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Allgemeine Zeitung, Nr. 170, 18. Juni 1860.

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[Spaltenumbruch] haldi'schen Alpenjägern. Diese Benennung ist nicht unpassend, da die
Leute viel Aehnlichkeit mit dem wohl rauchenden, aber sonst sehr harmlosen
Vulcan haben. Wunderbar ist es jedenfalls daß diese Sicilianer besoldet
werden, während ihre Befreier aus Norditalien nicht auf einen Heller An-
spruch machen.

Man gibt fich viel Mühe eine Art Uniform zu Stande zu bringen. Die
Garibaldianer haben endlich alle rothe Flanellblousen; die Eingebornen gehen
noch in ihren Anzügen aus braunem Barchent einher; aber da dieß die allge-
meine Landestracht ist, thut sie bis auf bessere Zeiten als Uniform ganz gute
Dienste.

Wenn man bedenkt daß Sicilien erst vor zwei Monaten entwaffnet
wurde, muß die Anzahl der noch im Lande vorgefundenen Gewehre über-
raschend groß erscheinen. Die meisten davon sind alte Waffen, die, im Jahr
1848 etwa, mit Percussionsschlössern versehen wurden. Es ist ganz außer-
ordentlich wie jeder Sicilianer nach dem Befitz eines Gewehres geizt. Dem
Picciotto ist Schießbedarf was Gold dem Geizhals. Aber ungleich diesem
verpraßt er seine Schätze so wie er sie nur erst gewonnen hat. Schießen, und
Lärmmachen überhaupt, scheint sein größtes Vergnügen zu seyn. Aber auch
von dieser Leidenschaft werden sie allmählich geheilt. Sie fangen an spar-
samer mit ihrem Schießpulver umzugehen, und das ist schon etwas gutes.

Auch mit der Civilorganisation ist ein Anfang gemacht. Ein Staats-
secretär ist ernannt, der alle Decrete des Dictators gegenzeichnet, und jede
Provinz soll einen Gouverneur mit einem vom Volk erwählten Beirath er-
halten.

Die Stadt sieht sich friedlicher an; allmählich öffnen sich die Läden;
auch haben wir schon zwei Journale, das "Giornale ufficiale" der provisori-
schen Regierung Siciliens, und die "Unita Italiana," die mitsammt dem
leidigen Thunfisch, von dem sich hier alles nährt, auf der Straße feilge-
boten werden.



Deutschland.
Gr. Baden.

Die Bedrängniß
des Papstes hat einen kirchlichen Verein, den des "heil. Erzengels Michael,"
in das Leben gerufen, welcher von Geistlichen und Laien gebildet wird und
unter dem 7 März d. J. von dem Papst genehmigt wurde. Der Zweck des-
selben ist: "überhaupt für die Belebung christkatholischer Gesinnung, insbe-
sondere aber für die Erhaltung und Vertheidigung der unverletzlichen Rechte
des heil. Stuhls, nach Kräften zu wirken." Die Mitglieder sind theils solche
welche diesen Zweck nur durch Gebete fördern, theils solche welche dazu auch
noch Geldbeiträge fügen. In Freiburg hat sich ein Hauptverein gebildet,
und zur Bildung von Filialvereinen ist die Geistlichkeit aufgefordert. Der
periodische Geldbeitrag ist auf 1 kr. monatlich festgesetzt; doch sind höhere
Beiträge willkommen. Der Vorstand des Hauptvereins in Freiburg ist ge-
heimer Hofrath Zell. (Schw. M.)

Gestern Abend um 7 Uhr ist der Kaiser
der Franzosen in Baden eingetroffen. In der immer dem Publicum ver-
schlossenen Halle des Bahnhofs harrte der Großherzog von Baden seiner An-
kunft entgegen. Der Großherzog trug schwarzen Civilanzug, weiße Halsbinde,
weiße Weste, und auf letzterer den Großcordon der Ehrenlegion. An der
Seite des Großherzogs befand sich die Herzogin v. Hamilton. Als der Extra-
zug gehalten und der Kaiser den Wagen verlassen hatte, wurde er vom Groß-
herzog unbefangen und mit fürstlichem Anstand begrüßt. Der Kaiser war
ebenfalls im Civilanzug, und darüber trug er einen grauen Oberrock. Ehe
er die vom Großherzog dargereichte Hand erfaßte, flog sein forschender Blick
blitzschnell durch die leere Halle, und trotz der vielbesprochenen Beherrschung
seiner Gefühle, ist es meiner Beobachtung nicht entgangen daß Gesicht und
Haltung einen Augenblick den Ausdruck getäuschter Erwartung zeigten. Sollte
er außer dem Landesherrn auch die übrigen in Baden anwesenden Souveräne
zu seinem Empfang bereit erwartet haben? Nachdem der Kaiser den Groß-
herzog begrüßt hatte, trat er auf die Herzogin v. Hamilion zu, und küßte sie,
wobei sein kaltes glattes Gesicht sich zu einem Lächeln verzog, das diesem Antlitz
fremd zu seyn scheint. Den Kaiser sah ich zum erstenmal als er noch Präfi-
dent der Republik war. Er ist seitdem sehr gealtert; seine Haare sind ge-
bleicht, und auf dem Scheitel beginnen sie zu schwinden. An körperlichem
Umfang hat er zugenommen, aber sein Gang ist schleppend. Wer den Kaiser
nicht kennt, auf den wird seine Erscheinung den Eindruck eines gewöhnlichen
Bourgeois machen. Nur die kalte erdfahle Gesichtsmaske ist ein Räthsel
welches zur Betrachtung und zum Studium verlockt.... Außerhalb des Bahn-
hofs waren viele Neugierige versammelt. Als der Kaiser an denselben vor-
überfuhr, ließen nicht allein Franzosen, sondern auch einige bezahlte Haus-
knechte und Garcons den Ruf erschallen: "Vive l'Empereur!" worauf
jedesmal ein sehr vernehmliches Zischen erfolgte. Indessen freuen wir uns
jetzt schon darauf wie die franzöfische Presse dieses armselige bezahlte "Vive
l'Empereur!"
verarbeiten wird....

Kurhessen.

Stadtrath und Gemeindeaus-
schuß berathen gegenwärtig: in welcher Weise sie gegen die Verfassung vom
[Spaltenumbruch] 30 Mai ihre Rechtsverwahrung einlegen sollen? Wie man hört, will man
dem Beispiel der Kaffeler nicht folgen, und statt eines Protestes an die Bun-
desversammlung in einer Adresse an den Kurfürsten die Ungültigkeit der neuen
Verfassung darlegen. -- Das vorgestern abgehaltene Volksfest im Lamboi-
Walde verlief in der schönsten Ordnung, und sind die von der Polizei befürch-
teten politischen Kundgebungen ausgeblieben. -- Die von der französischen
Gemeinde wegen der Verfassungsangelegenheit beschlossene Adresse und Rechts-
verwahrung an den Kurfürsten ist bereits entworfen, und wird in diesen Tagen
schon in Berathung genommen werden.

K. Sachsen.

Die Frequenz unserer Hochschule
hat sich in diesem Semester dem Neunhundert wieder mehr genähert, wir haben
874 Studierende gegen 848 im Winter. Seit fünfzehn Jahren war die
Ziffer der Jura Studierenden nicht so niedrig als heuer; sie ist gegen das
Sommersemester 1849 um beinahe 200 gesunken, beträgt 258 und entspricht
nunmehr besser den Verhältnissen und geringen Aussichten der Juristen in
Sachsen. -- Geheimerath v. Wächter, der derzeitige Rector Magnificus, be-
findet sich noch immer auf Urlaub; Domherr Prof. Tuch, der Exrector, ver-
tritt ihn. Ebenso sind ein paar andere Mitglieder des Senats, der hoch-
bejahrte Ordinarius der Juristenfacultät Geheimerath C. G. Günther und
Dr. Friedrich Zarncke, Professor der deutschen Sprache und Litteratur, zur
Reconvalescenz auf längere Zeit im Ausland. Im Schooße der philosophi-
schen Facultät sollen, wie verlautet, Verschärfungen der Doctorexamina im
Werke seyn. Unser Historiker Dr. Heinrich Wuttke ist der Zeit Dekan. --
Frhrn. v. Brucks Denkschrift "Die Aufgaben Oesterreichs" ist, obgleich ihr
nach einer Correspondenz der Nationalzeitung der öfterreichische Markt noch
immer verschlossen ist, in erster Auflage vergriffen und liegt in einem zweiten
Abdruck vor. -- Guizots Denkwürdigkeiten find im Druck bis auf die letzten
wenigen Vogen fertig, und erscheinen demnach nächster Tage. Hauptinhalt
des dritten Bandes ist die Geschichte von Guizots Leitung des Unterrichts-
ministeriums im Cabinet vom 11 Oct. 1832 (1832 bis 1837), woran sich eine
Darftellung der innern Politik in demselben Zeitraum schließt. -- v. Quandt's
hinterlassene Kupferstichsammlung befindet sich seit Dienstag unter dem
Hammer, und erzielt, da zahlreiche Concurrenten aus allen Theilen von
Deutschland und selbst aus Frankreich sich die werthvollsten Stücke der koft-
baren Sammlung streitig machen, bedeutende Preise. Die große Maria von
Einsiedeln, 1466, von Meister "E. S." in der ersten Mappe gieng z. B. für
600 Thlr. weg. -- Der hiesige Generalconsul Clauß hat dieser Tage unserm
städtischen Museum seine ererbte schöne Gemäldegallerie -- 106 Bilder --
abgetreten. Sie soll eine eigene Abtheilung unseres Museums bilden, und
nach seinem Tod Eigenthum der Stadt werden.

Das hiefige Journal widerlegt die Nachricht:
"die sächsische Regierung habe in einem Rundschreiben an die Regierungen
zu gemeinsamen Maßregeln aufgefordert, damit nicht durch die anwachsenden
Capitalien der Schillerstiftungen dem Schriftstellerthum eine zu selbständige
und große Macht in die Hände gegeben sey." Letztere Besorgniß hat die
sächsische Regierung nie gehegt, wohl aber hat sie die doppelte Frage erwogen
wie die einzelnen Schillerstiftungen sich gegenseitig am besten anemander an-
schließen können um die Kräfte nicht zu zersplittern, sowie in welcher Weise
verhindert werden könne daß die Capitalien nicht ihrem wahren Zweck ent-
zogen, und etwa bloß Parteigenoffen zugewendet werden können. Dafür hat
sie die Ertheilung von Corporationsrechten mit Vorbehalt der Staatsaufficht
fürs beste gehalten. Mehr that Sachsen nicht.

Thüringen.

Das erste allgemeine deutsche
Turnfest hat heute unter den schönsten Auspicien begonnen, obwohl die bis
zum Morgen dieses Tags andauernde ungünstige Witterung fast alle Hoff-
nungen getrübt hatte. Soeben, Nachmittags 4 Uhr, ist unter dem Jubelruf
vieler Tausende und beim hellsten Glanz der Sonne eine Schaar von vielen
Hunderten aus allen Theilen Deutschlands in unsere Stadt eingezogen. In
dem langen bunten Zug konnte man mehr als 50 oft sehr prächtige und sinnige
Banner von Turnvereinen etc. zählen, und es war eine Lust die schmucken
Reihen der kräftigen, frischen Jünglinge nach dem Tact der Musik und unter
dem nicht enden wollenden Jubelrufen von Einheimischen und Fremden --
und von letztern wimmelt die ganze Stadt -- durch die mit Fahnen und
Kränzen geschmückten Straßen der Stadt nach dem Schloß- und Theaterplatz
ziehen zu sehen, wo die herzogliche Reitbahn, die zu einer prächtigen Festhalle
hergerichtet ist, die Schaaren mit ihren Bannern aufnahm. In den nächsten
Stunden des Nachmittags werden die Gäste aus nah und fern in ihre Quar-
tiere vertheilt, und die altbewährte Gastfreundschaft Koburgs zeigt sich auch
jetzt wieder im schönsten Glanz. Heute Abend zieht alles nach der Veste
hinauf, die, so lange in feuchte Wolken gehüllt, jetzt im herrlichsten Sonnen-
schein strahlt, und ihrem alten Namen, der "fränkischen Leuchte," alle Ehre
macht. Dort oben wird in Stuben und Sälen, in Höfen und Winkeln, auf
Vorsprüngen und Terrassen tüchtig gezecht werden, und den Schluß soll ein
großes Feuerwerk bilden, das weit hinaus nach Thüringen und Franken ver-
künden wird welch ein schönes deutsches Fest heute hier seinen Anfang ge-
nommen hat.

[Spaltenumbruch] haldi’ſchen Alpenjägern. Dieſe Benennung iſt nicht unpaſſend, da die
Leute viel Aehnlichkeit mit dem wohl rauchenden, aber ſonſt ſehr harmloſen
Vulcan haben. Wunderbar iſt es jedenfalls daß dieſe Sicilianer beſoldet
werden, während ihre Befreier aus Norditalien nicht auf einen Heller An-
ſpruch machen.

Man gibt fich viel Mühe eine Art Uniform zu Stande zu bringen. Die
Garibaldianer haben endlich alle rothe Flanellblouſen; die Eingebornen gehen
noch in ihren Anzügen aus braunem Barchent einher; aber da dieß die allge-
meine Landestracht iſt, thut ſie bis auf beſſere Zeiten als Uniform ganz gute
Dienſte.

Wenn man bedenkt daß Sicilien erſt vor zwei Monaten entwaffnet
wurde, muß die Anzahl der noch im Lande vorgefundenen Gewehre über-
raſchend groß erſcheinen. Die meiſten davon ſind alte Waffen, die, im Jahr
1848 etwa, mit Percuſſionsſchlöſſern verſehen wurden. Es iſt ganz außer-
ordentlich wie jeder Sicilianer nach dem Befitz eines Gewehres geizt. Dem
Picciotto iſt Schießbedarf was Gold dem Geizhals. Aber ungleich dieſem
verpraßt er ſeine Schätze ſo wie er ſie nur erſt gewonnen hat. Schießen, und
Lärmmachen überhaupt, ſcheint ſein größtes Vergnügen zu ſeyn. Aber auch
von dieſer Leidenſchaft werden ſie allmählich geheilt. Sie fangen an ſpar-
ſamer mit ihrem Schießpulver umzugehen, und das iſt ſchon etwas gutes.

Auch mit der Civilorganiſation iſt ein Anfang gemacht. Ein Staats-
ſecretär iſt ernannt, der alle Decrete des Dictators gegenzeichnet, und jede
Provinz ſoll einen Gouverneur mit einem vom Volk erwählten Beirath er-
halten.

Die Stadt ſieht ſich friedlicher an; allmählich öffnen ſich die Läden;
auch haben wir ſchon zwei Journale, das „Giornale ufficiale“ der proviſori-
ſchen Regierung Siciliens, und die „Unità Italiana,“ die mitſammt dem
leidigen Thunfiſch, von dem ſich hier alles nährt, auf der Straße feilge-
boten werden.



Deutſchland.
Gr. Baden.

Die Bedrängniß
des Papſtes hat einen kirchlichen Verein, den des „heil. Erzengels Michael,“
in das Leben gerufen, welcher von Geiſtlichen und Laien gebildet wird und
unter dem 7 März d. J. von dem Papſt genehmigt wurde. Der Zweck des-
ſelben iſt: „überhaupt für die Belebung chriſtkatholiſcher Geſinnung, insbe-
ſondere aber für die Erhaltung und Vertheidigung der unverletzlichen Rechte
des heil. Stuhls, nach Kräften zu wirken.“ Die Mitglieder ſind theils ſolche
welche dieſen Zweck nur durch Gebete fördern, theils ſolche welche dazu auch
noch Geldbeiträge fügen. In Freiburg hat ſich ein Hauptverein gebildet,
und zur Bildung von Filialvereinen iſt die Geiſtlichkeit aufgefordert. Der
periodiſche Geldbeitrag iſt auf 1 kr. monatlich feſtgeſetzt; doch ſind höhere
Beiträge willkommen. Der Vorſtand des Hauptvereins in Freiburg iſt ge-
heimer Hofrath Zell. (Schw. M.)

Geſtern Abend um 7 Uhr iſt der Kaiſer
der Franzoſen in Baden eingetroffen. In der immer dem Publicum ver-
ſchloſſenen Halle des Bahnhofs harrte der Großherzog von Baden ſeiner An-
kunft entgegen. Der Großherzog trug ſchwarzen Civilanzug, weiße Halsbinde,
weiße Weſte, und auf letzterer den Großcordon der Ehrenlegion. An der
Seite des Großherzogs befand ſich die Herzogin v. Hamilton. Als der Extra-
zug gehalten und der Kaiſer den Wagen verlaſſen hatte, wurde er vom Groß-
herzog unbefangen und mit fürſtlichem Anſtand begrüßt. Der Kaiſer war
ebenfalls im Civilanzug, und darüber trug er einen grauen Oberrock. Ehe
er die vom Großherzog dargereichte Hand erfaßte, flog ſein forſchender Blick
blitzſchnell durch die leere Halle, und trotz der vielbeſprochenen Beherrſchung
ſeiner Gefühle, iſt es meiner Beobachtung nicht entgangen daß Geſicht und
Haltung einen Augenblick den Ausdruck getäuſchter Erwartung zeigten. Sollte
er außer dem Landesherrn auch die übrigen in Baden anweſenden Souveräne
zu ſeinem Empfang bereit erwartet haben? Nachdem der Kaiſer den Groß-
herzog begrüßt hatte, trat er auf die Herzogin v. Hamilion zu, und küßte ſie,
wobei ſein kaltes glattes Geſicht ſich zu einem Lächeln verzog, das dieſem Antlitz
fremd zu ſeyn ſcheint. Den Kaiſer ſah ich zum erſtenmal als er noch Präfi-
dent der Republik war. Er iſt ſeitdem ſehr gealtert; ſeine Haare ſind ge-
bleicht, und auf dem Scheitel beginnen ſie zu ſchwinden. An körperlichem
Umfang hat er zugenommen, aber ſein Gang iſt ſchleppend. Wer den Kaiſer
nicht kennt, auf den wird ſeine Erſcheinung den Eindruck eines gewöhnlichen
Bourgeois machen. Nur die kalte erdfahle Geſichtsmaske iſt ein Räthſel
welches zur Betrachtung und zum Studium verlockt.... Außerhalb des Bahn-
hofs waren viele Neugierige verſammelt. Als der Kaiſer an denſelben vor-
überfuhr, ließen nicht allein Franzoſen, ſondern auch einige bezahlte Haus-
knechte und Garçons den Ruf erſchallen: „Vive l’Empereur!“ worauf
jedesmal ein ſehr vernehmliches Ziſchen erfolgte. Indeſſen freuen wir uns
jetzt ſchon darauf wie die franzöfiſche Preſſe dieſes armſelige bezahlte „Vive
l’Empereur!“
verarbeiten wird....

Kurheſſen.

Stadtrath und Gemeindeaus-
ſchuß berathen gegenwärtig: in welcher Weiſe ſie gegen die Verfaſſung vom
[Spaltenumbruch] 30 Mai ihre Rechtsverwahrung einlegen ſollen? Wie man hört, will man
dem Beiſpiel der Kaffeler nicht folgen, und ſtatt eines Proteſtes an die Bun-
desverſammlung in einer Adreſſe an den Kurfürſten die Ungültigkeit der neuen
Verfaſſung darlegen. — Das vorgeſtern abgehaltene Volksfeſt im Lamboi-
Walde verlief in der ſchönſten Ordnung, und ſind die von der Polizei befürch-
teten politiſchen Kundgebungen ausgeblieben. — Die von der franzöſiſchen
Gemeinde wegen der Verfaſſungsangelegenheit beſchloſſene Adreſſe und Rechts-
verwahrung an den Kurfürſten iſt bereits entworfen, und wird in dieſen Tagen
ſchon in Berathung genommen werden.

K. Sachſen.

Die Frequenz unſerer Hochſchule
hat ſich in dieſem Semeſter dem Neunhundert wieder mehr genähert, wir haben
874 Studierende gegen 848 im Winter. Seit fünfzehn Jahren war die
Ziffer der Jura Studierenden nicht ſo niedrig als heuer; ſie iſt gegen das
Sommerſemeſter 1849 um beinahe 200 geſunken, beträgt 258 und entſpricht
nunmehr beſſer den Verhältniſſen und geringen Ausſichten der Juriſten in
Sachſen. — Geheimerath v. Wächter, der derzeitige Rector Magnificus, be-
findet ſich noch immer auf Urlaub; Domherr Prof. Tuch, der Exrector, ver-
tritt ihn. Ebenſo ſind ein paar andere Mitglieder des Senats, der hoch-
bejahrte Ordinarius der Juriſtenfacultät Geheimerath C. G. Günther und
Dr. Friedrich Zarncke, Profeſſor der deutſchen Sprache und Litteratur, zur
Reconvalescenz auf längere Zeit im Ausland. Im Schooße der philoſophi-
ſchen Facultät ſollen, wie verlautet, Verſchärfungen der Doctorexamina im
Werke ſeyn. Unſer Hiſtoriker Dr. Heinrich Wuttke iſt der Zeit Dekan. —
Frhrn. v. Brucks Denkſchrift „Die Aufgaben Oeſterreichs“ iſt, obgleich ihr
nach einer Correſpondenz der Nationalzeitung der öfterreichiſche Markt noch
immer verſchloſſen iſt, in erſter Auflage vergriffen und liegt in einem zweiten
Abdruck vor. — Guizots Denkwürdigkeiten find im Druck bis auf die letzten
wenigen Vogen fertig, und erſcheinen demnach nächſter Tage. Hauptinhalt
des dritten Bandes iſt die Geſchichte von Guizots Leitung des Unterrichts-
miniſteriums im Cabinet vom 11 Oct. 1832 (1832 bis 1837), woran ſich eine
Darftellung der innern Politik in demſelben Zeitraum ſchließt. — v. Quandt’s
hinterlaſſene Kupferſtichſammlung befindet ſich ſeit Dienſtag unter dem
Hammer, und erzielt, da zahlreiche Concurrenten aus allen Theilen von
Deutſchland und ſelbſt aus Frankreich ſich die werthvollſten Stücke der koft-
baren Sammlung ſtreitig machen, bedeutende Preiſe. Die große Maria von
Einſiedeln, 1466, von Meiſter „E. S.“ in der erſten Mappe gieng z. B. für
600 Thlr. weg. — Der hieſige Generalconſul Clauß hat dieſer Tage unſerm
ſtädtiſchen Muſeum ſeine ererbte ſchöne Gemäldegallerie — 106 Bilder —
abgetreten. Sie ſoll eine eigene Abtheilung unſeres Muſeums bilden, und
nach ſeinem Tod Eigenthum der Stadt werden.

Das hiefige Journal widerlegt die Nachricht:
„die ſächſiſche Regierung habe in einem Rundſchreiben an die Regierungen
zu gemeinſamen Maßregeln aufgefordert, damit nicht durch die anwachſenden
Capitalien der Schillerſtiftungen dem Schriftſtellerthum eine zu ſelbſtändige
und große Macht in die Hände gegeben ſey.“ Letztere Beſorgniß hat die
ſächſiſche Regierung nie gehegt, wohl aber hat ſie die doppelte Frage erwogen
wie die einzelnen Schillerſtiftungen ſich gegenſeitig am beſten anemander an-
ſchließen können um die Kräfte nicht zu zerſplittern, ſowie in welcher Weiſe
verhindert werden könne daß die Capitalien nicht ihrem wahren Zweck ent-
zogen, und etwa bloß Parteigenoffen zugewendet werden können. Dafür hat
ſie die Ertheilung von Corporationsrechten mit Vorbehalt der Staatsaufficht
fürs beſte gehalten. Mehr that Sachſen nicht.

Thüringen.

Das erſte allgemeine deutſche
Turnfeſt hat heute unter den ſchönſten Auſpicien begonnen, obwohl die bis
zum Morgen dieſes Tags andauernde ungünſtige Witterung faſt alle Hoff-
nungen getrübt hatte. Soeben, Nachmittags 4 Uhr, iſt unter dem Jubelruf
vieler Tauſende und beim hellſten Glanz der Sonne eine Schaar von vielen
Hunderten aus allen Theilen Deutſchlands in unſere Stadt eingezogen. In
dem langen bunten Zug konnte man mehr als 50 oft ſehr prächtige und ſinnige
Banner von Turnvereinen ꝛc. zählen, und es war eine Luſt die ſchmucken
Reihen der kräftigen, friſchen Jünglinge nach dem Tact der Muſik und unter
dem nicht enden wollenden Jubelrufen von Einheimiſchen und Fremden —
und von letztern wimmelt die ganze Stadt — durch die mit Fahnen und
Kränzen geſchmückten Straßen der Stadt nach dem Schloß- und Theaterplatz
ziehen zu ſehen, wo die herzogliche Reitbahn, die zu einer prächtigen Feſthalle
hergerichtet iſt, die Schaaren mit ihren Bannern aufnahm. In den nächſten
Stunden des Nachmittags werden die Gäſte aus nah und fern in ihre Quar-
tiere vertheilt, und die altbewährte Gaſtfreundſchaft Koburgs zeigt ſich auch
jetzt wieder im ſchönſten Glanz. Heute Abend zieht alles nach der Veſte
hinauf, die, ſo lange in feuchte Wolken gehüllt, jetzt im herrlichſten Sonnen-
ſchein ſtrahlt, und ihrem alten Namen, der „fränkiſchen Leuchte,“ alle Ehre
macht. Dort oben wird in Stuben und Sälen, in Höfen und Winkeln, auf
Vorſprüngen und Terraſſen tüchtig gezecht werden, und den Schluß ſoll ein
großes Feuerwerk bilden, das weit hinaus nach Thüringen und Franken ver-
künden wird welch ein ſchönes deutſches Feſt heute hier ſeinen Anfang ge-
nommen hat.

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[2831/0003] haldi’ſchen Alpenjägern. Dieſe Benennung iſt nicht unpaſſend, da die Leute viel Aehnlichkeit mit dem wohl rauchenden, aber ſonſt ſehr harmloſen Vulcan haben. Wunderbar iſt es jedenfalls daß dieſe Sicilianer beſoldet werden, während ihre Befreier aus Norditalien nicht auf einen Heller An- ſpruch machen. Man gibt fich viel Mühe eine Art Uniform zu Stande zu bringen. Die Garibaldianer haben endlich alle rothe Flanellblouſen; die Eingebornen gehen noch in ihren Anzügen aus braunem Barchent einher; aber da dieß die allge- meine Landestracht iſt, thut ſie bis auf beſſere Zeiten als Uniform ganz gute Dienſte. Wenn man bedenkt daß Sicilien erſt vor zwei Monaten entwaffnet wurde, muß die Anzahl der noch im Lande vorgefundenen Gewehre über- raſchend groß erſcheinen. Die meiſten davon ſind alte Waffen, die, im Jahr 1848 etwa, mit Percuſſionsſchlöſſern verſehen wurden. Es iſt ganz außer- ordentlich wie jeder Sicilianer nach dem Befitz eines Gewehres geizt. Dem Picciotto iſt Schießbedarf was Gold dem Geizhals. Aber ungleich dieſem verpraßt er ſeine Schätze ſo wie er ſie nur erſt gewonnen hat. Schießen, und Lärmmachen überhaupt, ſcheint ſein größtes Vergnügen zu ſeyn. Aber auch von dieſer Leidenſchaft werden ſie allmählich geheilt. Sie fangen an ſpar- ſamer mit ihrem Schießpulver umzugehen, und das iſt ſchon etwas gutes. Auch mit der Civilorganiſation iſt ein Anfang gemacht. Ein Staats- ſecretär iſt ernannt, der alle Decrete des Dictators gegenzeichnet, und jede Provinz ſoll einen Gouverneur mit einem vom Volk erwählten Beirath er- halten. Die Stadt ſieht ſich friedlicher an; allmählich öffnen ſich die Läden; auch haben wir ſchon zwei Journale, das „Giornale ufficiale“ der proviſori- ſchen Regierung Siciliens, und die „Unità Italiana,“ die mitſammt dem leidigen Thunfiſch, von dem ſich hier alles nährt, auf der Straße feilge- boten werden. Deutſchland. Gr. Baden. Aus der Diöceſe Freiburg, 13 Jun. Die Bedrängniß des Papſtes hat einen kirchlichen Verein, den des „heil. Erzengels Michael,“ in das Leben gerufen, welcher von Geiſtlichen und Laien gebildet wird und unter dem 7 März d. J. von dem Papſt genehmigt wurde. Der Zweck des- ſelben iſt: „überhaupt für die Belebung chriſtkatholiſcher Geſinnung, insbe- ſondere aber für die Erhaltung und Vertheidigung der unverletzlichen Rechte des heil. Stuhls, nach Kräften zu wirken.“ Die Mitglieder ſind theils ſolche welche dieſen Zweck nur durch Gebete fördern, theils ſolche welche dazu auch noch Geldbeiträge fügen. In Freiburg hat ſich ein Hauptverein gebildet, und zur Bildung von Filialvereinen iſt die Geiſtlichkeit aufgefordert. Der periodiſche Geldbeitrag iſt auf 1 kr. monatlich feſtgeſetzt; doch ſind höhere Beiträge willkommen. Der Vorſtand des Hauptvereins in Freiburg iſt ge- heimer Hofrath Zell. (Schw. M.) * Raſtatt, 16 Jun. Geſtern Abend um 7 Uhr iſt der Kaiſer der Franzoſen in Baden eingetroffen. 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Indeſſen freuen wir uns jetzt ſchon darauf wie die franzöfiſche Preſſe dieſes armſelige bezahlte „Vive l’Empereur!“ verarbeiten wird.... Kurheſſen. ** Hanau, 15 Jun. Stadtrath und Gemeindeaus- ſchuß berathen gegenwärtig: in welcher Weiſe ſie gegen die Verfaſſung vom 30 Mai ihre Rechtsverwahrung einlegen ſollen? Wie man hört, will man dem Beiſpiel der Kaffeler nicht folgen, und ſtatt eines Proteſtes an die Bun- desverſammlung in einer Adreſſe an den Kurfürſten die Ungültigkeit der neuen Verfaſſung darlegen. — Das vorgeſtern abgehaltene Volksfeſt im Lamboi- Walde verlief in der ſchönſten Ordnung, und ſind die von der Polizei befürch- teten politiſchen Kundgebungen ausgeblieben. — Die von der franzöſiſchen Gemeinde wegen der Verfaſſungsangelegenheit beſchloſſene Adreſſe und Rechts- verwahrung an den Kurfürſten iſt bereits entworfen, und wird in dieſen Tagen ſchon in Berathung genommen werden. K. Sachſen. Leipzig, 15 Jun. Die Frequenz unſerer Hochſchule hat ſich in dieſem Semeſter dem Neunhundert wieder mehr genähert, wir haben 874 Studierende gegen 848 im Winter. Seit fünfzehn Jahren war die Ziffer der Jura Studierenden nicht ſo niedrig als heuer; ſie iſt gegen das Sommerſemeſter 1849 um beinahe 200 geſunken, beträgt 258 und entſpricht nunmehr beſſer den Verhältniſſen und geringen Ausſichten der Juriſten in Sachſen. — Geheimerath v. Wächter, der derzeitige Rector Magnificus, be- findet ſich noch immer auf Urlaub; Domherr Prof. Tuch, der Exrector, ver- tritt ihn. Ebenſo ſind ein paar andere Mitglieder des Senats, der hoch- bejahrte Ordinarius der Juriſtenfacultät Geheimerath C. G. Günther und Dr. Friedrich Zarncke, Profeſſor der deutſchen Sprache und Litteratur, zur Reconvalescenz auf längere Zeit im Ausland. Im Schooße der philoſophi- ſchen Facultät ſollen, wie verlautet, Verſchärfungen der Doctorexamina im Werke ſeyn. Unſer Hiſtoriker Dr. Heinrich Wuttke iſt der Zeit Dekan. — Frhrn. v. Brucks Denkſchrift „Die Aufgaben Oeſterreichs“ iſt, obgleich ihr nach einer Correſpondenz der Nationalzeitung der öfterreichiſche Markt noch immer verſchloſſen iſt, in erſter Auflage vergriffen und liegt in einem zweiten Abdruck vor. — Guizots Denkwürdigkeiten find im Druck bis auf die letzten wenigen Vogen fertig, und erſcheinen demnach nächſter Tage. Hauptinhalt des dritten Bandes iſt die Geſchichte von Guizots Leitung des Unterrichts- miniſteriums im Cabinet vom 11 Oct. 1832 (1832 bis 1837), woran ſich eine Darftellung der innern Politik in demſelben Zeitraum ſchließt. — v. Quandt’s hinterlaſſene Kupferſtichſammlung befindet ſich ſeit Dienſtag unter dem Hammer, und erzielt, da zahlreiche Concurrenten aus allen Theilen von Deutſchland und ſelbſt aus Frankreich ſich die werthvollſten Stücke der koft- baren Sammlung ſtreitig machen, bedeutende Preiſe. Die große Maria von Einſiedeln, 1466, von Meiſter „E. S.“ in der erſten Mappe gieng z. B. für 600 Thlr. weg. — Der hieſige Generalconſul Clauß hat dieſer Tage unſerm ſtädtiſchen Muſeum ſeine ererbte ſchöne Gemäldegallerie — 106 Bilder — abgetreten. Sie ſoll eine eigene Abtheilung unſeres Muſeums bilden, und nach ſeinem Tod Eigenthum der Stadt werden. Leipzig, 12 Jun. Das hiefige Journal widerlegt die Nachricht: „die ſächſiſche Regierung habe in einem Rundſchreiben an die Regierungen zu gemeinſamen Maßregeln aufgefordert, damit nicht durch die anwachſenden Capitalien der Schillerſtiftungen dem Schriftſtellerthum eine zu ſelbſtändige und große Macht in die Hände gegeben ſey.“ Letztere Beſorgniß hat die ſächſiſche Regierung nie gehegt, wohl aber hat ſie die doppelte Frage erwogen wie die einzelnen Schillerſtiftungen ſich gegenſeitig am beſten anemander an- ſchließen können um die Kräfte nicht zu zerſplittern, ſowie in welcher Weiſe verhindert werden könne daß die Capitalien nicht ihrem wahren Zweck ent- zogen, und etwa bloß Parteigenoffen zugewendet werden können. 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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 170, 18. Juni 1860, S. 2831. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine170_1860/3>, abgerufen am 26.06.2024.