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Allgemeine Zeitung, Nr. 34, 3. Februar 1850.

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[Spaltenumbruch] Gebietstheiles anbieten möchte, wird kaum irgendwo größere Aner-
kennung finden als in Preußen. Hrn. B. (offenbar ist Bunsen damit
gemeint) etwa darum zum Miturheber solcher abenteuerlichen Plane zu
machen, weil er Palmerstons Freund ist, ist ein verfehltes Unternehmen,
welches an der bekannten patriotischen Haltung dieses. Staatsmannes schei-
tern muß. Ob Hr. v. St. (v. Stockmar in Coburg ist damit bezeichnet)
auf eigene Hand solche politische Ausgeburten producirte, lasse ich dahin
gestellt, jedenfalls würden die deutschen Regierungen dafür ebensowenig
die Verantwortung zu übernehmen haben, wie für die Blittersdorff'sche
Thätigkeit in der Oberpostamtszeitung. -- Unter den Candidaten für Er-
furt steht zunächst die Wahl des Ministers v. Manteuffel in einem hiesigen
Wahlbezirk fest. In der mecklenburgischen Angelegenheit hat die Regie-
rung durch ihren Commissär im betreffenden Ausschusse der ersten Kam-
mer eine vollständige Vorlage aller Actenstücke verheißen, wodurch wohl
in der verwickelten Sache manche neue Aufklärung kommen wird. -- In
der schleswig'schen Angelegenheit ist besonders durch v. Radowitz's Abwe-
senheit in Frankfurt deutscherseits ein Stillstand eingetreten.

Oesterreich.

Die Differenz zwischen Handelsmi-
nisterium und Handelskammer dauert fort. Letztere hat nunmehr eine einstim-
mig angenommene Denkschrift eingereicht, in welcher sie, sich auf das Gesetz
vom 15 Dec. 1849 stützend, ihr Recht der Begutachtung der commerciellen
Vornahmen des Ministeriums darzuthun sich bemüht. Jenes Gesetz aber
stammt aus einer Zeit in welcher Hornbostl, der jetzige Präsident der Han-
delskammer, im Ministerium Doblhoff das Portefeuille des Handels hatte.
Der Weltgeist der damals Politik machte, wenn schon in decadendo sei-
ner Wirksamkeit sich befindend, mag sich eben nicht besondere Rechenschaft
über die Zweckmäßigkeit derselben gegeben haben; da es jedoch nicht con-
stitutionell garantirt ist, so wird eine nunmehrige Modification wohl keine
rechtliche Schwierigkeit haben. In den Kronländern sollen sich nur sehr
wenige Städte für die Errichtung von Localhandelskammern ausgesprochen
haben, und es ist also zu erwarten daß, mit Ausnahme Böhmens, Ungarns
und der Lombardei, in jedem Kronlande nur eine einzige Handelskammer
mit mehreren Gewerbsvereinen gebildet wird. Ihre Befugnisse gegenüber
der Sphäre des Reichstages bedürfen noch einer besondern Bestimmung.
Dem Handelsministerium liegt jetzt ein Plan vor auf der Drau eine
Dampfschifffahrt einzurichten; außerdem werden in ihm gegenwärtig Be-
rathungen wegen Erlassung eines Schutzgesetzes gegen den Mißbrauch der
Handels- und Fabrikzeichen gepflogen.

Solange uns die Nordbahn mit ihren
Berliner Nachrichten im Stich läßt, fehlt es uns hier an allgemeinen
politischen Stoffen. Unser Handelsministerium, welches seine Plane auf
Deutschland mit der erwarteten Thätigkeit verfolgt, hat nach Frankfurt
jetzt seine Vorschläge abgehen lassen. Es ist dieß ein Glück für uns die wir
mit Oesterreich halten, denn namentlich in letzterer Zeit hat es in der offi-
ciellen und halbofficiellen Berliner Presse nicht an spöttischer Weisheit ge-
fehlt, welche den Großdeutschen einreden wollte daß jene Projecte doch nur
für die leichtgläubige Gutmüthigkeit erfunden wären. Neuerdings sind vom
Handelsministerium dem provisorischen Landtagsausschuß von Kärnthen
Zusicherungen ertheilt worden daß mit Beginn der bessern Jahreszeit Inge-
nieure in jenes Kronland gesendet werden sollen, um die Vorarbeiten für
den Eisenbahnbau zu betreiben. Ebenso soll man jetzt mit der krakau-schle-
sischen Gesellschaft wegen Ankauf der Bahn sich zu einem Abschluß geeinigt
haben. Allein alle diese Unternehmungen stehen den großartigen Planen
auf den Osten nach. Es ist wieder das Banat welches man durch rasche
Communication näher zu rücken suchen wird. Solange man damit nicht
zu Stande kommt, bleiben auch die Schätze im Osten noch ungehoben. Es
ist merkwürdig wie verschwenderisch die Natur jenes kleine Land bedacht
hat. Nicht allein daß die Cerealien in fabelhafter Fülle gewonnen werden,
auch ein Kohlenschatz ist vorhanden, von dessen Güte ein Bericht in der
heutigen Ostdeutschen-Post behauptet daß die Banater Kohle 95 Procent
Brennstoff liefere. Wie ich höre besteht schon jetzt eine sogenannte Kohlen-
bahn, allein für größere Entfernungen wird dadurch der Transport nicht
möglich. Ebenso ist es bekannt welche außerordentlichen Wasserkräfte in
der Nähe des Banates vorhanden. Welche Lockungen für einstige Indu-
strie: wohlfeile Cerealien, wohlfeile Brennstoffe, Wasserkraft! Allein so-
lange der Verkehr die Entfernung von dort nach dem Westen durch techni-
sche Mittel nicht abkürzt, bleiben das immer nur goldne Nebelbilder. Es
ist ebenso mit dem Reichthum an Früchten. Während im Banat oft um
das Zwanzig-, ja Dreißigfache das Getreide gegen die deutschen Preise wohl-
feiler ist, muß es doch am Orte verzehrt werden, weil der Transport durch
das straßenlose Ungarreich auch jene Wohlfeilheit nicht hinauf zu bringen
vermag.

Man hatte für das Jahr 1850 den Eintritt ei-
ner goldenen Zeit prophezeit; aber die Anzeichen am atmosphärischen und
politischen Himmel scheinen eben nicht dafür zu sprechen. Man erinnert
[Spaltenumbruch] sich keines solchen Temperaturwechsels wie er in den letztvergangenen Ta-
gen stattgefunden. Am 22 Jan. Abends zeigte das Thermometer eine
Kälte von 23 Graden (seit 1775 wurde nur fünfmal ein niedrigerer Stand
beobachtet); Tags darauf war bereits eine Wärme von 4 Graden, und so
wechselt fortwährend Kälte und Thauwetter. Kein Wunder daß Krank-
heiten überhand nehmen. Die Cholera erhält sich in gleichem. In der
letzten Woche bis 27 waren 14 neue Erkrankungen und 3 Todesfälle. Die
Posten, besonders die von Wien, kommen höchst unregelmäßig an. Eine
Anzahl conservativ gesinnter Bürger hat für den Feldmarschall Fürsten
Windisch-Grätz einen goldnen Lorbeerkranz verfertigen und vor einigen Ta-
gen durch eine Deputation sammt einer Dankadresse überreichen lassen.
Der Fürst äußerte bei dieser Gelegenheit daß man drei Classen von Per-
sonen annehmen könne: die Wohlgesinnten die mit der Regierung Hand
in Hand gehen, dann solche die im Ursprung der Bewegung getäuscht,
mitunter rechtliche Absichten gehabt hätten, jedoch von der Umsturzpartei
benützt worden, und endlich jene denen jede Form nur zum Vorwand für
Communismus diene um Auflösung des gesellschaftlichen Zustands her-
beizuführen. Vorgestern war die Deputation beim Fürsten zur Tafel ge-
laden. Gestern wurde derselbe vom Ministerium nach Wien berufen.
Cardinal Fürst Schwarzenberg ward zum Prager Erzbischof ernannt. Er
hat diese Ernennung nur unter der Bedingung angenommen daß der Papst
sie wünsche, und der letztere hat diesen Wunsch in einem eigenen Schrei-
ben an ihn ausgedrückt. Die von den Zeitungen gebrachte Nachricht, daß
er nur unter der Bedingung annehme wenn die von der Wiener Versamm-
lung der Bischöfe gefaßten Beschlüsse von der Regierung realisirt würden,
ist falsch. Gestern machte der Bürgermeister bekannt daß der Hr. Statt-
halter ihn mittelst Decrets vom 23 zur Vornahme der Conscription er-
mächtige, welche daher am 28 beginnen werde. Es scheint sonach daß die
von den Stadtverordneten früher anberaumte Conscription ungültig war,
weil sie um die Erlaubniß zur Vornahme nicht angesucht hatten. Ge-
stern sollte eine Versammlung derselben stattsinden, welche aber wegen
Mangel der beschlußfähigen Anzahl nicht zu Stande kam. Es scheint daß
die Tage unserer Stadtverordneten gezählt sind. Dr. J. Hoffmeister soll
von der Regierung zum Staatsprocurator für Böhmen ernannt seyn.
In zwei hiesigen Fabriken, und so auch zu Leippa und in andern deutsch-
böhmischen Städten, haben die Kattundrucker die Arbeit verweigert bis sie
einen höhern Lohn bekämen. Gestern war hier eine Versammlung der
geachtetsten Industriellen Böhmens wegen der Zolleinigungsfrage. Man
sagt im Publicum daß es mit der Sache der im Mai von der Militär-
behörde Verhafteten schlimm stehen soll. Viele von ihnen dürften wohl
nur verführt worden seyn. Trotz aller politischen Ereignisse hat die
Tanzlust in Prag nicht abgenommen; denn für den vergangenen Samstag
waren 400 Hausbälle bei der Polizei angemeldet. Man hört noch nicht
ob Hawlitschek seinen Entschluß, die Nar. Now. in Brünn herauszuge-
ben, ausführen werde. Auch die "Union" hat kürzlich von unserm Com-
mandirenden eine Mahnung zur Mäßigung erhalten.

Oesterreichische Monarchie.

Von Hermann-
stadt nahm ich die Richtung durch das Szeklerland, welches den östlich-
sten an die Moldau angränzenden Theil Siebenbürgens bildet. Mein
Reisezweck war ein zweifacher: ich wollte dieses "genus hominum bel-
licosissimum et ferocissimum"
kennen lernen; und zweitens die Stel-
lungen längs der Stromlinie des Kokok untersuchen die der Hauptkriegs-
schauplatz in Siebenbürgen gewesen, sowohl während der anfänglichen
Erfolge Bems wie nach dem Eindringen der Russen ins Land. Meine
erste Tagreise ging bis Mediasch, zu welcher auf der Karte kurzen
Strecke vier starke Pferde von 4 Uhr Morgens bis Abends 6 Uhr brauch-
ten, da Thauwetter eingefallen war, und die Straßen durch die vielen
Geschütztransporte sehr gelitten haben. Der Weg führt durch das Sach-
senland, und alle ein oder zwei Stunden kamen wir an ein Dorf dieser
Nation, welche in dieser Richtung theilweise mit der daco-romanischen
Bevölkerung untermischt wohnt; Magyaren gibt es hier wenig oder gar
keine. Der größte Theil der Gegend trägt die Spuren der vorjährigen
Kämpfe. Daß diese Sachsenorte so hitzig umstritten wurden, davon liegt zu-
nächst der Grund in ihrer eigenthümlichen Bauart. Sie sind meist auf An-
höhen erbaut, und haben noch aus dem Mittelalter her ihre ursprüngli-
chen Ringmauern, Thürme und umwallte Kirchen, so daß sich in einer
solchen dörflichen Festung ein Bataillon Infanterie wohl gegen den
Handstreich einer ebenso kleinen Streitmacht halten kann, wenn schon der
Platz einem Artillerie-Angriff nicht zu widerstehen vermag. Das Sach-
senland bildet einen völligen Contrast gegen die ungarischen Städte, wo
die frische Einströmung deutscher Gewerbsleute ganze den deutschen
Städten in andern Theilen der Monarchie ähnliche Quartiere geschaffen
hat. Eine andere Ursache warum die sächsischen Städte und Dörfer,
trotz ihres Fleißes, so geringen Fortschritt in Bevölkerung und neuerer

[Spaltenumbruch] Gebietstheiles anbieten möchte, wird kaum irgendwo größere Aner-
kennung finden als in Preußen. Hrn. B. (offenbar iſt Bunſen damit
gemeint) etwa darum zum Miturheber ſolcher abenteuerlichen Plane zu
machen, weil er Palmerſtons Freund iſt, iſt ein verfehltes Unternehmen,
welches an der bekannten patriotiſchen Haltung dieſes. Staatsmannes ſchei-
tern muß. Ob Hr. v. St. (v. Stockmar in Coburg iſt damit bezeichnet)
auf eigene Hand ſolche politiſche Ausgeburten producirte, laſſe ich dahin
geſtellt, jedenfalls würden die deutſchen Regierungen dafür ebenſowenig
die Verantwortung zu übernehmen haben, wie für die Blittersdorff’ſche
Thätigkeit in der Oberpoſtamtszeitung. — Unter den Candidaten für Er-
furt ſteht zunächſt die Wahl des Miniſters v. Manteuffel in einem hieſigen
Wahlbezirk feſt. In der mecklenburgiſchen Angelegenheit hat die Regie-
rung durch ihren Commiſſär im betreffenden Ausſchuſſe der erſten Kam-
mer eine vollſtändige Vorlage aller Actenſtücke verheißen, wodurch wohl
in der verwickelten Sache manche neue Aufklärung kommen wird. — In
der ſchleswig’ſchen Angelegenheit iſt beſonders durch v. Radowitz’s Abwe-
ſenheit in Frankfurt deutſcherſeits ein Stillſtand eingetreten.

Oeſterreich.

Die Differenz zwiſchen Handelsmi-
niſterium und Handelskammer dauert fort. Letztere hat nunmehr eine einſtim-
mig angenommene Denkſchrift eingereicht, in welcher ſie, ſich auf das Geſetz
vom 15 Dec. 1849 ſtützend, ihr Recht der Begutachtung der commerciellen
Vornahmen des Miniſteriums darzuthun ſich bemüht. Jenes Geſetz aber
ſtammt aus einer Zeit in welcher Hornboſtl, der jetzige Präſident der Han-
delskammer, im Miniſterium Doblhoff das Portefeuille des Handels hatte.
Der Weltgeiſt der damals Politik machte, wenn ſchon in decadendo ſei-
ner Wirkſamkeit ſich befindend, mag ſich eben nicht beſondere Rechenſchaft
über die Zweckmäßigkeit derſelben gegeben haben; da es jedoch nicht con-
ſtitutionell garantirt iſt, ſo wird eine nunmehrige Modification wohl keine
rechtliche Schwierigkeit haben. In den Kronländern ſollen ſich nur ſehr
wenige Städte für die Errichtung von Localhandelskammern ausgeſprochen
haben, und es iſt alſo zu erwarten daß, mit Ausnahme Böhmens, Ungarns
und der Lombardei, in jedem Kronlande nur eine einzige Handelskammer
mit mehreren Gewerbsvereinen gebildet wird. Ihre Befugniſſe gegenüber
der Sphäre des Reichstages bedürfen noch einer beſondern Beſtimmung.
Dem Handelsminiſterium liegt jetzt ein Plan vor auf der Drau eine
Dampfſchifffahrt einzurichten; außerdem werden in ihm gegenwärtig Be-
rathungen wegen Erlaſſung eines Schutzgeſetzes gegen den Mißbrauch der
Handels- und Fabrikzeichen gepflogen.

Solange uns die Nordbahn mit ihren
Berliner Nachrichten im Stich läßt, fehlt es uns hier an allgemeinen
politiſchen Stoffen. Unſer Handelsminiſterium, welches ſeine Plane auf
Deutſchland mit der erwarteten Thätigkeit verfolgt, hat nach Frankfurt
jetzt ſeine Vorſchläge abgehen laſſen. Es iſt dieß ein Glück für uns die wir
mit Oeſterreich halten, denn namentlich in letzterer Zeit hat es in der offi-
ciellen und halbofficiellen Berliner Preſſe nicht an ſpöttiſcher Weisheit ge-
fehlt, welche den Großdeutſchen einreden wollte daß jene Projecte doch nur
für die leichtgläubige Gutmüthigkeit erfunden wären. Neuerdings ſind vom
Handelsminiſterium dem proviſoriſchen Landtagsausſchuß von Kärnthen
Zuſicherungen ertheilt worden daß mit Beginn der beſſern Jahreszeit Inge-
nieure in jenes Kronland geſendet werden ſollen, um die Vorarbeiten für
den Eiſenbahnbau zu betreiben. Ebenſo ſoll man jetzt mit der krakau-ſchle-
ſiſchen Geſellſchaft wegen Ankauf der Bahn ſich zu einem Abſchluß geeinigt
haben. Allein alle dieſe Unternehmungen ſtehen den großartigen Planen
auf den Oſten nach. Es iſt wieder das Banat welches man durch raſche
Communication näher zu rücken ſuchen wird. Solange man damit nicht
zu Stande kommt, bleiben auch die Schätze im Oſten noch ungehoben. Es
iſt merkwürdig wie verſchwenderiſch die Natur jenes kleine Land bedacht
hat. Nicht allein daß die Cerealien in fabelhafter Fülle gewonnen werden,
auch ein Kohlenſchatz iſt vorhanden, von deſſen Güte ein Bericht in der
heutigen Oſtdeutſchen-Poſt behauptet daß die Banater Kohle 95 Procent
Brennſtoff liefere. Wie ich höre beſteht ſchon jetzt eine ſogenannte Kohlen-
bahn, allein für größere Entfernungen wird dadurch der Transport nicht
möglich. Ebenſo iſt es bekannt welche außerordentlichen Waſſerkräfte in
der Nähe des Banates vorhanden. Welche Lockungen für einſtige Indu-
ſtrie: wohlfeile Cerealien, wohlfeile Brennſtoffe, Waſſerkraft! Allein ſo-
lange der Verkehr die Entfernung von dort nach dem Weſten durch techni-
ſche Mittel nicht abkürzt, bleiben das immer nur goldne Nebelbilder. Es
iſt ebenſo mit dem Reichthum an Früchten. Während im Banat oft um
das Zwanzig-, ja Dreißigfache das Getreide gegen die deutſchen Preiſe wohl-
feiler iſt, muß es doch am Orte verzehrt werden, weil der Transport durch
das ſtraßenloſe Ungarreich auch jene Wohlfeilheit nicht hinauf zu bringen
vermag.

Man hatte für das Jahr 1850 den Eintritt ei-
ner goldenen Zeit prophezeit; aber die Anzeichen am atmoſphäriſchen und
politiſchen Himmel ſcheinen eben nicht dafür zu ſprechen. Man erinnert
[Spaltenumbruch] ſich keines ſolchen Temperaturwechſels wie er in den letztvergangenen Ta-
gen ſtattgefunden. Am 22 Jan. Abends zeigte das Thermometer eine
Kälte von 23 Graden (ſeit 1775 wurde nur fünfmal ein niedrigerer Stand
beobachtet); Tags darauf war bereits eine Wärme von 4 Graden, und ſo
wechſelt fortwährend Kälte und Thauwetter. Kein Wunder daß Krank-
heiten überhand nehmen. Die Cholera erhält ſich in gleichem. In der
letzten Woche bis 27 waren 14 neue Erkrankungen und 3 Todesfälle. Die
Poſten, beſonders die von Wien, kommen höchſt unregelmäßig an. Eine
Anzahl conſervativ geſinnter Bürger hat für den Feldmarſchall Fürſten
Windiſch-Grätz einen goldnen Lorbeerkranz verfertigen und vor einigen Ta-
gen durch eine Deputation ſammt einer Dankadreſſe überreichen laſſen.
Der Fürſt äußerte bei dieſer Gelegenheit daß man drei Claſſen von Per-
ſonen annehmen könne: die Wohlgeſinnten die mit der Regierung Hand
in Hand gehen, dann ſolche die im Urſprung der Bewegung getäuſcht,
mitunter rechtliche Abſichten gehabt hätten, jedoch von der Umſturzpartei
benützt worden, und endlich jene denen jede Form nur zum Vorwand für
Communismus diene um Auflöſung des geſellſchaftlichen Zuſtands her-
beizuführen. Vorgeſtern war die Deputation beim Fürſten zur Tafel ge-
laden. Geſtern wurde derſelbe vom Miniſterium nach Wien berufen.
Cardinal Fürſt Schwarzenberg ward zum Prager Erzbiſchof ernannt. Er
hat dieſe Ernennung nur unter der Bedingung angenommen daß der Papſt
ſie wünſche, und der letztere hat dieſen Wunſch in einem eigenen Schrei-
ben an ihn ausgedrückt. Die von den Zeitungen gebrachte Nachricht, daß
er nur unter der Bedingung annehme wenn die von der Wiener Verſamm-
lung der Biſchöfe gefaßten Beſchlüſſe von der Regierung realiſirt würden,
iſt falſch. Geſtern machte der Bürgermeiſter bekannt daß der Hr. Statt-
halter ihn mittelſt Decrets vom 23 zur Vornahme der Conſcription er-
mächtige, welche daher am 28 beginnen werde. Es ſcheint ſonach daß die
von den Stadtverordneten früher anberaumte Conſcription ungültig war,
weil ſie um die Erlaubniß zur Vornahme nicht angeſucht hatten. Ge-
ſtern ſollte eine Verſammlung derſelben ſtattſinden, welche aber wegen
Mangel der beſchlußfähigen Anzahl nicht zu Stande kam. Es ſcheint daß
die Tage unſerer Stadtverordneten gezählt ſind. Dr. J. Hoffmeiſter ſoll
von der Regierung zum Staatsprocurator für Böhmen ernannt ſeyn.
In zwei hieſigen Fabriken, und ſo auch zu Leippa und in andern deutſch-
böhmiſchen Städten, haben die Kattundrucker die Arbeit verweigert bis ſie
einen höhern Lohn bekämen. Geſtern war hier eine Verſammlung der
geachtetſten Induſtriellen Böhmens wegen der Zolleinigungsfrage. Man
ſagt im Publicum daß es mit der Sache der im Mai von der Militär-
behörde Verhafteten ſchlimm ſtehen ſoll. Viele von ihnen dürften wohl
nur verführt worden ſeyn. Trotz aller politiſchen Ereigniſſe hat die
Tanzluſt in Prag nicht abgenommen; denn für den vergangenen Samſtag
waren 400 Hausbälle bei der Polizei angemeldet. Man hört noch nicht
ob Hawlitſchek ſeinen Entſchluß, die Nar. Now. in Brünn herauszuge-
ben, ausführen werde. Auch die „Union“ hat kürzlich von unſerm Com-
mandirenden eine Mahnung zur Mäßigung erhalten.

Oeſterreichiſche Monarchie.

Von Hermann-
ſtadt nahm ich die Richtung durch das Szeklerland, welches den öſtlich-
ſten an die Moldau angränzenden Theil Siebenbürgens bildet. Mein
Reiſezweck war ein zweifacher: ich wollte dieſes „genus hominum bel-
licosissimum et ferocissimum“
kennen lernen; und zweitens die Stel-
lungen längs der Stromlinie des Kokok unterſuchen die der Hauptkriegs-
ſchauplatz in Siebenbürgen geweſen, ſowohl während der anfänglichen
Erfolge Bems wie nach dem Eindringen der Ruſſen ins Land. Meine
erſte Tagreiſe ging bis Mediaſch, zu welcher auf der Karte kurzen
Strecke vier ſtarke Pferde von 4 Uhr Morgens bis Abends 6 Uhr brauch-
ten, da Thauwetter eingefallen war, und die Straßen durch die vielen
Geſchütztransporte ſehr gelitten haben. Der Weg führt durch das Sach-
ſenland, und alle ein oder zwei Stunden kamen wir an ein Dorf dieſer
Nation, welche in dieſer Richtung theilweiſe mit der daco-romaniſchen
Bevölkerung untermiſcht wohnt; Magyaren gibt es hier wenig oder gar
keine. Der größte Theil der Gegend trägt die Spuren der vorjährigen
Kämpfe. Daß dieſe Sachſenorte ſo hitzig umſtritten wurden, davon liegt zu-
nächſt der Grund in ihrer eigenthümlichen Bauart. Sie ſind meiſt auf An-
höhen erbaut, und haben noch aus dem Mittelalter her ihre urſprüngli-
chen Ringmauern, Thürme und umwallte Kirchen, ſo daß ſich in einer
ſolchen dörflichen Feſtung ein Bataillon Infanterie wohl gegen den
Handſtreich einer ebenſo kleinen Streitmacht halten kann, wenn ſchon der
Platz einem Artillerie-Angriff nicht zu widerſtehen vermag. Das Sach-
ſenland bildet einen völligen Contraſt gegen die ungariſchen Städte, wo
die friſche Einſtrömung deutſcher Gewerbsleute ganze den deutſchen
Städten in andern Theilen der Monarchie ähnliche Quartiere geſchaffen
hat. Eine andere Urſache warum die ſächſiſchen Städte und Dörfer,
trotz ihres Fleißes, ſo geringen Fortſchritt in Bevölkerung und neuerer

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[532/0004] Gebietstheiles anbieten möchte, wird kaum irgendwo größere Aner- kennung finden als in Preußen. Hrn. B. (offenbar iſt Bunſen damit gemeint) etwa darum zum Miturheber ſolcher abenteuerlichen Plane zu machen, weil er Palmerſtons Freund iſt, iſt ein verfehltes Unternehmen, welches an der bekannten patriotiſchen Haltung dieſes. Staatsmannes ſchei- tern muß. Ob Hr. v. St. (v. Stockmar in Coburg iſt damit bezeichnet) auf eigene Hand ſolche politiſche Ausgeburten producirte, laſſe ich dahin geſtellt, jedenfalls würden die deutſchen Regierungen dafür ebenſowenig die Verantwortung zu übernehmen haben, wie für die Blittersdorff’ſche Thätigkeit in der Oberpoſtamtszeitung. — Unter den Candidaten für Er- furt ſteht zunächſt die Wahl des Miniſters v. Manteuffel in einem hieſigen Wahlbezirk feſt. In der mecklenburgiſchen Angelegenheit hat die Regie- rung durch ihren Commiſſär im betreffenden Ausſchuſſe der erſten Kam- mer eine vollſtändige Vorlage aller Actenſtücke verheißen, wodurch wohl in der verwickelten Sache manche neue Aufklärung kommen wird. — In der ſchleswig’ſchen Angelegenheit iſt beſonders durch v. Radowitz’s Abwe- ſenheit in Frankfurt deutſcherſeits ein Stillſtand eingetreten. Oeſterreich.— Wien, 30 Jan. Die Differenz zwiſchen Handelsmi- niſterium und Handelskammer dauert fort. Letztere hat nunmehr eine einſtim- mig angenommene Denkſchrift eingereicht, in welcher ſie, ſich auf das Geſetz vom 15 Dec. 1849 ſtützend, ihr Recht der Begutachtung der commerciellen Vornahmen des Miniſteriums darzuthun ſich bemüht. Jenes Geſetz aber ſtammt aus einer Zeit in welcher Hornboſtl, der jetzige Präſident der Han- delskammer, im Miniſterium Doblhoff das Portefeuille des Handels hatte. Der Weltgeiſt der damals Politik machte, wenn ſchon in decadendo ſei- ner Wirkſamkeit ſich befindend, mag ſich eben nicht beſondere Rechenſchaft über die Zweckmäßigkeit derſelben gegeben haben; da es jedoch nicht con- ſtitutionell garantirt iſt, ſo wird eine nunmehrige Modification wohl keine rechtliche Schwierigkeit haben. In den Kronländern ſollen ſich nur ſehr wenige Städte für die Errichtung von Localhandelskammern ausgeſprochen haben, und es iſt alſo zu erwarten daß, mit Ausnahme Böhmens, Ungarns und der Lombardei, in jedem Kronlande nur eine einzige Handelskammer mit mehreren Gewerbsvereinen gebildet wird. Ihre Befugniſſe gegenüber der Sphäre des Reichstages bedürfen noch einer beſondern Beſtimmung. Dem Handelsminiſterium liegt jetzt ein Plan vor auf der Drau eine Dampfſchifffahrt einzurichten; außerdem werden in ihm gegenwärtig Be- rathungen wegen Erlaſſung eines Schutzgeſetzes gegen den Mißbrauch der Handels- und Fabrikzeichen gepflogen. ss Wien, 30 Jan. Solange uns die Nordbahn mit ihren Berliner Nachrichten im Stich läßt, fehlt es uns hier an allgemeinen politiſchen Stoffen. Unſer Handelsminiſterium, welches ſeine Plane auf Deutſchland mit der erwarteten Thätigkeit verfolgt, hat nach Frankfurt jetzt ſeine Vorſchläge abgehen laſſen. Es iſt dieß ein Glück für uns die wir mit Oeſterreich halten, denn namentlich in letzterer Zeit hat es in der offi- ciellen und halbofficiellen Berliner Preſſe nicht an ſpöttiſcher Weisheit ge- fehlt, welche den Großdeutſchen einreden wollte daß jene Projecte doch nur für die leichtgläubige Gutmüthigkeit erfunden wären. Neuerdings ſind vom Handelsminiſterium dem proviſoriſchen Landtagsausſchuß von Kärnthen Zuſicherungen ertheilt worden daß mit Beginn der beſſern Jahreszeit Inge- nieure in jenes Kronland geſendet werden ſollen, um die Vorarbeiten für den Eiſenbahnbau zu betreiben. Ebenſo ſoll man jetzt mit der krakau-ſchle- ſiſchen Geſellſchaft wegen Ankauf der Bahn ſich zu einem Abſchluß geeinigt haben. Allein alle dieſe Unternehmungen ſtehen den großartigen Planen auf den Oſten nach. Es iſt wieder das Banat welches man durch raſche Communication näher zu rücken ſuchen wird. Solange man damit nicht zu Stande kommt, bleiben auch die Schätze im Oſten noch ungehoben. Es iſt merkwürdig wie verſchwenderiſch die Natur jenes kleine Land bedacht hat. Nicht allein daß die Cerealien in fabelhafter Fülle gewonnen werden, auch ein Kohlenſchatz iſt vorhanden, von deſſen Güte ein Bericht in der heutigen Oſtdeutſchen-Poſt behauptet daß die Banater Kohle 95 Procent Brennſtoff liefere. Wie ich höre beſteht ſchon jetzt eine ſogenannte Kohlen- bahn, allein für größere Entfernungen wird dadurch der Transport nicht möglich. Ebenſo iſt es bekannt welche außerordentlichen Waſſerkräfte in der Nähe des Banates vorhanden. Welche Lockungen für einſtige Indu- ſtrie: wohlfeile Cerealien, wohlfeile Brennſtoffe, Waſſerkraft! Allein ſo- lange der Verkehr die Entfernung von dort nach dem Weſten durch techni- ſche Mittel nicht abkürzt, bleiben das immer nur goldne Nebelbilder. Es iſt ebenſo mit dem Reichthum an Früchten. Während im Banat oft um das Zwanzig-, ja Dreißigfache das Getreide gegen die deutſchen Preiſe wohl- feiler iſt, muß es doch am Orte verzehrt werden, weil der Transport durch das ſtraßenloſe Ungarreich auch jene Wohlfeilheit nicht hinauf zu bringen vermag. ♀ Prag, 29 Jan. Man hatte für das Jahr 1850 den Eintritt ei- ner goldenen Zeit prophezeit; aber die Anzeichen am atmoſphäriſchen und politiſchen Himmel ſcheinen eben nicht dafür zu ſprechen. Man erinnert ſich keines ſolchen Temperaturwechſels wie er in den letztvergangenen Ta- gen ſtattgefunden. Am 22 Jan. Abends zeigte das Thermometer eine Kälte von 23 Graden (ſeit 1775 wurde nur fünfmal ein niedrigerer Stand beobachtet); Tags darauf war bereits eine Wärme von 4 Graden, und ſo wechſelt fortwährend Kälte und Thauwetter. Kein Wunder daß Krank- heiten überhand nehmen. Die Cholera erhält ſich in gleichem. In der letzten Woche bis 27 waren 14 neue Erkrankungen und 3 Todesfälle. Die Poſten, beſonders die von Wien, kommen höchſt unregelmäßig an. Eine Anzahl conſervativ geſinnter Bürger hat für den Feldmarſchall Fürſten Windiſch-Grätz einen goldnen Lorbeerkranz verfertigen und vor einigen Ta- gen durch eine Deputation ſammt einer Dankadreſſe überreichen laſſen. Der Fürſt äußerte bei dieſer Gelegenheit daß man drei Claſſen von Per- ſonen annehmen könne: die Wohlgeſinnten die mit der Regierung Hand in Hand gehen, dann ſolche die im Urſprung der Bewegung getäuſcht, mitunter rechtliche Abſichten gehabt hätten, jedoch von der Umſturzpartei benützt worden, und endlich jene denen jede Form nur zum Vorwand für Communismus diene um Auflöſung des geſellſchaftlichen Zuſtands her- beizuführen. Vorgeſtern war die Deputation beim Fürſten zur Tafel ge- laden. Geſtern wurde derſelbe vom Miniſterium nach Wien berufen. Cardinal Fürſt Schwarzenberg ward zum Prager Erzbiſchof ernannt. Er hat dieſe Ernennung nur unter der Bedingung angenommen daß der Papſt ſie wünſche, und der letztere hat dieſen Wunſch in einem eigenen Schrei- ben an ihn ausgedrückt. Die von den Zeitungen gebrachte Nachricht, daß er nur unter der Bedingung annehme wenn die von der Wiener Verſamm- lung der Biſchöfe gefaßten Beſchlüſſe von der Regierung realiſirt würden, iſt falſch. Geſtern machte der Bürgermeiſter bekannt daß der Hr. Statt- halter ihn mittelſt Decrets vom 23 zur Vornahme der Conſcription er- mächtige, welche daher am 28 beginnen werde. Es ſcheint ſonach daß die von den Stadtverordneten früher anberaumte Conſcription ungültig war, weil ſie um die Erlaubniß zur Vornahme nicht angeſucht hatten. Ge- ſtern ſollte eine Verſammlung derſelben ſtattſinden, welche aber wegen Mangel der beſchlußfähigen Anzahl nicht zu Stande kam. Es ſcheint daß die Tage unſerer Stadtverordneten gezählt ſind. Dr. J. Hoffmeiſter ſoll von der Regierung zum Staatsprocurator für Böhmen ernannt ſeyn. In zwei hieſigen Fabriken, und ſo auch zu Leippa und in andern deutſch- böhmiſchen Städten, haben die Kattundrucker die Arbeit verweigert bis ſie einen höhern Lohn bekämen. Geſtern war hier eine Verſammlung der geachtetſten Induſtriellen Böhmens wegen der Zolleinigungsfrage. Man ſagt im Publicum daß es mit der Sache der im Mai von der Militär- behörde Verhafteten ſchlimm ſtehen ſoll. Viele von ihnen dürften wohl nur verführt worden ſeyn. Trotz aller politiſchen Ereigniſſe hat die Tanzluſt in Prag nicht abgenommen; denn für den vergangenen Samſtag waren 400 Hausbälle bei der Polizei angemeldet. Man hört noch nicht ob Hawlitſchek ſeinen Entſchluß, die Nar. Now. in Brünn herauszuge- ben, ausführen werde. Auch die „Union“ hat kürzlich von unſerm Com- mandirenden eine Mahnung zur Mäßigung erhalten. Oeſterreichiſche Monarchie.(Corrſp. der Times.) Udvarhely, 28 Dec. Von Hermann- ſtadt nahm ich die Richtung durch das Szeklerland, welches den öſtlich- ſten an die Moldau angränzenden Theil Siebenbürgens bildet. Mein Reiſezweck war ein zweifacher: ich wollte dieſes „genus hominum bel- licosissimum et ferocissimum“ kennen lernen; und zweitens die Stel- lungen längs der Stromlinie des Kokok unterſuchen die der Hauptkriegs- ſchauplatz in Siebenbürgen geweſen, ſowohl während der anfänglichen Erfolge Bems wie nach dem Eindringen der Ruſſen ins Land. Meine erſte Tagreiſe ging bis Mediaſch, zu welcher auf der Karte kurzen Strecke vier ſtarke Pferde von 4 Uhr Morgens bis Abends 6 Uhr brauch- ten, da Thauwetter eingefallen war, und die Straßen durch die vielen Geſchütztransporte ſehr gelitten haben. Der Weg führt durch das Sach- ſenland, und alle ein oder zwei Stunden kamen wir an ein Dorf dieſer Nation, welche in dieſer Richtung theilweiſe mit der daco-romaniſchen Bevölkerung untermiſcht wohnt; Magyaren gibt es hier wenig oder gar keine. Der größte Theil der Gegend trägt die Spuren der vorjährigen Kämpfe. Daß dieſe Sachſenorte ſo hitzig umſtritten wurden, davon liegt zu- nächſt der Grund in ihrer eigenthümlichen Bauart. Sie ſind meiſt auf An- höhen erbaut, und haben noch aus dem Mittelalter her ihre urſprüngli- chen Ringmauern, Thürme und umwallte Kirchen, ſo daß ſich in einer ſolchen dörflichen Feſtung ein Bataillon Infanterie wohl gegen den Handſtreich einer ebenſo kleinen Streitmacht halten kann, wenn ſchon der Platz einem Artillerie-Angriff nicht zu widerſtehen vermag. Das Sach- ſenland bildet einen völligen Contraſt gegen die ungariſchen Städte, wo die friſche Einſtrömung deutſcher Gewerbsleute ganze den deutſchen Städten in andern Theilen der Monarchie ähnliche Quartiere geſchaffen hat. Eine andere Urſache warum die ſächſiſchen Städte und Dörfer, trotz ihres Fleißes, ſo geringen Fortſchritt in Bevölkerung und neuerer

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 34, 3. Februar 1850, S. 532. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine34_1850/4>, abgerufen am 29.06.2024.