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Allgemeine Zeitung, Nr. 17, 21. Januar 1929.

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Montag. den 21. Januar "AZ am Abend" Nr. 17

tungen der Vereinigten Vaterlän-
dischen Verbände
im Zirkus Krone und
des Bundes Chiemgau in Rosenheim
herzlich wenig zu merken gewesen. Im Gegenteil.
Aus allen Angriffen, die aus den verschiedenen
Lagern kommen und sich letzten Endes treffen
im gemeinsamen Angriffsziel, und das ist die
Staatsform des Deutschen Reiches, spricht bewuß-
ter Zerstörungswille. Es ist deshalb an der Zeit,
[Spaltenumbruch] daß ein energischer Trennungsstrich gezogen wird.
Längeres Zusehen könnte den Eindruck erwecken,
als wenn wirklich das ganze bayerische Volk
hinter dieser aufgeputschten Minderheit stände.

Und die bayerische Regierung? Nun wir wollen
nicht hoffen, daß sie in mißverstandener Staats-
kunst diese Stimmen der Unzufriedenheit für ein
brauchbares Instrument im Kampf um einen
günstigen Finanzausgleich hält.

Italien ehrt den Nobile-Retter
[Abbildung]

Zu Ehren des schwedischen Fliegers Lundborg (siehe Pfeil), der als Hauptzeuge bei der
Untersuchung der Vorgänge bei der Rettung Nobiles und der "Italia"-Befatzung zur-
zeit in Rom weilt, gab der Italienische Aviatik-Klub ein Festbankett.



Er gibt das Spiel noch nicht verloren
Amanullah sammelt neue Truppen

"Die Wahrheit" über den König * Ein Englandfeind?


"Daily Expreß"
berichtet aus Kandahar, Amanullah beab-
sichtige, mit finanzieller Unterstützung seiner
Mutter seinen Thron wieder zu gewin-
nen. Er ersuchte die Bewohner von Kanda-
har um ihre Hilfe bei diesem Unternehmen
und versprach gute Bezahlung. Die Agenten
Amanullahs seien bereits unterwegs zum
Einkauf von Geschützen, Flugzeugen, Muni-
tion und anderem Kriegsmaterial.

Unter der fettgedruckten Ueberschrift "Die
Wahrheit über Amanullah" bringt "Sunday
Dispatch" in sensationeller Aufmachung
einen Artikel des ehemaligen Generalgouver-
neurs des Pundschab Sir Michael O. Dwyer
über ein angebliches Komplott Amanullahs
im Jahre 1919, das die
Invasion Indiens und den Sturz der
britischen Herrschaft

zum Ziele gehabt habe. O. Dwyer bringt
den Aufstand in Amritsar, der bekanntlich
vom Generalgouverneur O. Dwyer unter-
drückt wurde, damit in Zusammenhang und
erklärt, Amanullah habe Truppen an der
Nordwestgrenze für ein Eindringen nach In-
dien bereitgehalten, das aber durch die
prompte Unterdrückung des indischen Auf-
standes verhindert worden sei. Der Vater
Amanullahs, der treue Verbündete Eng-
lands, Habibullah, sei
vor zehn Jahren ermordet worden, weil
er sich den Bemühungen der antiengli-
schen Kreise in Kabul widersetzt habe,

die haben wollten, daß er sich den Deutschen
und Türken anschlösse und in Indien ein-
dringe. Amanullahs Anteil an dieser Ver-
schwörung sei nicht ganz klar.



Die Gröner-Denkschrift
Einleitung eines Landesverrats-
verfahrens

Wie gemeldet wird
hat die Oberreichsanwaltschaft wegen der
Veröffentlichung der Grönerschen Panzer-
kreuzer-Denkschrift in der englischen Zeit-
schrift "Review of Reviews" ein Landes-
verratsverfahren gegen "Unbekannt" einge-
leitet. Sie sieht in der Veröffentlichung einen
Landesverrat, weil die Denkschrift geheim
war und ihre Bekanntgabe durch die eng-
lische Presse dem Wohle des Deutschen Rei-
ches schädlich ist. Die Reichsanwaltschaft
wird für ihr Verfahren das Ermittlungs-
ergebnis der Behörden zur Grundlage
machen, die sich bereits während der letzten
Tage mit der Aufklärung des Dokumenten-
verrates beschäftigt haben. Die Denkschriften-
exemplare, die Parlamentarier erhalten
haben, sind zurückgefordert worden und voll-
zählig vorhanden. Nach dem Blatt erscheint
es sicher, daß ein Original der Denkschrift
unbefugt abgeschrieben und die Abschrift nach
England geschickt worden ist.

[Spaltenumbruch]
Vater wollte seinen Sohn
retten
Tödlicher Unglücksfall auf dem Eise

Ein tragischer Un-
glücksfall ereignet sich gestern nachmittag
auf der Havel in der Nähe von Schildhorn.
Der Sohn des Tischlermeisters Guhl aus
der Potsdamerstraße geriet beim Schlitt-
schuhlaufen an eine offene Stelle und fiel
ins Wasser. Schnell entschlossen, lief der
Vater herbei, um seinen Sohn aus dem
Wasser zu ziehen. Das gelang ihm auch,
aber das Eis brach unter seinen Füßen und
er ging sofort unter. Wie es scheint, hat
Guhl einen Herzschlag erlitten.

Trotz eifrigen Nachsuchens konnte die
Leiche nicht geborgen werden. Der vom
Vater gerettete Sohn wurde von den Ange-
hörigen nach Hause gebracht.



Autonomistischer Wahlsieg in Colmar

Bei der Stichwahl
in Colmar, die heute für den durch Ungültig-
keitserklärung des Mandats Roffes freige-
wordenen Kammersitz stattfand, siegte der
autonomistische Kandidat Hauß mit 10 251
Stimmen. Sein Gegenkandidat (Elsässische
National-Katholische Partei), Abbe Hanser,
erzielte 6303 und der Kommunist Murschell
1611 Stimmen. Auf den Sozialisten Richard,
dessen Kandidatur offiziell zurückgezogen
war, entfielen 137 Stimmen. Insgesamt
waren 18 302 gültige Stimmen abgegeben
worden.

[Spaltenumbruch]
Besondere Räuberfrechheit
Wechselstube in belebter Straße überfallen

Verwegene Flucht * Leichte Gefangennahme


Gestern abend über-
fielen vier Banditen in einer belebten Geschäfts-
straße eine Wechselstube und zwangen mit vor-
gehaltenen Revolvern die Beamten, dan Kassen-
inhalt auszuliefern. Sie versuchten dann zu ent-
kommen. Ein Passant, der Alarm schlug und
einen der Flüchtenden aufzuhalten versuchte,
wurde von den Banditen durch Revolverschüsse
niedergestreckt. Ein Schutzmann nahm die Ver-
folgung auf. Als sich die Entfernung zwischen
dem Banditen und ihm immer mehr vergrößerte,
machte er von seiner Waffe Gebrauch und tötete
[Spaltenumbruch] durch einen Schuß einen Banditen. Die drei an-
deren verschwanden in der Menge. Der getötete
Räuber trug das gesamte gerauble Geld bei sich.
Während Passanten um den am Boden liegenden
Räuber einen dichten Kreis bildeten, stürzten sich
plötzlich die mittlerweile zurückgekehrlen Banditen
auf den Toten und versuchten angesichts des
herumstehenden Volkes das Geld aus der Tasche
zu reißen. Bei diesem tollkühnen Versuch wurden
sie von inzwischen eingetroffenen Schutzleuten
verhaftet und in das Polizeigefängnis einge-
liefert.



Kyffhäuser-Bund
und Kriegsschuldlüge
Drei Millionen Soldaten demonstrieren

Der Vorstand des
Kyffhäuser-Bundes hat eine Kundgebung
erlassen, durch die er seine drei Millionen
Mitglieder auffordert, in diesem zehnten
Jahre des Versailler Diktats mit allen zu
Gebote stehenden Mitteln für Wahrheit und
Ehre gegen die Kriegsschuldlüge zu kämpfen.
Als Einleitung hierzu sollen alle 30 000
Kriegervereine am 2. oder 3. Fe-
bruar im ganzen Reiche Kund-
gebungen
veranstalten.

In dem Aufruf, durch den ein erheblicher
Teil der deutschen Weltkriegssoldaten zur
Kriegsschuldlüge Stellung nimmt, heißt es:

Das Schuldbekenntnis wurde dem, der
übermächtigen Gewalt weichenden, waffen-
losen deutschen Volke mit dem Schwerte er-
preßt, um ihm die moralische Kraft zu
brechen. Niemals hat das deutsche Volk
diese Schuld anerkannt. Niemand, der bei
der Wahrheit bleibt, kann das deutsche Volk
der ungeheuren Vergehen bezichtigen, für
die es durch den Versailler Vertrag für
immer gebrandmarkt werden soll.
Wir deutschen Soldaten, die reinen Her-
zens zur Verteidigung des Vaterlandes in
den Krieg zogen, und mit reinen Händen
das Schwert führten, empfinden die Schmach
des Versailler Schuldspruchs als tiefe Ehr-
verletzung unserer Nation.


Freispruch im Wiener Journalistenprozeß

In dem Prozeß gegen den ehemaligen Redak-
teur des "Neuen Wiener Journals", Oskar Pöffl,
der den Redakleur Bruno Wolf im Gerichtssaal
durch mehrere Schüsse niedergestreckt hatte, wurde
in später Nachtstunde das Urteil gefällt. Die Ge-
schworenen bejahten einstimmig die Schuldfrage,
erkannten aber mit 9 Stimmen auf Sinnesver-
wirrung. Auf Grund dieses Verdikts wurde
Pöffl freigesprochen.



Rußland, Polen
und Kelloggpakt
Polnische Regierung jetzt bereit

Der gestern in
Moskau eingetroffene polnische Gesandte
überreichte dem stellvertretenden Volkskom-
missar für Auswärtiges die polnische Ant-
wortnote auf die russische Note in der An-
gelegenheit der vorzeitigen Inkraftsetzung des
Kelloggpaktes. Die polnische Reigerung er-
klärt, daß sie jetzt in der Lage sei, die Ver-
handlungen mit der Sowjetregierung über
die Form und die Prozedur der Unterzeich-
nung des russischerseits vorgeschlagenen
Protokolls aufzunehmen.

Zur Ehrung Roald Amundsens,
[Abbildung]

der bei dem Versuch zur Rettung der "Italia" -Besatzung sein Leben geopfert hat, wurde
in seiuer Vaterstadt Sarpsborg ein Denkmal errichtet und kürzlich enthüllt.
(Photo Ufa-Wochenschau.)

Die bayerische
Wahlanfechtungsklage
vor dem Staatsgerichtshof

Er erklärt seine Unzuständigkeit


Der Staatsgerichts-
hof für das Deutsche Reich verhandelte am
Samstag unter dem Vorsitz des Reichs-
gerichtspräsidenten Dr. Simons über die
Klagen der Deutschen Demokratischen Par-
tei in Bayern und des Landesverbandes
Bayern der Reichspartei des deutschen Mit-
telstandes (Wirtschaftspartei) gegen das
Land Bayern
auf Feststellung der Verfassungswidrig-
keit von Bestimmungen des bayerischen
Landeswahlgesetzes.

Ursprünglich war die Klage auch von der
Freien Vereinigung des Bayerischen Land-
tags (Zentrum, Demokraten und Beamten-
gruppe) erhoben worden. Da die Freie Ver-
einigung nach den letzten Wahlen jedoch nicht
mehr besteht und somit auch nicht die
Parteifähigkeit vor dem Staatsgerichtshof
hat, wurde in der Verhandlung der Antrag
dieser Vereinigung zurückgezogen.

Für das bayerische Staatsministerium war
Ministerialrat von Jan erschienen, während
die klagenden Parteien durch die Rechts-
anwälte Justizrat Müller-Heintz, Dr. Löwen-
stein und Dr. Ehrhardt, sämtlich München,
vertreten wurden.

Samstag abend noch fällte der Staats-
gerichtshof für das Deutsche Reich in
Leipzig
folgende Entscheidung:

Die Anträge der Demokratischen Partei
in Bayern und des Landesverbandes Bay-
ern der Reichspartei des deutschen Mittel-
standes (Wirtschaftspartei) werden wegen

[irrelevantes Material]

Unzuständigkeit des Staatsgerichtshofes für
das Deutsche Reich zurückgewiesen.

Zur Begründung führte der Vorsitzende,
Reichsgerichtspräsident Dr. Simons u. a.
aus.

Dadurch daß sich die §§ 70 und 19 der
bayerischen, bzw. der Reichsverfassung decken,
ist die Zuständigkeit des auf Grund des
§ 70 eingesetzten bayerischen Staatsgerichts-
hofes gegeben. Bei Prüfung der Frage, ob
der bayerische Staatsgerichtshof in seiner
gegenwärtigen Zusammensetzung funktions-
fähig ist oder nicht, ist der Gerichtshof zu
einer Bejahung gekommen. Die bloße An-
fechtung des Landtagswahlgesetzes bedeutet
noch nicht, daß die Tätigkeit des Landtags
und die Wahlen ungültig sind. Sollte sich
der bayerische Staatsgerichtshof aber eben-
falls für unzuständig erklären, so wäre es
möglich, daß eine neue Klage vor dem
Staatsgerichtshof für das Deutsche Reich zu-
gelassen werde. Eine solche Möglichkeit gebe
aber noch keinen Grund, nach dem Antrag
des bayerischen Vertreters das Verfahren
auszusetzen oder aber es dem bayerischen
Staatsgerichtshof zu überweisen. Infolge-
dessen mußte auf Abweisung der Anträge
wegen
Unzuständigkeit des Staatsgerichts-
hofes

für das Deutsche Reich erkannt werden.

[irrelevantes Material]
Montag. den 21. Januar „AZ am Abend“ Nr. 17

tungen der Vereinigten Vaterlän-
diſchen Verbände
im Zirkus Krone und
des Bundes Chiemgau in Roſenheim
herzlich wenig zu merken geweſen. Im Gegenteil.
Aus allen Angriffen, die aus den verſchiedenen
Lagern kommen und ſich letzten Endes treffen
im gemeinſamen Angriffsziel, und das iſt die
Staatsform des Deutſchen Reiches, ſpricht bewuß-
ter Zerſtörungswille. Es iſt deshalb an der Zeit,
[Spaltenumbruch] daß ein energiſcher Trennungsſtrich gezogen wird.
Längeres Zuſehen könnte den Eindruck erwecken,
als wenn wirklich das ganze bayeriſche Volk
hinter dieſer aufgeputſchten Minderheit ſtände.

Und die bayeriſche Regierung? Nun wir wollen
nicht hoffen, daß ſie in mißverſtandener Staats-
kunſt dieſe Stimmen der Unzufriedenheit für ein
brauchbares Inſtrument im Kampf um einen
günſtigen Finanzausgleich hält.

Italien ehrt den Nobile-Retter
[Abbildung]

Zu Ehren des ſchwediſchen Fliegers Lundborg (ſiehe Pfeil), der als Hauptzeuge bei der
Unterſuchung der Vorgänge bei der Rettung Nobiles und der „Italia“-Befatzung zur-
zeit in Rom weilt, gab der Italieniſche Aviatik-Klub ein Feſtbankett.



Er gibt das Spiel noch nicht verloren
Amanullah ſammelt neue Truppen

„Die Wahrheit“ über den König * Ein Englandfeind?


„Daily Expreß“
berichtet aus Kandahar, Amanullah beab-
ſichtige, mit finanzieller Unterſtützung ſeiner
Mutter ſeinen Thron wieder zu gewin-
nen. Er erſuchte die Bewohner von Kanda-
har um ihre Hilfe bei dieſem Unternehmen
und verſprach gute Bezahlung. Die Agenten
Amanullahs ſeien bereits unterwegs zum
Einkauf von Geſchützen, Flugzeugen, Muni-
tion und anderem Kriegsmaterial.

Unter der fettgedruckten Ueberſchrift „Die
Wahrheit über Amanullah“ bringt „Sunday
Dispatch“ in ſenſationeller Aufmachung
einen Artikel des ehemaligen Generalgouver-
neurs des Pundſchab Sir Michael O. Dwyer
über ein angebliches Komplott Amanullahs
im Jahre 1919, das die
Invaſion Indiens und den Sturz der
britiſchen Herrſchaft

zum Ziele gehabt habe. O. Dwyer bringt
den Aufſtand in Amritſar, der bekanntlich
vom Generalgouverneur O. Dwyer unter-
drückt wurde, damit in Zuſammenhang und
erklärt, Amanullah habe Truppen an der
Nordweſtgrenze für ein Eindringen nach In-
dien bereitgehalten, das aber durch die
prompte Unterdrückung des indiſchen Auf-
ſtandes verhindert worden ſei. Der Vater
Amanullahs, der treue Verbündete Eng-
lands, Habibullah, ſei
vor zehn Jahren ermordet worden, weil
er ſich den Bemühungen der antiengli-
ſchen Kreiſe in Kabul widerſetzt habe,

die haben wollten, daß er ſich den Deutſchen
und Türken anſchlöſſe und in Indien ein-
dringe. Amanullahs Anteil an dieſer Ver-
ſchwörung ſei nicht ganz klar.



Die Gröner-Denkſchrift
Einleitung eines Landesverrats-
verfahrens

Wie gemeldet wird
hat die Oberreichsanwaltſchaft wegen der
Veröffentlichung der Grönerſchen Panzer-
kreuzer-Denkſchrift in der engliſchen Zeit-
ſchrift „Review of Reviews“ ein Landes-
verratsverfahren gegen „Unbekannt“ einge-
leitet. Sie ſieht in der Veröffentlichung einen
Landesverrat, weil die Denkſchrift geheim
war und ihre Bekanntgabe durch die eng-
liſche Preſſe dem Wohle des Deutſchen Rei-
ches ſchädlich iſt. Die Reichsanwaltſchaft
wird für ihr Verfahren das Ermittlungs-
ergebnis der Behörden zur Grundlage
machen, die ſich bereits während der letzten
Tage mit der Aufklärung des Dokumenten-
verrates beſchäftigt haben. Die Denkſchriften-
exemplare, die Parlamentarier erhalten
haben, ſind zurückgefordert worden und voll-
zählig vorhanden. Nach dem Blatt erſcheint
es ſicher, daß ein Original der Denkſchrift
unbefugt abgeſchrieben und die Abſchrift nach
England geſchickt worden iſt.

[Spaltenumbruch]
Vater wollte ſeinen Sohn
retten
Tödlicher Unglücksfall auf dem Eiſe

Ein tragiſcher Un-
glücksfall ereignet ſich geſtern nachmittag
auf der Havel in der Nähe von Schildhorn.
Der Sohn des Tiſchlermeiſters Guhl aus
der Potsdamerſtraße geriet beim Schlitt-
ſchuhlaufen an eine offene Stelle und fiel
ins Waſſer. Schnell entſchloſſen, lief der
Vater herbei, um ſeinen Sohn aus dem
Waſſer zu ziehen. Das gelang ihm auch,
aber das Eis brach unter ſeinen Füßen und
er ging ſofort unter. Wie es ſcheint, hat
Guhl einen Herzſchlag erlitten.

Trotz eifrigen Nachſuchens konnte die
Leiche nicht geborgen werden. Der vom
Vater gerettete Sohn wurde von den Ange-
hörigen nach Hauſe gebracht.



Autonomiſtiſcher Wahlſieg in Colmar

Bei der Stichwahl
in Colmar, die heute für den durch Ungültig-
keitserklärung des Mandats Roffés freige-
wordenen Kammerſitz ſtattfand, ſiegte der
autonomiſtiſche Kandidat Hauß mit 10 251
Stimmen. Sein Gegenkandidat (Elſäſſiſche
National-Katholiſche Partei), Abbe Hanſer,
erzielte 6303 und der Kommuniſt Murſchell
1611 Stimmen. Auf den Sozialiſten Richard,
deſſen Kandidatur offiziell zurückgezogen
war, entfielen 137 Stimmen. Insgeſamt
waren 18 302 gültige Stimmen abgegeben
worden.

[Spaltenumbruch]
Besondere Räuberfrechheit
Wechſelſtube in belebter Straße überfallen

Verwegene Flucht * Leichte Gefangennahme


Geſtern abend über-
fielen vier Banditen in einer belebten Geſchäfts-
ſtraße eine Wechſelſtube und zwangen mit vor-
gehaltenen Revolvern die Beamten, dan Kaſſen-
inhalt auszuliefern. Sie verſuchten dann zu ent-
kommen. Ein Paſſant, der Alarm ſchlug und
einen der Flüchtenden aufzuhalten verſuchte,
wurde von den Banditen durch Revolverſchüſſe
niedergeſtreckt. Ein Schutzmann nahm die Ver-
folgung auf. Als ſich die Entfernung zwiſchen
dem Banditen und ihm immer mehr vergrößerte,
machte er von ſeiner Waffe Gebrauch und tötete
[Spaltenumbruch] durch einen Schuß einen Banditen. Die drei an-
deren verſchwanden in der Menge. Der getötete
Räuber trug das geſamte gerauble Geld bei ſich.
Während Paſſanten um den am Boden liegenden
Räuber einen dichten Kreis bildeten, ſtürzten ſich
plötzlich die mittlerweile zurückgekehrlen Banditen
auf den Toten und verſuchten angeſichts des
herumſtehenden Volkes das Geld aus der Taſche
zu reißen. Bei dieſem tollkühnen Verſuch wurden
ſie von inzwiſchen eingetroffenen Schutzleuten
verhaftet und in das Polizeigefängnis einge-
liefert.



Kyffhäuſer-Bund
und Kriegsſchuldlüge
Drei Millionen Soldaten demonſtrieren

Der Vorſtand des
Kyffhäuſer-Bundes hat eine Kundgebung
erlaſſen, durch die er ſeine drei Millionen
Mitglieder auffordert, in dieſem zehnten
Jahre des Verſailler Diktats mit allen zu
Gebote ſtehenden Mitteln für Wahrheit und
Ehre gegen die Kriegsſchuldlüge zu kämpfen.
Als Einleitung hierzu ſollen alle 30 000
Kriegervereine am 2. oder 3. Fe-
bruar im ganzen Reiche Kund-
gebungen
veranſtalten.

In dem Aufruf, durch den ein erheblicher
Teil der deutſchen Weltkriegsſoldaten zur
Kriegsſchuldlüge Stellung nimmt, heißt es:

Das Schuldbekenntnis wurde dem, der
übermächtigen Gewalt weichenden, waffen-
loſen deutſchen Volke mit dem Schwerte er-
preßt, um ihm die moraliſche Kraft zu
brechen. Niemals hat das deutſche Volk
dieſe Schuld anerkannt. Niemand, der bei
der Wahrheit bleibt, kann das deutſche Volk
der ungeheuren Vergehen bezichtigen, für
die es durch den Verſailler Vertrag für
immer gebrandmarkt werden ſoll.
Wir deutſchen Soldaten, die reinen Her-
zens zur Verteidigung des Vaterlandes in
den Krieg zogen, und mit reinen Händen
das Schwert führten, empfinden die Schmach
des Verſailler Schuldſpruchs als tiefe Ehr-
verletzung unſerer Nation.


Freiſpruch im Wiener Journaliſtenprozeß

In dem Prozeß gegen den ehemaligen Redak-
teur des „Neuen Wiener Journals“, Oskar Pöffl,
der den Redakleur Bruno Wolf im Gerichtsſaal
durch mehrere Schüſſe niedergeſtreckt hatte, wurde
in ſpäter Nachtſtunde das Urteil gefällt. Die Ge-
ſchworenen bejahten einſtimmig die Schuldfrage,
erkannten aber mit 9 Stimmen auf Sinnesver-
wirrung. Auf Grund dieſes Verdikts wurde
Pöffl freigeſprochen.



Rußland, Polen
und Kelloggpakt
Polniſche Regierung jetzt bereit

Der geſtern in
Moskau eingetroffene polniſche Geſandte
überreichte dem ſtellvertretenden Volkskom-
miſſar für Auswärtiges die polniſche Ant-
wortnote auf die ruſſiſche Note in der An-
gelegenheit der vorzeitigen Inkraftſetzung des
Kelloggpaktes. Die polniſche Reigerung er-
klärt, daß ſie jetzt in der Lage ſei, die Ver-
handlungen mit der Sowjetregierung über
die Form und die Prozedur der Unterzeich-
nung des ruſſiſcherſeits vorgeſchlagenen
Protokolls aufzunehmen.

Zur Ehrung Roald Amundſens,
[Abbildung]

der bei dem Verſuch zur Rettung der „Italia“ -Beſatzung ſein Leben geopfert hat, wurde
in ſeiuer Vaterſtadt Sarpsborg ein Denkmal errichtet und kürzlich enthüllt.
(Photo Ufa-Wochenſchau.)

Die bayeriſche
Wahlanfechtungsklage
vor dem Staatsgerichtshof

Er erklärt ſeine Unzuſtändigkeit


Der Staatsgerichts-
hof für das Deutſche Reich verhandelte am
Samstag unter dem Vorſitz des Reichs-
gerichtspräſidenten Dr. Simons über die
Klagen der Deutſchen Demokratiſchen Par-
tei in Bayern und des Landesverbandes
Bayern der Reichspartei des deutſchen Mit-
telſtandes (Wirtſchaftspartei) gegen das
Land Bayern
auf Feſtſtellung der Verfaſſungswidrig-
keit von Beſtimmungen des bayeriſchen
Landeswahlgeſetzes.

Urſprünglich war die Klage auch von der
Freien Vereinigung des Bayeriſchen Land-
tags (Zentrum, Demokraten und Beamten-
gruppe) erhoben worden. Da die Freie Ver-
einigung nach den letzten Wahlen jedoch nicht
mehr beſteht und ſomit auch nicht die
Parteifähigkeit vor dem Staatsgerichtshof
hat, wurde in der Verhandlung der Antrag
dieſer Vereinigung zurückgezogen.

Für das bayeriſche Staatsminiſterium war
Miniſterialrat von Jan erſchienen, während
die klagenden Parteien durch die Rechts-
anwälte Juſtizrat Müller-Heintz, Dr. Löwen-
ſtein und Dr. Ehrhardt, ſämtlich München,
vertreten wurden.

Samstag abend noch fällte der Staats-
gerichtshof für das Deutſche Reich in
Leipzig
folgende Entſcheidung:

Die Anträge der Demokratiſchen Partei
in Bayern und des Landesverbandes Bay-
ern der Reichspartei des deutſchen Mittel-
ſtandes (Wirtſchaftspartei) werden wegen

[irrelevantes Material]

Unzuſtändigkeit des Staatsgerichtshofes für
das Deutſche Reich zurückgewieſen.

Zur Begründung führte der Vorſitzende,
Reichsgerichtspräſident Dr. Simons u. a.
aus.

Dadurch daß ſich die §§ 70 und 19 der
bayeriſchen, bzw. der Reichsverfaſſung decken,
iſt die Zuſtändigkeit des auf Grund des
§ 70 eingeſetzten bayeriſchen Staatsgerichts-
hofes gegeben. Bei Prüfung der Frage, ob
der bayeriſche Staatsgerichtshof in ſeiner
gegenwärtigen Zuſammenſetzung funktions-
fähig iſt oder nicht, iſt der Gerichtshof zu
einer Bejahung gekommen. Die bloße An-
fechtung des Landtagswahlgeſetzes bedeutet
noch nicht, daß die Tätigkeit des Landtags
und die Wahlen ungültig ſind. Sollte ſich
der bayeriſche Staatsgerichtshof aber eben-
falls für unzuſtändig erklären, ſo wäre es
möglich, daß eine neue Klage vor dem
Staatsgerichtshof für das Deutſche Reich zu-
gelaſſen werde. Eine ſolche Möglichkeit gebe
aber noch keinen Grund, nach dem Antrag
des bayeriſchen Vertreters das Verfahren
auszuſetzen oder aber es dem bayeriſchen
Staatsgerichtshof zu überweiſen. Infolge-
deſſen mußte auf Abweiſung der Anträge
wegen
Unzuſtändigkeit des Staatsgerichts-
hofes

für das Deutſche Reich erkannt werden.

[irrelevantes Material]
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[Seite 3[3]/0003] Montag. den 21. Januar „AZ am Abend“ Nr. 17 tungen der Vereinigten Vaterlän- diſchen Verbände im Zirkus Krone und des Bundes Chiemgau in Roſenheim herzlich wenig zu merken geweſen. Im Gegenteil. Aus allen Angriffen, die aus den verſchiedenen Lagern kommen und ſich letzten Endes treffen im gemeinſamen Angriffsziel, und das iſt die Staatsform des Deutſchen Reiches, ſpricht bewuß- ter Zerſtörungswille. Es iſt deshalb an der Zeit, daß ein energiſcher Trennungsſtrich gezogen wird. Längeres Zuſehen könnte den Eindruck erwecken, als wenn wirklich das ganze bayeriſche Volk hinter dieſer aufgeputſchten Minderheit ſtände. Und die bayeriſche Regierung? Nun wir wollen nicht hoffen, daß ſie in mißverſtandener Staats- kunſt dieſe Stimmen der Unzufriedenheit für ein brauchbares Inſtrument im Kampf um einen günſtigen Finanzausgleich hält. K. Italien ehrt den Nobile-Retter [Abbildung Zu Ehren des ſchwediſchen Fliegers Lundborg (ſiehe Pfeil), der als Hauptzeuge bei der Unterſuchung der Vorgänge bei der Rettung Nobiles und der „Italia“-Befatzung zur- zeit in Rom weilt, gab der Italieniſche Aviatik-Klub ein Feſtbankett.] Er gibt das Spiel noch nicht verloren Amanullah ſammelt neue Truppen „Die Wahrheit“ über den König * Ein Englandfeind? London, 20. Januar. „Daily Expreß“ berichtet aus Kandahar, Amanullah beab- ſichtige, mit finanzieller Unterſtützung ſeiner Mutter ſeinen Thron wieder zu gewin- nen. Er erſuchte die Bewohner von Kanda- har um ihre Hilfe bei dieſem Unternehmen und verſprach gute Bezahlung. Die Agenten Amanullahs ſeien bereits unterwegs zum Einkauf von Geſchützen, Flugzeugen, Muni- tion und anderem Kriegsmaterial. Unter der fettgedruckten Ueberſchrift „Die Wahrheit über Amanullah“ bringt „Sunday Dispatch“ in ſenſationeller Aufmachung einen Artikel des ehemaligen Generalgouver- neurs des Pundſchab Sir Michael O. Dwyer über ein angebliches Komplott Amanullahs im Jahre 1919, das die Invaſion Indiens und den Sturz der britiſchen Herrſchaft zum Ziele gehabt habe. O. Dwyer bringt den Aufſtand in Amritſar, der bekanntlich vom Generalgouverneur O. Dwyer unter- drückt wurde, damit in Zuſammenhang und erklärt, Amanullah habe Truppen an der Nordweſtgrenze für ein Eindringen nach In- dien bereitgehalten, das aber durch die prompte Unterdrückung des indiſchen Auf- ſtandes verhindert worden ſei. Der Vater Amanullahs, der treue Verbündete Eng- lands, Habibullah, ſei vor zehn Jahren ermordet worden, weil er ſich den Bemühungen der antiengli- ſchen Kreiſe in Kabul widerſetzt habe, die haben wollten, daß er ſich den Deutſchen und Türken anſchlöſſe und in Indien ein- dringe. Amanullahs Anteil an dieſer Ver- ſchwörung ſei nicht ganz klar. Die Gröner-Denkſchrift Einleitung eines Landesverrats- verfahrens Berlin, 20. Januar. Wie gemeldet wird hat die Oberreichsanwaltſchaft wegen der Veröffentlichung der Grönerſchen Panzer- kreuzer-Denkſchrift in der engliſchen Zeit- ſchrift „Review of Reviews“ ein Landes- verratsverfahren gegen „Unbekannt“ einge- leitet. Sie ſieht in der Veröffentlichung einen Landesverrat, weil die Denkſchrift geheim war und ihre Bekanntgabe durch die eng- liſche Preſſe dem Wohle des Deutſchen Rei- ches ſchädlich iſt. Die Reichsanwaltſchaft wird für ihr Verfahren das Ermittlungs- ergebnis der Behörden zur Grundlage machen, die ſich bereits während der letzten Tage mit der Aufklärung des Dokumenten- verrates beſchäftigt haben. Die Denkſchriften- exemplare, die Parlamentarier erhalten haben, ſind zurückgefordert worden und voll- zählig vorhanden. Nach dem Blatt erſcheint es ſicher, daß ein Original der Denkſchrift unbefugt abgeſchrieben und die Abſchrift nach England geſchickt worden iſt. Vater wollte ſeinen Sohn retten Tödlicher Unglücksfall auf dem Eiſe Spandau, 20. Januar. Ein tragiſcher Un- glücksfall ereignet ſich geſtern nachmittag auf der Havel in der Nähe von Schildhorn. Der Sohn des Tiſchlermeiſters Guhl aus der Potsdamerſtraße geriet beim Schlitt- ſchuhlaufen an eine offene Stelle und fiel ins Waſſer. Schnell entſchloſſen, lief der Vater herbei, um ſeinen Sohn aus dem Waſſer zu ziehen. Das gelang ihm auch, aber das Eis brach unter ſeinen Füßen und er ging ſofort unter. Wie es ſcheint, hat Guhl einen Herzſchlag erlitten. Trotz eifrigen Nachſuchens konnte die Leiche nicht geborgen werden. Der vom Vater gerettete Sohn wurde von den Ange- hörigen nach Hauſe gebracht. Autonomiſtiſcher Wahlſieg in Colmar Paris, 20. Januar. Bei der Stichwahl in Colmar, die heute für den durch Ungültig- keitserklärung des Mandats Roffés freige- wordenen Kammerſitz ſtattfand, ſiegte der autonomiſtiſche Kandidat Hauß mit 10 251 Stimmen. Sein Gegenkandidat (Elſäſſiſche National-Katholiſche Partei), Abbe Hanſer, erzielte 6303 und der Kommuniſt Murſchell 1611 Stimmen. Auf den Sozialiſten Richard, deſſen Kandidatur offiziell zurückgezogen war, entfielen 137 Stimmen. Insgeſamt waren 18 302 gültige Stimmen abgegeben worden. Besondere Räuberfrechheit Wechſelſtube in belebter Straße überfallen Verwegene Flucht * Leichte Gefangennahme Warſchau, 20. Jan. Geſtern abend über- fielen vier Banditen in einer belebten Geſchäfts- ſtraße eine Wechſelſtube und zwangen mit vor- gehaltenen Revolvern die Beamten, dan Kaſſen- inhalt auszuliefern. Sie verſuchten dann zu ent- kommen. Ein Paſſant, der Alarm ſchlug und einen der Flüchtenden aufzuhalten verſuchte, wurde von den Banditen durch Revolverſchüſſe niedergeſtreckt. Ein Schutzmann nahm die Ver- folgung auf. Als ſich die Entfernung zwiſchen dem Banditen und ihm immer mehr vergrößerte, machte er von ſeiner Waffe Gebrauch und tötete durch einen Schuß einen Banditen. Die drei an- deren verſchwanden in der Menge. Der getötete Räuber trug das geſamte gerauble Geld bei ſich. Während Paſſanten um den am Boden liegenden Räuber einen dichten Kreis bildeten, ſtürzten ſich plötzlich die mittlerweile zurückgekehrlen Banditen auf den Toten und verſuchten angeſichts des herumſtehenden Volkes das Geld aus der Taſche zu reißen. Bei dieſem tollkühnen Verſuch wurden ſie von inzwiſchen eingetroffenen Schutzleuten verhaftet und in das Polizeigefängnis einge- liefert. Kyffhäuſer-Bund und Kriegsſchuldlüge Drei Millionen Soldaten demonſtrieren Berlin, 20. Januar. Der Vorſtand des Kyffhäuſer-Bundes hat eine Kundgebung erlaſſen, durch die er ſeine drei Millionen Mitglieder auffordert, in dieſem zehnten Jahre des Verſailler Diktats mit allen zu Gebote ſtehenden Mitteln für Wahrheit und Ehre gegen die Kriegsſchuldlüge zu kämpfen. Als Einleitung hierzu ſollen alle 30 000 Kriegervereine am 2. oder 3. Fe- bruar im ganzen Reiche Kund- gebungen veranſtalten. In dem Aufruf, durch den ein erheblicher Teil der deutſchen Weltkriegsſoldaten zur Kriegsſchuldlüge Stellung nimmt, heißt es: Das Schuldbekenntnis wurde dem, der übermächtigen Gewalt weichenden, waffen- loſen deutſchen Volke mit dem Schwerte er- preßt, um ihm die moraliſche Kraft zu brechen. Niemals hat das deutſche Volk dieſe Schuld anerkannt. Niemand, der bei der Wahrheit bleibt, kann das deutſche Volk der ungeheuren Vergehen bezichtigen, für die es durch den Verſailler Vertrag für immer gebrandmarkt werden ſoll. Wir deutſchen Soldaten, die reinen Her- zens zur Verteidigung des Vaterlandes in den Krieg zogen, und mit reinen Händen das Schwert führten, empfinden die Schmach des Verſailler Schuldſpruchs als tiefe Ehr- verletzung unſerer Nation. Freiſpruch im Wiener Journaliſtenprozeß In dem Prozeß gegen den ehemaligen Redak- teur des „Neuen Wiener Journals“, Oskar Pöffl, der den Redakleur Bruno Wolf im Gerichtsſaal durch mehrere Schüſſe niedergeſtreckt hatte, wurde in ſpäter Nachtſtunde das Urteil gefällt. Die Ge- ſchworenen bejahten einſtimmig die Schuldfrage, erkannten aber mit 9 Stimmen auf Sinnesver- wirrung. Auf Grund dieſes Verdikts wurde Pöffl freigeſprochen. Rußland, Polen und Kelloggpakt Polniſche Regierung jetzt bereit Moskau, 20. Januar. Der geſtern in Moskau eingetroffene polniſche Geſandte überreichte dem ſtellvertretenden Volkskom- miſſar für Auswärtiges die polniſche Ant- wortnote auf die ruſſiſche Note in der An- gelegenheit der vorzeitigen Inkraftſetzung des Kelloggpaktes. Die polniſche Reigerung er- klärt, daß ſie jetzt in der Lage ſei, die Ver- handlungen mit der Sowjetregierung über die Form und die Prozedur der Unterzeich- nung des ruſſiſcherſeits vorgeſchlagenen Protokolls aufzunehmen. Zur Ehrung Roald Amundſens, [Abbildung der bei dem Verſuch zur Rettung der „Italia“ -Beſatzung ſein Leben geopfert hat, wurde in ſeiuer Vaterſtadt Sarpsborg ein Denkmal errichtet und kürzlich enthüllt. (Photo Ufa-Wochenſchau.)] Die bayeriſche Wahlanfechtungsklage vor dem Staatsgerichtshof Er erklärt ſeine Unzuſtändigkeit Leipzig, 20. Januar. Der Staatsgerichts- hof für das Deutſche Reich verhandelte am Samstag unter dem Vorſitz des Reichs- gerichtspräſidenten Dr. Simons über die Klagen der Deutſchen Demokratiſchen Par- tei in Bayern und des Landesverbandes Bayern der Reichspartei des deutſchen Mit- telſtandes (Wirtſchaftspartei) gegen das Land Bayern auf Feſtſtellung der Verfaſſungswidrig- keit von Beſtimmungen des bayeriſchen Landeswahlgeſetzes. Urſprünglich war die Klage auch von der Freien Vereinigung des Bayeriſchen Land- tags (Zentrum, Demokraten und Beamten- gruppe) erhoben worden. Da die Freie Ver- einigung nach den letzten Wahlen jedoch nicht mehr beſteht und ſomit auch nicht die Parteifähigkeit vor dem Staatsgerichtshof hat, wurde in der Verhandlung der Antrag dieſer Vereinigung zurückgezogen. Für das bayeriſche Staatsminiſterium war Miniſterialrat von Jan erſchienen, während die klagenden Parteien durch die Rechts- anwälte Juſtizrat Müller-Heintz, Dr. Löwen- ſtein und Dr. Ehrhardt, ſämtlich München, vertreten wurden. Samstag abend noch fällte der Staats- gerichtshof für das Deutſche Reich in Leipzig folgende Entſcheidung: Die Anträge der Demokratiſchen Partei in Bayern und des Landesverbandes Bay- ern der Reichspartei des deutſchen Mittel- ſtandes (Wirtſchaftspartei) werden wegen _ Unzuſtändigkeit des Staatsgerichtshofes für das Deutſche Reich zurückgewieſen. Zur Begründung führte der Vorſitzende, Reichsgerichtspräſident Dr. Simons u. a. aus. Dadurch daß ſich die §§ 70 und 19 der bayeriſchen, bzw. der Reichsverfaſſung decken, iſt die Zuſtändigkeit des auf Grund des § 70 eingeſetzten bayeriſchen Staatsgerichts- hofes gegeben. Bei Prüfung der Frage, ob der bayeriſche Staatsgerichtshof in ſeiner gegenwärtigen Zuſammenſetzung funktions- fähig iſt oder nicht, iſt der Gerichtshof zu einer Bejahung gekommen. Die bloße An- fechtung des Landtagswahlgeſetzes bedeutet noch nicht, daß die Tätigkeit des Landtags und die Wahlen ungültig ſind. Sollte ſich der bayeriſche Staatsgerichtshof aber eben- falls für unzuſtändig erklären, ſo wäre es möglich, daß eine neue Klage vor dem Staatsgerichtshof für das Deutſche Reich zu- gelaſſen werde. Eine ſolche Möglichkeit gebe aber noch keinen Grund, nach dem Antrag des bayeriſchen Vertreters das Verfahren auszuſetzen oder aber es dem bayeriſchen Staatsgerichtshof zu überweiſen. Infolge- deſſen mußte auf Abweiſung der Anträge wegen Unzuſtändigkeit des Staatsgerichts- hofes für das Deutſche Reich erkannt werden. _

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2023-01-02T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 17, 21. Januar 1929, S. Seite 3[3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine17_1929/3>, abgerufen am 27.11.2024.