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Allgemeine Zeitung, Nr. 84, 24. März 1848.

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[Spaltenumbruch] derösterreichischen Stände und zwölf Mitgliedern aus dem provisorischen
Bürgerausschuß, ist schon seit dem 16 unter Vorsitz des niederösterreichi-
schen Landmarschalls Albert Grafen v. Montecucculi zusammengetreten.
Sie nennt sich selbst "Provisorischen Ausschuß zur Besorgung der für
den Augenblick wichtigsten Geschäfte," und die Namen ihrer Mitglieder
sind folgende: 1. Alexander Bach, Dr. jur., 2. Graf August Brauner
(niederösterr. Stand), 3. Graf Ferdinand Colleredo-Mannsfeld (nie-
derösterr. Stand), 4. Frhr. Anton Dobblhof-Dirr (niederösterr. Stand),
5. Karl Gerold, Buchhändler, 6) Theod. Hornbostel, Fabricant, 7.
Graf Heinr. Hoyos, Commandant der Nationalgarde, 8) Dr. Ant. Hyn,
9. Franz Jacks, 10. Ritter Karl Kleyle (niederösterr. Stand), 11. Jo-
hann Mayer, Großhändler, 12) Ritter Georg Mitis (n. ö. St.), 13.
Wilhelm, Prälat von Mölk (n. ö. St.), 14. Frhr. Johann Moser (n. ö.
St.), 15. Bernard, Prälat von Neustadt (n. ö. St.), 16. Graf Anton
Pergen (n. ö. St.), 17. Franz Plasun, Kaufmann, 18. Ludwig Ro-
dert, Großhändler und Fabricant, 19. Ernst Schilling, Notar der me-
dieinischen Facultät, 20. Ritter Anton Schmerling (n. ö. St.), 21. Mat-
thäus Sieß, bürgerl. Kaufmann, 22. Michael Spörlin, Fabricant, 23.
Frhr. Andreas Stift (n. ö. St.), 24. Leopold v. Wertheimstein, Groß-
händler. In Beziehung auf die übrigen von Sr. Maj. dem Kaiser bis
jetzt noch nicht förmlich und feierlich bewilligten, in den Bürger- und
Studenten-Petitionen enthaltenen Punkte machte dieser provisorische
Ausschuß folgende sehr beruhigende Erklärung:

"Der provisorische Aus-
schuß hält es für seine angenehme Pflicht seine Mitbürger fortan von
den Ergebnissen seiner Berathung in Kenntniß zu erhalten. Nachdem Se.
Maj. durch die Einsetzung eines verantwortlichen Ministerrathes bereits den
wichtigsten Stützpunkt für die Vollziehung der beschlossenen Constitu-
tion des Vaterlandes gewährt haben, so ist es die erste Aufgabe des
Ausschusses auch nach seinen Kräften zur alsbaldigen Ausführung der
Constitution nach ihrem vollen Inhalte beizutragen. Außerdem hat der
Ausschuß in seiner ersten Sitzung (vom 16) für nothwendig erkannt zu-
nächst folgende Gegenstände in Anregung zu bringen: 1. Eine zeitge-
mäße Umgestaltung und Verbesserung der Gemeindeverfassung
der Städte und Märkte, so wie der Dorfgemeinden. 2. Die Regelung
der bäuerlichen Verhältnisse in der den gegenwärtigen Zeit-, Cultur-
und Volkswirthschaftszuständen entsprechenden Weise. 3. Eine ange-
messene Prüfung des bestehenden Systems der Besteurung, um eine Er-
leichterung in jenen Steuergattungen zu ermöglichen, welche vorzugs-
weise die Mindervermöglichen und die erwerbenden Classen betreffen.
4. Die Herstellung eines den gegenwärtigen socialen Verhältnissen entspre-
chenden Rechtszustandes der verschiedenen Religionsconfes-
sionen.
5. Eine Verbesserung der Gerechtigkeitspflege auf den Grund-
lagen der Oeffentlichkeit und Mündlichkeit, so wie 6. des gesammten
öffentlichen Unterrichtswesens.
Entgegen erwartet aber auch
der Ausschuß daß alle Mithürger seinem redlichen Willen und thätigen
Eifer vertrauen und für die Aufrechthaltung der bestehenden Gesetze
thätig mitwirken werden. Auf dem Wege des Gesetzes und der rechtli-
chen Ordnung werden wir die empfangenen Wohlthaten zum reichen
Segen für alle im Vaterlande verwirklichen, während Unruhen und
gesetzwidrige Vorgänge unsere redlichen Bemühungen stören und ver-
eiteln würden.

Der provisorische Ausschuß.
" So eben zieht die
Prager Bürger-Deputation -- auf der Eisenbahn angelangt -- meinem
Fenster vorbei; auch hieß es schon heute Morgen: essey eine Deputa-
tion aus Preußisch-Schlesien und Breslau eingetroffen, um dem neuen
constitutionellen Kaiser die deutsche Reichskrone anzutragen! Wir er-
warten bald mehrere solcher Deputationen aus allen Gauen Deutsch-
lands, denn nur in einem neuen constitutionellen deutschen Kaiserthum
sehe ich eine Möglichkeit die gesammten Wünsche der deutschen Nation
befriedigt und realisirt zu sehen.

Uebermorgen erwartet man die Ver-
öffentlichung eines provisorischen Preßgesetzes, welches dem Ver-
nehmen nach nicht ganz mit den Anforderungen der Zeit in Ein-
klang stehen soll. Es ist aber zu hoffen daß es von der allgemeinen
Ständeversammlung wesentlich modificirt werden wird. Bereits werden
mehrere neue politische Journale angekündigt. Die Ernennung des
Generals Sardagna zum Stadtcommandanten hat einen guten Ein-
druck gemacht, und man hofft daß der nicht sehr beliebte Fürst Windisch-
grätz bald seine Stelle als Stadtgouverneur niederlegen wird, welche
von dem Feldmarschalllieutenant Zanini eingenommen werden soll.
Ueberhaupt hofft man daß die Ankunft des Erzherzogs Johann, der
gestern Abend im Triumph vom Volke eingeholt wurde, den Entschlüssen
der Regierung eine entschieden liberale Färbung verleihen werde.

Gestern langte der Erzherzog Johann hier
an, und wurde von der Bevölkerung, welcher seine freisinnigen Grund-
[Spaltenumbruch] sätze und noch vor der Stunde der Entscheidung dringenden Rathschläge
beim Monarchen zur Ertheilung der gegenwärtigen Verfassung be-
kannt sind, mit Jubel empfangen. -- Die Einzeichnungen bei der Natio-
nalgarde sind bereits nahe an 20,000 Mann gediehen, und man hofft
den Stand derselben auf das Doppelte gebracht zu sehen. -- Das In-
fanterieregiment "Erzherzog Ludwig" ist Nachts aus Mähren auf der
Eisenbahn hier angelangt, und hat seinen Marsch sogleich weiter nach
Italien fortgesetzt. -- Die Bivouacs auf dem Glacis werden heute ab-
getragen, die Garnison kehrt in ihre Casernen zurück, und die herbei-
gezogenen auswärtigen Truppen sind in den Vorstädten einquartiert
worden. -- Eine Bittschrift um Gleichstellung aller Confessionen
(Emancipation der Juden) circulirt im Publicum zur Unterzeichnung,
hat aber bereits eine gegentheilige Petition unter der Bürgerschaft her-
vorgerufen.

Es ist natürlich daß man das erste constitutio-
nelle Ministerium nicht anders denn als ein Uebergangsministerium be-
trachten kann, das nach Constituirung des Reichstags wohl einem andern,
aus andern Elementen zusammengesetzten, wird weichen müssen. -- Heute
verläßt Graf Flahault unsere Hauptstadt und begibt sich nach England. Der
russische Gesandte, Graf Medem, wird jeden Augenblick zurückerwartet.
Gestern Abends 9 Uhr ist Se kais. Hoh. der Erzherzog Johann von
Grätz zurück hier eingetroffen. Eine große Volksmenge hatte den Erz-
herzog am Bahnhof eingeholt, von seinem Wagen wurden die Pferde
ausgespannt, und Se, kaiserl. Hoh. im Triumph nach der kaiserlichen
Burg gefahren. Da man nicht wußte woher der Lärm der heranwogen-
den Menge kam, so wurde sowohl von den Nationalgardisten als dem
Militär in der Nähe der Burg zu den Waffen gerufen. -- Der neue
Stadtcommandant, Hr. v. Sardagna (Generalmajor), ist dem Com-
mandanten der Nationalgarde zur nöthigen Dienstleistung ad latus ge-
geben worden. -- Die Ruhe in unserer Stadt ist gänzlich wiederherge-
stellt; sie war es von dem Augenblick an als am Mittwoch Abends das
Versprechen einer allgemeinen Constitution erfolgt war. Die Anspie-
lung des Hrn. Kossuth in der von ihm bei seiner Rückkunft in Preßburg
gehaltenen Rede auf einen vermeintlichen Zusammenhang zwischen dem
Erscheinen der ungarischen Deputation in Wien und der Ertheilung
der Constitution dünkt uns etwas anspruchvoll, und ist jedenfalls unge-
gründet, denn beides fiel, wie bereits berichtet, in denselben Zeitpunkt
zusammen, und das eine konnte sich nicht zu dem andern als Ursache zur
Wirkung verhalten. Was die ungarische Deputation übrigens in jenen
für Wien und die Monarchie so verhängnißvollen Tagen gesucht, das
erhielt sie im ganzen Umfang, jedoch nur nachdem -- so sagen die unga-
rischen Blätter selbst -- der Erzherzog Palatin im Fall der Verweigerung
mit seiner Abdankung gedroht hatte. Es war daher die ungarische De-
putation mit ihrem eigenen Gesuch auf nicht unbedeutende Schwierig-
keiten gestoßen. Wir glauben uns nicht zu irren, wenn wir die Be-
hauptung umkehren und sagen daß die erwähnte Deputation die Errei-
chung ihres Zwecks den drei Märztagen verdankt, da ohne die letzteren
der Palatin schwerlich, so ganz ex abrupto, auf den Gedanken einer
Abdication, wenn dieser überhaupt bestanden hat, verfallen wäre. Bis
jetzt scheint uns der Erfolg der Märztäge hinsichtlich Ungarns nicht eben
in einer bewirkten Annäherung zu bestehen; vielmehr ist die Ab-
trennung desselben von der Gesammtmonarchie durch Aufstellung ei-
nes Stellvertreters des Königs mit einem besondern verantwortlichen
Ministerium eine fast vollständige geworden. Möge die nicht eben unmög-
liche Theilnahme Ungarns an dem allgemeinen Reichstage sich verwirkli-
chen und so ein neues Band geschaffen werden um das alte, wie uns dünkt
etwas lockerer gewordene, zu ersetzen; der Vortheil einer solchen Er-
neuerung wird wohl nicht geringer für Ungarn seyn als für die übrigen
österreichischen Länder. Der mit der Zusammensetzung eines ungari-
schen Ministeriums beauftragte Graf L. Batthyanyi hat in Preßburg
eine Ehrenwache von Nationalgardisten und Bürgern erhalten. Es
heißt der Landtag in Preßburg werde binnen acht Tagen aufgelöst, und
dann in Pesth nach alter Sitte, bis auf die Wahl des Platzes, wieder
eröffnet oder eigentlich fortgesetzt werden. Die Einschreibungen in die
Listen der Nationalgarde in Preßburg sollen mit großem Eifer betrieben
werden, selbst Geistliche -- man nennt darunter den kirchlichen Digni-
tar Lonovics -- ließen ihre Namen einzeichnen. Ueberhaupt soll die
Geistlichkeit eine merkwürdige Begeisterung an den Tag legen und be-
reits ihre Verzichtleistung auf den kirchlichen Zehnt ausgesprochen ha-
ben. -- Die Unruhen in den Umgebungen Wiens haben sich noch nicht

[Spaltenumbruch] deröſterreichiſchen Stände und zwölf Mitgliedern aus dem proviſoriſchen
Bürgerausſchuß, iſt ſchon ſeit dem 16 unter Vorſitz des niederöſterreichi-
ſchen Landmarſchalls Albert Grafen v. Montecucculi zuſammengetreten.
Sie nennt ſich ſelbſt „Proviſoriſchen Ausſchuß zur Beſorgung der für
den Augenblick wichtigſten Geſchäfte,“ und die Namen ihrer Mitglieder
ſind folgende: 1. Alexander Bach, Dr. jur., 2. Graf Auguſt Brauner
(niederöſterr. Stand), 3. Graf Ferdinand Colleredo-Mannsfeld (nie-
deröſterr. Stand), 4. Frhr. Anton Dobblhof-Dirr (niederöſterr. Stand),
5. Karl Gerold, Buchhändler, 6) Theod. Hornboſtel, Fabricant, 7.
Graf Heinr. Hoyos, Commandant der Nationalgarde, 8) Dr. Ant. Hyn,
9. Franz Jacks, 10. Ritter Karl Kleyle (niederöſterr. Stand), 11. Jo-
hann Mayer, Großhändler, 12) Ritter Georg Mitis (n. ö. St.), 13.
Wilhelm, Prälat von Mölk (n. ö. St.), 14. Frhr. Johann Moſer (n. ö.
St.), 15. Bernard, Prälat von Neuſtadt (n. ö. St.), 16. Graf Anton
Pergen (n. ö. St.), 17. Franz Plaſun, Kaufmann, 18. Ludwig Ro-
dert, Großhändler und Fabricant, 19. Ernſt Schilling, Notar der me-
dieiniſchen Facultät, 20. Ritter Anton Schmerling (n. ö. St.), 21. Mat-
thäus Sieß, bürgerl. Kaufmann, 22. Michael Spörlin, Fabricant, 23.
Frhr. Andreas Stift (n. ö. St.), 24. Leopold v. Wertheimſtein, Groß-
händler. In Beziehung auf die übrigen von Sr. Maj. dem Kaiſer bis
jetzt noch nicht förmlich und feierlich bewilligten, in den Bürger- und
Studenten-Petitionen enthaltenen Punkte machte dieſer proviſoriſche
Ausſchuß folgende ſehr beruhigende Erklärung:

„Der proviſoriſche Aus-
ſchuß hält es für ſeine angenehme Pflicht ſeine Mitbürger fortan von
den Ergebniſſen ſeiner Berathung in Kenntniß zu erhalten. Nachdem Se.
Maj. durch die Einſetzung eines verantwortlichen Miniſterrathes bereits den
wichtigſten Stützpunkt für die Vollziehung der beſchloſſenen Conſtitu-
tion des Vaterlandes gewährt haben, ſo iſt es die erſte Aufgabe des
Ausſchuſſes auch nach ſeinen Kräften zur alsbaldigen Ausführung der
Conſtitution nach ihrem vollen Inhalte beizutragen. Außerdem hat der
Ausſchuß in ſeiner erſten Sitzung (vom 16) für nothwendig erkannt zu-
nächſt folgende Gegenſtände in Anregung zu bringen: 1. Eine zeitge-
mäße Umgeſtaltung und Verbeſſerung der Gemeindeverfaſſung
der Städte und Märkte, ſo wie der Dorfgemeinden. 2. Die Regelung
der bäuerlichen Verhältniſſe in der den gegenwärtigen Zeit-, Cultur-
und Volkswirthſchaftszuſtänden entſprechenden Weiſe. 3. Eine ange-
meſſene Prüfung des beſtehenden Syſtems der Beſteurung, um eine Er-
leichterung in jenen Steuergattungen zu ermöglichen, welche vorzugs-
weiſe die Mindervermöglichen und die erwerbenden Claſſen betreffen.
4. Die Herſtellung eines den gegenwärtigen ſocialen Verhältniſſen entſpre-
chenden Rechtszuſtandes der verſchiedenen Religionsconfeſ-
ſionen.
5. Eine Verbeſſerung der Gerechtigkeitspflege auf den Grund-
lagen der Oeffentlichkeit und Mündlichkeit, ſo wie 6. des geſammten
öffentlichen Unterrichtsweſens.
Entgegen erwartet aber auch
der Ausſchuß daß alle Mithürger ſeinem redlichen Willen und thätigen
Eifer vertrauen und für die Aufrechthaltung der beſtehenden Geſetze
thätig mitwirken werden. Auf dem Wege des Geſetzes und der rechtli-
chen Ordnung werden wir die empfangenen Wohlthaten zum reichen
Segen für alle im Vaterlande verwirklichen, während Unruhen und
geſetzwidrige Vorgänge unſere redlichen Bemühungen ſtören und ver-
eiteln würden.

Der proviſoriſche Ausſchuß.
“ So eben zieht die
Prager Bürger-Deputation — auf der Eiſenbahn angelangt — meinem
Fenſter vorbei; auch hieß es ſchon heute Morgen: esſey eine Deputa-
tion aus Preußiſch-Schleſien und Breslau eingetroffen, um dem neuen
conſtitutionellen Kaiſer die deutſche Reichskrone anzutragen! Wir er-
warten bald mehrere ſolcher Deputationen aus allen Gauen Deutſch-
lands, denn nur in einem neuen conſtitutionellen deutſchen Kaiſerthum
ſehe ich eine Möglichkeit die geſammten Wünſche der deutſchen Nation
befriedigt und realiſirt zu ſehen.

Uebermorgen erwartet man die Ver-
öffentlichung eines proviſoriſchen Preßgeſetzes, welches dem Ver-
nehmen nach nicht ganz mit den Anforderungen der Zeit in Ein-
klang ſtehen ſoll. Es iſt aber zu hoffen daß es von der allgemeinen
Ständeverſammlung weſentlich modificirt werden wird. Bereits werden
mehrere neue politiſche Journale angekündigt. Die Ernennung des
Generals Sardagna zum Stadtcommandanten hat einen guten Ein-
druck gemacht, und man hofft daß der nicht ſehr beliebte Fürſt Windiſch-
grätz bald ſeine Stelle als Stadtgouverneur niederlegen wird, welche
von dem Feldmarſchalllieutenant Zanini eingenommen werden ſoll.
Ueberhaupt hofft man daß die Ankunft des Erzherzogs Johann, der
geſtern Abend im Triumph vom Volke eingeholt wurde, den Entſchlüſſen
der Regierung eine entſchieden liberale Färbung verleihen werde.

Geſtern langte der Erzherzog Johann hier
an, und wurde von der Bevölkerung, welcher ſeine freiſinnigen Grund-
[Spaltenumbruch] ſätze und noch vor der Stunde der Entſcheidung dringenden Rathſchläge
beim Monarchen zur Ertheilung der gegenwärtigen Verfaſſung be-
kannt ſind, mit Jubel empfangen. — Die Einzeichnungen bei der Natio-
nalgarde ſind bereits nahe an 20,000 Mann gediehen, und man hofft
den Stand derſelben auf das Doppelte gebracht zu ſehen. — Das In-
fanterieregiment „Erzherzog Ludwig“ iſt Nachts aus Mähren auf der
Eiſenbahn hier angelangt, und hat ſeinen Marſch ſogleich weiter nach
Italien fortgeſetzt. — Die Bivouacs auf dem Glacis werden heute ab-
getragen, die Garniſon kehrt in ihre Caſernen zurück, und die herbei-
gezogenen auswärtigen Truppen ſind in den Vorſtädten einquartiert
worden. — Eine Bittſchrift um Gleichſtellung aller Confeſſionen
(Emancipation der Juden) circulirt im Publicum zur Unterzeichnung,
hat aber bereits eine gegentheilige Petition unter der Bürgerſchaft her-
vorgerufen.

Es iſt natürlich daß man das erſte conſtitutio-
nelle Miniſterium nicht anders denn als ein Uebergangsminiſterium be-
trachten kann, das nach Conſtituirung des Reichstags wohl einem andern,
aus andern Elementen zuſammengeſetzten, wird weichen müſſen. — Heute
verläßt Graf Flahault unſere Hauptſtadt und begibt ſich nach England. Der
ruſſiſche Geſandte, Graf Medem, wird jeden Augenblick zurückerwartet.
Geſtern Abends 9 Uhr iſt Se kaiſ. Hoh. der Erzherzog Johann von
Grätz zurück hier eingetroffen. Eine große Volksmenge hatte den Erz-
herzog am Bahnhof eingeholt, von ſeinem Wagen wurden die Pferde
ausgeſpannt, und Se, kaiſerl. Hoh. im Triumph nach der kaiſerlichen
Burg gefahren. Da man nicht wußte woher der Lärm der heranwogen-
den Menge kam, ſo wurde ſowohl von den Nationalgardiſten als dem
Militär in der Nähe der Burg zu den Waffen gerufen. — Der neue
Stadtcommandant, Hr. v. Sardagna (Generalmajor), iſt dem Com-
mandanten der Nationalgarde zur nöthigen Dienſtleiſtung ad latus ge-
geben worden. — Die Ruhe in unſerer Stadt iſt gänzlich wiederherge-
ſtellt; ſie war es von dem Augenblick an als am Mittwoch Abends das
Verſprechen einer allgemeinen Conſtitution erfolgt war. Die Anſpie-
lung des Hrn. Koſſuth in der von ihm bei ſeiner Rückkunft in Preßburg
gehaltenen Rede auf einen vermeintlichen Zuſammenhang zwiſchen dem
Erſcheinen der ungariſchen Deputation in Wien und der Ertheilung
der Conſtitution dünkt uns etwas anſpruchvoll, und iſt jedenfalls unge-
gründet, denn beides fiel, wie bereits berichtet, in denſelben Zeitpunkt
zuſammen, und das eine konnte ſich nicht zu dem andern als Urſache zur
Wirkung verhalten. Was die ungariſche Deputation übrigens in jenen
für Wien und die Monarchie ſo verhängnißvollen Tagen geſucht, das
erhielt ſie im ganzen Umfang, jedoch nur nachdem — ſo ſagen die unga-
riſchen Blätter ſelbſt — der Erzherzog Palatin im Fall der Verweigerung
mit ſeiner Abdankung gedroht hatte. Es war daher die ungariſche De-
putation mit ihrem eigenen Geſuch auf nicht unbedeutende Schwierig-
keiten geſtoßen. Wir glauben uns nicht zu irren, wenn wir die Be-
hauptung umkehren und ſagen daß die erwähnte Deputation die Errei-
chung ihres Zwecks den drei Märztagen verdankt, da ohne die letzteren
der Palatin ſchwerlich, ſo ganz ex abrupto, auf den Gedanken einer
Abdication, wenn dieſer überhaupt beſtanden hat, verfallen wäre. Bis
jetzt ſcheint uns der Erfolg der Märztäge hinſichtlich Ungarns nicht eben
in einer bewirkten Annäherung zu beſtehen; vielmehr iſt die Ab-
trennung desſelben von der Geſammtmonarchie durch Aufſtellung ei-
nes Stellvertreters des Königs mit einem beſondern verantwortlichen
Miniſterium eine faſt vollſtändige geworden. Möge die nicht eben unmög-
liche Theilnahme Ungarns an dem allgemeinen Reichstage ſich verwirkli-
chen und ſo ein neues Band geſchaffen werden um das alte, wie uns dünkt
etwas lockerer gewordene, zu erſetzen; der Vortheil einer ſolchen Er-
neuerung wird wohl nicht geringer für Ungarn ſeyn als für die übrigen
öſterreichiſchen Länder. Der mit der Zuſammenſetzung eines ungari-
ſchen Miniſteriums beauftragte Graf L. Batthyanyi hat in Preßburg
eine Ehrenwache von Nationalgardiſten und Bürgern erhalten. Es
heißt der Landtag in Preßburg werde binnen acht Tagen aufgelöst, und
dann in Peſth nach alter Sitte, bis auf die Wahl des Platzes, wieder
eröffnet oder eigentlich fortgeſetzt werden. Die Einſchreibungen in die
Liſten der Nationalgarde in Preßburg ſollen mit großem Eifer betrieben
werden, ſelbſt Geiſtliche — man nennt darunter den kirchlichen Digni-
tar Lonovics — ließen ihre Namen einzeichnen. Ueberhaupt ſoll die
Geiſtlichkeit eine merkwürdige Begeiſterung an den Tag legen und be-
reits ihre Verzichtleiſtung auf den kirchlichen Zehnt ausgeſprochen ha-
ben. — Die Unruhen in den Umgebungen Wiens haben ſich noch nicht

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[1334/0006] deröſterreichiſchen Stände und zwölf Mitgliedern aus dem proviſoriſchen Bürgerausſchuß, iſt ſchon ſeit dem 16 unter Vorſitz des niederöſterreichi- ſchen Landmarſchalls Albert Grafen v. Montecucculi zuſammengetreten. Sie nennt ſich ſelbſt „Proviſoriſchen Ausſchuß zur Beſorgung der für den Augenblick wichtigſten Geſchäfte,“ und die Namen ihrer Mitglieder ſind folgende: 1. Alexander Bach, Dr. jur., 2. Graf Auguſt Brauner (niederöſterr. Stand), 3. Graf Ferdinand Colleredo-Mannsfeld (nie- deröſterr. Stand), 4. Frhr. Anton Dobblhof-Dirr (niederöſterr. Stand), 5. Karl Gerold, Buchhändler, 6) Theod. Hornboſtel, Fabricant, 7. Graf Heinr. Hoyos, Commandant der Nationalgarde, 8) Dr. Ant. Hyn, 9. Franz Jacks, 10. Ritter Karl Kleyle (niederöſterr. Stand), 11. Jo- hann Mayer, Großhändler, 12) Ritter Georg Mitis (n. ö. St.), 13. Wilhelm, Prälat von Mölk (n. ö. St.), 14. Frhr. Johann Moſer (n. ö. St.), 15. Bernard, Prälat von Neuſtadt (n. ö. St.), 16. Graf Anton Pergen (n. ö. St.), 17. Franz Plaſun, Kaufmann, 18. Ludwig Ro- dert, Großhändler und Fabricant, 19. Ernſt Schilling, Notar der me- dieiniſchen Facultät, 20. Ritter Anton Schmerling (n. ö. St.), 21. Mat- thäus Sieß, bürgerl. Kaufmann, 22. Michael Spörlin, Fabricant, 23. Frhr. Andreas Stift (n. ö. St.), 24. Leopold v. Wertheimſtein, Groß- händler. In Beziehung auf die übrigen von Sr. Maj. dem Kaiſer bis jetzt noch nicht förmlich und feierlich bewilligten, in den Bürger- und Studenten-Petitionen enthaltenen Punkte machte dieſer proviſoriſche Ausſchuß folgende ſehr beruhigende Erklärung: „Der proviſoriſche Aus- ſchuß hält es für ſeine angenehme Pflicht ſeine Mitbürger fortan von den Ergebniſſen ſeiner Berathung in Kenntniß zu erhalten. Nachdem Se. Maj. durch die Einſetzung eines verantwortlichen Miniſterrathes bereits den wichtigſten Stützpunkt für die Vollziehung der beſchloſſenen Conſtitu- tion des Vaterlandes gewährt haben, ſo iſt es die erſte Aufgabe des Ausſchuſſes auch nach ſeinen Kräften zur alsbaldigen Ausführung der Conſtitution nach ihrem vollen Inhalte beizutragen. Außerdem hat der Ausſchuß in ſeiner erſten Sitzung (vom 16) für nothwendig erkannt zu- nächſt folgende Gegenſtände in Anregung zu bringen: 1. Eine zeitge- mäße Umgeſtaltung und Verbeſſerung der Gemeindeverfaſſung der Städte und Märkte, ſo wie der Dorfgemeinden. 2. Die Regelung der bäuerlichen Verhältniſſe in der den gegenwärtigen Zeit-, Cultur- und Volkswirthſchaftszuſtänden entſprechenden Weiſe. 3. Eine ange- meſſene Prüfung des beſtehenden Syſtems der Beſteurung, um eine Er- leichterung in jenen Steuergattungen zu ermöglichen, welche vorzugs- weiſe die Mindervermöglichen und die erwerbenden Claſſen betreffen. 4. 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Der proviſoriſche Ausſchuß.“ So eben zieht die Prager Bürger-Deputation — auf der Eiſenbahn angelangt — meinem Fenſter vorbei; auch hieß es ſchon heute Morgen: esſey eine Deputa- tion aus Preußiſch-Schleſien und Breslau eingetroffen, um dem neuen conſtitutionellen Kaiſer die deutſche Reichskrone anzutragen! Wir er- warten bald mehrere ſolcher Deputationen aus allen Gauen Deutſch- lands, denn nur in einem neuen conſtitutionellen deutſchen Kaiſerthum ſehe ich eine Möglichkeit die geſammten Wünſche der deutſchen Nation befriedigt und realiſirt zu ſehen. × Wien, 20 März.Uebermorgen erwartet man die Ver- öffentlichung eines proviſoriſchen Preßgeſetzes, welches dem Ver- nehmen nach nicht ganz mit den Anforderungen der Zeit in Ein- klang ſtehen ſoll. Es iſt aber zu hoffen daß es von der allgemeinen Ständeverſammlung weſentlich modificirt werden wird. Bereits werden mehrere neue politiſche Journale angekündigt. Die Ernennung des Generals Sardagna zum Stadtcommandanten hat einen guten Ein- druck gemacht, und man hofft daß der nicht ſehr beliebte Fürſt Windiſch- grätz bald ſeine Stelle als Stadtgouverneur niederlegen wird, welche von dem Feldmarſchalllieutenant Zanini eingenommen werden ſoll. Ueberhaupt hofft man daß die Ankunft des Erzherzogs Johann, der geſtern Abend im Triumph vom Volke eingeholt wurde, den Entſchlüſſen der Regierung eine entſchieden liberale Färbung verleihen werde. ** Wien, 20 März.Geſtern langte der Erzherzog Johann hier an, und wurde von der Bevölkerung, welcher ſeine freiſinnigen Grund- ſätze und noch vor der Stunde der Entſcheidung dringenden Rathſchläge beim Monarchen zur Ertheilung der gegenwärtigen Verfaſſung be- kannt ſind, mit Jubel empfangen. — Die Einzeichnungen bei der Natio- nalgarde ſind bereits nahe an 20,000 Mann gediehen, und man hofft den Stand derſelben auf das Doppelte gebracht zu ſehen. — Das In- fanterieregiment „Erzherzog Ludwig“ iſt Nachts aus Mähren auf der Eiſenbahn hier angelangt, und hat ſeinen Marſch ſogleich weiter nach Italien fortgeſetzt. — Die Bivouacs auf dem Glacis werden heute ab- getragen, die Garniſon kehrt in ihre Caſernen zurück, und die herbei- gezogenen auswärtigen Truppen ſind in den Vorſtädten einquartiert worden. — Eine Bittſchrift um Gleichſtellung aller Confeſſionen (Emancipation der Juden) circulirt im Publicum zur Unterzeichnung, hat aber bereits eine gegentheilige Petition unter der Bürgerſchaft her- vorgerufen. *† Wien, 20 März.Es iſt natürlich daß man das erſte conſtitutio- nelle Miniſterium nicht anders denn als ein Uebergangsminiſterium be- trachten kann, das nach Conſtituirung des Reichstags wohl einem andern, aus andern Elementen zuſammengeſetzten, wird weichen müſſen. — Heute verläßt Graf Flahault unſere Hauptſtadt und begibt ſich nach England. Der ruſſiſche Geſandte, Graf Medem, wird jeden Augenblick zurückerwartet. Geſtern Abends 9 Uhr iſt Se kaiſ. Hoh. der Erzherzog Johann von Grätz zurück hier eingetroffen. Eine große Volksmenge hatte den Erz- herzog am Bahnhof eingeholt, von ſeinem Wagen wurden die Pferde ausgeſpannt, und Se, kaiſerl. Hoh. im Triumph nach der kaiſerlichen Burg gefahren. Da man nicht wußte woher der Lärm der heranwogen- den Menge kam, ſo wurde ſowohl von den Nationalgardiſten als dem Militär in der Nähe der Burg zu den Waffen gerufen. — Der neue Stadtcommandant, Hr. v. Sardagna (Generalmajor), iſt dem Com- mandanten der Nationalgarde zur nöthigen Dienſtleiſtung ad latus ge- geben worden. — Die Ruhe in unſerer Stadt iſt gänzlich wiederherge- ſtellt; ſie war es von dem Augenblick an als am Mittwoch Abends das Verſprechen einer allgemeinen Conſtitution erfolgt war. Die Anſpie- lung des Hrn. Koſſuth in der von ihm bei ſeiner Rückkunft in Preßburg gehaltenen Rede auf einen vermeintlichen Zuſammenhang zwiſchen dem Erſcheinen der ungariſchen Deputation in Wien und der Ertheilung der Conſtitution dünkt uns etwas anſpruchvoll, und iſt jedenfalls unge- gründet, denn beides fiel, wie bereits berichtet, in denſelben Zeitpunkt zuſammen, und das eine konnte ſich nicht zu dem andern als Urſache zur Wirkung verhalten. Was die ungariſche Deputation übrigens in jenen für Wien und die Monarchie ſo verhängnißvollen Tagen geſucht, das erhielt ſie im ganzen Umfang, jedoch nur nachdem — ſo ſagen die unga- riſchen Blätter ſelbſt — der Erzherzog Palatin im Fall der Verweigerung mit ſeiner Abdankung gedroht hatte. Es war daher die ungariſche De- putation mit ihrem eigenen Geſuch auf nicht unbedeutende Schwierig- keiten geſtoßen. Wir glauben uns nicht zu irren, wenn wir die Be- hauptung umkehren und ſagen daß die erwähnte Deputation die Errei- chung ihres Zwecks den drei Märztagen verdankt, da ohne die letzteren der Palatin ſchwerlich, ſo ganz ex abrupto, auf den Gedanken einer Abdication, wenn dieſer überhaupt beſtanden hat, verfallen wäre. Bis jetzt ſcheint uns der Erfolg der Märztäge hinſichtlich Ungarns nicht eben in einer bewirkten Annäherung zu beſtehen; vielmehr iſt die Ab- trennung desſelben von der Geſammtmonarchie durch Aufſtellung ei- nes Stellvertreters des Königs mit einem beſondern verantwortlichen Miniſterium eine faſt vollſtändige geworden. Möge die nicht eben unmög- liche Theilnahme Ungarns an dem allgemeinen Reichstage ſich verwirkli- chen und ſo ein neues Band geſchaffen werden um das alte, wie uns dünkt etwas lockerer gewordene, zu erſetzen; der Vortheil einer ſolchen Er- neuerung wird wohl nicht geringer für Ungarn ſeyn als für die übrigen öſterreichiſchen Länder. 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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 84, 24. März 1848, S. 1334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine84_1848/6>, abgerufen am 25.11.2024.