Allgemeine Zeitung, Nr. 32, 1. Februar 1850.[Spaltenumbruch]
für Caricatur und Pas quille zu danken hat. Ernstgemeintes und Richtig- Paris. . Paris, 27 Jan.Die erste Frage die man gestern aufwarf, nach- [irrelevantes Material] [256--258] Ankündigung. Der Ausschuß der mechanischen Baumwoll-Spinn- und Weberei in Augsburg hat die Ehre, in Gemäßheit des §. 17 der Statu- Dienstag den 3 März d. J., Vormittags 9 Uhr, in der Fabrik abzuhaltenden Generalversammlung einzuladen, um die üdlichen Vorträge anzuhören; Beschluß zu fassen über das Ergedniß des Jahres 1849; über allanfallsige Anträge von Gesellschaftsmitgliedern zu berathen und zu beschließen, insoferne solche, dem §. 18, Absatz 9, der Statuten gemäß vier Wochen vor der Generalversammlung dem Ausschusse übergeben werden; und endlich um die Nummern von 20 Anlehens-Obligationen zu ziehen, welche am künftigen 1 September heimbezahlt werden. Die Versammlung beginnt mit der in §. 14 der Statuten vorgeschriebenen Legitimation der erscheinenden Gesellschaftsmitgliedern. Augsburg, den 19 Januar 1850. Der Vorstand: F. Schmid. [350] Erledigte Lehrstelle. An der königlichen Landwirthschafts- und Gewerbsschule dahier wird ein Lehrer der Arithmethik und Geometrie gesucht, welcher Bewerber um diese Stelle, womit vorläufig eine monatliche Remuneration von 40 fl. verbunden ist, haben ihre Gesuche nebst vorschrifts- Kempten, den 28 Jan. 1850. Der Magistrat. d. vac. Zethner, Rechtsrath. [Spaltenumbruch]
für Caricatur und Pas quille zu danken hat. Ernſtgemeintes und Richtig- Paris. ․ Paris, 27 Jan.Die erſte Frage die man geſtern aufwarf, nach- [irrelevantes Material] [256—258] Ankündigung. Der Ausſchuß der mechaniſchen Baumwoll-Spinn- und Weberei in Augsburg hat die Ehre, in Gemäßheit des §. 17 der Statu- Dienſtag den 3 März d. J., Vormittags 9 Uhr, in der Fabrik abzuhaltenden Generalverſammlung einzuladen, um die üdlichen Vorträge anzuhören; Beſchluß zu faſſen über das Ergedniß des Jahres 1849; über allanfallſige Anträge von Geſellſchaftsmitgliedern zu berathen und zu beſchließen, inſoferne ſolche, dem §. 18, Abſatz 9, der Statuten gemäß vier Wochen vor der Generalverſammlung dem Ausſchuſſe übergeben werden; und endlich um die Nummern von 20 Anlehens-Obligationen zu ziehen, welche am künftigen 1 September heimbezahlt werden. Die Verſammlung beginnt mit der in §. 14 der Statuten vorgeſchriebenen Legitimation der erſcheinenden Geſellſchaftsmitgliedern. Augsburg, den 19 Januar 1850. Der Vorſtand: F. Schmid. [350] Erledigte Lehrſtelle. An der königlichen Landwirthſchafts- und Gewerbsſchule dahier wird ein Lehrer der Arithmethik und Geometrie geſucht, welcher Bewerber um dieſe Stelle, womit vorläufig eine monatliche Remuneration von 40 fl. verbunden iſt, haben ihre Geſuche nebſt vorſchrifts- Kempten, den 28 Jan. 1850. Der Magiſtrat. d. vac. Zethner, Rechtsrath. <TEI> <text> <body> <div type="jSupplement" n="1"> <floatingText> <body> <div type="jFeuilleton" n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <p><pb facs="#f0014" n="510"/><cb/> für Caricatur und Pas quille zu danken hat. Ernſtgemeintes und Richtig-<lb/> gegebenes fehlt am Ende auch nicht; aber davon reden wir hier nicht,<lb/> ſondern nur von jenen Veiläufigkeiten und Seitenblicken mit welchen man<lb/> Tiroliſches gern abfertigt. Um ſo mehr erfreut uns ein gelungener Wurf,<lb/> der als Seltenheit dazwiſchen fällt, und wir erwähnen ſeiner mit ſo be-<lb/> ſtimmterem Nachdruck als in demſelben die beſte Abwehr gegen die gewöhn-<lb/> lichen Faſeleien und Höflichkeiten liegt. Solch einen Wurf nun hat die<lb/> „Reichszeitung“ in einer ihrer letzten Nummern gethan mit einem „Brief<lb/> aus Tirol“. Der Schreiber desſelben hat uns mehr als ergötzt; er hat<lb/> durch ſeinen ſichern, freien und treuen Federſtrich gezeigt daß es an offe-<lb/> nen, lichten Augen nicht fehlt welche die Dinge ſehen wie ſie ſind, und<lb/> ohne Zagen die feſte Hand brauchen um das Geſehene darzuſtellen. Ge-<lb/> ſchieht dieß obendrein mit der beitern Gefälligkeit und ſchlichten Redſelig-<lb/> keit eines ruhigen Gemüths, ſo faßt das Wahre und Lebendige daran nur<lb/> deſto ſicherer Platz. Es ſteht in dem beſagten Brief ein Genrebild vor<lb/> uns — ein politiſches — ſo gut als wir lange keines ſahen unter jenen<lb/> zu deren Gegenſtänden Modelle und Zugehör in dem Malerſtudium dieſes<lb/> Landes geborgt werden. Eine Skizze die wir darnach zu nehmen ver-<lb/> ſuchen, werden Sie wohl unterbringen. Auf einem Marktplatze macht<lb/> ſich der Maler an eine Gruppe Bauern, die zwar „wenig, ſehr wenig<lb/> reden, auf welche es aber in Tirol am Ende allein ankommt.“ Es geht<lb/> die Frage: wann einmal das ordentliche Geld ſtatt der Papierfetzen<lb/> komme, und ob es Krieg gebe, weil der Kaiſer ſo viele Soldaten ins<lb/> Land ſchicke? Einer findet es ſeltſam „daß bei etwas Rechtem man doch<lb/> ohne die Gamaſchen hab’ fertig werden müſſen“, und ein anderer, ein<lb/> kecker Robler, fragt: „ob man ihnen wohl auch die Stutzen nehmen werde<lb/> wie man |es anderswo gethan hat?“ — „Aft!“ ruft ein Bub aus dem<lb/> Unterland, „da wollten wir ihnen ſchon zünden!“ Und der Alte begütigt:<lb/> „Das wird etwa doch nit ſeyn!“ — „Aber mit den 15,000 Schützen iſt’s<lb/> nichts“, wirft der Schnurrbart ein, „die das Landl ſtellen ſoll — daß ſie<lb/> alles ſo| abmachen ohne uns zu fragen, taugt mir gar nicht. Wir ſind<lb/> ſtets ausgezogen wenn Gefahr war, aber zwingen laſſen wir uns nicht;<lb/> Anno | 1805 haben auch die Commiſſäre im Spatzenfrack commandirt —<lb/> extra nit! hat aber mein Vater geſagt.“ — „’S iſt im Wirthshaus er-<lb/> zählt worden“, ſagt ein Bube der Recrut werden ſoll, „bei den Kaiſer-<lb/> jägern gäb’ es jetzt einen zweiten Oberſt und nochmal ſo viele Bataillone<lb/> als früher. Offenbar will die Regierung noch ein Regiment vom Land<lb/> — aber man mache das ſo hinterm Rücken ab.“ — „Und mit dem Tabak-<lb/> pflanzen?“ meint einer wieder, „der Erzherzog Johann hat uns Anno 48<lb/> verſprochen, es werde freigegeben; jetzt Anno 1850 ſoll es ſchon nicht<lb/> mehr gelten? Es wär’ doch zum ſaggriſch werden, wenn man uns Tirolern<lb/> nur etwas verſpräch’ — ſobald man uns braucht.“ Darauf antwortet ein<lb/> Bäuerlein: „Am Landtage werde man mit den Herren ſchon abrechnen“,<lb/> aber der Unterinnthaler-Schütze fährt ihm dazwiſchen: „Sey ſtill mit dem<lb/> Landtag, der ſagt gewiß wieder zu allem: Ja, ja!“ — „Das wird er<lb/> nicht thun — wirſt’s ſchon ſehen“, hofft der Alte, und ein Oberländer,<lb/> ein findig ſtiller, meint: „’S beſte wär|, wir thäten uns ſelbſt regieren“,<lb/> bis endlich ein offenbar höchſt einſeitiger Fuhrknecht aus dem Etſchlande<lb/> glaubt „noch beſſer wär’s bayeriſch zu werden, um den Wein verkaufen zu<lb/> können — und ſo weiter.“ Der Lauſcher im Hintergrunde zieht nun den<lb/> Schluß „daß dieſe Leute bei aller Loyalität auch noch einige andere Wün-<lb/> ſche hätten als den einen das Kaiſerlied mit neuen Variationen abfingen<lb/> zu dürfen“; er meint es werde der unausweichliche Landtag dem Miniſte-<lb/><cb/> rium einige harte Nüſſe vom Baum ſchütteln; auch der Thätigkeit der<lb/> frommen Vereine — die natürlich ſich nie in die Politik miſchen — ge-<lb/> denkt er unter anderm. Uns hat nur jene Bauernſcene mit ihm vollkom-<lb/> men befreundet. Was jetzt im Munde des Volkes umgeht an Wunſch<lb/> und Klage und Bedenken, hat er von ſeinen Innthaler-Marktbeſuchern<lb/> auf den Ragelkopf treffend ſagen laſſen. Da haben Sie einige Notizen,<lb/> im Vorübergehen gemacht, die mehr ſagen als ein Leitartikel oder ein<lb/> officieller Bericht über die Volksſtimmung. Könnten wir nicht mit Aehn-<lb/> lichem aus eigenen Heften das hier Gegebene beſtätigen, wir hätten es<lb/> nicht zur Beachtung befingerzeigt. Noch eins, Palazky’s Manifeſt hat<lb/> hier mächtig angeklungen. Es würde keine Auffallenheit heißen können,<lb/> wenn nach Abzug der tſchechiſchen Beigaben das meiſte und gewichtigſte<lb/> desſelben von hier aus durch gewiſſe Leute unterſchrieben würde. Die<lb/> Südtirolerin ſprach ſich in ihrer Weiſe hierüber aus, bezeichnete die Be-<lb/> freundeten des centrifugalen Bündlerweſens und der Nationalitätserfinder,<lb/> aber auch für die Reformer ſchien ſie vorſprechen zu wollen, welche ſich<lb/> den Gedanken einer parlamentariſchen Gruppirung der Stammgenoſſen<lb/> allmählich vertraut machen.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Paris.</hi> </head><lb/> <dateline>․ <hi rendition="#b">Paris,</hi> 27 Jan.</dateline><lb/> <p>Die erſte Frage die man geſtern aufwarf, nach-<lb/> dem man im Journal des D<hi rendition="#aq">é</hi>bats einen Auszug aus der Einleitung ge-<lb/> leſen hatte womit Hr. Guizot die vierte Auflage ſeiner Geſchichte der eng-<lb/> liſchen Revolution ausgeſtattet, war die: Iſt dieſe Einleitung wirklich für<lb/> die Revolution geſchrieben die faſt zwei Jahrhunderte, oder für die welche<lb/> kaum zwei Jahre hinter uns liegt? Die Antwort darauf lautete ziemlich<lb/> einſtimmig dahin daß Guizot, ohne der engliſchen Revolution einen fran-<lb/> zöſiſchen Zuſchnitt zu geben, ihr manche Seiten abgewonnen und hervor-<lb/> gehoben, daß man glauben könnte er ſpräche von Sachen und Perſonen<lb/> die ſo zu ſagen aus unſerer Gegenwart herausgegriffen ſind. Ohne für<lb/> dieſe Anſicht einzuſtehen — was wohl erſt dann möglich iſt wenn man die<lb/> Einleitung vollſtändig geleſen und mit dem Geſchichtswerke ſelbſt in wür-<lb/> digenden Zuſammenhang gebracht hat — glaube ich als bloßer Verichter-<lb/> ſtatter der öffentlichen Meinung Ihnen Stellen anführen zu müſſen, in<lb/> welchen man unſere Zeit und unſere Zeitgenoſſen zu erkennen glaubt:<lb/><cit><quote>„In dieſem Zwiſchenreich von zwanzig Monaten, mitten im Durcheinander<lb/> der abſonderlichſten Prätendenten, erſchien gerade derjenige nicht an den<lb/> ganz England, ſey es in Hoffnung, ſey es in Furcht als an den einzig<lb/> ernſten Prätendenten dachte. ... Richard Cromwell hatte den Gedanken<lb/> und den Wunſch der allgemeinen wie ſeiner eigenen Agonie ein Ende zu<lb/> machen, indem er mit dem König unterhandelte. Es fehlte ihm weder<lb/> Geiſt noch redlicher Wille; er beſaß weder Ehrgeiz noch Größe. Das<lb/> Schickſal ſeines Vaters hatte in ſeinem Gemüthe eher das Gefühl der Ab-<lb/> ſpannung als das des Bertrauens erweckt. Er glaubte für ſich ſelbſt nicht<lb/> an die Rückkehr eines ſo großen Triumphs; er fühlte ſich unfähig eine ſo<lb/> große Laſt zu tragen. Aber er konnte es ebenſowenig in ſo außerordent-<lb/> lichen Angelegenheiten zu einer überwiegenden Entſchließung bringen. Er<lb/> war unentſchieden und ſchwach, und tappte aus einer vertieften Verſchul-<lb/> dung heraus rechts und links, rückwärts und vorwärts nach der Zukunft.<lb/> Er blieb das Spielzeug eines glücklichen Zufalls, deſſen Eitelkeit ihm<lb/> nicht verborgen blieb, und das Werkzeug von Menſchen die weniger ge-<lb/> ſunden Sinn als er ſelbſt beſaßen.“</quote></cit></p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jAnnouncements" n="2"> <gap reason="insignificant"/> <div type="jAn" n="3"> <p>[256—258] <hi rendition="#c"><hi rendition="#b">Ankündigung.</hi></hi></p><lb/> <p>Der Ausſchuß der <hi rendition="#b">mechaniſchen Baumwoll-Spinn- und Weberei</hi> in <hi rendition="#b">Augsburg</hi> hat die Ehre, in Gemäßheit des §. 17 der Statu-<lb/> ten, die HH. Actien-Inhaber zu einer</p><lb/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Dienſtag den 3 März d. 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für Caricatur und Pas quille zu danken hat. Ernſtgemeintes und Richtig-
gegebenes fehlt am Ende auch nicht; aber davon reden wir hier nicht,
ſondern nur von jenen Veiläufigkeiten und Seitenblicken mit welchen man
Tiroliſches gern abfertigt. Um ſo mehr erfreut uns ein gelungener Wurf,
der als Seltenheit dazwiſchen fällt, und wir erwähnen ſeiner mit ſo be-
ſtimmterem Nachdruck als in demſelben die beſte Abwehr gegen die gewöhn-
lichen Faſeleien und Höflichkeiten liegt. Solch einen Wurf nun hat die
„Reichszeitung“ in einer ihrer letzten Nummern gethan mit einem „Brief
aus Tirol“. Der Schreiber desſelben hat uns mehr als ergötzt; er hat
durch ſeinen ſichern, freien und treuen Federſtrich gezeigt daß es an offe-
nen, lichten Augen nicht fehlt welche die Dinge ſehen wie ſie ſind, und
ohne Zagen die feſte Hand brauchen um das Geſehene darzuſtellen. Ge-
ſchieht dieß obendrein mit der beitern Gefälligkeit und ſchlichten Redſelig-
keit eines ruhigen Gemüths, ſo faßt das Wahre und Lebendige daran nur
deſto ſicherer Platz. Es ſteht in dem beſagten Brief ein Genrebild vor
uns — ein politiſches — ſo gut als wir lange keines ſahen unter jenen
zu deren Gegenſtänden Modelle und Zugehör in dem Malerſtudium dieſes
Landes geborgt werden. Eine Skizze die wir darnach zu nehmen ver-
ſuchen, werden Sie wohl unterbringen. Auf einem Marktplatze macht
ſich der Maler an eine Gruppe Bauern, die zwar „wenig, ſehr wenig
reden, auf welche es aber in Tirol am Ende allein ankommt.“ Es geht
die Frage: wann einmal das ordentliche Geld ſtatt der Papierfetzen
komme, und ob es Krieg gebe, weil der Kaiſer ſo viele Soldaten ins
Land ſchicke? Einer findet es ſeltſam „daß bei etwas Rechtem man doch
ohne die Gamaſchen hab’ fertig werden müſſen“, und ein anderer, ein
kecker Robler, fragt: „ob man ihnen wohl auch die Stutzen nehmen werde
wie man |es anderswo gethan hat?“ — „Aft!“ ruft ein Bub aus dem
Unterland, „da wollten wir ihnen ſchon zünden!“ Und der Alte begütigt:
„Das wird etwa doch nit ſeyn!“ — „Aber mit den 15,000 Schützen iſt’s
nichts“, wirft der Schnurrbart ein, „die das Landl ſtellen ſoll — daß ſie
alles ſo| abmachen ohne uns zu fragen, taugt mir gar nicht. Wir ſind
ſtets ausgezogen wenn Gefahr war, aber zwingen laſſen wir uns nicht;
Anno | 1805 haben auch die Commiſſäre im Spatzenfrack commandirt —
extra nit! hat aber mein Vater geſagt.“ — „’S iſt im Wirthshaus er-
zählt worden“, ſagt ein Bube der Recrut werden ſoll, „bei den Kaiſer-
jägern gäb’ es jetzt einen zweiten Oberſt und nochmal ſo viele Bataillone
als früher. Offenbar will die Regierung noch ein Regiment vom Land
— aber man mache das ſo hinterm Rücken ab.“ — „Und mit dem Tabak-
pflanzen?“ meint einer wieder, „der Erzherzog Johann hat uns Anno 48
verſprochen, es werde freigegeben; jetzt Anno 1850 ſoll es ſchon nicht
mehr gelten? Es wär’ doch zum ſaggriſch werden, wenn man uns Tirolern
nur etwas verſpräch’ — ſobald man uns braucht.“ Darauf antwortet ein
Bäuerlein: „Am Landtage werde man mit den Herren ſchon abrechnen“,
aber der Unterinnthaler-Schütze fährt ihm dazwiſchen: „Sey ſtill mit dem
Landtag, der ſagt gewiß wieder zu allem: Ja, ja!“ — „Das wird er
nicht thun — wirſt’s ſchon ſehen“, hofft der Alte, und ein Oberländer,
ein findig ſtiller, meint: „’S beſte wär|, wir thäten uns ſelbſt regieren“,
bis endlich ein offenbar höchſt einſeitiger Fuhrknecht aus dem Etſchlande
glaubt „noch beſſer wär’s bayeriſch zu werden, um den Wein verkaufen zu
können — und ſo weiter.“ Der Lauſcher im Hintergrunde zieht nun den
Schluß „daß dieſe Leute bei aller Loyalität auch noch einige andere Wün-
ſche hätten als den einen das Kaiſerlied mit neuen Variationen abfingen
zu dürfen“; er meint es werde der unausweichliche Landtag dem Miniſte-
rium einige harte Nüſſe vom Baum ſchütteln; auch der Thätigkeit der
frommen Vereine — die natürlich ſich nie in die Politik miſchen — ge-
denkt er unter anderm. Uns hat nur jene Bauernſcene mit ihm vollkom-
men befreundet. Was jetzt im Munde des Volkes umgeht an Wunſch
und Klage und Bedenken, hat er von ſeinen Innthaler-Marktbeſuchern
auf den Ragelkopf treffend ſagen laſſen. Da haben Sie einige Notizen,
im Vorübergehen gemacht, die mehr ſagen als ein Leitartikel oder ein
officieller Bericht über die Volksſtimmung. Könnten wir nicht mit Aehn-
lichem aus eigenen Heften das hier Gegebene beſtätigen, wir hätten es
nicht zur Beachtung befingerzeigt. Noch eins, Palazky’s Manifeſt hat
hier mächtig angeklungen. Es würde keine Auffallenheit heißen können,
wenn nach Abzug der tſchechiſchen Beigaben das meiſte und gewichtigſte
desſelben von hier aus durch gewiſſe Leute unterſchrieben würde. Die
Südtirolerin ſprach ſich in ihrer Weiſe hierüber aus, bezeichnete die Be-
freundeten des centrifugalen Bündlerweſens und der Nationalitätserfinder,
aber auch für die Reformer ſchien ſie vorſprechen zu wollen, welche ſich
den Gedanken einer parlamentariſchen Gruppirung der Stammgenoſſen
allmählich vertraut machen.
Paris.
․ Paris, 27 Jan.
Die erſte Frage die man geſtern aufwarf, nach-
dem man im Journal des Débats einen Auszug aus der Einleitung ge-
leſen hatte womit Hr. Guizot die vierte Auflage ſeiner Geſchichte der eng-
liſchen Revolution ausgeſtattet, war die: Iſt dieſe Einleitung wirklich für
die Revolution geſchrieben die faſt zwei Jahrhunderte, oder für die welche
kaum zwei Jahre hinter uns liegt? Die Antwort darauf lautete ziemlich
einſtimmig dahin daß Guizot, ohne der engliſchen Revolution einen fran-
zöſiſchen Zuſchnitt zu geben, ihr manche Seiten abgewonnen und hervor-
gehoben, daß man glauben könnte er ſpräche von Sachen und Perſonen
die ſo zu ſagen aus unſerer Gegenwart herausgegriffen ſind. Ohne für
dieſe Anſicht einzuſtehen — was wohl erſt dann möglich iſt wenn man die
Einleitung vollſtändig geleſen und mit dem Geſchichtswerke ſelbſt in wür-
digenden Zuſammenhang gebracht hat — glaube ich als bloßer Verichter-
ſtatter der öffentlichen Meinung Ihnen Stellen anführen zu müſſen, in
welchen man unſere Zeit und unſere Zeitgenoſſen zu erkennen glaubt:
„In dieſem Zwiſchenreich von zwanzig Monaten, mitten im Durcheinander
der abſonderlichſten Prätendenten, erſchien gerade derjenige nicht an den
ganz England, ſey es in Hoffnung, ſey es in Furcht als an den einzig
ernſten Prätendenten dachte. ... Richard Cromwell hatte den Gedanken
und den Wunſch der allgemeinen wie ſeiner eigenen Agonie ein Ende zu
machen, indem er mit dem König unterhandelte. Es fehlte ihm weder
Geiſt noch redlicher Wille; er beſaß weder Ehrgeiz noch Größe. Das
Schickſal ſeines Vaters hatte in ſeinem Gemüthe eher das Gefühl der Ab-
ſpannung als das des Bertrauens erweckt. Er glaubte für ſich ſelbſt nicht
an die Rückkehr eines ſo großen Triumphs; er fühlte ſich unfähig eine ſo
große Laſt zu tragen. Aber er konnte es ebenſowenig in ſo außerordent-
lichen Angelegenheiten zu einer überwiegenden Entſchließung bringen. Er
war unentſchieden und ſchwach, und tappte aus einer vertieften Verſchul-
dung heraus rechts und links, rückwärts und vorwärts nach der Zukunft.
Er blieb das Spielzeug eines glücklichen Zufalls, deſſen Eitelkeit ihm
nicht verborgen blieb, und das Werkzeug von Menſchen die weniger ge-
ſunden Sinn als er ſelbſt beſaßen.“
_ [256—258] Ankündigung.
Der Ausſchuß der mechaniſchen Baumwoll-Spinn- und Weberei in Augsburg hat die Ehre, in Gemäßheit des §. 17 der Statu-
ten, die HH. Actien-Inhaber zu einer
Dienſtag den 3 März d. J., Vormittags 9 Uhr,
in der Fabrik abzuhaltenden Generalverſammlung einzuladen, um
die üdlichen Vorträge anzuhören;
Beſchluß zu faſſen über das Ergedniß des Jahres 1849;
über allanfallſige Anträge von Geſellſchaftsmitgliedern zu berathen und zu beſchließen, inſoferne ſolche, dem §. 18, Abſatz 9, der
Statuten gemäß vier Wochen vor der Generalverſammlung dem Ausſchuſſe übergeben werden;
und endlich um die Nummern von 20 Anlehens-Obligationen zu ziehen, welche am künftigen 1 September heimbezahlt werden.
Die Verſammlung beginnt mit der in §. 14 der Statuten vorgeſchriebenen Legitimation der erſcheinenden Geſellſchaftsmitgliedern.
Augsburg, den 19 Januar 1850. Der Vorſtand: F. Schmid.
[350] Erledigte Lehrſtelle.
An der königlichen Landwirthſchafts- und Gewerbsſchule dahier wird ein Lehrer der Arithmethik und Geometrie geſucht, welcher
abwechſelnd mit den übrigen Lehrern zur Abhaltung der Sonntagsſchule bereit und nöthigen Falls zum Unterricht in der franzöſiſchen Sprache
befähigt iſt.
Bewerber um dieſe Stelle, womit vorläufig eine monatliche Remuneration von 40 fl. verbunden iſt, haben ihre Geſuche nebſt vorſchrifts-
mäßigen Zeugniſſen bis zum 28ſten Februar d. J. bei unterfertigter Behörde einzureichen.
Kempten, den 28 Jan. 1850.
Der Magiſtrat.
d. vac.
Zethner, Rechtsrath.
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(2022-02-11T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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