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Allgemeine Zeitung, Nr. 82, 22. März 1848.

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[Spaltenumbruch] Häusern der revolutionirenden Befreier.

"Das Landvolk hatte bisher
an den socialen Umgestaltungen so geringen Antheil, weil mit diesen
Umgestaltungen so großes Unglück verbunden war daß die Nichttheil-
nahme zugleich Verdienst war und Lohn. Es ist wahr die Landbewohner
litten mit unter den Folgen der Revolutionen, aber sie erduldeten nicht
deren entsetzlichste Qual, die Enttäuschungen; sie litten unter jeder Art
von Tyrannei, aber die Gewohnheit des Duldens, die Tröstungen häus-
licher Liebe, die religiösen Hoffnungen ließen sie weniger die Dornen
dieses Lebens empfinden, das uns durch Nichtsthun, Gleichgültigkeit,
Hochmuth, durch die Wissenschaft selbst so qualvoll gemacht wird. Sie
duldeten und sie dulden mit dem Troste etwas auf der Welt thun, etwas
verdienen zu können, nicht im thörichten Glauben Tyrannei sey ein
unübersteigliches Hinderniß auf dem Tugendpfade. Wenn aber die
Menschen wissen werden worüber sie zürnen und warum sie kämpfen,
wenn verwegene Verschwörungen dem feierlichen Eidschwur der vor den
Altären versammelten Menge Platz machen müssen, wenn die Revolu-
tionen nicht nur umwälzen und zerstören sondern aufbauen und ein-
richten werden, wenn wenige nicht Priester, viele Opfer der befreienden
Politik seyn werden: dann wird der ausgewählteste Theil des Volks sich
erheben das Schicksal Italiens zu prophezeien, und mit Freuden werden
sie das neue Wort empfangen und mit Liebe wie mit Blut werden sie
es befruchten. Dann wird des Ackerbauers Stand edler seyn als die
übrigen, und dieser Tag wird unfehlbare Vorbedeutung bringen und
den Anfang der neuen Zeit bezeichnen. Bevor dieß aber sich ereignet
könnte neues Unglück, das furchtbarste von allem, uns treffen: die An-
steckung des Beispiels und die Larve der Civilisation, welche uns durch
den Hochmuth des Besserseyns noch mehr verderbt, könnte sich auf das
italienische Landvolk erstrecken. Wenn die erleichterte Verbindung
zwischen Ort und Ort, wenn gewisse in die Dörfer gedrungene Lebens-
bequemlichkeiten, kurz wenn die materiellen Wirkungen der Cultur durch
Institutionen und Erziehung so geregelt würden daß sie die Leute klüger
und nicht begehrlicher machten: dann wäre es an der Zeit diese Civili-
sation, die wir heute langsam und wie hinterlistig lauernd auf dem
Lande umherschleichen sehen, auf einmal mit Blitzesschnelle zu ver-
breiten. Der Theil des Volks aber welcher am mächtigsten ist durch
Kraft des Arms und Standhaftigkeit der Gesinnung wird jeden Frei-
heitsruf mit nur schwacher Stimme beantworten, wenn der Priester-
stand sie nicht aufruft zur Freiheit. Von den meisten Freiheitshelden
aber wird der Priesterstand nicht geachtet, nicht eines Blicks gewürdigt."

Wie am Priesterstand die Vorbereitung, so muß vom Haupt der
Kirche die Losung ausgehen.

"Ein Papst wird kommen der sprechen
wird: zu segnen bin ich berufen, den Segen kann ich nicht hindern.
Wie eine Löwin wird das Volk erstehen, es wird sich erheben wie ein
Löwe. Stärker denn irgendeine Waffe würde die Stimme eines Papstes
seyn der das Bewußtseyn hätte der eignen Kraft. Und mehr denn
hundert Schlachten würden die Worte gelten die er mit der Empfindung
der Liebe spräche: wollet nicht, ich bitte euch meine Brüder, wollet nicht
übel thun! Und auf daß der Päpste Stimme Kraft erlange braucht
Eines nur wahr zu werden: sie haben nur ihre Pflicht zu erkennen und
das Evangelium zu verstehen und die Worte ihrer eignen Vorgänger.
Von Italien ging die Größe und Weltmacht der christlichen Idee aus:
von Italien wird, so hoffe ich, das Beispiel des neuen christlichen
Priesterthums kommen. Wer den katholischen Glauben zerstören wollte,
dessen Centrum Italien ist, wäre ein Feind des Vaterlands."

So schrieb Niccolo Tommaseo vor dreizehn Jahren, und von dem
was er geahnt ist manches eingetroffen, und anderes wird eintreffen
wenn die italienische Nation sich ihrer Aufgabe bewußt bleibt und klarer
bewußt wird; wenn sie den legalen Weg nicht verläßt; wenn sie fremden
Mächten die Anerkennung der Rechte nicht versagt auf welche sie selbst
Anspruch macht; wenn sie endlich sich frei erhält von der leidigen Nach-
ahmungssucht französischer Dinge, wohl bedenkend wie die Franzosen
von jeher die unabhängige und nationale Entwicklung Italiens ge-
hemmt haben, Valois wie Anjou, Republik wie Napoleon.



Das Heerwesen Italiens.

* * Der Zeitpunkt eines Krieges, dessen Hauptschauplatz Italien
seyn wird, scheint nicht fern zu seyn; *) dafür zeugen sowohl die
mächtigen Rüstungen Oesterreichs als auch die Sorgfalt welche die
[Spaltenumbruch] übrigen italienischen Staaten ihrer Militärmacht zuwenden. Oester-
reich, das sich wohl bewußt ist daß bei einem bevorstehenden Kampfe
der Besitz Oberitaliens derjenigen Macht verbleiben wird die im
Stande ist die Initiative zu ergreifen, und früher als die übrigen
Staaten mit einer den Berhältnissen angemessenen Macht auf dem
Kampfplatze zu erscheinen, hat deßhalb Vorsorge getroffen und das
lombardisch-venezianische Königreich mit einer Truppenmacht besetzt
die es schwer machen wird ihm den dadurch gewonnenen Vortheil
wieder zu entreißen. Zwar auch Sardinien, dieses den Interessen
Oesterreichs in Italien stets entgegenwirkende Reich, das in Italien
die Stelle von Preußen in Deutschland einnehmen möchte, hat seine Trup-
pen auf den Kriegsfuß gesetzt, und es ist nicht zu läugnen daß sein
Heer das durch sorgfältige Bildung und Leitung jeder andern euro-
päischen Armee an die Seite gesetzt werden darf, in die Wagschale
des Kriegs ein bedeutendes Gewicht legt; allein es fragt sich ob die
Gesammtstreitkräfte der die Bahn des Fortschritts theils mit, theils ge-
gen den eigenen Willen der Herrscher betretenden Völker Italiens
denjenigen der österreichischen Monarchie in Italien die Spitze bieten
können; deßhalb lassen wir hier eine Aufzählung der Militärmacht
der verschiedenen Staaten folgen. Wir sehen dabei -- dieß sey uns noch
vorauszuschicken erlaubt -- von aller Theilnahme des Volks in Masse,
dem Volksenthustasmus, der Begeisterung des Ganzen für das freie
Italien, die freie Constitution u. s. w. ab; denn daß diese Begeiste-
rung nicht vor dem Feinde Stich hält, dafür haben uns die Beispiele
des Jahrs 1821 in Neapel gonügende Beweise gegeben. Nur allein
Oberitalien möchte in dieser Beziehung eine ehrenvolle Ausnahme
machen. Gehen wir nun zu Aufzählung der militärischen Streitkräfte
selbst über.

In Sardinien ist das militärische Element schon seit Jahren ein-
gebürgert. Der König, Karl Albert, selbst durch und durch Soldat,
und von der Wichtigkeit einer gut disciplinirten und gehörig ausge-
bildeten Armee aufs innigste überzeugt, hat aus Sardinien, ähnlich
Preußen, jedoch mit den nöthigen Unterschieden, einen vollständigen
Militärstaat geschaffen. Er selbst überwacht die Ausbildung der
Truppen vom geringsten Detail bis zur vollständigen Ausbildung der
Heerführer, und so konnte es wohl nicht fehlen daß in Piemont im
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und Leitung betrifft, zu den ausgezeichnetsten Europa's gerechnet wer-
den darf. (Wir verweisen darüber auf die "Mittheilungen einer Reise
durch Deutschland und Sardinien bis Genua," von dem berühmten
preußischen Artilleriegeneral und Militärschrifrsteller C. v. Decker.)
Namentlich soll die Artillerie, sowohl was das Personelle als das
Materielle betrifft, in einem ausgezeichneten Zustande sich befinden.

Im Frieden übersteigt die Zahl der unter den Waffen stehenden
Mannschaft nie 30,000 Mann, sie kann aber schon in der kurzen
Frist von vierzig Tagen auf den vollständigen Feldfuß gesetzt werden.
Die Infanterie besteht aus: 1 Garde-Grenadierregiment mit 3
Feld- und 1 Depotbataillone zu 6 Compagnien; 1 Jägerregiment
mit 2 Feld- und 1 Depotbataillon; 18 Linienregimentern mit 2
Feld- und 1 Depotbataillon, im Kriege mit 3 Feldbataillons; 1
Regiment Freischützen zu 9 Compagnien, und 1 Regiment Gebirgs-
schützen (bersaglieri) die, ausschließlich zum Gebirgskriege bestimmt,
für denselben sehr zweckmäßig ausgerüstet werden, und einen großen
Theil des Jahres ihre Uebungen im Gebirge anstellen. Die Gesammt-
stärke der Infanterie beträgt im Frieden 25,000 Mann, auf dem Kriegs-
fuß wird ihre Zahl durch Einberufungen auf 63,000 M. gebracht. Die
Reiterei zersällt in 7 Liniencavallerieregimenter, von welchen eines auf
der Insel Sardinien stationirt ist, und deren Stärke im Frieden 5220,
im Feld 6000 Pferde beträgt. Die Artillerie hat eine der preu-
ßischen ganz ähnliche Einrichtung. Sie zerfällt in Brigaden. Das
Material ist ausgezeichnet und ebenso zweckmäßig die Instruction der
Mannschaft. Sie wird in 4 Feld- und 2 Festungs- und 2 Hand-
werkerbrigaden eingetheilt. Die 4 Feldbrigaden bestehen aus 12
Compagnien, von denen die erste Brigade 2 reitende und 1 Fußbatterie,
die vierte Brigade 2 Positions- und 1 Fußbatterie, die 2 übrigen 3 Fuß-
batterien enthalten. Die reitenden und Fußbatterien führen sechs 8-
Pfünder und zwei 7- oder 5- pfündige Haubitzen, die Positionsbar-
terien sechs 12-Pfünder.

Jede der Festungsbrigaden zerfällt in 6, jede der Handwerker-
brigaden in 4 Compagnien. Außerdem besitzt Piemont noch in den
festen Plätzen wie Genua, Fenestrelles etc. 4 Gebirgsbatterien deren

*) Vor einigen Wochen geschriebrn. R. d. A. Z.

[Spaltenumbruch] Häuſern der revolutionirenden Befreier.

„Das Landvolk hatte bisher
an den ſocialen Umgeſtaltungen ſo geringen Antheil, weil mit dieſen
Umgeſtaltungen ſo großes Unglück verbunden war daß die Nichttheil-
nahme zugleich Verdienſt war und Lohn. Es iſt wahr die Landbewohner
litten mit unter den Folgen der Revolutionen, aber ſie erduldeten nicht
deren entſetzlichſte Qual, die Enttäuſchungen; ſie litten unter jeder Art
von Tyrannei, aber die Gewohnheit des Duldens, die Tröſtungen häus-
licher Liebe, die religiöſen Hoffnungen ließen ſie weniger die Dornen
dieſes Lebens empfinden, das uns durch Nichtsthun, Gleichgültigkeit,
Hochmuth, durch die Wiſſenſchaft ſelbſt ſo qualvoll gemacht wird. Sie
duldeten und ſie dulden mit dem Troſte etwas auf der Welt thun, etwas
verdienen zu können, nicht im thörichten Glauben Tyrannei ſey ein
unüberſteigliches Hinderniß auf dem Tugendpfade. Wenn aber die
Menſchen wiſſen werden worüber ſie zürnen und warum ſie kämpfen,
wenn verwegene Verſchwörungen dem feierlichen Eidſchwur der vor den
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tionen nicht nur umwälzen und zerſtören ſondern aufbauen und ein-
richten werden, wenn wenige nicht Prieſter, viele Opfer der befreienden
Politik ſeyn werden: dann wird der ausgewählteſte Theil des Volks ſich
erheben das Schickſal Italiens zu prophezeien, und mit Freuden werden
ſie das neue Wort empfangen und mit Liebe wie mit Blut werden ſie
es befruchten. Dann wird des Ackerbauers Stand edler ſeyn als die
übrigen, und dieſer Tag wird unfehlbare Vorbedeutung bringen und
den Anfang der neuen Zeit bezeichnen. Bevor dieß aber ſich ereignet
könnte neues Unglück, das furchtbarſte von allem, uns treffen: die An-
ſteckung des Beiſpiels und die Larve der Civiliſation, welche uns durch
den Hochmuth des Beſſerſeyns noch mehr verderbt, könnte ſich auf das
italieniſche Landvolk erſtrecken. Wenn die erleichterte Verbindung
zwiſchen Ort und Ort, wenn gewiſſe in die Dörfer gedrungene Lebens-
bequemlichkeiten, kurz wenn die materiellen Wirkungen der Cultur durch
Inſtitutionen und Erziehung ſo geregelt würden daß ſie die Leute klüger
und nicht begehrlicher machten: dann wäre es an der Zeit dieſe Civili-
ſation, die wir heute langſam und wie hinterliſtig lauernd auf dem
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breiten. Der Theil des Volks aber welcher am mächtigſten iſt durch
Kraft des Arms und Standhaftigkeit der Geſinnung wird jeden Frei-
heitsruf mit nur ſchwacher Stimme beantworten, wenn der Prieſter-
ſtand ſie nicht aufruft zur Freiheit. Von den meiſten Freiheitshelden
aber wird der Prieſterſtand nicht geachtet, nicht eines Blicks gewürdigt.“

Wie am Prieſterſtand die Vorbereitung, ſo muß vom Haupt der
Kirche die Loſung ausgehen.

„Ein Papſt wird kommen der ſprechen
wird: zu ſegnen bin ich berufen, den Segen kann ich nicht hindern.
Wie eine Löwin wird das Volk erſtehen, es wird ſich erheben wie ein
Löwe. Stärker denn irgendeine Waffe würde die Stimme eines Papſtes
ſeyn der das Bewußtſeyn hätte der eignen Kraft. Und mehr denn
hundert Schlachten würden die Worte gelten die er mit der Empfindung
der Liebe ſpräche: wollet nicht, ich bitte euch meine Brüder, wollet nicht
übel thun! Und auf daß der Päpſte Stimme Kraft erlange braucht
Eines nur wahr zu werden: ſie haben nur ihre Pflicht zu erkennen und
das Evangelium zu verſtehen und die Worte ihrer eignen Vorgänger.
Von Italien ging die Größe und Weltmacht der chriſtlichen Idee aus:
von Italien wird, ſo hoffe ich, das Beiſpiel des neuen chriſtlichen
Prieſterthums kommen. Wer den katholiſchen Glauben zerſtören wollte,
deſſen Centrum Italien iſt, wäre ein Feind des Vaterlands.“

So ſchrieb Niccolo Tommaſéo vor dreizehn Jahren, und von dem
was er geahnt iſt manches eingetroffen, und anderes wird eintreffen
wenn die italieniſche Nation ſich ihrer Aufgabe bewußt bleibt und klarer
bewußt wird; wenn ſie den legalen Weg nicht verläßt; wenn ſie fremden
Mächten die Anerkennung der Rechte nicht verſagt auf welche ſie ſelbſt
Anſpruch macht; wenn ſie endlich ſich frei erhält von der leidigen Nach-
ahmungsſucht franzöſiſcher Dinge, wohl bedenkend wie die Franzoſen
von jeher die unabhängige und nationale Entwicklung Italiens ge-
hemmt haben, Valois wie Anjou, Republik wie Napoleon.



Das Heerweſen Italiens.

* * Der Zeitpunkt eines Krieges, deſſen Hauptſchauplatz Italien
ſeyn wird, ſcheint nicht fern zu ſeyn; *) dafür zeugen ſowohl die
mächtigen Rüſtungen Oeſterreichs als auch die Sorgfalt welche die
[Spaltenumbruch] übrigen italieniſchen Staaten ihrer Militärmacht zuwenden. Oeſter-
reich, das ſich wohl bewußt iſt daß bei einem bevorſtehenden Kampfe
der Beſitz Oberitaliens derjenigen Macht verbleiben wird die im
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Staaten mit einer den Berhältniſſen angemeſſenen Macht auf dem
Kampfplatze zu erſcheinen, hat deßhalb Vorſorge getroffen und das
lombardiſch-venezianiſche Königreich mit einer Truppenmacht beſetzt
die es ſchwer machen wird ihm den dadurch gewonnenen Vortheil
wieder zu entreißen. Zwar auch Sardinien, dieſes den Intereſſen
Oeſterreichs in Italien ſtets entgegenwirkende Reich, das in Italien
die Stelle von Preußen in Deutſchland einnehmen möchte, hat ſeine Trup-
pen auf den Kriegsfuß geſetzt, und es iſt nicht zu läugnen daß ſein
Heer das durch ſorgfältige Bildung und Leitung jeder andern euro-
päiſchen Armee an die Seite geſetzt werden darf, in die Wagſchale
des Kriegs ein bedeutendes Gewicht legt; allein es fragt ſich ob die
Geſammtſtreitkräfte der die Bahn des Fortſchritts theils mit, theils ge-
gen den eigenen Willen der Herrſcher betretenden Völker Italiens
denjenigen der öſterreichiſchen Monarchie in Italien die Spitze bieten
können; deßhalb laſſen wir hier eine Aufzählung der Militärmacht
der verſchiedenen Staaten folgen. Wir ſehen dabei — dieß ſey uns noch
vorauszuſchicken erlaubt — von aller Theilnahme des Volks in Maſſe,
dem Volksenthuſtasmus, der Begeiſterung des Ganzen für das freie
Italien, die freie Conſtitution u. ſ. w. ab; denn daß dieſe Begeiſte-
rung nicht vor dem Feinde Stich hält, dafür haben uns die Beiſpiele
des Jahrs 1821 in Neapel gonügende Beweiſe gegeben. Nur allein
Oberitalien möchte in dieſer Beziehung eine ehrenvolle Ausnahme
machen. Gehen wir nun zu Aufzählung der militäriſchen Streitkräfte
ſelbſt über.

In Sardinien iſt das militäriſche Element ſchon ſeit Jahren ein-
gebürgert. Der König, Karl Albert, ſelbſt durch und durch Soldat,
und von der Wichtigkeit einer gut disciplinirten und gehörig ausge-
bildeten Armee aufs innigſte überzeugt, hat aus Sardinien, ähnlich
Preußen, jedoch mit den nöthigen Unterſchieden, einen vollſtändigen
Militärſtaat geſchaffen. Er ſelbſt überwacht die Ausbildung der
Truppen vom geringſten Detail bis zur vollſtändigen Ausbildung der
Heerführer, und ſo konnte es wohl nicht fehlen daß in Piemont im
Laufe der Zeit eine Armee entſtanden iſt die, was kriegeriſche Uebung
und Leitung betrifft, zu den ausgezeichnetſten Europa’s gerechnet wer-
den darf. (Wir verweiſen darüber auf die „Mittheilungen einer Reiſe
durch Deutſchland und Sardinien bis Genua,“ von dem berühmten
preußiſchen Artilleriegeneral und Militärſchrifrſteller C. v. Decker.)
Namentlich ſoll die Artillerie, ſowohl was das Perſonelle als das
Materielle betrifft, in einem ausgezeichneten Zuſtande ſich befinden.

Im Frieden überſteigt die Zahl der unter den Waffen ſtehenden
Mannſchaft nie 30,000 Mann, ſie kann aber ſchon in der kurzen
Friſt von vierzig Tagen auf den vollſtändigen Feldfuß geſetzt werden.
Die Infanterie beſteht aus: 1 Garde-Grenadierregiment mit 3
Feld- und 1 Depotbataillone zu 6 Compagnien; 1 Jägerregiment
mit 2 Feld- und 1 Depotbataillon; 18 Linienregimentern mit 2
Feld- und 1 Depotbataillon, im Kriege mit 3 Feldbataillons; 1
Regiment Freiſchützen zu 9 Compagnien, und 1 Regiment Gebirgs-
ſchützen (bersaglieri) die, ausſchließlich zum Gebirgskriege beſtimmt,
für denſelben ſehr zweckmäßig ausgerüſtet werden, und einen großen
Theil des Jahres ihre Uebungen im Gebirge anſtellen. Die Geſammt-
ſtärke der Infanterie beträgt im Frieden 25,000 Mann, auf dem Kriegs-
fuß wird ihre Zahl durch Einberufungen auf 63,000 M. gebracht. Die
Reiterei zerſällt in 7 Liniencavallerieregimenter, von welchen eines auf
der Inſel Sardinien ſtationirt iſt, und deren Stärke im Frieden 5220,
im Feld 6000 Pferde beträgt. Die Artillerie hat eine der preu-
ßiſchen ganz ähnliche Einrichtung. Sie zerfällt in Brigaden. Das
Material iſt ausgezeichnet und ebenſo zweckmäßig die Inſtruction der
Mannſchaft. Sie wird in 4 Feld- und 2 Feſtungs- und 2 Hand-
werkerbrigaden eingetheilt. Die 4 Feldbrigaden beſtehen aus 12
Compagnien, von denen die erſte Brigade 2 reitende und 1 Fußbatterie,
die vierte Brigade 2 Poſitions- und 1 Fußbatterie, die 2 übrigen 3 Fuß-
batterien enthalten. Die reitenden und Fußbatterien führen ſechs 8-
Pfünder und zwei 7- oder 5- pfündige Haubitzen, die Poſitionsbar-
terien ſechs 12-Pfünder.

Jede der Feſtungsbrigaden zerfällt in 6, jede der Handwerker-
brigaden in 4 Compagnien. Außerdem beſitzt Piemont noch in den
feſten Plätzen wie Genua, Feneſtrelles ꝛc. 4 Gebirgsbatterien deren

*) Vor einigen Wochen geſchriebrn. R. d. A. Z.
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[0013] Häuſern der revolutionirenden Befreier. „Das Landvolk hatte bisher an den ſocialen Umgeſtaltungen ſo geringen Antheil, weil mit dieſen Umgeſtaltungen ſo großes Unglück verbunden war daß die Nichttheil- nahme zugleich Verdienſt war und Lohn. Es iſt wahr die Landbewohner litten mit unter den Folgen der Revolutionen, aber ſie erduldeten nicht deren entſetzlichſte Qual, die Enttäuſchungen; ſie litten unter jeder Art von Tyrannei, aber die Gewohnheit des Duldens, die Tröſtungen häus- licher Liebe, die religiöſen Hoffnungen ließen ſie weniger die Dornen dieſes Lebens empfinden, das uns durch Nichtsthun, Gleichgültigkeit, Hochmuth, durch die Wiſſenſchaft ſelbſt ſo qualvoll gemacht wird. Sie duldeten und ſie dulden mit dem Troſte etwas auf der Welt thun, etwas verdienen zu können, nicht im thörichten Glauben Tyrannei ſey ein unüberſteigliches Hinderniß auf dem Tugendpfade. Wenn aber die Menſchen wiſſen werden worüber ſie zürnen und warum ſie kämpfen, wenn verwegene Verſchwörungen dem feierlichen Eidſchwur der vor den Altären verſammelten Menge Platz machen müſſen, wenn die Revolu- tionen nicht nur umwälzen und zerſtören ſondern aufbauen und ein- richten werden, wenn wenige nicht Prieſter, viele Opfer der befreienden Politik ſeyn werden: dann wird der ausgewählteſte Theil des Volks ſich erheben das Schickſal Italiens zu prophezeien, und mit Freuden werden ſie das neue Wort empfangen und mit Liebe wie mit Blut werden ſie es befruchten. Dann wird des Ackerbauers Stand edler ſeyn als die übrigen, und dieſer Tag wird unfehlbare Vorbedeutung bringen und den Anfang der neuen Zeit bezeichnen. Bevor dieß aber ſich ereignet könnte neues Unglück, das furchtbarſte von allem, uns treffen: die An- ſteckung des Beiſpiels und die Larve der Civiliſation, welche uns durch den Hochmuth des Beſſerſeyns noch mehr verderbt, könnte ſich auf das italieniſche Landvolk erſtrecken. Wenn die erleichterte Verbindung zwiſchen Ort und Ort, wenn gewiſſe in die Dörfer gedrungene Lebens- bequemlichkeiten, kurz wenn die materiellen Wirkungen der Cultur durch Inſtitutionen und Erziehung ſo geregelt würden daß ſie die Leute klüger und nicht begehrlicher machten: dann wäre es an der Zeit dieſe Civili- ſation, die wir heute langſam und wie hinterliſtig lauernd auf dem Lande umherſchleichen ſehen, auf einmal mit Blitzesſchnelle zu ver- breiten. Der Theil des Volks aber welcher am mächtigſten iſt durch Kraft des Arms und Standhaftigkeit der Geſinnung wird jeden Frei- heitsruf mit nur ſchwacher Stimme beantworten, wenn der Prieſter- ſtand ſie nicht aufruft zur Freiheit. Von den meiſten Freiheitshelden aber wird der Prieſterſtand nicht geachtet, nicht eines Blicks gewürdigt.“ Wie am Prieſterſtand die Vorbereitung, ſo muß vom Haupt der Kirche die Loſung ausgehen. „Ein Papſt wird kommen der ſprechen wird: zu ſegnen bin ich berufen, den Segen kann ich nicht hindern. Wie eine Löwin wird das Volk erſtehen, es wird ſich erheben wie ein Löwe. Stärker denn irgendeine Waffe würde die Stimme eines Papſtes ſeyn der das Bewußtſeyn hätte der eignen Kraft. Und mehr denn hundert Schlachten würden die Worte gelten die er mit der Empfindung der Liebe ſpräche: wollet nicht, ich bitte euch meine Brüder, wollet nicht übel thun! Und auf daß der Päpſte Stimme Kraft erlange braucht Eines nur wahr zu werden: ſie haben nur ihre Pflicht zu erkennen und das Evangelium zu verſtehen und die Worte ihrer eignen Vorgänger. Von Italien ging die Größe und Weltmacht der chriſtlichen Idee aus: von Italien wird, ſo hoffe ich, das Beiſpiel des neuen chriſtlichen Prieſterthums kommen. Wer den katholiſchen Glauben zerſtören wollte, deſſen Centrum Italien iſt, wäre ein Feind des Vaterlands.“ So ſchrieb Niccolo Tommaſéo vor dreizehn Jahren, und von dem was er geahnt iſt manches eingetroffen, und anderes wird eintreffen wenn die italieniſche Nation ſich ihrer Aufgabe bewußt bleibt und klarer bewußt wird; wenn ſie den legalen Weg nicht verläßt; wenn ſie fremden Mächten die Anerkennung der Rechte nicht verſagt auf welche ſie ſelbſt Anſpruch macht; wenn ſie endlich ſich frei erhält von der leidigen Nach- ahmungsſucht franzöſiſcher Dinge, wohl bedenkend wie die Franzoſen von jeher die unabhängige und nationale Entwicklung Italiens ge- hemmt haben, Valois wie Anjou, Republik wie Napoleon. Das Heerweſen Italiens. * * Der Zeitpunkt eines Krieges, deſſen Hauptſchauplatz Italien ſeyn wird, ſcheint nicht fern zu ſeyn; *) dafür zeugen ſowohl die mächtigen Rüſtungen Oeſterreichs als auch die Sorgfalt welche die übrigen italieniſchen Staaten ihrer Militärmacht zuwenden. Oeſter- reich, das ſich wohl bewußt iſt daß bei einem bevorſtehenden Kampfe der Beſitz Oberitaliens derjenigen Macht verbleiben wird die im Stande iſt die Initiative zu ergreifen, und früher als die übrigen Staaten mit einer den Berhältniſſen angemeſſenen Macht auf dem Kampfplatze zu erſcheinen, hat deßhalb Vorſorge getroffen und das lombardiſch-venezianiſche Königreich mit einer Truppenmacht beſetzt die es ſchwer machen wird ihm den dadurch gewonnenen Vortheil wieder zu entreißen. Zwar auch Sardinien, dieſes den Intereſſen Oeſterreichs in Italien ſtets entgegenwirkende Reich, das in Italien die Stelle von Preußen in Deutſchland einnehmen möchte, hat ſeine Trup- pen auf den Kriegsfuß geſetzt, und es iſt nicht zu läugnen daß ſein Heer das durch ſorgfältige Bildung und Leitung jeder andern euro- päiſchen Armee an die Seite geſetzt werden darf, in die Wagſchale des Kriegs ein bedeutendes Gewicht legt; allein es fragt ſich ob die Geſammtſtreitkräfte der die Bahn des Fortſchritts theils mit, theils ge- gen den eigenen Willen der Herrſcher betretenden Völker Italiens denjenigen der öſterreichiſchen Monarchie in Italien die Spitze bieten können; deßhalb laſſen wir hier eine Aufzählung der Militärmacht der verſchiedenen Staaten folgen. Wir ſehen dabei — dieß ſey uns noch vorauszuſchicken erlaubt — von aller Theilnahme des Volks in Maſſe, dem Volksenthuſtasmus, der Begeiſterung des Ganzen für das freie Italien, die freie Conſtitution u. ſ. w. ab; denn daß dieſe Begeiſte- rung nicht vor dem Feinde Stich hält, dafür haben uns die Beiſpiele des Jahrs 1821 in Neapel gonügende Beweiſe gegeben. Nur allein Oberitalien möchte in dieſer Beziehung eine ehrenvolle Ausnahme machen. Gehen wir nun zu Aufzählung der militäriſchen Streitkräfte ſelbſt über. In Sardinien iſt das militäriſche Element ſchon ſeit Jahren ein- gebürgert. Der König, Karl Albert, ſelbſt durch und durch Soldat, und von der Wichtigkeit einer gut disciplinirten und gehörig ausge- bildeten Armee aufs innigſte überzeugt, hat aus Sardinien, ähnlich Preußen, jedoch mit den nöthigen Unterſchieden, einen vollſtändigen Militärſtaat geſchaffen. Er ſelbſt überwacht die Ausbildung der Truppen vom geringſten Detail bis zur vollſtändigen Ausbildung der Heerführer, und ſo konnte es wohl nicht fehlen daß in Piemont im Laufe der Zeit eine Armee entſtanden iſt die, was kriegeriſche Uebung und Leitung betrifft, zu den ausgezeichnetſten Europa’s gerechnet wer- den darf. (Wir verweiſen darüber auf die „Mittheilungen einer Reiſe durch Deutſchland und Sardinien bis Genua,“ von dem berühmten preußiſchen Artilleriegeneral und Militärſchrifrſteller C. v. Decker.) Namentlich ſoll die Artillerie, ſowohl was das Perſonelle als das Materielle betrifft, in einem ausgezeichneten Zuſtande ſich befinden. Im Frieden überſteigt die Zahl der unter den Waffen ſtehenden Mannſchaft nie 30,000 Mann, ſie kann aber ſchon in der kurzen Friſt von vierzig Tagen auf den vollſtändigen Feldfuß geſetzt werden. Die Infanterie beſteht aus: 1 Garde-Grenadierregiment mit 3 Feld- und 1 Depotbataillone zu 6 Compagnien; 1 Jägerregiment mit 2 Feld- und 1 Depotbataillon; 18 Linienregimentern mit 2 Feld- und 1 Depotbataillon, im Kriege mit 3 Feldbataillons; 1 Regiment Freiſchützen zu 9 Compagnien, und 1 Regiment Gebirgs- ſchützen (bersaglieri) die, ausſchließlich zum Gebirgskriege beſtimmt, für denſelben ſehr zweckmäßig ausgerüſtet werden, und einen großen Theil des Jahres ihre Uebungen im Gebirge anſtellen. Die Geſammt- ſtärke der Infanterie beträgt im Frieden 25,000 Mann, auf dem Kriegs- fuß wird ihre Zahl durch Einberufungen auf 63,000 M. gebracht. Die Reiterei zerſällt in 7 Liniencavallerieregimenter, von welchen eines auf der Inſel Sardinien ſtationirt iſt, und deren Stärke im Frieden 5220, im Feld 6000 Pferde beträgt. Die Artillerie hat eine der preu- ßiſchen ganz ähnliche Einrichtung. Sie zerfällt in Brigaden. Das Material iſt ausgezeichnet und ebenſo zweckmäßig die Inſtruction der Mannſchaft. Sie wird in 4 Feld- und 2 Feſtungs- und 2 Hand- werkerbrigaden eingetheilt. Die 4 Feldbrigaden beſtehen aus 12 Compagnien, von denen die erſte Brigade 2 reitende und 1 Fußbatterie, die vierte Brigade 2 Poſitions- und 1 Fußbatterie, die 2 übrigen 3 Fuß- batterien enthalten. Die reitenden und Fußbatterien führen ſechs 8- Pfünder und zwei 7- oder 5- pfündige Haubitzen, die Poſitionsbar- terien ſechs 12-Pfünder. Jede der Feſtungsbrigaden zerfällt in 6, jede der Handwerker- brigaden in 4 Compagnien. Außerdem beſitzt Piemont noch in den feſten Plätzen wie Genua, Feneſtrelles ꝛc. 4 Gebirgsbatterien deren *) Vor einigen Wochen geſchriebrn. R. d. A. Z.

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 82, 22. März 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine82_1848/13>, abgerufen am 02.10.2024.