
unter der Voraussetzung daß der Commissionsbericht noch an demselben
Tage gedruckt und an die Deputirten vertheilt werden könne. Bevor
Vincke seinen Antrag stellte, berieth die Kammer den Antrag von Parri-
sius auf Sistirung der Verordnungen über Gerichtsorganisation. Der-
selbe wurde verworfen, aber mit 153 gegen 142 Stimmen folgende Tages-
ordnung von Bucher angenommen: "In Erwägung 1) daß dem Staats-
ministerium nicht die Befugniß zustand die Verordnungen vom 2 und 3
Jan. 1849 ohne Zustimmung der Volksvertreter zu erlassen und sogar
Schritte zu ihrer Ausführung zu thun, 2) daß das Ministerium für alle
Folgen dieser Handlungsweise verantwortlich ist, 3) daß es von der Ent-
scheidung der Volksvertreter abhängig seyn wird welche Einrichtungen de-
finitiv oder provisorisch Bestand haben oder rückgängig gemacht werden sollen,
4) daß die Kammern die Berathung hierüber beschleunigen werden, es
aber vorher nicht zweckmäßig ist bestimmte Anträge auf Sistirung zu
stellen, geht die Kammer zur Tagesordnung über." Demnach brachte der
gestrige Tag dem Ministerium eine Niederlage und ein Mißtrauensvotum!
Nach der gestrigen Audienz beim König wollten einige Mitglieder der
Frankfurter Deputation sogleich abreisen; Vincke brachte sie davon ab, in-
dem er versprach für die gemeinsame Sache das seine zu thun. Gestern
Abend war die Deputation in dem Ballet "Katharina." Sie wurde mit
stürmischem Beifallruf empfangen; der Sängerchor sang das Lied Arndts
(das ganze Deutschland soll es seyn); am Schluß ertönte ein donnerndes
Hoch. Der Prinz von Preußen soll eine der deutschen Natio-
nalversammlung günstigere Antwort innerhalb weniger
Tage in Aussicht gestellt haben
.


* Die Adressecommission der zweiten Kammer versammelte sich an
demselben Tage noch Abends halb 6 Uhr. Sie konnte sich aber über kei-
nen Entwurf einigen -- nein, keiner der beiden Entwürfe konnte auch nur
die Mehrheit einer Stimme erlangen. Und doch drücken beide Entwürfe
(der eine von Vincke, der andere von Kirchmann) dem König aus daß die
Kammer von seiner Antwort tief erschüttert sey, daß, angesichts der drohen-
den Gefahren, des Königs Verweisung auf gemeinsame Berathungen aller
Regierungen das Werk selbst verzögere und gefährde, vielleicht zerstöre.
"Ew. Maj. wollen (so schließt der Vincke'sche Entwurf) die oft bewährte
deutsche Gesinnung aufs neue bethätigen und -- unter Voraussetzung der
Zustimmung der betreffenden deutschen Regierungen -- die Würde eines
Oberhauptes des deutschen Bundesstaates ohne Zögerung übernehmen."
Dieser Entwurf ward mit 12 gegen 10 Stimmen von der Commission ver-
worfen. Der Kirchmann'sche drückt die Aufforderung das Kaiserscepter
zu ergreifen und die Reichsverfassung anzuerkennen noch entschiedener aus:
"Mögen Ew. Maj. nicht zögern, mögen Ew. Maj. die Wahl jetzt anneh-
men und auf Grund der beschlossenen Verfassung den Kaiserthron Deutsch-
lands besteigen! Ein kühnes und entschlossenes Ja, es wird durch ganz
Deutschland widerhallen, ein solches Ja wird dem deutschen Volk die
Bürgschaft seyn daß sein Kaiser die volle Einheit, die ganze Freiheit und
die wahre Ordnung von ganz Deutschland pflegen und schirmen werde.
Die Frage ist groß, lassen Ew. Maj. groß auch die Antwort seyn." Selt-
samerweise verwarf die gleiche Majorität der Commission auch diesen Ent-
wurf. Es war ungewiß wohin die Majorität der Kammer sich neige, und
ob sie die entscheidende Debatte am 5 oder 6 vornehmen werde. Für die
Frankfurter Deputa'ion lange peinliche Stunden!


In der ersten Kammer las heute der
Kriegsminister die Erklärung des Königs an die Frankfurter Deputation
vor, und fügte hinzu: das Ministerium nehme Anstand sich darüber zu
[Spaltenumbruch] äußern was jetzt geschehen müsse und geschehen werde. Es könne aber ver-
sichern daß es, durchdrungen von der Bedeutung des Moments, nach Maß-
gabe der erlassenen Noten ungesäumt handeln werde; nur werde es, mit Be-
ziehung auf die in der Adresse der ersten Kammer enthaltene Hindeutung
wegen der Schwierigkeiten welche hiebei zur Erwägung kämen, mit beson-
nener Rücksicht auf das Wohl Preußens und Deutschlands handeln.
(Bravo rechts, links leises Zischen). Die Abgg. Kuh, Graf Dyhrn u. a.
stellten den dringlichen Antrag: eine Commission zu ernennen welche die
durch die Antwort des Königs herbeigeführte Lage des Vaterlandes in Er-
wägung zu ziehen und eine Adresse auszuarbeiten habe, worin die Kammer
dem König ihre Wünsche ans Herz lege. Die Dringlichkeit wurde aner-
kannt; es wurde beschlossen eine Commission aus den Abtheilungen zu
wählen welche über die Dringlichkeit des Antrags berichten und zugleich
den Entwurf der Adresse ausarbeiten solle. Der Vicepräsident v. Wirt-
genstein machte aber den Vorschlag, die nächste Sitzung wegen der Feier-
tage auf Mittwoch den 11 d. anzusetzen, und nach einer kurzen, lebhaften
Debatte trat die Mehrheit diesem Vorschlag bei. Die Adresse der ersten
Kammer wird mithin post sestum kommen!


Das Osterfest findet Deutschland wieder,
wie schon das Weihnachtsfest, über der Kaiserfrage brütend. Die Wür-
fel sind gefallen, aber die Verwicklung ist nicht gelöst. Doch es ist jetzt
nicht Zeit zu allgemeineren Betrachtungen, wo unter unsern Augen und
vor unsern Ohren so wichtige Dinge vorgehen. Vorgestern sahen wir die
Frankfurter Deputation hier ankommen. Nachdem wir schon Morgens
in der zweiten Kammer allerlei Gevattersleute der deutschen Einheit, die
aus Breslau und auch aus Frankfurt vom Parlament herbeigeeilt waren,
hatten herzlich begrüßen können, standen wir um 4 Uhr Nachmittags um
diese Deputation zu erwarten. War ich vielleicht der einzige unter der
Menge die sich dort harrend durcheinander drängte, dessen Gedanken bei
dieser Gelegenheit auch einen Augenblick in der Ferne -- im schönen
Oestreich waren? Es ist noch nicht so lange her da kam auch nach Wien mit
einer ähnlichen Sendung eine Deputation. In einem Hofwagen führte
sie der Rector magnisicus auf die damals noch allmächtige Aula, vor
ihr öffnete sich der Haupteingang, der vom Platze aus in die Halle führt,
unter Glockengeläute und Trommelwirbel trat sie ein. Da sprach Ra-
veaux: In Wien habe er zum erstenmal von einem Zweifel wegen des
Anschlusses an Deutschland vernommen. Das komme ihm vor als ob
jemand am hellen Tage im Sonnenschein frage: scheint die Sonne, oder
scheint sie nicht? Und in der That damals stand die Sonne der Einheit
hell leuchtend hoch am deutschen Himmel, jetzt ist ihr Glanz erloschen.
Durften doch der Frankfurter Deputation hier nicht einmal mehr deutsche
Fahnen entgegenwehen! Nur aus dem dritten oder vierten Stock eines
dem Bahnhof gegenüber liegenden Hauses wehte jetzt eine einzelne schwarz-
roth-goldene Fahne. Die schallenden Reden welche die städtischen Behör-
den auf dem engen Raume zwischen der Restauration und der Bahn hiel-
ten, konnten uns über diesen Mangel nicht trösten. Das Volk war auf
dem Bahnhof und auf der Leipziger Straße versammelt, vergebens für
sich einen großen Eindruck von diesem Tage erharrend. Ein solcher hätte ihm
nur aus dem Aufzuge erwachsen können in dem die Frankfurter Deputir-
ten von unsern Magistratsmitgliedern in die Stadt geführt wurden. Aber
hier war theils in der Anordnung vieles versehen, theils stellte es sich her-
aus daß die Väter der guten Stadt Berlin weit ehrwürdiger aussahen als
die zum Theil noch jungen Männer unserer "Professorenversammlung" zu
Frankfurt, diese Gelehrten, Aerzte u. s. w. Simson, der unscheinbare
Mann, dessen Hand in der Paulskirche die Glocke handhaben muß, lä-
chelte verlegen vor sich hin. Das also waren die Kurfürsten des deutschen
Volkes, die sich ihm gegenüber so wenig in die Brust zu werfen verstanden,
sondern ihm bald vertraulich zunickten, bald über einen von ihnen be-
merkten komischen Zug ebensowenig als ein schlichter Journalist ihr Lä-
cheln unterdrücken konnten. Welch ein Sieg der Idee über die rauhe
Wirklichkeit, welch ein Sieg des Geistes über die spröde Form, wenn
diese Männer ihren Willen durchzusetzen verständen! Welch eine Errun-
genschaft wenn hinfort das Geschlecht der Hohenzollern diesem Frankfurt
zur Seite stehen müßte, das bis jetzt in die verschiedenen Länder nur seine
reisigen Reichscommissäre versenden konnte, von denen der eine noch vor
nicht allzulanger Zeit auf einer kühnen abenteuerlichen Flucht aus einem
preußischen Kerker durch Ströme und Seen unseres deutschen Vaterlandes
geschwommen ist. Der König hat der Deputation eine Antwort bereits
ertheilt. Der Eindruck seiner Worte aber scheint kein befriedigender gewesen
zu seyn. Was uns selbst daran mißfällt wollen wir in aller Kürze ent-
wickeln. Der König will daß die Fürsten entscheiden ob die Verfassung,
wie sie in Frankfurt entworfen ist, ihm die nöthige Macht gebe um die ihm
angetragene Würde zu behaupten und durchzuführen. Hier sind zwei
Dinge durcheinander geworfen. Wollte der König die Annahme der ihm
dargebotenen Würde von der Zustimmung der Fürsten abhängig machen.

[Spaltenumbruch] dieſer eilte den Irrthum zu berichtigen. Der Vicepräſident ladet die Com-
miſſion ein ſich noch an demſelben Tage nach 5 Uhr zu verſammeln, und
ſetzt die nächſte Sitzung auf Donnerſtag früh 8 Uhr an. Man widerſpricht.
Der Abg. Schramm will daß wegen der Dringlichkeit des Vincke’ſchen An-
trags die Sitzung ſchon morgen ſtattfinde. Waldeck, Parriſius ſtimmen
bei. Kleiſt-Retzow erinnert daran daß der Commiſſionsbericht 24 Stun-
den vor der Debatte in den Händen der Deputirten ſich befinden müſſe.
Keller: „In einem Fall wie der gegenwärtige mag die Kammer ſich glück-
lich preiſen wenn ſie 24 Stunden Zeit zum Ueberlegen hat. Von den
Vorſchriften der Geſchäftsordnung darf auf keinen Fall abgegangen wer-
den.“ Vincke iſt wegen der Wichtigkeit der Sache ebenfalls für die Bera-
thung am Donnerſtag. Aldenhoven, v. Bismark-Schönhauſen proteſti-
ren gegen die Verletzung der Geſchäftsordnung. Berg und Koſch find der
Meinung daß in ſo wichtigen Momenten die Geſchäftsordnung nicht hin-
dern dürfe. Von der Linken wird bemerkt daß Donnerſtag ein Feiertag
ſey, und Thiel erinnert an das Gebot: Du ſollſt den Feiertag heiligen.
(Heiterkeit.) Jung: „Es bleibt auf dieſe Weiſe nichts übrig als den
Antrag nach den Ferien zu erledigen.“ (Lachen). Berg bemerkt daß am
Donnerſtag er und viele andere Deputirte nicht erſcheinen könnten; wenn
man den Antrag verſchiebe, ſo tödte man ihn. Nachdem der Streit noch
eine Weile gedauert, wird beſchloſſen daß morgen eine Sitzung ſeyn ſolle,
unter der Vorausſetzung daß der Commiſſionsbericht noch an demſelben
Tage gedruckt und an die Deputirten vertheilt werden könne. Bevor
Vincke ſeinen Antrag ſtellte, berieth die Kammer den Antrag von Parri-
ſius auf Siſtirung der Verordnungen über Gerichtsorganiſation. Der-
ſelbe wurde verworfen, aber mit 153 gegen 142 Stimmen folgende Tages-
ordnung von Bucher angenommen: „In Erwägung 1) daß dem Staats-
miniſterium nicht die Befugniß zuſtand die Verordnungen vom 2 und 3
Jan. 1849 ohne Zuſtimmung der Volksvertreter zu erlaſſen und ſogar
Schritte zu ihrer Ausführung zu thun, 2) daß das Miniſterium für alle
Folgen dieſer Handlungsweiſe verantwortlich iſt, 3) daß es von der Ent-
ſcheidung der Volksvertreter abhängig ſeyn wird welche Einrichtungen de-
finitiv oder proviſoriſch Beſtand haben oder rückgängig gemacht werden ſollen,
4) daß die Kammern die Berathung hierüber beſchleunigen werden, es
aber vorher nicht zweckmäßig iſt beſtimmte Anträge auf Siſtirung zu
ſtellen, geht die Kammer zur Tagesordnung über.“ Demnach brachte der
geſtrige Tag dem Miniſterium eine Niederlage und ein Mißtrauensvotum!
Nach der geſtrigen Audienz beim König wollten einige Mitglieder der
Frankfurter Deputation ſogleich abreiſen; Vincke brachte ſie davon ab, in-
dem er verſprach für die gemeinſame Sache das ſeine zu thun. Geſtern
Abend war die Deputation in dem Ballet „Katharina.“ Sie wurde mit
ſtürmiſchem Beifallruf empfangen; der Sängerchor ſang das Lied Arndts
(das ganze Deutſchland ſoll es ſeyn); am Schluß ertönte ein donnerndes
Hoch. Der Prinz von Preußen ſoll eine der deutſchen Natio-
nalverſammlung günſtigere Antwort innerhalb weniger
Tage in Ausſicht geſtellt haben
.


* Die Adreſſecommiſſion der zweiten Kammer verſammelte ſich an
demſelben Tage noch Abends halb 6 Uhr. Sie konnte ſich aber über kei-
nen Entwurf einigen — nein, keiner der beiden Entwürfe konnte auch nur
die Mehrheit einer Stimme erlangen. Und doch drücken beide Entwürfe
(der eine von Vincke, der andere von Kirchmann) dem König aus daß die
Kammer von ſeiner Antwort tief erſchüttert ſey, daß, angeſichts der drohen-
den Gefahren, des Königs Verweiſung auf gemeinſame Berathungen aller
Regierungen das Werk ſelbſt verzögere und gefährde, vielleicht zerſtöre.
„Ew. Maj. wollen (ſo ſchließt der Vincke’ſche Entwurf) die oft bewährte
deutſche Geſinnung aufs neue bethätigen und — unter Vorausſetzung der
Zuſtimmung der betreffenden deutſchen Regierungen — die Würde eines
Oberhauptes des deutſchen Bundesſtaates ohne Zögerung übernehmen.“
Dieſer Entwurf ward mit 12 gegen 10 Stimmen von der Commiſſion ver-
worfen. Der Kirchmann’ſche drückt die Aufforderung das Kaiſerſcepter
zu ergreifen und die Reichsverfaſſung anzuerkennen noch entſchiedener aus:
„Mögen Ew. Maj. nicht zögern, mögen Ew. Maj. die Wahl jetzt anneh-
men und auf Grund der beſchloſſenen Verfaſſung den Kaiſerthron Deutſch-
lands beſteigen! Ein kühnes und entſchloſſenes Ja, es wird durch ganz
Deutſchland widerhallen, ein ſolches Ja wird dem deutſchen Volk die
Bürgſchaft ſeyn daß ſein Kaiſer die volle Einheit, die ganze Freiheit und
die wahre Ordnung von ganz Deutſchland pflegen und ſchirmen werde.
Die Frage iſt groß, laſſen Ew. Maj. groß auch die Antwort ſeyn.“ Selt-
ſamerweiſe verwarf die gleiche Majorität der Commiſſion auch dieſen Ent-
wurf. Es war ungewiß wohin die Majorität der Kammer ſich neige, und
ob ſie die entſcheidende Debatte am 5 oder 6 vornehmen werde. Für die
Frankfurter Deputa’ion lange peinliche Stunden!


In der erſten Kammer las heute der
Kriegsminiſter die Erklärung des Königs an die Frankfurter Deputation
vor, und fügte hinzu: das Miniſterium nehme Anſtand ſich darüber zu
[Spaltenumbruch] äußern was jetzt geſchehen müſſe und geſchehen werde. Es könne aber ver-
ſichern daß es, durchdrungen von der Bedeutung des Moments, nach Maß-
gabe der erlaſſenen Noten ungeſäumt handeln werde; nur werde es, mit Be-
ziehung auf die in der Adreſſe der erſten Kammer enthaltene Hindeutung
wegen der Schwierigkeiten welche hiebei zur Erwägung kämen, mit beſon-
nener Rückſicht auf das Wohl Preußens und Deutſchlands handeln.
(Bravo rechts, links leiſes Ziſchen). Die Abgg. Kuh, Graf Dyhrn u. a.
ſtellten den dringlichen Antrag: eine Commiſſion zu ernennen welche die
durch die Antwort des Königs herbeigeführte Lage des Vaterlandes in Er-
wägung zu ziehen und eine Adreſſe auszuarbeiten habe, worin die Kammer
dem König ihre Wünſche ans Herz lege. Die Dringlichkeit wurde aner-
kannt; es wurde beſchloſſen eine Commiſſion aus den Abtheilungen zu
wählen welche über die Dringlichkeit des Antrags berichten und zugleich
den Entwurf der Adreſſe ausarbeiten ſolle. Der Vicepräſident v. Wirt-
genſtein machte aber den Vorſchlag, die nächſte Sitzung wegen der Feier-
tage auf Mittwoch den 11 d. anzuſetzen, und nach einer kurzen, lebhaften
Debatte trat die Mehrheit dieſem Vorſchlag bei. Die Adreſſe der erſten
Kammer wird mithin post ſestum kommen!


Das Oſterfeſt findet Deutſchland wieder,
wie ſchon das Weihnachtsfeſt, über der Kaiſerfrage brütend. Die Wür-
fel ſind gefallen, aber die Verwicklung iſt nicht gelöst. Doch es iſt jetzt
nicht Zeit zu allgemeineren Betrachtungen, wo unter unſern Augen und
vor unſern Ohren ſo wichtige Dinge vorgehen. Vorgeſtern ſahen wir die
Frankfurter Deputation hier ankommen. Nachdem wir ſchon Morgens
in der zweiten Kammer allerlei Gevattersleute der deutſchen Einheit, die
aus Breslau und auch aus Frankfurt vom Parlament herbeigeeilt waren,
hatten herzlich begrüßen können, ſtanden wir um 4 Uhr Nachmittags um
dieſe Deputation zu erwarten. War ich vielleicht der einzige unter der
Menge die ſich dort harrend durcheinander drängte, deſſen Gedanken bei
dieſer Gelegenheit auch einen Augenblick in der Ferne — im ſchönen
Oeſtreich waren? Es iſt noch nicht ſo lange her da kam auch nach Wien mit
einer ähnlichen Sendung eine Deputation. In einem Hofwagen führte
ſie der Rector magniſicus auf die damals noch allmächtige Aula, vor
ihr öffnete ſich der Haupteingang, der vom Platze aus in die Halle führt,
unter Glockengeläute und Trommelwirbel trat ſie ein. Da ſprach Ra-
veaux: In Wien habe er zum erſtenmal von einem Zweifel wegen des
Anſchluſſes an Deutſchland vernommen. Das komme ihm vor als ob
jemand am hellen Tage im Sonnenſchein frage: ſcheint die Sonne, oder
ſcheint ſie nicht? Und in der That damals ſtand die Sonne der Einheit
hell leuchtend hoch am deutſchen Himmel, jetzt iſt ihr Glanz erloſchen.
Durften doch der Frankfurter Deputation hier nicht einmal mehr deutſche
Fahnen entgegenwehen! Nur aus dem dritten oder vierten Stock eines
dem Bahnhof gegenüber liegenden Hauſes wehte jetzt eine einzelne ſchwarz-
roth-goldene Fahne. Die ſchallenden Reden welche die ſtädtiſchen Behör-
den auf dem engen Raume zwiſchen der Reſtauration und der Bahn hiel-
ten, konnten uns über dieſen Mangel nicht tröſten. Das Volk war auf
dem Bahnhof und auf der Leipziger Straße verſammelt, vergebens für
ſich einen großen Eindruck von dieſem Tage erharrend. Ein ſolcher hätte ihm
nur aus dem Aufzuge erwachſen können in dem die Frankfurter Deputir-
ten von unſern Magiſtratsmitgliedern in die Stadt geführt wurden. Aber
hier war theils in der Anordnung vieles verſehen, theils ſtellte es ſich her-
aus daß die Väter der guten Stadt Berlin weit ehrwürdiger ausſahen als
die zum Theil noch jungen Männer unſerer „Profeſſorenverſammlung“ zu
Frankfurt, dieſe Gelehrten, Aerzte u. ſ. w. Simſon, der unſcheinbare
Mann, deſſen Hand in der Paulskirche die Glocke handhaben muß, lä-
chelte verlegen vor ſich hin. Das alſo waren die Kurfürſten des deutſchen
Volkes, die ſich ihm gegenüber ſo wenig in die Bruſt zu werfen verſtanden,
ſondern ihm bald vertraulich zunickten, bald über einen von ihnen be-
merkten komiſchen Zug ebenſowenig als ein ſchlichter Journaliſt ihr Lä-
cheln unterdrücken konnten. Welch ein Sieg der Idee über die rauhe
Wirklichkeit, welch ein Sieg des Geiſtes über die ſpröde Form, wenn
dieſe Männer ihren Willen durchzuſetzen verſtänden! Welch eine Errun-
genſchaft wenn hinfort das Geſchlecht der Hohenzollern dieſem Frankfurt
zur Seite ſtehen müßte, das bis jetzt in die verſchiedenen Länder nur ſeine
reiſigen Reichscommiſſäre verſenden konnte, von denen der eine noch vor
nicht allzulanger Zeit auf einer kühnen abenteuerlichen Flucht aus einem
preußiſchen Kerker durch Ströme und Seen unſeres deutſchen Vaterlandes
geſchwommen iſt. Der König hat der Deputation eine Antwort bereits
ertheilt. Der Eindruck ſeiner Worte aber ſcheint kein befriedigender geweſen
zu ſeyn. Was uns ſelbſt daran mißfällt wollen wir in aller Kürze ent-
wickeln. Der König will daß die Fürſten entſcheiden ob die Verfaſſung,
wie ſie in Frankfurt entworfen iſt, ihm die nöthige Macht gebe um die ihm
angetragene Würde zu behaupten und durchzuführen. Hier ſind zwei
Dinge durcheinander geworfen. Wollte der König die Annahme der ihm
dargebotenen Würde von der Zuſtimmung der Fürſten abhängig machen.

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[1483/0003] dieſer eilte den Irrthum zu berichtigen. Der Vicepräſident ladet die Com- miſſion ein ſich noch an demſelben Tage nach 5 Uhr zu verſammeln, und ſetzt die nächſte Sitzung auf Donnerſtag früh 8 Uhr an. Man widerſpricht. Der Abg. Schramm will daß wegen der Dringlichkeit des Vincke’ſchen An- trags die Sitzung ſchon morgen ſtattfinde. Waldeck, Parriſius ſtimmen bei. Kleiſt-Retzow erinnert daran daß der Commiſſionsbericht 24 Stun- den vor der Debatte in den Händen der Deputirten ſich befinden müſſe. Keller: „In einem Fall wie der gegenwärtige mag die Kammer ſich glück- lich preiſen wenn ſie 24 Stunden Zeit zum Ueberlegen hat. Von den Vorſchriften der Geſchäftsordnung darf auf keinen Fall abgegangen wer- den.“ Vincke iſt wegen der Wichtigkeit der Sache ebenfalls für die Bera- thung am Donnerſtag. Aldenhoven, v. Bismark-Schönhauſen proteſti- ren gegen die Verletzung der Geſchäftsordnung. Berg und Koſch find der Meinung daß in ſo wichtigen Momenten die Geſchäftsordnung nicht hin- dern dürfe. Von der Linken wird bemerkt daß Donnerſtag ein Feiertag ſey, und Thiel erinnert an das Gebot: Du ſollſt den Feiertag heiligen. (Heiterkeit.) Jung: „Es bleibt auf dieſe Weiſe nichts übrig als den Antrag nach den Ferien zu erledigen.“ (Lachen). Berg bemerkt daß am Donnerſtag er und viele andere Deputirte nicht erſcheinen könnten; wenn man den Antrag verſchiebe, ſo tödte man ihn. Nachdem der Streit noch eine Weile gedauert, wird beſchloſſen daß morgen eine Sitzung ſeyn ſolle, unter der Vorausſetzung daß der Commiſſionsbericht noch an demſelben Tage gedruckt und an die Deputirten vertheilt werden könne. Bevor Vincke ſeinen Antrag ſtellte, berieth die Kammer den Antrag von Parri- ſius auf Siſtirung der Verordnungen über Gerichtsorganiſation. Der- ſelbe wurde verworfen, aber mit 153 gegen 142 Stimmen folgende Tages- ordnung von Bucher angenommen: „In Erwägung 1) daß dem Staats- miniſterium nicht die Befugniß zuſtand die Verordnungen vom 2 und 3 Jan. 1849 ohne Zuſtimmung der Volksvertreter zu erlaſſen und ſogar Schritte zu ihrer Ausführung zu thun, 2) daß das Miniſterium für alle Folgen dieſer Handlungsweiſe verantwortlich iſt, 3) daß es von der Ent- ſcheidung der Volksvertreter abhängig ſeyn wird welche Einrichtungen de- finitiv oder proviſoriſch Beſtand haben oder rückgängig gemacht werden ſollen, 4) daß die Kammern die Berathung hierüber beſchleunigen werden, es aber vorher nicht zweckmäßig iſt beſtimmte Anträge auf Siſtirung zu ſtellen, geht die Kammer zur Tagesordnung über.“ Demnach brachte der geſtrige Tag dem Miniſterium eine Niederlage und ein Mißtrauensvotum! Nach der geſtrigen Audienz beim König wollten einige Mitglieder der Frankfurter Deputation ſogleich abreiſen; Vincke brachte ſie davon ab, in- dem er verſprach für die gemeinſame Sache das ſeine zu thun. Geſtern Abend war die Deputation in dem Ballet „Katharina.“ Sie wurde mit ſtürmiſchem Beifallruf empfangen; der Sängerchor ſang das Lied Arndts (das ganze Deutſchland ſoll es ſeyn); am Schluß ertönte ein donnerndes Hoch. Der Prinz von Preußen ſoll eine der deutſchen Natio- nalverſammlung günſtigere Antwort innerhalb weniger Tage in Ausſicht geſtellt haben. * Die Adreſſecommiſſion der zweiten Kammer verſammelte ſich an demſelben Tage noch Abends halb 6 Uhr. Sie konnte ſich aber über kei- nen Entwurf einigen — nein, keiner der beiden Entwürfe konnte auch nur die Mehrheit einer Stimme erlangen. Und doch drücken beide Entwürfe (der eine von Vincke, der andere von Kirchmann) dem König aus daß die Kammer von ſeiner Antwort tief erſchüttert ſey, daß, angeſichts der drohen- den Gefahren, des Königs Verweiſung auf gemeinſame Berathungen aller Regierungen das Werk ſelbſt verzögere und gefährde, vielleicht zerſtöre. „Ew. Maj. wollen (ſo ſchließt der Vincke’ſche Entwurf) die oft bewährte deutſche Geſinnung aufs neue bethätigen und — unter Vorausſetzung der Zuſtimmung der betreffenden deutſchen Regierungen — die Würde eines Oberhauptes des deutſchen Bundesſtaates ohne Zögerung übernehmen.“ Dieſer Entwurf ward mit 12 gegen 10 Stimmen von der Commiſſion ver- worfen. Der Kirchmann’ſche drückt die Aufforderung das Kaiſerſcepter zu ergreifen und die Reichsverfaſſung anzuerkennen noch entſchiedener aus: „Mögen Ew. Maj. nicht zögern, mögen Ew. Maj. die Wahl jetzt anneh- men und auf Grund der beſchloſſenen Verfaſſung den Kaiſerthron Deutſch- lands beſteigen! Ein kühnes und entſchloſſenes Ja, es wird durch ganz Deutſchland widerhallen, ein ſolches Ja wird dem deutſchen Volk die Bürgſchaft ſeyn daß ſein Kaiſer die volle Einheit, die ganze Freiheit und die wahre Ordnung von ganz Deutſchland pflegen und ſchirmen werde. Die Frage iſt groß, laſſen Ew. Maj. groß auch die Antwort ſeyn.“ Selt- ſamerweiſe verwarf die gleiche Majorität der Commiſſion auch dieſen Ent- wurf. Es war ungewiß wohin die Majorität der Kammer ſich neige, und ob ſie die entſcheidende Debatte am 5 oder 6 vornehmen werde. Für die Frankfurter Deputa’ion lange peinliche Stunden! ☿ Berlin, 4 April Mittags. In der erſten Kammer las heute der Kriegsminiſter die Erklärung des Königs an die Frankfurter Deputation vor, und fügte hinzu: das Miniſterium nehme Anſtand ſich darüber zu äußern was jetzt geſchehen müſſe und geſchehen werde. Es könne aber ver- ſichern daß es, durchdrungen von der Bedeutung des Moments, nach Maß- gabe der erlaſſenen Noten ungeſäumt handeln werde; nur werde es, mit Be- ziehung auf die in der Adreſſe der erſten Kammer enthaltene Hindeutung wegen der Schwierigkeiten welche hiebei zur Erwägung kämen, mit beſon- nener Rückſicht auf das Wohl Preußens und Deutſchlands handeln. (Bravo rechts, links leiſes Ziſchen). Die Abgg. Kuh, Graf Dyhrn u. a. ſtellten den dringlichen Antrag: eine Commiſſion zu ernennen welche die durch die Antwort des Königs herbeigeführte Lage des Vaterlandes in Er- wägung zu ziehen und eine Adreſſe auszuarbeiten habe, worin die Kammer dem König ihre Wünſche ans Herz lege. Die Dringlichkeit wurde aner- kannt; es wurde beſchloſſen eine Commiſſion aus den Abtheilungen zu wählen welche über die Dringlichkeit des Antrags berichten und zugleich den Entwurf der Adreſſe ausarbeiten ſolle. Der Vicepräſident v. Wirt- genſtein machte aber den Vorſchlag, die nächſte Sitzung wegen der Feier- tage auf Mittwoch den 11 d. anzuſetzen, und nach einer kurzen, lebhaften Debatte trat die Mehrheit dieſem Vorſchlag bei. Die Adreſſe der erſten Kammer wird mithin post ſestum kommen! np Berlin, 4 April. Das Oſterfeſt findet Deutſchland wieder, wie ſchon das Weihnachtsfeſt, über der Kaiſerfrage brütend. Die Wür- fel ſind gefallen, aber die Verwicklung iſt nicht gelöst. Doch es iſt jetzt nicht Zeit zu allgemeineren Betrachtungen, wo unter unſern Augen und vor unſern Ohren ſo wichtige Dinge vorgehen. Vorgeſtern ſahen wir die Frankfurter Deputation hier ankommen. Nachdem wir ſchon Morgens in der zweiten Kammer allerlei Gevattersleute der deutſchen Einheit, die aus Breslau und auch aus Frankfurt vom Parlament herbeigeeilt waren, hatten herzlich begrüßen können, ſtanden wir um 4 Uhr Nachmittags um dieſe Deputation zu erwarten. War ich vielleicht der einzige unter der Menge die ſich dort harrend durcheinander drängte, deſſen Gedanken bei dieſer Gelegenheit auch einen Augenblick in der Ferne — im ſchönen Oeſtreich waren? Es iſt noch nicht ſo lange her da kam auch nach Wien mit einer ähnlichen Sendung eine Deputation. In einem Hofwagen führte ſie der Rector magniſicus auf die damals noch allmächtige Aula, vor ihr öffnete ſich der Haupteingang, der vom Platze aus in die Halle führt, unter Glockengeläute und Trommelwirbel trat ſie ein. Da ſprach Ra- veaux: In Wien habe er zum erſtenmal von einem Zweifel wegen des Anſchluſſes an Deutſchland vernommen. Das komme ihm vor als ob jemand am hellen Tage im Sonnenſchein frage: ſcheint die Sonne, oder ſcheint ſie nicht? Und in der That damals ſtand die Sonne der Einheit hell leuchtend hoch am deutſchen Himmel, jetzt iſt ihr Glanz erloſchen. Durften doch der Frankfurter Deputation hier nicht einmal mehr deutſche Fahnen entgegenwehen! Nur aus dem dritten oder vierten Stock eines dem Bahnhof gegenüber liegenden Hauſes wehte jetzt eine einzelne ſchwarz- roth-goldene Fahne. Die ſchallenden Reden welche die ſtädtiſchen Behör- den auf dem engen Raume zwiſchen der Reſtauration und der Bahn hiel- ten, konnten uns über dieſen Mangel nicht tröſten. Das Volk war auf dem Bahnhof und auf der Leipziger Straße verſammelt, vergebens für ſich einen großen Eindruck von dieſem Tage erharrend. Ein ſolcher hätte ihm nur aus dem Aufzuge erwachſen können in dem die Frankfurter Deputir- ten von unſern Magiſtratsmitgliedern in die Stadt geführt wurden. Aber hier war theils in der Anordnung vieles verſehen, theils ſtellte es ſich her- aus daß die Väter der guten Stadt Berlin weit ehrwürdiger ausſahen als die zum Theil noch jungen Männer unſerer „Profeſſorenverſammlung“ zu Frankfurt, dieſe Gelehrten, Aerzte u. ſ. w. Simſon, der unſcheinbare Mann, deſſen Hand in der Paulskirche die Glocke handhaben muß, lä- chelte verlegen vor ſich hin. Das alſo waren die Kurfürſten des deutſchen Volkes, die ſich ihm gegenüber ſo wenig in die Bruſt zu werfen verſtanden, ſondern ihm bald vertraulich zunickten, bald über einen von ihnen be- merkten komiſchen Zug ebenſowenig als ein ſchlichter Journaliſt ihr Lä- cheln unterdrücken konnten. Welch ein Sieg der Idee über die rauhe Wirklichkeit, welch ein Sieg des Geiſtes über die ſpröde Form, wenn dieſe Männer ihren Willen durchzuſetzen verſtänden! Welch eine Errun- genſchaft wenn hinfort das Geſchlecht der Hohenzollern dieſem Frankfurt zur Seite ſtehen müßte, das bis jetzt in die verſchiedenen Länder nur ſeine reiſigen Reichscommiſſäre verſenden konnte, von denen der eine noch vor nicht allzulanger Zeit auf einer kühnen abenteuerlichen Flucht aus einem preußiſchen Kerker durch Ströme und Seen unſeres deutſchen Vaterlandes geſchwommen iſt. Der König hat der Deputation eine Antwort bereits ertheilt. Der Eindruck ſeiner Worte aber ſcheint kein befriedigender geweſen zu ſeyn. Was uns ſelbſt daran mißfällt wollen wir in aller Kürze ent- wickeln. Der König will daß die Fürſten entſcheiden ob die Verfaſſung, wie ſie in Frankfurt entworfen iſt, ihm die nöthige Macht gebe um die ihm angetragene Würde zu behaupten und durchzuführen. Hier ſind zwei Dinge durcheinander geworfen. Wollte der König die Annahme der ihm dargebotenen Würde von der Zuſtimmung der Fürſten abhängig machen.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-09-09T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 97, 7. April 1849, S. 1483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine97_1849/3>, abgerufen am 01.06.2024.