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Allgemeine Zeitung, Nr. 42, 17. Oktober 1914.

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Allgemeine Zeitung 17. Oktober 1914.
[Spaltenumbruch]

Ueber die Vorgänge von der serbischen Grenze meldet
die Südslavische Korrespondenz aus Esseg: Berichten von der
Grenze zufolge dauern die Kämpfe im Innern Serbiens im Raume
südöstlich Krupanj mit großer Heftigkeit fort. Trotz der unleugbaren
Tapferkeit der serbischen Truppen scheiterten deren Versuche, die
von den Unsrigen besetzten, strategisch sehr günstigen Positionen
wiederzugewinnen. Wiederholte serbische Stürme wurden von uns
blutig abgewiesen.

In den Kämpfen, die sich in den letzten Tagen erneuten, erlitten
die Serben abermals schwere Verluste an Offizieren und Mann-
schaften, sowie an Kriegsmaterial. Die Serben erweisen sich auch
in den gegenwärtigen Kämpfen als zügellose Gegner, deren Vor-
gehen unmenschlich ist.

In den letzten Tagen trat schlechtes Wetter ein und es herrscht
Kälte. Der Gesundheitszustand und die Stimmung unserer Truppen
ist unverändert gut.

Während also auf dem polnisch-galizischen Kriegsschauplatz die
seit Anfang Oktober einsetzenden deutschen und österreichisch-ungari-
schen Erfolge die Gesamtlage in einer Weise zu unseren Gunsten
veränderten, daß es selbst für die Berichterstattung des Dreiverban-
des immer schwieriger wird, die Tatsachen in das Gegenteil umzu-
lügen, so sind es auch im Süden unsere Truppen, die dort auf allen
Linien das Gesetz des Handelns recht eindeutig vorschreiben. Mit
der entscheidenden Niederlage von vier serbisch-montenegrinischen
Brigaden zwischen dem 3. und 7. Oktober dürfte der Hauptsache nach
für unsere Reichslande des gesamten Guerillakrieges Glück und
Ende verzeichnet sein.

Der Prozeß Princip.

Nun naht sich die Stunde, in welcher der Mord von Sera-
jewo
gesühnt werden soll. Der serbische Mordbube Princip, dessen
Schüsse auf das österreichische Thronfolgerpaar einen Weltkrieg ent-
zündet haben, und seine Genossen werden nun in Serajewo vor
Gericht gestellt. Das Wolffsche Bureau läßt sich von dort unterm
12. ds. melden:

In der von der hiesigen Staatsanwaltschaft verfaßten Anklage-
schrift wird Anklage gegen Princip und Genossen, insge-
samt 22 Personen, wegen Hochverrats erhoben und gegen weitere
drei Personen wegen Verbrechens der Mitwisserschaft und der Ver-
heimlichung von Waffen, die für das Attentat bestimmt waren. Die
Anklageschrift behandelt ausführlich die Entstehungsgeschichte der in
Belgrad von den Organen der Narodna und Ororma angezettelten
Verschwörung, schildert eingehend die Reise der Verschwörer und
die Einschmuggelung von Waffen und Bomben nach Bosnien, ferner,
wie die Verschwörer in Serajewo Mittäter warben, wie sie die
Waffen unter sich verteilten und sich zur Ausführung des Attentats
auf den Straßen aufftellten.

Princip gestand in der Untersuchung ein, daß er mit dem zweiten
Schuß den Landeschef Potiorek töten wollte, jedoch die Gemah-
lin des Erzherzogs traf.

Zum Schlusse ergeht sich die Anklageschrift ausführlich über die
Motive des Attentats. Sie schildert das irredentistische Treiben der
großserbischen Kreise in Belgrad, die bis zum königlichen Hof hin-
aufreichten, die systematische Wühlarbeit gegen Oesterreich-Ungarn
und die habsburgische Dynastie in Serbien, Kroatien und Bosnien,
deren einziger Zweck es war, Kroatien, Istrien, Bosnien, die
Herzegowina sowie die von Serben bewohnten südungarischen
Provinzen von der Monarchie loszureißen und Serbien anzu-
gliedern.

Die Verschwörer Princip, Graez und Babrinovics gestanden
ein, daß sie sich in Belgrad den Haß gegen die Monarchie und die
großserbische Gesinnung eingesogen hätten, die politische Vereini-
gung aller Südslawen anstrebten, und daß der Zerfall Oesterreich-
Ungarns und das Erstehen eines großserbischen Reiches ihr politi-
sches Ideal gewesen sei.

Im Dienste dieses Ideals hätten sie den Plan zu dem Mord-
anschlag gegen den Erzherzog Franz Ferdinand gefaßt und schließ-
lich verwirklicht.

Thronwechsel in Rumänien.

Aus Bukarest wird gemeldet, daß König Karl I. von
Rumänien
am Vormittag des 10. Oktober gestorben ist.

Der Tod König Carols kommt in diesem Augenblick völlig
überraschend, wenn auch unlängst von seiner Erkrankung ge-
[Spaltenumbruch] sprochen wurde. Er ist auch für seine nächste Umgebung fast un-
erwartet rasch gestorben. Mit ihm verliert Rumänien seinen ersten
König, der unter stürmischen Verhältnissen die Regierung an-
getreten und durchgeführt hat. Mit seltener Begabung und Pflicht-
treue hat der damals 27jährige Hohenzollernprinz sein Land durch
alle Fährlichkeiten sicher geführt, und noch zuletzt hat er allen
Werbungen des Dreiverbandes zum Trotz streng an der Neutralität
festgehalten. Es ist wohl zu hoffen, daß auch sein Nachfolger in
seine Fußstapfen treten werde.

König Karl (Carol) von Rumänien war geboren am 20. April
1839 zu Sigmaringen als zweiter Sohn des Fürsten Karl Anton
von Hohenzollern und seiner Gemahlin Josephine Prinzessin von
Baden. 1857 trat Prinz Karl in die preußische Armee ein. Zu
seiner wissenschaftlichen Ausbildung besuchte er die Universität Bonn.
Im Jahre 1864 nahm er an dem Feldzuge gegen Dänemark teil.
Am 20. April 1866 wurde Prinz Karl zum regierenden erblichen
Fürsten von Rumänien durch Volksabstimmung gewählt, am 22. Mai
zog er in Bukarest ein. Am 24. Oktober 1866 erhielt der neue Fürst
die Anerkennung der Großmächte. Im russisch-türkischen Kriege
1877/78, an dem die rumänische Armee ruhmvollen Anteil nahm,
übernahm im September 1877 Fürst Karl vor Plewna den Ober-
befehl über die gesamten russischen und rumänischen Truppen, mit
denen die Festung am 10. Dezember 1877 erobert wurde. Am
26. März 1881 wurde Rumänien durch einstimmigen Beschluß der
Volksvertretung zum Königreich erhoben; Fürst Karl wurde am
22. Mai 1881 zum Könige gekrönt. Der am 15. November 1869
mit der Prinzessin Elisabeth von Wied geschlossenen Ehe ent-
sproß im Jahre 1870 eine Tochter Marie, die bereits 1874 der Tod
dahinraffte. -- König Karl war K. preuß. General-Feldmarschall,
Chef des K. preuß. Dragoner-Regiments König Karl I. von
Rumänien (1. hannov.) Nr. 9 und wurde im 1. Garde-Feldart.-
Regiment geführt.

Der neue König Ferdinand wurde als zweiter Sohn des
Fürsten Leopold von Hohenzollern am 24. August 1865 zu Sig-
maringen geboren. Nach Verzicht seines älteren Bruders wurde er
1886 zur Thronfolge in Rumänien berufen. Am 10. Januar 1893
vermählte er sich mit Maria Prinzessin von Sachsen-Koburg und
Gotha. Der Ehe entsproß der am 15. Oktober 1893 geborene Thron-
erbe Prinz Karl (Carol), ferner Prinzessin Elisabeth, Prinzessin
Maria, Prinz Nikolaus, Prinzessin Ileana und Prinzessin Mircea.
König Ferdinand ist Chef des K. preuß. rheinischen Inf.-Regts.
Nr. 68 und steht a l. s. des K. preuß. 1. Garde-Regiments zu Fuß.

Der Islam.

Die Gährung im Islam ist im Wachsen begriffen. Aus Kon-
stantinopel
erhält unterm 12. ds. das Wolffsche Telegraphen-
bureau nachstehende charakteristische Meldung:

Die hier erscheinende geistliche Zeitung "Schuil Urrechad" (Der
gerade Weg) veröffentlicht eine Uebersetzung einer unter den musel-
manischen Soldaten in Marokko, Algerien und Tunis verteilten
arabischen Proklamation. Diese zitiert mehrere Verse aus dem
Koran und richtet die Mahnung an die Muselmanen, nicht an der
Seite der Franzosen zu kämpfen, denn diese seien Feinde Gottes,
des Propheten Mohammed und der Muselmanen. Diejenigen, die
mit ihnen gingen, würden dem Zorn Gottes verfallen. Die Prokla-
mation weist auf die Bedrückung der Muselmanen hin, richtet an
die Gläubigen einen Apell, gegen ihre Unterdrücker Krieg zu führen,
um das Vaterland, die Religion und die Ehre zu retten. Die Pro-
klamation schließt: Muselmanische Soldaten! Sollen wir denn war-
ten, bis diese Leute uns töten, uns unser Vaterland entreißen und
uns die Religion, unser väterliches Erbteil und die Ehre und das
Leben rauben?
Neue Enthüllungen.

Die "Wiener Allgemeine Zeitung" veröffentlicht einen Artikel
des russischen Publizisten Brantschaninow, eines nahen Ver-
wandten des russischen Botschafters in Konstantinopel v. Giers,
der zu den bestunterrichteten russischen Publizisten gehört. In die-
sem Artikel, der am 11. Juli in der russischen Zeitung "Nowoe
Zweno" erschienen ist, heißt es:

Mit dem Gefühle tiefer Freude können wir unseren Lesern
eine Nachricht mitteilen, deren ungeheure internationale Bedeutung
keines Kommentars bedarf. Wie wir aus unzweifelhaften Quellen
erfuhren, wurde in London zwischen einer verantwortlichen englischen
Allgemeine Zeitung 17. Oktober 1914.
[Spaltenumbruch]

Ueber die Vorgänge von der ſerbiſchen Grenze meldet
die Südſlaviſche Korreſpondenz aus Eſſeg: Berichten von der
Grenze zufolge dauern die Kämpfe im Innern Serbiens im Raume
ſüdöſtlich Krupanj mit großer Heftigkeit fort. Trotz der unleugbaren
Tapferkeit der ſerbiſchen Truppen ſcheiterten deren Verſuche, die
von den Unſrigen beſetzten, ſtrategiſch ſehr günſtigen Poſitionen
wiederzugewinnen. Wiederholte ſerbiſche Stürme wurden von uns
blutig abgewieſen.

In den Kämpfen, die ſich in den letzten Tagen erneuten, erlitten
die Serben abermals ſchwere Verluſte an Offizieren und Mann-
ſchaften, ſowie an Kriegsmaterial. Die Serben erweiſen ſich auch
in den gegenwärtigen Kämpfen als zügelloſe Gegner, deren Vor-
gehen unmenſchlich iſt.

In den letzten Tagen trat ſchlechtes Wetter ein und es herrſcht
Kälte. Der Geſundheitszuſtand und die Stimmung unſerer Truppen
iſt unverändert gut.

Während alſo auf dem polniſch-galiziſchen Kriegsſchauplatz die
ſeit Anfang Oktober einſetzenden deutſchen und öſterreichiſch-ungari-
ſchen Erfolge die Geſamtlage in einer Weiſe zu unſeren Gunſten
veränderten, daß es ſelbſt für die Berichterſtattung des Dreiverban-
des immer ſchwieriger wird, die Tatſachen in das Gegenteil umzu-
lügen, ſo ſind es auch im Süden unſere Truppen, die dort auf allen
Linien das Geſetz des Handelns recht eindeutig vorſchreiben. Mit
der entſcheidenden Niederlage von vier ſerbiſch-montenegriniſchen
Brigaden zwiſchen dem 3. und 7. Oktober dürfte der Hauptſache nach
für unſere Reichslande des geſamten Guerillakrieges Glück und
Ende verzeichnet ſein.

Der Prozeß Princip.

Nun naht ſich die Stunde, in welcher der Mord von Sera-
jewo
geſühnt werden ſoll. Der ſerbiſche Mordbube Princip, deſſen
Schüſſe auf das öſterreichiſche Thronfolgerpaar einen Weltkrieg ent-
zündet haben, und ſeine Genoſſen werden nun in Serajewo vor
Gericht geſtellt. Das Wolffſche Bureau läßt ſich von dort unterm
12. ds. melden:

In der von der hieſigen Staatsanwaltſchaft verfaßten Anklage-
ſchrift wird Anklage gegen Princip und Genoſſen, insge-
ſamt 22 Perſonen, wegen Hochverrats erhoben und gegen weitere
drei Perſonen wegen Verbrechens der Mitwiſſerſchaft und der Ver-
heimlichung von Waffen, die für das Attentat beſtimmt waren. Die
Anklageſchrift behandelt ausführlich die Entſtehungsgeſchichte der in
Belgrad von den Organen der Narodna und Ororma angezettelten
Verſchwörung, ſchildert eingehend die Reiſe der Verſchwörer und
die Einſchmuggelung von Waffen und Bomben nach Bosnien, ferner,
wie die Verſchwörer in Serajewo Mittäter warben, wie ſie die
Waffen unter ſich verteilten und ſich zur Ausführung des Attentats
auf den Straßen aufftellten.

Princip geſtand in der Unterſuchung ein, daß er mit dem zweiten
Schuß den Landeschef Potiorek töten wollte, jedoch die Gemah-
lin des Erzherzogs traf.

Zum Schluſſe ergeht ſich die Anklageſchrift ausführlich über die
Motive des Attentats. Sie ſchildert das irredentiſtiſche Treiben der
großſerbiſchen Kreiſe in Belgrad, die bis zum königlichen Hof hin-
aufreichten, die ſyſtematiſche Wühlarbeit gegen Oeſterreich-Ungarn
und die habsburgiſche Dynaſtie in Serbien, Kroatien und Bosnien,
deren einziger Zweck es war, Kroatien, Iſtrien, Bosnien, die
Herzegowina ſowie die von Serben bewohnten ſüdungariſchen
Provinzen von der Monarchie loszureißen und Serbien anzu-
gliedern.

Die Verſchwörer Princip, Graez und Babrinovics geſtanden
ein, daß ſie ſich in Belgrad den Haß gegen die Monarchie und die
großſerbiſche Geſinnung eingeſogen hätten, die politiſche Vereini-
gung aller Südſlawen anſtrebten, und daß der Zerfall Oeſterreich-
Ungarns und das Erſtehen eines großſerbiſchen Reiches ihr politi-
ſches Ideal geweſen ſei.

Im Dienſte dieſes Ideals hätten ſie den Plan zu dem Mord-
anſchlag gegen den Erzherzog Franz Ferdinand gefaßt und ſchließ-
lich verwirklicht.

Thronwechſel in Rumänien.

Aus Bukareſt wird gemeldet, daß König Karl I. von
Rumänien
am Vormittag des 10. Oktober geſtorben iſt.

Der Tod König Carols kommt in dieſem Augenblick völlig
überraſchend, wenn auch unlängſt von ſeiner Erkrankung ge-
[Spaltenumbruch] ſprochen wurde. Er iſt auch für ſeine nächſte Umgebung faſt un-
erwartet raſch geſtorben. Mit ihm verliert Rumänien ſeinen erſten
König, der unter ſtürmiſchen Verhältniſſen die Regierung an-
getreten und durchgeführt hat. Mit ſeltener Begabung und Pflicht-
treue hat der damals 27jährige Hohenzollernprinz ſein Land durch
alle Fährlichkeiten ſicher geführt, und noch zuletzt hat er allen
Werbungen des Dreiverbandes zum Trotz ſtreng an der Neutralität
feſtgehalten. Es iſt wohl zu hoffen, daß auch ſein Nachfolger in
ſeine Fußſtapfen treten werde.

König Karl (Carol) von Rumänien war geboren am 20. April
1839 zu Sigmaringen als zweiter Sohn des Fürſten Karl Anton
von Hohenzollern und ſeiner Gemahlin Joſephine Prinzeſſin von
Baden. 1857 trat Prinz Karl in die preußiſche Armee ein. Zu
ſeiner wiſſenſchaftlichen Ausbildung beſuchte er die Univerſität Bonn.
Im Jahre 1864 nahm er an dem Feldzuge gegen Dänemark teil.
Am 20. April 1866 wurde Prinz Karl zum regierenden erblichen
Fürſten von Rumänien durch Volksabſtimmung gewählt, am 22. Mai
zog er in Bukareſt ein. Am 24. Oktober 1866 erhielt der neue Fürſt
die Anerkennung der Großmächte. Im ruſſiſch-türkiſchen Kriege
1877/78, an dem die rumäniſche Armee ruhmvollen Anteil nahm,
übernahm im September 1877 Fürſt Karl vor Plewna den Ober-
befehl über die geſamten ruſſiſchen und rumäniſchen Truppen, mit
denen die Feſtung am 10. Dezember 1877 erobert wurde. Am
26. März 1881 wurde Rumänien durch einſtimmigen Beſchluß der
Volksvertretung zum Königreich erhoben; Fürſt Karl wurde am
22. Mai 1881 zum Könige gekrönt. Der am 15. November 1869
mit der Prinzeſſin Eliſabeth von Wied geſchloſſenen Ehe ent-
ſproß im Jahre 1870 eine Tochter Marie, die bereits 1874 der Tod
dahinraffte. — König Karl war K. preuß. General-Feldmarſchall,
Chef des K. preuß. Dragoner-Regiments König Karl I. von
Rumänien (1. hannov.) Nr. 9 und wurde im 1. Garde-Feldart.-
Regiment geführt.

Der neue König Ferdinand wurde als zweiter Sohn des
Fürſten Leopold von Hohenzollern am 24. Auguſt 1865 zu Sig-
maringen geboren. Nach Verzicht ſeines älteren Bruders wurde er
1886 zur Thronfolge in Rumänien berufen. Am 10. Januar 1893
vermählte er ſich mit Maria Prinzeſſin von Sachſen-Koburg und
Gotha. Der Ehe entſproß der am 15. Oktober 1893 geborene Thron-
erbe Prinz Karl (Carol), ferner Prinzeſſin Eliſabeth, Prinzeſſin
Maria, Prinz Nikolaus, Prinzeſſin Ileana und Prinzeſſin Mircea.
König Ferdinand iſt Chef des K. preuß. rheiniſchen Inf.-Regts.
Nr. 68 und ſteht à l. s. des K. preuß. 1. Garde-Regiments zu Fuß.

Der Islam.

Die Gährung im Islam iſt im Wachſen begriffen. Aus Kon-
ſtantinopel
erhält unterm 12. ds. das Wolffſche Telegraphen-
bureau nachſtehende charakteriſtiſche Meldung:

Die hier erſcheinende geiſtliche Zeitung „Schuil Urrechad“ (Der
gerade Weg) veröffentlicht eine Ueberſetzung einer unter den muſel-
maniſchen Soldaten in Marokko, Algerien und Tunis verteilten
arabiſchen Proklamation. Dieſe zitiert mehrere Verſe aus dem
Koran und richtet die Mahnung an die Muſelmanen, nicht an der
Seite der Franzoſen zu kämpfen, denn dieſe ſeien Feinde Gottes,
des Propheten Mohammed und der Muſelmanen. Diejenigen, die
mit ihnen gingen, würden dem Zorn Gottes verfallen. Die Prokla-
mation weiſt auf die Bedrückung der Muſelmanen hin, richtet an
die Gläubigen einen Apell, gegen ihre Unterdrücker Krieg zu führen,
um das Vaterland, die Religion und die Ehre zu retten. Die Pro-
klamation ſchließt: Muſelmaniſche Soldaten! Sollen wir denn war-
ten, bis dieſe Leute uns töten, uns unſer Vaterland entreißen und
uns die Religion, unſer väterliches Erbteil und die Ehre und das
Leben rauben?
Neue Enthüllungen.

Die „Wiener Allgemeine Zeitung“ veröffentlicht einen Artikel
des ruſſiſchen Publiziſten Brantſchaninow, eines nahen Ver-
wandten des ruſſiſchen Botſchafters in Konſtantinopel v. Giers,
der zu den beſtunterrichteten ruſſiſchen Publiziſten gehört. In die-
ſem Artikel, der am 11. Juli in der ruſſiſchen Zeitung „Nowoe
Zweno“ erſchienen iſt, heißt es:

Mit dem Gefühle tiefer Freude können wir unſeren Leſern
eine Nachricht mitteilen, deren ungeheure internationale Bedeutung
keines Kommentars bedarf. Wie wir aus unzweifelhaften Quellen
erfuhren, wurde in London zwiſchen einer verantwortlichen engliſchen
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[610/0006] Allgemeine Zeitung 17. Oktober 1914. Ueber die Vorgänge von der ſerbiſchen Grenze meldet die Südſlaviſche Korreſpondenz aus Eſſeg: Berichten von der Grenze zufolge dauern die Kämpfe im Innern Serbiens im Raume ſüdöſtlich Krupanj mit großer Heftigkeit fort. Trotz der unleugbaren Tapferkeit der ſerbiſchen Truppen ſcheiterten deren Verſuche, die von den Unſrigen beſetzten, ſtrategiſch ſehr günſtigen Poſitionen wiederzugewinnen. Wiederholte ſerbiſche Stürme wurden von uns blutig abgewieſen. In den Kämpfen, die ſich in den letzten Tagen erneuten, erlitten die Serben abermals ſchwere Verluſte an Offizieren und Mann- ſchaften, ſowie an Kriegsmaterial. Die Serben erweiſen ſich auch in den gegenwärtigen Kämpfen als zügelloſe Gegner, deren Vor- gehen unmenſchlich iſt. In den letzten Tagen trat ſchlechtes Wetter ein und es herrſcht Kälte. Der Geſundheitszuſtand und die Stimmung unſerer Truppen iſt unverändert gut. Während alſo auf dem polniſch-galiziſchen Kriegsſchauplatz die ſeit Anfang Oktober einſetzenden deutſchen und öſterreichiſch-ungari- ſchen Erfolge die Geſamtlage in einer Weiſe zu unſeren Gunſten veränderten, daß es ſelbſt für die Berichterſtattung des Dreiverban- des immer ſchwieriger wird, die Tatſachen in das Gegenteil umzu- lügen, ſo ſind es auch im Süden unſere Truppen, die dort auf allen Linien das Geſetz des Handelns recht eindeutig vorſchreiben. Mit der entſcheidenden Niederlage von vier ſerbiſch-montenegriniſchen Brigaden zwiſchen dem 3. und 7. Oktober dürfte der Hauptſache nach für unſere Reichslande des geſamten Guerillakrieges Glück und Ende verzeichnet ſein. Der Prozeß Princip. Nun naht ſich die Stunde, in welcher der Mord von Sera- jewo geſühnt werden ſoll. Der ſerbiſche Mordbube Princip, deſſen Schüſſe auf das öſterreichiſche Thronfolgerpaar einen Weltkrieg ent- zündet haben, und ſeine Genoſſen werden nun in Serajewo vor Gericht geſtellt. Das Wolffſche Bureau läßt ſich von dort unterm 12. ds. melden: In der von der hieſigen Staatsanwaltſchaft verfaßten Anklage- ſchrift wird Anklage gegen Princip und Genoſſen, insge- ſamt 22 Perſonen, wegen Hochverrats erhoben und gegen weitere drei Perſonen wegen Verbrechens der Mitwiſſerſchaft und der Ver- heimlichung von Waffen, die für das Attentat beſtimmt waren. Die Anklageſchrift behandelt ausführlich die Entſtehungsgeſchichte der in Belgrad von den Organen der Narodna und Ororma angezettelten Verſchwörung, ſchildert eingehend die Reiſe der Verſchwörer und die Einſchmuggelung von Waffen und Bomben nach Bosnien, ferner, wie die Verſchwörer in Serajewo Mittäter warben, wie ſie die Waffen unter ſich verteilten und ſich zur Ausführung des Attentats auf den Straßen aufftellten. Princip geſtand in der Unterſuchung ein, daß er mit dem zweiten Schuß den Landeschef Potiorek töten wollte, jedoch die Gemah- lin des Erzherzogs traf. Zum Schluſſe ergeht ſich die Anklageſchrift ausführlich über die Motive des Attentats. Sie ſchildert das irredentiſtiſche Treiben der großſerbiſchen Kreiſe in Belgrad, die bis zum königlichen Hof hin- aufreichten, die ſyſtematiſche Wühlarbeit gegen Oeſterreich-Ungarn und die habsburgiſche Dynaſtie in Serbien, Kroatien und Bosnien, deren einziger Zweck es war, Kroatien, Iſtrien, Bosnien, die Herzegowina ſowie die von Serben bewohnten ſüdungariſchen Provinzen von der Monarchie loszureißen und Serbien anzu- gliedern. Die Verſchwörer Princip, Graez und Babrinovics geſtanden ein, daß ſie ſich in Belgrad den Haß gegen die Monarchie und die großſerbiſche Geſinnung eingeſogen hätten, die politiſche Vereini- gung aller Südſlawen anſtrebten, und daß der Zerfall Oeſterreich- Ungarns und das Erſtehen eines großſerbiſchen Reiches ihr politi- ſches Ideal geweſen ſei. Im Dienſte dieſes Ideals hätten ſie den Plan zu dem Mord- anſchlag gegen den Erzherzog Franz Ferdinand gefaßt und ſchließ- lich verwirklicht. Thronwechſel in Rumänien. Aus Bukareſt wird gemeldet, daß König Karl I. von Rumänien am Vormittag des 10. Oktober geſtorben iſt. Der Tod König Carols kommt in dieſem Augenblick völlig überraſchend, wenn auch unlängſt von ſeiner Erkrankung ge- ſprochen wurde. Er iſt auch für ſeine nächſte Umgebung faſt un- erwartet raſch geſtorben. Mit ihm verliert Rumänien ſeinen erſten König, der unter ſtürmiſchen Verhältniſſen die Regierung an- getreten und durchgeführt hat. Mit ſeltener Begabung und Pflicht- treue hat der damals 27jährige Hohenzollernprinz ſein Land durch alle Fährlichkeiten ſicher geführt, und noch zuletzt hat er allen Werbungen des Dreiverbandes zum Trotz ſtreng an der Neutralität feſtgehalten. Es iſt wohl zu hoffen, daß auch ſein Nachfolger in ſeine Fußſtapfen treten werde. König Karl (Carol) von Rumänien war geboren am 20. April 1839 zu Sigmaringen als zweiter Sohn des Fürſten Karl Anton von Hohenzollern und ſeiner Gemahlin Joſephine Prinzeſſin von Baden. 1857 trat Prinz Karl in die preußiſche Armee ein. Zu ſeiner wiſſenſchaftlichen Ausbildung beſuchte er die Univerſität Bonn. Im Jahre 1864 nahm er an dem Feldzuge gegen Dänemark teil. Am 20. April 1866 wurde Prinz Karl zum regierenden erblichen Fürſten von Rumänien durch Volksabſtimmung gewählt, am 22. Mai zog er in Bukareſt ein. Am 24. Oktober 1866 erhielt der neue Fürſt die Anerkennung der Großmächte. Im ruſſiſch-türkiſchen Kriege 1877/78, an dem die rumäniſche Armee ruhmvollen Anteil nahm, übernahm im September 1877 Fürſt Karl vor Plewna den Ober- befehl über die geſamten ruſſiſchen und rumäniſchen Truppen, mit denen die Feſtung am 10. Dezember 1877 erobert wurde. Am 26. März 1881 wurde Rumänien durch einſtimmigen Beſchluß der Volksvertretung zum Königreich erhoben; Fürſt Karl wurde am 22. Mai 1881 zum Könige gekrönt. Der am 15. 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Die Gährung im Islam iſt im Wachſen begriffen. Aus Kon- ſtantinopel erhält unterm 12. ds. das Wolffſche Telegraphen- bureau nachſtehende charakteriſtiſche Meldung: Die hier erſcheinende geiſtliche Zeitung „Schuil Urrechad“ (Der gerade Weg) veröffentlicht eine Ueberſetzung einer unter den muſel- maniſchen Soldaten in Marokko, Algerien und Tunis verteilten arabiſchen Proklamation. Dieſe zitiert mehrere Verſe aus dem Koran und richtet die Mahnung an die Muſelmanen, nicht an der Seite der Franzoſen zu kämpfen, denn dieſe ſeien Feinde Gottes, des Propheten Mohammed und der Muſelmanen. Diejenigen, die mit ihnen gingen, würden dem Zorn Gottes verfallen. Die Prokla- mation weiſt auf die Bedrückung der Muſelmanen hin, richtet an die Gläubigen einen Apell, gegen ihre Unterdrücker Krieg zu führen, um das Vaterland, die Religion und die Ehre zu retten. Die Pro- klamation ſchließt: Muſelmaniſche Soldaten! Sollen wir denn war- ten, bis dieſe Leute uns töten, uns unſer Vaterland entreißen und uns die Religion, unſer väterliches Erbteil und die Ehre und das Leben rauben? Neue Enthüllungen. Die „Wiener Allgemeine Zeitung“ veröffentlicht einen Artikel des ruſſiſchen Publiziſten Brantſchaninow, eines nahen Ver- wandten des ruſſiſchen Botſchafters in Konſtantinopel v. Giers, der zu den beſtunterrichteten ruſſiſchen Publiziſten gehört. In die- ſem Artikel, der am 11. Juli in der ruſſiſchen Zeitung „Nowoe Zweno“ erſchienen iſt, heißt es: Mit dem Gefühle tiefer Freude können wir unſeren Leſern eine Nachricht mitteilen, deren ungeheure internationale Bedeutung keines Kommentars bedarf. Wie wir aus unzweifelhaften Quellen erfuhren, wurde in London zwiſchen einer verantwortlichen engliſchen

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2023-04-27T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 42, 17. Oktober 1914, S. 610. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine42_1914/6>, abgerufen am 22.11.2024.