Allgemeine Zeitung, Nr. 84, 24. März 1848.[Spaltenumbruch]
Allgemeine Zeitung. Mit allerhöchsten Privilegien. Freitag Nr. 84. 24 März 1848. AUGSBURG. Abonnement hier bei der [Spaltenumbruch]
Zeitungs-Expedition, Preis vierteljährig 3 fl. 34 kr., für das ganze Jahr 14 fl. 15 kr. des 24 fl.-Fusses od. 8 Thlr. 41/2 Sgr. pr. C.; für auswärts bei der hiesigen k. Ober- postamts-Zeitungs-Expedition, sodann für Deutschland bei allen Postämtern, ganz- jährig, halbjährig und bei Beginn der 2ten Hälfte jedes Semesters auch viertel- jährig; für Frankreich in Strassburg bei G. A. Alexandre, in Paris bei demsel- ben Nr 23, rue Notre Dame de Nazareth und bei der deutschen Buchhandlung von [Spaltenumbruch] F. Klincksieck Nr. 11, rue de Lille, und bei dem Postamt in Karlsruhe; für Eng- land bei Williams & Norgate, 14 Hen- riette-Street, Covent-Garden in London, für Nordamerika bei den Postämtern Bre- men u. Hamburg, für Italien bei den k. k. Postämtern zu Bregenz, Innsbruck, Vero- na, Venedig, Triest u. Mailand, für Grie- chenland u. die Levante etc. bei dem k. k. Postamt in Triest. Inserate aller Art werden aufgenommen und der Raum der dreispal- tigen Colonelzeile berechnet: im Haupt- blatt mit 12 kr., in der Beilage mit 9 kr. Da mit Anfang kommenden Monats April in das Abonnement der Allgemeinen Zeitung neu eingetreten werden kann, so bitten wir die Bestellungen möglichst frühzeitig bei den betreffenden Postämtern zu machen, damit nicht für die zu spät sich Meldenden unvollständige Exemplare geboten werden müssen, wie dieß leider wieder der Fall ist. Die auswärtigen Abon- nenten belieben sich mit ihren Bestellungen an die zunächst gelegenen Postämter und Zeitungs-Expedi- tionen, in Frankreich an Hrn. G. A. Alexandre in Straßburg und Hrn. F. Klincksieck, Nro. 11 Rue de Lille in Paris; in England an die HH. Williams and Norgate 12 Henrietta Street, Covent Garden, London zu wenden. [Spaltenumbruch] Uebersicht. Deutschland. München (die Zusagen der Thronrede. Ausschuß- Oesterreichische Monarchie. Krakau (alle politische Ge- Großbritannien. Ludwig Philipps Familie. Sorge für die Frankreich. Eindruck der Nachrichten aus Wien. Subervics Beilage. Italienische Reisefragmente. (XVII.) -- Deutschland. Außerord. Beilage. Portugal. (Bedenkliche Lage des Lan- Datum der Börsen: Madrid 14; Paris 20; Wien 21; Frankfurt Deutschland. Bayern. || München, 22 März.*) Um 1 Uhr waren heute *) Wir bemerken dem Hrn. Correspondenten daß uns dieser Brief gestern Vormittag erst nach 9 Uhr zukam. *) Doch von einer Veränderung des Wahlgesetzes, die wohl allem andern
vorausgehen muß. [Spaltenumbruch]
Allgemeine Zeitung. Mit allerhöchſten Privilegien. Freitag Nr. 84. 24 März 1848. AUGSBURG. Abonnement hier bei der [Spaltenumbruch]
Zeitungs-Expedition, Preis vierteljährig 3 fl. 34 kr., für das ganze Jahr 14 fl. 15 kr. des 24 fl.-Fusses od. 8 Thlr. 4½ Sgr. pr. C.; für auswärts bei der hiesigen k. Ober- postamts-Zeitungs-Expedition, sodann für Deutschland bei allen Postämtern, ganz- jährig, halbjährig und bei Beginn der 2ten Hälfte jedes Semesters auch viertel- jährig; für Frankreich in Strassburg bei G. A. Alexandre, in Paris bei demsel- ben Nr 23, rue Notre Dame de Nazareth und bei der deutschen Buchhandlung von [Spaltenumbruch] F. Klincksieck Nr. 11, rue de Lille, und bei dem Postamt in Karlsruhe; für Eng- land bei Williams & Norgate, 14 Hen- riette-Street, Covent-Garden in London, für Nordamerika bei den Postämtern Bre- men u. Hamburg, für Italien bei den k. k. Postämtern zu Bregenz, Innsbruck, Vero- na, Venedig, Triest u. Mailand, für Grie- chenland u. die Levante etc. bei dem k. k. Postamt in Triest. Inserate aller Art werden aufgenommen und der Raum der dreispal- tigen Colonelzeile berechnet: im Haupt- blatt mit 12 kr., in der Beilage mit 9 kr. Da mit Anfang kommenden Monats April in das Abonnement der Allgemeinen Zeitung neu eingetreten werden kann, ſo bitten wir die Beſtellungen möglichſt frühzeitig bei den betreffenden Poſtämtern zu machen, damit nicht für die zu ſpät ſich Meldenden unvollſtändige Exemplare geboten werden müſſen, wie dieß leider wieder der Fall iſt. Die auswärtigen Abon- nenten belieben ſich mit ihren Beſtellungen an die zunächſt gelegenen Poſtämter und Zeitungs-Expedi- tionen, in Frankreich an Hrn. G. A. Alexandre in Straßburg und Hrn. F. Klinckſieck, Nro. 11 Rue de Lille in Paris; in England an die HH. Williams and Norgate 12 Henrietta Street, Covent Garden, London zu wenden. [Spaltenumbruch] Ueberſicht. Deutſchland. München (die Zuſagen der Thronrede. Ausſchuß- Oeſterreichiſche Monarchie. Krakau (alle politiſche Ge- Großbritannien. Ludwig Philipps Familie. Sorge für die Frankreich. Eindruck der Nachrichten aus Wien. Subervics Beilage. Italieniſche Reiſefragmente. (XVII.) — Deutſchland. Außerord. Beilage. Portugal. (Bedenkliche Lage des Lan- Datum der Börſen: Madrid 14; Paris 20; Wien 21; Frankfurt Deutſchland. Bayern. || München, 22 März.*) Um 1 Uhr waren heute *) Wir bemerken dem Hrn. Correſpondenten daß uns dieſer Brief geſtern Vormittag erſt nach 9 Uhr zukam. *) Doch von einer Veränderung des Wahlgeſetzes, die wohl allem andern
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Die ganze Bevölkerung dringt auf ein neues Miniſte-<lb/> rium. Der Miniſter v. Falcke entfernt); Köln (wechſelnde Bewegun-<lb/> gen); Bonn (Freude über die königlichen Bewilligungen); Berlin<lb/> (Nachträgliches über die blutigen Kämpfe. Der Friede nicht weiter ge-<lb/> ſtört. Der König mit dem ganzen Hofe nach Potsdam; alle Truppen<lb/> aus der Stadt gezogen. Verleihung einer politiſchen Amneſtie; alle<lb/> Polen freigelaſſen); Breslau (die traurigen Colliſionen auch hier);<lb/> Wien (Wünſche des proviſoriſchen Ausſchuſſes vor den Thron gebracht.<lb/> Die deutſche Reichskrone. Bekanntmachung wegen des Miniſterraths.<lb/> Erzherzog Johann freudig empfangen. Amneſtie erwartet oder bereits<lb/> zugeſtanden. 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Die Gallerien waren vom ge-<lb/><cb/> bildeten Publicum überfüllt, die Diplomatenloge ſtark beſucht; in der<lb/> Hofloge nahmen Königin Marie und Prinzeſſin Luitpold ihre Plätze.<lb/> Bald nach 1 Uhr erſchien mit dem üblichen Cortege König Mar <hi rendition="#aq">II,</hi> und<lb/> verlas in deutlicher, kräftiger Sprache — nur bei dem erſten Satz war<lb/> eine tiefe, faſt wehmüthige Regung nicht zu verkennen — die Thron-<lb/> rede. Hierauf verlas der bisherige Juſtizminiſterialverweſer, v. Beis-<lb/> ler, die Eidesformel für die neueintretenden Mitglieder beider Kammern<lb/> (die Reichsräthe Frhrn. v. Ponikau und v. Lotzbeck, und die Abgeordne-<lb/> ten Graf Arco Stepperg, Pfarrer Dittmar und Abg. Benzino), und<lb/> dieſe ſchwuren ihn nach Namensaufruf durch den Miniſterverweſer Frhrn.<lb/> v. Thon-Dittmer, welcher ſofort den Landtag für eröffnet erklärte, und<lb/> die Kammern zum Beginn ihrer Thätigkeit einlud. Unter herzlichem Zu-<lb/> ruf verließ hierauf der König den Saal und begab ſich in die Reſidenz<lb/> zurück. Werfen wir ſofort einen Blick auf dieſe Manifeſtation des kön.<lb/> Willens, auf dieſes Programm eines angehenden Monarchen, ſo wird<lb/> die Sprache als eine vertraueneinflößende, als eine für die politiſche<lb/> Entwicklung Bayerns und Deutſchlands hoffnunggebende erſcheinen.<lb/> Gleichwohl enthält ſie um nichts mehr als was man von dem König er-<lb/> warten mußte, der als Kronprinz die Proclamation vom 6 d. mit un-<lb/> terzeichnete, und wenn ich mich in der Mitte deſſen halte was von<lb/> allenthalben begehrt wird, ſo vermiſſe ich Zuſagen, die mir unentbehr-<lb/> lich ſcheinen, weil ſie nicht nur im Geiſte der Reformen liegen, ſondern<lb/> auch deren Durchführbarkeit bedingen. So iſt von einer Reviſion der<lb/> Verfaſſung<note place="foot" n="*)">Doch von einer Veränderung des Wahlgeſetzes, die wohl allem andern<lb/> vorausgehen muß.</note> nichts geſagt. Ich brauche nicht an vielleicht noch ferner<lb/> liegende Wünſche anzubinden um deren Nothwendigkeit darzuthun; daß<lb/> unſere Kammern nur alle drei Jahre zuſammenberufen werden müſſen,<lb/> daß ſie nicht das Recht der Initiative haben, mag für meine Anſicht hin-<lb/> reichen. Ueber das Aſſociationsrecht ſchweigt die Thronrede, und die<lb/> Beſprechung öffentlicher Angelegenheiten iſt hiemit unter die ſchirmenden<lb/> Fittige einer argusaugigen Polizei geſtellt, für welche ſpäterhin ein-<lb/> mal das ſeit 1813 erwartete Polizeigeſetz maßgebend wird. Daß nur<lb/> eine Verbeſſerung der Verhältniſſe der Iſraeliten in Ausſicht ſteht, könnte<lb/> ebenſo wenig befriedigen. In dem Bayern, wie es ſich jüngſt erhoben<lb/> und ferner entwickeln wird, muß jede Benachtheiligung in bürgerlichen<lb/> und Ehrenrechten um der Confeſſion willen fallen, und wir zweifeln<lb/> nicht daß falls nicht in Bälde ein Entwurf vorgelegt oder der vorgelegte<lb/> nicht befriedigen würde, der laute Ruf nach völliger Religionsfreiheit die<lb/> Kammern und das Land durchtönen wird. Und doch, das Bild im ganzen auf-<lb/> gefaßt, zweifle ich nicht daß Befriedigung und Vertrauen die Oberhand ge-<lb/> winnen. Wir dürfen annehmen daß ein junger, die Zeit und ihre Forderun-<lb/> gen erfaſſender Fürſt vor weitern Schritten vorwärts nicht zurücktreten wird,<lb/> ſobald eine die wahre Volksgeſinnung vertretende Repräſentation deren<lb/> Nothwendigkeit ausſpricht und verantwortliche Räthe der Krone aus den<lb/> Männern des Volks ſie unterſtützt. Die beiden Reformen: neue Wahl-<lb/> ordnung und Geſetz über Miniſterverantwortlichkeit (der verdienſtvolle<lb/> freiſinnige Seuffert ſoll dieſes bereits entworfen haben) ſtehen vor der<lb/> Thüre, und Heintz und Lerchenfeld ſind Miniſter. Heintz wird wegen<lb/> des übernommenen Portefeuille ſeine Stelle als erſter Präſident der<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0001]
Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchſten Privilegien.
Freitag Nr. 84. 24 März 1848. AUGSBURG. Abonnement hier bei der
Zeitungs-Expedition, Preis vierteljährig
3 fl. 34 kr., für das ganze Jahr 14 fl. 15 kr.
des 24 fl.-Fusses od. 8 Thlr. 4½ Sgr. pr. C.;
für auswärts bei der hiesigen k. Ober-
postamts-Zeitungs-Expedition, sodann für
Deutschland bei allen Postämtern, ganz-
jährig, halbjährig und bei Beginn der
2ten Hälfte jedes Semesters auch viertel-
jährig; für Frankreich in Strassburg bei
G. A. Alexandre, in Paris bei demsel-
ben Nr 23, rue Notre Dame de Nazareth
und bei der deutschen Buchhandlung von
F. Klincksieck Nr. 11, rue de Lille, und
bei dem Postamt in Karlsruhe; für Eng-
land bei Williams & Norgate, 14 Hen-
riette-Street, Covent-Garden in London,
für Nordamerika bei den Postämtern Bre-
men u. Hamburg, für Italien bei den k. k.
Postämtern zu Bregenz, Innsbruck, Vero-
na, Venedig, Triest u. Mailand, für Grie-
chenland u. die Levante etc. bei dem k. k.
Postamt in Triest. Inserate aller Art werden
aufgenommen und der Raum der dreispal-
tigen Colonelzeile berechnet: im Haupt-
blatt mit 12 kr., in der Beilage mit 9 kr.
Da mit Anfang kommenden Monats April in das Abonnement der Allgemeinen Zeitung neu eingetreten werden kann, ſo
bitten wir die Beſtellungen möglichſt frühzeitig bei den betreffenden Poſtämtern zu machen, damit nicht für die zu ſpät ſich
Meldenden unvollſtändige Exemplare geboten werden müſſen, wie dieß leider wieder der Fall iſt. Die auswärtigen Abon-
nenten belieben ſich mit ihren Beſtellungen an die zunächſt gelegenen Poſtämter und Zeitungs-Expedi-
tionen, in Frankreich an Hrn. G. A. Alexandre in Straßburg und Hrn. F. Klinckſieck, Nro. 11 Rue de Lille
in Paris; in England an die HH. Williams and Norgate 12 Henrietta Street, Covent Garden, London
zu wenden.
Ueberſicht.
Deutſchland. München (die Zuſagen der Thronrede. Ausſchuß-
wahl für die Antwortadreſſe. Das neue Miniſterium); Vom Main
(der beabſichtigte Fürſtencongreß. Graf Münch ſoll zurücktreten); Stutt-
gart (die Kammer nun doch an einem Ablöſungsgeſetz); Heidelberg (die
ruſſiſchen Erklärungen bei Berufung der Kriegsreſerven); Leipzig
(Arbeiterverſammlung); Hannover (günſtige Erläuterung der zweideu-
tigen Erlaſſe. Die ganze Bevölkerung dringt auf ein neues Miniſte-
rium. Der Miniſter v. Falcke entfernt); Köln (wechſelnde Bewegun-
gen); Bonn (Freude über die königlichen Bewilligungen); Berlin
(Nachträgliches über die blutigen Kämpfe. Der Friede nicht weiter ge-
ſtört. Der König mit dem ganzen Hofe nach Potsdam; alle Truppen
aus der Stadt gezogen. Verleihung einer politiſchen Amneſtie; alle
Polen freigelaſſen); Breslau (die traurigen Colliſionen auch hier);
Wien (Wünſche des proviſoriſchen Ausſchuſſes vor den Thron gebracht.
Die deutſche Reichskrone. Bekanntmachung wegen des Miniſterraths.
Erzherzog Johann freudig empfangen. Amneſtie erwartet oder bereits
zugeſtanden. Auch von hier aus nun Schritte für eine einheitliche Ge-
ſtaltung Deutſchlands).
Oeſterreichiſche Monarchie. Krakau (alle politiſche Ge-
fangenen freigelaſſen); Preßburg (durch die Beſchlüſſe beider
Tafeln die bisherige Adelsverfaſſung in eine Repräſen-
tativverfaſſung mit individueller Vertretung aller Städte
umgewandelt).
Großbritannien. Ludwig Philipps Familie. Sorge für die
vertriebenen Arbeiter. Die Gräuel des Negerhandels. Truppen nach
Irland. William Thom †.
Frankreich. Eindruck der Nachrichten aus Wien. Subervics
Rücktritt. Anklagen gegen Libri. Proclamation an die Arbeiter.
Beilage. Italieniſche Reiſefragmente. (XVII.) — Deutſchland.
(Ein Wiener Volksblatt. Adreſſe der Wiener Nationalgarde an die
Beſatzung. Prag.) — Schwetz. (Lage der Dinge. Die Bundesre-
viſionscommiſſion. Neuenburg.) — Belgien. (Die Unruhen in Gent
und die Arbeiternoth.)
Außerord. Beilage. Portugal. (Bedenkliche Lage des Lan-
des). — Spanien. (Das Geſetz zur Suspenſion der conſtitutionellen
Bürgſchaften auch im Senat angenommen). — Frankreich. (Auswan-
derung aus Paris in die Provinzen. Straßburg). — Italien. (Neapel:
Die Sicilianer verlangen Abdankung des Königs. Der verſuchte Lazza-
roni-Aufſtand. Das Nationalgardegeſetz endlich vollſtändig. Rom: Die
Jeſuiten vom Volk ſelbſt in Schutz genommen. Jubel über die Conſti-
tution. Venedig und Padua: Ueberall drohende Bewegungen. Turin.
Der Aufſtand der ganzen Lombardei beſtätigt. Gerücht daß
der Vicekönig gefangen ſey. Eine lombardiſch-venetianiſche Republik
verlangt). — Niederland.
Datum der Börſen: Madrid 14; Paris 20; Wien 21; Frankfurt
22; Augsburg 23 März.
Deutſchland.
Bayern.
|| München, 22 März. *)Um 1 Uhr waren heute
beide Kammern in dem Saale der Abgeordneten verſammelt, deſſen
Räume überdieß von zahlreichen Deputationen der k. Stellen und der
Officiere der Linie, des Bürgermilitärs und der Freicorps der Studen-
ten und Künſtler mehr als je beſetzt waren. Die Gallerien waren vom ge-
bildeten Publicum überfüllt, die Diplomatenloge ſtark beſucht; in der
Hofloge nahmen Königin Marie und Prinzeſſin Luitpold ihre Plätze.
Bald nach 1 Uhr erſchien mit dem üblichen Cortege König Mar II, und
verlas in deutlicher, kräftiger Sprache — nur bei dem erſten Satz war
eine tiefe, faſt wehmüthige Regung nicht zu verkennen — die Thron-
rede. Hierauf verlas der bisherige Juſtizminiſterialverweſer, v. Beis-
ler, die Eidesformel für die neueintretenden Mitglieder beider Kammern
(die Reichsräthe Frhrn. v. Ponikau und v. Lotzbeck, und die Abgeordne-
ten Graf Arco Stepperg, Pfarrer Dittmar und Abg. Benzino), und
dieſe ſchwuren ihn nach Namensaufruf durch den Miniſterverweſer Frhrn.
v. Thon-Dittmer, welcher ſofort den Landtag für eröffnet erklärte, und
die Kammern zum Beginn ihrer Thätigkeit einlud. Unter herzlichem Zu-
ruf verließ hierauf der König den Saal und begab ſich in die Reſidenz
zurück. Werfen wir ſofort einen Blick auf dieſe Manifeſtation des kön.
Willens, auf dieſes Programm eines angehenden Monarchen, ſo wird
die Sprache als eine vertraueneinflößende, als eine für die politiſche
Entwicklung Bayerns und Deutſchlands hoffnunggebende erſcheinen.
Gleichwohl enthält ſie um nichts mehr als was man von dem König er-
warten mußte, der als Kronprinz die Proclamation vom 6 d. mit un-
terzeichnete, und wenn ich mich in der Mitte deſſen halte was von
allenthalben begehrt wird, ſo vermiſſe ich Zuſagen, die mir unentbehr-
lich ſcheinen, weil ſie nicht nur im Geiſte der Reformen liegen, ſondern
auch deren Durchführbarkeit bedingen. So iſt von einer Reviſion der
Verfaſſung *) nichts geſagt. Ich brauche nicht an vielleicht noch ferner
liegende Wünſche anzubinden um deren Nothwendigkeit darzuthun; daß
unſere Kammern nur alle drei Jahre zuſammenberufen werden müſſen,
daß ſie nicht das Recht der Initiative haben, mag für meine Anſicht hin-
reichen. Ueber das Aſſociationsrecht ſchweigt die Thronrede, und die
Beſprechung öffentlicher Angelegenheiten iſt hiemit unter die ſchirmenden
Fittige einer argusaugigen Polizei geſtellt, für welche ſpäterhin ein-
mal das ſeit 1813 erwartete Polizeigeſetz maßgebend wird. Daß nur
eine Verbeſſerung der Verhältniſſe der Iſraeliten in Ausſicht ſteht, könnte
ebenſo wenig befriedigen. In dem Bayern, wie es ſich jüngſt erhoben
und ferner entwickeln wird, muß jede Benachtheiligung in bürgerlichen
und Ehrenrechten um der Confeſſion willen fallen, und wir zweifeln
nicht daß falls nicht in Bälde ein Entwurf vorgelegt oder der vorgelegte
nicht befriedigen würde, der laute Ruf nach völliger Religionsfreiheit die
Kammern und das Land durchtönen wird. Und doch, das Bild im ganzen auf-
gefaßt, zweifle ich nicht daß Befriedigung und Vertrauen die Oberhand ge-
winnen. Wir dürfen annehmen daß ein junger, die Zeit und ihre Forderun-
gen erfaſſender Fürſt vor weitern Schritten vorwärts nicht zurücktreten wird,
ſobald eine die wahre Volksgeſinnung vertretende Repräſentation deren
Nothwendigkeit ausſpricht und verantwortliche Räthe der Krone aus den
Männern des Volks ſie unterſtützt. Die beiden Reformen: neue Wahl-
ordnung und Geſetz über Miniſterverantwortlichkeit (der verdienſtvolle
freiſinnige Seuffert ſoll dieſes bereits entworfen haben) ſtehen vor der
Thüre, und Heintz und Lerchenfeld ſind Miniſter. Heintz wird wegen
des übernommenen Portefeuille ſeine Stelle als erſter Präſident der
*) Wir bemerken dem Hrn. Correſpondenten daß uns dieſer Brief geſtern
Vormittag erſt nach 9 Uhr zukam.
*) Doch von einer Veränderung des Wahlgeſetzes, die wohl allem andern
vorausgehen muß.
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(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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