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Allgemeine Zeitung, Nr. 87, 30. März 1900.

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Nr. 87. München, Freitag Allgemeine Zeitung 30. März 1900.
[Spaltenumbruch]

sponnen, wobei es auch indifferent ist, ob der Mann am
Spinnrad Hanotaux oder Delcasse heißt. Davon also ab-
gesehen, daß es für uns nur das Interesse einer historischen
vermischten Nachricht gehabt hätte, wenn gestern der lang
angekündigte Ministerwechsel wirklich stattgefunden hätte,
waren die jüngsten Vorgänge in der Kammer, die zu dem
angekündigten Ministerwechsel nicht führten, ganz scherzhaft.
Die Abgeordneten nahmen im Prinzip einen Antrag an, der
auf Abschaffung der Zivilklasse der Ehrenlegion ab-
zielt und gleichzeitig wurden dem Kabinet Waldeck-
Millerand-Galliffet die Pässe für die Ausstellung visirt,
ein Visum, das freilich auch wieder zurückgenommen
werden kann. Um die seusationelle, vermuthlich wir-
kungslos bleibende Zustimmung der Kammer dazu, daß
fürderhin die Ehrenlegion nur noch für Kriegsthaten und
allenfalls noch als eine Art Rettungsmedaille erster Klasse
verliehen werden soll, ganz zu begreifen, muß man wissen,
welcher Werth hier von aller Welt, namentlich aber von denjenigen
auf das rothe Bändchen gelegt wird, für die es am allerwenigsten
vorhanden sein sollte, d. h. von dem ganzen Clan der braven
Spießbürger und mehr noch von nationalen und internatio-
nalen Industrierittern, den Hintertreppensinanziers, den Ver-
tretern von Gewerben, die nicht gern am hellen Tage betrieben
werden. "Was versteht man im Auslande unter einem Franzosen",
so leitete unlängst hier der Chroniceur eines der geleseusten
Boulevardblätter, der ab und an seinen Lesern einen Spiegel
vorhält, ein Feuilleton ein. Die Antwort lautete: "Einen
Herrn mit einem Ordensband, der ungewöhnlich viel Brot
ißt." Lassen wir das Brotessen beiseite, das hat am Ende seine
Berechtigung, aber die Ordensbandmanie ist lächerlich. Unser
alter Bismarck soll einmal einem hochgefürsteten Herrn, der
ihn gegen Ende des Krieges 1870/71 mit der Bemerkung
anging, es sei doch schade, daß das Eiserne Kreuz an gar so
Viele vergeben würde, geantwortet haben: "Was wollen Sie,
Hoheit; die Einen erhalten es, weil sie es verdient haben,
und dagegen läßt sich doch um Ende nichts sagen, und
die Anderen, wie Hoheit und ich, bekommen es aus
Courtoisie, und dagegen ist doch auch nichts einzuwenden!"
So geht es mit den Orden bei uns, und dagegen ist, um
mit dem alten Bismarck zu reden, nichts zu erinnern oder
doch nichts wesentliches; und ferner gebietet die Sitte bei uns,
sich nicht mit dem mehr oder weniger verdienten Orden auch
auf dem Schlaf- und Hausrock zu schmücken. Bei den Einen mag
das Bescheidenheit sein, bei den Anderen Blasirtheit, das thut
nichts zur Sache; es ist so. Hier in Frankreich tritt nun,
wie erwähnt, zu unsern beiden von Bismarck bezeichneten
Kategorien von Dekorirten als dritte noch die Kategorie derer
hinzu, die ihren Orden weder verdient noch aus Courtoisie
erhalten, sondern ihn, obgleich seiner ganz unzweifelhaft nicht
würdig, erbettelt, erkauft oder erschwindelt haben. Und ab-
weichend von der bei uns herrschenden Sitte, sich, namentlich
als Zivilist, nicht im täglichen Berufsleben, auch nicht im
Wirthshaus und im Tingeltangel mit den bunten Ordens-
bändern aufzuputzen, haben gerade diejenigen Elemente
hier, die besser und naturgemäßer undekorirt wären,
die Unsitte eingebürgert, mit dem rothen oder in
Ermangelung dieses mit irgend einem anderen Bändchen,
in dem recht viel Roth ist, mit dem man also
die Leute glauben machen kann, man sei Ritter oder sonst
etwas der Ehrenlegion, immer und überall herumzurenom-
miren. Die hier grassirende Manie, sich, ohne Ausehung des
Ortes wo und der Gelegenheit, bei der es geschieht, mit ver-
dienten oder unverdienten, mit französischen oder, wie zumeist
geschieht, in Ermangelung von solchen mit fremden, ja mit
den allerexotischsten und werthlosesten Orden auszustaffiren,
geht hier so weit, daß ein moderner Gallier, der sich respektirt
und respektirt sein will, sein Ordensband nicht nur am Rock
und am Paletot auf der Straße, nicht nur in Kaffee- und
in sonst was für Häusern trägt, sondern auch Mittel findet,
es am Pelzwerk seines Wintermantels einzunestelen und an
seinem Badetrikot im Seebade anzubringen. Mit alledem
will nun die Kammer aufräumen, es fragt sich nur wer's
glaubt!



Bayerischer Landtag.
Sitzung des Finanzausschusses.

Vor Eintritt in die Tages-
ordnung fragt Vorsitzender Dr. Daller an, ob es nicht
möglich sei, vor Ostern noch die Deukschrift über das
Volksschulwesen
den Mitgliedern des Finanzausschusses
zuzustellen, was von der Staatsregierung zugesagt wird.

Kapitel 18. "Kupferstich- und Handzeichnungen-
Kabinet", Persönliche Ausgabe.
Tit. 1 a. Es ist be-
absichtigt den Konservator zu pragmatisiren; der hiezu postulirte
Betrag von 3720 M. wird genehmigt. § 2 Tit. 1 und 2 mit
einem Gesammtkostenbetrag von 20,061 M. erhält gleichfalls
die Genehmigung, ebenso die sächlichen Ausgaben mit
11,140 M. § 3. Zum Ankauf von Kupferstichen und
Handzeichnungen,
postulirter Betrag 20,000 M., gegen
ein Jahr der XXIV. Finanzperiode ein Mehr von 8500 M.

Kultusminister Dr. v. Landmann betont, daß dieser
Mehrbetrag zur Ergänzung des Kupferstich- und Handzeich-
nungenkabinets erforderlich sei.

Abg. v. Vollmar:

Es sei nicht zu verkennen, daß in
der That beim Kupferstichkabinet große Lücken vorhanden
seien und daß mit diesem Mehrpostulat die größten Lücken
ausgefüllt werden könnten. Man könne hier wohl noch weiter
in der Bewilligung gehen. Redner wünscht ferner, daß
über den Handzeichnungen der graphische Theil nicht ver-
nachlässigt werden solle. Auch wäre es wünschenswerth, wenn
das Kupferstichkabinet auch an Sonntagen geöffnet sein möge.

Abg. Dr. Deinhard regt an, daß in den periodischen
Ausstellungen ein öfterer Wechsel stattfinden möge und spricht
sich für Erhöhung der Position aus.

Die Position des Etats wird bewilligt. Bei Kap. 19,
"Kunstgewerbeschulen", sind für die persönlichen
Ausgaben
178,435 M. gefordert. Diese werden nach näheren
Aufschlüssen des Ministers ohne Debatte genehmigt. Die
sächlichen Ausgaben enthalten eine Mehrung von 2850 M.
im ordentlichen Etat, bedingt durch die räumliche Erweiterung
der Kunstgewerbeschule in München, für die innere Einrich-
tung des Neubaues der weiblichen Abtheilung werden im
außerordentlichen Etat 30,093 M. gefordert, ebenso zur
außerordentlichen Ergänzung der Unterrichtsmittel 3907 M.
Referent Dr. Schädler ersucht um verschiedene Aufklärungen,
die der Minister gibt, worauf der Ansatz genehmigt wird.

Kap. 20, "Bayerisches Nationalmuseum", mit
[Spaltenumbruch] einem Gesammtansatz von 232,377 M. (86,766 M. mehr als
im Vorjahr). Auf Anfrage des Referenten Dr. Schädler
bemerkt der Minister, daß das Museum nicht vor Ende
September 1900 geöffnet werden könne. Weiter fragt Refe-
rent
an, wie es mit der Aufnahme der Funde bei der Limes-
forschung
in das Museum sei; er habe gehört, daß diese
Funde auch aus bayerischem Gebiete nach der Saalburg
kommen sollen.

Abg. v. Vollmar tadelt gleichfalls die Unterbringung
dieser Funde in die Saalburg, und bemerkt, daß er auf Grund
eines gestern genommenen Augenscheins sagen müsse, daß das
Nationalmuseum ein Kleinod ersten Ranges zu werden ver-
spreche. Was den Eröffnungstermin betreffe, so glaube er,
daß man die Eröffnung vornehmen könne, sobald die unteren
Räume des Museums vollständig eingerichtet seien. Schließ-
lich fragt Redner an, ob die Zeitungsnachrichten über die
mißlichen Feuchtigkeitsverhältnisse in dem Neubau begründet
seien.

Abg. Dr. Deinhard weiß aus den Veröffentlichungen
der Limes-Kommission, daß sehr wenig wirklich werthvolle
Gegenstände gefunden wurden, meist seien es sehr ähnliche
Dinge, von denen ruhig ein Theil in die Saalburg kommen
könne, damit dort möglichste Vollständigkeit erreicht werde.
Die Hauptergebnisse, die Aufschlüsse über den Limes mit seinen
Kastellen, Straßenzügen, Grenzvermarkungen, bleiben uns doch.
Das neue Nationalmuseum erscheint ihm als ein Unikum auf
der Welt durch seinen Reichthum, seine wunderbar künstlerisch
wirksame Aufstellung, das Ineinanderschmiegen von Architektur
und Sammlung. Die Sammlung wirke immer überraschend
einheitlich, nie ermüdend, die Gegenstände prägen sich merk-
würdig dem Gedächtniß ein. Redner bedauert aber, daß dort
jetzt Seitenflügel für das Münzkabinet angebaut werden sollen;
das sei nur ein neues Provisorium, man brauche den Platz
doch bald selbst.

Abg. Dr. Daller erkennt gleichfalls den hohen Werth
des neuen Nationalmuseums an und erklärt sich damit ein-
verstanden, daß einzelne interessante Funde der Limes-
Forschung im Lande bleiben.

Kultusminister Dr. v. Landmann ist erfreut über die
Anerkennung, die die Einrichtung des Museums bei den Vor-
rednern gefunden habe. Bezüglich der Limes-Funde theile er
gleichfalls die Auffassung der Vorredner, allein es handle sich
zum großen Theil um Gegenstände, die der unbedingten Ver-
fügungsgewalt der Staatsregierung entrückt seien, immerhin
könne man auf die in Frage kommenden Gemeinden und
historischen Vereine einwirken. Komme man einmal dazu, ein
eigenes Limes-Museum zu gründen, so sei die Willibaldsburg
bei Eichstätt der geeignete Ort hiezu. Was die Bau-
verhältnisse
des neuen Museums anlange, so beruhten die
betreffenden Zeitungsnachrichten in der Hauptsache auf ge-
hässigen Uebertreibungen.
Die Bedenken des Abg.
Dr. Deinhard wegen der Unterbringung des Münzkabinets
in einem Erweiterungsbau des neuen Nationalmuseums theile
er nicht.

Abg. v. Vollmar ist mit der Entfernung des Münz-
kabinets aus dem Wilhelminum einverstanden, glaubt aber,
daß ein etwaiger Erweiterungsban den Zwecken des Museums
reservirt bleiben müsse. Der vom Minister ausgesprochenen
Idee bezüglich der Willibaldburg stehe er durchaus sympathisch
gegenüber.

Oberbaurath Stempel gibt beruhigende Mitthei-
lungen über die Bauverhältnisse, insbesondere über die be-
hauptete Feuchtigkeit im neuen Nationalmuseum, von einem
Hausschwamm sei keine Rede, eine Gefährdung der Samm-
lungen sei absolut ausgeschlossen.

Im einzelnen wird u. a. die Aufstellung eines weiteren
Konservators genehmigt. Der Minister stellt die Ein-
bringung eines Nachtragspostulats in Aussicht, das die
Anfstellung von 13 weiteren Dienern bezwecke. -- Die sämmt-
lichen Positionen werden genehmigt.

Bei § 5, "Generalkonservatorium der Kunst-
denkmale und Alterthümer Bayerns",
sind 31,200 M.
postulirt. Referent Dr. Schädler fragt an, wie weit die
Inventarisirung der Kunstdenkmale Bayerns fortgeschritten,
sowie für welche kirchliche oder andere Kunst- und Geschichts-
denkmale die sub 6 eingesetzten 20,000 M. verwendet worden
seien. Der Knltusminister bemerkt, daß die Inventarisi-
rung der Denkmäler von Oberbayern, Niederbayern und des
größeren Theils der Oberpfalz erfolgt sei, während die Publika-
tion sich zur Zeit noch auf einen Theil von Oberbayern be-
schränke. Referent kommt auf einen Vorwurf zurück, der
in der Presse dahin erhoben worden sei, es sei die katholische
Kirche gegenüber der protestantischen bei Gewährung von
Beiträgen bevorzugt worden. Der Minister gibt Aufschluß
über die einzelnen Zuwendungen und bemerkt, daß die zur
Verfügung stehende Summe im Mißverhältniß zu der großen
Zah! von Gesuchen stehe, er beantrage deßhalb, im außer-
ordentlichen Etat einen Mehrbetrag von 10,000 M. einstellen
zu wollen. Von einer Bevorzugung der katholischen Kirche
könne nicht gesprochen werden; die betreffende Beschwerde sei
dürchaus unbegründet. Von der Sebalduskirche in Nürnberg
insbesondere sei überhaupt kein Gesuch um Gewährung eines
Zuschusses aus dem Fonds zur Förderung und Pflege der
Kunst vorgelegen, das Gesuch der Protestationskirche in
Speyer sei von der berufenen Kommission aus künstlerischen
Gründen nicht begutachtet worden.

Abg. v. Vollmar glaubt, daß die Kriegerdenkmäler,
wie sie bei uns hergestellt würden, mit der Kunst gar nichts
zu thun hätten, es rechtfertige sich für solche Denkmäler also
die Gewährung von Zuschüssen aus dem beregten Fonds
nicht. Zu beklagen sei, daß vielfach aus mangelndem Kunft-
verständniß werthvolle Kunstgegenstände von unberufener Seite
aus Kirchen und anderen Gebäuden veräußert würden. Der
Minister gibt Aufschluß über die Voraussetzungen, unter
denen staatliche Zuwendungen erfolgen; für die Staatsregie-
rung sei in erster Linie das Gutachten maßgebend, das
die zu diesem Zweck aus Künstler- und Architektenkreisen ge-
bildete Kommission abgebe.

Der Ausschuß beschließt, die von der Staatsregierung
vorgeschlagene Erhöhung der Position um 1000 M. zu ge-
nehmigen.

Außerhalb der Tagesordnung verwahrt sich der
Vorsitzende
Dr. Daller gegen eine Bemerkung der
"Münchener Neuesten Nachrichten",
wonach der gestrige
Vorgang im Ausschuß hinsichtlich der Behandlung der lex
Heinze "von der Majorität mit der Regierung ver-
abredet gewesen sei".
Diese Bemerkung sei unzu-
treffend.

[Spaltenumbruch]

Kultusminister Dr. v. Landmann bestätigt,
daß zwischen ihm und
Dr. Daller über die Sache
vorher nicht gesprochen worden sei.

Nächste Sitzung: morgen Nachmittag 4 Uhr. (Fort-
setzung des Kultusetats.
)



Sitzung des Ausschusses für Maßnahmen gegen
Ueberschwemmungsgefahr.

Zur Berathung liegt eine
nachträglich eingelaufene Petition vor, gestellt von 14 Trieb-
werksbesitzern des Trubbachthals bei Forchheim, die eine ge-
setzliche Regelung der Wässerungsrechte wünschen. Beide
Referenten, Abg. v. Leistner und Abg. Daiser, beantragen
Hinübergabe dieser Petition an die Staatsregierung als
Material zur bevorstehenden Revision der Wassergesetze, welchem
Antrag gemäß beschlossen wird.

Referent Abg. v. Leistner berichtet nun über die dem
Ausschusse zu unterbreitende Resolution und schlägt fol-
gende Fassung vor: "Es sei die Staatsregierung zu er-
suchen, die Gesetze vom 28. Mai 1852, die Benutzung des
Wassers, die Be- und Entwässerung, den Uferschutz und den
Schutz gegen Ueberschwemmungen betreffend, zu revidiren und
dem Landtage bei seinem nächsten Zusammentreten einen
diese drei Gesetze vereinigenden, einheitlichen Gesetzentwurf
vorzulegen, wobei die der kgl. Staatsregierung als Ma-
terial zur Gesetzesrevision hinübergegebenen Petitionen
und die im Laufe der Verhandlungen zutage getretenen
Auschauungen entsprechende Berücksichtigung finden sollen.
Bezüglich der zu treffenden Bestimmungen über den
Uferschutz soll die Grenze zwischen öffentlichen und
Privatgewässern weniger eng als bisher gezogen, die
Verpflichtungen des Staates und der Kreisgemeinden hin-
sichtlich der Zuschüsse zu Unternehmungen, die Hochwasser-
dämme, Uferschutz oder Korrektion von Gewässern irgend-
welcher Art zum Zwecke haben, in den Minimalleistungen ge-
setzlich festgelegt, dagegen die Befugnisse des Staates hinsicht-
lich Anordnung und Ueberwachung solcher Anlagen erweitert
werden."

Referent Abg. v. Leistner führt aus, daß der zur Zeit
bestehende Unterschied zwischen öffentlichen und Privatgewässern
nicht mehr aufrecht gehalten werden könne; es gehe nicht an,
daß der Staat für öffentliche Flüsse alles, für Privatflüsse
dagegen gar nichts leiste. Eine völlige Gleichstellung von
Privat- und öffentlichen Flüssen sei dagegen auch nicht ge-
boten, da der Eingriff in jetzt bestehende privatrechtliche Ver-
hältnisse zu groß erscheine. Es müsse bezüglich der Leistungen
des Staates und der Kreise ein Mindestsatz im Gesetz fest-
gelegt werden, etwa in der Weise, daß der Staat 50 Proz.,
der Kreis 25 Proz. und der Unternehmer 25 Proz. der Ge-
sammtkosten übernehme. Bei wenig leistungsfähigen Ge-
meinden oder Korporationen solle noch nebenbei ein fakul-
tativer Staatszuschuß gewährt werden. Referent regt ferner
noch an, dem Gedanken, noch unbenützte Wasserkräfte zu ver-
staatlichen, näher zu treten. In deren Ausnützung könne
noch sehr viel geschehen; durch zweckmäßige Anlagen am
unteren Lech und an der Wertach könne man die dortigen
Anlagen um 38 Proz. Triebkraft vermehren. An der Isar
plane die Gesellschaft Helios in Köln die Schaffung eines
Werlkanals mit 20,000 Pferdekräften, die die Städte Moos-
burg, Landshut
und Freising mit elektrischem Licht ver-
sehen sollen. Die Konzessionsertheilung durch das Bezirks-
amt Freising stehe unmittelbar bevor. Er halte es für einen
volkswirthschaftlichen Fehler, wenn man diese riesigen Kräfte
von außerbayerischen Industriellen ausnützen lasse. Die
Elektrisirung der Eisenbahnen als Ersatz für Dampfkraft sei
nur mehr eine Frage der Zeit, und hiezu könne der Staat
seine Wasserkräfte sehr wohl selbst gebrauchen.

Korreferent Abg. Daiser bespricht die Maßnahmen
gegen Wassergefahr im Hochgebirge und ist über die bezw.
Leistungen der Forstbehörden nicht sehr erbaut.

Ministerialrath v. Huber sagt zu, daß in Zukunft in
dieser Richtung das Menschenmögliche geleistet werden solle.
Gegen Katastrophen, wie im letzten September, seien alle
Vorkehrungen nicht ausreichend.

Oberforstrath Engelhardt betout besonders, daß im
Graswangthal, das Korreferent Abg. Daiser wohl be-
sonders im Auge habe, bisher schon 400,000 M. für Wild-
bachverbanungen ausgegeben wurden.

Abg. Adolf Müller stimmt der Resolution zu und ver-
tritt insbesondere die Verstaatlichung der Wasserkräfte. Er
beantragt, der Resolution noch folgenden Zusatz zu geben:
"Die Staatsregierung wird ferner ersucht, ihre besondere
Aufmerksamkeit der fystematischen staatlichen Ausnützung der
Wasserkräfte zuzuwenden und dem nächsten Landtage event.
eine diesbezügliche Vorlage zu machen."

Referent Abg. v. Leistner hält diesen Zusatz für über-
flüssig, während sich Abg. Sickenberger für diesen Zusatz
ausspricht. Es sei unerwünscht, wenn alle großen Wasser-
kräfte in die Hände weniger Unternehmer gelangen, wie z. B.
an der Isar oberhalb Großhesselohe; er wünscht, daß die Fassung
der Resolution in Bezug auf Ausnützung der Wasserkräfte
durch Privatspekulation ergänzt werde.

Vorsitzender Abg. Sartorius erkennt die Berechtigung
der beiden Ergänzungsanträge Müller und Sickenberger
nicht an. Nach dem Wortlaut des Antrags Müller müßten
alle Wasserkräfte verstaatlicht werden, was einen Eingriff in
Privatrechte bedeuten würde; diese Anschanung sei undis-
kutirbar.

Oberregierungsrath Müller:

Die Frage der Ausnützung
unbenutzter Wasserkräfte durch den Staat sei erwägenswerth.
Versäumt sei hierin noch nichts, nur für die Anlage in Gerst-
hofen sei eine Konzession auf 90 Jahre gegeben, bei allen
anderen, auch bei den Anlagen von Heilmann u. Litt-
mann,
sind die Konzessionen nur auf Ruf und Widerruf
verliehen. In der nächsten Tagung des Landtags schon einen
Gesetzentwurf betr. die Aenderung der Wassergesetze vorzulegen,
sei unmöglich, da die Vorarbeiten hiezu zu umfassend sind.

Hierauf Vertagung. Nächste Sitzung Freitag, 30. März.



[irrelevantes Material]
Nr. 87. München, Freitag Allgemeine Zeitung 30. März 1900.
[Spaltenumbruch]

ſponnen, wobei es auch indifferent iſt, ob der Mann am
Spinnrad Hanotaux oder Delcaſſé heißt. Davon alſo ab-
geſehen, daß es für uns nur das Intereſſe einer hiſtoriſchen
vermiſchten Nachricht gehabt hätte, wenn geſtern der lang
angekündigte Miniſterwechſel wirklich ſtattgefunden hätte,
waren die jüngſten Vorgänge in der Kammer, die zu dem
angekündigten Miniſterwechſel nicht führten, ganz ſcherzhaft.
Die Abgeordneten nahmen im Prinzip einen Antrag an, der
auf Abſchaffung der Zivilklaſſe der Ehrenlegion ab-
zielt und gleichzeitig wurden dem Kabinet Waldeck-
Millerand-Galliffet die Päſſe für die Ausſtellung viſirt,
ein Viſum, das freilich auch wieder zurückgenommen
werden kann. Um die ſeuſationelle, vermuthlich wir-
kungslos bleibende Zuſtimmung der Kammer dazu, daß
fürderhin die Ehrenlegion nur noch für Kriegsthaten und
allenfalls noch als eine Art Rettungsmedaille erſter Klaſſe
verliehen werden ſoll, ganz zu begreifen, muß man wiſſen,
welcher Werth hier von aller Welt, namentlich aber von denjenigen
auf das rothe Bändchen gelegt wird, für die es am allerwenigſten
vorhanden ſein ſollte, d. h. von dem ganzen Clan der braven
Spießbürger und mehr noch von nationalen und internatio-
nalen Induſtrierittern, den Hintertreppenſinanziers, den Ver-
tretern von Gewerben, die nicht gern am hellen Tage betrieben
werden. „Was verſteht man im Auslande unter einem Franzoſen“,
ſo leitete unlängſt hier der Chroniceur eines der geleſeuſten
Boulevardblätter, der ab und an ſeinen Leſern einen Spiegel
vorhält, ein Feuilleton ein. Die Antwort lautete: „Einen
Herrn mit einem Ordensband, der ungewöhnlich viel Brot
ißt.“ Laſſen wir das Broteſſen beiſeite, das hat am Ende ſeine
Berechtigung, aber die Ordensbandmanie iſt lächerlich. Unſer
alter Bismarck ſoll einmal einem hochgefürſteten Herrn, der
ihn gegen Ende des Krieges 1870/71 mit der Bemerkung
anging, es ſei doch ſchade, daß das Eiſerne Kreuz an gar ſo
Viele vergeben würde, geantwortet haben: „Was wollen Sie,
Hoheit; die Einen erhalten es, weil ſie es verdient haben,
und dagegen läßt ſich doch um Ende nichts ſagen, und
die Anderen, wie Hoheit und ich, bekommen es aus
Courtoiſie, und dagegen iſt doch auch nichts einzuwenden!“
So geht es mit den Orden bei uns, und dagegen iſt, um
mit dem alten Bismarck zu reden, nichts zu erinnern oder
doch nichts weſentliches; und ferner gebietet die Sitte bei uns,
ſich nicht mit dem mehr oder weniger verdienten Orden auch
auf dem Schlaf- und Hausrock zu ſchmücken. Bei den Einen mag
das Beſcheidenheit ſein, bei den Anderen Blaſirtheit, das thut
nichts zur Sache; es iſt ſo. Hier in Frankreich tritt nun,
wie erwähnt, zu unſern beiden von Bismarck bezeichneten
Kategorien von Dekorirten als dritte noch die Kategorie derer
hinzu, die ihren Orden weder verdient noch aus Courtoiſie
erhalten, ſondern ihn, obgleich ſeiner ganz unzweifelhaft nicht
würdig, erbettelt, erkauft oder erſchwindelt haben. Und ab-
weichend von der bei uns herrſchenden Sitte, ſich, namentlich
als Ziviliſt, nicht im täglichen Berufsleben, auch nicht im
Wirthshaus und im Tingeltangel mit den bunten Ordens-
bändern aufzuputzen, haben gerade diejenigen Elemente
hier, die beſſer und naturgemäßer undekorirt wären,
die Unſitte eingebürgert, mit dem rothen oder in
Ermangelung dieſes mit irgend einem anderen Bändchen,
in dem recht viel Roth iſt, mit dem man alſo
die Leute glauben machen kann, man ſei Ritter oder ſonſt
etwas der Ehrenlegion, immer und überall herumzurenom-
miren. Die hier graſſirende Manie, ſich, ohne Auſehung des
Ortes wo und der Gelegenheit, bei der es geſchieht, mit ver-
dienten oder unverdienten, mit franzöſiſchen oder, wie zumeiſt
geſchieht, in Ermangelung von ſolchen mit fremden, ja mit
den allerexotiſchſten und werthloſeſten Orden auszuſtaffiren,
geht hier ſo weit, daß ein moderner Gallier, der ſich reſpektirt
und reſpektirt ſein will, ſein Ordensband nicht nur am Rock
und am Paletot auf der Straße, nicht nur in Kaffee- und
in ſonſt was für Häuſern trägt, ſondern auch Mittel findet,
es am Pelzwerk ſeines Wintermantels einzuneſtelen und an
ſeinem Badetrikot im Seebade anzubringen. Mit alledem
will nun die Kammer aufräumen, es fragt ſich nur wer’s
glaubt!



Bayeriſcher Landtag.
Sitzung des Finanzausſchuſſes.

Vor Eintritt in die Tages-
ordnung fragt Vorſitzender Dr. Daller an, ob es nicht
möglich ſei, vor Oſtern noch die Deukſchrift über das
Volksſchulweſen
den Mitgliedern des Finanzausſchuſſes
zuzuſtellen, was von der Staatsregierung zugeſagt wird.

Kapitel 18. „Kupferſtich- und Handzeichnungen-
Kabinet“, Perſönliche Ausgabe.
Tit. 1 a. Es iſt be-
abſichtigt den Konſervator zu pragmatiſiren; der hiezu poſtulirte
Betrag von 3720 M. wird genehmigt. § 2 Tit. 1 und 2 mit
einem Geſammtkoſtenbetrag von 20,061 M. erhält gleichfalls
die Genehmigung, ebenſo die ſächlichen Ausgaben mit
11,140 M. § 3. Zum Ankauf von Kupferſtichen und
Handzeichnungen,
poſtulirter Betrag 20,000 M., gegen
ein Jahr der XXIV. Finanzperiode ein Mehr von 8500 M.

Kultusminiſter Dr. v. Landmann betont, daß dieſer
Mehrbetrag zur Ergänzung des Kupferſtich- und Handzeich-
nungenkabinets erforderlich ſei.

Abg. v. Vollmar:

Es ſei nicht zu verkennen, daß in
der That beim Kupferſtichkabinet große Lücken vorhanden
ſeien und daß mit dieſem Mehrpoſtulat die größten Lücken
ausgefüllt werden könnten. Man könne hier wohl noch weiter
in der Bewilligung gehen. Redner wünſcht ferner, daß
über den Handzeichnungen der graphiſche Theil nicht ver-
nachläſſigt werden ſolle. Auch wäre es wünſchenswerth, wenn
das Kupferſtichkabinet auch an Sonntagen geöffnet ſein möge.

Abg. Dr. Deinhard regt an, daß in den periodiſchen
Ausſtellungen ein öfterer Wechſel ſtattfinden möge und ſpricht
ſich für Erhöhung der Poſition aus.

Die Poſition des Etats wird bewilligt. Bei Kap. 19,
„Kunſtgewerbeſchulen“, ſind für die perſönlichen
Ausgaben
178,435 M. gefordert. Dieſe werden nach näheren
Aufſchlüſſen des Miniſters ohne Debatte genehmigt. Die
ſächlichen Ausgaben enthalten eine Mehrung von 2850 M.
im ordentlichen Etat, bedingt durch die räumliche Erweiterung
der Kunſtgewerbeſchule in München, für die innere Einrich-
tung des Neubaues der weiblichen Abtheilung werden im
außerordentlichen Etat 30,093 M. gefordert, ebenſo zur
außerordentlichen Ergänzung der Unterrichtsmittel 3907 M.
Referent Dr. Schädler erſucht um verſchiedene Aufklärungen,
die der Miniſter gibt, worauf der Anſatz genehmigt wird.

Kap. 20, „Bayeriſches Nationalmuſeum“, mit
[Spaltenumbruch] einem Geſammtanſatz von 232,377 M. (86,766 M. mehr als
im Vorjahr). Auf Anfrage des Referenten Dr. Schädler
bemerkt der Miniſter, daß das Muſeum nicht vor Ende
September 1900 geöffnet werden könne. Weiter fragt Refe-
rent
an, wie es mit der Aufnahme der Funde bei der Limes-
forſchung
in das Muſeum ſei; er habe gehört, daß dieſe
Funde auch aus bayeriſchem Gebiete nach der Saalburg
kommen ſollen.

Abg. v. Vollmar tadelt gleichfalls die Unterbringung
dieſer Funde in die Saalburg, und bemerkt, daß er auf Grund
eines geſtern genommenen Augenſcheins ſagen müſſe, daß das
Nationalmuſeum ein Kleinod erſten Ranges zu werden ver-
ſpreche. Was den Eröffnungstermin betreffe, ſo glaube er,
daß man die Eröffnung vornehmen könne, ſobald die unteren
Räume des Muſeums vollſtändig eingerichtet ſeien. Schließ-
lich fragt Redner an, ob die Zeitungsnachrichten über die
mißlichen Feuchtigkeitsverhältniſſe in dem Neubau begründet
ſeien.

Abg. Dr. Deinhard weiß aus den Veröffentlichungen
der Limes-Kommiſſion, daß ſehr wenig wirklich werthvolle
Gegenſtände gefunden wurden, meiſt ſeien es ſehr ähnliche
Dinge, von denen ruhig ein Theil in die Saalburg kommen
könne, damit dort möglichſte Vollſtändigkeit erreicht werde.
Die Hauptergebniſſe, die Aufſchlüſſe über den Limes mit ſeinen
Kaſtellen, Straßenzügen, Grenzvermarkungen, bleiben uns doch.
Das neue Nationalmuſeum erſcheint ihm als ein Unikum auf
der Welt durch ſeinen Reichthum, ſeine wunderbar künſtleriſch
wirkſame Aufſtellung, das Ineinanderſchmiegen von Architektur
und Sammlung. Die Sammlung wirke immer überraſchend
einheitlich, nie ermüdend, die Gegenſtände prägen ſich merk-
würdig dem Gedächtniß ein. Redner bedauert aber, daß dort
jetzt Seitenflügel für das Münzkabinet angebaut werden ſollen;
das ſei nur ein neues Proviſorium, man brauche den Platz
doch bald ſelbſt.

Abg. Dr. Daller erkennt gleichfalls den hohen Werth
des neuen Nationalmuſeums an und erklärt ſich damit ein-
verſtanden, daß einzelne intereſſante Funde der Limes-
Forſchung im Lande bleiben.

Kultusminiſter Dr. v. Landmann iſt erfreut über die
Anerkennung, die die Einrichtung des Muſeums bei den Vor-
rednern gefunden habe. Bezüglich der Limes-Funde theile er
gleichfalls die Auffaſſung der Vorredner, allein es handle ſich
zum großen Theil um Gegenſtände, die der unbedingten Ver-
fügungsgewalt der Staatsregierung entrückt ſeien, immerhin
könne man auf die in Frage kommenden Gemeinden und
hiſtoriſchen Vereine einwirken. Komme man einmal dazu, ein
eigenes Limes-Muſeum zu gründen, ſo ſei die Willibaldsburg
bei Eichſtätt der geeignete Ort hiezu. Was die Bau-
verhältniſſe
des neuen Muſeums anlange, ſo beruhten die
betreffenden Zeitungsnachrichten in der Hauptſache auf ge-
häſſigen Uebertreibungen.
Die Bedenken des Abg.
Dr. Deinhard wegen der Unterbringung des Münzkabinets
in einem Erweiterungsbau des neuen Nationalmuſeums theile
er nicht.

Abg. v. Vollmar iſt mit der Entfernung des Münz-
kabinets aus dem Wilhelminum einverſtanden, glaubt aber,
daß ein etwaiger Erweiterungsban den Zwecken des Muſeums
reſervirt bleiben müſſe. Der vom Miniſter ausgeſprochenen
Idee bezüglich der Willibaldburg ſtehe er durchaus ſympathiſch
gegenüber.

Oberbaurath Stempel gibt beruhigende Mitthei-
lungen über die Bauverhältniſſe, insbeſondere über die be-
hauptete Feuchtigkeit im neuen Nationalmuſeum, von einem
Hausſchwamm ſei keine Rede, eine Gefährdung der Samm-
lungen ſei abſolut ausgeſchloſſen.

Im einzelnen wird u. a. die Aufſtellung eines weiteren
Konſervators genehmigt. Der Miniſter ſtellt die Ein-
bringung eines Nachtragspoſtulats in Ausſicht, das die
Anfſtellung von 13 weiteren Dienern bezwecke. — Die ſämmt-
lichen Poſitionen werden genehmigt.

Bei § 5, „Generalkonſervatorium der Kunſt-
denkmale und Alterthümer Bayerns“,
ſind 31,200 M.
poſtulirt. Referent Dr. Schädler fragt an, wie weit die
Inventariſirung der Kunſtdenkmale Bayerns fortgeſchritten,
ſowie für welche kirchliche oder andere Kunſt- und Geſchichts-
denkmale die sub 6 eingeſetzten 20,000 M. verwendet worden
ſeien. Der Knltusminiſter bemerkt, daß die Inventariſi-
rung der Denkmäler von Oberbayern, Niederbayern und des
größeren Theils der Oberpfalz erfolgt ſei, während die Publika-
tion ſich zur Zeit noch auf einen Theil von Oberbayern be-
ſchränke. Referent kommt auf einen Vorwurf zurück, der
in der Preſſe dahin erhoben worden ſei, es ſei die katholiſche
Kirche gegenüber der proteſtantiſchen bei Gewährung von
Beiträgen bevorzugt worden. Der Miniſter gibt Aufſchluß
über die einzelnen Zuwendungen und bemerkt, daß die zur
Verfügung ſtehende Summe im Mißverhältniß zu der großen
Zah! von Geſuchen ſtehe, er beantrage deßhalb, im außer-
ordentlichen Etat einen Mehrbetrag von 10,000 M. einſtellen
zu wollen. Von einer Bevorzugung der katholiſchen Kirche
könne nicht geſprochen werden; die betreffende Beſchwerde ſei
dürchaus unbegründet. Von der Sebalduskirche in Nürnberg
insbeſondere ſei überhaupt kein Geſuch um Gewährung eines
Zuſchuſſes aus dem Fonds zur Förderung und Pflege der
Kunſt vorgelegen, das Geſuch der Proteſtationskirche in
Speyer ſei von der berufenen Kommiſſion aus künſtleriſchen
Gründen nicht begutachtet worden.

Abg. v. Vollmar glaubt, daß die Kriegerdenkmäler,
wie ſie bei uns hergeſtellt würden, mit der Kunſt gar nichts
zu thun hätten, es rechtfertige ſich für ſolche Denkmäler alſo
die Gewährung von Zuſchüſſen aus dem beregten Fonds
nicht. Zu beklagen ſei, daß vielfach aus mangelndem Kunft-
verſtändniß werthvolle Kunſtgegenſtände von unberufener Seite
aus Kirchen und anderen Gebäuden veräußert würden. Der
Miniſter gibt Aufſchluß über die Vorausſetzungen, unter
denen ſtaatliche Zuwendungen erfolgen; für die Staatsregie-
rung ſei in erſter Linie das Gutachten maßgebend, das
die zu dieſem Zweck aus Künſtler- und Architektenkreiſen ge-
bildete Kommiſſion abgebe.

Der Ausſchuß beſchließt, die von der Staatsregierung
vorgeſchlagene Erhöhung der Poſition um 1000 M. zu ge-
nehmigen.

Außerhalb der Tagesordnung verwahrt ſich der
Vorſitzende
Dr. Daller gegen eine Bemerkung der
„Münchener Neueſten Nachrichten“,
wonach der geſtrige
Vorgang im Ausſchuß hinſichtlich der Behandlung der lex
Heinze „von der Majorität mit der Regierung ver-
abredet geweſen ſei“.
Dieſe Bemerkung ſei unzu-
treffend.

[Spaltenumbruch]

Kultusminiſter Dr. v. Landmann beſtätigt,
daß zwiſchen ihm und
Dr. Daller über die Sache
vorher nicht geſprochen worden ſei.

Nächſte Sitzung: morgen Nachmittag 4 Uhr. (Fort-
ſetzung des Kultusetats.
)



Sitzung des Ausſchuſſes für Maßnahmen gegen
Ueberſchwemmungsgefahr.

Zur Berathung liegt eine
nachträglich eingelaufene Petition vor, geſtellt von 14 Trieb-
werksbeſitzern des Trubbachthals bei Forchheim, die eine ge-
ſetzliche Regelung der Wäſſerungsrechte wünſchen. Beide
Referenten, Abg. v. Leiſtner und Abg. Daiſer, beantragen
Hinübergabe dieſer Petition an die Staatsregierung als
Material zur bevorſtehenden Reviſion der Waſſergeſetze, welchem
Antrag gemäß beſchloſſen wird.

Referent Abg. v. Leiſtner berichtet nun über die dem
Ausſchuſſe zu unterbreitende Reſolution und ſchlägt fol-
gende Faſſung vor: „Es ſei die Staatsregierung zu er-
ſuchen, die Geſetze vom 28. Mai 1852, die Benutzung des
Waſſers, die Be- und Entwäſſerung, den Uferſchutz und den
Schutz gegen Ueberſchwemmungen betreffend, zu revidiren und
dem Landtage bei ſeinem nächſten Zuſammentreten einen
dieſe drei Geſetze vereinigenden, einheitlichen Geſetzentwurf
vorzulegen, wobei die der kgl. Staatsregierung als Ma-
terial zur Geſetzesreviſion hinübergegebenen Petitionen
und die im Laufe der Verhandlungen zutage getretenen
Auſchauungen entſprechende Berückſichtigung finden ſollen.
Bezüglich der zu treffenden Beſtimmungen über den
Uferſchutz ſoll die Grenze zwiſchen öffentlichen und
Privatgewäſſern weniger eng als bisher gezogen, die
Verpflichtungen des Staates und der Kreisgemeinden hin-
ſichtlich der Zuſchüſſe zu Unternehmungen, die Hochwaſſer-
dämme, Uferſchutz oder Korrektion von Gewäſſern irgend-
welcher Art zum Zwecke haben, in den Minimalleiſtungen ge-
ſetzlich feſtgelegt, dagegen die Befugniſſe des Staates hinſicht-
lich Anordnung und Ueberwachung ſolcher Anlagen erweitert
werden.“

Referent Abg. v. Leiſtner führt aus, daß der zur Zeit
beſtehende Unterſchied zwiſchen öffentlichen und Privatgewäſſern
nicht mehr aufrecht gehalten werden könne; es gehe nicht an,
daß der Staat für öffentliche Flüſſe alles, für Privatflüſſe
dagegen gar nichts leiſte. Eine völlige Gleichſtellung von
Privat- und öffentlichen Flüſſen ſei dagegen auch nicht ge-
boten, da der Eingriff in jetzt beſtehende privatrechtliche Ver-
hältniſſe zu groß erſcheine. Es müſſe bezüglich der Leiſtungen
des Staates und der Kreiſe ein Mindeſtſatz im Geſetz feſt-
gelegt werden, etwa in der Weiſe, daß der Staat 50 Proz.,
der Kreis 25 Proz. und der Unternehmer 25 Proz. der Ge-
ſammtkoſten übernehme. Bei wenig leiſtungsfähigen Ge-
meinden oder Korporationen ſolle noch nebenbei ein fakul-
tativer Staatszuſchuß gewährt werden. Referent regt ferner
noch an, dem Gedanken, noch unbenützte Waſſerkräfte zu ver-
ſtaatlichen, näher zu treten. In deren Ausnützung könne
noch ſehr viel geſchehen; durch zweckmäßige Anlagen am
unteren Lech und an der Wertach könne man die dortigen
Anlagen um 38 Proz. Triebkraft vermehren. An der Iſar
plane die Geſellſchaft Helios in Köln die Schaffung eines
Werlkanals mit 20,000 Pferdekräften, die die Städte Moos-
burg, Landshut
und Freiſing mit elektriſchem Licht ver-
ſehen ſollen. Die Konzeſſionsertheilung durch das Bezirks-
amt Freiſing ſtehe unmittelbar bevor. Er halte es für einen
volkswirthſchaftlichen Fehler, wenn man dieſe rieſigen Kräfte
von außerbayeriſchen Induſtriellen ausnützen laſſe. Die
Elektriſirung der Eiſenbahnen als Erſatz für Dampfkraft ſei
nur mehr eine Frage der Zeit, und hiezu könne der Staat
ſeine Waſſerkräfte ſehr wohl ſelbſt gebrauchen.

Korreferent Abg. Daiſer beſpricht die Maßnahmen
gegen Waſſergefahr im Hochgebirge und iſt über die bezw.
Leiſtungen der Forſtbehörden nicht ſehr erbaut.

Miniſterialrath v. Huber ſagt zu, daß in Zukunft in
dieſer Richtung das Menſchenmögliche geleiſtet werden ſolle.
Gegen Kataſtrophen, wie im letzten September, ſeien alle
Vorkehrungen nicht ausreichend.

Oberforſtrath Engelhardt betout beſonders, daß im
Graswangthal, das Korreferent Abg. Daiſer wohl be-
ſonders im Auge habe, bisher ſchon 400,000 M. für Wild-
bachverbanungen ausgegeben wurden.

Abg. Adolf Müller ſtimmt der Reſolution zu und ver-
tritt insbeſondere die Verſtaatlichung der Waſſerkräfte. Er
beantragt, der Reſolution noch folgenden Zuſatz zu geben:
„Die Staatsregierung wird ferner erſucht, ihre beſondere
Aufmerkſamkeit der fyſtematiſchen ſtaatlichen Ausnützung der
Waſſerkräfte zuzuwenden und dem nächſten Landtage event.
eine diesbezügliche Vorlage zu machen.“

Referent Abg. v. Leiſtner hält dieſen Zuſatz für über-
flüſſig, während ſich Abg. Sickenberger für dieſen Zuſatz
ausſpricht. Es ſei unerwünſcht, wenn alle großen Waſſer-
kräfte in die Hände weniger Unternehmer gelangen, wie z. B.
an der Iſar oberhalb Großheſſelohe; er wünſcht, daß die Faſſung
der Reſolution in Bezug auf Ausnützung der Waſſerkräfte
durch Privatſpekulation ergänzt werde.

Vorſitzender Abg. Sartorius erkennt die Berechtigung
der beiden Ergänzungsanträge Müller und Sickenberger
nicht an. Nach dem Wortlaut des Antrags Müller müßten
alle Waſſerkräfte verſtaatlicht werden, was einen Eingriff in
Privatrechte bedeuten würde; dieſe Anſchanung ſei undis-
kutirbar.

Oberregierungsrath Müller:

Die Frage der Ausnützung
unbenutzter Waſſerkräfte durch den Staat ſei erwägenswerth.
Verſäumt ſei hierin noch nichts, nur für die Anlage in Gerſt-
hofen ſei eine Konzeſſion auf 90 Jahre gegeben, bei allen
anderen, auch bei den Anlagen von Heilmann u. Litt-
mann,
ſind die Konzeſſionen nur auf Ruf und Widerruf
verliehen. In der nächſten Tagung des Landtags ſchon einen
Geſetzentwurf betr. die Aenderung der Waſſergeſetze vorzulegen,
ſei unmöglich, da die Vorarbeiten hiezu zu umfaſſend ſind.

Hierauf Vertagung. Nächſte Sitzung Freitag, 30. März.



[irrelevantes Material]
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[3/0003] Nr. 87. München, Freitag Allgemeine Zeitung 30. März 1900. ſponnen, wobei es auch indifferent iſt, ob der Mann am Spinnrad Hanotaux oder Delcaſſé heißt. Davon alſo ab- geſehen, daß es für uns nur das Intereſſe einer hiſtoriſchen vermiſchten Nachricht gehabt hätte, wenn geſtern der lang angekündigte Miniſterwechſel wirklich ſtattgefunden hätte, waren die jüngſten Vorgänge in der Kammer, die zu dem angekündigten Miniſterwechſel nicht führten, ganz ſcherzhaft. Die Abgeordneten nahmen im Prinzip einen Antrag an, der auf Abſchaffung der Zivilklaſſe der Ehrenlegion ab- zielt und gleichzeitig wurden dem Kabinet Waldeck- Millerand-Galliffet die Päſſe für die Ausſtellung viſirt, ein Viſum, das freilich auch wieder zurückgenommen werden kann. Um die ſeuſationelle, vermuthlich wir- kungslos bleibende Zuſtimmung der Kammer dazu, daß fürderhin die Ehrenlegion nur noch für Kriegsthaten und allenfalls noch als eine Art Rettungsmedaille erſter Klaſſe verliehen werden ſoll, ganz zu begreifen, muß man wiſſen, welcher Werth hier von aller Welt, namentlich aber von denjenigen auf das rothe Bändchen gelegt wird, für die es am allerwenigſten vorhanden ſein ſollte, d. h. von dem ganzen Clan der braven Spießbürger und mehr noch von nationalen und internatio- nalen Induſtrierittern, den Hintertreppenſinanziers, den Ver- tretern von Gewerben, die nicht gern am hellen Tage betrieben werden. „Was verſteht man im Auslande unter einem Franzoſen“, ſo leitete unlängſt hier der Chroniceur eines der geleſeuſten Boulevardblätter, der ab und an ſeinen Leſern einen Spiegel vorhält, ein Feuilleton ein. Die Antwort lautete: „Einen Herrn mit einem Ordensband, der ungewöhnlich viel Brot ißt.“ Laſſen wir das Broteſſen beiſeite, das hat am Ende ſeine Berechtigung, aber die Ordensbandmanie iſt lächerlich. Unſer alter Bismarck ſoll einmal einem hochgefürſteten Herrn, der ihn gegen Ende des Krieges 1870/71 mit der Bemerkung anging, es ſei doch ſchade, daß das Eiſerne Kreuz an gar ſo Viele vergeben würde, geantwortet haben: „Was wollen Sie, Hoheit; die Einen erhalten es, weil ſie es verdient haben, und dagegen läßt ſich doch um Ende nichts ſagen, und die Anderen, wie Hoheit und ich, bekommen es aus Courtoiſie, und dagegen iſt doch auch nichts einzuwenden!“ So geht es mit den Orden bei uns, und dagegen iſt, um mit dem alten Bismarck zu reden, nichts zu erinnern oder doch nichts weſentliches; und ferner gebietet die Sitte bei uns, ſich nicht mit dem mehr oder weniger verdienten Orden auch auf dem Schlaf- und Hausrock zu ſchmücken. Bei den Einen mag das Beſcheidenheit ſein, bei den Anderen Blaſirtheit, das thut nichts zur Sache; es iſt ſo. Hier in Frankreich tritt nun, wie erwähnt, zu unſern beiden von Bismarck bezeichneten Kategorien von Dekorirten als dritte noch die Kategorie derer hinzu, die ihren Orden weder verdient noch aus Courtoiſie erhalten, ſondern ihn, obgleich ſeiner ganz unzweifelhaft nicht würdig, erbettelt, erkauft oder erſchwindelt haben. Und ab- weichend von der bei uns herrſchenden Sitte, ſich, namentlich als Ziviliſt, nicht im täglichen Berufsleben, auch nicht im Wirthshaus und im Tingeltangel mit den bunten Ordens- bändern aufzuputzen, haben gerade diejenigen Elemente hier, die beſſer und naturgemäßer undekorirt wären, die Unſitte eingebürgert, mit dem rothen oder in Ermangelung dieſes mit irgend einem anderen Bändchen, in dem recht viel Roth iſt, mit dem man alſo die Leute glauben machen kann, man ſei Ritter oder ſonſt etwas der Ehrenlegion, immer und überall herumzurenom- miren. Die hier graſſirende Manie, ſich, ohne Auſehung des Ortes wo und der Gelegenheit, bei der es geſchieht, mit ver- dienten oder unverdienten, mit franzöſiſchen oder, wie zumeiſt geſchieht, in Ermangelung von ſolchen mit fremden, ja mit den allerexotiſchſten und werthloſeſten Orden auszuſtaffiren, geht hier ſo weit, daß ein moderner Gallier, der ſich reſpektirt und reſpektirt ſein will, ſein Ordensband nicht nur am Rock und am Paletot auf der Straße, nicht nur in Kaffee- und in ſonſt was für Häuſern trägt, ſondern auch Mittel findet, es am Pelzwerk ſeines Wintermantels einzuneſtelen und an ſeinem Badetrikot im Seebade anzubringen. Mit alledem will nun die Kammer aufräumen, es fragt ſich nur wer’s glaubt! Bayeriſcher Landtag. Sitzung des Finanzausſchuſſes. n. München, 29. Mai.Vor Eintritt in die Tages- ordnung fragt Vorſitzender Dr. Daller an, ob es nicht möglich ſei, vor Oſtern noch die Deukſchrift über das Volksſchulweſen den Mitgliedern des Finanzausſchuſſes zuzuſtellen, was von der Staatsregierung zugeſagt wird. Kapitel 18. „Kupferſtich- und Handzeichnungen- Kabinet“, Perſönliche Ausgabe. Tit. 1 a. Es iſt be- abſichtigt den Konſervator zu pragmatiſiren; der hiezu poſtulirte Betrag von 3720 M. wird genehmigt. § 2 Tit. 1 und 2 mit einem Geſammtkoſtenbetrag von 20,061 M. erhält gleichfalls die Genehmigung, ebenſo die ſächlichen Ausgaben mit 11,140 M. § 3. Zum Ankauf von Kupferſtichen und Handzeichnungen, poſtulirter Betrag 20,000 M., gegen ein Jahr der XXIV. Finanzperiode ein Mehr von 8500 M. Kultusminiſter Dr. v. Landmann betont, daß dieſer Mehrbetrag zur Ergänzung des Kupferſtich- und Handzeich- nungenkabinets erforderlich ſei. Abg. v. Vollmar: Es ſei nicht zu verkennen, daß in der That beim Kupferſtichkabinet große Lücken vorhanden ſeien und daß mit dieſem Mehrpoſtulat die größten Lücken ausgefüllt werden könnten. Man könne hier wohl noch weiter in der Bewilligung gehen. Redner wünſcht ferner, daß über den Handzeichnungen der graphiſche Theil nicht ver- nachläſſigt werden ſolle. Auch wäre es wünſchenswerth, wenn das Kupferſtichkabinet auch an Sonntagen geöffnet ſein möge. Abg. Dr. Deinhard regt an, daß in den periodiſchen Ausſtellungen ein öfterer Wechſel ſtattfinden möge und ſpricht ſich für Erhöhung der Poſition aus. Die Poſition des Etats wird bewilligt. Bei Kap. 19, „Kunſtgewerbeſchulen“, ſind für die perſönlichen Ausgaben 178,435 M. gefordert. Dieſe werden nach näheren Aufſchlüſſen des Miniſters ohne Debatte genehmigt. Die ſächlichen Ausgaben enthalten eine Mehrung von 2850 M. im ordentlichen Etat, bedingt durch die räumliche Erweiterung der Kunſtgewerbeſchule in München, für die innere Einrich- tung des Neubaues der weiblichen Abtheilung werden im außerordentlichen Etat 30,093 M. gefordert, ebenſo zur außerordentlichen Ergänzung der Unterrichtsmittel 3907 M. Referent Dr. Schädler erſucht um verſchiedene Aufklärungen, die der Miniſter gibt, worauf der Anſatz genehmigt wird. Kap. 20, „Bayeriſches Nationalmuſeum“, mit einem Geſammtanſatz von 232,377 M. (86,766 M. mehr als im Vorjahr). Auf Anfrage des Referenten Dr. Schädler bemerkt der Miniſter, daß das Muſeum nicht vor Ende September 1900 geöffnet werden könne. Weiter fragt Refe- rent an, wie es mit der Aufnahme der Funde bei der Limes- forſchung in das Muſeum ſei; er habe gehört, daß dieſe Funde auch aus bayeriſchem Gebiete nach der Saalburg kommen ſollen. Abg. v. Vollmar tadelt gleichfalls die Unterbringung dieſer Funde in die Saalburg, und bemerkt, daß er auf Grund eines geſtern genommenen Augenſcheins ſagen müſſe, daß das Nationalmuſeum ein Kleinod erſten Ranges zu werden ver- ſpreche. Was den Eröffnungstermin betreffe, ſo glaube er, daß man die Eröffnung vornehmen könne, ſobald die unteren Räume des Muſeums vollſtändig eingerichtet ſeien. Schließ- lich fragt Redner an, ob die Zeitungsnachrichten über die mißlichen Feuchtigkeitsverhältniſſe in dem Neubau begründet ſeien. Abg. Dr. Deinhard weiß aus den Veröffentlichungen der Limes-Kommiſſion, daß ſehr wenig wirklich werthvolle Gegenſtände gefunden wurden, meiſt ſeien es ſehr ähnliche Dinge, von denen ruhig ein Theil in die Saalburg kommen könne, damit dort möglichſte Vollſtändigkeit erreicht werde. Die Hauptergebniſſe, die Aufſchlüſſe über den Limes mit ſeinen Kaſtellen, Straßenzügen, Grenzvermarkungen, bleiben uns doch. Das neue Nationalmuſeum erſcheint ihm als ein Unikum auf der Welt durch ſeinen Reichthum, ſeine wunderbar künſtleriſch wirkſame Aufſtellung, das Ineinanderſchmiegen von Architektur und Sammlung. Die Sammlung wirke immer überraſchend einheitlich, nie ermüdend, die Gegenſtände prägen ſich merk- würdig dem Gedächtniß ein. Redner bedauert aber, daß dort jetzt Seitenflügel für das Münzkabinet angebaut werden ſollen; das ſei nur ein neues Proviſorium, man brauche den Platz doch bald ſelbſt. Abg. Dr. Daller erkennt gleichfalls den hohen Werth des neuen Nationalmuſeums an und erklärt ſich damit ein- verſtanden, daß einzelne intereſſante Funde der Limes- Forſchung im Lande bleiben. Kultusminiſter Dr. v. Landmann iſt erfreut über die Anerkennung, die die Einrichtung des Muſeums bei den Vor- rednern gefunden habe. Bezüglich der Limes-Funde theile er gleichfalls die Auffaſſung der Vorredner, allein es handle ſich zum großen Theil um Gegenſtände, die der unbedingten Ver- fügungsgewalt der Staatsregierung entrückt ſeien, immerhin könne man auf die in Frage kommenden Gemeinden und hiſtoriſchen Vereine einwirken. Komme man einmal dazu, ein eigenes Limes-Muſeum zu gründen, ſo ſei die Willibaldsburg bei Eichſtätt der geeignete Ort hiezu. Was die Bau- verhältniſſe des neuen Muſeums anlange, ſo beruhten die betreffenden Zeitungsnachrichten in der Hauptſache auf ge- häſſigen Uebertreibungen. Die Bedenken des Abg. Dr. Deinhard wegen der Unterbringung des Münzkabinets in einem Erweiterungsbau des neuen Nationalmuſeums theile er nicht. Abg. v. Vollmar iſt mit der Entfernung des Münz- kabinets aus dem Wilhelminum einverſtanden, glaubt aber, daß ein etwaiger Erweiterungsban den Zwecken des Muſeums reſervirt bleiben müſſe. Der vom Miniſter ausgeſprochenen Idee bezüglich der Willibaldburg ſtehe er durchaus ſympathiſch gegenüber. Oberbaurath Stempel gibt beruhigende Mitthei- lungen über die Bauverhältniſſe, insbeſondere über die be- hauptete Feuchtigkeit im neuen Nationalmuſeum, von einem Hausſchwamm ſei keine Rede, eine Gefährdung der Samm- lungen ſei abſolut ausgeſchloſſen. Im einzelnen wird u. a. die Aufſtellung eines weiteren Konſervators genehmigt. Der Miniſter ſtellt die Ein- bringung eines Nachtragspoſtulats in Ausſicht, das die Anfſtellung von 13 weiteren Dienern bezwecke. — Die ſämmt- lichen Poſitionen werden genehmigt. Bei § 5, „Generalkonſervatorium der Kunſt- denkmale und Alterthümer Bayerns“, ſind 31,200 M. poſtulirt. Referent Dr. Schädler fragt an, wie weit die Inventariſirung der Kunſtdenkmale Bayerns fortgeſchritten, ſowie für welche kirchliche oder andere Kunſt- und Geſchichts- denkmale die sub 6 eingeſetzten 20,000 M. verwendet worden ſeien. Der Knltusminiſter bemerkt, daß die Inventariſi- rung der Denkmäler von Oberbayern, Niederbayern und des größeren Theils der Oberpfalz erfolgt ſei, während die Publika- tion ſich zur Zeit noch auf einen Theil von Oberbayern be- ſchränke. Referent kommt auf einen Vorwurf zurück, der in der Preſſe dahin erhoben worden ſei, es ſei die katholiſche Kirche gegenüber der proteſtantiſchen bei Gewährung von Beiträgen bevorzugt worden. Der Miniſter gibt Aufſchluß über die einzelnen Zuwendungen und bemerkt, daß die zur Verfügung ſtehende Summe im Mißverhältniß zu der großen Zah! von Geſuchen ſtehe, er beantrage deßhalb, im außer- ordentlichen Etat einen Mehrbetrag von 10,000 M. einſtellen zu wollen. Von einer Bevorzugung der katholiſchen Kirche könne nicht geſprochen werden; die betreffende Beſchwerde ſei dürchaus unbegründet. Von der Sebalduskirche in Nürnberg insbeſondere ſei überhaupt kein Geſuch um Gewährung eines Zuſchuſſes aus dem Fonds zur Förderung und Pflege der Kunſt vorgelegen, das Geſuch der Proteſtationskirche in Speyer ſei von der berufenen Kommiſſion aus künſtleriſchen Gründen nicht begutachtet worden. Abg. v. Vollmar glaubt, daß die Kriegerdenkmäler, wie ſie bei uns hergeſtellt würden, mit der Kunſt gar nichts zu thun hätten, es rechtfertige ſich für ſolche Denkmäler alſo die Gewährung von Zuſchüſſen aus dem beregten Fonds nicht. Zu beklagen ſei, daß vielfach aus mangelndem Kunft- verſtändniß werthvolle Kunſtgegenſtände von unberufener Seite aus Kirchen und anderen Gebäuden veräußert würden. Der Miniſter gibt Aufſchluß über die Vorausſetzungen, unter denen ſtaatliche Zuwendungen erfolgen; für die Staatsregie- rung ſei in erſter Linie das Gutachten maßgebend, das die zu dieſem Zweck aus Künſtler- und Architektenkreiſen ge- bildete Kommiſſion abgebe. Der Ausſchuß beſchließt, die von der Staatsregierung vorgeſchlagene Erhöhung der Poſition um 1000 M. zu ge- nehmigen. Außerhalb der Tagesordnung verwahrt ſich der Vorſitzende Dr. Daller gegen eine Bemerkung der „Münchener Neueſten Nachrichten“, wonach der geſtrige Vorgang im Ausſchuß hinſichtlich der Behandlung der lex Heinze „von der Majorität mit der Regierung ver- abredet geweſen ſei“. Dieſe Bemerkung ſei unzu- treffend. Kultusminiſter Dr. v. Landmann beſtätigt, daß zwiſchen ihm und Dr. Daller über die Sache vorher nicht geſprochen worden ſei. Nächſte Sitzung: morgen Nachmittag 4 Uhr. (Fort- ſetzung des Kultusetats.) Sitzung des Ausſchuſſes für Maßnahmen gegen Ueberſchwemmungsgefahr. r. München, 28. März.Zur Berathung liegt eine nachträglich eingelaufene Petition vor, geſtellt von 14 Trieb- werksbeſitzern des Trubbachthals bei Forchheim, die eine ge- ſetzliche Regelung der Wäſſerungsrechte wünſchen. Beide Referenten, Abg. v. Leiſtner und Abg. Daiſer, beantragen Hinübergabe dieſer Petition an die Staatsregierung als Material zur bevorſtehenden Reviſion der Waſſergeſetze, welchem Antrag gemäß beſchloſſen wird. Referent Abg. v. Leiſtner berichtet nun über die dem Ausſchuſſe zu unterbreitende Reſolution und ſchlägt fol- gende Faſſung vor: „Es ſei die Staatsregierung zu er- ſuchen, die Geſetze vom 28. Mai 1852, die Benutzung des Waſſers, die Be- und Entwäſſerung, den Uferſchutz und den Schutz gegen Ueberſchwemmungen betreffend, zu revidiren und dem Landtage bei ſeinem nächſten Zuſammentreten einen dieſe drei Geſetze vereinigenden, einheitlichen Geſetzentwurf vorzulegen, wobei die der kgl. Staatsregierung als Ma- terial zur Geſetzesreviſion hinübergegebenen Petitionen und die im Laufe der Verhandlungen zutage getretenen Auſchauungen entſprechende Berückſichtigung finden ſollen. Bezüglich der zu treffenden Beſtimmungen über den Uferſchutz ſoll die Grenze zwiſchen öffentlichen und Privatgewäſſern weniger eng als bisher gezogen, die Verpflichtungen des Staates und der Kreisgemeinden hin- ſichtlich der Zuſchüſſe zu Unternehmungen, die Hochwaſſer- dämme, Uferſchutz oder Korrektion von Gewäſſern irgend- welcher Art zum Zwecke haben, in den Minimalleiſtungen ge- ſetzlich feſtgelegt, dagegen die Befugniſſe des Staates hinſicht- lich Anordnung und Ueberwachung ſolcher Anlagen erweitert werden.“ Referent Abg. v. Leiſtner führt aus, daß der zur Zeit beſtehende Unterſchied zwiſchen öffentlichen und Privatgewäſſern nicht mehr aufrecht gehalten werden könne; es gehe nicht an, daß der Staat für öffentliche Flüſſe alles, für Privatflüſſe dagegen gar nichts leiſte. Eine völlige Gleichſtellung von Privat- und öffentlichen Flüſſen ſei dagegen auch nicht ge- boten, da der Eingriff in jetzt beſtehende privatrechtliche Ver- hältniſſe zu groß erſcheine. Es müſſe bezüglich der Leiſtungen des Staates und der Kreiſe ein Mindeſtſatz im Geſetz feſt- gelegt werden, etwa in der Weiſe, daß der Staat 50 Proz., der Kreis 25 Proz. und der Unternehmer 25 Proz. der Ge- ſammtkoſten übernehme. Bei wenig leiſtungsfähigen Ge- meinden oder Korporationen ſolle noch nebenbei ein fakul- tativer Staatszuſchuß gewährt werden. Referent regt ferner noch an, dem Gedanken, noch unbenützte Waſſerkräfte zu ver- ſtaatlichen, näher zu treten. In deren Ausnützung könne noch ſehr viel geſchehen; durch zweckmäßige Anlagen am unteren Lech und an der Wertach könne man die dortigen Anlagen um 38 Proz. Triebkraft vermehren. An der Iſar plane die Geſellſchaft Helios in Köln die Schaffung eines Werlkanals mit 20,000 Pferdekräften, die die Städte Moos- burg, Landshut und Freiſing mit elektriſchem Licht ver- ſehen ſollen. Die Konzeſſionsertheilung durch das Bezirks- amt Freiſing ſtehe unmittelbar bevor. Er halte es für einen volkswirthſchaftlichen Fehler, wenn man dieſe rieſigen Kräfte von außerbayeriſchen Induſtriellen ausnützen laſſe. Die Elektriſirung der Eiſenbahnen als Erſatz für Dampfkraft ſei nur mehr eine Frage der Zeit, und hiezu könne der Staat ſeine Waſſerkräfte ſehr wohl ſelbſt gebrauchen. Korreferent Abg. Daiſer beſpricht die Maßnahmen gegen Waſſergefahr im Hochgebirge und iſt über die bezw. Leiſtungen der Forſtbehörden nicht ſehr erbaut. Miniſterialrath v. Huber ſagt zu, daß in Zukunft in dieſer Richtung das Menſchenmögliche geleiſtet werden ſolle. Gegen Kataſtrophen, wie im letzten September, ſeien alle Vorkehrungen nicht ausreichend. Oberforſtrath Engelhardt betout beſonders, daß im Graswangthal, das Korreferent Abg. Daiſer wohl be- ſonders im Auge habe, bisher ſchon 400,000 M. für Wild- bachverbanungen ausgegeben wurden. Abg. Adolf Müller ſtimmt der Reſolution zu und ver- tritt insbeſondere die Verſtaatlichung der Waſſerkräfte. Er beantragt, der Reſolution noch folgenden Zuſatz zu geben: „Die Staatsregierung wird ferner erſucht, ihre beſondere Aufmerkſamkeit der fyſtematiſchen ſtaatlichen Ausnützung der Waſſerkräfte zuzuwenden und dem nächſten Landtage event. eine diesbezügliche Vorlage zu machen.“ Referent Abg. v. Leiſtner hält dieſen Zuſatz für über- flüſſig, während ſich Abg. Sickenberger für dieſen Zuſatz ausſpricht. Es ſei unerwünſcht, wenn alle großen Waſſer- kräfte in die Hände weniger Unternehmer gelangen, wie z. B. an der Iſar oberhalb Großheſſelohe; er wünſcht, daß die Faſſung der Reſolution in Bezug auf Ausnützung der Waſſerkräfte durch Privatſpekulation ergänzt werde. Vorſitzender Abg. Sartorius erkennt die Berechtigung der beiden Ergänzungsanträge Müller und Sickenberger nicht an. Nach dem Wortlaut des Antrags Müller müßten alle Waſſerkräfte verſtaatlicht werden, was einen Eingriff in Privatrechte bedeuten würde; dieſe Anſchanung ſei undis- kutirbar. Oberregierungsrath Müller: Die Frage der Ausnützung unbenutzter Waſſerkräfte durch den Staat ſei erwägenswerth. Verſäumt ſei hierin noch nichts, nur für die Anlage in Gerſt- hofen ſei eine Konzeſſion auf 90 Jahre gegeben, bei allen anderen, auch bei den Anlagen von Heilmann u. Litt- mann, ſind die Konzeſſionen nur auf Ruf und Widerruf verliehen. In der nächſten Tagung des Landtags ſchon einen Geſetzentwurf betr. die Aenderung der Waſſergeſetze vorzulegen, ſei unmöglich, da die Vorarbeiten hiezu zu umfaſſend ſind. Hierauf Vertagung. Nächſte Sitzung Freitag, 30. März. _

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 87, 30. März 1900, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine87_1900/3>, abgerufen am 24.11.2024.