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Allgemeine Zeitung, Nr. 82, 25. März 1900.

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Nr. 82. München, Sonntag Allgemeine Zeitung 25. März 1900.
[Spaltenumbruch]

Wir zweifeln nicht daran, daß das deutsche Volk ge-
willt ist, seine Großmachtstellung zu behaupten und die da-
mit verbundenen Opfer bereitwillig zu tragen. Seit einem
Menschenalter hat Deutschland seine achtunggebietende
Landmacht dazu benutzt, den Frieden in Europa aufrecht
zu erhalten. Auch der starken deutschen Flotte wird nur die
Aufgabe beschieden sein, die friedliche Entwicklung Deutsch-
lands sicherzustellen.

Es ist übrigens im Hinblick auf die bevorstehende
Debatte durchaus zeitgemäß, wenn die "National-
liberale Korrespondenz"
in entschiedener Weise
gegen den Versuch der flottengegnerischen Presse Front
macht, Kapital aus den, von Seiten der Betheiligten ent-
schieden dementirten, Blättermeldungen über die an-
geblichen großen Gewinne der Stahlwerke des Frhrn.
v. Stumm und der Firma Krupp zu schlagen.

"Centrumsblätter," so führt die genannte Korrespondenz
aus, "verlangen, daß die Budgetkommission sich damit be-
schäftigen müsse, und erheben die Forderung, daß nicht eher
ein weiteres Kriegsschiff bewilligt werden dürfe, als bis völlige
Klarheit darüber geschaffen sei. Es versteht sich von selbst,
daß alles geschehen muß, damit das Reich die Werkzeuge, die
es zur Sicherung seiner Wehrkraft zu Lande und zur See
unbedingt gebraucht, nicht übermäßig bezahlt. Von der Er-
ledigung der Streitfrage aber, wann und ob der Gewinn
aus der Herstellung von Panzerplatten, zumal wenn es sich
um Patente handelt, zu hoch sei, die Bewilligung der dem
Reich unbedingt nothwendigen weiteren Schiffsbauten ab-
hängig zu machen, dazu liegt nicht die geringste Berechtigung
vor. Sind die Preise in der That zu hoch, dann bleibt eben
nichts anderes übrig, falls auf dem Wege geschäftlicher Ver-
handlung keine ausreichende Herabsetzung zu erzielen ist, als
von Reichs wegen durch Errichtung von Stahl-
werken
für die fehlende Konkurreuz zu sorgen. Wir können
uns aber nicht denken, daß sich dies nicht die genannten
Firmen selbst sagen und alles daran setzen werden, um sich
einen so guten und pünktlich zahlenden Abnehmer wie das
Reich zu erhalten, zumal auf so viele Jahrzehnte mehr noch
als durch die Schiffsnenbauten durch den Ersatz der ab-
gängigen Schiffe eine gesicherte Beschäftigung gewährleistet
ist. Es liegt daher kein Anlaß vor, sich über diese Frage
irgendwie auf Kosten der Flottennovelle zu erhitzen, nament-
lich, wenn der größte Eifer gerade in den Organen entwickelt
wird, die einer befriedigenden Erledigung der Flottennovelle
tagaus tagein erdenkliche Schwierigkeiten gemacht haben."
Katholische Theologie-Professoren über die Flottenvorlage.

* Einer Reihe von Urtheilen katholischer Theologie-
Professoren
über die Flottenvorlage, die durchweg in der
Anerkennung der Nothwendigkeit der Flottenverstärkung über-
einstimmen, vermögen wir aus Mangel an Raum leider nur
das zu eninehmen, was Prof. Dr. J. Pohle, Prof. an der
theologischen Fakultät der Universität Breslau, zur Begrün-
dung dieser Nothwendigkeit sagt:

"Ich stehe nicht an, meine feste Ueberzeugung dahin auszu-
sprechen, daß eine starke, der Machtstellung und politischen Größe
des Deutschen Reichs entsprechende Flotte nicht etwa ein bloßer
Luxus, sondern eine unbedingte Nothwendigkeit ge-
worden ist. Die nachhaltige Vertheidigung unsrer eigenen Küste,
sowie unsrer zahlreichen Kolonien gegen feindliche Ueberfälle; die
Verbreitung christlicher Kultur und Sitte in heidnischen Ländern
durch Inschutznahme unsrer christlichen Missionen beider Bekennt-
nisse gegen Gewaltthätigkeiten aller Art; der nationale Schutz,
den das Reich den Millionen der in überseeischen Ländern
wohnenden Deutschen schuldet; der riesige Aufschwung unsrer In-
dustrie mit ihren überseeischen Absatzgebieten; endlich die Roth-
wendigkeit eines festen Rückhalts, den die deutsche Diplomatie bei
internationalen Verwicklungen unbedingt haben muß --: alles
dies läßt den raschen Ausbau einer großen Flotte als eine
dringende Nothwendigkeit erscheinen. Obschon wir nicht zu
gleicher Zeit die erste Landmacht und die erste Seemacht der
Welt sein können, so würden wir unter den heutigen Verhält-
nissen meines Erachtens dennoch darauf verzichten müssen, über-
haupt noch eine wirkliche Großmacht zu repräsentiren, wenn wir
uns nicht diejenige Seegeltung erringen, die der Weltmachtstellung
des Deutschen Reiches würdig ist. Da ich zehnmal den Atlanti-
schen Ozean durchquerb, und mit überseeischen Verhältnissen mich
ztemlich vertraut gemacht habe, so empfinde ich perfönlich für die
Flottenfrage ein regeres Interesse, als vielleicht die meisten von
denen, welche das Meer und seine nationale Bedeutung nur aus
Büchern kennen. Ich bin aber überzeugt, daß selbst viele von
denen, welche der Flottenvorlage bisher ablehnend oder kühl
gegenüberstehen, ihren Widerspruch gern aufgeben werden, sobald
es gelingt, die höchst wichtige Deckungsfrage in dem Sinne zu
lösen, daß die nicht unerheblichen Lasten auf die leistungsfähigeren
Schultern gelegt, und großentheils von denen getragen werden,
welche zunächst den meisten Nutzen aus der Flottenvergrößerung
ziehen. Nur sollte man darüber nicht vergessen, daß auch die
ganze Nation als solche in politischer, kultureller und wirthschaft-
licher Veziehung das höchste Interesse an einer größeren deutschen
Reichsslotte haben muß."
Fürstliche Heirathen.

T. Prinz Max von Baden, der bei der Kinderlosig-
keit des Erbgroßherzogs als Neffe des Regenten die nächste
Anwartschaft auf den badischen Thron besitzt, hat sich, wie draht-
lich gemeldet, mit der Prinzessin Marie Luise von Cum-
berland,
der ältesten Enkelin des letzten Königs von Han-
nover, verlobt, ein Ereigniß, das, wie man wissen will, sich
der lebhajtesten Zustimmung des Deutschen Kaisers erfreut
und den ersten bedeutsamen Schritt zur Aussöhnung des
Hohenzollernhauses mit dem welsischen bedeutet. Sind doch
sicherlich in dieser Beziehung die häusigeren Vesuche des
deutschen Botschafters in Wien, des Fürsten Eulenburg, in der
Cumberland-Villa zu Penzing, wo der Herzog mit seiner Ge-
mahlin und seinen beiden ältesten Kindern die Faschingszeit
verlebte, nicht bedentungslos gewesen. Ce n'est que le pre-
mier pas qui coute,
und wenn wir uns auch nicht so weit in
Zukunftspläne verirren, wie einzelne hannoverische Heißsporne,
die den Erben des Deutschen Kaiserthrones bereits mit der
jüngsten Schwester der verlobten Prinzessin vermählt schen,
so ist doch die merkwürdige Thatsache nicht zu leugnen, daß
Preußen mit der Aneignung des alten Spruches jenes unga-
rischen Königs Matthias Corvinus: "Tu, felix Austria, nube!"
es verstanden hat, alle jene in den 60 er Jahren entsetzten
und verletzten deutschen Fürstenhäuser, gleichwie auch ihre
ehemaligen Länder, durch Heirath wieder zu versöhnen und
an das Interesse des Reiches zu ketten.

Den Anfang machte bekanntlich der jetzige Kaiser als
Prinz Wilhelm selbst, da er 1881, kaum 22jährig, der
ältesten Tochter des vielgenannten Augustenburgers die
Hand reichte, der sterbend noch diesen damals bereits in
Aussicht stehenden Bund segnete und in Gedanken an ihn
[Spaltenumbruch] die letzten Bitterkeiten, die ihm das Leben so reichlich zu-
gemessen, vergaß. So ward Holstein, dessen Tochter den
deutschen Kaiserthron bestieg, versöhnt. Es folgte Nassau.
Am 20. September 1885 führte Erbprinz Friedrich von
Baden,
des alten Kaisers Enkel, Prinzessin Hilda, die
einzige Tochter des 1866 depossedirten Herzogs Adolf von
Nassau, jetzigen Großherzogs von Luxemburg, zum Altar,
und wenn die Aussöhnung zwischen den Hohenzollern und
dem knorrigen alten Herrn auch keine intimere zu nennen ist,
so ist sie doch kraft jener Heirath offiziell erfolgt, und es
bleibt lediglich zu bedauern, daß die mit so viel Hoffnungen
geschlossene Ehe kinderlos geblieben. Den dritten Schritt auf
dem so bedeutsam vorgezeichneten Wege that des Kaisers
jüngste Schwester Margarethe, als sie vor sieben Jahren
sich dem in dem vielgenannten Schloß Rumpenheim an der
Bergstraße wohnenden Prinzen Friedrich Karl von Hessen
vermählte, der heute, falls das Kurfürstenthum Hessen noch
existirte, bei der wahrscheinlichen Verzichtleistung seines älteren
unvermählten Bruders, als kurfürstliche Majestät in Kassel
residiren würde. Das mit männlichen Erben reich gesegnete
junge Paar behält aber immer noch die Anwartschaft auf
das Großherzogthum Hessen, solange der Regent dieses
Landes, der bislang nur eine 5 jährige Tochter besitzt, sich
keines Thronerben erfreut. Neuerdings verlautet, daß die Groß-
herzogin Victoria mit nenen Mutterhossnungen gesegnet sei.

Die zahlreichen Kinder des letzten Kurfürsten, die Prinzen
und Prinzessinnen von Hanau, sind bekanntlich mit Geld
abgefunden, so daß auch hier nach allen Seiten ein Ausgleich
der Verhältnisse stattgefunden hat.

Jene oben erwähuten, unerfüllt gebliebenen Erwartungen
des Großherzogthums Baden aber übertragen sich nunmehr
auf die anmuthige Prinzessin Marie Luise -- so genannt
nach ihren beiden Großmüttern, den Königinnen von Hannover
und Dänemark -- die sich dem jüngsten und letzten Sproß
des badischen Hauses, der bis auf den Tag um zehn Jahre
jünger ist als der Erbgroßherzog, vermählt. Prinz Max,
der durch seinen langen Berliner Militärdienst mit dem
deutschen Kaiserhanse auf ganz besonders freundschaftlichem
Fuß steht, wird jedenfalls nach seiner Heirath die Tochter
des Welfenhauses alsbald in die Hohenzollernfamilie ein-
führen; und somit wäre der erste Schritt zu der einzig noch
ausstehenden Versöhnung, derjenigen zwischen den Häusern
Preußen und Hannover, gethan, nachdem Holstein, Nassau
und Hessen auf demselben Weg in glücklichster Weise voran-
gegangen.

Man sagt, daß fürstliche Heirathen nicht mehr die poli-
tische Bedeutung von früher haben -- eine gewisse Wirkung
aber ist ihnen unter Umständen auch heute nicht abzusprechen.
Exempla docent!

Rußland.
Die Haltung Deutschlands in der Transvaal-Frage

wird in der "Nowoje Wremja" einer recht mißliebigen Kritik
unterzogen. Nach dem 1896 er Telegramm des Deutschen
Kaisers an den Präsidenten Krüger, nach dem entschiedenen
Auftreten der deutschen Diplomatie, als die Engländer den
neutralen Handel mit den Buren unterbinden wollten, hätte
man annehmen müssen, daß Deutschland Transvaal nicht
seinem Schicksal überlassen werde.

"Aber jetzt," schreibt das St. Petersburger Blatt weiter, "wo
die Frage der Unabhängigkeit der kleinen Buren-Republiken auf
die Tagesordnung tritt, sagt sich die deutsche Politik ge-
wissermaßen von ihren ersten Schritten los
und stellt
England anheim, nach seinem Willen in Südafrika zu verfahren.
Ob es wirklich so ist, diese Frage ist noch nicht endgültig ent-
schieden, aber man hat diesen für die Negierung des Deutschen
Reiches durchaus nicht vortheilhaften Eindruck. Ganz Deutschland
durchlebt jetzt schwere Tage unter diesem Eindruck und spricht
durch Worte und zuweilen selbst durch die That seinen Wider-
willen aus, welchen ihm der Raubzug der Engländer gegen das
friedliche, kleine Kulturvolk in Südafrika einflößt. Ein Theil der
deutschen Presse rechtfertigt die "Zurückhaltung"
der deutschen Diplomatie
durch den listigen Hinweis
auf Frankreich, welches schuld daran sei, daß Deutschland
es ablehne, die Initiative zur Vermittelung zwischen Eng-
land und Transvaal zu ergreisen. Andere Blätter wälzen,
wie seltsam dies auch ist, die Schuld sogar auf Ruß-
land.
Nußland hat nicht einen Fuß breit Land auf
dem ganzen afrikanischen Kontinent, wir haben mit Trans-
vaal entschieden keinerlei Berührungspunkte, weder politische noch
andere, und doch soll Rußland die Verantwortung für die Unent-
schiedenheit Deutschlands deßhalb tragen, weil es zu Beginn des
Krieges noch vor der Reise Kaiser Wilhelms nach Windsor Eng-
land das Versprechen gegeben, sich jeder aktiven Ein-
mischung in den Krieg zu enthalten.
Ein solches Ver-
sprechen ist sehr begreiflich. In der einen oder anderen Form ist es
England von allen Staaten gegeben, welche sich entschlossen, Neu-
tralität zu beobachten, aber es kann kein Hinderniß für
eine friedliche Einmischung, für die Initiative
Deutschlands sein.
Es ist erinnerlich, daß England wie alle
übrigen europäischen Großmächte während des letzten russisch-
türkischen Krieges offizielle Neutralität bewahrte. Diese hat es
jedoch nicht gehindert, gegen den Vertrag von San Stefano Protest
zu erheben. Europa hat das hochherzige und uneigennützige
Werk Rußlands verstümmelt und soll jetzt angeblich nicht ver-
stehen, das Räuberwerk Englands wieder gut zu machen! Man
möchte dem nicht glauben, nachdem England sowohl wie Deutsch-
land die Veschlüsse der Haager Konferenz unterschrieben haben."

In letzter Zeit waren die Angriffe der russischen Blätter auf
Deutschland seltener geworden, weil dieselben mit England genug
zu schaffen hatten und ihnen auch die englandfeindliche Stim-
mung in weiten dentschen Kreisen zusagte. Jetzt muß Deutsch-
land wieder herhalten, und in ähnlicher Tonart wie die
"Now. Wremja" schrieben letzter Tage auch andere Organe
der russischen Hauptstadt. So groß die Genugthnung war,
mit der die früheren Erfolge der Buren und Niederlagen der
Engländer in Rußland aufgenommen wurden, so sehr scheint
man sich daselbst jetzt über die zugunsten der Engländer ver-
änderte Lage auf dem südafrikanischen Kriegsschauplatz
zu beunruhigen und sucht nun nach Dritten, um sie für den
Stand der Dinge verantwortlich zu machen und seinen Un-
muth an ihnen auszulassen. Ob man dabei stichhaltige
Gründe zu Anklagen hat oder nicht -- die "Now. Wr." führt
jedenfalls gegen Deutschland keinen solchen an --, danach
frägt man nicht viel. Man verkennt aber auch gründlich die
Wirkung, die dies verhetzende Treiben nothwendig erreicht
haben muß: die Kontinentalmächte werden dadurch nur ein-
ander entfremdet, etwaige gemeinsame Schritte derselben zu-
gunsten des Friedens noch mehr erschwert und England hat
inzwischen freies Spiel -- es wird also gerade das erreicht,
was vom russischen Standpunkt am wenigsten erwünscht er-
scheint.

[Spaltenumbruch]
Aufnahme in den russischen Unterthanenverband. -- Eisenbahn-
konferenz.

* Die projektirte Revision des Gesetzes über die Auf-
nahme in den russischen Unterthanenverband

und über die Entlassung aus diesem wird, wie die "Mosk.
Wed." vernehmen, den Neichsrath in der künftigen Herbst-
session beschäftigen. Nach dem neuen Projekt werden die
Anforderungen für die Anfnahme in die russische Unter-
thanenschaft erheblich verschärft, so daß nur diejenigen
Ausländer um die Aufnahme nachsuchen können, die nicht
nur den von den gegenwärtigen Gesetzbestimmungen gestellten
Forderungen genügen, sondern auch einen achtjährigen
tadellosen Aufenthalt in Rußland
nachweisen. Ebenso
soll auch der Austritt aus dem russischen Unterthanen-
verband erschwert werden. -- Eine internationale Kon-
ferenz für Eisenbahnwesen
wird Mitte Mai in
St. Petersburg tagen und Fragen des internationalen Bahn-
verkehrs behandeln. Die Sitzungen der Konferenz werden
unter dem Vorsitz des Wirkl. Staatsraths Perl abgehalten
werden und gegen drei Wochen dauern. Man erwartet einen
regen Besuch besonders von Seiten deutscher und
österreichisch-ungarischer Delegirter.

Serbien.
Serbien, Schweiz und Montenegro.

* Wie der "N. Fr. Pr." aus Belgrad mitgetheilt wird,
hat die schweizerische Regierung das Ansuchen der serbischen
Regierung um Bewilligung zur Errichtung eines serbischen
Generalkonsulats in Genf abgelehnt,
wodurch die
Ernennung des ehemaligen Sekretärs des Königs Milan,
Charles Bethan, zum Generalkonsul in Geuf hinfällig ge-
worden ist. Bei der Schweizer Regierung habe die beab-
sichtigte Errichtung eines serbischen Generalkonsulats in Genf
deßhalb Anstoß erregt, weil der serbische Ministerpräsident in
der Skupschtina offen erklärt hatte, daß das Generalkonsulat
zum Zweck der in der Schweiz lebenden serbischen Staats-
angehörigen kreirt werde, mithin eine Art serbischer
Polizei in der Schweiz
bilden würde. Wie weiter be-
richtet wird, hat der bisherige serbische Gesandte in Cetinje,
Oberst Maschin, dem Fürsten Nikolaus in Cetinje sein Ab-
berufungsschreiben überreicht. Einen Nachfolger wird Hr.
Maschin nicht erhalten, dem seinerzeit erwähuten, auf Antrag
der Regierung erfolgten Skupschtina-Beschluß zufolge, wonach
die serbische Gesandtschaft in Montenegro, gleichwie die in der
Schweiz, aus "Sparsamkeitsrücksichten" eingezogen wurde.



Heer und Flotte.
Oesterreichisches Kriegsschiff.

* Demnächst wird das neueste Kriegsschiff der öster-
reichisch-ungarischen Marine im Stabilimento Tecnico Triestino
fertiggestellt sein und nach dreijähriger Bauzeit der k. u. k. Kriegs-
marine übergeben werden. Das Schiff wird den Namen
"Kaiser Karl VI." führen.

[irrelevantes Material]
Nr. 82. München, Sonntag Allgemeine Zeitung 25. März 1900.
[Spaltenumbruch]

Wir zweifeln nicht daran, daß das deutſche Volk ge-
willt iſt, ſeine Großmachtſtellung zu behaupten und die da-
mit verbundenen Opfer bereitwillig zu tragen. Seit einem
Menſchenalter hat Deutſchland ſeine achtunggebietende
Landmacht dazu benutzt, den Frieden in Europa aufrecht
zu erhalten. Auch der ſtarken deutſchen Flotte wird nur die
Aufgabe beſchieden ſein, die friedliche Entwicklung Deutſch-
lands ſicherzuſtellen.

Es iſt übrigens im Hinblick auf die bevorſtehende
Debatte durchaus zeitgemäß, wenn die „National-
liberale Korreſpondenz“
in entſchiedener Weiſe
gegen den Verſuch der flottengegneriſchen Preſſe Front
macht, Kapital aus den, von Seiten der Betheiligten ent-
ſchieden dementirten, Blättermeldungen über die an-
geblichen großen Gewinne der Stahlwerke des Frhrn.
v. Stumm und der Firma Krupp zu ſchlagen.

„Centrumsblätter,“ ſo führt die genannte Korreſpondenz
aus, „verlangen, daß die Budgetkommiſſion ſich damit be-
ſchäftigen müſſe, und erheben die Forderung, daß nicht eher
ein weiteres Kriegsſchiff bewilligt werden dürfe, als bis völlige
Klarheit darüber geſchaffen ſei. Es verſteht ſich von ſelbſt,
daß alles geſchehen muß, damit das Reich die Werkzeuge, die
es zur Sicherung ſeiner Wehrkraft zu Lande und zur See
unbedingt gebraucht, nicht übermäßig bezahlt. Von der Er-
ledigung der Streitfrage aber, wann und ob der Gewinn
aus der Herſtellung von Panzerplatten, zumal wenn es ſich
um Patente handelt, zu hoch ſei, die Bewilligung der dem
Reich unbedingt nothwendigen weiteren Schiffsbauten ab-
hängig zu machen, dazu liegt nicht die geringſte Berechtigung
vor. Sind die Preiſe in der That zu hoch, dann bleibt eben
nichts anderes übrig, falls auf dem Wege geſchäftlicher Ver-
handlung keine ausreichende Herabſetzung zu erzielen iſt, als
von Reichs wegen durch Errichtung von Stahl-
werken
für die fehlende Konkurreuz zu ſorgen. Wir können
uns aber nicht denken, daß ſich dies nicht die genannten
Firmen ſelbſt ſagen und alles daran ſetzen werden, um ſich
einen ſo guten und pünktlich zahlenden Abnehmer wie das
Reich zu erhalten, zumal auf ſo viele Jahrzehnte mehr noch
als durch die Schiffsnenbauten durch den Erſatz der ab-
gängigen Schiffe eine geſicherte Beſchäftigung gewährleiſtet
iſt. Es liegt daher kein Anlaß vor, ſich über dieſe Frage
irgendwie auf Koſten der Flottennovelle zu erhitzen, nament-
lich, wenn der größte Eifer gerade in den Organen entwickelt
wird, die einer befriedigenden Erledigung der Flottennovelle
tagaus tagein erdenkliche Schwierigkeiten gemacht haben.“
Katholiſche Theologie-Profeſſoren über die Flottenvorlage.

* Einer Reihe von Urtheilen katholiſcher Theologie-
Profeſſoren
über die Flottenvorlage, die durchweg in der
Anerkennung der Nothwendigkeit der Flottenverſtärkung über-
einſtimmen, vermögen wir aus Mangel an Raum leider nur
das zu eninehmen, was Prof. Dr. J. Pohle, Prof. an der
theologiſchen Fakultät der Univerſität Breslau, zur Begrün-
dung dieſer Nothwendigkeit ſagt:

„Ich ſtehe nicht an, meine feſte Ueberzeugung dahin auszu-
ſprechen, daß eine ſtarke, der Machtſtellung und politiſchen Größe
des Deutſchen Reichs entſprechende Flotte nicht etwa ein bloßer
Luxus, ſondern eine unbedingte Nothwendigkeit ge-
worden iſt. Die nachhaltige Vertheidigung unſrer eigenen Küſte,
ſowie unſrer zahlreichen Kolonien gegen feindliche Ueberfälle; die
Verbreitung chriſtlicher Kultur und Sitte in heidniſchen Ländern
durch Inſchutznahme unſrer chriſtlichen Miſſionen beider Bekennt-
niſſe gegen Gewaltthätigkeiten aller Art; der nationale Schutz,
den das Reich den Millionen der in überſeeiſchen Ländern
wohnenden Deutſchen ſchuldet; der rieſige Aufſchwung unſrer In-
duſtrie mit ihren überſeeiſchen Abſatzgebieten; endlich die Roth-
wendigkeit eines feſten Rückhalts, den die deutſche Diplomatie bei
internationalen Verwicklungen unbedingt haben muß —: alles
dies läßt den raſchen Ausbau einer großen Flotte als eine
dringende Nothwendigkeit erſcheinen. Obſchon wir nicht zu
gleicher Zeit die erſte Landmacht und die erſte Seemacht der
Welt ſein können, ſo würden wir unter den heutigen Verhält-
niſſen meines Erachtens dennoch darauf verzichten müſſen, über-
haupt noch eine wirkliche Großmacht zu repräſentiren, wenn wir
uns nicht diejenige Seegeltung erringen, die der Weltmachtſtellung
des Deutſchen Reiches würdig iſt. Da ich zehnmal den Atlanti-
ſchen Ozean durchquerb, und mit überſeeiſchen Verhältniſſen mich
ztemlich vertraut gemacht habe, ſo empfinde ich perfönlich für die
Flottenfrage ein regeres Intereſſe, als vielleicht die meiſten von
denen, welche das Meer und ſeine nationale Bedeutung nur aus
Büchern kennen. Ich bin aber überzeugt, daß ſelbſt viele von
denen, welche der Flottenvorlage bisher ablehnend oder kühl
gegenüberſtehen, ihren Widerſpruch gern aufgeben werden, ſobald
es gelingt, die höchſt wichtige Deckungsfrage in dem Sinne zu
löſen, daß die nicht unerheblichen Laſten auf die leiſtungsfähigeren
Schultern gelegt, und großentheils von denen getragen werden,
welche zunächſt den meiſten Nutzen aus der Flottenvergrößerung
ziehen. Nur ſollte man darüber nicht vergeſſen, daß auch die
ganze Nation als ſolche in politiſcher, kultureller und wirthſchaft-
licher Veziehung das höchſte Intereſſe an einer größeren deutſchen
Reichsſlotte haben muß.“
Fürſtliche Heirathen.

T. Prinz Max von Baden, der bei der Kinderloſig-
keit des Erbgroßherzogs als Neffe des Regenten die nächſte
Anwartſchaft auf den badiſchen Thron beſitzt, hat ſich, wie draht-
lich gemeldet, mit der Prinzeſſin Marie Luiſe von Cum-
berland,
der älteſten Enkelin des letzten Königs von Han-
nover, verlobt, ein Ereigniß, das, wie man wiſſen will, ſich
der lebhajteſten Zuſtimmung des Deutſchen Kaiſers erfreut
und den erſten bedeutſamen Schritt zur Ausſöhnung des
Hohenzollernhauſes mit dem welſiſchen bedeutet. Sind doch
ſicherlich in dieſer Beziehung die häuſigeren Veſuche des
deutſchen Botſchafters in Wien, des Fürſten Eulenburg, in der
Cumberland-Villa zu Penzing, wo der Herzog mit ſeiner Ge-
mahlin und ſeinen beiden älteſten Kindern die Faſchingszeit
verlebte, nicht bedentungslos geweſen. Ce n’est que le pre-
mier pas qui coute,
und wenn wir uns auch nicht ſo weit in
Zukunftspläne verirren, wie einzelne hannoveriſche Heißſporne,
die den Erben des Deutſchen Kaiſerthrones bereits mit der
jüngſten Schweſter der verlobten Prinzeſſin vermählt ſchen,
ſo iſt doch die merkwürdige Thatſache nicht zu leugnen, daß
Preußen mit der Aneignung des alten Spruches jenes unga-
riſchen Königs Matthias Corvinus: „Tu, felix Austria, nube!“
es verſtanden hat, alle jene in den 60 er Jahren entſetzten
und verletzten deutſchen Fürſtenhäuſer, gleichwie auch ihre
ehemaligen Länder, durch Heirath wieder zu verſöhnen und
an das Intereſſe des Reiches zu ketten.

Den Anfang machte bekanntlich der jetzige Kaiſer als
Prinz Wilhelm ſelbſt, da er 1881, kaum 22jährig, der
älteſten Tochter des vielgenannten Auguſtenburgers die
Hand reichte, der ſterbend noch dieſen damals bereits in
Ausſicht ſtehenden Bund ſegnete und in Gedanken an ihn
[Spaltenumbruch] die letzten Bitterkeiten, die ihm das Leben ſo reichlich zu-
gemeſſen, vergaß. So ward Holſtein, deſſen Tochter den
deutſchen Kaiſerthron beſtieg, verſöhnt. Es folgte Naſſau.
Am 20. September 1885 führte Erbprinz Friedrich von
Baden,
des alten Kaiſers Enkel, Prinzeſſin Hilda, die
einzige Tochter des 1866 depoſſedirten Herzogs Adolf von
Naſſau, jetzigen Großherzogs von Luxemburg, zum Altar,
und wenn die Ausſöhnung zwiſchen den Hohenzollern und
dem knorrigen alten Herrn auch keine intimere zu nennen iſt,
ſo iſt ſie doch kraft jener Heirath offiziell erfolgt, und es
bleibt lediglich zu bedauern, daß die mit ſo viel Hoffnungen
geſchloſſene Ehe kinderlos geblieben. Den dritten Schritt auf
dem ſo bedeutſam vorgezeichneten Wege that des Kaiſers
jüngſte Schweſter Margarethe, als ſie vor ſieben Jahren
ſich dem in dem vielgenannten Schloß Rumpenheim an der
Bergſtraße wohnenden Prinzen Friedrich Karl von Heſſen
vermählte, der heute, falls das Kurfürſtenthum Heſſen noch
exiſtirte, bei der wahrſcheinlichen Verzichtleiſtung ſeines älteren
unvermählten Bruders, als kurfürſtliche Majeſtät in Kaſſel
reſidiren würde. Das mit männlichen Erben reich geſegnete
junge Paar behält aber immer noch die Anwartſchaft auf
das Großherzogthum Heſſen, ſolange der Regent dieſes
Landes, der bislang nur eine 5 jährige Tochter beſitzt, ſich
keines Thronerben erfreut. Neuerdings verlautet, daß die Groß-
herzogin Victoria mit nenen Mutterhoſſnungen geſegnet ſei.

Die zahlreichen Kinder des letzten Kurfürſten, die Prinzen
und Prinzeſſinnen von Hanau, ſind bekanntlich mit Geld
abgefunden, ſo daß auch hier nach allen Seiten ein Ausgleich
der Verhältniſſe ſtattgefunden hat.

Jene oben erwähuten, unerfüllt gebliebenen Erwartungen
des Großherzogthums Baden aber übertragen ſich nunmehr
auf die anmuthige Prinzeſſin Marie Luiſe — ſo genannt
nach ihren beiden Großmüttern, den Königinnen von Hannover
und Dänemark — die ſich dem jüngſten und letzten Sproß
des badiſchen Hauſes, der bis auf den Tag um zehn Jahre
jünger iſt als der Erbgroßherzog, vermählt. Prinz Max,
der durch ſeinen langen Berliner Militärdienſt mit dem
deutſchen Kaiſerhanſe auf ganz beſonders freundſchaftlichem
Fuß ſteht, wird jedenfalls nach ſeiner Heirath die Tochter
des Welfenhauſes alsbald in die Hohenzollernfamilie ein-
führen; und ſomit wäre der erſte Schritt zu der einzig noch
ausſtehenden Verſöhnung, derjenigen zwiſchen den Häuſern
Preußen und Hannover, gethan, nachdem Holſtein, Naſſau
und Heſſen auf demſelben Weg in glücklichſter Weiſe voran-
gegangen.

Man ſagt, daß fürſtliche Heirathen nicht mehr die poli-
tiſche Bedeutung von früher haben — eine gewiſſe Wirkung
aber iſt ihnen unter Umſtänden auch heute nicht abzuſprechen.
Exempla docent!

Rußland.
Die Haltung Deutſchlands in der Transvaal-Frage

wird in der „Nowoje Wremja“ einer recht mißliebigen Kritik
unterzogen. Nach dem 1896 er Telegramm des Deutſchen
Kaiſers an den Präſidenten Krüger, nach dem entſchiedenen
Auftreten der deutſchen Diplomatie, als die Engländer den
neutralen Handel mit den Buren unterbinden wollten, hätte
man annehmen müſſen, daß Deutſchland Transvaal nicht
ſeinem Schickſal überlaſſen werde.

„Aber jetzt,“ ſchreibt das St. Petersburger Blatt weiter, „wo
die Frage der Unabhängigkeit der kleinen Buren-Republiken auf
die Tagesordnung tritt, ſagt ſich die deutſche Politik ge-
wiſſermaßen von ihren erſten Schritten los
und ſtellt
England anheim, nach ſeinem Willen in Südafrika zu verfahren.
Ob es wirklich ſo iſt, dieſe Frage iſt noch nicht endgültig ent-
ſchieden, aber man hat dieſen für die Negierung des Deutſchen
Reiches durchaus nicht vortheilhaften Eindruck. Ganz Deutſchland
durchlebt jetzt ſchwere Tage unter dieſem Eindruck und ſpricht
durch Worte und zuweilen ſelbſt durch die That ſeinen Wider-
willen aus, welchen ihm der Raubzug der Engländer gegen das
friedliche, kleine Kulturvolk in Südafrika einflößt. Ein Theil der
deutſchen Preſſe rechtfertigt die „Zurückhaltung“
der deutſchen Diplomatie
durch den liſtigen Hinweis
auf Frankreich, welches ſchuld daran ſei, daß Deutſchland
es ablehne, die Initiative zur Vermittelung zwiſchen Eng-
land und Transvaal zu ergreiſen. Andere Blätter wälzen,
wie ſeltſam dies auch iſt, die Schuld ſogar auf Ruß-
land.
Nußland hat nicht einen Fuß breit Land auf
dem ganzen afrikaniſchen Kontinent, wir haben mit Trans-
vaal entſchieden keinerlei Berührungspunkte, weder politiſche noch
andere, und doch ſoll Rußland die Verantwortung für die Unent-
ſchiedenheit Deutſchlands deßhalb tragen, weil es zu Beginn des
Krieges noch vor der Reiſe Kaiſer Wilhelms nach Windſor Eng-
land das Verſprechen gegeben, ſich jeder aktiven Ein-
miſchung in den Krieg zu enthalten.
Ein ſolches Ver-
ſprechen iſt ſehr begreiflich. In der einen oder anderen Form iſt es
England von allen Staaten gegeben, welche ſich entſchloſſen, Neu-
tralität zu beobachten, aber es kann kein Hinderniß für
eine friedliche Einmiſchung, für die Initiative
Deutſchlands ſein.
Es iſt erinnerlich, daß England wie alle
übrigen europäiſchen Großmächte während des letzten ruſſiſch-
türkiſchen Krieges offizielle Neutralität bewahrte. Dieſe hat es
jedoch nicht gehindert, gegen den Vertrag von San Stefano Proteſt
zu erheben. Europa hat das hochherzige und uneigennützige
Werk Rußlands verſtümmelt und ſoll jetzt angeblich nicht ver-
ſtehen, das Räuberwerk Englands wieder gut zu machen! Man
möchte dem nicht glauben, nachdem England ſowohl wie Deutſch-
land die Veſchlüſſe der Haager Konferenz unterſchrieben haben.“

In letzter Zeit waren die Angriffe der ruſſiſchen Blätter auf
Deutſchland ſeltener geworden, weil dieſelben mit England genug
zu ſchaffen hatten und ihnen auch die englandfeindliche Stim-
mung in weiten dentſchen Kreiſen zuſagte. Jetzt muß Deutſch-
land wieder herhalten, und in ähnlicher Tonart wie die
„Now. Wremja“ ſchrieben letzter Tage auch andere Organe
der ruſſiſchen Hauptſtadt. So groß die Genugthnung war,
mit der die früheren Erfolge der Buren und Niederlagen der
Engländer in Rußland aufgenommen wurden, ſo ſehr ſcheint
man ſich daſelbſt jetzt über die zugunſten der Engländer ver-
änderte Lage auf dem ſüdafrikaniſchen Kriegsſchauplatz
zu beunruhigen und ſucht nun nach Dritten, um ſie für den
Stand der Dinge verantwortlich zu machen und ſeinen Un-
muth an ihnen auszulaſſen. Ob man dabei ſtichhaltige
Gründe zu Anklagen hat oder nicht — die „Now. Wr.“ führt
jedenfalls gegen Deutſchland keinen ſolchen an —, danach
frägt man nicht viel. Man verkennt aber auch gründlich die
Wirkung, die dies verhetzende Treiben nothwendig erreicht
haben muß: die Kontinentalmächte werden dadurch nur ein-
ander entfremdet, etwaige gemeinſame Schritte derſelben zu-
gunſten des Friedens noch mehr erſchwert und England hat
inzwiſchen freies Spiel — es wird alſo gerade das erreicht,
was vom ruſſiſchen Standpunkt am wenigſten erwünſcht er-
ſcheint.

[Spaltenumbruch]
Aufnahme in den ruſſiſchen Unterthanenverband. — Eiſenbahn-
konferenz.

* Die projektirte Reviſion des Geſetzes über die Auf-
nahme in den ruſſiſchen Unterthanenverband

und über die Entlaſſung aus dieſem wird, wie die „Mosk.
Wed.“ vernehmen, den Neichsrath in der künftigen Herbſt-
ſeſſion beſchäftigen. Nach dem neuen Projekt werden die
Anforderungen für die Anfnahme in die ruſſiſche Unter-
thanenſchaft erheblich verſchärft, ſo daß nur diejenigen
Ausländer um die Aufnahme nachſuchen können, die nicht
nur den von den gegenwärtigen Geſetzbeſtimmungen geſtellten
Forderungen genügen, ſondern auch einen achtjährigen
tadelloſen Aufenthalt in Rußland
nachweiſen. Ebenſo
ſoll auch der Austritt aus dem ruſſiſchen Unterthanen-
verband erſchwert werden. — Eine internationale Kon-
ferenz für Eiſenbahnweſen
wird Mitte Mai in
St. Petersburg tagen und Fragen des internationalen Bahn-
verkehrs behandeln. Die Sitzungen der Konferenz werden
unter dem Vorſitz des Wirkl. Staatsraths Perl abgehalten
werden und gegen drei Wochen dauern. Man erwartet einen
regen Beſuch beſonders von Seiten deutſcher und
öſterreichiſch-ungariſcher Delegirter.

Serbien.
Serbien, Schweiz und Montenegro.

* Wie der „N. Fr. Pr.“ aus Belgrad mitgetheilt wird,
hat die ſchweizeriſche Regierung das Anſuchen der ſerbiſchen
Regierung um Bewilligung zur Errichtung eines ſerbiſchen
Generalkonſulats in Genf abgelehnt,
wodurch die
Ernennung des ehemaligen Sekretärs des Königs Milan,
Charles Bethan, zum Generalkonſul in Geuf hinfällig ge-
worden iſt. Bei der Schweizer Regierung habe die beab-
ſichtigte Errichtung eines ſerbiſchen Generalkonſulats in Genf
deßhalb Anſtoß erregt, weil der ſerbiſche Miniſterpräſident in
der Skupſchtina offen erklärt hatte, daß das Generalkonſulat
zum Zweck der in der Schweiz lebenden ſerbiſchen Staats-
angehörigen kreirt werde, mithin eine Art ſerbiſcher
Polizei in der Schweiz
bilden würde. Wie weiter be-
richtet wird, hat der bisherige ſerbiſche Geſandte in Cetinje,
Oberſt Maſchin, dem Fürſten Nikolaus in Cetinje ſein Ab-
berufungsſchreiben überreicht. Einen Nachfolger wird Hr.
Maſchin nicht erhalten, dem ſeinerzeit erwähuten, auf Antrag
der Regierung erfolgten Skupſchtina-Beſchluß zufolge, wonach
die ſerbiſche Geſandtſchaft in Montenegro, gleichwie die in der
Schweiz, aus „Sparſamkeitsrückſichten“ eingezogen wurde.



Heer und Flotte.
Oeſterreichiſches Kriegsſchiff.

* Demnächſt wird das neueſte Kriegsſchiff der öſter-
reichiſch-ungariſchen Marine im Stabilimento Tecnico Trieſtino
fertiggeſtellt ſein und nach dreijähriger Bauzeit der k. u. k. Kriegs-
marine übergeben werden. Das Schiff wird den Namen
Kaiſer Karl VI.“ führen.

[irrelevantes Material]
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[3/0003] Nr. 82. München, Sonntag Allgemeine Zeitung 25. März 1900. Wir zweifeln nicht daran, daß das deutſche Volk ge- willt iſt, ſeine Großmachtſtellung zu behaupten und die da- mit verbundenen Opfer bereitwillig zu tragen. Seit einem Menſchenalter hat Deutſchland ſeine achtunggebietende Landmacht dazu benutzt, den Frieden in Europa aufrecht zu erhalten. Auch der ſtarken deutſchen Flotte wird nur die Aufgabe beſchieden ſein, die friedliche Entwicklung Deutſch- lands ſicherzuſtellen. Es iſt übrigens im Hinblick auf die bevorſtehende Debatte durchaus zeitgemäß, wenn die „National- liberale Korreſpondenz“ in entſchiedener Weiſe gegen den Verſuch der flottengegneriſchen Preſſe Front macht, Kapital aus den, von Seiten der Betheiligten ent- ſchieden dementirten, Blättermeldungen über die an- geblichen großen Gewinne der Stahlwerke des Frhrn. v. Stumm und der Firma Krupp zu ſchlagen. „Centrumsblätter,“ ſo führt die genannte Korreſpondenz aus, „verlangen, daß die Budgetkommiſſion ſich damit be- ſchäftigen müſſe, und erheben die Forderung, daß nicht eher ein weiteres Kriegsſchiff bewilligt werden dürfe, als bis völlige Klarheit darüber geſchaffen ſei. Es verſteht ſich von ſelbſt, daß alles geſchehen muß, damit das Reich die Werkzeuge, die es zur Sicherung ſeiner Wehrkraft zu Lande und zur See unbedingt gebraucht, nicht übermäßig bezahlt. Von der Er- ledigung der Streitfrage aber, wann und ob der Gewinn aus der Herſtellung von Panzerplatten, zumal wenn es ſich um Patente handelt, zu hoch ſei, die Bewilligung der dem Reich unbedingt nothwendigen weiteren Schiffsbauten ab- hängig zu machen, dazu liegt nicht die geringſte Berechtigung vor. Sind die Preiſe in der That zu hoch, dann bleibt eben nichts anderes übrig, falls auf dem Wege geſchäftlicher Ver- handlung keine ausreichende Herabſetzung zu erzielen iſt, als von Reichs wegen durch Errichtung von Stahl- werken für die fehlende Konkurreuz zu ſorgen. Wir können uns aber nicht denken, daß ſich dies nicht die genannten Firmen ſelbſt ſagen und alles daran ſetzen werden, um ſich einen ſo guten und pünktlich zahlenden Abnehmer wie das Reich zu erhalten, zumal auf ſo viele Jahrzehnte mehr noch als durch die Schiffsnenbauten durch den Erſatz der ab- gängigen Schiffe eine geſicherte Beſchäftigung gewährleiſtet iſt. Es liegt daher kein Anlaß vor, ſich über dieſe Frage irgendwie auf Koſten der Flottennovelle zu erhitzen, nament- lich, wenn der größte Eifer gerade in den Organen entwickelt wird, die einer befriedigenden Erledigung der Flottennovelle tagaus tagein erdenkliche Schwierigkeiten gemacht haben.“ Katholiſche Theologie-Profeſſoren über die Flottenvorlage. * Einer Reihe von Urtheilen katholiſcher Theologie- Profeſſoren über die Flottenvorlage, die durchweg in der Anerkennung der Nothwendigkeit der Flottenverſtärkung über- einſtimmen, vermögen wir aus Mangel an Raum leider nur das zu eninehmen, was Prof. Dr. J. Pohle, Prof. an der theologiſchen Fakultät der Univerſität Breslau, zur Begrün- dung dieſer Nothwendigkeit ſagt: „Ich ſtehe nicht an, meine feſte Ueberzeugung dahin auszu- ſprechen, daß eine ſtarke, der Machtſtellung und politiſchen Größe des Deutſchen Reichs entſprechende Flotte nicht etwa ein bloßer Luxus, ſondern eine unbedingte Nothwendigkeit ge- worden iſt. Die nachhaltige Vertheidigung unſrer eigenen Küſte, ſowie unſrer zahlreichen Kolonien gegen feindliche Ueberfälle; die Verbreitung chriſtlicher Kultur und Sitte in heidniſchen Ländern durch Inſchutznahme unſrer chriſtlichen Miſſionen beider Bekennt- niſſe gegen Gewaltthätigkeiten aller Art; der nationale Schutz, den das Reich den Millionen der in überſeeiſchen Ländern wohnenden Deutſchen ſchuldet; der rieſige Aufſchwung unſrer In- duſtrie mit ihren überſeeiſchen Abſatzgebieten; endlich die Roth- wendigkeit eines feſten Rückhalts, den die deutſche Diplomatie bei internationalen Verwicklungen unbedingt haben muß —: alles dies läßt den raſchen Ausbau einer großen Flotte als eine dringende Nothwendigkeit erſcheinen. Obſchon wir nicht zu gleicher Zeit die erſte Landmacht und die erſte Seemacht der Welt ſein können, ſo würden wir unter den heutigen Verhält- niſſen meines Erachtens dennoch darauf verzichten müſſen, über- haupt noch eine wirkliche Großmacht zu repräſentiren, wenn wir uns nicht diejenige Seegeltung erringen, die der Weltmachtſtellung des Deutſchen Reiches würdig iſt. Da ich zehnmal den Atlanti- ſchen Ozean durchquerb, und mit überſeeiſchen Verhältniſſen mich ztemlich vertraut gemacht habe, ſo empfinde ich perfönlich für die Flottenfrage ein regeres Intereſſe, als vielleicht die meiſten von denen, welche das Meer und ſeine nationale Bedeutung nur aus Büchern kennen. Ich bin aber überzeugt, daß ſelbſt viele von denen, welche der Flottenvorlage bisher ablehnend oder kühl gegenüberſtehen, ihren Widerſpruch gern aufgeben werden, ſobald es gelingt, die höchſt wichtige Deckungsfrage in dem Sinne zu löſen, daß die nicht unerheblichen Laſten auf die leiſtungsfähigeren Schultern gelegt, und großentheils von denen getragen werden, welche zunächſt den meiſten Nutzen aus der Flottenvergrößerung ziehen. Nur ſollte man darüber nicht vergeſſen, daß auch die ganze Nation als ſolche in politiſcher, kultureller und wirthſchaft- licher Veziehung das höchſte Intereſſe an einer größeren deutſchen Reichsſlotte haben muß.“ Fürſtliche Heirathen. T. Prinz Max von Baden, der bei der Kinderloſig- keit des Erbgroßherzogs als Neffe des Regenten die nächſte Anwartſchaft auf den badiſchen Thron beſitzt, hat ſich, wie draht- lich gemeldet, mit der Prinzeſſin Marie Luiſe von Cum- berland, der älteſten Enkelin des letzten Königs von Han- nover, verlobt, ein Ereigniß, das, wie man wiſſen will, ſich der lebhajteſten Zuſtimmung des Deutſchen Kaiſers erfreut und den erſten bedeutſamen Schritt zur Ausſöhnung des Hohenzollernhauſes mit dem welſiſchen bedeutet. Sind doch ſicherlich in dieſer Beziehung die häuſigeren Veſuche des deutſchen Botſchafters in Wien, des Fürſten Eulenburg, in der Cumberland-Villa zu Penzing, wo der Herzog mit ſeiner Ge- mahlin und ſeinen beiden älteſten Kindern die Faſchingszeit verlebte, nicht bedentungslos geweſen. Ce n’est que le pre- mier pas qui coute, und wenn wir uns auch nicht ſo weit in Zukunftspläne verirren, wie einzelne hannoveriſche Heißſporne, die den Erben des Deutſchen Kaiſerthrones bereits mit der jüngſten Schweſter der verlobten Prinzeſſin vermählt ſchen, ſo iſt doch die merkwürdige Thatſache nicht zu leugnen, daß Preußen mit der Aneignung des alten Spruches jenes unga- riſchen Königs Matthias Corvinus: „Tu, felix Austria, nube!“ es verſtanden hat, alle jene in den 60 er Jahren entſetzten und verletzten deutſchen Fürſtenhäuſer, gleichwie auch ihre ehemaligen Länder, durch Heirath wieder zu verſöhnen und an das Intereſſe des Reiches zu ketten. Den Anfang machte bekanntlich der jetzige Kaiſer als Prinz Wilhelm ſelbſt, da er 1881, kaum 22jährig, der älteſten Tochter des vielgenannten Auguſtenburgers die Hand reichte, der ſterbend noch dieſen damals bereits in Ausſicht ſtehenden Bund ſegnete und in Gedanken an ihn die letzten Bitterkeiten, die ihm das Leben ſo reichlich zu- gemeſſen, vergaß. So ward Holſtein, deſſen Tochter den deutſchen Kaiſerthron beſtieg, verſöhnt. Es folgte Naſſau. Am 20. September 1885 führte Erbprinz Friedrich von Baden, des alten Kaiſers Enkel, Prinzeſſin Hilda, die einzige Tochter des 1866 depoſſedirten Herzogs Adolf von Naſſau, jetzigen Großherzogs von Luxemburg, zum Altar, und wenn die Ausſöhnung zwiſchen den Hohenzollern und dem knorrigen alten Herrn auch keine intimere zu nennen iſt, ſo iſt ſie doch kraft jener Heirath offiziell erfolgt, und es bleibt lediglich zu bedauern, daß die mit ſo viel Hoffnungen geſchloſſene Ehe kinderlos geblieben. Den dritten Schritt auf dem ſo bedeutſam vorgezeichneten Wege that des Kaiſers jüngſte Schweſter Margarethe, als ſie vor ſieben Jahren ſich dem in dem vielgenannten Schloß Rumpenheim an der Bergſtraße wohnenden Prinzen Friedrich Karl von Heſſen vermählte, der heute, falls das Kurfürſtenthum Heſſen noch exiſtirte, bei der wahrſcheinlichen Verzichtleiſtung ſeines älteren unvermählten Bruders, als kurfürſtliche Majeſtät in Kaſſel reſidiren würde. Das mit männlichen Erben reich geſegnete junge Paar behält aber immer noch die Anwartſchaft auf das Großherzogthum Heſſen, ſolange der Regent dieſes Landes, der bislang nur eine 5 jährige Tochter beſitzt, ſich keines Thronerben erfreut. Neuerdings verlautet, daß die Groß- herzogin Victoria mit nenen Mutterhoſſnungen geſegnet ſei. Die zahlreichen Kinder des letzten Kurfürſten, die Prinzen und Prinzeſſinnen von Hanau, ſind bekanntlich mit Geld abgefunden, ſo daß auch hier nach allen Seiten ein Ausgleich der Verhältniſſe ſtattgefunden hat. Jene oben erwähuten, unerfüllt gebliebenen Erwartungen des Großherzogthums Baden aber übertragen ſich nunmehr auf die anmuthige Prinzeſſin Marie Luiſe — ſo genannt nach ihren beiden Großmüttern, den Königinnen von Hannover und Dänemark — die ſich dem jüngſten und letzten Sproß des badiſchen Hauſes, der bis auf den Tag um zehn Jahre jünger iſt als der Erbgroßherzog, vermählt. Prinz Max, der durch ſeinen langen Berliner Militärdienſt mit dem deutſchen Kaiſerhanſe auf ganz beſonders freundſchaftlichem Fuß ſteht, wird jedenfalls nach ſeiner Heirath die Tochter des Welfenhauſes alsbald in die Hohenzollernfamilie ein- führen; und ſomit wäre der erſte Schritt zu der einzig noch ausſtehenden Verſöhnung, derjenigen zwiſchen den Häuſern Preußen und Hannover, gethan, nachdem Holſtein, Naſſau und Heſſen auf demſelben Weg in glücklichſter Weiſe voran- gegangen. Man ſagt, daß fürſtliche Heirathen nicht mehr die poli- tiſche Bedeutung von früher haben — eine gewiſſe Wirkung aber iſt ihnen unter Umſtänden auch heute nicht abzuſprechen. Exempla docent! Rußland. Die Haltung Deutſchlands in der Transvaal-Frage wird in der „Nowoje Wremja“ einer recht mißliebigen Kritik unterzogen. Nach dem 1896 er Telegramm des Deutſchen Kaiſers an den Präſidenten Krüger, nach dem entſchiedenen Auftreten der deutſchen Diplomatie, als die Engländer den neutralen Handel mit den Buren unterbinden wollten, hätte man annehmen müſſen, daß Deutſchland Transvaal nicht ſeinem Schickſal überlaſſen werde. „Aber jetzt,“ ſchreibt das St. Petersburger Blatt weiter, „wo die Frage der Unabhängigkeit der kleinen Buren-Republiken auf die Tagesordnung tritt, ſagt ſich die deutſche Politik ge- wiſſermaßen von ihren erſten Schritten los und ſtellt England anheim, nach ſeinem Willen in Südafrika zu verfahren. Ob es wirklich ſo iſt, dieſe Frage iſt noch nicht endgültig ent- ſchieden, aber man hat dieſen für die Negierung des Deutſchen Reiches durchaus nicht vortheilhaften Eindruck. Ganz Deutſchland durchlebt jetzt ſchwere Tage unter dieſem Eindruck und ſpricht durch Worte und zuweilen ſelbſt durch die That ſeinen Wider- willen aus, welchen ihm der Raubzug der Engländer gegen das friedliche, kleine Kulturvolk in Südafrika einflößt. Ein Theil der deutſchen Preſſe rechtfertigt die „Zurückhaltung“ der deutſchen Diplomatie durch den liſtigen Hinweis auf Frankreich, welches ſchuld daran ſei, daß Deutſchland es ablehne, die Initiative zur Vermittelung zwiſchen Eng- land und Transvaal zu ergreiſen. Andere Blätter wälzen, wie ſeltſam dies auch iſt, die Schuld ſogar auf Ruß- land. Nußland hat nicht einen Fuß breit Land auf dem ganzen afrikaniſchen Kontinent, wir haben mit Trans- vaal entſchieden keinerlei Berührungspunkte, weder politiſche noch andere, und doch ſoll Rußland die Verantwortung für die Unent- ſchiedenheit Deutſchlands deßhalb tragen, weil es zu Beginn des Krieges noch vor der Reiſe Kaiſer Wilhelms nach Windſor Eng- land das Verſprechen gegeben, ſich jeder aktiven Ein- miſchung in den Krieg zu enthalten. Ein ſolches Ver- ſprechen iſt ſehr begreiflich. In der einen oder anderen Form iſt es England von allen Staaten gegeben, welche ſich entſchloſſen, Neu- tralität zu beobachten, aber es kann kein Hinderniß für eine friedliche Einmiſchung, für die Initiative Deutſchlands ſein. Es iſt erinnerlich, daß England wie alle übrigen europäiſchen Großmächte während des letzten ruſſiſch- türkiſchen Krieges offizielle Neutralität bewahrte. Dieſe hat es jedoch nicht gehindert, gegen den Vertrag von San Stefano Proteſt zu erheben. Europa hat das hochherzige und uneigennützige Werk Rußlands verſtümmelt und ſoll jetzt angeblich nicht ver- ſtehen, das Räuberwerk Englands wieder gut zu machen! Man möchte dem nicht glauben, nachdem England ſowohl wie Deutſch- land die Veſchlüſſe der Haager Konferenz unterſchrieben haben.“ In letzter Zeit waren die Angriffe der ruſſiſchen Blätter auf Deutſchland ſeltener geworden, weil dieſelben mit England genug zu ſchaffen hatten und ihnen auch die englandfeindliche Stim- mung in weiten dentſchen Kreiſen zuſagte. Jetzt muß Deutſch- land wieder herhalten, und in ähnlicher Tonart wie die „Now. Wremja“ ſchrieben letzter Tage auch andere Organe der ruſſiſchen Hauptſtadt. So groß die Genugthnung war, mit der die früheren Erfolge der Buren und Niederlagen der Engländer in Rußland aufgenommen wurden, ſo ſehr ſcheint man ſich daſelbſt jetzt über die zugunſten der Engländer ver- änderte Lage auf dem ſüdafrikaniſchen Kriegsſchauplatz zu beunruhigen und ſucht nun nach Dritten, um ſie für den Stand der Dinge verantwortlich zu machen und ſeinen Un- muth an ihnen auszulaſſen. Ob man dabei ſtichhaltige Gründe zu Anklagen hat oder nicht — die „Now. Wr.“ führt jedenfalls gegen Deutſchland keinen ſolchen an —, danach frägt man nicht viel. Man verkennt aber auch gründlich die Wirkung, die dies verhetzende Treiben nothwendig erreicht haben muß: die Kontinentalmächte werden dadurch nur ein- ander entfremdet, etwaige gemeinſame Schritte derſelben zu- gunſten des Friedens noch mehr erſchwert und England hat inzwiſchen freies Spiel — es wird alſo gerade das erreicht, was vom ruſſiſchen Standpunkt am wenigſten erwünſcht er- ſcheint. Aufnahme in den ruſſiſchen Unterthanenverband. — Eiſenbahn- konferenz. * Die projektirte Reviſion des Geſetzes über die Auf- nahme in den ruſſiſchen Unterthanenverband und über die Entlaſſung aus dieſem wird, wie die „Mosk. Wed.“ vernehmen, den Neichsrath in der künftigen Herbſt- ſeſſion beſchäftigen. Nach dem neuen Projekt werden die Anforderungen für die Anfnahme in die ruſſiſche Unter- thanenſchaft erheblich verſchärft, ſo daß nur diejenigen Ausländer um die Aufnahme nachſuchen können, die nicht nur den von den gegenwärtigen Geſetzbeſtimmungen geſtellten Forderungen genügen, ſondern auch einen achtjährigen tadelloſen Aufenthalt in Rußland nachweiſen. Ebenſo ſoll auch der Austritt aus dem ruſſiſchen Unterthanen- verband erſchwert werden. — Eine internationale Kon- ferenz für Eiſenbahnweſen wird Mitte Mai in St. Petersburg tagen und Fragen des internationalen Bahn- verkehrs behandeln. Die Sitzungen der Konferenz werden unter dem Vorſitz des Wirkl. Staatsraths Perl abgehalten werden und gegen drei Wochen dauern. Man erwartet einen regen Beſuch beſonders von Seiten deutſcher und öſterreichiſch-ungariſcher Delegirter. Serbien. Serbien, Schweiz und Montenegro. * Wie der „N. Fr. Pr.“ aus Belgrad mitgetheilt wird, hat die ſchweizeriſche Regierung das Anſuchen der ſerbiſchen Regierung um Bewilligung zur Errichtung eines ſerbiſchen Generalkonſulats in Genf abgelehnt, wodurch die Ernennung des ehemaligen Sekretärs des Königs Milan, Charles Bethan, zum Generalkonſul in Geuf hinfällig ge- worden iſt. Bei der Schweizer Regierung habe die beab- ſichtigte Errichtung eines ſerbiſchen Generalkonſulats in Genf deßhalb Anſtoß erregt, weil der ſerbiſche Miniſterpräſident in der Skupſchtina offen erklärt hatte, daß das Generalkonſulat zum Zweck der in der Schweiz lebenden ſerbiſchen Staats- angehörigen kreirt werde, mithin eine Art ſerbiſcher Polizei in der Schweiz bilden würde. Wie weiter be- richtet wird, hat der bisherige ſerbiſche Geſandte in Cetinje, Oberſt Maſchin, dem Fürſten Nikolaus in Cetinje ſein Ab- berufungsſchreiben überreicht. Einen Nachfolger wird Hr. Maſchin nicht erhalten, dem ſeinerzeit erwähuten, auf Antrag der Regierung erfolgten Skupſchtina-Beſchluß zufolge, wonach die ſerbiſche Geſandtſchaft in Montenegro, gleichwie die in der Schweiz, aus „Sparſamkeitsrückſichten“ eingezogen wurde. Heer und Flotte. Oeſterreichiſches Kriegsſchiff. * Demnächſt wird das neueſte Kriegsſchiff der öſter- reichiſch-ungariſchen Marine im Stabilimento Tecnico Trieſtino fertiggeſtellt ſein und nach dreijähriger Bauzeit der k. u. k. Kriegs- marine übergeben werden. Das Schiff wird den Namen „Kaiſer Karl VI.“ führen. _

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine82_1900
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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 82, 25. März 1900, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine82_1900/3>, abgerufen am 28.11.2024.