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Allgemeine Zeitung, Nr. 31, 31. Januar 1850.

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[Spaltenumbruch] enthalten und politisch damit zu prahlen. Zur Wahl der zweiten Kam-
mer wußten im Frühjahr diese Herrn nicht eifrig genug zu treiben, wäh-
rend man dabei doch an eine Concurrenz zu einem Rechtsbruch zu denken
hatte, wovon bei den gegenwärtigen Wahlen nur rücksichtlich des deutschen
Reichs gesprochen werden kann. Wie wenig die sogenannten Ultramon-
tanen sich zurückgezogen, geht daraus hervor daß neun Geistliche Wahl-
männer geworden sind, und man kann sich nur darüber wundern daß man
von ihrer Seite die Namen von Reichensperger, Müller u. a. vermißt.
Wegen des Candidaten für Erfur: besteht größte Verlegenheit. Man hört
nur obenhin Camphausen, Bürgers, v. Wittgenstein u. a. nennen ohne
lebhafte Wärme -- man wünscht vielfach entschiedene Männer. Die Vor-
gänge in Berlin haben den Rückschlag bewirkt daß man der Neigung alles
zu vermitteln abhold ist. Man zürnt und spottet über die Verfassungs-
wirren. Inzwischen hat sich unser Stadtrath zu dem Wagniß entschlos-
sen eine Adresse an des Königs Majestät zu richten mit der ehrfurchtsvol-
len Bitte von der Botschaft ablassen zu wollen! Der Stadtrath begreift
nicht wohin wir im Laufe der Zeit gekommen sind; es ist ihm seit den
vormärzlichen Tagen die nothwendige Idee der in dem König ruhenden
Persönlichkeit abhanden gekommen, worüber die Hofpublicisten ehedem
so viel verständliches und erbauliches geschrieben haben.

Die gestrige Abendsitzung der zweiten
Kammer begann nach 6 Uhr. Die Tribünen waren vollständig besetzt.
Das in allen Theilen gefüllte Haus gewährt bei der eigenthümlichen Be-
leuchtung durch Kerzen, die, an den Wänden auf dem Büreau, dem Mini-
ster- und Stenographentisch aufgestellt, die nächste Umgebung grell erhellen,
die Abgeordneten aber in einem gewissen Dunkel lassen, einen magischen
Anblick. Unter größter Aufmerksamkeit beginnt die Discussion über den
entscheidenden Artikel VIII der königlichen Vorlage. Graf Arnim-
Boytzenburg
spricht zunächst aus, es sey nicht inconsequent wenn sie jetzt
annähmen, was sie früher verworfen hätten. Die Kammern hätten sich
über die Zusammensetzung der ersten Kammer nicht einigen können (zu-
letzt hatte aber doch auch die zweite das Provisorium der ersten ange-
nommen). Die Krone biete die Form welche sie für die richtige halte
und welche eine Einigung der drei Gewalten herbeiführen könnte. Man
habe gesagt, es werde bei der vorgeschlagenen Zusammensetzung der Grund-
besitz ungebührlich bevorzugt; aber diese Gefahr sey namentlich bei seinem
Amendement nicht vorhanden, da unter den Höchstbesteuerten gewiß eben-
soviel Industrielle und Kaufleute seyen als Gutsbesitzer. Das Bedenken
eine erste Kammer nach dem neuen Gesetz werde die hier genehmigten Be-
stimmungen über die Ablösung u. s. w. umstoßen, sey ebenfalls durch
sein Amendement beseitigt. Der Redner ermahnt zum Frieden und er-
klärt zuletzt, er stimme zunächst für die Vorlage, dann für sein Amen-
dement. Harkort erklärt eine Pairie, wie die vorgeschlagene, für ver-
derblich. Wenn das Ministerium abträte, so würde er das sehr bedauern,
aber nicht Ehre und Unabhängigkeit opfern um es zu verhindern. Das
Arnim'sche Amendement bestreiche den Rand des bittern Kelches mit
Honig, aber der Trunk würde dennoch schlecht bekommen. Der Minister
des Innern
erklärt, er stimme zwar dem Arnim'schen Amendement, aber
nicht dessen Motiven bei. Die Wahl durch die Gemeinderäthe statt durch
die Magistrate der größern Städte halte er für eine Verbesserung des
Regierungsvorschlags. Dem von dem Abgeordneten Görtz eingebrachten
Antrag könne er nicht beistimmen, weil die Regierung nicht Interessen in
der ersten Kammer vertreten sehen wolle die nach in ihrer Ansicht in der
zweiten zu vertreten seyen. Die Agrargesetze, hoffe er, würden noch in
dieser Session zu publiciren seyn. Schließlich wiederholt er die Bitte,
den Geist des Friedens und der Versöhnung walten zu lassen. (Vielfaches
Bravo.) Der Abgeordneter Dunker zeigt gegen den Grafen Arnim daß
in seiner ersten Kammer doch der Grundbesitz bevorzugt sey. Dann sagt
er: "Sollen wir eine Macht schaffen die unsere Entwickelung unmöglich
macht? Es ist im Interesse des großen Grundbesitzes selbst keine solche
Institution zu verlangen, ehe das demokratische Element entwickelt ist.
Sie ist gegen den ganzen Strom der Zeit, die ganze europäische Entwick-
lung seit sechzig Jahren; sie würde nur ein Hemmschuh oder eine Null
seyn. Wollen Sie die preußische Verfassung und den Bundesstaat zer-
stören, so errichten Sie eine Pairie!" (Beifall links.) Nachdem der Mi-
nister einige Worte erwiedert, spricht der Abgeordnete Geppert für das
Amendement Arnim, in dem er die rechte Lösung der gegenwärtigen Frage
steht. Unter dem Beifall der Rechten protestirt er gegen den Ausdruck
"Minoritätskammer." Wäre dieß seine Meinung gewesen, er hätte nie
auf diesen Bänken Platz genommen. Der Referent Simson hält schließ-
lich eine glänzende, vielfach von Beifallruf und Ausbrüchen der Heiterkeit
unterbrochene Rede gegen die Vertheidiger der Pairie. Er benutzt zuerst
die gestrigen Aussprüche des Grafen Renard zu ergötzlichen Zurück-
weisungen dann das Amendement und die Rede Arnims. Unter
anderm sagt er: "Ich möchte lieber die königliche Vorlage selbst annehmen
[Spaltenumbruch] als den Arnim'schen Vorschlag, dann wüßte ich doch was ich thäte. Ich
begreife es also vollkommen daß Graf Arnim selbst für sein Amendement
nur eventuell stimmen will." (Gelächter.) In Bezug auf die Drohung,
die Nichtannahme werde den Abschluß der Verfassung verhindern, sagt
er: "Die Verfassung ist nur dann wahrhaft abgeschlossen, wenn sie die
Keime einer friedlichen Fortentwicklung an sich trägt. Meines Erachtens
ist es besser unverstümmelte Verfassungen als Landesgesetz zu publiciren,
als verstümmelte beschwören!" Dann sagt er: "Was folgt aus dem ge-
drohten Abgang des Ministeriums? Ein Mitglied hat gesagt, wir seyen
gewählt dasselbe zu unterstützen. Jenes Mitglied mag wirklich ein
Engagement der Art haben (Heiterkeit) -- ich nicht. Ich habe das Mini-
sterium unterstützt, solange es auf der Bahn fortging die es zu Anfang
einschlug. Seit es sie verließ, habe ich mich für entbunden erachtet. Man
bedroht uns mit einem Wechsel des Systems. Aber wer die Volksver-
tretung zu Grunde gehen läßt -- und sie geht zu Grunde wenn sie im
entscheidenden Augenblick einem frem dem Rechte folgt (Beifall.) -- der
zerstört wahrhaft den Constitutionalismus. Wir wollen diesen nicht
zum Schein werden lassen, wenn auch die Vernichtung der Freiheit für
die Zukunft drohen sollte! (Beifall.) Ich wünsche mit dem Mitglied für
Prenzlau (Graf, Arnim) daß alle Befürchtungen die man hegt, zu Schan-
den werden mögen, daß nie der Tag kommen möge wo
Die heilige Ilios hinsinkt,
Priamus selbst und das Volk des lanzenkundigen Königs."

(Rauschender Beifall, große Aufregung.) Nach einer kurzen Discussion
über die Reihenfolge der Amendements wird zuerst über Art. VIII der
Vorlage namentlich abgestimmt und derselbe verworfen mit 216 gegen
96 Stimmen. Mit Ja stimmten u. a. Graf Schwerin, Keller, Meuse-
bach, Graf Arnim. Der namentlichen Abstimmung über das Arnim'sche
Amendement folgen die Zuhörer mit der gespanntesten Aufmerksamkeit.
Mit Ja stimmen: Graf Schwerin, Viebahn, Falck, Patow. Während
der Zählung herrscht außerordentliche Aufregung. Man kann zweifeln,
wer den Sieg davon getragen hat. Endlich verkündet der Präsident die
Annahme durch 161 gegen 149 Stimmen. (Große Bewegung.)
Dann wird noch Art. VII ("Finanzgesetzentwürfe werden zuerst der zweiten
Kammer vorgelegt") angenommen. Art. IV (Fideicommisse) wird nach
kurzer Discussion mit 169 gegen 146 abgelehnt. Ebenso der erste Theil
des analogen Viebahn'schen Amendements mit 151 gegen 149, der zweite
mit 145 gegen 145 Stimmen. Nächste Sitzung Montag den 28.

Man vergleicht den gestrigen Schlachttag
mit andern der Nationalversammlung, auch der vorigen Kammer, wo gleich-
falls Seyn und Nichtseyn auf der Messerschärfe schwebten. Zwar wur-
den die Gesetze des Anstandes nicht verletzt, die Aufgeregtheit ließ sich
aber nicht mehr zügeln, die frühere Apathie und Verdrossenheit war ver-
schwunden, Bravos und Zischen begegneten sich wie Wurfgeschosse. Die
Mächtigkeit des Gegenstandes, die, eine schwere Gewitterwolke, über die
Versammlung rollte, hinderte doch nicht die Ausdrücke persönlicher Ge-
reiztheit. Scharfe Invectiven theilten von beiden Parteien ihre Spre-
cher aus. Alles drängte zum Ende, man fühlte diese Spannung dürfe
nicht länger dauern, und so entschloß man sich nach einer Tagessitzung
die bis 4 Uhr gewährt, noch zu einer Abendsitzung, die schon nach einer
zweistündigen Ruhe um 6 Uhr wieder anfing. Dießmal bestanden die
Ministeriellen auf dem Abschluß, sie fühlten daß sie gewonnen Spiel hat-
ten, sie fürchteten vielleicht die Ueberläufer wieder zu verlieren, und nur
von der andern Seite verlangte eine oder die andere Stimme Aufschub bis
Montag. Es sollte enschieden seyn Sonnabend am 26 Jan., und war
Nachts gegen 11 Uhr durch eine Mehrheit von 12 Stimmen entschieden:
daß in Preußen die Königsmacht noch stark genug ist Gesetze dem Volks-
willen zu dictiren, daß die Vorstellung einer Volkssouveränetät, welche
das Königthum zwar will, aber unter den ihr gefälligen Beschränkungen,
eine Illusion war, der Weg der Vereinbarung zwischen beiden Mächten deß-
gleichen; daß aber diese Königsmacht sich genügen läßt dem Volkswilllen ver-
hältnißmäßig sehr mäßige Gesetze vorzuschreiben, und daß sie es noch jetzt dem
Anstande für angemessen gehalten hat für dieses Vorschreiben die Form eines
Vertrags zu belieben -- das ist der Kern; auf den stoßen wir an welcher
Seite wir die Schale lüften. Nicht aus freiem Willen haben die Kammern
angenommen, sondern dem Druck der stärkern Kraft gehorchend. Hätten sie
diese Kraft hinter sich gefühlt, so würden sie nicht angenommen haben.
Wären sie nur eines kräftigen Beistandes aus der Nation heraus gewiß
gewesen, so hätten sie noch widerstanden. Aber auch das fand nicht statt.
Nirgends ein Schrei der Entrüstung; nur ein Bedauern daß es so gekommen.
War es aber das um was es sich gestern handelte, so sragt man billig weßhalb
so viele Worte, solche Auseinandersetzungen, solche Betrachtungen über die
Sache selbst? Wer stärker war, das war die Frage, wessen Gründe
schwerer wogen: die Ehre und Erhaltung eines Princips oder die gegenwär-
tige Schwerkraft der preußischen Regierung nach außen und innen? Man

[Spaltenumbruch] enthalten und politiſch damit zu prahlen. Zur Wahl der zweiten Kam-
mer wußten im Frühjahr dieſe Herrn nicht eifrig genug zu treiben, wäh-
rend man dabei doch an eine Concurrenz zu einem Rechtsbruch zu denken
hatte, wovon bei den gegenwärtigen Wahlen nur rückſichtlich des deutſchen
Reichs geſprochen werden kann. Wie wenig die ſogenannten Ultramon-
tanen ſich zurückgezogen, geht daraus hervor daß neun Geiſtliche Wahl-
männer geworden ſind, und man kann ſich nur darüber wundern daß man
von ihrer Seite die Namen von Reichensperger, Müller u. a. vermißt.
Wegen des Candidaten für Erfur: beſteht größte Verlegenheit. Man hört
nur obenhin Camphauſen, Bürgers, v. Wittgenſtein u. a. nennen ohne
lebhafte Wärme — man wünſcht vielfach entſchiedene Männer. Die Vor-
gänge in Berlin haben den Rückſchlag bewirkt daß man der Neigung alles
zu vermitteln abhold iſt. Man zürnt und ſpottet über die Verfaſſungs-
wirren. Inzwiſchen hat ſich unſer Stadtrath zu dem Wagniß entſchloſ-
ſen eine Adreſſe an des Königs Majeſtät zu richten mit der ehrfurchtsvol-
len Bitte von der Botſchaft ablaſſen zu wollen! Der Stadtrath begreift
nicht wohin wir im Laufe der Zeit gekommen ſind; es iſt ihm ſeit den
vormärzlichen Tagen die nothwendige Idee der in dem König ruhenden
Perſönlichkeit abhanden gekommen, worüber die Hofpubliciſten ehedem
ſo viel verſtändliches und erbauliches geſchrieben haben.

Die geſtrige Abendſitzung der zweiten
Kammer begann nach 6 Uhr. Die Tribünen waren vollſtändig beſetzt.
Das in allen Theilen gefüllte Haus gewährt bei der eigenthümlichen Be-
leuchtung durch Kerzen, die, an den Wänden auf dem Büreau, dem Mini-
ſter- und Stenographentiſch aufgeſtellt, die nächſte Umgebung grell erhellen,
die Abgeordneten aber in einem gewiſſen Dunkel laſſen, einen magiſchen
Anblick. Unter größter Aufmerkſamkeit beginnt die Discuſſion über den
entſcheidenden Artikel VIII der königlichen Vorlage. Graf Arnim-
Boytzenburg
ſpricht zunächſt aus, es ſey nicht inconſequent wenn ſie jetzt
annähmen, was ſie früher verworfen hätten. Die Kammern hätten ſich
über die Zuſammenſetzung der erſten Kammer nicht einigen können (zu-
letzt hatte aber doch auch die zweite das Proviſorium der erſten ange-
nommen). Die Krone biete die Form welche ſie für die richtige halte
und welche eine Einigung der drei Gewalten herbeiführen könnte. Man
habe geſagt, es werde bei der vorgeſchlagenen Zuſammenſetzung der Grund-
beſitz ungebührlich bevorzugt; aber dieſe Gefahr ſey namentlich bei ſeinem
Amendement nicht vorhanden, da unter den Höchſtbeſteuerten gewiß eben-
ſoviel Induſtrielle und Kaufleute ſeyen als Gutsbeſitzer. Das Bedenken
eine erſte Kammer nach dem neuen Geſetz werde die hier genehmigten Be-
ſtimmungen über die Ablöſung u. ſ. w. umſtoßen, ſey ebenfalls durch
ſein Amendement beſeitigt. Der Redner ermahnt zum Frieden und er-
klärt zuletzt, er ſtimme zunächſt für die Vorlage, dann für ſein Amen-
dement. Harkort erklärt eine Pairie, wie die vorgeſchlagene, für ver-
derblich. Wenn das Miniſterium abträte, ſo würde er das ſehr bedauern,
aber nicht Ehre und Unabhängigkeit opfern um es zu verhindern. Das
Arnim’ſche Amendement beſtreiche den Rand des bittern Kelches mit
Honig, aber der Trunk würde dennoch ſchlecht bekommen. Der Miniſter
des Innern
erklärt, er ſtimme zwar dem Arnim’ſchen Amendement, aber
nicht deſſen Motiven bei. Die Wahl durch die Gemeinderäthe ſtatt durch
die Magiſtrate der größern Städte halte er für eine Verbeſſerung des
Regierungsvorſchlags. Dem von dem Abgeordneten Görtz eingebrachten
Antrag könne er nicht beiſtimmen, weil die Regierung nicht Intereſſen in
der erſten Kammer vertreten ſehen wolle die nach in ihrer Anſicht in der
zweiten zu vertreten ſeyen. Die Agrargeſetze, hoffe er, würden noch in
dieſer Seſſion zu publiciren ſeyn. Schließlich wiederholt er die Bitte,
den Geiſt des Friedens und der Verſöhnung walten zu laſſen. (Vielfaches
Bravo.) Der Abgeordneter Dunker zeigt gegen den Grafen Arnim daß
in ſeiner erſten Kammer doch der Grundbeſitz bevorzugt ſey. Dann ſagt
er: „Sollen wir eine Macht ſchaffen die unſere Entwickelung unmöglich
macht? Es iſt im Intereſſe des großen Grundbeſitzes ſelbſt keine ſolche
Inſtitution zu verlangen, ehe das demokratiſche Element entwickelt iſt.
Sie iſt gegen den ganzen Strom der Zeit, die ganze europäiſche Entwick-
lung ſeit ſechzig Jahren; ſie würde nur ein Hemmſchuh oder eine Null
ſeyn. Wollen Sie die preußiſche Verfaſſung und den Bundesſtaat zer-
ſtören, ſo errichten Sie eine Pairie!“ (Beifall links.) Nachdem der Mi-
niſter einige Worte erwiedert, ſpricht der Abgeordnete Geppert für das
Amendement Arnim, in dem er die rechte Löſung der gegenwärtigen Frage
ſteht. Unter dem Beifall der Rechten proteſtirt er gegen den Ausdruck
„Minoritätskammer.“ Wäre dieß ſeine Meinung geweſen, er hätte nie
auf dieſen Bänken Platz genommen. Der Referent Simſon hält ſchließ-
lich eine glänzende, vielfach von Beifallruf und Ausbrüchen der Heiterkeit
unterbrochene Rede gegen die Vertheidiger der Pairie. Er benutzt zuerſt
die geſtrigen Ausſprüche des Grafen Renard zu ergötzlichen Zurück-
weiſungen dann das Amendement und die Rede Arnims. Unter
anderm ſagt er: „Ich möchte lieber die königliche Vorlage ſelbſt annehmen
[Spaltenumbruch] als den Arnim’ſchen Vorſchlag, dann wüßte ich doch was ich thäte. Ich
begreife es alſo vollkommen daß Graf Arnim ſelbſt für ſein Amendement
nur eventuell ſtimmen will.“ (Gelächter.) In Bezug auf die Drohung,
die Nichtannahme werde den Abſchluß der Verfaſſung verhindern, ſagt
er: „Die Verfaſſung iſt nur dann wahrhaft abgeſchloſſen, wenn ſie die
Keime einer friedlichen Fortentwicklung an ſich trägt. Meines Erachtens
iſt es beſſer unverſtümmelte Verfaſſungen als Landesgeſetz zu publiciren,
als verſtümmelte beſchwören!“ Dann ſagt er: „Was folgt aus dem ge-
drohten Abgang des Miniſteriums? Ein Mitglied hat geſagt, wir ſeyen
gewählt dasſelbe zu unterſtützen. Jenes Mitglied mag wirklich ein
Engagement der Art haben (Heiterkeit) — ich nicht. Ich habe das Mini-
ſterium unterſtützt, ſolange es auf der Bahn fortging die es zu Anfang
einſchlug. Seit es ſie verließ, habe ich mich für entbunden erachtet. Man
bedroht uns mit einem Wechſel des Syſtems. Aber wer die Volksver-
tretung zu Grunde gehen läßt — und ſie geht zu Grunde wenn ſie im
entſcheidenden Augenblick einem frem dem Rechte folgt (Beifall.) — der
zerſtört wahrhaft den Conſtitutionalismus. Wir wollen dieſen nicht
zum Schein werden laſſen, wenn auch die Vernichtung der Freiheit für
die Zukunft drohen ſollte! (Beifall.) Ich wünſche mit dem Mitglied für
Prenzlau (Graf, Arnim) daß alle Befürchtungen die man hegt, zu Schan-
den werden mögen, daß nie der Tag kommen möge wo
Die heilige Ilios hinſinkt,
Priamus ſelbſt und das Volk des lanzenkundigen Königs.“

(Rauſchender Beifall, große Aufregung.) Nach einer kurzen Discuſſion
über die Reihenfolge der Amendements wird zuerſt über Art. VIII der
Vorlage namentlich abgeſtimmt und derſelbe verworfen mit 216 gegen
96 Stimmen. Mit Ja ſtimmten u. a. Graf Schwerin, Keller, Meuſe-
bach, Graf Arnim. Der namentlichen Abſtimmung über das Arnim’ſche
Amendement folgen die Zuhörer mit der geſpannteſten Aufmerkſamkeit.
Mit Ja ſtimmen: Graf Schwerin, Viebahn, Falck, Patow. Während
der Zählung herrſcht außerordentliche Aufregung. Man kann zweifeln,
wer den Sieg davon getragen hat. Endlich verkündet der Präſident die
Annahme durch 161 gegen 149 Stimmen. (Große Bewegung.)
Dann wird noch Art. VII („Finanzgeſetzentwürfe werden zuerſt der zweiten
Kammer vorgelegt“) angenommen. Art. IV (Fideicommiſſe) wird nach
kurzer Discuſſion mit 169 gegen 146 abgelehnt. Ebenſo der erſte Theil
des analogen Viebahn’ſchen Amendements mit 151 gegen 149, der zweite
mit 145 gegen 145 Stimmen. Nächſte Sitzung Montag den 28.

Man vergleicht den geſtrigen Schlachttag
mit andern der Nationalverſammlung, auch der vorigen Kammer, wo gleich-
falls Seyn und Nichtſeyn auf der Meſſerſchärfe ſchwebten. Zwar wur-
den die Geſetze des Anſtandes nicht verletzt, die Aufgeregtheit ließ ſich
aber nicht mehr zügeln, die frühere Apathie und Verdroſſenheit war ver-
ſchwunden, Bravos und Ziſchen begegneten ſich wie Wurfgeſchoſſe. Die
Mächtigkeit des Gegenſtandes, die, eine ſchwere Gewitterwolke, über die
Verſammlung rollte, hinderte doch nicht die Ausdrücke perſönlicher Ge-
reiztheit. Scharfe Invectiven theilten von beiden Parteien ihre Spre-
cher aus. Alles drängte zum Ende, man fühlte dieſe Spannung dürfe
nicht länger dauern, und ſo entſchloß man ſich nach einer Tagesſitzung
die bis 4 Uhr gewährt, noch zu einer Abendſitzung, die ſchon nach einer
zweiſtündigen Ruhe um 6 Uhr wieder anfing. Dießmal beſtanden die
Miniſteriellen auf dem Abſchluß, ſie fühlten daß ſie gewonnen Spiel hat-
ten, ſie fürchteten vielleicht die Ueberläufer wieder zu verlieren, und nur
von der andern Seite verlangte eine oder die andere Stimme Aufſchub bis
Montag. Es ſollte enſchieden ſeyn Sonnabend am 26 Jan., und war
Nachts gegen 11 Uhr durch eine Mehrheit von 12 Stimmen entſchieden:
daß in Preußen die Königsmacht noch ſtark genug iſt Geſetze dem Volks-
willen zu dictiren, daß die Vorſtellung einer Volksſouveränetät, welche
das Königthum zwar will, aber unter den ihr gefälligen Beſchränkungen,
eine Illuſion war, der Weg der Vereinbarung zwiſchen beiden Mächten deß-
gleichen; daß aber dieſe Königsmacht ſich genügen läßt dem Volkswilllen ver-
hältnißmäßig ſehr mäßige Geſetze vorzuſchreiben, und daß ſie es noch jetzt dem
Anſtande für angemeſſen gehalten hat für dieſes Vorſchreiben die Form eines
Vertrags zu belieben — das iſt der Kern; auf den ſtoßen wir an welcher
Seite wir die Schale lüften. Nicht aus freiem Willen haben die Kammern
angenommen, ſondern dem Druck der ſtärkern Kraft gehorchend. Hätten ſie
dieſe Kraft hinter ſich gefühlt, ſo würden ſie nicht angenommen haben.
Wären ſie nur eines kräftigen Beiſtandes aus der Nation heraus gewiß
geweſen, ſo hätten ſie noch widerſtanden. Aber auch das fand nicht ſtatt.
Nirgends ein Schrei der Entrüſtung; nur ein Bedauern daß es ſo gekommen.
War es aber das um was es ſich geſtern handelte, ſo ſragt man billig weßhalb
ſo viele Worte, ſolche Auseinanderſetzungen, ſolche Betrachtungen über die
Sache ſelbſt? Wer ſtärker war, das war die Frage, weſſen Gründe
ſchwerer wogen: die Ehre und Erhaltung eines Princips oder die gegenwär-
tige Schwerkraft der preußiſchen Regierung nach außen und innen? Man

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[483/0003] enthalten und politiſch damit zu prahlen. Zur Wahl der zweiten Kam- mer wußten im Frühjahr dieſe Herrn nicht eifrig genug zu treiben, wäh- rend man dabei doch an eine Concurrenz zu einem Rechtsbruch zu denken hatte, wovon bei den gegenwärtigen Wahlen nur rückſichtlich des deutſchen Reichs geſprochen werden kann. Wie wenig die ſogenannten Ultramon- tanen ſich zurückgezogen, geht daraus hervor daß neun Geiſtliche Wahl- männer geworden ſind, und man kann ſich nur darüber wundern daß man von ihrer Seite die Namen von Reichensperger, Müller u. a. vermißt. Wegen des Candidaten für Erfur: beſteht größte Verlegenheit. Man hört nur obenhin Camphauſen, Bürgers, v. Wittgenſtein u. a. nennen ohne lebhafte Wärme — man wünſcht vielfach entſchiedene Männer. Die Vor- gänge in Berlin haben den Rückſchlag bewirkt daß man der Neigung alles zu vermitteln abhold iſt. Man zürnt und ſpottet über die Verfaſſungs- wirren. Inzwiſchen hat ſich unſer Stadtrath zu dem Wagniß entſchloſ- ſen eine Adreſſe an des Königs Majeſtät zu richten mit der ehrfurchtsvol- len Bitte von der Botſchaft ablaſſen zu wollen! Der Stadtrath begreift nicht wohin wir im Laufe der Zeit gekommen ſind; es iſt ihm ſeit den vormärzlichen Tagen die nothwendige Idee der in dem König ruhenden Perſönlichkeit abhanden gekommen, worüber die Hofpubliciſten ehedem ſo viel verſtändliches und erbauliches geſchrieben haben. ☿ Berlin, 27 Jan. Die geſtrige Abendſitzung der zweiten Kammer begann nach 6 Uhr. Die Tribünen waren vollſtändig beſetzt. Das in allen Theilen gefüllte Haus gewährt bei der eigenthümlichen Be- leuchtung durch Kerzen, die, an den Wänden auf dem Büreau, dem Mini- ſter- und Stenographentiſch aufgeſtellt, die nächſte Umgebung grell erhellen, die Abgeordneten aber in einem gewiſſen Dunkel laſſen, einen magiſchen Anblick. Unter größter Aufmerkſamkeit beginnt die Discuſſion über den entſcheidenden Artikel VIII der königlichen Vorlage. Graf Arnim- Boytzenburg ſpricht zunächſt aus, es ſey nicht inconſequent wenn ſie jetzt annähmen, was ſie früher verworfen hätten. Die Kammern hätten ſich über die Zuſammenſetzung der erſten Kammer nicht einigen können (zu- letzt hatte aber doch auch die zweite das Proviſorium der erſten ange- nommen). Die Krone biete die Form welche ſie für die richtige halte und welche eine Einigung der drei Gewalten herbeiführen könnte. Man habe geſagt, es werde bei der vorgeſchlagenen Zuſammenſetzung der Grund- beſitz ungebührlich bevorzugt; aber dieſe Gefahr ſey namentlich bei ſeinem Amendement nicht vorhanden, da unter den Höchſtbeſteuerten gewiß eben- ſoviel Induſtrielle und Kaufleute ſeyen als Gutsbeſitzer. Das Bedenken eine erſte Kammer nach dem neuen Geſetz werde die hier genehmigten Be- ſtimmungen über die Ablöſung u. ſ. w. umſtoßen, ſey ebenfalls durch ſein Amendement beſeitigt. Der Redner ermahnt zum Frieden und er- klärt zuletzt, er ſtimme zunächſt für die Vorlage, dann für ſein Amen- dement. Harkort erklärt eine Pairie, wie die vorgeſchlagene, für ver- derblich. Wenn das Miniſterium abträte, ſo würde er das ſehr bedauern, aber nicht Ehre und Unabhängigkeit opfern um es zu verhindern. Das Arnim’ſche Amendement beſtreiche den Rand des bittern Kelches mit Honig, aber der Trunk würde dennoch ſchlecht bekommen. Der Miniſter des Innern erklärt, er ſtimme zwar dem Arnim’ſchen Amendement, aber nicht deſſen Motiven bei. Die Wahl durch die Gemeinderäthe ſtatt durch die Magiſtrate der größern Städte halte er für eine Verbeſſerung des Regierungsvorſchlags. Dem von dem Abgeordneten Görtz eingebrachten Antrag könne er nicht beiſtimmen, weil die Regierung nicht Intereſſen in der erſten Kammer vertreten ſehen wolle die nach in ihrer Anſicht in der zweiten zu vertreten ſeyen. Die Agrargeſetze, hoffe er, würden noch in dieſer Seſſion zu publiciren ſeyn. Schließlich wiederholt er die Bitte, den Geiſt des Friedens und der Verſöhnung walten zu laſſen. (Vielfaches Bravo.) Der Abgeordneter Dunker zeigt gegen den Grafen Arnim daß in ſeiner erſten Kammer doch der Grundbeſitz bevorzugt ſey. Dann ſagt er: „Sollen wir eine Macht ſchaffen die unſere Entwickelung unmöglich macht? Es iſt im Intereſſe des großen Grundbeſitzes ſelbſt keine ſolche Inſtitution zu verlangen, ehe das demokratiſche Element entwickelt iſt. Sie iſt gegen den ganzen Strom der Zeit, die ganze europäiſche Entwick- lung ſeit ſechzig Jahren; ſie würde nur ein Hemmſchuh oder eine Null ſeyn. Wollen Sie die preußiſche Verfaſſung und den Bundesſtaat zer- ſtören, ſo errichten Sie eine Pairie!“ (Beifall links.) Nachdem der Mi- niſter einige Worte erwiedert, ſpricht der Abgeordnete Geppert für das Amendement Arnim, in dem er die rechte Löſung der gegenwärtigen Frage ſteht. Unter dem Beifall der Rechten proteſtirt er gegen den Ausdruck „Minoritätskammer.“ Wäre dieß ſeine Meinung geweſen, er hätte nie auf dieſen Bänken Platz genommen. Der Referent Simſon hält ſchließ- lich eine glänzende, vielfach von Beifallruf und Ausbrüchen der Heiterkeit unterbrochene Rede gegen die Vertheidiger der Pairie. Er benutzt zuerſt die geſtrigen Ausſprüche des Grafen Renard zu ergötzlichen Zurück- weiſungen dann das Amendement und die Rede Arnims. Unter anderm ſagt er: „Ich möchte lieber die königliche Vorlage ſelbſt annehmen als den Arnim’ſchen Vorſchlag, dann wüßte ich doch was ich thäte. Ich begreife es alſo vollkommen daß Graf Arnim ſelbſt für ſein Amendement nur eventuell ſtimmen will.“ (Gelächter.) In Bezug auf die Drohung, die Nichtannahme werde den Abſchluß der Verfaſſung verhindern, ſagt er: „Die Verfaſſung iſt nur dann wahrhaft abgeſchloſſen, wenn ſie die Keime einer friedlichen Fortentwicklung an ſich trägt. Meines Erachtens iſt es beſſer unverſtümmelte Verfaſſungen als Landesgeſetz zu publiciren, als verſtümmelte beſchwören!“ Dann ſagt er: „Was folgt aus dem ge- drohten Abgang des Miniſteriums? Ein Mitglied hat geſagt, wir ſeyen gewählt dasſelbe zu unterſtützen. Jenes Mitglied mag wirklich ein Engagement der Art haben (Heiterkeit) — ich nicht. Ich habe das Mini- ſterium unterſtützt, ſolange es auf der Bahn fortging die es zu Anfang einſchlug. Seit es ſie verließ, habe ich mich für entbunden erachtet. Man bedroht uns mit einem Wechſel des Syſtems. Aber wer die Volksver- tretung zu Grunde gehen läßt — und ſie geht zu Grunde wenn ſie im entſcheidenden Augenblick einem frem dem Rechte folgt (Beifall.) — der zerſtört wahrhaft den Conſtitutionalismus. Wir wollen dieſen nicht zum Schein werden laſſen, wenn auch die Vernichtung der Freiheit für die Zukunft drohen ſollte! (Beifall.) Ich wünſche mit dem Mitglied für Prenzlau (Graf, Arnim) daß alle Befürchtungen die man hegt, zu Schan- den werden mögen, daß nie der Tag kommen möge wo Die heilige Ilios hinſinkt, Priamus ſelbſt und das Volk des lanzenkundigen Königs.“ (Rauſchender Beifall, große Aufregung.) Nach einer kurzen Discuſſion über die Reihenfolge der Amendements wird zuerſt über Art. VIII der Vorlage namentlich abgeſtimmt und derſelbe verworfen mit 216 gegen 96 Stimmen. Mit Ja ſtimmten u. a. Graf Schwerin, Keller, Meuſe- bach, Graf Arnim. Der namentlichen Abſtimmung über das Arnim’ſche Amendement folgen die Zuhörer mit der geſpannteſten Aufmerkſamkeit. Mit Ja ſtimmen: Graf Schwerin, Viebahn, Falck, Patow. Während der Zählung herrſcht außerordentliche Aufregung. Man kann zweifeln, wer den Sieg davon getragen hat. Endlich verkündet der Präſident die Annahme durch 161 gegen 149 Stimmen. (Große Bewegung.) Dann wird noch Art. VII („Finanzgeſetzentwürfe werden zuerſt der zweiten Kammer vorgelegt“) angenommen. Art. IV (Fideicommiſſe) wird nach kurzer Discuſſion mit 169 gegen 146 abgelehnt. Ebenſo der erſte Theil des analogen Viebahn’ſchen Amendements mit 151 gegen 149, der zweite mit 145 gegen 145 Stimmen. Nächſte Sitzung Montag den 28. ∸ Berlin, 27 Jan. Man vergleicht den geſtrigen Schlachttag mit andern der Nationalverſammlung, auch der vorigen Kammer, wo gleich- falls Seyn und Nichtſeyn auf der Meſſerſchärfe ſchwebten. Zwar wur- den die Geſetze des Anſtandes nicht verletzt, die Aufgeregtheit ließ ſich aber nicht mehr zügeln, die frühere Apathie und Verdroſſenheit war ver- ſchwunden, Bravos und Ziſchen begegneten ſich wie Wurfgeſchoſſe. Die Mächtigkeit des Gegenſtandes, die, eine ſchwere Gewitterwolke, über die Verſammlung rollte, hinderte doch nicht die Ausdrücke perſönlicher Ge- reiztheit. Scharfe Invectiven theilten von beiden Parteien ihre Spre- cher aus. Alles drängte zum Ende, man fühlte dieſe Spannung dürfe nicht länger dauern, und ſo entſchloß man ſich nach einer Tagesſitzung die bis 4 Uhr gewährt, noch zu einer Abendſitzung, die ſchon nach einer zweiſtündigen Ruhe um 6 Uhr wieder anfing. Dießmal beſtanden die Miniſteriellen auf dem Abſchluß, ſie fühlten daß ſie gewonnen Spiel hat- ten, ſie fürchteten vielleicht die Ueberläufer wieder zu verlieren, und nur von der andern Seite verlangte eine oder die andere Stimme Aufſchub bis Montag. Es ſollte enſchieden ſeyn Sonnabend am 26 Jan., und war Nachts gegen 11 Uhr durch eine Mehrheit von 12 Stimmen entſchieden: daß in Preußen die Königsmacht noch ſtark genug iſt Geſetze dem Volks- willen zu dictiren, daß die Vorſtellung einer Volksſouveränetät, welche das Königthum zwar will, aber unter den ihr gefälligen Beſchränkungen, eine Illuſion war, der Weg der Vereinbarung zwiſchen beiden Mächten deß- gleichen; daß aber dieſe Königsmacht ſich genügen läßt dem Volkswilllen ver- hältnißmäßig ſehr mäßige Geſetze vorzuſchreiben, und daß ſie es noch jetzt dem Anſtande für angemeſſen gehalten hat für dieſes Vorſchreiben die Form eines Vertrags zu belieben — das iſt der Kern; auf den ſtoßen wir an welcher Seite wir die Schale lüften. Nicht aus freiem Willen haben die Kammern angenommen, ſondern dem Druck der ſtärkern Kraft gehorchend. Hätten ſie dieſe Kraft hinter ſich gefühlt, ſo würden ſie nicht angenommen haben. Wären ſie nur eines kräftigen Beiſtandes aus der Nation heraus gewiß geweſen, ſo hätten ſie noch widerſtanden. Aber auch das fand nicht ſtatt. Nirgends ein Schrei der Entrüſtung; nur ein Bedauern daß es ſo gekommen. War es aber das um was es ſich geſtern handelte, ſo ſragt man billig weßhalb ſo viele Worte, ſolche Auseinanderſetzungen, ſolche Betrachtungen über die Sache ſelbſt? Wer ſtärker war, das war die Frage, weſſen Gründe ſchwerer wogen: die Ehre und Erhaltung eines Princips oder die gegenwär- tige Schwerkraft der preußiſchen Regierung nach außen und innen? Man

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 31, 31. Januar 1850, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine31_1850/3>, abgerufen am 22.11.2024.