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Allgemeine Zeitung, Nr. 77, 20. März 1900.

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Dienstag. Drittes Morgenblatt Nr. 77 der Allgemeinen Zeitung.20. März 1900.


[Spaltenumbruch]
Redefreiheit und Pöbelherrschaft in England.

Die Redefreiheit, deren Eng-
land sich so lange als der größten seiner politischen Errungen-
schaften gerühmt hat, ist zu einem Schatten zusammengesunken.
Der gierige, gewaltthätige, unduldsame Jingoismus, der Süd-
afrika in Flammen setzte, hat sie hinweggefegt. Und was das
Schlimmste dabei ist, -- nur wenige Leute scheinen in Eng-
land Scham oder Bedauern darüber zu empfinden, daß seit
Wochen in allen Theilen des Landes organisirte Anstrengungen
gemacht werden, jede freie Meinungsäußerung betreffs
des südafrikanischen Krieges zu verhindern
. Es
hat sich in London, Sheffield, Edinburg, Glasgow, Dundee,
Newcastle, Gateshead, Birmingham, Scarborough und anders-
wo als vollständig unmöglich erwiesen, sogenannte Frie-
densmeetings
abzuhalten, ohne daß die Theilnehmer
Gefahr laufen, ihr Versammlungslokal von einem rohen Mob
überschwemmt zu sehen und riskiren müssen, persönlich aufs bru-
talste mißhandelt zu werden. Das Versammlungsrecht ist eines
der unveräußerlichen Vorrechte britischer Staatsbürger, aber
thatsächlich ist dieses Recht augenblicklich allen denjenigen ab-
geschnitten, die mit Bezug auf die Behandlung der Buren-
republiken eine maßvolle und versöhnliche Politik befürworten.
Obwohl es die Pflicht der Polizei ist, alle Versammlungen
gegen gewalisame Unterbrechungen zu schützen, so hat sie
gerade den Meetings der Versöhnungspartei nur ganz unzu-
länglichen Schutz gewährt oder hat sie ganz und gar der
Mobherrschaft preisgegeben. Das trat hier in London bei
der in Exeter Hall abgehaltenen Versammlung hervor, wo
die Polizeibehörden erst auf wiederholtes Drängen des Vor-
sitzenden eine Abtheilung von 50 Mann zuhülfe schickten, die
gerade nur noch zur rechten Zeit erschienen, um die bereits
sich flüchtenden Veranstalter vor den Mißhandlungen eines
wüthenden Haufens von Jingoes zu bewahren. Was übrigens
an den Ruhestörern selbst als am bemerkenswerthesten be-
zeichnet werden muß, ist der Umstand, daß sie keineswegs
ausschließlich aus dem Janhagel, sondern zum großen Theil
aus Vertretern der sogenannten besseren Klassen bestanden.
Aber als schlimmstes Zeichen der Zeit muß es wohl betrachtet
werden, daß am Tage vorher ein Jingo-Blatt an hervor-
ragender Stelle auf die beabsichtigte Versammlung aufmerksam
machte und sich nicht entblödete, anzudeuten, daß die Ver-
anstalter "eine Lektion verdienten". Die Folge davon war,
daß das Meeting durch einen organisirten Angriff gesprengt
wurde.

Den im Freien abgehaltenen Versammlungen wird kein
besseres Schicksal zutheil. Hören wir einmal, wie ein Jingo
die gelegentlich eines Versöhnungsmeetings im Hyde-Park
vollbrachten Heldenthaten beschreibt. Er meldet dem "Globe":
"Als ich mich heute Nachmittag mit einigen Freunden im
Hyde-Park befand, stießen wir auf ein Meeting, das unter
dem Vorsitz eines Burenfreundes von Exeter Hall abgehalten
wurde, der Ihre Zeitung angriff, weil sie zu gewaltsamer
Verhinderung der Versammlung in der Exeter Hall auf-
gefordert hatte. Aber glücklicherweise kam er nicht lang zu
Worte, denn wir umzingelten ihn und Hunderte von uns
sangen "Rule Britannia" und "God save the Queen". Er
gerieth infolgedessen viel ärger in die Klemme als in Exeter
Hall; er war sogar nahe daran, in Stücke zerrissen zu werden.
Um sein Leben zu retten, rannte er die Oxfordstraße hinunter,
aber ein Husar faßte ihn beim Kragen und gab ihm den
verdienten Lohn. Schließlich befreite ihn ein Polizist und
führte ihn um seiner Sicherheit willen nach der Polizei-
station in Marylebone-Lane, während die Volksmenge nach-
folgte und Nationallieder sang. Als wir an der Polizei-
station angelangt waren, sangen wir "God save the
Queen"
, und der Polizist, der den Mann führte, machte
sich das Vergnügen, diesem Burenfreund den Hut vom Kopf
zu nehmen, da er nicht "gentleman" genug war, ihn während
des Singens der Nationalhymne selbst abzunehmen. Dann
marschirte die Menge, 1500 Mann stark, nach dem Hyde-
Park zurück, in der Hoffnung, noch mehr Burenfreunde vor-
zufinden, aber es waren keine mehr zu sehen. Ich will noch
bemerken, daß dieser Burenfreund erklärte, er werde Proteste
an Ihre Zeitung schicken, aber wir ließen ihn nicht zum
Schreiben kommen, und Sie werden sie auch nicht erhalten,
denn einer aus der Menge zerriß seine Papiere. Ihre
Zeitung verdient großes Lob, daß sie auf die Versammlung in
Exeter Hall aufmerksam machte, so daß den Burenfreunden
das Spiel verdorben wurde." Der Schreiber dieser Epistel
unterzeichnet sich als ein "echter Engländer". Man wird
sich kaum recht klar darüber, wovor man im Grunde den
größeren Unwillen empfindet -- ob vor der Roheit des so-
genannten "echten" Engländerthums oder vor der Scham-
losigkeit jenes Preßorgans, das das Lob, welches ihm für
seine Aufforderung zu Gewaltthaten gegen Andersdenkende
von dem "echten Engländer" ertheilt wird, in seinen Spalten
selbst verkündet.

Wie in der Hauptstadt, so geht es in den Provinzstädten,
großen wie kleinen, her. Der Bürgermeister von Cam-
bridge
hatte einer Anzahl Studenten eine Geldstrafe
auferlegt, weil sie am Tage der Befreiung von Ladysmith
die Laden von verschiedenen Kaufläden abgerissen hatten, um
ein Freudenfeuer aufleuchten zu lassen. Seitdem ist der
Bürgermeister dieser Universitätsstadt beständiger Bedrohung
ausgesetzt und kann nur noch unter Polizeischutz ausgehen.
Bei einem in Glasgow veranstalteten Versöhnungsmeeting
nahm der Pöbel eine so drohende Haltung an, daß die
Redner, nachdem die Versammlung gesprengt war, sich in die
nächste Polizeistation flüchten mußten. Viel ärger noch ging
es bei einem Friedensmeeting in Edinburg her. Hier er-
hoben die Jingoes von vornherein einen solchen Lärm, daß
kein Redner zu Worte kommen konnte. Sie geberdeten sich
wie Wahnsinnige, erstürmten schließlich das Podium und zer-
schmetterten Stühle und Bänke auf den Köpfen der Veranstalter
der Versammlung. Hr. Cronwright-Schreiner, der
Bruder des Premierministers der Kapkolonie, der die Haupt-
rede halten sollte, erhielt außerhalb der Halle so heftige
Schläge auf den Kopf, daß er ohnmächtig zu Boden fiel --
und nur mit herkulischen Anstrengungen konnte er von seinen
Freunden wieder unter den Fußtritten seiner Gegner hervor-
gezogen und vor dem Zutodetrampeln bewahrt werden. Ohne
Hut und mit zerrissenen Kleidern erreichte er unter den
Drohungen des heulend nachfolgenden Pöbels sein Hotel.
Dort angekommen, wurde er sofort vom Wirth aufgefordert,
das Haus zu verlassen und wo anders Unterkunft zu suchen.
Es gelang ihm, unbemerkt zu entkommen. Als der Pöbel
entdeckte, daß ihm der gehaßte Friedensapostel entgangen war,
zog er vor das Haus des Kaufmanns, der den Vorsitz bei
[Spaltenumbruch] dem Meeting geführt hatte, und zerstörte, was sich von außen
zerstören ließ.

Die schlimmsten bisher ausgeübten Gewaltthaten fanden
dieser Tage in Scarborough statt. Auch hier hatte die
Südafrikanische Versöhnungsliga ein Meeting veranstaltet, bei
dem wieder Hr. Cronwright-Schreiner reden sollte. Vor dem
Versammlungslokal, Rowniree's Cafe, hatte sich eine in höchster
Aufregung befindliche Volksmenge aufgestellt, die sehr bald
die großen Glasscheiben des Cafe zertrümmerte, in die Ver-
sammlung eindrang, das Lokal in Finsterniß versetzte und
verschiedene der Hauptpersonen mißhandelte. Draußen standen
eine Anzahl angesehener Bürger von Scarborough und
drückten ihre Billigung aus. "Es geschieht ihnen recht",
so hörte man ein Mitglied des Stadtraths ausrufen.
Sobald die vandalisirenden Pöbelmengen bemerkten, daß
Cronwright-Schreiner und seine unmittelbaren Freunde ent-
kommen waren, zogen sie, nachdem sie in dem Cafe der
Rowntrees alles zerschlagen hatten, nach dem Kolonialwaaren-
geschäft derselben Firma und richteten hier Verwüstung an.
Damit noch nicht zufrieden, marschirten sie nach dem Tuch-
waarengeschäft und weiter noch nach den Privathäusern der
verschiedenen Mitglieder der Familie Rowntree und ließen
hier gleichfalls ihrer Vernichtungswuth freien Lauf. Die
Polizei erwies sich dem rasenden Mob gegenüber als völlig
machtlos. Endlich -- um 1 Uhr in der Frühe -- erschien
der zweite Bürgermeister, der Polizeipräsident und der Stadt-
schreiber mit 100 Soldaten unter der tobenden Menge, aber
erst als der Bürgermeister die Aufruhrakte hatte verlesen
lassen und gewaltsames Einschreiten androhte, ließen die Ver-
theidiger des "Rechts und der Freiheit in Südafrika" von
ihrem Zerstörungswerk ab. Um 2 Uhr morgens war die
Ruhe wiederhergestellt.

Nun sollte man vielleicht glauben, daß allermindestens
die radikale Presse für das "unveräußerliche britische Recht
der Redefreiheit" eintreten und die von dem Mob im ganzen
Land an dem Versammlungsrecht geübte Vergewaltigung aufs
strengste tadeln würde -- aber darin irrt man sich durchaus.
Schon nach den in Edinburg verübten Gewaltthätigkeiten be-
richtete das "Daily Chronicle" mit Wohlgefallen, daß die
Bevölkerung der schottischen Hauptstadt Hrn. Schreiner eine
"Lektion" ertheilt habe. Und heute nun schreibt das radikale
Preßorgan in Anknüpfung an die schmachvollen Vorgänge in
Scarborough: "Es ist erst einige Tage her, seit wir Hrn.
Cronwright-Schreiner den Rath gaben, von seinem thörichten
Versuch abzulassen, das englische Volk zur Sache der Buren zu be-
kehren. Hr. Schreiner hat unsern Rath nicht befolgt und hat in-
folgedessen zu einem ernsten Friedensbruch in Scarborough Ver-
anlassung
gegeben. (!) Wenn Hr. Schreiner sich weigert, durch
Erfahrung zu lernen, und darauf besteht, gegen die fast ein-
stimmige Meinung unsres Volks anzurennen, so hat er sich
nur selbst für die Folgen zu danken. Gestern ward er
schmählich gezwungen, sich durch eine Seitenstraße aus Scar-
borough zu flüchten; und wir hoffen wenigstens, daß dieser
würdelose Abgang ihm für die Zukunft zur Lehre dient und
daß er aufhören wird, weitere Störungen der öffentlichen
Ruhe hervorzurufen." Das "Daily Chronicle" hat offenbar
ein sehr kurzes Gedächtniß, oder, besser gesagt, es paßt ihm --
und dem englischen Volke -- nicht, sich an das Vergangene
zu erinnern. Diejenigen, die die Friedensmeetings gewaltsam
sprengen und den Befürwortern einer gerechten Behandlung
der Buren die Köpfe einschlagen, brüsten sich damit, daß sie
als wahre Patrioten handeln. Aber die Klopffechter-Patrioten
vergessen, daß einer der Gründe, warum England die süd-
afrikanischen Republiken mit Krieg bedrohte, der war, daß
die Buren -- angeblich -- den Uitlanders von Johannesburg
nicht gestatten wollten, öffentliche Versammlungen abzuhalten,
die Verwaltung von Pretoria zu kritisiren und ihre Be-
schwerden in bestimmten Resolutionen auszudrücken. Es zeugt
von einer völligen Entartung der sittlichen und politischen
Begriffe, daß die Jingoes, die sich als die Vorkämpfer für
die Rechte der Uitlanders ausgeben, genau die Gewaltmittel
anwenden, deren sie den Präsidenten Krüger fälschlich an-
klagten, und daß sie nicht vor Blutvergießen und Eigenthums-
zerstörung zurückschrecken, um ihre eigenen englischen Mit-
bürger an der Ausübung des Versammlungsrechts und der
Redefreiheit zu hindern.

Ein Kanonikus von Durham hatte anzudeuten gewagt,
daß in dem zu Exzessen geneigten Patriolismus der Menge
das "alkoholische Element" eine Rolle spielte. Darin lag
gewissermaßen eine Entschuldigung für das gewaltthätige
Benehmen des Mobs. Aber ein Richter des höchsten
Gerichtshofs und der Lord-Kanzler selbst fielen sofort mit
scharfem Verweis über den geistlichen Herrn her, weil er es
gewagt hatte, zu bezweifeln, daß das englische Volk von
etwas anderem als dem "reinsten" Patriotismus beseelt sein
könne. Wir können es dem Kanonikus und dem Lord-Kanzler
überlassen, sich über das "alkoholische Element" im neuzeitigen
englischen Patriotismus auseinanderzusetzen. Für uns ist es
jedenfalls klar, daß die Redefreiheit in England nur noch
soweit besteht, als sie der Volksleidenschaft paßt und der ge-
meinen Menge schmeichelt.



Oesterreich-Ungarn.
Anfang vom Ende des Kohlenarbeiterstrikes.

* Die Abwiegelungsaktion der Strikeführer, die Kampfes-
müdigkeit auf beiden Seiten und gewiß nicht in letzter Linie
die zunehmende Noth der Arbeiter bei gänzlicher Leere der
Strikekassen haben endlich eine Wendung in dem über zwei
Monate andauernden Kohlenarbeiterstrike herbeigeführt. Das
Abwiegeln ging nicht so leicht und wäre vielleicht jetzt noch
gar nicht gelungen, wenn nicht eben die anderen erwähnten
Momente bestimmend auf die Arbeiter gewirkt hätten. Dem
Strikekomitee in Mährisch-Ostrau machte man zum Vor-
wurfe, daß die Konzessionen, welche heute erbeten werden
müssen, vom Teschener Einigungsamt schon vor fünf Wochen
freiwillig zugestanden worden seien und daß die Fortsetzung
des Kampfes bis jetzt bei solchem Ergebniß eigentlich zwecklos
gewesen sei. Das ist jedoch nicht ganz richtig, denn bei
früherer Beilegung des Strikes wäre die parlamentarische
Aktion zugunsten der Verkürzung der Arbeitszeit im Bergbau
gewiß bis heute nicht so weit gediehen, als es der Fall ist.
Der mehrerwähnte Beschluß des sozialpolitischen
Ausschusses
des Abgeordnetenhauses betreffend den Neun-
stundentag
ist es nun, worauf sich die Strikeführer haupt-
sächlich beriefen, um die Arbeiter umzustimmen. Zugleich
wurde geltend gemacht, daß eine Fortsetzung des Strikes auf
die parlamentarische Aktion keinen Einfluß mehr üben könnte,
da sich der Reichsrath bekanntlich auf zwei Monate vertagt
[Spaltenumbruch] hat. Man schlug also den Arbeitern vor, die Wieder-
aufnahme der Arbeit anzubieten
unter der Voraus-
setzung, daß alle Entlassungen aus der Arbeit widerrufen
würden und daß die Gewerke bei ihren früheren Zusagen
betreffs Lohnerhöhung u. s. w. verharrten So etwa wird
der Hergang aus Mährisch-Ostrau und Teplitz berichtet,
und er wird an anderen Orten ähnlich gewesen sein. Aus
Ostrau liegt auch bereits die Antwort der Gewerke auf
das Arbeitsanerbieten vor. Sie lehnten in ihrer gestrigen
Versammlung einen Generalpardon ab, sagten jedoch ihren
bisherigen Arbeitern, welche die Arbeit wieder aufnehmen,
zu, daß sie die vor dem Teschener Einigungsamt gemachten
Zugeständnisse beir. Lohnerhöhung und Auszahlung, sowie
beir. das Gedingewesen, aufrecht erhalten würden. Da die
Arbeiter sich damit einverstanden erklärten, kann der Aus-
stand im Ostrau-Revier
mit dem heutigen Tag als
beendet gelten. Dieses Revier fällt aber am meisten ins
Gewicht, da hier Mitte voriger Woche noch etwa 21,000 Mann
strikten. Aus den böhmischen Revieren fehlen zur Stunde
noch detaillirte Nachrichten über die Antworten der Gewerke,
doch wird aus Prag vom Heutigen (Montag) telegraphirt,
daß in einigen böhmischen Gebieten nahezu voll-
zählig gearbeitet wird
, in den andern die Lage
unverändert ist
. In Troppau sei die Situation jedoch
ungeklärt, da die Antwort der Gewerke auf den verlangten
Generalpardon noch nicht eingetroffen ist. In Karbitz bei
Aussig kam es am Freitag noch einmal zu ernsteren demon-
strativen Auftritten, sonst scheinen die in den letzten Tagen
allerorten abgehaltenen Massenversammlungen in Ruhe ver-
laufen zu sein.

Deutsche Obmännerkonferenz.

Anläßlich der Vertagung des
Reichsraths beschloß die Obmännerkonferenz der deut-
schen Parteien der Linken einstimmig, nöthigenfalls auch
während der Pause der Reichsrathsverhandlungen zur Wah-
rung der nationalpolitischen Interessen und der deutschen Ge-
meinbürgschaft in Wien zusammenzutreten.

Zur Wiedervermählung der Kronprinzessin-Wittwe Stephanie.

* Die gestrige "Wiener Zeitung" meldete: "Die Kron-
prinzessin-Wittwe Stephanie hat sich, nachdem sie die Zu-
stimmung und Einwilligung des Kaisers als Allerhöchsten
Familienoberhaupts eingeholt und erhalten hat, mit dem
Grafen Elemer Lonyay von Nagy-Lonya und Vasaros-
Nameny, k. und k. Kämmerer und Legationsrath a. D.,
verlobt." Das ist die erste offizielle Verlautbarung zu der
bevorstehenden Vermählung, von der zugleich mitgetheilt
wird, daß sie "in den nächsten Tagen" stattfinden werde.
Während die Kronprinzessin-Wittwe bekanntlich schon seit
längeren Tagen mit ihrer Tochter, Erzherzogin Elisabeth,
in Miramar, wo die Hochzeit vor sich gehen soll, weilt, traten
in den letzten Tagen noch mannichfache Verzögerungsgründe
auf, insbesondere die Erkrankung des nunmehr in Görz
weilenden Bräutigams an Influenza. Doch soll der Graf
bereits wieder leidlich hergestellt sein und seine Abreise nach
Miramar wird jeden Tag erwartet. Inzwischen steht in
Triest ein Salonwagen bereit, in dem die Erzherzogin
Elisabeth die Reise nach Gries antreten wird, bevor Graf
Lonyay in Miramar eintrifft. Die mit dem Verehelichungs-
alt verknüpften Formalitäten dürften jetzt völlig erledigt sein.
Nach dem ungarischen Gesetz über die Zivilehe müssen im Aus-
lande abzuschließende Ehen ungarischer Staatsbürger auch in
Ungarn aufgeboten werden, von dem Aufgebot kann allerdings
die Verwaltungsbehörde dispensiren, und dieselbe hat im Falle
des Grafen Lonyay von dieser Befugniß Gebrauch gemacht.
Die Kronprinzessin-Wittwe ihrerseits verzichtet auf alle mit
ihrer bisherigen Zugehörigkeit zum österreichischen Kaiser-
haus zusammenhängenden Rechte. Eine Renunziation hat,
wie die "N. Fr. Pr." mittheilt, aus dem Grunde nicht statt-
gefunden, weil die Kronprinzessin-Wittwe kein erbberechtigtes
Mitglied des Kaiserhauses war und die staatsrechtliche Be-
deutung der Nenunziation eben in dem Verzicht auf die
Erbberechtigung besteht. Sie führte den Titel einer Erz-
herzogin von Oesterreich als angeheirathetes Mitglied des
Kaiserhauses und verliert durch ihre Vermählung mit dem
Grafen Lonyay diese Eigenschaft, den Titel einer Erzherzogin,
sowie das Recht auf die Anrede einer kaiserlichen und könig-
lichen Hoheit. Ob ihr die Eigenschaft einer Prinzessin des
belgischen Königshauses und das Recht auf den Titel
königliche Hoheit gewahrt bleibt -- man vermuthet, der
Kaiser habe sich in diesem Sinn beim König der Belgier
verwendet -- erscheint noch nicht ganz klargestellt. Ueber
die Auffassung und Haltung des Kaisers schreibt das den
Hofkreisen nahestehende "Fremdenblatt":

"Unser Kaiser, gestählt, aber nicht verhärtet in der Schule
schwerster Erfahrungen, hat sich den offenen Sinn gewahrt für
alles Fühlen und Empfinden, und so finden wir ihn bereit, mit
väterlicher Güte und Würde, wenn auch gewiß mit düsteren Er-
innerungen belastet, der gewesenen Gemahlin des einzigen
Sohnes die Wege zu ebnen, damit sie sich das Glück gründen
könne, auf das sie hofft. Nachdem Se. Majestät sich mit dieser
Wendung befreundet hatte, kommt sein ganzes vornehmes Wesen
an den Tag in der Haltung, die er der zukünftigen Gräfin
Lonyay gegenüber beobachtet. Nicht nur materiell bleibt der
Kaiser ihr eine Stütze, er umgibt sie auch nach wie vor mit Be-
weisen von Fürsorge und Neigung."

Die jugendliche Erzherzogin Elisabeth dürfte in Zu-
kunft der besonderen Obhut des Monarchen unterstehen.

Elf Jahre sind vergangen, seitdem Erzherzogin Stephanie,
nach der traurigen Katastrophe von Meyerling, den Wittwen-
schleier anlegte. Im Mai 1881 war sie als 17jährige Braut
des Kronprinzen Rudolf in Wien eingezogen. Welcher Grad
von Selbstbescheidung bei der hohen Frau dazu gehörte, den
glanzvollen Namen und Rang einer österreichischen Erz-
herzogin mit der Stellung als Gattin eines magyarischen
Grafen zu vertauschen, ist leicht zu ermessen, ebenso, welcher
Entschlußfestigkeit es bedurfte, um alle äußeren Schwierig-
keiten zu überwinden, die sich der Ausführung ihres neuen
Eheplans in den Weg stellten. Wo sie den Grafen Lonyay
zuerst kennen gelernt hat, ist bisher der Oeffentlichkeit nicht
sicher bekannt geworden; nach einer Lesart geschah es in
London, wo der Graf Botschaftsattache war, nach anderer
bei einer Vorstellung in Laxenburg. Graf Elemer Lonyay
gehört einem alten ungarischen Adelsgeschlecht an, in den
Grafenstand ist er jedoch erst im Jahre 1896 erhoben
worden, nachdem sein Oheim, der ehemalige ungarische
Ministerpräsident Melchior v. Lonyay, den Grafentitel bereits
1876 erhalten hatte. Graf Elemer Lonyay, der jetzt im
36. Lebensjahre steht, hat bisher wenig in Ungarn, meist im
Ausland gelebt; er war von Haus aus Protestant, ist aber
vor einiger Zeit, um eben eine der Schwierigkeiten, die seiner
Vermählung entgegenstanden, zu beseitigen, zum Katholizismus

Dienſtag. Drittes Morgenblatt Nr. 77 der Allgemeinen Zeitung.20. März 1900.


[Spaltenumbruch]
Redefreiheit und Pöbelherrſchaft in England.

Die Redefreiheit, deren Eng-
land ſich ſo lange als der größten ſeiner politiſchen Errungen-
ſchaften gerühmt hat, iſt zu einem Schatten zuſammengeſunken.
Der gierige, gewaltthätige, unduldſame Jingoismus, der Süd-
afrika in Flammen ſetzte, hat ſie hinweggefegt. Und was das
Schlimmſte dabei iſt, — nur wenige Leute ſcheinen in Eng-
land Scham oder Bedauern darüber zu empfinden, daß ſeit
Wochen in allen Theilen des Landes organiſirte Anſtrengungen
gemacht werden, jede freie Meinungsäußerung betreffs
des ſüdafrikaniſchen Krieges zu verhindern
. Es
hat ſich in London, Sheffield, Edinburg, Glasgow, Dundee,
Newcaſtle, Gateshead, Birmingham, Scarborough und anders-
wo als vollſtändig unmöglich erwieſen, ſogenannte Frie-
densmeetings
abzuhalten, ohne daß die Theilnehmer
Gefahr laufen, ihr Verſammlungslokal von einem rohen Mob
überſchwemmt zu ſehen und riskiren müſſen, perſönlich aufs bru-
talſte mißhandelt zu werden. Das Verſammlungsrecht iſt eines
der unveräußerlichen Vorrechte britiſcher Staatsbürger, aber
thatſächlich iſt dieſes Recht augenblicklich allen denjenigen ab-
geſchnitten, die mit Bezug auf die Behandlung der Buren-
republiken eine maßvolle und verſöhnliche Politik befürworten.
Obwohl es die Pflicht der Polizei iſt, alle Verſammlungen
gegen gewaliſame Unterbrechungen zu ſchützen, ſo hat ſie
gerade den Meetings der Verſöhnungspartei nur ganz unzu-
länglichen Schutz gewährt oder hat ſie ganz und gar der
Mobherrſchaft preisgegeben. Das trat hier in London bei
der in Exeter Hall abgehaltenen Verſammlung hervor, wo
die Polizeibehörden erſt auf wiederholtes Drängen des Vor-
ſitzenden eine Abtheilung von 50 Mann zuhülfe ſchickten, die
gerade nur noch zur rechten Zeit erſchienen, um die bereits
ſich flüchtenden Veranſtalter vor den Mißhandlungen eines
wüthenden Haufens von Jingoes zu bewahren. Was übrigens
an den Ruheſtörern ſelbſt als am bemerkenswertheſten be-
zeichnet werden muß, iſt der Umſtand, daß ſie keineswegs
ausſchließlich aus dem Janhagel, ſondern zum großen Theil
aus Vertretern der ſogenannten beſſeren Klaſſen beſtanden.
Aber als ſchlimmſtes Zeichen der Zeit muß es wohl betrachtet
werden, daß am Tage vorher ein Jingo-Blatt an hervor-
ragender Stelle auf die beabſichtigte Verſammlung aufmerkſam
machte und ſich nicht entblödete, anzudeuten, daß die Ver-
anſtalter „eine Lektion verdienten“. Die Folge davon war,
daß das Meeting durch einen organiſirten Angriff geſprengt
wurde.

Den im Freien abgehaltenen Verſammlungen wird kein
beſſeres Schickſal zutheil. Hören wir einmal, wie ein Jingo
die gelegentlich eines Verſöhnungsmeetings im Hyde-Park
vollbrachten Heldenthaten beſchreibt. Er meldet dem „Globe“:
„Als ich mich heute Nachmittag mit einigen Freunden im
Hyde-Park befand, ſtießen wir auf ein Meeting, das unter
dem Vorſitz eines Burenfreundes von Exeter Hall abgehalten
wurde, der Ihre Zeitung angriff, weil ſie zu gewaltſamer
Verhinderung der Verſammlung in der Exeter Hall auf-
gefordert hatte. Aber glücklicherweiſe kam er nicht lang zu
Worte, denn wir umzingelten ihn und Hunderte von uns
ſangen „Rule Britannia“ und „God save the Queen“. Er
gerieth infolgedeſſen viel ärger in die Klemme als in Exeter
Hall; er war ſogar nahe daran, in Stücke zerriſſen zu werden.
Um ſein Leben zu retten, rannte er die Oxfordſtraße hinunter,
aber ein Huſar faßte ihn beim Kragen und gab ihm den
verdienten Lohn. Schließlich befreite ihn ein Poliziſt und
führte ihn um ſeiner Sicherheit willen nach der Polizei-
ſtation in Marylebone-Lane, während die Volksmenge nach-
folgte und Nationallieder ſang. Als wir an der Polizei-
ſtation angelangt waren, ſangen wir „God save the
Queen“
, und der Poliziſt, der den Mann führte, machte
ſich das Vergnügen, dieſem Burenfreund den Hut vom Kopf
zu nehmen, da er nicht „gentleman“ genug war, ihn während
des Singens der Nationalhymne ſelbſt abzunehmen. Dann
marſchirte die Menge, 1500 Mann ſtark, nach dem Hyde-
Park zurück, in der Hoffnung, noch mehr Burenfreunde vor-
zufinden, aber es waren keine mehr zu ſehen. Ich will noch
bemerken, daß dieſer Burenfreund erklärte, er werde Proteſte
an Ihre Zeitung ſchicken, aber wir ließen ihn nicht zum
Schreiben kommen, und Sie werden ſie auch nicht erhalten,
denn einer aus der Menge zerriß ſeine Papiere. Ihre
Zeitung verdient großes Lob, daß ſie auf die Verſammlung in
Exeter Hall aufmerkſam machte, ſo daß den Burenfreunden
das Spiel verdorben wurde.“ Der Schreiber dieſer Epiſtel
unterzeichnet ſich als ein „echter Engländer“. Man wird
ſich kaum recht klar darüber, wovor man im Grunde den
größeren Unwillen empfindet — ob vor der Roheit des ſo-
genannten „echten“ Engländerthums oder vor der Scham-
loſigkeit jenes Preßorgans, das das Lob, welches ihm für
ſeine Aufforderung zu Gewaltthaten gegen Andersdenkende
von dem „echten Engländer“ ertheilt wird, in ſeinen Spalten
ſelbſt verkündet.

Wie in der Hauptſtadt, ſo geht es in den Provinzſtädten,
großen wie kleinen, her. Der Bürgermeiſter von Cam-
bridge
hatte einer Anzahl Studenten eine Geldſtrafe
auferlegt, weil ſie am Tage der Befreiung von Ladyſmith
die Laden von verſchiedenen Kaufläden abgeriſſen hatten, um
ein Freudenfeuer aufleuchten zu laſſen. Seitdem iſt der
Bürgermeiſter dieſer Univerſitätsſtadt beſtändiger Bedrohung
ausgeſetzt und kann nur noch unter Polizeiſchutz ausgehen.
Bei einem in Glasgow veranſtalteten Verſöhnungsmeeting
nahm der Pöbel eine ſo drohende Haltung an, daß die
Redner, nachdem die Verſammlung geſprengt war, ſich in die
nächſte Polizeiſtation flüchten mußten. Viel ärger noch ging
es bei einem Friedensmeeting in Edinburg her. Hier er-
hoben die Jingoes von vornherein einen ſolchen Lärm, daß
kein Redner zu Worte kommen konnte. Sie geberdeten ſich
wie Wahnſinnige, erſtürmten ſchließlich das Podium und zer-
ſchmetterten Stühle und Bänke auf den Köpfen der Veranſtalter
der Verſammlung. Hr. Cronwright-Schreiner, der
Bruder des Premierminiſters der Kapkolonie, der die Haupt-
rede halten ſollte, erhielt außerhalb der Halle ſo heftige
Schläge auf den Kopf, daß er ohnmächtig zu Boden fiel —
und nur mit herkuliſchen Anſtrengungen konnte er von ſeinen
Freunden wieder unter den Fußtritten ſeiner Gegner hervor-
gezogen und vor dem Zutodetrampeln bewahrt werden. Ohne
Hut und mit zerriſſenen Kleidern erreichte er unter den
Drohungen des heulend nachfolgenden Pöbels ſein Hotel.
Dort angekommen, wurde er ſofort vom Wirth aufgefordert,
das Haus zu verlaſſen und wo anders Unterkunft zu ſuchen.
Es gelang ihm, unbemerkt zu entkommen. Als der Pöbel
entdeckte, daß ihm der gehaßte Friedensapoſtel entgangen war,
zog er vor das Haus des Kaufmanns, der den Vorſitz bei
[Spaltenumbruch] dem Meeting geführt hatte, und zerſtörte, was ſich von außen
zerſtören ließ.

Die ſchlimmſten bisher ausgeübten Gewaltthaten fanden
dieſer Tage in Scarborough ſtatt. Auch hier hatte die
Südafrikaniſche Verſöhnungsliga ein Meeting veranſtaltet, bei
dem wieder Hr. Cronwright-Schreiner reden ſollte. Vor dem
Verſammlungslokal, Rowniree’s Café, hatte ſich eine in höchſter
Aufregung befindliche Volksmenge aufgeſtellt, die ſehr bald
die großen Glasſcheiben des Café zertrümmerte, in die Ver-
ſammlung eindrang, das Lokal in Finſterniß verſetzte und
verſchiedene der Hauptperſonen mißhandelte. Draußen ſtanden
eine Anzahl angeſehener Bürger von Scarborough und
drückten ihre Billigung aus. „Es geſchieht ihnen recht“,
ſo hörte man ein Mitglied des Stadtraths ausrufen.
Sobald die vandaliſirenden Pöbelmengen bemerkten, daß
Cronwright-Schreiner und ſeine unmittelbaren Freunde ent-
kommen waren, zogen ſie, nachdem ſie in dem Café der
Rowntrees alles zerſchlagen hatten, nach dem Kolonialwaaren-
geſchäft derſelben Firma und richteten hier Verwüſtung an.
Damit noch nicht zufrieden, marſchirten ſie nach dem Tuch-
waarengeſchäft und weiter noch nach den Privathäuſern der
verſchiedenen Mitglieder der Familie Rowntree und ließen
hier gleichfalls ihrer Vernichtungswuth freien Lauf. Die
Polizei erwies ſich dem raſenden Mob gegenüber als völlig
machtlos. Endlich — um 1 Uhr in der Frühe — erſchien
der zweite Bürgermeiſter, der Polizeipräſident und der Stadt-
ſchreiber mit 100 Soldaten unter der tobenden Menge, aber
erſt als der Bürgermeiſter die Aufruhrakte hatte verleſen
laſſen und gewaltſames Einſchreiten androhte, ließen die Ver-
theidiger des „Rechts und der Freiheit in Südafrika“ von
ihrem Zerſtörungswerk ab. Um 2 Uhr morgens war die
Ruhe wiederhergeſtellt.

Nun ſollte man vielleicht glauben, daß allermindeſtens
die radikale Preſſe für das „unveräußerliche britiſche Recht
der Redefreiheit“ eintreten und die von dem Mob im ganzen
Land an dem Verſammlungsrecht geübte Vergewaltigung aufs
ſtrengſte tadeln würde — aber darin irrt man ſich durchaus.
Schon nach den in Edinburg verübten Gewaltthätigkeiten be-
richtete das „Daily Chronicle“ mit Wohlgefallen, daß die
Bevölkerung der ſchottiſchen Hauptſtadt Hrn. Schreiner eine
„Lektion“ ertheilt habe. Und heute nun ſchreibt das radikale
Preßorgan in Anknüpfung an die ſchmachvollen Vorgänge in
Scarborough: „Es iſt erſt einige Tage her, ſeit wir Hrn.
Cronwright-Schreiner den Rath gaben, von ſeinem thörichten
Verſuch abzulaſſen, das engliſche Volk zur Sache der Buren zu be-
kehren. Hr. Schreiner hat unſern Rath nicht befolgt und hat in-
folgedeſſen zu einem ernſten Friedensbruch in Scarborough Ver-
anlaſſung
gegeben. (!) Wenn Hr. Schreiner ſich weigert, durch
Erfahrung zu lernen, und darauf beſteht, gegen die faſt ein-
ſtimmige Meinung unſres Volks anzurennen, ſo hat er ſich
nur ſelbſt für die Folgen zu danken. Geſtern ward er
ſchmählich gezwungen, ſich durch eine Seitenſtraße aus Scar-
borough zu flüchten; und wir hoffen wenigſtens, daß dieſer
würdeloſe Abgang ihm für die Zukunft zur Lehre dient und
daß er aufhören wird, weitere Störungen der öffentlichen
Ruhe hervorzurufen.“ Das „Daily Chronicle“ hat offenbar
ein ſehr kurzes Gedächtniß, oder, beſſer geſagt, es paßt ihm —
und dem engliſchen Volke — nicht, ſich an das Vergangene
zu erinnern. Diejenigen, die die Friedensmeetings gewaltſam
ſprengen und den Befürwortern einer gerechten Behandlung
der Buren die Köpfe einſchlagen, brüſten ſich damit, daß ſie
als wahre Patrioten handeln. Aber die Klopffechter-Patrioten
vergeſſen, daß einer der Gründe, warum England die ſüd-
afrikaniſchen Republiken mit Krieg bedrohte, der war, daß
die Buren — angeblich — den Uitlanders von Johannesburg
nicht geſtatten wollten, öffentliche Verſammlungen abzuhalten,
die Verwaltung von Pretoria zu kritiſiren und ihre Be-
ſchwerden in beſtimmten Reſolutionen auszudrücken. Es zeugt
von einer völligen Entartung der ſittlichen und politiſchen
Begriffe, daß die Jingoes, die ſich als die Vorkämpfer für
die Rechte der Uitlanders ausgeben, genau die Gewaltmittel
anwenden, deren ſie den Präſidenten Krüger fälſchlich an-
klagten, und daß ſie nicht vor Blutvergießen und Eigenthums-
zerſtörung zurückſchrecken, um ihre eigenen engliſchen Mit-
bürger an der Ausübung des Verſammlungsrechts und der
Redefreiheit zu hindern.

Ein Kanonikus von Durham hatte anzudeuten gewagt,
daß in dem zu Exzeſſen geneigten Patriolismus der Menge
das „alkoholiſche Element“ eine Rolle ſpielte. Darin lag
gewiſſermaßen eine Entſchuldigung für das gewaltthätige
Benehmen des Mobs. Aber ein Richter des höchſten
Gerichtshofs und der Lord-Kanzler ſelbſt fielen ſofort mit
ſcharfem Verweis über den geiſtlichen Herrn her, weil er es
gewagt hatte, zu bezweifeln, daß das engliſche Volk von
etwas anderem als dem „reinſten“ Patriotismus beſeelt ſein
könne. Wir können es dem Kanonikus und dem Lord-Kanzler
überlaſſen, ſich über das „alkoholiſche Element“ im neuzeitigen
engliſchen Patriotismus auseinanderzuſetzen. Für uns iſt es
jedenfalls klar, daß die Redefreiheit in England nur noch
ſoweit beſteht, als ſie der Volksleidenſchaft paßt und der ge-
meinen Menge ſchmeichelt.



Oeſterreich-Ungarn.
Anfang vom Ende des Kohlenarbeiterſtrikes.

* Die Abwiegelungsaktion der Strikeführer, die Kampfes-
müdigkeit auf beiden Seiten und gewiß nicht in letzter Linie
die zunehmende Noth der Arbeiter bei gänzlicher Leere der
Strikekaſſen haben endlich eine Wendung in dem über zwei
Monate andauernden Kohlenarbeiterſtrike herbeigeführt. Das
Abwiegeln ging nicht ſo leicht und wäre vielleicht jetzt noch
gar nicht gelungen, wenn nicht eben die anderen erwähnten
Momente beſtimmend auf die Arbeiter gewirkt hätten. Dem
Strikekomitee in Mähriſch-Oſtrau machte man zum Vor-
wurfe, daß die Konzeſſionen, welche heute erbeten werden
müſſen, vom Teſchener Einigungsamt ſchon vor fünf Wochen
freiwillig zugeſtanden worden ſeien und daß die Fortſetzung
des Kampfes bis jetzt bei ſolchem Ergebniß eigentlich zwecklos
geweſen ſei. Das iſt jedoch nicht ganz richtig, denn bei
früherer Beilegung des Strikes wäre die parlamentariſche
Aktion zugunſten der Verkürzung der Arbeitszeit im Bergbau
gewiß bis heute nicht ſo weit gediehen, als es der Fall iſt.
Der mehrerwähnte Beſchluß des ſozialpolitiſchen
Ausſchuſſes
des Abgeordnetenhauſes betreffend den Neun-
ſtundentag
iſt es nun, worauf ſich die Strikeführer haupt-
ſächlich beriefen, um die Arbeiter umzuſtimmen. Zugleich
wurde geltend gemacht, daß eine Fortſetzung des Strikes auf
die parlamentariſche Aktion keinen Einfluß mehr üben könnte,
da ſich der Reichsrath bekanntlich auf zwei Monate vertagt
[Spaltenumbruch] hat. Man ſchlug alſo den Arbeitern vor, die Wieder-
aufnahme der Arbeit anzubieten
unter der Voraus-
ſetzung, daß alle Entlaſſungen aus der Arbeit widerrufen
würden und daß die Gewerke bei ihren früheren Zuſagen
betreffs Lohnerhöhung u. ſ. w. verharrten So etwa wird
der Hergang aus Mähriſch-Oſtrau und Teplitz berichtet,
und er wird an anderen Orten ähnlich geweſen ſein. Aus
Oſtrau liegt auch bereits die Antwort der Gewerke auf
das Arbeitsanerbieten vor. Sie lehnten in ihrer geſtrigen
Verſammlung einen Generalpardon ab, ſagten jedoch ihren
bisherigen Arbeitern, welche die Arbeit wieder aufnehmen,
zu, daß ſie die vor dem Teſchener Einigungsamt gemachten
Zugeſtändniſſe beir. Lohnerhöhung und Auszahlung, ſowie
beir. das Gedingeweſen, aufrecht erhalten würden. Da die
Arbeiter ſich damit einverſtanden erklärten, kann der Aus-
ſtand im Oſtrau-Revier
mit dem heutigen Tag als
beendet gelten. Dieſes Revier fällt aber am meiſten ins
Gewicht, da hier Mitte voriger Woche noch etwa 21,000 Mann
ſtrikten. Aus den böhmiſchen Revieren fehlen zur Stunde
noch detaillirte Nachrichten über die Antworten der Gewerke,
doch wird aus Prag vom Heutigen (Montag) telegraphirt,
daß in einigen böhmiſchen Gebieten nahezu voll-
zählig gearbeitet wird
, in den andern die Lage
unverändert iſt
. In Troppau ſei die Situation jedoch
ungeklärt, da die Antwort der Gewerke auf den verlangten
Generalpardon noch nicht eingetroffen iſt. In Karbitz bei
Auſſig kam es am Freitag noch einmal zu ernſteren demon-
ſtrativen Auftritten, ſonſt ſcheinen die in den letzten Tagen
allerorten abgehaltenen Maſſenverſammlungen in Ruhe ver-
laufen zu ſein.

Deutſche Obmännerkonferenz.

Anläßlich der Vertagung des
Reichsraths beſchloß die Obmännerkonferenz der deut-
ſchen Parteien der Linken einſtimmig, nöthigenfalls auch
während der Pauſe der Reichsrathsverhandlungen zur Wah-
rung der nationalpolitiſchen Intereſſen und der deutſchen Ge-
meinbürgſchaft in Wien zuſammenzutreten.

Zur Wiedervermählung der Kronprinzeſſin-Wittwe Stephanie.

* Die geſtrige „Wiener Zeitung“ meldete: „Die Kron-
prinzeſſin-Wittwe Stephanie hat ſich, nachdem ſie die Zu-
ſtimmung und Einwilligung des Kaiſers als Allerhöchſten
Familienoberhaupts eingeholt und erhalten hat, mit dem
Grafen Elemer Lonyay von Nagy-Lonya und Vaſaros-
Nameny, k. und k. Kämmerer und Legationsrath a. D.,
verlobt.“ Das iſt die erſte offizielle Verlautbarung zu der
bevorſtehenden Vermählung, von der zugleich mitgetheilt
wird, daß ſie „in den nächſten Tagen“ ſtattfinden werde.
Während die Kronprinzeſſin-Wittwe bekanntlich ſchon ſeit
längeren Tagen mit ihrer Tochter, Erzherzogin Eliſabeth,
in Miramar, wo die Hochzeit vor ſich gehen ſoll, weilt, traten
in den letzten Tagen noch mannichfache Verzögerungsgründe
auf, insbeſondere die Erkrankung des nunmehr in Görz
weilenden Bräutigams an Influenza. Doch ſoll der Graf
bereits wieder leidlich hergeſtellt ſein und ſeine Abreiſe nach
Miramar wird jeden Tag erwartet. Inzwiſchen ſteht in
Trieſt ein Salonwagen bereit, in dem die Erzherzogin
Eliſabeth die Reiſe nach Gries antreten wird, bevor Graf
Lonyay in Miramar eintrifft. Die mit dem Verehelichungs-
alt verknüpften Formalitäten dürften jetzt völlig erledigt ſein.
Nach dem ungariſchen Geſetz über die Zivilehe müſſen im Aus-
lande abzuſchließende Ehen ungariſcher Staatsbürger auch in
Ungarn aufgeboten werden, von dem Aufgebot kann allerdings
die Verwaltungsbehörde dispenſiren, und dieſelbe hat im Falle
des Grafen Lonyay von dieſer Befugniß Gebrauch gemacht.
Die Kronprinzeſſin-Wittwe ihrerſeits verzichtet auf alle mit
ihrer bisherigen Zugehörigkeit zum öſterreichiſchen Kaiſer-
haus zuſammenhängenden Rechte. Eine Renunziation hat,
wie die „N. Fr. Pr.“ mittheilt, aus dem Grunde nicht ſtatt-
gefunden, weil die Kronprinzeſſin-Wittwe kein erbberechtigtes
Mitglied des Kaiſerhauſes war und die ſtaatsrechtliche Be-
deutung der Nenunziation eben in dem Verzicht auf die
Erbberechtigung beſteht. Sie führte den Titel einer Erz-
herzogin von Oeſterreich als angeheirathetes Mitglied des
Kaiſerhauſes und verliert durch ihre Vermählung mit dem
Grafen Lonyay dieſe Eigenſchaft, den Titel einer Erzherzogin,
ſowie das Recht auf die Anrede einer kaiſerlichen und könig-
lichen Hoheit. Ob ihr die Eigenſchaft einer Prinzeſſin des
belgiſchen Königshauſes und das Recht auf den Titel
königliche Hoheit gewahrt bleibt — man vermuthet, der
Kaiſer habe ſich in dieſem Sinn beim König der Belgier
verwendet — erſcheint noch nicht ganz klargeſtellt. Ueber
die Auffaſſung und Haltung des Kaiſers ſchreibt das den
Hofkreiſen naheſtehende „Fremdenblatt“:

„Unſer Kaiſer, geſtählt, aber nicht verhärtet in der Schule
ſchwerſter Erfahrungen, hat ſich den offenen Sinn gewahrt für
alles Fühlen und Empfinden, und ſo finden wir ihn bereit, mit
väterlicher Güte und Würde, wenn auch gewiß mit düſteren Er-
innerungen belaſtet, der geweſenen Gemahlin des einzigen
Sohnes die Wege zu ebnen, damit ſie ſich das Glück gründen
könne, auf das ſie hofft. Nachdem Se. Majeſtät ſich mit dieſer
Wendung befreundet hatte, kommt ſein ganzes vornehmes Weſen
an den Tag in der Haltung, die er der zukünftigen Gräfin
Lonyay gegenüber beobachtet. Nicht nur materiell bleibt der
Kaiſer ihr eine Stütze, er umgibt ſie auch nach wie vor mit Be-
weiſen von Fürſorge und Neigung.“

Die jugendliche Erzherzogin Eliſabeth dürfte in Zu-
kunft der beſonderen Obhut des Monarchen unterſtehen.

Elf Jahre ſind vergangen, ſeitdem Erzherzogin Stephanie,
nach der traurigen Kataſtrophe von Meyerling, den Wittwen-
ſchleier anlegte. Im Mai 1881 war ſie als 17jährige Braut
des Kronprinzen Rudolf in Wien eingezogen. Welcher Grad
von Selbſtbeſcheidung bei der hohen Frau dazu gehörte, den
glanzvollen Namen und Rang einer öſterreichiſchen Erz-
herzogin mit der Stellung als Gattin eines magyariſchen
Grafen zu vertauſchen, iſt leicht zu ermeſſen, ebenſo, welcher
Entſchlußfeſtigkeit es bedurfte, um alle äußeren Schwierig-
keiten zu überwinden, die ſich der Ausführung ihres neuen
Eheplans in den Weg ſtellten. Wo ſie den Grafen Lonyay
zuerſt kennen gelernt hat, iſt bisher der Oeffentlichkeit nicht
ſicher bekannt geworden; nach einer Lesart geſchah es in
London, wo der Graf Botſchaftsattaché war, nach anderer
bei einer Vorſtellung in Laxenburg. Graf Elemer Lonyay
gehört einem alten ungariſchen Adelsgeſchlecht an, in den
Grafenſtand iſt er jedoch erſt im Jahre 1896 erhoben
worden, nachdem ſein Oheim, der ehemalige ungariſche
Miniſterpräſident Melchior v. Lonyay, den Grafentitel bereits
1876 erhalten hatte. Graf Elemer Lonyay, der jetzt im
36. Lebensjahre ſteht, hat bisher wenig in Ungarn, meiſt im
Ausland gelebt; er war von Haus aus Proteſtant, iſt aber
vor einiger Zeit, um eben eine der Schwierigkeiten, die ſeiner
Vermählung entgegenſtanden, zu beſeitigen, zum Katholizismus

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[0009] Dienſtag. Drittes Morgenblatt Nr. 77 der Allgemeinen Zeitung.20. März 1900. Redefreiheit und Pöbelherrſchaft in England. # London, 15. März. Die Redefreiheit, deren Eng- land ſich ſo lange als der größten ſeiner politiſchen Errungen- ſchaften gerühmt hat, iſt zu einem Schatten zuſammengeſunken. Der gierige, gewaltthätige, unduldſame Jingoismus, der Süd- afrika in Flammen ſetzte, hat ſie hinweggefegt. Und was das Schlimmſte dabei iſt, — nur wenige Leute ſcheinen in Eng- land Scham oder Bedauern darüber zu empfinden, daß ſeit Wochen in allen Theilen des Landes organiſirte Anſtrengungen gemacht werden, jede freie Meinungsäußerung betreffs des ſüdafrikaniſchen Krieges zu verhindern. Es hat ſich in London, Sheffield, Edinburg, Glasgow, Dundee, Newcaſtle, Gateshead, Birmingham, Scarborough und anders- wo als vollſtändig unmöglich erwieſen, ſogenannte Frie- densmeetings abzuhalten, ohne daß die Theilnehmer Gefahr laufen, ihr Verſammlungslokal von einem rohen Mob überſchwemmt zu ſehen und riskiren müſſen, perſönlich aufs bru- talſte mißhandelt zu werden. Das Verſammlungsrecht iſt eines der unveräußerlichen Vorrechte britiſcher Staatsbürger, aber thatſächlich iſt dieſes Recht augenblicklich allen denjenigen ab- geſchnitten, die mit Bezug auf die Behandlung der Buren- republiken eine maßvolle und verſöhnliche Politik befürworten. Obwohl es die Pflicht der Polizei iſt, alle Verſammlungen gegen gewaliſame Unterbrechungen zu ſchützen, ſo hat ſie gerade den Meetings der Verſöhnungspartei nur ganz unzu- länglichen Schutz gewährt oder hat ſie ganz und gar der Mobherrſchaft preisgegeben. Das trat hier in London bei der in Exeter Hall abgehaltenen Verſammlung hervor, wo die Polizeibehörden erſt auf wiederholtes Drängen des Vor- ſitzenden eine Abtheilung von 50 Mann zuhülfe ſchickten, die gerade nur noch zur rechten Zeit erſchienen, um die bereits ſich flüchtenden Veranſtalter vor den Mißhandlungen eines wüthenden Haufens von Jingoes zu bewahren. Was übrigens an den Ruheſtörern ſelbſt als am bemerkenswertheſten be- zeichnet werden muß, iſt der Umſtand, daß ſie keineswegs ausſchließlich aus dem Janhagel, ſondern zum großen Theil aus Vertretern der ſogenannten beſſeren Klaſſen beſtanden. Aber als ſchlimmſtes Zeichen der Zeit muß es wohl betrachtet werden, daß am Tage vorher ein Jingo-Blatt an hervor- ragender Stelle auf die beabſichtigte Verſammlung aufmerkſam machte und ſich nicht entblödete, anzudeuten, daß die Ver- anſtalter „eine Lektion verdienten“. Die Folge davon war, daß das Meeting durch einen organiſirten Angriff geſprengt wurde. Den im Freien abgehaltenen Verſammlungen wird kein beſſeres Schickſal zutheil. Hören wir einmal, wie ein Jingo die gelegentlich eines Verſöhnungsmeetings im Hyde-Park vollbrachten Heldenthaten beſchreibt. Er meldet dem „Globe“: „Als ich mich heute Nachmittag mit einigen Freunden im Hyde-Park befand, ſtießen wir auf ein Meeting, das unter dem Vorſitz eines Burenfreundes von Exeter Hall abgehalten wurde, der Ihre Zeitung angriff, weil ſie zu gewaltſamer Verhinderung der Verſammlung in der Exeter Hall auf- gefordert hatte. Aber glücklicherweiſe kam er nicht lang zu Worte, denn wir umzingelten ihn und Hunderte von uns ſangen „Rule Britannia“ und „God save the Queen“. Er gerieth infolgedeſſen viel ärger in die Klemme als in Exeter Hall; er war ſogar nahe daran, in Stücke zerriſſen zu werden. Um ſein Leben zu retten, rannte er die Oxfordſtraße hinunter, aber ein Huſar faßte ihn beim Kragen und gab ihm den verdienten Lohn. Schließlich befreite ihn ein Poliziſt und führte ihn um ſeiner Sicherheit willen nach der Polizei- ſtation in Marylebone-Lane, während die Volksmenge nach- folgte und Nationallieder ſang. Als wir an der Polizei- ſtation angelangt waren, ſangen wir „God save the Queen“, und der Poliziſt, der den Mann führte, machte ſich das Vergnügen, dieſem Burenfreund den Hut vom Kopf zu nehmen, da er nicht „gentleman“ genug war, ihn während des Singens der Nationalhymne ſelbſt abzunehmen. Dann marſchirte die Menge, 1500 Mann ſtark, nach dem Hyde- Park zurück, in der Hoffnung, noch mehr Burenfreunde vor- zufinden, aber es waren keine mehr zu ſehen. Ich will noch bemerken, daß dieſer Burenfreund erklärte, er werde Proteſte an Ihre Zeitung ſchicken, aber wir ließen ihn nicht zum Schreiben kommen, und Sie werden ſie auch nicht erhalten, denn einer aus der Menge zerriß ſeine Papiere. Ihre Zeitung verdient großes Lob, daß ſie auf die Verſammlung in Exeter Hall aufmerkſam machte, ſo daß den Burenfreunden das Spiel verdorben wurde.“ Der Schreiber dieſer Epiſtel unterzeichnet ſich als ein „echter Engländer“. Man wird ſich kaum recht klar darüber, wovor man im Grunde den größeren Unwillen empfindet — ob vor der Roheit des ſo- genannten „echten“ Engländerthums oder vor der Scham- loſigkeit jenes Preßorgans, das das Lob, welches ihm für ſeine Aufforderung zu Gewaltthaten gegen Andersdenkende von dem „echten Engländer“ ertheilt wird, in ſeinen Spalten ſelbſt verkündet. Wie in der Hauptſtadt, ſo geht es in den Provinzſtädten, großen wie kleinen, her. Der Bürgermeiſter von Cam- bridge hatte einer Anzahl Studenten eine Geldſtrafe auferlegt, weil ſie am Tage der Befreiung von Ladyſmith die Laden von verſchiedenen Kaufläden abgeriſſen hatten, um ein Freudenfeuer aufleuchten zu laſſen. Seitdem iſt der Bürgermeiſter dieſer Univerſitätsſtadt beſtändiger Bedrohung ausgeſetzt und kann nur noch unter Polizeiſchutz ausgehen. Bei einem in Glasgow veranſtalteten Verſöhnungsmeeting nahm der Pöbel eine ſo drohende Haltung an, daß die Redner, nachdem die Verſammlung geſprengt war, ſich in die nächſte Polizeiſtation flüchten mußten. Viel ärger noch ging es bei einem Friedensmeeting in Edinburg her. Hier er- hoben die Jingoes von vornherein einen ſolchen Lärm, daß kein Redner zu Worte kommen konnte. Sie geberdeten ſich wie Wahnſinnige, erſtürmten ſchließlich das Podium und zer- ſchmetterten Stühle und Bänke auf den Köpfen der Veranſtalter der Verſammlung. Hr. Cronwright-Schreiner, der Bruder des Premierminiſters der Kapkolonie, der die Haupt- rede halten ſollte, erhielt außerhalb der Halle ſo heftige Schläge auf den Kopf, daß er ohnmächtig zu Boden fiel — und nur mit herkuliſchen Anſtrengungen konnte er von ſeinen Freunden wieder unter den Fußtritten ſeiner Gegner hervor- gezogen und vor dem Zutodetrampeln bewahrt werden. Ohne Hut und mit zerriſſenen Kleidern erreichte er unter den Drohungen des heulend nachfolgenden Pöbels ſein Hotel. Dort angekommen, wurde er ſofort vom Wirth aufgefordert, das Haus zu verlaſſen und wo anders Unterkunft zu ſuchen. Es gelang ihm, unbemerkt zu entkommen. Als der Pöbel entdeckte, daß ihm der gehaßte Friedensapoſtel entgangen war, zog er vor das Haus des Kaufmanns, der den Vorſitz bei dem Meeting geführt hatte, und zerſtörte, was ſich von außen zerſtören ließ. Die ſchlimmſten bisher ausgeübten Gewaltthaten fanden dieſer Tage in Scarborough ſtatt. Auch hier hatte die Südafrikaniſche Verſöhnungsliga ein Meeting veranſtaltet, bei dem wieder Hr. Cronwright-Schreiner reden ſollte. Vor dem Verſammlungslokal, Rowniree’s Café, hatte ſich eine in höchſter Aufregung befindliche Volksmenge aufgeſtellt, die ſehr bald die großen Glasſcheiben des Café zertrümmerte, in die Ver- ſammlung eindrang, das Lokal in Finſterniß verſetzte und verſchiedene der Hauptperſonen mißhandelte. Draußen ſtanden eine Anzahl angeſehener Bürger von Scarborough und drückten ihre Billigung aus. „Es geſchieht ihnen recht“, ſo hörte man ein Mitglied des Stadtraths ausrufen. Sobald die vandaliſirenden Pöbelmengen bemerkten, daß Cronwright-Schreiner und ſeine unmittelbaren Freunde ent- kommen waren, zogen ſie, nachdem ſie in dem Café der Rowntrees alles zerſchlagen hatten, nach dem Kolonialwaaren- geſchäft derſelben Firma und richteten hier Verwüſtung an. Damit noch nicht zufrieden, marſchirten ſie nach dem Tuch- waarengeſchäft und weiter noch nach den Privathäuſern der verſchiedenen Mitglieder der Familie Rowntree und ließen hier gleichfalls ihrer Vernichtungswuth freien Lauf. Die Polizei erwies ſich dem raſenden Mob gegenüber als völlig machtlos. Endlich — um 1 Uhr in der Frühe — erſchien der zweite Bürgermeiſter, der Polizeipräſident und der Stadt- ſchreiber mit 100 Soldaten unter der tobenden Menge, aber erſt als der Bürgermeiſter die Aufruhrakte hatte verleſen laſſen und gewaltſames Einſchreiten androhte, ließen die Ver- theidiger des „Rechts und der Freiheit in Südafrika“ von ihrem Zerſtörungswerk ab. Um 2 Uhr morgens war die Ruhe wiederhergeſtellt. Nun ſollte man vielleicht glauben, daß allermindeſtens die radikale Preſſe für das „unveräußerliche britiſche Recht der Redefreiheit“ eintreten und die von dem Mob im ganzen Land an dem Verſammlungsrecht geübte Vergewaltigung aufs ſtrengſte tadeln würde — aber darin irrt man ſich durchaus. Schon nach den in Edinburg verübten Gewaltthätigkeiten be- richtete das „Daily Chronicle“ mit Wohlgefallen, daß die Bevölkerung der ſchottiſchen Hauptſtadt Hrn. Schreiner eine „Lektion“ ertheilt habe. Und heute nun ſchreibt das radikale Preßorgan in Anknüpfung an die ſchmachvollen Vorgänge in Scarborough: „Es iſt erſt einige Tage her, ſeit wir Hrn. Cronwright-Schreiner den Rath gaben, von ſeinem thörichten Verſuch abzulaſſen, das engliſche Volk zur Sache der Buren zu be- kehren. Hr. Schreiner hat unſern Rath nicht befolgt und hat in- folgedeſſen zu einem ernſten Friedensbruch in Scarborough Ver- anlaſſung gegeben. (!) Wenn Hr. Schreiner ſich weigert, durch Erfahrung zu lernen, und darauf beſteht, gegen die faſt ein- ſtimmige Meinung unſres Volks anzurennen, ſo hat er ſich nur ſelbſt für die Folgen zu danken. Geſtern ward er ſchmählich gezwungen, ſich durch eine Seitenſtraße aus Scar- borough zu flüchten; und wir hoffen wenigſtens, daß dieſer würdeloſe Abgang ihm für die Zukunft zur Lehre dient und daß er aufhören wird, weitere Störungen der öffentlichen Ruhe hervorzurufen.“ Das „Daily Chronicle“ hat offenbar ein ſehr kurzes Gedächtniß, oder, beſſer geſagt, es paßt ihm — und dem engliſchen Volke — nicht, ſich an das Vergangene zu erinnern. Diejenigen, die die Friedensmeetings gewaltſam ſprengen und den Befürwortern einer gerechten Behandlung der Buren die Köpfe einſchlagen, brüſten ſich damit, daß ſie als wahre Patrioten handeln. Aber die Klopffechter-Patrioten vergeſſen, daß einer der Gründe, warum England die ſüd- afrikaniſchen Republiken mit Krieg bedrohte, der war, daß die Buren — angeblich — den Uitlanders von Johannesburg nicht geſtatten wollten, öffentliche Verſammlungen abzuhalten, die Verwaltung von Pretoria zu kritiſiren und ihre Be- ſchwerden in beſtimmten Reſolutionen auszudrücken. Es zeugt von einer völligen Entartung der ſittlichen und politiſchen Begriffe, daß die Jingoes, die ſich als die Vorkämpfer für die Rechte der Uitlanders ausgeben, genau die Gewaltmittel anwenden, deren ſie den Präſidenten Krüger fälſchlich an- klagten, und daß ſie nicht vor Blutvergießen und Eigenthums- zerſtörung zurückſchrecken, um ihre eigenen engliſchen Mit- bürger an der Ausübung des Verſammlungsrechts und der Redefreiheit zu hindern. Ein Kanonikus von Durham hatte anzudeuten gewagt, daß in dem zu Exzeſſen geneigten Patriolismus der Menge das „alkoholiſche Element“ eine Rolle ſpielte. Darin lag gewiſſermaßen eine Entſchuldigung für das gewaltthätige Benehmen des Mobs. Aber ein Richter des höchſten Gerichtshofs und der Lord-Kanzler ſelbſt fielen ſofort mit ſcharfem Verweis über den geiſtlichen Herrn her, weil er es gewagt hatte, zu bezweifeln, daß das engliſche Volk von etwas anderem als dem „reinſten“ Patriotismus beſeelt ſein könne. Wir können es dem Kanonikus und dem Lord-Kanzler überlaſſen, ſich über das „alkoholiſche Element“ im neuzeitigen engliſchen Patriotismus auseinanderzuſetzen. Für uns iſt es jedenfalls klar, daß die Redefreiheit in England nur noch ſoweit beſteht, als ſie der Volksleidenſchaft paßt und der ge- meinen Menge ſchmeichelt. Oeſterreich-Ungarn. Anfang vom Ende des Kohlenarbeiterſtrikes. * Die Abwiegelungsaktion der Strikeführer, die Kampfes- müdigkeit auf beiden Seiten und gewiß nicht in letzter Linie die zunehmende Noth der Arbeiter bei gänzlicher Leere der Strikekaſſen haben endlich eine Wendung in dem über zwei Monate andauernden Kohlenarbeiterſtrike herbeigeführt. Das Abwiegeln ging nicht ſo leicht und wäre vielleicht jetzt noch gar nicht gelungen, wenn nicht eben die anderen erwähnten Momente beſtimmend auf die Arbeiter gewirkt hätten. Dem Strikekomitee in Mähriſch-Oſtrau machte man zum Vor- wurfe, daß die Konzeſſionen, welche heute erbeten werden müſſen, vom Teſchener Einigungsamt ſchon vor fünf Wochen freiwillig zugeſtanden worden ſeien und daß die Fortſetzung des Kampfes bis jetzt bei ſolchem Ergebniß eigentlich zwecklos geweſen ſei. Das iſt jedoch nicht ganz richtig, denn bei früherer Beilegung des Strikes wäre die parlamentariſche Aktion zugunſten der Verkürzung der Arbeitszeit im Bergbau gewiß bis heute nicht ſo weit gediehen, als es der Fall iſt. Der mehrerwähnte Beſchluß des ſozialpolitiſchen Ausſchuſſes des Abgeordnetenhauſes betreffend den Neun- ſtundentag iſt es nun, worauf ſich die Strikeführer haupt- ſächlich beriefen, um die Arbeiter umzuſtimmen. Zugleich wurde geltend gemacht, daß eine Fortſetzung des Strikes auf die parlamentariſche Aktion keinen Einfluß mehr üben könnte, da ſich der Reichsrath bekanntlich auf zwei Monate vertagt hat. Man ſchlug alſo den Arbeitern vor, die Wieder- aufnahme der Arbeit anzubieten unter der Voraus- ſetzung, daß alle Entlaſſungen aus der Arbeit widerrufen würden und daß die Gewerke bei ihren früheren Zuſagen betreffs Lohnerhöhung u. ſ. w. verharrten So etwa wird der Hergang aus Mähriſch-Oſtrau und Teplitz berichtet, und er wird an anderen Orten ähnlich geweſen ſein. Aus Oſtrau liegt auch bereits die Antwort der Gewerke auf das Arbeitsanerbieten vor. Sie lehnten in ihrer geſtrigen Verſammlung einen Generalpardon ab, ſagten jedoch ihren bisherigen Arbeitern, welche die Arbeit wieder aufnehmen, zu, daß ſie die vor dem Teſchener Einigungsamt gemachten Zugeſtändniſſe beir. Lohnerhöhung und Auszahlung, ſowie beir. das Gedingeweſen, aufrecht erhalten würden. Da die Arbeiter ſich damit einverſtanden erklärten, kann der Aus- ſtand im Oſtrau-Revier mit dem heutigen Tag als beendet gelten. Dieſes Revier fällt aber am meiſten ins Gewicht, da hier Mitte voriger Woche noch etwa 21,000 Mann ſtrikten. Aus den böhmiſchen Revieren fehlen zur Stunde noch detaillirte Nachrichten über die Antworten der Gewerke, doch wird aus Prag vom Heutigen (Montag) telegraphirt, daß in einigen böhmiſchen Gebieten nahezu voll- zählig gearbeitet wird, in den andern die Lage unverändert iſt. In Troppau ſei die Situation jedoch ungeklärt, da die Antwort der Gewerke auf den verlangten Generalpardon noch nicht eingetroffen iſt. In Karbitz bei Auſſig kam es am Freitag noch einmal zu ernſteren demon- ſtrativen Auftritten, ſonſt ſcheinen die in den letzten Tagen allerorten abgehaltenen Maſſenverſammlungen in Ruhe ver- laufen zu ſein. Deutſche Obmännerkonferenz. * Wien, 18. März. Anläßlich der Vertagung des Reichsraths beſchloß die Obmännerkonferenz der deut- ſchen Parteien der Linken einſtimmig, nöthigenfalls auch während der Pauſe der Reichsrathsverhandlungen zur Wah- rung der nationalpolitiſchen Intereſſen und der deutſchen Ge- meinbürgſchaft in Wien zuſammenzutreten. Zur Wiedervermählung der Kronprinzeſſin-Wittwe Stephanie. * Die geſtrige „Wiener Zeitung“ meldete: „Die Kron- prinzeſſin-Wittwe Stephanie hat ſich, nachdem ſie die Zu- ſtimmung und Einwilligung des Kaiſers als Allerhöchſten Familienoberhaupts eingeholt und erhalten hat, mit dem Grafen Elemer Lonyay von Nagy-Lonya und Vaſaros- Nameny, k. und k. Kämmerer und Legationsrath a. D., verlobt.“ Das iſt die erſte offizielle Verlautbarung zu der bevorſtehenden Vermählung, von der zugleich mitgetheilt wird, daß ſie „in den nächſten Tagen“ ſtattfinden werde. Während die Kronprinzeſſin-Wittwe bekanntlich ſchon ſeit längeren Tagen mit ihrer Tochter, Erzherzogin Eliſabeth, in Miramar, wo die Hochzeit vor ſich gehen ſoll, weilt, traten in den letzten Tagen noch mannichfache Verzögerungsgründe auf, insbeſondere die Erkrankung des nunmehr in Görz weilenden Bräutigams an Influenza. Doch ſoll der Graf bereits wieder leidlich hergeſtellt ſein und ſeine Abreiſe nach Miramar wird jeden Tag erwartet. Inzwiſchen ſteht in Trieſt ein Salonwagen bereit, in dem die Erzherzogin Eliſabeth die Reiſe nach Gries antreten wird, bevor Graf Lonyay in Miramar eintrifft. Die mit dem Verehelichungs- alt verknüpften Formalitäten dürften jetzt völlig erledigt ſein. Nach dem ungariſchen Geſetz über die Zivilehe müſſen im Aus- lande abzuſchließende Ehen ungariſcher Staatsbürger auch in Ungarn aufgeboten werden, von dem Aufgebot kann allerdings die Verwaltungsbehörde dispenſiren, und dieſelbe hat im Falle des Grafen Lonyay von dieſer Befugniß Gebrauch gemacht. Die Kronprinzeſſin-Wittwe ihrerſeits verzichtet auf alle mit ihrer bisherigen Zugehörigkeit zum öſterreichiſchen Kaiſer- haus zuſammenhängenden Rechte. Eine Renunziation hat, wie die „N. Fr. Pr.“ mittheilt, aus dem Grunde nicht ſtatt- gefunden, weil die Kronprinzeſſin-Wittwe kein erbberechtigtes Mitglied des Kaiſerhauſes war und die ſtaatsrechtliche Be- deutung der Nenunziation eben in dem Verzicht auf die Erbberechtigung beſteht. Sie führte den Titel einer Erz- herzogin von Oeſterreich als angeheirathetes Mitglied des Kaiſerhauſes und verliert durch ihre Vermählung mit dem Grafen Lonyay dieſe Eigenſchaft, den Titel einer Erzherzogin, ſowie das Recht auf die Anrede einer kaiſerlichen und könig- lichen Hoheit. Ob ihr die Eigenſchaft einer Prinzeſſin des belgiſchen Königshauſes und das Recht auf den Titel königliche Hoheit gewahrt bleibt — man vermuthet, der Kaiſer habe ſich in dieſem Sinn beim König der Belgier verwendet — erſcheint noch nicht ganz klargeſtellt. Ueber die Auffaſſung und Haltung des Kaiſers ſchreibt das den Hofkreiſen naheſtehende „Fremdenblatt“: „Unſer Kaiſer, geſtählt, aber nicht verhärtet in der Schule ſchwerſter Erfahrungen, hat ſich den offenen Sinn gewahrt für alles Fühlen und Empfinden, und ſo finden wir ihn bereit, mit väterlicher Güte und Würde, wenn auch gewiß mit düſteren Er- innerungen belaſtet, der geweſenen Gemahlin des einzigen Sohnes die Wege zu ebnen, damit ſie ſich das Glück gründen könne, auf das ſie hofft. Nachdem Se. Majeſtät ſich mit dieſer Wendung befreundet hatte, kommt ſein ganzes vornehmes Weſen an den Tag in der Haltung, die er der zukünftigen Gräfin Lonyay gegenüber beobachtet. Nicht nur materiell bleibt der Kaiſer ihr eine Stütze, er umgibt ſie auch nach wie vor mit Be- weiſen von Fürſorge und Neigung.“ Die jugendliche Erzherzogin Eliſabeth dürfte in Zu- kunft der beſonderen Obhut des Monarchen unterſtehen. Elf Jahre ſind vergangen, ſeitdem Erzherzogin Stephanie, nach der traurigen Kataſtrophe von Meyerling, den Wittwen- ſchleier anlegte. Im Mai 1881 war ſie als 17jährige Braut des Kronprinzen Rudolf in Wien eingezogen. Welcher Grad von Selbſtbeſcheidung bei der hohen Frau dazu gehörte, den glanzvollen Namen und Rang einer öſterreichiſchen Erz- herzogin mit der Stellung als Gattin eines magyariſchen Grafen zu vertauſchen, iſt leicht zu ermeſſen, ebenſo, welcher Entſchlußfeſtigkeit es bedurfte, um alle äußeren Schwierig- keiten zu überwinden, die ſich der Ausführung ihres neuen Eheplans in den Weg ſtellten. Wo ſie den Grafen Lonyay zuerſt kennen gelernt hat, iſt bisher der Oeffentlichkeit nicht ſicher bekannt geworden; nach einer Lesart geſchah es in London, wo der Graf Botſchaftsattaché war, nach anderer bei einer Vorſtellung in Laxenburg. Graf Elemer Lonyay gehört einem alten ungariſchen Adelsgeſchlecht an, in den Grafenſtand iſt er jedoch erſt im Jahre 1896 erhoben worden, nachdem ſein Oheim, der ehemalige ungariſche Miniſterpräſident Melchior v. Lonyay, den Grafentitel bereits 1876 erhalten hatte. Graf Elemer Lonyay, der jetzt im 36. Lebensjahre ſteht, hat bisher wenig in Ungarn, meiſt im Ausland gelebt; er war von Haus aus Proteſtant, iſt aber vor einiger Zeit, um eben eine der Schwierigkeiten, die ſeiner Vermählung entgegenſtanden, zu beſeitigen, zum Katholizismus

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-02-11T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 77, 20. März 1900, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine77_1900/9>, abgerufen am 23.11.2024.