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Allgemeine Zeitung, Nr. 80, 20. März 1848.

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[Spaltenumbruch] tionen, denn von früh Morgens bis spät Abends, oft bis zur Er-
schöpfung, mit Geschäften überhäuft, kann Ich nicht Euch Alle sehen
oder einzeln antworten; aber Jeder soll sein Recht haben. Die mei-
sten dieser Petitionen beweisen Mir noch immer die alte Liebe und das
Zutrauen Meiner geliebten Unterthanen. Wo andere Wünsche darin
laut werden, kommen sie -- davon bin Ich überzeugt -- nicht von
den Hannoveranern selbst, sondern sind durch Fremde eingeflößt, die
überall Unordnungen und Verwirrungen anzuregen bemüht sind. Ich
bin fest überzeugt von der Treue und dem gesunden Sinne Meiner
Unterhanen daß sie sich nicht ihre eigene Ruhe und ihren Wohlstand,
den jeder Fremde welcher in das Land kommt, beneidet, vernichten
werden. Die Begründung und Erhaltung Eures Glücks und Eures
Wohlstandes welche stets Meine unablässige Sorge gewesen ist, wird
nicht aus Meinen Augen gelassen, und liegt Mir jetzt mehr am Her-
zen als jemals. Ich bestrebe Mich alles zu thun was in Meinen
Kräften steht, um Eure Wünsche zu erfüllen, ohne Euer wahres Glück
zu zerstören. Das Ergebniß Meiner Erwägungen über die Zulässig-
keit der Gewährung eines Theils dieser Wünsche, und die Maßregeln
welche Ich im verfassungsmäßigen Wege dieserhalb vorbereiten lasse,
werden Euch dieß beweisen. Diese Versicherung wird jeder Hannove-
raner verstehen und glauben, da Jeder weiß daß sein König nie das
sagt was Er nicht wirklich meint, und nichts verspricht was Er nicht
ehrlich halten wird. So sage Ich Euch denn auch daß Ich zwar Meine
Zustimmung nicht geben kann zu dem Antrage auf Volksvertretung
bei dem Deutschen Bunde, daß Jch aber alle Meine Kräfte aufbieten
werde -- wie Ich dieß schon gethan habe, seit Ich Euer König bin --
damit die hohe Deutsche Bundesversammlung mit mehr Fleiß und mit
größerer Energie in den deutschen Angelegenheiten handle als dieß
bisher geschehen ist. Bedenket, Hannoveraner, daß die Zeit kommen
kann wo Ich Eure Kräfte anstrengen muß. Wie Ich überzeugt bin
daß auf Meinen Aufruf keiner zurückbleiben wird, da jeder weiß daß
Ich Mich an die Spitze Meines Volks stellen werde, so ermahne Ich
Euch: bereitet Euch vor auf das was die Zukunft bringen kann, durch
Festhalten an der gesetzlichen Ordnung und durch Erhaltung des Ver-
trauens auf Euren König. Ich werde dieses Vertrauen nicht täuschen,
sondern gern Meinen letzten Tropfen Blut dem Wohle Meines Vol-
kes opfern.

Karl August. v. Falcke."

In derselben Nummer findet sich folgender halbofficieller Artikel:
"Wir erfahren aus zuverlässiger Quelle daß der zur Vorlage bei der
am 28 d. M. zusammentretenden Ständeversammlung bestimmte Ent-
wurf eines Preßgesetzes, durch welches unter Beseitigung der Censur
die erfoderlichen Garantien gegen Mißbrauch der Presse angeordnet
werden sollen, auf allerhöchsten Befehl gegenwärtig bereits in dem
Königl. Ministerialdepartement des Innern bearbeitet wird. Bei der
beabsichtigten unverweilten Publication des Preßgesetzes wird die ver-
fassungsmäßige Einwirkung einer etwaigen Bundeslegislation hinsicht-
lich der erwähnten Garantien bevorwortet worden." (Hann. Z.)


Da die Göttinger Deputation un-
verrichteter Sache von Hannover zurückkehrte, so zogen heute sämmtliche
Studirende fort mit der Erklärung nicht wiederzukommen bis das bis-
herige Verhältniß der Universität zur Stadtpolizei geändert sey.

K. Preußen.

Die Herzogin von Orleans
befand sich am 10 noch zu Ems. An diesem Tage traf bei ihr ein
Brief Ludwig Philipps aus Claremont ein. Hier in Koblenz selbst
ist es lebhaft: es langen von allen Seiten die Kriegsreserven an und
marschiren entweder nach Luxemburg und Saarlouis, oder sie fahren
auf den Dampfbooten nach Mainz. Uebereinstimmenden Nachrichten
zufolge bewegen sich im östlichen Theil der Monarchie starke
Truppencorps der preußischen Armee
großentheils von Osten
gegen Westen vor, indeß zugleich durch nach Posen gesendete Truppen
dafür gesorgt wird daß in dem allerdings bewegten preußisch Polen
keine Unruhen ausbrechen. (Pr. Bl.)


Da Ihnen von mehreren Seiten Be-
richte über die hiesigen leider noch immer nicht beschwichtigten Emeu-
ten zugehen, die in der letzten Nacht wo von den Truppen zwar
größtentheils in die Höhe doch scharf geschossen wurde, abermals einige
recht beklagenswerthe Verwundungen zur Folge gehabt, so begnüge
ich mich Ihnen eine in den unterrichteren Kreisen vorherrschende An-
sicht mitzutheilen. Männer aus der Umgebung unsers Königs ver-
sichern nämlich daß derselbe nur darum bisher Anstand genommen
sich an die Spitze der freisinnigen Bewegung in Deutschland zu stel-
[Spaltenumbruch] len, weil er das alte Oesterreich nicht verlassen und nur mit ihm
zusammen in der deutschen Politik vorschreiten wollte. Nunmehr aber,
da Metternich und mit ihm hoffentlich das ganze Retardirungs- und
Reactionssystem des kaiserlichen Hauses gefallen, scheint kein Grund
mehr vorhanden daß nicht auch Preußen vollständig dem Zuge der deut-
schen Bewegung folge. Es sey daher, wird versichert, auch bei uns
eine Aenderung des größtentheils sehr unpopulären Ministeriums noch
vor dem Zusammentritte des Vereinigten Landtages zu erwarten, und
nur die, Rücksicht auf die eben jetzt in der Hauptstadt sich wiederho-
lenden Emeuten halte den König zurück in einem Augenblicke mit
Concessionen aufzutreten in welchem sie wie abgedrungen aussehen
würden. Sicher aber werde uns die allernächste Zeit das Beste brin-
gen; was der Himmel nach dem Wunsche aller Wohldenkenden, die
übrigens auch einstimmig das nächtliche Treiben mißbilligen, geben
möge!


Auch gestern wieder ernste Unruhen, und
auch heute steht es schon wieder drohend aus! Das wilde Einhauen der
Cuirassiere vorgestern Abend, das leider fast lauter unschuldige Opfer
traf, während der schuldige Pöbel (das schlechteste Gesindel der Stadt)
sich flüchtete, hatte die Stimmung aufs äußerste gereizt. Allgemein wurde
das Verlangen gestellt, das Militär solle sich nicht zeigen. Die Bürger
selbst sollten Ordnung erhalten. Allein der Versuch dazu ist völlig miß-
glückt, denn die Bürger die sich mit weißen Binden um den Arm zur
Beruhigung des Volkes zusammenfanden, wurden verhöhnt und ernstlich
bedroht, so daß sowohl am Tage und vollends Abends die weißen Bän-
der sich aufs schleunigste zurückziehen mußten. Das Militär sollte den-
noch nicht eher gerufen werden als bis wirklich die Masse Excesse vorneh-
men würde. Leider ist denn das auch geschehen. Das Steinpflaster wurde
aufgerissen, Barricaden gebildet, Steine in die Fenster geschleudert, und
man verlangte die Oeffnung der geschlossenen Häuser, ja suchte dieselben
zu erzwingen. So mußte denn das Militär einschreiten, und säuberte
die Straßen sehr schnell. Doch die Massen rotteten sich an andern Punkten
zusammen und setzten den Unfug fort. An der Jungfernbrücke, welche die
Unruhestifter gleich mehreren andern Brücken aufgezogen hatten, mußte
endlich scharf Feuer gegeben werden. Es sind einige Leute verwundet
worden, auch zwei, wie man sagt, geblieben. Dieß die ersten flüchtigen
Nachrichten über das was ich zum größten Theil selbst gesehen und er-
lebt. Die Stadt ist schon wieder sehr aufgeregt, und wird überall von
Militär durchzogen. Heute soll die Bürgerbewaffnung organisirt werden.

Gr. Oldenburg.

Das heutige Gesetz-
blatt bringt ein Gesetz welches die Censur aufhebt. (Brem. Z.)

Oesterreich.

Wach' ich, träum' ich? Ist
der märchenhafteste Traum zur entzückenden Wirklichkeit geworden?
Kaum hatte ich den gestrigen Bericht abgesandt, wurde durch Grafen Sta-
dion die telegraphische Nachricht aus Wien verbreitet daß die Censur
aufgehoben und die Einberufung der Stände der deutschen und slawi-
schen
Reiche und der Centralcongregationen des lombardisch-venetiani-
schen Königreichs beschlossen sey. Man nahm diese Nachricht mit Freuden
auf, aber das Zauberwort war noch nicht gesprochen. Unterdessen drängte
sich alles zur Unterschrift der Bürgerpetition, Reich und Arm, Vor-
nehm und Gering unterschrieb, und mancher zerlumpte Proletarier der
nicht schreiben konnte setzte drei Kreuze hin. Noch nie hatte unser
altergraues Rathhaus ein so bewegtes Volksgewühl gesehen, die Hal-
tung des Volks inmitten der größten Aufregung war bewundernswerth;
diese Festigkeit, Ruhe und Besonnenheit scheint uns die sicherste Gewähr
daß unsere Nation zur constitutionellen Freiheit reif ist. Eine spätere
telegraphische Depesche soll Mündlichkeit und Oeffentlichkeit und Er-
richtung von Communalgarden verkündet haben, wurde aber nicht ge-
druckt. Plötzlich erschien im Theater Graf Stadion und rief aus seiner
Loge zum Publicum: "Telegraphische Depesche: Die Constitu-
tion für alle Provinzen wird proclamirt. Wien ist in Jubel."

Man verlangt die Wiederholung der Worte, die mit ungeheurem Jubel
aufgenommen wurden. Sogleich bildete sich ein imposanter Fackelzug
der von einer ungeheuren Volksmenge begleitet bis ein Uhr Nachts
dauerte. Es kamen bis zu Thränen rührende Scenen hiebei vor, man
umarmte die Wachtposten, welche aus freien Stücken vor dem Zuge ins
Gewehr traten; als dieser auf den Kleinseitnerring kam, ließ die Haupt-
wache einen Trommelwirbel ertönen, die Offiziere und Gemeinen wur-
den ans Herz gedrückt und ihnen die Hände geschüttelt. Nachdem man
den Oberstburggrafen begrüßt, der einige Worte an die Versammlung
richtete, zog man wieder zur Hauptwache um dem verbrüderten Militär

[Spaltenumbruch] tionen, denn von früh Morgens bis ſpät Abends, oft bis zur Er-
ſchöpfung, mit Geſchäften überhäuft, kann Ich nicht Euch Alle ſehen
oder einzeln antworten; aber Jeder ſoll ſein Recht haben. Die mei-
ſten dieſer Petitionen beweiſen Mir noch immer die alte Liebe und das
Zutrauen Meiner geliebten Unterthanen. Wo andere Wünſche darin
laut werden, kommen ſie — davon bin Ich überzeugt — nicht von
den Hannoveranern ſelbſt, ſondern ſind durch Fremde eingeflößt, die
überall Unordnungen und Verwirrungen anzuregen bemüht ſind. Ich
bin feſt überzeugt von der Treue und dem geſunden Sinne Meiner
Unterhanen daß ſie ſich nicht ihre eigene Ruhe und ihren Wohlſtand,
den jeder Fremde welcher in das Land kommt, beneidet, vernichten
werden. Die Begründung und Erhaltung Eures Glücks und Eures
Wohlſtandes welche ſtets Meine unabläſſige Sorge geweſen iſt, wird
nicht aus Meinen Augen gelaſſen, und liegt Mir jetzt mehr am Her-
zen als jemals. Ich beſtrebe Mich alles zu thun was in Meinen
Kräften ſteht, um Eure Wünſche zu erfüllen, ohne Euer wahres Glück
zu zerſtören. Das Ergebniß Meiner Erwägungen über die Zuläſſig-
keit der Gewährung eines Theils dieſer Wünſche, und die Maßregeln
welche Ich im verfaſſungsmäßigen Wege dieſerhalb vorbereiten laſſe,
werden Euch dieß beweiſen. Dieſe Verſicherung wird jeder Hannove-
raner verſtehen und glauben, da Jeder weiß daß ſein König nie das
ſagt was Er nicht wirklich meint, und nichts verſpricht was Er nicht
ehrlich halten wird. So ſage Ich Euch denn auch daß Ich zwar Meine
Zuſtimmung nicht geben kann zu dem Antrage auf Volksvertretung
bei dem Deutſchen Bunde, daß Jch aber alle Meine Kräfte aufbieten
werde — wie Ich dieß ſchon gethan habe, ſeit Ich Euer König bin —
damit die hohe Deutſche Bundesverſammlung mit mehr Fleiß und mit
größerer Energie in den deutſchen Angelegenheiten handle als dieß
bisher geſchehen iſt. Bedenket, Hannoveraner, daß die Zeit kommen
kann wo Ich Eure Kräfte anſtrengen muß. Wie Ich überzeugt bin
daß auf Meinen Aufruf keiner zurückbleiben wird, da jeder weiß daß
Ich Mich an die Spitze Meines Volks ſtellen werde, ſo ermahne Ich
Euch: bereitet Euch vor auf das was die Zukunft bringen kann, durch
Feſthalten an der geſetzlichen Ordnung und durch Erhaltung des Ver-
trauens auf Euren König. Ich werde dieſes Vertrauen nicht täuſchen,
ſondern gern Meinen letzten Tropfen Blut dem Wohle Meines Vol-
kes opfern.

Karl Auguſt. v. Falcke.“

In derſelben Nummer findet ſich folgender halbofficieller Artikel:
„Wir erfahren aus zuverläſſiger Quelle daß der zur Vorlage bei der
am 28 d. M. zuſammentretenden Ständeverſammlung beſtimmte Ent-
wurf eines Preßgeſetzes, durch welches unter Beſeitigung der Cenſur
die erfoderlichen Garantien gegen Mißbrauch der Preſſe angeordnet
werden ſollen, auf allerhöchſten Befehl gegenwärtig bereits in dem
Königl. Miniſterialdepartement des Innern bearbeitet wird. Bei der
beabſichtigten unverweilten Publication des Preßgeſetzes wird die ver-
faſſungsmäßige Einwirkung einer etwaigen Bundeslegislation hinſicht-
lich der erwähnten Garantien bevorwortet worden.“ (Hann. Z.)


Da die Göttinger Deputation un-
verrichteter Sache von Hannover zurückkehrte, ſo zogen heute ſämmtliche
Studirende fort mit der Erklärung nicht wiederzukommen bis das bis-
herige Verhältniß der Univerſität zur Stadtpolizei geändert ſey.

K. Preußen.

Die Herzogin von Orleans
befand ſich am 10 noch zu Ems. An dieſem Tage traf bei ihr ein
Brief Ludwig Philipps aus Claremont ein. Hier in Koblenz ſelbſt
iſt es lebhaft: es langen von allen Seiten die Kriegsreſerven an und
marſchiren entweder nach Luxemburg und Saarlouis, oder ſie fahren
auf den Dampfbooten nach Mainz. Uebereinſtimmenden Nachrichten
zufolge bewegen ſich im öſtlichen Theil der Monarchie ſtarke
Truppencorps der preußiſchen Armee
großentheils von Oſten
gegen Weſten vor, indeß zugleich durch nach Poſen geſendete Truppen
dafür geſorgt wird daß in dem allerdings bewegten preußiſch Polen
keine Unruhen ausbrechen. (Pr. Bl.)


Da Ihnen von mehreren Seiten Be-
richte über die hieſigen leider noch immer nicht beſchwichtigten Emeu-
ten zugehen, die in der letzten Nacht wo von den Truppen zwar
größtentheils in die Höhe doch ſcharf geſchoſſen wurde, abermals einige
recht beklagenswerthe Verwundungen zur Folge gehabt, ſo begnüge
ich mich Ihnen eine in den unterrichteren Kreiſen vorherrſchende An-
ſicht mitzutheilen. Männer aus der Umgebung unſers Königs ver-
ſichern nämlich daß derſelbe nur darum bisher Anſtand genommen
ſich an die Spitze der freiſinnigen Bewegung in Deutſchland zu ſtel-
[Spaltenumbruch] len, weil er das alte Oeſterreich nicht verlaſſen und nur mit ihm
zuſammen in der deutſchen Politik vorſchreiten wollte. Nunmehr aber,
da Metternich und mit ihm hoffentlich das ganze Retardirungs- und
Reactionsſyſtem des kaiſerlichen Hauſes gefallen, ſcheint kein Grund
mehr vorhanden daß nicht auch Preußen vollſtändig dem Zuge der deut-
ſchen Bewegung folge. Es ſey daher, wird verſichert, auch bei uns
eine Aenderung des größtentheils ſehr unpopulären Miniſteriums noch
vor dem Zuſammentritte des Vereinigten Landtages zu erwarten, und
nur die, Rückſicht auf die eben jetzt in der Hauptſtadt ſich wiederho-
lenden Emeuten halte den König zurück in einem Augenblicke mit
Conceſſionen aufzutreten in welchem ſie wie abgedrungen ausſehen
würden. Sicher aber werde uns die allernächſte Zeit das Beſte brin-
gen; was der Himmel nach dem Wunſche aller Wohldenkenden, die
übrigens auch einſtimmig das nächtliche Treiben mißbilligen, geben
möge!


Auch geſtern wieder ernſte Unruhen, und
auch heute ſteht es ſchon wieder drohend aus! Das wilde Einhauen der
Cuiraſſiere vorgeſtern Abend, das leider faſt lauter unſchuldige Opfer
traf, während der ſchuldige Pöbel (das ſchlechteſte Geſindel der Stadt)
ſich flüchtete, hatte die Stimmung aufs äußerſte gereizt. Allgemein wurde
das Verlangen geſtellt, das Militär ſolle ſich nicht zeigen. Die Bürger
ſelbſt ſollten Ordnung erhalten. Allein der Verſuch dazu iſt völlig miß-
glückt, denn die Bürger die ſich mit weißen Binden um den Arm zur
Beruhigung des Volkes zuſammenfanden, wurden verhöhnt und ernſtlich
bedroht, ſo daß ſowohl am Tage und vollends Abends die weißen Bän-
der ſich aufs ſchleunigſte zurückziehen mußten. Das Militär ſollte den-
noch nicht eher gerufen werden als bis wirklich die Maſſe Exceſſe vorneh-
men würde. Leider iſt denn das auch geſchehen. Das Steinpflaſter wurde
aufgeriſſen, Barricaden gebildet, Steine in die Fenſter geſchleudert, und
man verlangte die Oeffnung der geſchloſſenen Häuſer, ja ſuchte dieſelben
zu erzwingen. So mußte denn das Militär einſchreiten, und ſäuberte
die Straßen ſehr ſchnell. Doch die Maſſen rotteten ſich an andern Punkten
zuſammen und ſetzten den Unfug fort. An der Jungfernbrücke, welche die
Unruheſtifter gleich mehreren andern Brücken aufgezogen hatten, mußte
endlich ſcharf Feuer gegeben werden. Es ſind einige Leute verwundet
worden, auch zwei, wie man ſagt, geblieben. Dieß die erſten flüchtigen
Nachrichten über das was ich zum größten Theil ſelbſt geſehen und er-
lebt. Die Stadt iſt ſchon wieder ſehr aufgeregt, und wird überall von
Militär durchzogen. Heute ſoll die Bürgerbewaffnung organiſirt werden.

Gr. Oldenburg.

Das heutige Geſetz-
blatt bringt ein Geſetz welches die Cenſur aufhebt. (Brem. Z.)

Oeſterreich.

Wach’ ich, träum’ ich? Iſt
der märchenhafteſte Traum zur entzückenden Wirklichkeit geworden?
Kaum hatte ich den geſtrigen Bericht abgeſandt, wurde durch Grafen Sta-
dion die telegraphiſche Nachricht aus Wien verbreitet daß die Cenſur
aufgehoben und die Einberufung der Stände der deutſchen und ſlawi-
ſchen
Reiche und der Centralcongregationen des lombardiſch-venetiani-
ſchen Königreichs beſchloſſen ſey. Man nahm dieſe Nachricht mit Freuden
auf, aber das Zauberwort war noch nicht geſprochen. Unterdeſſen drängte
ſich alles zur Unterſchrift der Bürgerpetition, Reich und Arm, Vor-
nehm und Gering unterſchrieb, und mancher zerlumpte Proletarier der
nicht ſchreiben konnte ſetzte drei Kreuze hin. Noch nie hatte unſer
altergraues Rathhaus ein ſo bewegtes Volksgewühl geſehen, die Hal-
tung des Volks inmitten der größten Aufregung war bewundernswerth;
dieſe Feſtigkeit, Ruhe und Beſonnenheit ſcheint uns die ſicherſte Gewähr
daß unſere Nation zur conſtitutionellen Freiheit reif iſt. Eine ſpätere
telegraphiſche Depeſche ſoll Mündlichkeit und Oeffentlichkeit und Er-
richtung von Communalgarden verkündet haben, wurde aber nicht ge-
druckt. Plötzlich erſchien im Theater Graf Stadion und rief aus ſeiner
Loge zum Publicum: „Telegraphiſche Depeſche: Die Conſtitu-
tion für alle Provinzen wird proclamirt. Wien iſt in Jubel.“

Man verlangt die Wiederholung der Worte, die mit ungeheurem Jubel
aufgenommen wurden. Sogleich bildete ſich ein impoſanter Fackelzug
der von einer ungeheuren Volksmenge begleitet bis ein Uhr Nachts
dauerte. Es kamen bis zu Thränen rührende Scenen hiebei vor, man
umarmte die Wachtpoſten, welche aus freien Stücken vor dem Zuge ins
Gewehr traten; als dieſer auf den Kleinſeitnerring kam, ließ die Haupt-
wache einen Trommelwirbel ertönen, die Offiziere und Gemeinen wur-
den ans Herz gedrückt und ihnen die Hände geſchüttelt. Nachdem man
den Oberſtburggrafen begrüßt, der einige Worte an die Verſammlung
richtete, zog man wieder zur Hauptwache um dem verbrüderten Militär

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[1268/0004] tionen, denn von früh Morgens bis ſpät Abends, oft bis zur Er- ſchöpfung, mit Geſchäften überhäuft, kann Ich nicht Euch Alle ſehen oder einzeln antworten; aber Jeder ſoll ſein Recht haben. Die mei- ſten dieſer Petitionen beweiſen Mir noch immer die alte Liebe und das Zutrauen Meiner geliebten Unterthanen. Wo andere Wünſche darin laut werden, kommen ſie — davon bin Ich überzeugt — nicht von den Hannoveranern ſelbſt, ſondern ſind durch Fremde eingeflößt, die überall Unordnungen und Verwirrungen anzuregen bemüht ſind. Ich bin feſt überzeugt von der Treue und dem geſunden Sinne Meiner Unterhanen daß ſie ſich nicht ihre eigene Ruhe und ihren Wohlſtand, den jeder Fremde welcher in das Land kommt, beneidet, vernichten werden. Die Begründung und Erhaltung Eures Glücks und Eures Wohlſtandes welche ſtets Meine unabläſſige Sorge geweſen iſt, wird nicht aus Meinen Augen gelaſſen, und liegt Mir jetzt mehr am Her- zen als jemals. Ich beſtrebe Mich alles zu thun was in Meinen Kräften ſteht, um Eure Wünſche zu erfüllen, ohne Euer wahres Glück zu zerſtören. Das Ergebniß Meiner Erwägungen über die Zuläſſig- keit der Gewährung eines Theils dieſer Wünſche, und die Maßregeln welche Ich im verfaſſungsmäßigen Wege dieſerhalb vorbereiten laſſe, werden Euch dieß beweiſen. Dieſe Verſicherung wird jeder Hannove- raner verſtehen und glauben, da Jeder weiß daß ſein König nie das ſagt was Er nicht wirklich meint, und nichts verſpricht was Er nicht ehrlich halten wird. So ſage Ich Euch denn auch daß Ich zwar Meine Zuſtimmung nicht geben kann zu dem Antrage auf Volksvertretung bei dem Deutſchen Bunde, daß Jch aber alle Meine Kräfte aufbieten werde — wie Ich dieß ſchon gethan habe, ſeit Ich Euer König bin — damit die hohe Deutſche Bundesverſammlung mit mehr Fleiß und mit größerer Energie in den deutſchen Angelegenheiten handle als dieß bisher geſchehen iſt. Bedenket, Hannoveraner, daß die Zeit kommen kann wo Ich Eure Kräfte anſtrengen muß. Wie Ich überzeugt bin daß auf Meinen Aufruf keiner zurückbleiben wird, da jeder weiß daß Ich Mich an die Spitze Meines Volks ſtellen werde, ſo ermahne Ich Euch: bereitet Euch vor auf das was die Zukunft bringen kann, durch Feſthalten an der geſetzlichen Ordnung und durch Erhaltung des Ver- trauens auf Euren König. Ich werde dieſes Vertrauen nicht täuſchen, ſondern gern Meinen letzten Tropfen Blut dem Wohle Meines Vol- kes opfern. Hannover, den 14 März 1848.Karl Auguſt. v. Falcke.“ In derſelben Nummer findet ſich folgender halbofficieller Artikel: „Wir erfahren aus zuverläſſiger Quelle daß der zur Vorlage bei der am 28 d. M. zuſammentretenden Ständeverſammlung beſtimmte Ent- wurf eines Preßgeſetzes, durch welches unter Beſeitigung der Cenſur die erfoderlichen Garantien gegen Mißbrauch der Preſſe angeordnet werden ſollen, auf allerhöchſten Befehl gegenwärtig bereits in dem Königl. Miniſterialdepartement des Innern bearbeitet wird. Bei der beabſichtigten unverweilten Publication des Preßgeſetzes wird die ver- faſſungsmäßige Einwirkung einer etwaigen Bundeslegislation hinſicht- lich der erwähnten Garantien bevorwortet worden.“ (Hann. Z.) △ Göttingen, 17 März. Da die Göttinger Deputation un- verrichteter Sache von Hannover zurückkehrte, ſo zogen heute ſämmtliche Studirende fort mit der Erklärung nicht wiederzukommen bis das bis- herige Verhältniß der Univerſität zur Stadtpolizei geändert ſey. K. Preußen. Koblenz, 13 März. Die Herzogin von Orleans befand ſich am 10 noch zu Ems. An dieſem Tage traf bei ihr ein Brief Ludwig Philipps aus Claremont ein. Hier in Koblenz ſelbſt iſt es lebhaft: es langen von allen Seiten die Kriegsreſerven an und marſchiren entweder nach Luxemburg und Saarlouis, oder ſie fahren auf den Dampfbooten nach Mainz. Uebereinſtimmenden Nachrichten zufolge bewegen ſich im öſtlichen Theil der Monarchie ſtarke Truppencorps der preußiſchen Armee großentheils von Oſten gegen Weſten vor, indeß zugleich durch nach Poſen geſendete Truppen dafür geſorgt wird daß in dem allerdings bewegten preußiſch Polen keine Unruhen ausbrechen. (Pr. Bl.) *) Berlin, 16 März. Da Ihnen von mehreren Seiten Be- richte über die hieſigen leider noch immer nicht beſchwichtigten Emeu- ten zugehen, die in der letzten Nacht wo von den Truppen zwar größtentheils in die Höhe doch ſcharf geſchoſſen wurde, abermals einige recht beklagenswerthe Verwundungen zur Folge gehabt, ſo begnüge ich mich Ihnen eine in den unterrichteren Kreiſen vorherrſchende An- ſicht mitzutheilen. Männer aus der Umgebung unſers Königs ver- ſichern nämlich daß derſelbe nur darum bisher Anſtand genommen ſich an die Spitze der freiſinnigen Bewegung in Deutſchland zu ſtel- len, weil er das alte Oeſterreich nicht verlaſſen und nur mit ihm zuſammen in der deutſchen Politik vorſchreiten wollte. Nunmehr aber, da Metternich und mit ihm hoffentlich das ganze Retardirungs- und Reactionsſyſtem des kaiſerlichen Hauſes gefallen, ſcheint kein Grund mehr vorhanden daß nicht auch Preußen vollſtändig dem Zuge der deut- ſchen Bewegung folge. Es ſey daher, wird verſichert, auch bei uns eine Aenderung des größtentheils ſehr unpopulären Miniſteriums noch vor dem Zuſammentritte des Vereinigten Landtages zu erwarten, und nur die, Rückſicht auf die eben jetzt in der Hauptſtadt ſich wiederho- lenden Emeuten halte den König zurück in einem Augenblicke mit Conceſſionen aufzutreten in welchem ſie wie abgedrungen ausſehen würden. Sicher aber werde uns die allernächſte Zeit das Beſte brin- gen; was der Himmel nach dem Wunſche aller Wohldenkenden, die übrigens auch einſtimmig das nächtliche Treiben mißbilligen, geben möge! * Berlin, 16 März. Auch geſtern wieder ernſte Unruhen, und auch heute ſteht es ſchon wieder drohend aus! Das wilde Einhauen der Cuiraſſiere vorgeſtern Abend, das leider faſt lauter unſchuldige Opfer traf, während der ſchuldige Pöbel (das ſchlechteſte Geſindel der Stadt) ſich flüchtete, hatte die Stimmung aufs äußerſte gereizt. Allgemein wurde das Verlangen geſtellt, das Militär ſolle ſich nicht zeigen. Die Bürger ſelbſt ſollten Ordnung erhalten. Allein der Verſuch dazu iſt völlig miß- glückt, denn die Bürger die ſich mit weißen Binden um den Arm zur Beruhigung des Volkes zuſammenfanden, wurden verhöhnt und ernſtlich bedroht, ſo daß ſowohl am Tage und vollends Abends die weißen Bän- der ſich aufs ſchleunigſte zurückziehen mußten. Das Militär ſollte den- noch nicht eher gerufen werden als bis wirklich die Maſſe Exceſſe vorneh- men würde. Leider iſt denn das auch geſchehen. Das Steinpflaſter wurde aufgeriſſen, Barricaden gebildet, Steine in die Fenſter geſchleudert, und man verlangte die Oeffnung der geſchloſſenen Häuſer, ja ſuchte dieſelben zu erzwingen. So mußte denn das Militär einſchreiten, und ſäuberte die Straßen ſehr ſchnell. Doch die Maſſen rotteten ſich an andern Punkten zuſammen und ſetzten den Unfug fort. An der Jungfernbrücke, welche die Unruheſtifter gleich mehreren andern Brücken aufgezogen hatten, mußte endlich ſcharf Feuer gegeben werden. Es ſind einige Leute verwundet worden, auch zwei, wie man ſagt, geblieben. Dieß die erſten flüchtigen Nachrichten über das was ich zum größten Theil ſelbſt geſehen und er- lebt. Die Stadt iſt ſchon wieder ſehr aufgeregt, und wird überall von Militär durchzogen. Heute ſoll die Bürgerbewaffnung organiſirt werden. Gr. Oldenburg. Oldenburg, 14 März. Das heutige Geſetz- blatt bringt ein Geſetz welches die Cenſur aufhebt. (Brem. Z.) Oeſterreich. △ Prag, 16 März. Wach’ ich, träum’ ich? Iſt der märchenhafteſte Traum zur entzückenden Wirklichkeit geworden? Kaum hatte ich den geſtrigen Bericht abgeſandt, wurde durch Grafen Sta- dion die telegraphiſche Nachricht aus Wien verbreitet daß die Cenſur aufgehoben und die Einberufung der Stände der deutſchen und ſlawi- ſchen Reiche und der Centralcongregationen des lombardiſch-venetiani- ſchen Königreichs beſchloſſen ſey. Man nahm dieſe Nachricht mit Freuden auf, aber das Zauberwort war noch nicht geſprochen. Unterdeſſen drängte ſich alles zur Unterſchrift der Bürgerpetition, Reich und Arm, Vor- nehm und Gering unterſchrieb, und mancher zerlumpte Proletarier der nicht ſchreiben konnte ſetzte drei Kreuze hin. Noch nie hatte unſer altergraues Rathhaus ein ſo bewegtes Volksgewühl geſehen, die Hal- tung des Volks inmitten der größten Aufregung war bewundernswerth; dieſe Feſtigkeit, Ruhe und Beſonnenheit ſcheint uns die ſicherſte Gewähr daß unſere Nation zur conſtitutionellen Freiheit reif iſt. Eine ſpätere telegraphiſche Depeſche ſoll Mündlichkeit und Oeffentlichkeit und Er- richtung von Communalgarden verkündet haben, wurde aber nicht ge- druckt. Plötzlich erſchien im Theater Graf Stadion und rief aus ſeiner Loge zum Publicum: „Telegraphiſche Depeſche: Die Conſtitu- tion für alle Provinzen wird proclamirt. Wien iſt in Jubel.“ Man verlangt die Wiederholung der Worte, die mit ungeheurem Jubel aufgenommen wurden. Sogleich bildete ſich ein impoſanter Fackelzug der von einer ungeheuren Volksmenge begleitet bis ein Uhr Nachts dauerte. Es kamen bis zu Thränen rührende Scenen hiebei vor, man umarmte die Wachtpoſten, welche aus freien Stücken vor dem Zuge ins Gewehr traten; als dieſer auf den Kleinſeitnerring kam, ließ die Haupt- wache einen Trommelwirbel ertönen, die Offiziere und Gemeinen wur- den ans Herz gedrückt und ihnen die Hände geſchüttelt. Nachdem man den Oberſtburggrafen begrüßt, der einige Worte an die Verſammlung richtete, zog man wieder zur Hauptwache um dem verbrüderten Militär

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 80, 20. März 1848, S. 1268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine80_1848/4>, abgerufen am 24.11.2024.