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Allgemeine Zeitung, Nr. 75, 15. März 1848.

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[Spaltenumbruch] sächliche äußere Aufregung ist, durch die Nichtbeantwortung jener eben
genannten Fragen gerechtfertigt, noch immer so bedeutend daß jene bei-
den Proclamationen der Regierung vom gestrigen Tage keinen Augen-
blick die Jdee an massenhafte Deputationen unterbrochen haben, welche
nicht nur von Leipzig sondern gleichzeitig auch von fast allen andern
Städten Sachsens mit den oben etwähnten Forderungen künftigen Sonn-
tag nach Dresden gehen sollen. Bereits sind die Vorbereitungen dazu
in vollem Gang. Gleichzeitig organistrt sich hier, wie anderwärts, die
Volksbewaffnung unter dem Namen von Reservecompagnien der Com-
munalgarde, und unter der Leitung des Communalgardencommandan-
ten. Sehr reiche Beisteuern an Waffen, wie an Geldsummen zum An-
kauf von Waffen für die Unbemittelten fließen auf dem Ausschußlocal
der Communalgarde zusammen. Formirt sind hier in Leipzig bereits
14 bis 15 Compagnien dieser Reservegarde zu je 50 Mann. Jn Sach-
sen ist eine petition monstre der Bauern in Umlauf, welche neben den
allgemeinen politischen auch noch besondere bäuerliche Anforderungen
stellt. Die Stadt Leipzig empfängt von allen Seiten her immer neue
Zustimmungsadressen für ihre Handlungsweise. Endlich füge ich noch
bei daß in der vorgestrigen außerordentlichen Versammlung des hiesigen
Schriftstellervereins eine Denkschrift "über die Erforderniß eines Preß-
gesetzes mit Schwurgericht
" vorgetragen und angenommen wurde.
Diese Denkschrift soll dem Ministerium des Jnnern und den Ständen
ungesäumt vorgelegt werden, um bei dem Entwurf und der ständischen
Berathung des Preßgesetzes die Ueberzeugungen der Schriftsteller den
Gesetzesverfassern und den Ständen zu verkünden. Außerdem wurde
beschlossen dieselbe gleichzeitig auch durch alle erreichbaren Organe zu ver-
öffentlichen, und so wird sie in den nächsten Tagen auch Jhnen zukommen.
-- Jn Dresden hat der Stadtrath vorgestern bekannt gemacht, er sey
bereit die Regierung um genaue Prüfung aller städtischen Rechnungen
zu ersuchen, und wolle deßhalb die Zustimmung der Stadtverordneten
beantragen. Gestern hat dort der Stadtrath bekannt gemacht, er theile
die (von ihm aufgezählten) Wünsche der Dresdener nach verfassungsmä-
ßigem Fortschritt, und wolle sie an die Ständeversammlung in Form
der Petition bevorwortet gelangen lassen.



Breslau.

Die Emeute vom vorigen Montag hat
einen ernsteren Charakter gehabt als es im ersten Augenblick schien: aus
spätern Ergebnissen leuchtet hervor daß sie nicht das Werk des Zufalls,
sondern der Berechnung war. Am gedachten Tag haben sich Emissäre
in verschiedenen Fabriken und öffentlichen Werkstätten sehen lassen, und
die Arbeiter zur Theilnahme zu bereden gesucht. An einigen Orten ha-
ben sie aber so wenig Gehör gesunden daß die Arbeiter sich sogar frei-
willig den Fabrikherren zu Wächtern und Vertheidigern angeboten ha-
ben. Am selben Abend versuchte es auch ein Haufe der Meuterer das
Zeughaus zu überrumpeln, allein eine außerordentlich starke Militär-
macht schreckte sie von diesem Vorhaben zurück. Die Verwundungen
welche durch das an mehreren Orten erfolgte Einhauen der Cuirassiere
herbeigeführt wurden, haben leider eine Menge Personen betroffen die
mit der Emeute in keinem Zusammenhange standen. So habe ich selbst
einen Russen gesehen und gesprochen der sich am Montag Abends um
10 Uhr ruhig von einem Besuch in sein Hotel begab, und von einem Cui-
rassier stark am Kopfe verwundet wurde; der ganze vordere Theil seines
Oberkleides war mit Blut übergossen. Er hat bereits Beschwerde bei
dem commandirenden General geführt und gedenkt die Sache noch wei-
ter zu verfolgen. Während des vorgestrigen (Fastnacht) und gestrigen
Tags herrschte eine solche Stille und Oede in unserer Stadt wie früher
noch nie dagewesen; diese stille, drückende Schwüle lastet auf uns mehr
als der Tumult am Montag, denn sie läßt Aergeres befürchten. Ge-
stern fand sogar keine Theatervorstellung statt, die Polizeibehörde hatte
die Aufführung der Oper "Wilhem Tell" untersagt. Wie gemeldet hatte
die Stadtverordnetenversammlung am Montag, welche bekanntlich auf
so tumultuarische Weise endigte, beschlossen: durch eine Deputation eine
Jmmediatvorstellung an Se. Maj. den König gelangen zu lassen, in
welcher um sofortige Einberufung des Vereinigten Landtags und um
Preßfreiheit gebeten werden sollte. Gestern ist dieser Beschluß in einer
geheimen Conferenz der Stadtverordneten und des Magistrats dahin
abgeändert worden: daß eine Deputation, an deren Spitze der Ober-
bürgermeister Pinder steht, nach Berlin abgehen soll um mündlich Sr.
Maj. die Wünsche des Volks in vollem Umfang vorzulegen. Wie die
hiesigen Zeitungen melden ist in Oberschlesien eine schreckende Gräuel-
[Spaltenumbruch] that verübt worden. Die greise Fürstin Sulkowska wurde nämlich am
3 d. M. in ihrem Schlafgemach während des Entkleidens meuchlings
gemordet. Der unentdeckte Verbrecher schoß mit einem Gewehre, in wel-
ches zwei Kugeln geladen waren, von außen durch das Doppelfenster
und verwundete die unglückliche Fürstin tödtlich am Halse, so daß sie
zwei Stunden darauf starb.



Hamburg.

Der Senat unserer Stadt hat heute
nachstehende Bekanntmachung erlassen:

Da die außerordentlichen Maß-
regeln, welche durch die beklagenswerthen am Abend des 3 März statt-
gefundenen und seitdem gottlob nicht wiedergekehrten Excesse veranlaßt
worden sind, jetzt größtentheils wieder aufgehoben werden können, und
namentlich auch die Verfügungen des am 4 d. M. erlassenen Senats-
Mandates, wie hiedurch geschieht, nunmehr zurückgenommen werden,
fühlt sich Ein Hochedler Rath gedrungen der bewaffneten Macht, insbeson-
dere den Mitgliedern des Bürgermilitärs, in seinem und aller Bürger
Namen auf das herzlichste Dank zu sagen für die Thätigkeit und die
patriotische Aufopferung der wir die so schnelle Wiederherstellung der
Ordnung schuldig sind. Zu keiner Zeit hat Ein Hochedl. Rath eine solche
Danksagung mit größerer Wärme aussprechen können als unter Zeit-
ereignissen unter welchen an so vielen Orten die öffentliche Ruhe auf
eine bedenkliche Weise gestört worden ist, und eine allgemeine Aufre-
gung sich der Gemüther bemächtigt hat. Hamburgs Bürger haben von
neuem bewiesen daß auf sie zu rechnen ist, wenn es gilt die Sicherheit
der Stadt und das Eigenthum der Privaten gegen frevelhafte Angriffe
zu schützen. Männer der verschiedenartigsten Ansichten haben mit gleich
loyaler Gesinnung sich beeilt den Unordnungen entgegenzutreten, und
Ein Hochedl. Rath hat das erfreuliche Gefühl gehabt die Wohlthaten der-
jenigen Einrichtung welche so lange bei uns besteht, während sie in so
vielen andern Ländern erst jetzt erstrebt wird, einer volksthümlichen
Bürgerbewaffnung, welche die gesetzliche Ordnung schützt und bewacht,
bei uns von neuem sich so kräftig bewähren zu sehen. Die Haltung des
Bürgermilitärs und aller übrigen Bürger, von denen viele sich frei-
willig mit in die Reihen gestellt und zu ferneren freiwilligen Diensten,
falls die Noth es verlangen sollte, erboten haben, gibt Einem Hochedlen
Rath und mit ihm der ganzen Einwohnerschaft das beruhigende Ver-
trauen daß, wie auch immer die Zukunft sich gestalten möge, Hamburgs
freie Bürger wohl jeden sich gesetzlich entwickelnden Fortschritt mit
Freuden begrüßen, aber jedes unwürdige Mittel zu solchen Zwecken mit
Unwillen zurückweisen werden. Gegeben in unserer Rathsversammlung.
Hamburg den 8 März 1848.

Zugleich ist vom Senat eine Versamm-
lung: "Erbgesessener Bürgerschaft" auf den 13 d. M. angesetzt, um zu
berathen über den am heutigen Tage veröffentlichten "Antrag Eines
Ehrbaren Rathes, betreffend den Vorschlag zu einer Rath- und Bür-
gerdeputation zur Begutachtung der Frage welche Reformen in unseren
Staatseinrichtungen erforderlich seyen, sowie zur Entwerfung eines
Preßgesetzes." Die Propositio in sorma lautet:

"Ein hochedler Rath
trägt bei Erbgesessener Bürgerschaft auf die Niedersetzung einer Rath-
und Bürgerdeputation an zur Begutachtung der Frage inwiefern unsere
Staatseinrichtungen einer Reform bedürfen, und zur Entwerfung von
Vorschlägen wie diese Reformen einzurichten und in Ausführung zu
bringen sind, auch insbesondere zur Entwerfung eines Preßgesetzes, in
welchem namentlich auf die Anordnung eines eigenen Preßgerichts und
des von demselben zu beobachtenden Verfahrens Bedacht zu nehmen ist.
Jndem Ein Hochedl. Rath sich zur näheren Begründung dieser Anträge
auf die Anlage Nr. 1 bezieht, ersucht er Erbgesessene Bürgerschaft zu
obigem Behuf fünfzehn Bürger, und zwar drei aus und in jedem Kirch-
spiel zu erwählen, und er wird sodann fünf Mitglieder in vel de Se-
natu
benennen, um mit selbigen zu der gedachten Rath- und Bürger-
deputation zusammenzutreten. Diese hat den Entwurf des Preßgesetzes
binnen vier Wochen, das Ergebniß ihrer übrigen Berathungen inner-
halb sechs Monaten zu übergeben und durch den Druck bekannt zu ma-
chen, worauf Ein Hochedl. Rath nach dem Eingang einer jeden dieser
beiden Vorlagen die weiteren verfassungsmäßigen Berathungen unver-
züglich einleiten wird."

Jn der angezogenen Anlage bemerkt zunächst
der Senat, wie er stets sich habe angelegen seyn lassen die von der Zeit
geforderten Reformen der vor fast anderthalb Jahrhunderten durch ge-
meinsame Vereinbarung festgestellten Verfassung einzuleiten und durchzu-
führen. Jn Uebereinstimmung hiermit habe er denn auch die verschie-
dentlich und noch in neuerer Zeit von einer großen Anzahl hiesiger

[Spaltenumbruch] ſächliche äußere Aufregung iſt, durch die Nichtbeantwortung jener eben
genannten Fragen gerechtfertigt, noch immer ſo bedeutend daß jene bei-
den Proclamationen der Regierung vom geſtrigen Tage keinen Augen-
blick die Jdee an maſſenhafte Deputationen unterbrochen haben, welche
nicht nur von Leipzig ſondern gleichzeitig auch von faſt allen andern
Städten Sachſens mit den oben etwähnten Forderungen künftigen Sonn-
tag nach Dresden gehen ſollen. Bereits ſind die Vorbereitungen dazu
in vollem Gang. Gleichzeitig organiſtrt ſich hier, wie anderwärts, die
Volksbewaffnung unter dem Namen von Reſervecompagnien der Com-
munalgarde, und unter der Leitung des Communalgardencommandan-
ten. Sehr reiche Beiſteuern an Waffen, wie an Geldſummen zum An-
kauf von Waffen für die Unbemittelten fließen auf dem Ausſchußlocal
der Communalgarde zuſammen. Formirt ſind hier in Leipzig bereits
14 bis 15 Compagnien dieſer Reſervegarde zu je 50 Mann. Jn Sach-
ſen iſt eine petition monstre der Bauern in Umlauf, welche neben den
allgemeinen politiſchen auch noch beſondere bäuerliche Anforderungen
ſtellt. Die Stadt Leipzig empfängt von allen Seiten her immer neue
Zuſtimmungsadreſſen für ihre Handlungsweiſe. Endlich füge ich noch
bei daß in der vorgeſtrigen außerordentlichen Verſammlung des hieſigen
Schriftſtellervereins eine Denkſchrift „über die Erforderniß eines Preß-
geſetzes mit Schwurgericht
“ vorgetragen und angenommen wurde.
Dieſe Denkſchrift ſoll dem Miniſterium des Jnnern und den Ständen
ungeſäumt vorgelegt werden, um bei dem Entwurf und der ſtändiſchen
Berathung des Preßgeſetzes die Ueberzeugungen der Schriftſteller den
Geſetzesverfaſſern und den Ständen zu verkünden. Außerdem wurde
beſchloſſen dieſelbe gleichzeitig auch durch alle erreichbaren Organe zu ver-
öffentlichen, und ſo wird ſie in den nächſten Tagen auch Jhnen zukommen.
— Jn Dresden hat der Stadtrath vorgeſtern bekannt gemacht, er ſey
bereit die Regierung um genaue Prüfung aller ſtädtiſchen Rechnungen
zu erſuchen, und wolle deßhalb die Zuſtimmung der Stadtverordneten
beantragen. Geſtern hat dort der Stadtrath bekannt gemacht, er theile
die (von ihm aufgezählten) Wünſche der Dresdener nach verfaſſungsmä-
ßigem Fortſchritt, und wolle ſie an die Ständeverſammlung in Form
der Petition bevorwortet gelangen laſſen.



Breslau.

Die Emeute vom vorigen Montag hat
einen ernſteren Charakter gehabt als es im erſten Augenblick ſchien: aus
ſpätern Ergebniſſen leuchtet hervor daß ſie nicht das Werk des Zufalls,
ſondern der Berechnung war. Am gedachten Tag haben ſich Emiſſäre
in verſchiedenen Fabriken und öffentlichen Werkſtätten ſehen laſſen, und
die Arbeiter zur Theilnahme zu bereden geſucht. An einigen Orten ha-
ben ſie aber ſo wenig Gehör geſunden daß die Arbeiter ſich ſogar frei-
willig den Fabrikherren zu Wächtern und Vertheidigern angeboten ha-
ben. Am ſelben Abend verſuchte es auch ein Haufe der Meuterer das
Zeughaus zu überrumpeln, allein eine außerordentlich ſtarke Militär-
macht ſchreckte ſie von dieſem Vorhaben zurück. Die Verwundungen
welche durch das an mehreren Orten erfolgte Einhauen der Cuiraſſiere
herbeigeführt wurden, haben leider eine Menge Perſonen betroffen die
mit der Emeute in keinem Zuſammenhange ſtanden. So habe ich ſelbſt
einen Ruſſen geſehen und geſprochen der ſich am Montag Abends um
10 Uhr ruhig von einem Beſuch in ſein Hotel begab, und von einem Cui-
raſſier ſtark am Kopfe verwundet wurde; der ganze vordere Theil ſeines
Oberkleides war mit Blut übergoſſen. Er hat bereits Beſchwerde bei
dem commandirenden General geführt und gedenkt die Sache noch wei-
ter zu verfolgen. Während des vorgeſtrigen (Faſtnacht) und geſtrigen
Tags herrſchte eine ſolche Stille und Oede in unſerer Stadt wie früher
noch nie dageweſen; dieſe ſtille, drückende Schwüle laſtet auf uns mehr
als der Tumult am Montag, denn ſie läßt Aergeres befürchten. Ge-
ſtern fand ſogar keine Theatervorſtellung ſtatt, die Polizeibehörde hatte
die Aufführung der Oper „Wilhem Tell“ unterſagt. Wie gemeldet hatte
die Stadtverordnetenverſammlung am Montag, welche bekanntlich auf
ſo tumultuariſche Weiſe endigte, beſchloſſen: durch eine Deputation eine
Jmmediatvorſtellung an Se. Maj. den König gelangen zu laſſen, in
welcher um ſofortige Einberufung des Vereinigten Landtags und um
Preßfreiheit gebeten werden ſollte. Geſtern iſt dieſer Beſchluß in einer
geheimen Conferenz der Stadtverordneten und des Magiſtrats dahin
abgeändert worden: daß eine Deputation, an deren Spitze der Ober-
bürgermeiſter Pinder ſteht, nach Berlin abgehen ſoll um mündlich Sr.
Maj. die Wünſche des Volks in vollem Umfang vorzulegen. Wie die
hieſigen Zeitungen melden iſt in Oberſchleſien eine ſchreckende Gräuel-
[Spaltenumbruch] that verübt worden. Die greiſe Fürſtin Sulkowska wurde nämlich am
3 d. M. in ihrem Schlafgemach während des Entkleidens meuchlings
gemordet. Der unentdeckte Verbrecher ſchoß mit einem Gewehre, in wel-
ches zwei Kugeln geladen waren, von außen durch das Doppelfenſter
und verwundete die unglückliche Fürſtin tödtlich am Halſe, ſo daß ſie
zwei Stunden darauf ſtarb.



Hamburg.

Der Senat unſerer Stadt hat heute
nachſtehende Bekanntmachung erlaſſen:

Da die außerordentlichen Maß-
regeln, welche durch die beklagenswerthen am Abend des 3 März ſtatt-
gefundenen und ſeitdem gottlob nicht wiedergekehrten Exceſſe veranlaßt
worden ſind, jetzt größtentheils wieder aufgehoben werden können, und
namentlich auch die Verfügungen des am 4 d. M. erlaſſenen Senats-
Mandates, wie hiedurch geſchieht, nunmehr zurückgenommen werden,
fühlt ſich Ein Hochedler Rath gedrungen der bewaffneten Macht, insbeſon-
dere den Mitgliedern des Bürgermilitärs, in ſeinem und aller Bürger
Namen auf das herzlichſte Dank zu ſagen für die Thätigkeit und die
patriotiſche Aufopferung der wir die ſo ſchnelle Wiederherſtellung der
Ordnung ſchuldig ſind. Zu keiner Zeit hat Ein Hochedl. Rath eine ſolche
Dankſagung mit größerer Wärme ausſprechen können als unter Zeit-
ereigniſſen unter welchen an ſo vielen Orten die öffentliche Ruhe auf
eine bedenkliche Weiſe geſtört worden iſt, und eine allgemeine Aufre-
gung ſich der Gemüther bemächtigt hat. Hamburgs Bürger haben von
neuem bewieſen daß auf ſie zu rechnen iſt, wenn es gilt die Sicherheit
der Stadt und das Eigenthum der Privaten gegen frevelhafte Angriffe
zu ſchützen. Männer der verſchiedenartigſten Anſichten haben mit gleich
loyaler Geſinnung ſich beeilt den Unordnungen entgegenzutreten, und
Ein Hochedl. Rath hat das erfreuliche Gefühl gehabt die Wohlthaten der-
jenigen Einrichtung welche ſo lange bei uns beſteht, während ſie in ſo
vielen andern Ländern erſt jetzt erſtrebt wird, einer volksthümlichen
Bürgerbewaffnung, welche die geſetzliche Ordnung ſchützt und bewacht,
bei uns von neuem ſich ſo kräftig bewähren zu ſehen. Die Haltung des
Bürgermilitärs und aller übrigen Bürger, von denen viele ſich frei-
willig mit in die Reihen geſtellt und zu ferneren freiwilligen Dienſten,
falls die Noth es verlangen ſollte, erboten haben, gibt Einem Hochedlen
Rath und mit ihm der ganzen Einwohnerſchaft das beruhigende Ver-
trauen daß, wie auch immer die Zukunft ſich geſtalten möge, Hamburgs
freie Bürger wohl jeden ſich geſetzlich entwickelnden Fortſchritt mit
Freuden begrüßen, aber jedes unwürdige Mittel zu ſolchen Zwecken mit
Unwillen zurückweiſen werden. Gegeben in unſerer Rathsverſammlung.
Hamburg den 8 März 1848.

Zugleich iſt vom Senat eine Verſamm-
lung: „Erbgeſeſſener Bürgerſchaft“ auf den 13 d. M. angeſetzt, um zu
berathen über den am heutigen Tage veröffentlichten „Antrag Eines
Ehrbaren Rathes, betreffend den Vorſchlag zu einer Rath- und Bür-
gerdeputation zur Begutachtung der Frage welche Reformen in unſeren
Staatseinrichtungen erforderlich ſeyen, ſowie zur Entwerfung eines
Preßgeſetzes.“ Die Propositio in ſorma lautet:

„Ein hochedler Rath
trägt bei Erbgeſeſſener Bürgerſchaft auf die Niederſetzung einer Rath-
und Bürgerdeputation an zur Begutachtung der Frage inwiefern unſere
Staatseinrichtungen einer Reform bedürfen, und zur Entwerfung von
Vorſchlägen wie dieſe Reformen einzurichten und in Ausführung zu
bringen ſind, auch insbeſondere zur Entwerfung eines Preßgeſetzes, in
welchem namentlich auf die Anordnung eines eigenen Preßgerichts und
des von demſelben zu beobachtenden Verfahrens Bedacht zu nehmen iſt.
Jndem Ein Hochedl. Rath ſich zur näheren Begründung dieſer Anträge
auf die Anlage Nr. 1 bezieht, erſucht er Erbgeſeſſene Bürgerſchaft zu
obigem Behuf fünfzehn Bürger, und zwar drei aus und in jedem Kirch-
ſpiel zu erwählen, und er wird ſodann fünf Mitglieder in vel de Se-
natu
benennen, um mit ſelbigen zu der gedachten Rath- und Bürger-
deputation zuſammenzutreten. Dieſe hat den Entwurf des Preßgeſetzes
binnen vier Wochen, das Ergebniß ihrer übrigen Berathungen inner-
halb ſechs Monaten zu übergeben und durch den Druck bekannt zu ma-
chen, worauf Ein Hochedl. Rath nach dem Eingang einer jeden dieſer
beiden Vorlagen die weiteren verfaſſungsmäßigen Berathungen unver-
züglich einleiten wird.“

Jn der angezogenen Anlage bemerkt zunächſt
der Senat, wie er ſtets ſich habe angelegen ſeyn laſſen die von der Zeit
geforderten Reformen der vor faſt anderthalb Jahrhunderten durch ge-
meinſame Vereinbarung feſtgeſtellten Verfaſſung einzuleiten und durchzu-
führen. Jn Uebereinſtimmung hiermit habe er denn auch die verſchie-
dentlich und noch in neuerer Zeit von einer großen Anzahl hieſiger

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[1196/0012] ſächliche äußere Aufregung iſt, durch die Nichtbeantwortung jener eben genannten Fragen gerechtfertigt, noch immer ſo bedeutend daß jene bei- den Proclamationen der Regierung vom geſtrigen Tage keinen Augen- blick die Jdee an maſſenhafte Deputationen unterbrochen haben, welche nicht nur von Leipzig ſondern gleichzeitig auch von faſt allen andern Städten Sachſens mit den oben etwähnten Forderungen künftigen Sonn- tag nach Dresden gehen ſollen. Bereits ſind die Vorbereitungen dazu in vollem Gang. Gleichzeitig organiſtrt ſich hier, wie anderwärts, die Volksbewaffnung unter dem Namen von Reſervecompagnien der Com- munalgarde, und unter der Leitung des Communalgardencommandan- ten. Sehr reiche Beiſteuern an Waffen, wie an Geldſummen zum An- kauf von Waffen für die Unbemittelten fließen auf dem Ausſchußlocal der Communalgarde zuſammen. Formirt ſind hier in Leipzig bereits 14 bis 15 Compagnien dieſer Reſervegarde zu je 50 Mann. Jn Sach- ſen iſt eine petition monstre der Bauern in Umlauf, welche neben den allgemeinen politiſchen auch noch beſondere bäuerliche Anforderungen ſtellt. Die Stadt Leipzig empfängt von allen Seiten her immer neue Zuſtimmungsadreſſen für ihre Handlungsweiſe. Endlich füge ich noch bei daß in der vorgeſtrigen außerordentlichen Verſammlung des hieſigen Schriftſtellervereins eine Denkſchrift „über die Erforderniß eines Preß- geſetzes mit Schwurgericht“ vorgetragen und angenommen wurde. Dieſe Denkſchrift ſoll dem Miniſterium des Jnnern und den Ständen ungeſäumt vorgelegt werden, um bei dem Entwurf und der ſtändiſchen Berathung des Preßgeſetzes die Ueberzeugungen der Schriftſteller den Geſetzesverfaſſern und den Ständen zu verkünden. Außerdem wurde beſchloſſen dieſelbe gleichzeitig auch durch alle erreichbaren Organe zu ver- öffentlichen, und ſo wird ſie in den nächſten Tagen auch Jhnen zukommen. — Jn Dresden hat der Stadtrath vorgeſtern bekannt gemacht, er ſey bereit die Regierung um genaue Prüfung aller ſtädtiſchen Rechnungen zu erſuchen, und wolle deßhalb die Zuſtimmung der Stadtverordneten beantragen. Geſtern hat dort der Stadtrath bekannt gemacht, er theile die (von ihm aufgezählten) Wünſche der Dresdener nach verfaſſungsmä- ßigem Fortſchritt, und wolle ſie an die Ständeverſammlung in Form der Petition bevorwortet gelangen laſſen. Breslau. *** Breslau, 9 März. Die Emeute vom vorigen Montag hat einen ernſteren Charakter gehabt als es im erſten Augenblick ſchien: aus ſpätern Ergebniſſen leuchtet hervor daß ſie nicht das Werk des Zufalls, ſondern der Berechnung war. Am gedachten Tag haben ſich Emiſſäre in verſchiedenen Fabriken und öffentlichen Werkſtätten ſehen laſſen, und die Arbeiter zur Theilnahme zu bereden geſucht. An einigen Orten ha- ben ſie aber ſo wenig Gehör geſunden daß die Arbeiter ſich ſogar frei- willig den Fabrikherren zu Wächtern und Vertheidigern angeboten ha- ben. Am ſelben Abend verſuchte es auch ein Haufe der Meuterer das Zeughaus zu überrumpeln, allein eine außerordentlich ſtarke Militär- macht ſchreckte ſie von dieſem Vorhaben zurück. Die Verwundungen welche durch das an mehreren Orten erfolgte Einhauen der Cuiraſſiere herbeigeführt wurden, haben leider eine Menge Perſonen betroffen die mit der Emeute in keinem Zuſammenhange ſtanden. So habe ich ſelbſt einen Ruſſen geſehen und geſprochen der ſich am Montag Abends um 10 Uhr ruhig von einem Beſuch in ſein Hotel begab, und von einem Cui- raſſier ſtark am Kopfe verwundet wurde; der ganze vordere Theil ſeines Oberkleides war mit Blut übergoſſen. Er hat bereits Beſchwerde bei dem commandirenden General geführt und gedenkt die Sache noch wei- ter zu verfolgen. Während des vorgeſtrigen (Faſtnacht) und geſtrigen Tags herrſchte eine ſolche Stille und Oede in unſerer Stadt wie früher noch nie dageweſen; dieſe ſtille, drückende Schwüle laſtet auf uns mehr als der Tumult am Montag, denn ſie läßt Aergeres befürchten. Ge- ſtern fand ſogar keine Theatervorſtellung ſtatt, die Polizeibehörde hatte die Aufführung der Oper „Wilhem Tell“ unterſagt. Wie gemeldet hatte die Stadtverordnetenverſammlung am Montag, welche bekanntlich auf ſo tumultuariſche Weiſe endigte, beſchloſſen: durch eine Deputation eine Jmmediatvorſtellung an Se. Maj. den König gelangen zu laſſen, in welcher um ſofortige Einberufung des Vereinigten Landtags und um Preßfreiheit gebeten werden ſollte. Geſtern iſt dieſer Beſchluß in einer geheimen Conferenz der Stadtverordneten und des Magiſtrats dahin abgeändert worden: daß eine Deputation, an deren Spitze der Ober- bürgermeiſter Pinder ſteht, nach Berlin abgehen ſoll um mündlich Sr. Maj. die Wünſche des Volks in vollem Umfang vorzulegen. Wie die hieſigen Zeitungen melden iſt in Oberſchleſien eine ſchreckende Gräuel- that verübt worden. Die greiſe Fürſtin Sulkowska wurde nämlich am 3 d. M. in ihrem Schlafgemach während des Entkleidens meuchlings gemordet. Der unentdeckte Verbrecher ſchoß mit einem Gewehre, in wel- ches zwei Kugeln geladen waren, von außen durch das Doppelfenſter und verwundete die unglückliche Fürſtin tödtlich am Halſe, ſo daß ſie zwei Stunden darauf ſtarb. Hamburg. *** Hamburg, 9 März. Der Senat unſerer Stadt hat heute nachſtehende Bekanntmachung erlaſſen: Da die außerordentlichen Maß- regeln, welche durch die beklagenswerthen am Abend des 3 März ſtatt- gefundenen und ſeitdem gottlob nicht wiedergekehrten Exceſſe veranlaßt worden ſind, jetzt größtentheils wieder aufgehoben werden können, und namentlich auch die Verfügungen des am 4 d. M. erlaſſenen Senats- Mandates, wie hiedurch geſchieht, nunmehr zurückgenommen werden, fühlt ſich Ein Hochedler Rath gedrungen der bewaffneten Macht, insbeſon- dere den Mitgliedern des Bürgermilitärs, in ſeinem und aller Bürger Namen auf das herzlichſte Dank zu ſagen für die Thätigkeit und die patriotiſche Aufopferung der wir die ſo ſchnelle Wiederherſtellung der Ordnung ſchuldig ſind. Zu keiner Zeit hat Ein Hochedl. Rath eine ſolche Dankſagung mit größerer Wärme ausſprechen können als unter Zeit- ereigniſſen unter welchen an ſo vielen Orten die öffentliche Ruhe auf eine bedenkliche Weiſe geſtört worden iſt, und eine allgemeine Aufre- gung ſich der Gemüther bemächtigt hat. Hamburgs Bürger haben von neuem bewieſen daß auf ſie zu rechnen iſt, wenn es gilt die Sicherheit der Stadt und das Eigenthum der Privaten gegen frevelhafte Angriffe zu ſchützen. Männer der verſchiedenartigſten Anſichten haben mit gleich loyaler Geſinnung ſich beeilt den Unordnungen entgegenzutreten, und Ein Hochedl. Rath hat das erfreuliche Gefühl gehabt die Wohlthaten der- jenigen Einrichtung welche ſo lange bei uns beſteht, während ſie in ſo vielen andern Ländern erſt jetzt erſtrebt wird, einer volksthümlichen Bürgerbewaffnung, welche die geſetzliche Ordnung ſchützt und bewacht, bei uns von neuem ſich ſo kräftig bewähren zu ſehen. Die Haltung des Bürgermilitärs und aller übrigen Bürger, von denen viele ſich frei- willig mit in die Reihen geſtellt und zu ferneren freiwilligen Dienſten, falls die Noth es verlangen ſollte, erboten haben, gibt Einem Hochedlen Rath und mit ihm der ganzen Einwohnerſchaft das beruhigende Ver- trauen daß, wie auch immer die Zukunft ſich geſtalten möge, Hamburgs freie Bürger wohl jeden ſich geſetzlich entwickelnden Fortſchritt mit Freuden begrüßen, aber jedes unwürdige Mittel zu ſolchen Zwecken mit Unwillen zurückweiſen werden. Gegeben in unſerer Rathsverſammlung. Hamburg den 8 März 1848. Zugleich iſt vom Senat eine Verſamm- lung: „Erbgeſeſſener Bürgerſchaft“ auf den 13 d. M. angeſetzt, um zu berathen über den am heutigen Tage veröffentlichten „Antrag Eines Ehrbaren Rathes, betreffend den Vorſchlag zu einer Rath- und Bür- gerdeputation zur Begutachtung der Frage welche Reformen in unſeren Staatseinrichtungen erforderlich ſeyen, ſowie zur Entwerfung eines Preßgeſetzes.“ Die Propositio in ſorma lautet: „Ein hochedler Rath trägt bei Erbgeſeſſener Bürgerſchaft auf die Niederſetzung einer Rath- und Bürgerdeputation an zur Begutachtung der Frage inwiefern unſere Staatseinrichtungen einer Reform bedürfen, und zur Entwerfung von Vorſchlägen wie dieſe Reformen einzurichten und in Ausführung zu bringen ſind, auch insbeſondere zur Entwerfung eines Preßgeſetzes, in welchem namentlich auf die Anordnung eines eigenen Preßgerichts und des von demſelben zu beobachtenden Verfahrens Bedacht zu nehmen iſt. Jndem Ein Hochedl. Rath ſich zur näheren Begründung dieſer Anträge auf die Anlage Nr. 1 bezieht, erſucht er Erbgeſeſſene Bürgerſchaft zu obigem Behuf fünfzehn Bürger, und zwar drei aus und in jedem Kirch- ſpiel zu erwählen, und er wird ſodann fünf Mitglieder in vel de Se- natu benennen, um mit ſelbigen zu der gedachten Rath- und Bürger- deputation zuſammenzutreten. Dieſe hat den Entwurf des Preßgeſetzes binnen vier Wochen, das Ergebniß ihrer übrigen Berathungen inner- halb ſechs Monaten zu übergeben und durch den Druck bekannt zu ma- chen, worauf Ein Hochedl. Rath nach dem Eingang einer jeden dieſer beiden Vorlagen die weiteren verfaſſungsmäßigen Berathungen unver- züglich einleiten wird.“ Jn der angezogenen Anlage bemerkt zunächſt der Senat, wie er ſtets ſich habe angelegen ſeyn laſſen die von der Zeit geforderten Reformen der vor faſt anderthalb Jahrhunderten durch ge- meinſame Vereinbarung feſtgeſtellten Verfaſſung einzuleiten und durchzu- führen. Jn Uebereinſtimmung hiermit habe er denn auch die verſchie- dentlich und noch in neuerer Zeit von einer großen Anzahl hieſiger

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 75, 15. März 1848, S. 1196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine75_1848/12>, abgerufen am 21.07.2024.