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Allgemeine Zeitung, Nr. 343, 11. Dezember 1890.

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Donnerstag,
Drittes Morgenblatt, Nr. 343 der Allgemeinen Zeitung.
11. December 1890.


[Spaltenumbruch]
Die Schulconferenz in Berlin.

Der telegraphisch kurz skizzirte Bericht
bes "Reichs-Anzeigers" über die Sitzung der Schulconferenz
am 5. d. lautet vollständig:

In der heutigen Sitzung wurde die Berathung der Frage
wegen Herstellung eines gemeinsamen Unterbaues für die bestehen-
den Schularten fortgesetzt. Den Vorsitz führte der Ministerial-
director Wirkl. Geh. Oberregierungsrath de la Croix.

Zur Ergänzung seiner gestrigen Ausführungen sprach zunächst
nochmals Gymnasialdirector Uhlig, indem er der im Bericht über
die gestrige Sitzung bezeichneten These als zweite These an die
Seite setzte:

Wenn auch keine der beiden unter 2a und 2b (der Frage-
stellung) bezeichneten Combinationen als eine Schulgestaltung an-
gesehen werden kann, deren durchgehende Einführung erstrebens-
werth erschiene, so bieten sie doch beide einige eigenthümliche
Vortheile, welche empfehlen, keine auszuschließen, sondern je nach
den örtlichen Bedürfnissen hier die eine, dort die andere zu-
zulassen.

Als Mitberichterstatter nahmen das Wort der Gymnasial-
director Geheime Oberschulrath Professor Dr. Schiller aus
Gießen und der Realgymnasialdirector Dr. Schlee aus Altona.
Ersterer begründete unter eingehender Erläuterung eines speciellen
Lehrplanes folgende Thesen:

1) Eine definitive Ordnung des höheren Schulwesens wird
nur zwei Schularten zu belassen haben, das reformirte Gymna-
sium und die lateinlose Real- bezw. Oberrealschule. Die be-
stehenden Realgymnasten würden sich nach den örtlichen Bedürf-
nissen in Gymnasien oder in Oberrealschulen verwandeln.

Da die vorgeschlagene Umgestaltung in Folge der nothwen-
digen Versuche voraussichtlich einige Zeit beanspruchen würde, so
empfiehlt sich, wenn aus socialen und wirthschaftlichen Rücksichten
ein möglichst weitgehender Unterbau nothwendig erscheinen sollte,
und unter der Annahme, daß zunächst das Realgymnasium als
besondere Schulgattung erhalten bleiben wird,

2) die Verbindung von Realgymnastum und Gymnastum
wegen der Einfachheit der Aussührung und wegen der sofortigen
Möglichkeit etwa nöthig erscheinender Versuche am meisten. Es
ließe sich ein gemeinsamer Unterbau bis OIII einschl. nach
dem angeschlossenen Plan herstellen; dabei wären von UIII ab
Englisch und Griechisch facultativ einzuführen, von UII ab würde
für das Realgymnasium im wesentlichen der Lehrplan der Ober-
realschule durchzuführen sein.

3) Eine solche Vereinigung würde sowohl dem Gymnasium
als dem Realgymnasium sofort erhebliche Vortheile bringen, eine
künstige etwaige Ueberleitung zur Herstellung eines gemeinsamen
Unterbaues bis zur VI oder V vorbereiten und erleichtern und
den Anschluß der lateinlosen höheren Bürgerschule an die Ober-
stufe des Realgymnastums (von OII ab) gestatten.

4) Die Zurückschiebung des Lateinischen nach UIII und die
Ergänzung der lateinlosen unteren Classen zu einer höheren
Bürgerschule aufwärts würde zwar der ursprünglichen Entwick-
lung der Realschule mehr entsprechen. Aber sie hat den Nach-
theil, daß sie auf der oberen Stufe die Concentration auf die
neueren Sprachen erschwert; ebenso wenig wird durch jene Ein-
richtung das entschiedene Uebergewicht eines Lehrgegenstandes
durchgehends herbeigeführt.

Realgymnasialdirector Dr. Schlee stellte folgende Thesen auf:

1) Die Ueberlastung der Gymnasien mit ungeeigneten
Schülern, übergroßer Zudrang zu den gelehrten Berufsarten,
namentlich aber die verfehlte Schulbildung bei der großen Mehr-
zahl der vom Gymnasium abgehenden Schüler fordern eine
Schuleinrichtung, welche die Trennung der Schularten und die
Wahl zwischen denselben auf eine spätere Stufe verschiebt, ohne
daß einerseits die geeignete Vorbildung für einen gewerblichen
Beruf versäumt und andrerseits eine spätere Vorbereitung für
ein akademisches oder technisches Studium unmöglich gemacht
wird: einen den höheren Schulen gemeinsamen Unterbau.

2) Es empfiehlt sich, den gemeinsamen Unterbau für mehrere
höhere Schulen auf Grund einer neueren Sprache zu errichten.
Insbesondere ist die französische Sprache zu dem Zweck geeignet.

3) Das dem lateinischen Unterricht auf den Realgymnasien
durch die Lehrpläne von 1882 gesteckte Ziel läßt sich ohne
Schwierigkeit erreichen, wenn dieser Unterricht in Unter-Tertia
begonnen wird und in jeder Classe mindestens sechs Stunden
wöchentlich erhält.

4) Der Unterbau eines solchen Realgymnasiums eignet sich
auch zum Unterbau eines humanistischen Gymnasiums.

5) Wo eine höhere Bürgerschule die einzige höhere Schule
des Ortes ist und nur wenige Schüler später ein Realgymnasium
oder Gymnasium besuchen sollen, empfiehlt es sich, an der An-
[Spaltenumbruch] stalt einen facultativen Unterricht im Lateinischen anzuordnen
und dagegen Erleichterung in anderen Gegenständen zu ge-
währen.

6) Damit Unter-Secundaner einer solchen höheren Bürger-
schule auch in die Ober-Secunda eines Gymnasiums eintreten
können, empfiehlt es sich, einige Gymnasien in kleineren, dazu
besonders geeigneten Orten in solche aus höherer Bürgerschule
und Obergymnasium zusammengesetzte Anstalten umzuwandeln
und mit denselben ein Internat zu verbinden, das namentlich
befähigten Söhnen von Beamten, welche kein Gymnasium in
ihrer Nähe haben, Aufnahme unter erleichternden Bedingungen
bieten kann.

In der hieran anschließenden Debatte bemerkte Geheimer
Oberregierungsrath Stauder, daß die Commissare des Mi-
nisteriums der geistlichen etc. Angelegenheiten sich in ihren Aeuße-
rungen auf thatsächliche Berichtigungen und Erläuterungen be-
schränken würden, welche den Gang der Verhandlungen zu fördern
geeignet wären. Er theilte mit, daß der Cultusminister geneigt
sei, in der Aufstellung der Lehrpläne nach individuellen und
provinciellen Verhältnissen eine gewisse Freiheit der Bewegung zu
gestatten.

Geheimer Oberregierungsrath Dr. Wehrenpfennig er-
läuterte hierauf die den Conferenzmitgliedern vorgelegten statistischen
Tabellen.

Der Commissar des landwirthschaftlichen Ministeriums er-
örterte hierauf die Stellung des Gymnasiums im Verhältniß zu
den Anforderungen des Erwerbslebens, Geheimer Medicinalrath
Prof. Dr. Virchow im Verhältniß zu den Anforderungen des
medicinischen und naturwissenschaftlichen Studiums. An der weiteren
Discussion betheiligten sich aus der Mitte der Versammlung die
HH. Directoren Holzmüller und Frick, Geheimer Ober-
regierungsrath Dr. Hinzpeter, Abt D. Uhlhorn, Fürstbischof
Dr. Kopp, die Directoren Jaeger und Matthias, sowie der
Dr. Göring und Geheimer Regierungsrath Ende.

Die Ausführungen des ersten Mitberichterstatters zur Frage
des Lehrplans in den Gymnasien, Geheimen Regierungsraths
Dr. Kruse, faßt der "Reichs-Anz." in folgender Weise zu-
sammen:

"Eine Beschränkung des altsprachlichen Unterrichts ist nicht zu
empfehlen. Der lateinische Auffatz und das griechische Versetzungs-
extemporale für I sind jedoch zu entbehren. Zur Verminderung
der Stundenzahl können in der VI die Zeichenstunden, die Ge-
schichtsstunde und die dritte Religionsstunde wegfallen. In V ist
das Französische nicht nur entbehrlich, sondern schädlich. Das Eng-
lische wird, wie bisher, facultativ zuzulassen sein, ebenso der
Zeichenunterricht in den oberen Classen. Die Ermäßigung der
Lehrziele, also die Verminderung des Lehrstoffs, ist auf Directoren-
Conferenzen mehrfach ins Auge gefaßt, bedarf aber noch genauerer
Feststellung."

Die von dem zweiten Mitberichterstatter Rector Dr. Volk-
mann
aufgestellten Thesen lauteten:

"1) Eine weitere Beschränkung der den alten Sprachen ge-
widmeten Stundenzahl, als sie durch den Lehrplan vom 31. März
1882 angeordnet worden ist, würde den erfolgreichen Betrieb des
Unterrichts ernstlich gefährden und darf deßhalb nicht in Aussicht
genommen werden. 2) Erscheint eine Beschränkung der gesammten
Stundenzahl in den unteren Classen geboten oder wünschenswerth,
so ist dieses Ziel für Quinta oder Quarta durch Verminderung
der französischen Stunden zu erreichen. 3) Facultativer Unterricht
im Englischen ist von Untersecunda ab, parallel mit dem Unter-
richt im Hebräischen, zulässig. 4) Es ist wünschenswerth, daß der
Zeichenunterricht mindestens für die beiden Tertien obligatorisch
gemacht werde. 5) Ein Verzicht auf den lateinischen Aussatz als
Zielleistung ist unbedenklich, sobald eine methodische Anleitung zum
Uebertragen deutscher Originalstücke ins Lateinische an die Stelle
tritt. 6) Der griechischen schriftlichen Versetzungsarbeit für Prima
ist ein Werth von irgend welchem Betrag nicht beizumessen."

Als dritter Mitherichterstatter sprach Geheimer Regierungs-
rath Dr. Schottmüller über folgende Thesen:

"1) Die den alten Sprachen im Lehrplane der Gymnasien
gewidmete Stundenzahl ist einzuschränken: a. nicht sowohl um
die Unterrichsstunden nur in den unteren, als vielmehr in allen
Classen herabzusetzen, sodann b. um den durch die neue Welt-
stellung Deutschlands gesteigerten Anforderungen auch anderer
Wissensgebiete gerecht zu werden; c. um die von den dazu meist-
berechtigten Factoren, den Familien und den Aerzten, geforderte
Entlastung der Schüler herbeizuführen. 2) Das Fortfallen des
lateinischen Aufsatzes und des griechischen Seriptum für die Ver-
setzung nach Prima genügen allein noch nicht, um bei vermin-
derter Stundenzahl der Verflachung des Unterrichts vorzubeugen:
es muß eine weitere Ermäßigung der Lehrziele eintreten, um
jenem drohenden Uebelstande vorzubeugen, d. h. es sind einige
[Spaltenumbruch] der bisher schon auf den Gymnasien behandelten Wissenszweige
der Universität vorzubehalten. 3) Der Unterricht im Zeichnen ist
wenigstens bis IIb inclusive obligatorisch zu ertheilen. 4) Der
Unterricht im Englischen ist ebenfalls obligatorisch zu machen,
braucht aber erst in IIa mit je drei Stunden zu beginnen."

In der Discussion legte der Präsident der Physikalisch-
technischen Reichsanstalt, Professor Dr. v. Helmholtz, ein-
gehend die Anforderungen dar, welche vom Standpunkt des
naturwissenschaftlichen Studiums an den Gymnasialunterricht
zu stellen seien. Diese Anforderungen, welche hauptsächlich den
Unterricht im Deutschen beträfen, seien ohne Vermehrung der
Stundenzahl zu erreichen. Geheimer Ober-Regierungsrath
Dr. Stauder machte einige thatsächliche Mittheilungen. Er
sprach sich dahin aus, daß eine Verminderung der Stundenzahl
nur im Wege der Einschränkung des altsprachlichen Unterrichts
zu ermöglichen sei.

Zur Sache sprachen noch Fabrikbesitzer Frowein und Geh.
Sanitätsrath Dr. Graf (Beide aus Elberfeld), Professor Dr.
Rehrmann (als Commissar des Kriegsministeriums), Oberschul-
rath, Geh. Rath Dr. Albrecht (aus Straßburg), Gymnasial-
director Dr. Schulze (von Berlin) und Dr. Kropatscheck.

In der Sitzung am 6. d. M. sprachen nach Schluß der
Discussion über die Frage wegen Herstellung eines gemeinschaft-
lichen Unterbaues für die bestehenden Schularten als Mitbericht-
erstatter zu derselben nochmals Geh. Rath Schiller und Director
Schlee. Der Berichterstatter Director Uhlig hatte das Schluß-
wort. Die Abstimmung über die zur Erörterung stehende Frage
wurde einstweilen ausgesetzt. Dieselbe soll (wie schon telegraphisch
berichtet) im Zusammenhang mit der Abstimmung über die Fragen
wegen Beibehaltung der bestehenden Schularten und wegen Ver-
änderung des Lehrplanes der Gymnasien und Realgymnasien statt-
finden. Die Formulirung der für die Abstimmung geeigneten
Fragen wurde einer besonderen Commission unter Mitwirkung der
Commissare des Cultusministeriums übertragen. Sodann wurde zur
Berathung der Frage übergegangen: "Empfiehlt es sich, im Lehr-
plan der Gymnasien die den alten Sprachen gewidmete Stunden-
zahl einzuschränken, und es so zu ermöglichen, daß die Unterrichts-
stunden in den drei unteren Classen herabgesetzt, das Englische
facultativ eingeführt und das Zeichnen über Quarta hinaus obli-
gatorisch gemacht wird? Ist mit jener Einschränkung zugleich der
lateinische Aufsatz als Zielleistung und die griechische schriftliche
Versetzungsarbeit für Prima in Wegfall zu bringen?" Im Zu-
sammenhang mit dieser Frage soll zugleich die von Sr. Maj. dem
Kaiser angeordnete Erörterung der Frage stattfinden: "Ist die
Ermäßigung der Lehrziele, also die Verminderung des Lehr-
stoffes, scharf ins Auge gefaßt und wenigstens das Ausscheidende
genau festgestellt?" Als Verichterstatter erhielt das Wort Ober-
lehrer Dr. Hornemann (aus Hannover), welcher in eingehender
Begründung die nachbezeichneten Thesen befürwortete:

1) Die dem Lateinischen gewidmete Stundenzahl kann von
Quarta an aufwärts um je zwei Wochenstunden herabgesetzt werden,
weil der gesonderte Betrieb der Grammatik mit Uebungen im Ueber-
setzen aus dem Deutschen eine starke Einschränkung erfahren, die
Lectüre einer weiteren Sichtung unterworfen und die Uebung im
freien mündlichen und schristlichen Gebrauche des Lateinischen als
Ziel des Unterrichts aufgegeben werden kann. Ob auch in Sexta
und Quinta eine Herabsetzung der Stundenzahl des Lateinischen
möglich sein wird, hängt von weiteren Versuchen mit einer ver-
besserten Methode des fremdsprachlichen Anfangsunterrichts ab. Da-
gegen kann eine erhebliche Verminderung der häuslichen Arbeiten
für das Lateinische durch Verlegung der Hauptarbeit in die Classe
sofort eintreten. 2) Für das Griechische genügen sechs wöchentliche
Lehrstunden von Unter-Tertia an aufwärts, wenn zugleich die Gram-
matik wirklich auf das für ein gründliches Verständniß der Schrift-
steller nothwendige Maß beschränkt und ihr Betrieb eng an die Lectüre
angelehnt wird. Die schriftliche Arbeit zur Versetzung nach Prima
kann wegfallen. 3) Es empfiehlt sich, das Englische in der an
den Gymnasien der Provinz Hannover bestehenden Weise von
Untersecunda an aufwärts mit je zwei wöchentlichen Lehrstunden
in den Lehrplan aufzunehmen. 4) Der Zeichenunterricht
kann in Sexta wegfallen, muß dann aber über die Quarta hinaus
bis zur Obersecunda einschließlich als Pflichtfach mit je zwei
Wochenstunden fortgeführt werden; in Prima bleibt er besser
Wahlfach wie bisher. 5) Das Hebräische bleibt der Universität
vorbehalten. Vemerkung: Durch die in obigen Thesen vorgeschlage-
nen Aenderungen des Stundenvertheilungsplanes wird zugleich
erreicht, daß in den drei unteren Classen die Gesammtstundenzahl
um je zwei Stunden wöchentlich ermäßigt werden kann.

Als Mitberichterstatter sprachen hierauf der Provincialschul-
rath, Geh. Regierungsrath Dr. Kruse aus Danzig und der Rector
der Landesschule in Pforta Dr. Volkmann.




[Spaltenumbruch]
Weihnachtsausstellung im Kunstgewerbehause.

gl. Die heurige Weihnachtsausstellung bedeutet eine Etappe
in der Entwicklung des bayerischen Kunstgewerbevereins; ist doch
gleichzeitig mit ihr ein lang gehegter Wunsch zur greifbaren That-
sache geworden: die Erweiterung der Ausstellungshalle. Werden
die Hauptziele des Vereins auch stets mehr auf der idealen Seite
zu suchen sein, so war es doch für ihn seit mehreren Jahren zur
brennenden Lebensfrage geworden, auch die geschäftlichen Interessen
der Vereinsmitglieder durch umfassendere Vorführung ihrer Arbeiten
besser zu vertreten. Diesem Drange war schon die 1888er Kunst-
gewerbeausstellung entsprungen, und die Weihnachtsausstellungen
der beiden letzten Jahre waren Nothbehelfe, welche jene Lebens-
frage nicht lösten, wohl aber eindringlich an ihre Lösung mahnten.
Und diese kam auch. Was wir heute vor Augen haben, die Ver-
mehrung der Ausstellungsräume fast auf das Dreifache der früher
allein vorhandenen Parterrehalle, ist das Werk weniger Monate;
und da jetzt durch Beiziehung des großen Festsaales und seiner
Nebenräume die für Ausstellungszwecke benutzbare Fläche auf nahezu
tausend Quadratmeter erweitert wurde, so lohnt sich wohl ein Gang
durch die festlich ausgestatteten Gelasse.

Eine breite bequeme Treppe, welche sich malerisch an der
Schmalseite des Parterresaales hinaufzieht, führt uns in die oberen
Stockwerke, welche zum größten Theil von den Werken unsrer Kunst-
schreiner eingenommen werden. Kann man schon hier beobachten,
daß die Freude an dem bunten Wechsel der Farben vielfach die
Gedanken geleitet, so zeigt uns das sonstige "Kneipzimmer" augen-
fällig, daß wir unter dem Zeichen der Farbenfreudigkeit stehen.
Der Inhalt dieses Zimmers gibt uns ein Bild davon, zu welcher
gewaltigen Ausdehnung sich die Fabrication künstlicher Blumen
entwickelt hat. Dieses -- im bildlichen und im wirklichen Sinne -- "blü-
hende" Kunstgewerbe versteht es gleich den modernen Panoramen, den
Uebergang von den lünstlichen zu den im Hintergrund aufgestellten
wirklichen Pflanzen so täuschend zu gestalten, daß man bei mehreren
Stücken wirklich sehr genau hinsehen muß, um Kunst und Natur
zu unterscheiden. Zu diesem berauschenden Farbenzauber haben die
[Spaltenumbruch] Firmen A. Sell, L. Kaußler, G. Goldstein, Heckel das Schönste an
künstlichen Pflanzen beigetragen.

Auch der große Saal hat einen umfangreichen festlichen
Pflanzenschmuck angelegt; das ernste Braun der Vertäfelungen ist
durch eingeschaltete Ornamentfriese mit Goldgrund, durch hellfarbige
Palmblätter, bunte Fruchtgewinde, riesige Blumen etc. gemildert.
Die Mitte desselben nehmen Erzeugnisse der Münchener Edel-
schmiedekunst ein: die Meister Professor Fr. v. Miller, Professor
Halbreiter, Harrach u. Sohn, Th. Heiden, C. Rothmüller, Wollen-
weber u. A. haben eine Reihe der köstlichsten Früchte ihrer Kunst
hier untergebracht, denen sich die silbernen Nippsachen von S. Ro-
senau-Kitzingen, die prächtig geschnitzten Elfenbeinsachen von A. Dießl
u. A. würdig auschließen. An den Wänden und in den Ecken
sind die verschiedensten Zimmerchen zusammengestellt: vor dem
Kamin lädt ein gedeckter Theetisch ein, Platz zu nehmen auf den
ringsum stehenden Stühlen mit den prächtigen Lederpolstern
L. Klöpfers, in den Ecken und an den Wänden bilden andere
Möbelgruppen einen Salon, ein Boudoir, ein Arbeitszimmer u. s. w.;
immer aber -- auch wenn die einzelnen Stücke den verschiedensten
Ursprung haben -- ist eine einheitliche Gesammtwirkung erreicht.
In ähnlicher Weise ist auch der Vorplatz neben dem Saal über-
wiegend zur Zusammenstellung solcher Möbelgruppen verwerthet.
Am gediegensten aber tritt uns diese den Gedanken an einen
Jahrmarkt völlig verläugnende Aufstellungsweise in den neu ge-
wonnenen Räumen entgegen; denn da dieselben einzelnen Meistern
für mehrere Jahre verpachtet wurden, so liegt es in der Natur der
Sache, daß hier einheitliche Gruppen entstehen mußten.

Zwar trifft dies gleich bei dem ersten Aussteller -- J. Stein-
metz -- nicht ganz zu; aber seine Stücke -- ein großes Renaissance-
Buffet und mehrere Polstermöbel -- bekunden ein so hohes Maß
von Geschmack und Geschick, daß man auch einmal auf Einheitlich-
keit verzichten kann. Reben ihm hat M. Ballin, von welchem ein
treffliches Renaissance-Busset im großen Saal steht, ein Zimmerchen
im Boudoirstil des 18. Jahrhunderts eingerichtet, aus lauter fein
gearbeiteten Stücken bestehend und in den Farben so frisch, daß
von der fröstelnden Rococo-Etiquette keine Spur zu finden. Sein
Gegenüber -- Fr. Radspieler u. Cie. -- ist als Meister dieses
[Spaltenumbruch] Stils zu bekannt, als daß eine besondere Hervorhebung von Nöthen
wäre. In den einfacheren, aber aufs sorgfältigste ausstudirten
Formen der Renaissance hält sich das niedliche Zimmerchen von
O. Fritzsche, der übrigens die Beherrschung anderer Stile an ein-
zelnen sonst untergebrachten Möbeln nachweist. A. Pössenbacher
hat mehrere für den König von Rumänien bestimmte Stücke ge-
bracht.

Unter den einfacheren Möbeln sei S. Schnellers kleines
Stübchen an die Spitze gestellt, schon deßhalb, weil die Holzdecke
desselben ein Meisterstück feiner Farbenharmonie ist. Wie aus den
hiezu gehörigen Möbeln, so spricht fast noch mehr aus jenen von
W. Jung eine solide Schlichtheit und entschiedene Ablehnung alles
Protzenhaften: man kann aus diesen Stücken lernen, wie man
einfach und doch geschmackvoll, vornehm möblirt.

Die decorative Plastik mußte den genannten Räumen ihre
Dienste in mannichfacher Beziehung leihen; aber sie tritt auch
vielfach selbständig auf. Die reizenden Orchestergruppen von Prof.
Perron und C. Fischer, das entzückende Handtuchweibchen von
G. L. Sand-Frankfurt, das Münchener Kindl von Fr. Schneider
sind zwar längst bekannte, aber stets wieder begehrte Stücke; dazu
kommen eine Reihe von polychromen Statuetten, Büsten etc., zu
welchen Fr. Nanny stets ein bedeutendes Contingent stellt. Er
versteht es, bei seinen Abgüssen die Oberfläche des Originals --
sei es Bronce oder Marmor, glänzend oder matt -- so vortrefflich
in Farbe und Korn nachzuahmen, daß die Täuschung eine voll-
kommene ist.

Von all den tausenderlei Geräthen, welche sich in diesen Tagen
im Kunstgewerbehause aufgehäuft haben, auch nur einen kleinen
Theil anzuführen und ihren Meistern gerecht zu werden, ist ein
Ding der Unmöglichkeit. Es gibt aber sicher wenig dem Kunst-
gewerbe überhaupt zugängliche Dinge, welche hier keine Vertretung
fänden, und wenn die zur Beurtheilung der Einläufe niedergesetzte
Commission ihres Amtes fürderhin mit gleicher Strenge waltet,
wie bisher, so besteht kein Zweifel, daß das schon seit seinem Be-
stehen überall gut angeschriebene Haus an der Pfandhausstraße
auch nach Schluß der Weihnachtsausstellung den guten Ruf des
Münchener Kunstgewerbes bewahren werde.

Donnerſtag,
Drittes Morgenblatt, Nr. 343 der Allgemeinen Zeitung.
11. December 1890.


[Spaltenumbruch]
Die Schulconferenz in Berlin.

Der telegraphiſch kurz ſkizzirte Bericht
bes „Reichs-Anzeigers“ über die Sitzung der Schulconferenz
am 5. d. lautet vollſtändig:

In der heutigen Sitzung wurde die Berathung der Frage
wegen Herſtellung eines gemeinſamen Unterbaues für die beſtehen-
den Schularten fortgeſetzt. Den Vorſitz führte der Miniſterial-
director Wirkl. Geh. Oberregierungsrath de la Croix.

Zur Ergänzung ſeiner geſtrigen Ausführungen ſprach zunächſt
nochmals Gymnaſialdirector Uhlig, indem er der im Bericht über
die geſtrige Sitzung bezeichneten Theſe als zweite Theſe an die
Seite ſetzte:

Wenn auch keine der beiden unter 2a und 2b (der Frage-
ſtellung) bezeichneten Combinationen als eine Schulgeſtaltung an-
geſehen werden kann, deren durchgehende Einführung erſtrebens-
werth erſchiene, ſo bieten ſie doch beide einige eigenthümliche
Vortheile, welche empfehlen, keine auszuſchließen, ſondern je nach
den örtlichen Bedürfniſſen hier die eine, dort die andere zu-
zulaſſen.

Als Mitberichterſtatter nahmen das Wort der Gymnaſial-
director Geheime Oberſchulrath Profeſſor Dr. Schiller aus
Gießen und der Realgymnaſialdirector Dr. Schlee aus Altona.
Erſterer begründete unter eingehender Erläuterung eines ſpeciellen
Lehrplanes folgende Theſen:

1) Eine definitive Ordnung des höheren Schulweſens wird
nur zwei Schularten zu belaſſen haben, das reformirte Gymna-
ſium und die lateinloſe Real- bezw. Oberrealſchule. Die be-
ſtehenden Realgymnaſten würden ſich nach den örtlichen Bedürf-
niſſen in Gymnaſien oder in Oberrealſchulen verwandeln.

Da die vorgeſchlagene Umgeſtaltung in Folge der nothwen-
digen Verſuche vorausſichtlich einige Zeit beanſpruchen würde, ſo
empfiehlt ſich, wenn aus ſocialen und wirthſchaftlichen Rückſichten
ein möglichſt weitgehender Unterbau nothwendig erſcheinen ſollte,
und unter der Annahme, daß zunächſt das Realgymnaſium als
beſondere Schulgattung erhalten bleiben wird,

2) die Verbindung von Realgymnaſtum und Gymnaſtum
wegen der Einfachheit der Ausſührung und wegen der ſofortigen
Möglichkeit etwa nöthig erſcheinender Verſuche am meiſten. Es
ließe ſich ein gemeinſamer Unterbau bis OIII einſchl. nach
dem angeſchloſſenen Plan herſtellen; dabei wären von UIII ab
Engliſch und Griechiſch facultativ einzuführen, von UII ab würde
für das Realgymnaſium im weſentlichen der Lehrplan der Ober-
realſchule durchzuführen ſein.

3) Eine ſolche Vereinigung würde ſowohl dem Gymnaſium
als dem Realgymnaſium ſofort erhebliche Vortheile bringen, eine
künſtige etwaige Ueberleitung zur Herſtellung eines gemeinſamen
Unterbaues bis zur VI oder V vorbereiten und erleichtern und
den Anſchluß der lateinloſen höheren Bürgerſchule an die Ober-
ſtufe des Realgymnaſtums (von OII ab) geſtatten.

4) Die Zurückſchiebung des Lateiniſchen nach UIII und die
Ergänzung der lateinloſen unteren Claſſen zu einer höheren
Bürgerſchule aufwärts würde zwar der urſprünglichen Entwick-
lung der Realſchule mehr entſprechen. Aber ſie hat den Nach-
theil, daß ſie auf der oberen Stufe die Concentration auf die
neueren Sprachen erſchwert; ebenſo wenig wird durch jene Ein-
richtung das entſchiedene Uebergewicht eines Lehrgegenſtandes
durchgehends herbeigeführt.

Realgymnaſialdirector Dr. Schlee ſtellte folgende Theſen auf:

1) Die Ueberlaſtung der Gymnaſien mit ungeeigneten
Schülern, übergroßer Zudrang zu den gelehrten Berufsarten,
namentlich aber die verfehlte Schulbildung bei der großen Mehr-
zahl der vom Gymnaſium abgehenden Schüler fordern eine
Schuleinrichtung, welche die Trennung der Schularten und die
Wahl zwiſchen denſelben auf eine ſpätere Stufe verſchiebt, ohne
daß einerſeits die geeignete Vorbildung für einen gewerblichen
Beruf verſäumt und andrerſeits eine ſpätere Vorbereitung für
ein akademiſches oder techniſches Studium unmöglich gemacht
wird: einen den höheren Schulen gemeinſamen Unterbau.

2) Es empfiehlt ſich, den gemeinſamen Unterbau für mehrere
höhere Schulen auf Grund einer neueren Sprache zu errichten.
Insbeſondere iſt die franzöſiſche Sprache zu dem Zweck geeignet.

3) Das dem lateiniſchen Unterricht auf den Realgymnaſien
durch die Lehrpläne von 1882 geſteckte Ziel läßt ſich ohne
Schwierigkeit erreichen, wenn dieſer Unterricht in Unter-Tertia
begonnen wird und in jeder Claſſe mindeſtens ſechs Stunden
wöchentlich erhält.

4) Der Unterbau eines ſolchen Realgymnaſiums eignet ſich
auch zum Unterbau eines humaniſtiſchen Gymnaſiums.

5) Wo eine höhere Bürgerſchule die einzige höhere Schule
des Ortes iſt und nur wenige Schüler ſpäter ein Realgymnaſium
oder Gymnaſium beſuchen ſollen, empfiehlt es ſich, an der An-
[Spaltenumbruch] ſtalt einen facultativen Unterricht im Lateiniſchen anzuordnen
und dagegen Erleichterung in anderen Gegenſtänden zu ge-
währen.

6) Damit Unter-Secundaner einer ſolchen höheren Bürger-
ſchule auch in die Ober-Secunda eines Gymnaſiums eintreten
können, empfiehlt es ſich, einige Gymnaſien in kleineren, dazu
beſonders geeigneten Orten in ſolche aus höherer Bürgerſchule
und Obergymnaſium zuſammengeſetzte Anſtalten umzuwandeln
und mit denſelben ein Internat zu verbinden, das namentlich
befähigten Söhnen von Beamten, welche kein Gymnaſium in
ihrer Nähe haben, Aufnahme unter erleichternden Bedingungen
bieten kann.

In der hieran anſchließenden Debatte bemerkte Geheimer
Oberregierungsrath Stauder, daß die Commiſſare des Mi-
niſteriums der geiſtlichen ꝛc. Angelegenheiten ſich in ihren Aeuße-
rungen auf thatſächliche Berichtigungen und Erläuterungen be-
ſchränken würden, welche den Gang der Verhandlungen zu fördern
geeignet wären. Er theilte mit, daß der Cultusminiſter geneigt
ſei, in der Aufſtellung der Lehrpläne nach individuellen und
provinciellen Verhältniſſen eine gewiſſe Freiheit der Bewegung zu
geſtatten.

Geheimer Oberregierungsrath Dr. Wehrenpfennig er-
läuterte hierauf die den Conferenzmitgliedern vorgelegten ſtatiſtiſchen
Tabellen.

Der Commiſſar des landwirthſchaftlichen Miniſteriums er-
örterte hierauf die Stellung des Gymnaſiums im Verhältniß zu
den Anforderungen des Erwerbslebens, Geheimer Medicinalrath
Prof. Dr. Virchow im Verhältniß zu den Anforderungen des
mediciniſchen und naturwiſſenſchaftlichen Studiums. An der weiteren
Discuſſion betheiligten ſich aus der Mitte der Verſammlung die
HH. Directoren Holzmüller und Frick, Geheimer Ober-
regierungsrath Dr. Hinzpeter, Abt D. Uhlhorn, Fürſtbiſchof
Dr. Kopp, die Directoren Jaeger und Matthias, ſowie der
Dr. Göring und Geheimer Regierungsrath Ende.

Die Ausführungen des erſten Mitberichterſtatters zur Frage
des Lehrplans in den Gymnaſien, Geheimen Regierungsraths
Dr. Kruſe, faßt der „Reichs-Anz.“ in folgender Weiſe zu-
ſammen:

„Eine Beſchränkung des altſprachlichen Unterrichts iſt nicht zu
empfehlen. Der lateiniſche Auffatz und das griechiſche Verſetzungs-
extemporale für I ſind jedoch zu entbehren. Zur Verminderung
der Stundenzahl können in der VI die Zeichenſtunden, die Ge-
ſchichtsſtunde und die dritte Religionsſtunde wegfallen. In V iſt
das Franzöſiſche nicht nur entbehrlich, ſondern ſchädlich. Das Eng-
liſche wird, wie bisher, facultativ zuzulaſſen ſein, ebenſo der
Zeichenunterricht in den oberen Claſſen. Die Ermäßigung der
Lehrziele, alſo die Verminderung des Lehrſtoffs, iſt auf Directoren-
Conferenzen mehrfach ins Auge gefaßt, bedarf aber noch genauerer
Feſtſtellung.“

Die von dem zweiten Mitberichterſtatter Rector Dr. Volk-
mann
aufgeſtellten Theſen lauteten:

„1) Eine weitere Beſchränkung der den alten Sprachen ge-
widmeten Stundenzahl, als ſie durch den Lehrplan vom 31. März
1882 angeordnet worden iſt, würde den erfolgreichen Betrieb des
Unterrichts ernſtlich gefährden und darf deßhalb nicht in Ausſicht
genommen werden. 2) Erſcheint eine Beſchränkung der geſammten
Stundenzahl in den unteren Claſſen geboten oder wünſchenswerth,
ſo iſt dieſes Ziel für Quinta oder Quarta durch Verminderung
der franzöſiſchen Stunden zu erreichen. 3) Facultativer Unterricht
im Engliſchen iſt von Unterſecunda ab, parallel mit dem Unter-
richt im Hebräiſchen, zuläſſig. 4) Es iſt wünſchenswerth, daß der
Zeichenunterricht mindeſtens für die beiden Tertien obligatoriſch
gemacht werde. 5) Ein Verzicht auf den lateiniſchen Auſſatz als
Zielleiſtung iſt unbedenklich, ſobald eine methodiſche Anleitung zum
Uebertragen deutſcher Originalſtücke ins Lateiniſche an die Stelle
tritt. 6) Der griechiſchen ſchriftlichen Verſetzungsarbeit für Prima
iſt ein Werth von irgend welchem Betrag nicht beizumeſſen.“

Als dritter Mitherichterſtatter ſprach Geheimer Regierungs-
rath Dr. Schottmüller über folgende Theſen:

„1) Die den alten Sprachen im Lehrplane der Gymnaſien
gewidmete Stundenzahl iſt einzuſchränken: a. nicht ſowohl um
die Unterrichsſtunden nur in den unteren, als vielmehr in allen
Claſſen herabzuſetzen, ſodann b. um den durch die neue Welt-
ſtellung Deutſchlands geſteigerten Anforderungen auch anderer
Wiſſensgebiete gerecht zu werden; c. um die von den dazu meiſt-
berechtigten Factoren, den Familien und den Aerzten, geforderte
Entlaſtung der Schüler herbeizuführen. 2) Das Fortfallen des
lateiniſchen Aufſatzes und des griechiſchen Seriptum für die Ver-
ſetzung nach Prima genügen allein noch nicht, um bei vermin-
derter Stundenzahl der Verflachung des Unterrichts vorzubeugen:
es muß eine weitere Ermäßigung der Lehrziele eintreten, um
jenem drohenden Uebelſtande vorzubeugen, d. h. es ſind einige
[Spaltenumbruch] der bisher ſchon auf den Gymnaſien behandelten Wiſſenszweige
der Univerſität vorzubehalten. 3) Der Unterricht im Zeichnen iſt
wenigſtens bis IIb incluſive obligatoriſch zu ertheilen. 4) Der
Unterricht im Engliſchen iſt ebenfalls obligatoriſch zu machen,
braucht aber erſt in IIa mit je drei Stunden zu beginnen.“

In der Discuſſion legte der Präſident der Phyſikaliſch-
techniſchen Reichsanſtalt, Profeſſor Dr. v. Helmholtz, ein-
gehend die Anforderungen dar, welche vom Standpunkt des
naturwiſſenſchaftlichen Studiums an den Gymnaſialunterricht
zu ſtellen ſeien. Dieſe Anforderungen, welche hauptſächlich den
Unterricht im Deutſchen beträfen, ſeien ohne Vermehrung der
Stundenzahl zu erreichen. Geheimer Ober-Regierungsrath
Dr. Stauder machte einige thatſächliche Mittheilungen. Er
ſprach ſich dahin aus, daß eine Verminderung der Stundenzahl
nur im Wege der Einſchränkung des altſprachlichen Unterrichts
zu ermöglichen ſei.

Zur Sache ſprachen noch Fabrikbeſitzer Frowein und Geh.
Sanitätsrath Dr. Graf (Beide aus Elberfeld), Profeſſor Dr.
Rehrmann (als Commiſſar des Kriegsminiſteriums), Oberſchul-
rath, Geh. Rath Dr. Albrecht (aus Straßburg), Gymnaſial-
director Dr. Schulze (von Berlin) und Dr. Kropatſcheck.

In der Sitzung am 6. d. M. ſprachen nach Schluß der
Discuſſion über die Frage wegen Herſtellung eines gemeinſchaft-
lichen Unterbaues für die beſtehenden Schularten als Mitbericht-
erſtatter zu derſelben nochmals Geh. Rath Schiller und Director
Schlee. Der Berichterſtatter Director Uhlig hatte das Schluß-
wort. Die Abſtimmung über die zur Erörterung ſtehende Frage
wurde einſtweilen ausgeſetzt. Dieſelbe ſoll (wie ſchon telegraphiſch
berichtet) im Zuſammenhang mit der Abſtimmung über die Fragen
wegen Beibehaltung der beſtehenden Schularten und wegen Ver-
änderung des Lehrplanes der Gymnaſien und Realgymnaſien ſtatt-
finden. Die Formulirung der für die Abſtimmung geeigneten
Fragen wurde einer beſonderen Commiſſion unter Mitwirkung der
Commiſſare des Cultusminiſteriums übertragen. Sodann wurde zur
Berathung der Frage übergegangen: „Empfiehlt es ſich, im Lehr-
plan der Gymnaſien die den alten Sprachen gewidmete Stunden-
zahl einzuſchränken, und es ſo zu ermöglichen, daß die Unterrichts-
ſtunden in den drei unteren Claſſen herabgeſetzt, das Engliſche
facultativ eingeführt und das Zeichnen über Quarta hinaus obli-
gatoriſch gemacht wird? Iſt mit jener Einſchränkung zugleich der
lateiniſche Aufſatz als Zielleiſtung und die griechiſche ſchriftliche
Verſetzungsarbeit für Prima in Wegfall zu bringen?“ Im Zu-
ſammenhang mit dieſer Frage ſoll zugleich die von Sr. Maj. dem
Kaiſer angeordnete Erörterung der Frage ſtattfinden: „Iſt die
Ermäßigung der Lehrziele, alſo die Verminderung des Lehr-
ſtoffes, ſcharf ins Auge gefaßt und wenigſtens das Ausſcheidende
genau feſtgeſtellt?“ Als Verichterſtatter erhielt das Wort Ober-
lehrer Dr. Hornemann (aus Hannover), welcher in eingehender
Begründung die nachbezeichneten Theſen befürwortete:

1) Die dem Lateiniſchen gewidmete Stundenzahl kann von
Quarta an aufwärts um je zwei Wochenſtunden herabgeſetzt werden,
weil der geſonderte Betrieb der Grammatik mit Uebungen im Ueber-
ſetzen aus dem Deutſchen eine ſtarke Einſchränkung erfahren, die
Lectüre einer weiteren Sichtung unterworfen und die Uebung im
freien mündlichen und ſchriſtlichen Gebrauche des Lateiniſchen als
Ziel des Unterrichts aufgegeben werden kann. Ob auch in Sexta
und Quinta eine Herabſetzung der Stundenzahl des Lateiniſchen
möglich ſein wird, hängt von weiteren Verſuchen mit einer ver-
beſſerten Methode des fremdſprachlichen Anfangsunterrichts ab. Da-
gegen kann eine erhebliche Verminderung der häuslichen Arbeiten
für das Lateiniſche durch Verlegung der Hauptarbeit in die Claſſe
ſofort eintreten. 2) Für das Griechiſche genügen ſechs wöchentliche
Lehrſtunden von Unter-Tertia an aufwärts, wenn zugleich die Gram-
matik wirklich auf das für ein gründliches Verſtändniß der Schrift-
ſteller nothwendige Maß beſchränkt und ihr Betrieb eng an die Lectüre
angelehnt wird. Die ſchriftliche Arbeit zur Verſetzung nach Prima
kann wegfallen. 3) Es empfiehlt ſich, das Engliſche in der an
den Gymnaſien der Provinz Hannover beſtehenden Weiſe von
Unterſecunda an aufwärts mit je zwei wöchentlichen Lehrſtunden
in den Lehrplan aufzunehmen. 4) Der Zeichenunterricht
kann in Sexta wegfallen, muß dann aber über die Quarta hinaus
bis zur Oberſecunda einſchließlich als Pflichtfach mit je zwei
Wochenſtunden fortgeführt werden; in Prima bleibt er beſſer
Wahlfach wie bisher. 5) Das Hebräiſche bleibt der Univerſität
vorbehalten. Vemerkung: Durch die in obigen Theſen vorgeſchlage-
nen Aenderungen des Stundenvertheilungsplanes wird zugleich
erreicht, daß in den drei unteren Claſſen die Geſammtſtundenzahl
um je zwei Stunden wöchentlich ermäßigt werden kann.

Als Mitberichterſtatter ſprachen hierauf der Provincialſchul-
rath, Geh. Regierungsrath Dr. Kruſe aus Danzig und der Rector
der Landesſchule in Pforta Dr. Volkmann.




[Spaltenumbruch]
Weihnachtsausſtellung im Kunſtgewerbehauſe.

gl. Die heurige Weihnachtsausſtellung bedeutet eine Etappe
in der Entwicklung des bayeriſchen Kunſtgewerbevereins; iſt doch
gleichzeitig mit ihr ein lang gehegter Wunſch zur greifbaren That-
ſache geworden: die Erweiterung der Ausſtellungshalle. Werden
die Hauptziele des Vereins auch ſtets mehr auf der idealen Seite
zu ſuchen ſein, ſo war es doch für ihn ſeit mehreren Jahren zur
brennenden Lebensfrage geworden, auch die geſchäftlichen Intereſſen
der Vereinsmitglieder durch umfaſſendere Vorführung ihrer Arbeiten
beſſer zu vertreten. Dieſem Drange war ſchon die 1888er Kunſt-
gewerbeausſtellung entſprungen, und die Weihnachtsausſtellungen
der beiden letzten Jahre waren Nothbehelfe, welche jene Lebens-
frage nicht lösten, wohl aber eindringlich an ihre Löſung mahnten.
Und dieſe kam auch. Was wir heute vor Augen haben, die Ver-
mehrung der Ausſtellungsräume faſt auf das Dreifache der früher
allein vorhandenen Parterrehalle, iſt das Werk weniger Monate;
und da jetzt durch Beiziehung des großen Feſtſaales und ſeiner
Nebenräume die für Ausſtellungszwecke benutzbare Fläche auf nahezu
tauſend Quadratmeter erweitert wurde, ſo lohnt ſich wohl ein Gang
durch die feſtlich ausgeſtatteten Gelaſſe.

Eine breite bequeme Treppe, welche ſich maleriſch an der
Schmalſeite des Parterreſaales hinaufzieht, führt uns in die oberen
Stockwerke, welche zum größten Theil von den Werken unſrer Kunſt-
ſchreiner eingenommen werden. Kann man ſchon hier beobachten,
daß die Freude an dem bunten Wechſel der Farben vielfach die
Gedanken geleitet, ſo zeigt uns das ſonſtige „Kneipzimmer“ augen-
fällig, daß wir unter dem Zeichen der Farbenfreudigkeit ſtehen.
Der Inhalt dieſes Zimmers gibt uns ein Bild davon, zu welcher
gewaltigen Ausdehnung ſich die Fabrication künſtlicher Blumen
entwickelt hat. Dieſes — im bildlichen und im wirklichen Sinne — „blü-
hende“ Kunſtgewerbe verſteht es gleich den modernen Panoramen, den
Uebergang von den lünſtlichen zu den im Hintergrund aufgeſtellten
wirklichen Pflanzen ſo täuſchend zu geſtalten, daß man bei mehreren
Stücken wirklich ſehr genau hinſehen muß, um Kunſt und Natur
zu unterſcheiden. Zu dieſem berauſchenden Farbenzauber haben die
[Spaltenumbruch] Firmen A. Sell, L. Kaußler, G. Goldſtein, Heckel das Schönſte an
künſtlichen Pflanzen beigetragen.

Auch der große Saal hat einen umfangreichen feſtlichen
Pflanzenſchmuck angelegt; das ernſte Braun der Vertäfelungen iſt
durch eingeſchaltete Ornamentfrieſe mit Goldgrund, durch hellfarbige
Palmblätter, bunte Fruchtgewinde, rieſige Blumen ꝛc. gemildert.
Die Mitte desſelben nehmen Erzeugniſſe der Münchener Edel-
ſchmiedekunſt ein: die Meiſter Profeſſor Fr. v. Miller, Profeſſor
Halbreiter, Harrach u. Sohn, Th. Heiden, C. Rothmüller, Wollen-
weber u. A. haben eine Reihe der köſtlichſten Früchte ihrer Kunſt
hier untergebracht, denen ſich die ſilbernen Nippſachen von S. Ro-
ſenau-Kitzingen, die prächtig geſchnitzten Elfenbeinſachen von A. Dießl
u. A. würdig auſchließen. An den Wänden und in den Ecken
ſind die verſchiedenſten Zimmerchen zuſammengeſtellt: vor dem
Kamin lädt ein gedeckter Theetiſch ein, Platz zu nehmen auf den
ringsum ſtehenden Stühlen mit den prächtigen Lederpolſtern
L. Klöpfers, in den Ecken und an den Wänden bilden andere
Möbelgruppen einen Salon, ein Boudoir, ein Arbeitszimmer u. ſ. w.;
immer aber — auch wenn die einzelnen Stücke den verſchiedenſten
Urſprung haben — iſt eine einheitliche Geſammtwirkung erreicht.
In ähnlicher Weiſe iſt auch der Vorplatz neben dem Saal über-
wiegend zur Zuſammenſtellung ſolcher Möbelgruppen verwerthet.
Am gediegenſten aber tritt uns dieſe den Gedanken an einen
Jahrmarkt völlig verläugnende Aufſtellungsweiſe in den neu ge-
wonnenen Räumen entgegen; denn da dieſelben einzelnen Meiſtern
für mehrere Jahre verpachtet wurden, ſo liegt es in der Natur der
Sache, daß hier einheitliche Gruppen entſtehen mußten.

Zwar trifft dies gleich bei dem erſten Ausſteller — J. Stein-
metz — nicht ganz zu; aber ſeine Stücke — ein großes Renaiſſance-
Buffet und mehrere Polſtermöbel — bekunden ein ſo hohes Maß
von Geſchmack und Geſchick, daß man auch einmal auf Einheitlich-
keit verzichten kann. Reben ihm hat M. Ballin, von welchem ein
treffliches Renaiſſance-Buſſet im großen Saal ſteht, ein Zimmerchen
im Boudoirſtil des 18. Jahrhunderts eingerichtet, aus lauter fein
gearbeiteten Stücken beſtehend und in den Farben ſo friſch, daß
von der fröſtelnden Rococo-Etiquette keine Spur zu finden. Sein
Gegenüber — Fr. Radſpieler u. Cie. — iſt als Meiſter dieſes
[Spaltenumbruch] Stils zu bekannt, als daß eine beſondere Hervorhebung von Nöthen
wäre. In den einfacheren, aber aufs ſorgfältigſte ausſtudirten
Formen der Renaiſſance hält ſich das niedliche Zimmerchen von
O. Fritzſche, der übrigens die Beherrſchung anderer Stile an ein-
zelnen ſonſt untergebrachten Möbeln nachweist. A. Pöſſenbacher
hat mehrere für den König von Rumänien beſtimmte Stücke ge-
bracht.

Unter den einfacheren Möbeln ſei S. Schnellers kleines
Stübchen an die Spitze geſtellt, ſchon deßhalb, weil die Holzdecke
desſelben ein Meiſterſtück feiner Farbenharmonie iſt. Wie aus den
hiezu gehörigen Möbeln, ſo ſpricht faſt noch mehr aus jenen von
W. Jung eine ſolide Schlichtheit und entſchiedene Ablehnung alles
Protzenhaften: man kann aus dieſen Stücken lernen, wie man
einfach und doch geſchmackvoll, vornehm möblirt.

Die decorative Plaſtik mußte den genannten Räumen ihre
Dienſte in mannichfacher Beziehung leihen; aber ſie tritt auch
vielfach ſelbſtändig auf. Die reizenden Orcheſtergruppen von Prof.
Perron und C. Fiſcher, das entzückende Handtuchweibchen von
G. L. Sand-Frankfurt, das Münchener Kindl von Fr. Schneider
ſind zwar längſt bekannte, aber ſtets wieder begehrte Stücke; dazu
kommen eine Reihe von polychromen Statuetten, Büſten ꝛc., zu
welchen Fr. Nanny ſtets ein bedeutendes Contingent ſtellt. Er
verſteht es, bei ſeinen Abgüſſen die Oberfläche des Originals —
ſei es Bronce oder Marmor, glänzend oder matt — ſo vortrefflich
in Farbe und Korn nachzuahmen, daß die Täuſchung eine voll-
kommene iſt.

Von all den tauſenderlei Geräthen, welche ſich in dieſen Tagen
im Kunſtgewerbehauſe aufgehäuft haben, auch nur einen kleinen
Theil anzuführen und ihren Meiſtern gerecht zu werden, iſt ein
Ding der Unmöglichkeit. Es gibt aber ſicher wenig dem Kunſt-
gewerbe überhaupt zugängliche Dinge, welche hier keine Vertretung
fänden, und wenn die zur Beurtheilung der Einläufe niedergeſetzte
Commiſſion ihres Amtes fürderhin mit gleicher Strenge waltet,
wie bisher, ſo beſteht kein Zweifel, daß das ſchon ſeit ſeinem Be-
ſtehen überall gut angeſchriebene Haus an der Pfandhausſtraße
auch nach Schluß der Weihnachtsausſtellung den guten Ruf des
Münchener Kunſtgewerbes bewahren werde.

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medicini&#x017F;chen und naturwi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftlichen Studiums. An der weiteren<lb/>
Discu&#x017F;&#x017F;ion betheiligten &#x017F;ich aus der Mitte der Ver&#x017F;ammlung die<lb/>
HH. Directoren <hi rendition="#g">Holzmüller</hi> und <hi rendition="#g">Frick</hi>, Geheimer Ober-<lb/>
regierungsrath <hi rendition="#aq">Dr.</hi> <hi rendition="#g">Hinzpeter</hi>, Abt <hi rendition="#aq">D.</hi> <hi rendition="#g">Uhlhorn</hi>, Für&#x017F;tbi&#x017F;chof<lb/><hi rendition="#aq">Dr.</hi> <hi rendition="#g">Kopp</hi>, die Directoren <hi rendition="#g">Jaeger</hi> und <hi rendition="#g">Matthias</hi>, &#x017F;owie der<lb/><hi rendition="#aq">Dr.</hi> <hi rendition="#g">Göring</hi> und Geheimer Regierungsrath <hi rendition="#g">Ende</hi>.</p><lb/>
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Zeichenunterricht in den oberen Cla&#x017F;&#x017F;en. Die Ermäßigung der<lb/>
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Conferenzen mehrfach ins Auge gefaßt, bedarf aber noch genauerer<lb/>
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gemacht werde. 5) Ein Verzicht auf den lateini&#x017F;chen Au&#x017F;&#x017F;atz als<lb/>
Ziellei&#x017F;tung i&#x017F;t unbedenklich, &#x017F;obald eine methodi&#x017F;che Anleitung zum<lb/>
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tritt. 6) Der griechi&#x017F;chen &#x017F;chriftlichen Ver&#x017F;etzungsarbeit für Prima<lb/>
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&#x017F;tellung Deut&#x017F;chlands ge&#x017F;teigerten Anforderungen auch anderer<lb/>
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&#x017F;etzung nach Prima genügen allein noch nicht, um bei vermin-<lb/>
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es muß eine weitere Ermäßigung der Lehrziele eintreten, um<lb/>
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zu &#x017F;tellen &#x017F;eien. Die&#x017F;e Anforderungen, welche haupt&#x017F;ächlich den<lb/>
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Stundenzahl zu erreichen. Geheimer Ober-Regierungsrath<lb/><hi rendition="#aq">Dr.</hi> <hi rendition="#g">Stauder</hi> machte einige that&#x017F;ächliche Mittheilungen. Er<lb/>
&#x017F;prach &#x017F;ich dahin aus, daß eine Verminderung der Stundenzahl<lb/>
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Sanitätsrath <hi rendition="#aq">Dr.</hi> <hi rendition="#g">Graf</hi> (Beide aus Elberfeld), Profe&#x017F;&#x017F;or <hi rendition="#aq">Dr.</hi><lb/><hi rendition="#g">Rehrmann</hi> (als Commi&#x017F;&#x017F;ar des Kriegsmini&#x017F;teriums), Ober&#x017F;chul-<lb/>
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Discu&#x017F;&#x017F;ion über die Frage wegen Her&#x017F;tellung eines gemein&#x017F;chaft-<lb/>
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er&#x017F;tatter zu der&#x017F;elben nochmals Geh. Rath <hi rendition="#g">Schiller</hi> und Director<lb/><hi rendition="#g">Schlee</hi>. Der Berichter&#x017F;tatter Director <hi rendition="#g">Uhlig</hi> hatte das Schluß-<lb/>
wort. Die Ab&#x017F;timmung über die zur Erörterung &#x017F;tehende Frage<lb/>
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berichtet) im Zu&#x017F;ammenhang mit der Ab&#x017F;timmung über die Fragen<lb/>
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finden. Die Formulirung der für die Ab&#x017F;timmung geeigneten<lb/>
Fragen wurde einer be&#x017F;onderen Commi&#x017F;&#x017F;ion unter Mitwirkung der<lb/>
Commi&#x017F;&#x017F;are des Cultusmini&#x017F;teriums übertragen. Sodann wurde zur<lb/>
Berathung der Frage übergegangen: &#x201E;Empfiehlt es &#x017F;ich, im Lehr-<lb/>
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lateini&#x017F;che Auf&#x017F;atz als Ziellei&#x017F;tung und die griechi&#x017F;che &#x017F;chriftliche<lb/>
Ver&#x017F;etzungsarbeit für Prima in Wegfall zu bringen?&#x201C; Im Zu-<lb/>
&#x017F;ammenhang mit die&#x017F;er Frage &#x017F;oll zugleich die von Sr. Maj. dem<lb/><hi rendition="#g">Kai&#x017F;er</hi> angeordnete Erörterung der Frage &#x017F;tattfinden: &#x201E;I&#x017F;t die<lb/>
Ermäßigung der <hi rendition="#g">Lehrziele</hi>, al&#x017F;o die Verminderung des Lehr-<lb/>
&#x017F;toffes, &#x017F;charf ins Auge gefaßt und wenig&#x017F;tens das Aus&#x017F;cheidende<lb/>
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Begründung die nachbezeichneten The&#x017F;en befürwortete:</p><lb/>
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Quarta an aufwärts um je zwei Wochen&#x017F;tunden herabge&#x017F;etzt werden,<lb/>
weil der ge&#x017F;onderte Betrieb der Grammatik mit Uebungen im Ueber-<lb/>
&#x017F;etzen aus dem Deut&#x017F;chen eine &#x017F;tarke Ein&#x017F;chränkung erfahren, die<lb/>
Lectüre einer weiteren Sichtung unterworfen und die Uebung im<lb/>
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Ziel des Unterrichts aufgegeben werden kann. Ob auch in Sexta<lb/>
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&#x017F;ofort eintreten. 2) Für das <hi rendition="#g">Griechi&#x017F;che</hi> genügen &#x017F;echs wöchentliche<lb/>
Lehr&#x017F;tunden von Unter-Tertia an aufwärts, wenn zugleich die Gram-<lb/>
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&#x017F;teller nothwendige Maß be&#x017F;chränkt und ihr Betrieb eng an die Lectüre<lb/>
angelehnt wird. Die &#x017F;chriftliche Arbeit zur Ver&#x017F;etzung nach Prima<lb/>
kann wegfallen. 3) Es empfiehlt &#x017F;ich, das <hi rendition="#g">Engli&#x017F;che</hi> in der an<lb/>
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in den Lehrplan aufzunehmen. 4) Der <hi rendition="#g">Zeichenunterricht</hi><lb/>
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Wochen&#x017F;tunden fortgeführt werden; in Prima bleibt er be&#x017F;&#x017F;er<lb/>
Wahlfach wie bisher. 5) Das <hi rendition="#g">Hebräi&#x017F;che</hi> bleibt der Univer&#x017F;ität<lb/>
vorbehalten. Vemerkung: Durch die in obigen The&#x017F;en vorge&#x017F;chlage-<lb/>
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&#x017F;ache geworden: die Erweiterung der Aus&#x017F;tellungshalle. Werden<lb/>
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der Vereinsmitglieder durch umfa&#x017F;&#x017F;endere Vorführung ihrer Arbeiten<lb/>
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tau&#x017F;end Quadratmeter erweitert wurde, &#x017F;o lohnt &#x017F;ich wohl ein Gang<lb/>
durch die fe&#x017F;tlich ausge&#x017F;tatteten Gela&#x017F;&#x017F;e.</p><lb/>
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Schmal&#x017F;eite des Parterre&#x017F;aales hinaufzieht, führt uns in die oberen<lb/>
Stockwerke, welche zum größten Theil von den Werken un&#x017F;rer Kun&#x017F;t-<lb/>
&#x017F;chreiner eingenommen werden. Kann man &#x017F;chon hier beobachten,<lb/>
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kün&#x017F;tlichen Pflanzen beigetragen.</p><lb/>
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Pflanzen&#x017F;chmuck angelegt; das ern&#x017F;te Braun der Vertäfelungen i&#x017F;t<lb/>
durch einge&#x017F;chaltete Ornamentfrie&#x017F;e mit Goldgrund, durch hellfarbige<lb/>
Palmblätter, bunte Fruchtgewinde, rie&#x017F;ige Blumen &#xA75B;c. gemildert.<lb/>
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Halbreiter, Harrach u. Sohn, Th. Heiden, C. Rothmüller, Wollen-<lb/>
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&#x017F;enau-Kitzingen, die prächtig ge&#x017F;chnitzten Elfenbein&#x017F;achen von A. Dießl<lb/>
u. A. würdig au&#x017F;chließen. An den Wänden und in den Ecken<lb/>
&#x017F;ind die ver&#x017F;chieden&#x017F;ten Zimmerchen zu&#x017F;ammenge&#x017F;tellt: vor dem<lb/>
Kamin lädt ein gedeckter Theeti&#x017F;ch ein, Platz zu nehmen auf den<lb/>
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immer aber &#x2014; auch wenn die einzelnen Stücke den ver&#x017F;chieden&#x017F;ten<lb/>
Ur&#x017F;prung haben &#x2014; i&#x017F;t eine einheitliche Ge&#x017F;ammtwirkung erreicht.<lb/>
In ähnlicher Wei&#x017F;e i&#x017F;t auch der Vorplatz neben dem Saal über-<lb/>
wiegend zur Zu&#x017F;ammen&#x017F;tellung &#x017F;olcher Möbelgruppen verwerthet.<lb/>
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Buffet und mehrere Pol&#x017F;termöbel &#x2014; bekunden ein &#x017F;o hohes Maß<lb/>
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[0009] Donnerſtag, Drittes Morgenblatt, Nr. 343 der Allgemeinen Zeitung. 11. December 1890. Die Schulconferenz in Berlin. * Berlin, 8. Dec. Der telegraphiſch kurz ſkizzirte Bericht bes „Reichs-Anzeigers“ über die Sitzung der Schulconferenz am 5. d. lautet vollſtändig: In der heutigen Sitzung wurde die Berathung der Frage wegen Herſtellung eines gemeinſamen Unterbaues für die beſtehen- den Schularten fortgeſetzt. Den Vorſitz führte der Miniſterial- director Wirkl. Geh. Oberregierungsrath de la Croix. Zur Ergänzung ſeiner geſtrigen Ausführungen ſprach zunächſt nochmals Gymnaſialdirector Uhlig, indem er der im Bericht über die geſtrige Sitzung bezeichneten Theſe als zweite Theſe an die Seite ſetzte: Wenn auch keine der beiden unter 2a und 2b (der Frage- ſtellung) bezeichneten Combinationen als eine Schulgeſtaltung an- geſehen werden kann, deren durchgehende Einführung erſtrebens- werth erſchiene, ſo bieten ſie doch beide einige eigenthümliche Vortheile, welche empfehlen, keine auszuſchließen, ſondern je nach den örtlichen Bedürfniſſen hier die eine, dort die andere zu- zulaſſen. Als Mitberichterſtatter nahmen das Wort der Gymnaſial- director Geheime Oberſchulrath Profeſſor Dr. Schiller aus Gießen und der Realgymnaſialdirector Dr. Schlee aus Altona. Erſterer begründete unter eingehender Erläuterung eines ſpeciellen Lehrplanes folgende Theſen: 1) Eine definitive Ordnung des höheren Schulweſens wird nur zwei Schularten zu belaſſen haben, das reformirte Gymna- ſium und die lateinloſe Real- bezw. Oberrealſchule. Die be- ſtehenden Realgymnaſten würden ſich nach den örtlichen Bedürf- niſſen in Gymnaſien oder in Oberrealſchulen verwandeln. Da die vorgeſchlagene Umgeſtaltung in Folge der nothwen- digen Verſuche vorausſichtlich einige Zeit beanſpruchen würde, ſo empfiehlt ſich, wenn aus ſocialen und wirthſchaftlichen Rückſichten ein möglichſt weitgehender Unterbau nothwendig erſcheinen ſollte, und unter der Annahme, daß zunächſt das Realgymnaſium als beſondere Schulgattung erhalten bleiben wird, 2) die Verbindung von Realgymnaſtum und Gymnaſtum wegen der Einfachheit der Ausſührung und wegen der ſofortigen Möglichkeit etwa nöthig erſcheinender Verſuche am meiſten. Es ließe ſich ein gemeinſamer Unterbau bis OIII einſchl. nach dem angeſchloſſenen Plan herſtellen; dabei wären von UIII ab Engliſch und Griechiſch facultativ einzuführen, von UII ab würde für das Realgymnaſium im weſentlichen der Lehrplan der Ober- realſchule durchzuführen ſein. 3) Eine ſolche Vereinigung würde ſowohl dem Gymnaſium als dem Realgymnaſium ſofort erhebliche Vortheile bringen, eine künſtige etwaige Ueberleitung zur Herſtellung eines gemeinſamen Unterbaues bis zur VI oder V vorbereiten und erleichtern und den Anſchluß der lateinloſen höheren Bürgerſchule an die Ober- ſtufe des Realgymnaſtums (von OII ab) geſtatten. 4) Die Zurückſchiebung des Lateiniſchen nach UIII und die Ergänzung der lateinloſen unteren Claſſen zu einer höheren Bürgerſchule aufwärts würde zwar der urſprünglichen Entwick- lung der Realſchule mehr entſprechen. Aber ſie hat den Nach- theil, daß ſie auf der oberen Stufe die Concentration auf die neueren Sprachen erſchwert; ebenſo wenig wird durch jene Ein- richtung das entſchiedene Uebergewicht eines Lehrgegenſtandes durchgehends herbeigeführt. Realgymnaſialdirector Dr. Schlee ſtellte folgende Theſen auf: 1) Die Ueberlaſtung der Gymnaſien mit ungeeigneten Schülern, übergroßer Zudrang zu den gelehrten Berufsarten, namentlich aber die verfehlte Schulbildung bei der großen Mehr- zahl der vom Gymnaſium abgehenden Schüler fordern eine Schuleinrichtung, welche die Trennung der Schularten und die Wahl zwiſchen denſelben auf eine ſpätere Stufe verſchiebt, ohne daß einerſeits die geeignete Vorbildung für einen gewerblichen Beruf verſäumt und andrerſeits eine ſpätere Vorbereitung für ein akademiſches oder techniſches Studium unmöglich gemacht wird: einen den höheren Schulen gemeinſamen Unterbau. 2) Es empfiehlt ſich, den gemeinſamen Unterbau für mehrere höhere Schulen auf Grund einer neueren Sprache zu errichten. Insbeſondere iſt die franzöſiſche Sprache zu dem Zweck geeignet. 3) Das dem lateiniſchen Unterricht auf den Realgymnaſien durch die Lehrpläne von 1882 geſteckte Ziel läßt ſich ohne Schwierigkeit erreichen, wenn dieſer Unterricht in Unter-Tertia begonnen wird und in jeder Claſſe mindeſtens ſechs Stunden wöchentlich erhält. 4) Der Unterbau eines ſolchen Realgymnaſiums eignet ſich auch zum Unterbau eines humaniſtiſchen Gymnaſiums. 5) Wo eine höhere Bürgerſchule die einzige höhere Schule des Ortes iſt und nur wenige Schüler ſpäter ein Realgymnaſium oder Gymnaſium beſuchen ſollen, empfiehlt es ſich, an der An- ſtalt einen facultativen Unterricht im Lateiniſchen anzuordnen und dagegen Erleichterung in anderen Gegenſtänden zu ge- währen. 6) Damit Unter-Secundaner einer ſolchen höheren Bürger- ſchule auch in die Ober-Secunda eines Gymnaſiums eintreten können, empfiehlt es ſich, einige Gymnaſien in kleineren, dazu beſonders geeigneten Orten in ſolche aus höherer Bürgerſchule und Obergymnaſium zuſammengeſetzte Anſtalten umzuwandeln und mit denſelben ein Internat zu verbinden, das namentlich befähigten Söhnen von Beamten, welche kein Gymnaſium in ihrer Nähe haben, Aufnahme unter erleichternden Bedingungen bieten kann. In der hieran anſchließenden Debatte bemerkte Geheimer Oberregierungsrath Stauder, daß die Commiſſare des Mi- niſteriums der geiſtlichen ꝛc. Angelegenheiten ſich in ihren Aeuße- rungen auf thatſächliche Berichtigungen und Erläuterungen be- ſchränken würden, welche den Gang der Verhandlungen zu fördern geeignet wären. Er theilte mit, daß der Cultusminiſter geneigt ſei, in der Aufſtellung der Lehrpläne nach individuellen und provinciellen Verhältniſſen eine gewiſſe Freiheit der Bewegung zu geſtatten. Geheimer Oberregierungsrath Dr. Wehrenpfennig er- läuterte hierauf die den Conferenzmitgliedern vorgelegten ſtatiſtiſchen Tabellen. Der Commiſſar des landwirthſchaftlichen Miniſteriums er- örterte hierauf die Stellung des Gymnaſiums im Verhältniß zu den Anforderungen des Erwerbslebens, Geheimer Medicinalrath Prof. Dr. Virchow im Verhältniß zu den Anforderungen des mediciniſchen und naturwiſſenſchaftlichen Studiums. An der weiteren Discuſſion betheiligten ſich aus der Mitte der Verſammlung die HH. Directoren Holzmüller und Frick, Geheimer Ober- regierungsrath Dr. Hinzpeter, Abt D. Uhlhorn, Fürſtbiſchof Dr. Kopp, die Directoren Jaeger und Matthias, ſowie der Dr. Göring und Geheimer Regierungsrath Ende. Die Ausführungen des erſten Mitberichterſtatters zur Frage des Lehrplans in den Gymnaſien, Geheimen Regierungsraths Dr. Kruſe, faßt der „Reichs-Anz.“ in folgender Weiſe zu- ſammen: „Eine Beſchränkung des altſprachlichen Unterrichts iſt nicht zu empfehlen. Der lateiniſche Auffatz und das griechiſche Verſetzungs- extemporale für I ſind jedoch zu entbehren. Zur Verminderung der Stundenzahl können in der VI die Zeichenſtunden, die Ge- ſchichtsſtunde und die dritte Religionsſtunde wegfallen. In V iſt das Franzöſiſche nicht nur entbehrlich, ſondern ſchädlich. Das Eng- liſche wird, wie bisher, facultativ zuzulaſſen ſein, ebenſo der Zeichenunterricht in den oberen Claſſen. Die Ermäßigung der Lehrziele, alſo die Verminderung des Lehrſtoffs, iſt auf Directoren- Conferenzen mehrfach ins Auge gefaßt, bedarf aber noch genauerer Feſtſtellung.“ Die von dem zweiten Mitberichterſtatter Rector Dr. Volk- mann aufgeſtellten Theſen lauteten: „1) Eine weitere Beſchränkung der den alten Sprachen ge- widmeten Stundenzahl, als ſie durch den Lehrplan vom 31. März 1882 angeordnet worden iſt, würde den erfolgreichen Betrieb des Unterrichts ernſtlich gefährden und darf deßhalb nicht in Ausſicht genommen werden. 2) Erſcheint eine Beſchränkung der geſammten Stundenzahl in den unteren Claſſen geboten oder wünſchenswerth, ſo iſt dieſes Ziel für Quinta oder Quarta durch Verminderung der franzöſiſchen Stunden zu erreichen. 3) Facultativer Unterricht im Engliſchen iſt von Unterſecunda ab, parallel mit dem Unter- richt im Hebräiſchen, zuläſſig. 4) Es iſt wünſchenswerth, daß der Zeichenunterricht mindeſtens für die beiden Tertien obligatoriſch gemacht werde. 5) Ein Verzicht auf den lateiniſchen Auſſatz als Zielleiſtung iſt unbedenklich, ſobald eine methodiſche Anleitung zum Uebertragen deutſcher Originalſtücke ins Lateiniſche an die Stelle tritt. 6) Der griechiſchen ſchriftlichen Verſetzungsarbeit für Prima iſt ein Werth von irgend welchem Betrag nicht beizumeſſen.“ Als dritter Mitherichterſtatter ſprach Geheimer Regierungs- rath Dr. Schottmüller über folgende Theſen: „1) Die den alten Sprachen im Lehrplane der Gymnaſien gewidmete Stundenzahl iſt einzuſchränken: a. nicht ſowohl um die Unterrichsſtunden nur in den unteren, als vielmehr in allen Claſſen herabzuſetzen, ſodann b. um den durch die neue Welt- ſtellung Deutſchlands geſteigerten Anforderungen auch anderer Wiſſensgebiete gerecht zu werden; c. um die von den dazu meiſt- berechtigten Factoren, den Familien und den Aerzten, geforderte Entlaſtung der Schüler herbeizuführen. 2) Das Fortfallen des lateiniſchen Aufſatzes und des griechiſchen Seriptum für die Ver- ſetzung nach Prima genügen allein noch nicht, um bei vermin- derter Stundenzahl der Verflachung des Unterrichts vorzubeugen: es muß eine weitere Ermäßigung der Lehrziele eintreten, um jenem drohenden Uebelſtande vorzubeugen, d. h. es ſind einige der bisher ſchon auf den Gymnaſien behandelten Wiſſenszweige der Univerſität vorzubehalten. 3) Der Unterricht im Zeichnen iſt wenigſtens bis IIb incluſive obligatoriſch zu ertheilen. 4) Der Unterricht im Engliſchen iſt ebenfalls obligatoriſch zu machen, braucht aber erſt in IIa mit je drei Stunden zu beginnen.“ In der Discuſſion legte der Präſident der Phyſikaliſch- techniſchen Reichsanſtalt, Profeſſor Dr. v. Helmholtz, ein- gehend die Anforderungen dar, welche vom Standpunkt des naturwiſſenſchaftlichen Studiums an den Gymnaſialunterricht zu ſtellen ſeien. Dieſe Anforderungen, welche hauptſächlich den Unterricht im Deutſchen beträfen, ſeien ohne Vermehrung der Stundenzahl zu erreichen. Geheimer Ober-Regierungsrath Dr. Stauder machte einige thatſächliche Mittheilungen. Er ſprach ſich dahin aus, daß eine Verminderung der Stundenzahl nur im Wege der Einſchränkung des altſprachlichen Unterrichts zu ermöglichen ſei. Zur Sache ſprachen noch Fabrikbeſitzer Frowein und Geh. Sanitätsrath Dr. Graf (Beide aus Elberfeld), Profeſſor Dr. Rehrmann (als Commiſſar des Kriegsminiſteriums), Oberſchul- rath, Geh. Rath Dr. Albrecht (aus Straßburg), Gymnaſial- director Dr. Schulze (von Berlin) und Dr. Kropatſcheck. In der Sitzung am 6. d. M. ſprachen nach Schluß der Discuſſion über die Frage wegen Herſtellung eines gemeinſchaft- lichen Unterbaues für die beſtehenden Schularten als Mitbericht- erſtatter zu derſelben nochmals Geh. Rath Schiller und Director Schlee. Der Berichterſtatter Director Uhlig hatte das Schluß- wort. Die Abſtimmung über die zur Erörterung ſtehende Frage wurde einſtweilen ausgeſetzt. Dieſelbe ſoll (wie ſchon telegraphiſch berichtet) im Zuſammenhang mit der Abſtimmung über die Fragen wegen Beibehaltung der beſtehenden Schularten und wegen Ver- änderung des Lehrplanes der Gymnaſien und Realgymnaſien ſtatt- finden. Die Formulirung der für die Abſtimmung geeigneten Fragen wurde einer beſonderen Commiſſion unter Mitwirkung der Commiſſare des Cultusminiſteriums übertragen. Sodann wurde zur Berathung der Frage übergegangen: „Empfiehlt es ſich, im Lehr- plan der Gymnaſien die den alten Sprachen gewidmete Stunden- zahl einzuſchränken, und es ſo zu ermöglichen, daß die Unterrichts- ſtunden in den drei unteren Claſſen herabgeſetzt, das Engliſche facultativ eingeführt und das Zeichnen über Quarta hinaus obli- gatoriſch gemacht wird? Iſt mit jener Einſchränkung zugleich der lateiniſche Aufſatz als Zielleiſtung und die griechiſche ſchriftliche Verſetzungsarbeit für Prima in Wegfall zu bringen?“ Im Zu- ſammenhang mit dieſer Frage ſoll zugleich die von Sr. Maj. dem Kaiſer angeordnete Erörterung der Frage ſtattfinden: „Iſt die Ermäßigung der Lehrziele, alſo die Verminderung des Lehr- ſtoffes, ſcharf ins Auge gefaßt und wenigſtens das Ausſcheidende genau feſtgeſtellt?“ Als Verichterſtatter erhielt das Wort Ober- lehrer Dr. Hornemann (aus Hannover), welcher in eingehender Begründung die nachbezeichneten Theſen befürwortete: 1) Die dem Lateiniſchen gewidmete Stundenzahl kann von Quarta an aufwärts um je zwei Wochenſtunden herabgeſetzt werden, weil der geſonderte Betrieb der Grammatik mit Uebungen im Ueber- ſetzen aus dem Deutſchen eine ſtarke Einſchränkung erfahren, die Lectüre einer weiteren Sichtung unterworfen und die Uebung im freien mündlichen und ſchriſtlichen Gebrauche des Lateiniſchen als Ziel des Unterrichts aufgegeben werden kann. Ob auch in Sexta und Quinta eine Herabſetzung der Stundenzahl des Lateiniſchen möglich ſein wird, hängt von weiteren Verſuchen mit einer ver- beſſerten Methode des fremdſprachlichen Anfangsunterrichts ab. Da- gegen kann eine erhebliche Verminderung der häuslichen Arbeiten für das Lateiniſche durch Verlegung der Hauptarbeit in die Claſſe ſofort eintreten. 2) Für das Griechiſche genügen ſechs wöchentliche Lehrſtunden von Unter-Tertia an aufwärts, wenn zugleich die Gram- matik wirklich auf das für ein gründliches Verſtändniß der Schrift- ſteller nothwendige Maß beſchränkt und ihr Betrieb eng an die Lectüre angelehnt wird. Die ſchriftliche Arbeit zur Verſetzung nach Prima kann wegfallen. 3) Es empfiehlt ſich, das Engliſche in der an den Gymnaſien der Provinz Hannover beſtehenden Weiſe von Unterſecunda an aufwärts mit je zwei wöchentlichen Lehrſtunden in den Lehrplan aufzunehmen. 4) Der Zeichenunterricht kann in Sexta wegfallen, muß dann aber über die Quarta hinaus bis zur Oberſecunda einſchließlich als Pflichtfach mit je zwei Wochenſtunden fortgeführt werden; in Prima bleibt er beſſer Wahlfach wie bisher. 5) Das Hebräiſche bleibt der Univerſität vorbehalten. Vemerkung: Durch die in obigen Theſen vorgeſchlage- nen Aenderungen des Stundenvertheilungsplanes wird zugleich erreicht, daß in den drei unteren Claſſen die Geſammtſtundenzahl um je zwei Stunden wöchentlich ermäßigt werden kann. Als Mitberichterſtatter ſprachen hierauf der Provincialſchul- rath, Geh. Regierungsrath Dr. Kruſe aus Danzig und der Rector der Landesſchule in Pforta Dr. Volkmann. Weihnachtsausſtellung im Kunſtgewerbehauſe. gl. Die heurige Weihnachtsausſtellung bedeutet eine Etappe in der Entwicklung des bayeriſchen Kunſtgewerbevereins; iſt doch gleichzeitig mit ihr ein lang gehegter Wunſch zur greifbaren That- ſache geworden: die Erweiterung der Ausſtellungshalle. Werden die Hauptziele des Vereins auch ſtets mehr auf der idealen Seite zu ſuchen ſein, ſo war es doch für ihn ſeit mehreren Jahren zur brennenden Lebensfrage geworden, auch die geſchäftlichen Intereſſen der Vereinsmitglieder durch umfaſſendere Vorführung ihrer Arbeiten beſſer zu vertreten. Dieſem Drange war ſchon die 1888er Kunſt- gewerbeausſtellung entſprungen, und die Weihnachtsausſtellungen der beiden letzten Jahre waren Nothbehelfe, welche jene Lebens- frage nicht lösten, wohl aber eindringlich an ihre Löſung mahnten. Und dieſe kam auch. Was wir heute vor Augen haben, die Ver- mehrung der Ausſtellungsräume faſt auf das Dreifache der früher allein vorhandenen Parterrehalle, iſt das Werk weniger Monate; und da jetzt durch Beiziehung des großen Feſtſaales und ſeiner Nebenräume die für Ausſtellungszwecke benutzbare Fläche auf nahezu tauſend Quadratmeter erweitert wurde, ſo lohnt ſich wohl ein Gang durch die feſtlich ausgeſtatteten Gelaſſe. Eine breite bequeme Treppe, welche ſich maleriſch an der Schmalſeite des Parterreſaales hinaufzieht, führt uns in die oberen Stockwerke, welche zum größten Theil von den Werken unſrer Kunſt- ſchreiner eingenommen werden. Kann man ſchon hier beobachten, daß die Freude an dem bunten Wechſel der Farben vielfach die Gedanken geleitet, ſo zeigt uns das ſonſtige „Kneipzimmer“ augen- fällig, daß wir unter dem Zeichen der Farbenfreudigkeit ſtehen. Der Inhalt dieſes Zimmers gibt uns ein Bild davon, zu welcher gewaltigen Ausdehnung ſich die Fabrication künſtlicher Blumen entwickelt hat. Dieſes — im bildlichen und im wirklichen Sinne — „blü- hende“ Kunſtgewerbe verſteht es gleich den modernen Panoramen, den Uebergang von den lünſtlichen zu den im Hintergrund aufgeſtellten wirklichen Pflanzen ſo täuſchend zu geſtalten, daß man bei mehreren Stücken wirklich ſehr genau hinſehen muß, um Kunſt und Natur zu unterſcheiden. Zu dieſem berauſchenden Farbenzauber haben die Firmen A. Sell, L. Kaußler, G. Goldſtein, Heckel das Schönſte an künſtlichen Pflanzen beigetragen. Auch der große Saal hat einen umfangreichen feſtlichen Pflanzenſchmuck angelegt; das ernſte Braun der Vertäfelungen iſt durch eingeſchaltete Ornamentfrieſe mit Goldgrund, durch hellfarbige Palmblätter, bunte Fruchtgewinde, rieſige Blumen ꝛc. gemildert. Die Mitte desſelben nehmen Erzeugniſſe der Münchener Edel- ſchmiedekunſt ein: die Meiſter Profeſſor Fr. v. Miller, Profeſſor Halbreiter, Harrach u. Sohn, Th. Heiden, C. Rothmüller, Wollen- weber u. A. haben eine Reihe der köſtlichſten Früchte ihrer Kunſt hier untergebracht, denen ſich die ſilbernen Nippſachen von S. Ro- ſenau-Kitzingen, die prächtig geſchnitzten Elfenbeinſachen von A. Dießl u. A. würdig auſchließen. An den Wänden und in den Ecken ſind die verſchiedenſten Zimmerchen zuſammengeſtellt: vor dem Kamin lädt ein gedeckter Theetiſch ein, Platz zu nehmen auf den ringsum ſtehenden Stühlen mit den prächtigen Lederpolſtern L. Klöpfers, in den Ecken und an den Wänden bilden andere Möbelgruppen einen Salon, ein Boudoir, ein Arbeitszimmer u. ſ. w.; immer aber — auch wenn die einzelnen Stücke den verſchiedenſten Urſprung haben — iſt eine einheitliche Geſammtwirkung erreicht. In ähnlicher Weiſe iſt auch der Vorplatz neben dem Saal über- wiegend zur Zuſammenſtellung ſolcher Möbelgruppen verwerthet. Am gediegenſten aber tritt uns dieſe den Gedanken an einen Jahrmarkt völlig verläugnende Aufſtellungsweiſe in den neu ge- wonnenen Räumen entgegen; denn da dieſelben einzelnen Meiſtern für mehrere Jahre verpachtet wurden, ſo liegt es in der Natur der Sache, daß hier einheitliche Gruppen entſtehen mußten. Zwar trifft dies gleich bei dem erſten Ausſteller — J. Stein- metz — nicht ganz zu; aber ſeine Stücke — ein großes Renaiſſance- Buffet und mehrere Polſtermöbel — bekunden ein ſo hohes Maß von Geſchmack und Geſchick, daß man auch einmal auf Einheitlich- keit verzichten kann. Reben ihm hat M. Ballin, von welchem ein treffliches Renaiſſance-Buſſet im großen Saal ſteht, ein Zimmerchen im Boudoirſtil des 18. Jahrhunderts eingerichtet, aus lauter fein gearbeiteten Stücken beſtehend und in den Farben ſo friſch, daß von der fröſtelnden Rococo-Etiquette keine Spur zu finden. Sein Gegenüber — Fr. Radſpieler u. Cie. — iſt als Meiſter dieſes Stils zu bekannt, als daß eine beſondere Hervorhebung von Nöthen wäre. In den einfacheren, aber aufs ſorgfältigſte ausſtudirten Formen der Renaiſſance hält ſich das niedliche Zimmerchen von O. Fritzſche, der übrigens die Beherrſchung anderer Stile an ein- zelnen ſonſt untergebrachten Möbeln nachweist. A. Pöſſenbacher hat mehrere für den König von Rumänien beſtimmte Stücke ge- bracht. Unter den einfacheren Möbeln ſei S. Schnellers kleines Stübchen an die Spitze geſtellt, ſchon deßhalb, weil die Holzdecke desſelben ein Meiſterſtück feiner Farbenharmonie iſt. Wie aus den hiezu gehörigen Möbeln, ſo ſpricht faſt noch mehr aus jenen von W. Jung eine ſolide Schlichtheit und entſchiedene Ablehnung alles Protzenhaften: man kann aus dieſen Stücken lernen, wie man einfach und doch geſchmackvoll, vornehm möblirt. Die decorative Plaſtik mußte den genannten Räumen ihre Dienſte in mannichfacher Beziehung leihen; aber ſie tritt auch vielfach ſelbſtändig auf. Die reizenden Orcheſtergruppen von Prof. Perron und C. Fiſcher, das entzückende Handtuchweibchen von G. L. Sand-Frankfurt, das Münchener Kindl von Fr. Schneider ſind zwar längſt bekannte, aber ſtets wieder begehrte Stücke; dazu kommen eine Reihe von polychromen Statuetten, Büſten ꝛc., zu welchen Fr. Nanny ſtets ein bedeutendes Contingent ſtellt. Er verſteht es, bei ſeinen Abgüſſen die Oberfläche des Originals — ſei es Bronce oder Marmor, glänzend oder matt — ſo vortrefflich in Farbe und Korn nachzuahmen, daß die Täuſchung eine voll- kommene iſt. Von all den tauſenderlei Geräthen, welche ſich in dieſen Tagen im Kunſtgewerbehauſe aufgehäuft haben, auch nur einen kleinen Theil anzuführen und ihren Meiſtern gerecht zu werden, iſt ein Ding der Unmöglichkeit. Es gibt aber ſicher wenig dem Kunſt- gewerbe überhaupt zugängliche Dinge, welche hier keine Vertretung fänden, und wenn die zur Beurtheilung der Einläufe niedergeſetzte Commiſſion ihres Amtes fürderhin mit gleicher Strenge waltet, wie bisher, ſo beſteht kein Zweifel, daß das ſchon ſeit ſeinem Be- ſtehen überall gut angeſchriebene Haus an der Pfandhausſtraße auch nach Schluß der Weihnachtsausſtellung den guten Ruf des Münchener Kunſtgewerbes bewahren werde.

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 343, 11. Dezember 1890, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine343_1890/9>, abgerufen am 06.06.2024.