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Allgemeine Zeitung, Nr. 16, 19. Januar 1929.

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Seite 6 "AZ am Abend" Nr. 16 Samstag, den 19., und Sonntag, den 20. Jan.


Heute karikiert J. Dünzi in der "AZ"
Amanullah konnte mit Flugzeug den siegreichen Rebellen entkommen
[Abbildung]

Der deutsche Michel: "Amanullah,
Amanullah, gib' mir meine Millionen
wieder!"

[Abbildung]

Amanullah: "Zugegeben, das praktischste Geschenk während meiner Europa-
reise hab' ich doch von den Deutschen bekommen -- die Junkersmaschine."



Dreifaches Gaunerspiel
EIN BANKNOTENROMAN
20. Fortsetzung.

"Nein," unterstrich der Ire mit regungs-
losem Gesicht. "Und sie muß konsequent
durchgeführt werden." -- Er wandte sich an
Rupert, der die ganze Zeit mähneschüttelnd
geschwiegen hatte: "Ja, mein Lieber, dich
werden wir verhaften müssen."

Da fand Steinmann die Sprache wieder.
"Was fällt dir ein," fuhr er auf, "mach
keine schlechten Witze! Mir ist nicht zum
Lachen, wenn ich bedenke, daß man hier in
meinem Atelier herumgegraben hat. Das
geht denn doch über die Hutschnur."

"Allerdings", stimmte Morris zu, "und
gerade, weil es über die Hutschnur geht,
werden wir dich einlochen." Da der Maler
wieder aufbrausen wollte --: "Bleib' ruhig
und hör' mich an: zum Schein einsperren!
Verstehst du? Wir müssen den Kerlen
nachgeben. Je mehr wir sie triumphieren
lassen, desto fester wiegen wir sie in Sicher-
heit."

"Und wann packen wir sie?" schrie der
Maler gereizt. "Davon redest du nur
immer, aber du sagst nie, wie es zu machen
wäre."

Morris stand auf. Er strich sich mit der
[Hand] ein paarmal über den blonden Kopf.
"Das werde ich dir jetzt sagen," entgegnete
er langsam. "Mein Plan ist fertig, war es
schon heute morgen -- als Ergebnis der
letzten Nacht. Die Geschichte mit Laurids
brachte mich darauf: und die, in deren Mit-
telpunkt du nun stehst, verstärkt meinen Ent-
schluß. Mag er abenteuerlich klingen --
ich halte ihn für brauchbar: Wir werden
versuchen, einem Prominenten der Bande,
vielleicht dem Häuptling selbst, dem geistigen
Unbeber und Leiter, eine Falle zu stellen.
Die Gauner haben uns eine gestellt, in die
wir jetzt zum Schein gehen. Wir werden
ihnen eine hinbauen, in die sie nicht nur
zum Schein tappen sollen. Und zwar mög-
[Spaltenumbruch] lichst bold! Alles drängt zur Entschei-
dung."

"Wollen Sie sich bitte näher erklären,"
wünschte der Assessor wenig hoffnungsfroh.

"Ich denke mir die Sache so," gab Morris
kund. "Nicht wahr, das Haupt bewegt sich
unzweifelhaft in der guten Gesellschaft, ja,
wir dürfen annehmen, gerade in den Kret-
sen, mit denen wir selbst Fühlung haben.
Dieser Anführer muß sozusagen mitten
unter uns sein. Nun also -- --" Er
brach ab und wandte sich an Steinmann:
"Nicht wahr, Rupert, übermorgen abend
ist Stiftungsfest der Museumsgesellschaft?"

Der Maler bejahte.

"Gut," fuhr Morris fort. "Auf diesem
Stiftungsfest wird höchstwahrscheinlich der
Gesuchte sein. Und dort müssen wir ihm
die Schlinge legen, in die er treten soll."

"Morris," mahnte Lund. "wenn Sie uns
nicht wiederholt verblüffende Proben Ihrer
Kombinationsfähigkeit gegeben hätten,
würde ich es mir nicht versagen können, diese
Gedanken allzu phantastisch zu nennen."

"Phantastisch!" rief Morris. "Ich gebe
zu, daß sie es in gewissem Sinne sind. Und
vielleicht phantasiere ich daneben. Aber das
Gute an der Sache ist, daß sie uns keinen
Nachteil, dem Gegner keinen Vorteil bringt,
falls sie versagt, und falls wir niemanden
erwischen. Hören Sie weiter."

"Ich bin gespannt," äußerte Lund, un-
gläubig aber gehorsam.

Morris winkte dem Maler zu: "Du, Ru-
pert, mußt wieder herhalten. Auf deine
teuren Schultern häufen sich Sorgen und
Verantwortungen."

"Ich?" fragte Steinmann beunruhigt.
"Danke! Ich hab' genug von der mir lie-
benswürdig angekündigten Freiheitsberau-
bung."

"Ja, da hilft alles nichts," lächelte Mor-
ris, "du sollst übrigens in deinem Seelen-
[Spaltenumbruch] frieden nicht gestört werden -- im Gegen-
teil!" Er wies auf das große Bild hin,
das die Staffelei trug. "Dies Kunstwerk
brauchst du jetzt nicht mehr auf Reisen gehen
zu lassen: denn ich mache dir hiermit die
freudige Mitteilung, daß du es bereits ver-
kauft hast."

Rupert riß Mund und Augen auf.
"Wie --?"

"Um den anständigen Preis von elf-
tausend Kronen. Ein Liebhaber hat sich
gefunden, der so dumm war, dir das zu be-
zahlen."

"So dumm ist keiner," zweifelte der Ma-
ler, dennoch halb in Hoffnung.

"Gut, daß du es einsiehst." lachte Frank.
"Diese Elftausend sind nämlich nur ein Re-
quisit zu meiner famosen Falle."

Der Maler war ernüchtert und geärgert.
"Willst du uns nun vielleicht endlich --"

"Also," sagte Morris ernst, "du, Stein-
mann, hast dein großes Bild verkauft, der
Verkauf wird am Stiftungsabend im Mu-
seum laut und allgemein erörtert werden,
dafür sorgen wir. Es wird darauf hinge-
wiesen werden -- in welcher Art, bespre-
chen wir noch --, daß du die Summe schon
erhalten und in deinem Schreibtisch nieder-
gelegt hast. Etwas leichtsinnig -- wird man
betonen -- denn du selbst bist abwesend, und
ich, der bei dir wohnt, muß auch gerade
für einen Tag verreisen."

Der Ire machte eine Pause.

"Nun -- und?" wollte Lund ihn vor-
wärts schieben.

"Nun -- und," gehorchte Morris, "diese
elftausend Kronen wird sich die Bande kaum
entgehen lassen. Es fällt ihr nicht allzu
schwer, sie zu holen. Deine Schlüssel hat
sie sa schon, Rupert."

"Weiter?"

"Was weiter? Der Unbekannte wird
kommen -- ich bin überzeugt, in solchen
Umsicht sordernden Fällen wird der Herr
Direktor selber sich betätigen -- er wird
auf dem Stiftungsfest von dem hübschen
Taschengeld, das da zu holen ist, erfahren
haben und kommen -- anstatt des Geldes
aber uns antreffen. Und wir wollen ihn
dann schon gebührend empfangen."

Des Assessors Bedenken dauerten an.

[Spaltenumbruch]

"Sie haben ja recht," pflichtete Morris
bei. "Der Plan kann mißlingen. Aber
was ist dann verloren? -- Gar nichts.
Wir haben uns Mühe umsonst gemacht,
eine Mühe, die sich anderen Falles vollauf
bezahlt."

Steinmann räusperte sich bedeutungsvoll.
"Verzeihl," begann er, "wenn ich gegen
einen solchen, mit allen Wassern gewasche-
nen Geist wie den deinigen in die Arena
trete, aber etwas höchst Wichtiges scheinst
du hier wahrhaftig ganz außer acht zu
lassen."

"Mein Lieber, du willst nur um die
drohende Einkastelung herum. Deshalb
strengst du dein Gehirn so krampfhaft an,"
wehrte sich Morris. "Aber leg' immerhin
los."

"Daß die Verbrecher nicht selbst geschaf-
fene Vorteile sich zerstören werden, kunstvoll
geschassene, das will ich sagen. Sie täten
es aber, wenn sie kämen."

"Brav, Rupert!" lobte Morris. "Ich
weiß, was du meinst. Das ist in der Tat
ein schwacher Punkt der Konstruktion."

"Bitte," mischte sich Lund ein. "Ich ver-
wahre mich gegen mystische Zwiegespräche."

Der Maler erklärte: "Ich meine, Herr
Assessor, die Burschen werden nicht kommen
-- deshalb nicht, weil sie mich, den sie sa
dreist in den Verdacht der Täterschaft zu
bringen wußten, durch ihr Erscheinen wie-
der entlasten würden, entlasten besonders
durch die charakteristische Art ihres Ver-
fahrens."

"Und vielleicht kommen sie doch und trotz
allem," überlegte Frank: "denn es gilt zu
bedenken: die Geldgier! Sie ist eine nicht zu
unterschätzende Verführerin, die selbst die
klügsten und kältesten Leute waghalsig und
wirr macht, und elftausend Kronen --
meinetwegen fünfzehntausend -- sind denn
doch ein Sümmchen. Vielleicht auch wissen
unsere Gegner für diesen Fall einen beson-
deren Kniff, den wir nicht ahnen. Jeden-
falls: so oder so, wir sollten es darauf an-
kommen lassen. -- Was meinen Sie, Lund?"

"Bin sinverstanden," sagte der schließlich.
"Probieren wir das Abenteuer."

(Fortsetzung folgt).

Seite 6 „AZ am Abend“ Nr. 16 Samstag, den 19., und Sonntag, den 20. Jan.


Heute karikiert J. Dünzi in der „AZ“
Amanullah konnte mit Flugzeug den ſiegreichen Rebellen entkommen
[Abbildung]

Der deutſche Michel: „Amanullah,
Amanullah, gib’ mir meine Millionen
wieder!“

[Abbildung]

Amanullah: „Zugegeben, das praktiſchſte Geſchenk während meiner Europa-
reiſe hab’ ich doch von den Deutſchen bekommen — die Junkersmaſchine.“



Dreifaches Gaunerspiel
EIN BANKNOTENROMAN
20. Fortsetzung.

„Nein,“ unterſtrich der Ire mit regungs-
loſem Geſicht. „Und ſie muß konſequent
durchgeführt werden.“ — Er wandte ſich an
Rupert, der die ganze Zeit mähneſchüttelnd
geſchwiegen hatte: „Ja, mein Lieber, dich
werden wir verhaften müſſen.“

Da fand Steinmann die Sprache wieder.
„Was fällt dir ein,“ fuhr er auf, „mach
keine ſchlechten Witze! Mir iſt nicht zum
Lachen, wenn ich bedenke, daß man hier in
meinem Atelier herumgegraben hat. Das
geht denn doch über die Hutſchnur.“

„Allerdings“, ſtimmte Morris zu, „und
gerade, weil es über die Hutſchnur geht,
werden wir dich einlochen.“ Da der Maler
wieder aufbrauſen wollte —: „Bleib’ ruhig
und hör’ mich an: zum Schein einſperren!
Verſtehſt du? Wir müſſen den Kerlen
nachgeben. Je mehr wir ſie triumphieren
laſſen, deſto feſter wiegen wir ſie in Sicher-
heit.“

„Und wann packen wir ſie?“ ſchrie der
Maler gereizt. „Davon redeſt du nur
immer, aber du ſagſt nie, wie es zu machen
wäre.“

Morris ſtand auf. Er ſtrich ſich mit der
[Hand] ein paarmal über den blonden Kopf.
„Das werde ich dir jetzt ſagen,“ entgegnete
er langſam. „Mein Plan iſt fertig, war es
ſchon heute morgen — als Ergebnis der
letzten Nacht. Die Geſchichte mit Laurids
brachte mich darauf: und die, in deren Mit-
telpunkt du nun ſtehſt, verſtärkt meinen Ent-
ſchluß. Mag er abenteuerlich klingen —
ich halte ihn für brauchbar: Wir werden
verſuchen, einem Prominenten der Bande,
vielleicht dem Häuptling ſelbſt, dem geiſtigen
Unbeber und Leiter, eine Falle zu ſtellen.
Die Gauner haben uns eine geſtellt, in die
wir jetzt zum Schein gehen. Wir werden
ihnen eine hinbauen, in die ſie nicht nur
zum Schein tappen ſollen. Und zwar mög-
[Spaltenumbruch] lichſt bold! Alles drängt zur Entſchei-
dung.“

„Wollen Sie ſich bitte näher erklären,“
wünſchte der Aſſeſſor wenig hoffnungsfroh.

„Ich denke mir die Sache ſo,“ gab Morris
kund. „Nicht wahr, das Haupt bewegt ſich
unzweifelhaft in der guten Geſellſchaft, ja,
wir dürfen annehmen, gerade in den Kret-
ſen, mit denen wir ſelbſt Fühlung haben.
Dieſer Anführer muß ſozuſagen mitten
unter uns ſein. Nun alſo — —“ Er
brach ab und wandte ſich an Steinmann:
„Nicht wahr, Rupert, übermorgen abend
iſt Stiftungsfeſt der Muſeumsgeſellſchaft?“

Der Maler bejahte.

„Gut,“ fuhr Morris fort. „Auf dieſem
Stiftungsfeſt wird höchſtwahrſcheinlich der
Geſuchte ſein. Und dort müſſen wir ihm
die Schlinge legen, in die er treten ſoll.“

„Morris,“ mahnte Lund. „wenn Sie uns
nicht wiederholt verblüffende Proben Ihrer
Kombinationsfähigkeit gegeben hätten,
würde ich es mir nicht verſagen können, dieſe
Gedanken allzu phantaſtiſch zu nennen.“

„Phantaſtiſch!“ rief Morris. „Ich gebe
zu, daß ſie es in gewiſſem Sinne ſind. Und
vielleicht phantaſiere ich daneben. Aber das
Gute an der Sache iſt, daß ſie uns keinen
Nachteil, dem Gegner keinen Vorteil bringt,
falls ſie verſagt, und falls wir niemanden
erwiſchen. Hören Sie weiter.“

„Ich bin geſpannt,“ äußerte Lund, un-
gläubig aber gehorſam.

Morris winkte dem Maler zu: „Du, Ru-
pert, mußt wieder herhalten. Auf deine
teuren Schultern häufen ſich Sorgen und
Verantwortungen.“

„Ich?“ fragte Steinmann beunruhigt.
„Danke! Ich hab’ genug von der mir lie-
benswürdig angekündigten Freiheitsberau-
bung.“

„Ja, da hilft alles nichts,“ lächelte Mor-
ris, „du ſollſt übrigens in deinem Seelen-
[Spaltenumbruch] frieden nicht geſtört werden — im Gegen-
teil!“ Er wies auf das große Bild hin,
das die Staffelei trug. „Dies Kunſtwerk
brauchſt du jetzt nicht mehr auf Reiſen gehen
zu laſſen: denn ich mache dir hiermit die
freudige Mitteilung, daß du es bereits ver-
kauft haſt.“

Rupert riß Mund und Augen auf.
„Wie —?“

„Um den anſtändigen Preis von elf-
tauſend Kronen. Ein Liebhaber hat ſich
gefunden, der ſo dumm war, dir das zu be-
zahlen.“

„So dumm iſt keiner,“ zweifelte der Ma-
ler, dennoch halb in Hoffnung.

„Gut, daß du es einſiehſt.“ lachte Frank.
„Dieſe Elftauſend ſind nämlich nur ein Re-
quiſit zu meiner famoſen Falle.“

Der Maler war ernüchtert und geärgert.
„Willſt du uns nun vielleicht endlich —“

„Alſo,“ ſagte Morris ernſt, „du, Stein-
mann, haſt dein großes Bild verkauft, der
Verkauf wird am Stiftungsabend im Mu-
ſeum laut und allgemein erörtert werden,
dafür ſorgen wir. Es wird darauf hinge-
wieſen werden — in welcher Art, beſpre-
chen wir noch —, daß du die Summe ſchon
erhalten und in deinem Schreibtiſch nieder-
gelegt haſt. Etwas leichtſinnig — wird man
betonen — denn du ſelbſt biſt abweſend, und
ich, der bei dir wohnt, muß auch gerade
für einen Tag verreiſen.“

Der Ire machte eine Pauſe.

„Nun — und?“ wollte Lund ihn vor-
wärts ſchieben.

„Nun — und,“ gehorchte Morris, „dieſe
elftauſend Kronen wird ſich die Bande kaum
entgehen laſſen. Es fällt ihr nicht allzu
ſchwer, ſie zu holen. Deine Schlüſſel hat
ſie ſa ſchon, Rupert.“

„Weiter?“

„Was weiter? Der Unbekannte wird
kommen — ich bin überzeugt, in ſolchen
Umſicht ſordernden Fällen wird der Herr
Direktor ſelber ſich betätigen — er wird
auf dem Stiftungsfeſt von dem hübſchen
Taſchengeld, das da zu holen iſt, erfahren
haben und kommen — anſtatt des Geldes
aber uns antreffen. Und wir wollen ihn
dann ſchon gebührend empfangen.“

Des Aſſeſſors Bedenken dauerten an.

[Spaltenumbruch]

„Sie haben ja recht,“ pflichtete Morris
bei. „Der Plan kann mißlingen. Aber
was iſt dann verloren? — Gar nichts.
Wir haben uns Mühe umſonſt gemacht,
eine Mühe, die ſich anderen Falles vollauf
bezahlt.“

Steinmann räuſperte ſich bedeutungsvoll.
„Verzeihl,“ begann er, „wenn ich gegen
einen ſolchen, mit allen Waſſern gewaſche-
nen Geiſt wie den deinigen in die Arena
trete, aber etwas höchſt Wichtiges ſcheinſt
du hier wahrhaftig ganz außer acht zu
laſſen.“

„Mein Lieber, du willſt nur um die
drohende Einkaſtelung herum. Deshalb
ſtrengſt du dein Gehirn ſo krampfhaft an,“
wehrte ſich Morris. „Aber leg’ immerhin
los.“

„Daß die Verbrecher nicht ſelbſt geſchaf-
fene Vorteile ſich zerſtören werden, kunſtvoll
geſchaſſene, das will ich ſagen. Sie täten
es aber, wenn ſie kämen.“

„Brav, Rupert!“ lobte Morris. „Ich
weiß, was du meinſt. Das iſt in der Tat
ein ſchwacher Punkt der Konſtruktion.“

„Bitte,“ miſchte ſich Lund ein. „Ich ver-
wahre mich gegen myſtiſche Zwiegeſpräche.“

Der Maler erklärte: „Ich meine, Herr
Aſſeſſor, die Burſchen werden nicht kommen
— deshalb nicht, weil ſie mich, den ſie ſa
dreiſt in den Verdacht der Täterſchaft zu
bringen wußten, durch ihr Erſcheinen wie-
der entlaſten würden, entlaſten beſonders
durch die charakteriſtiſche Art ihres Ver-
fahrens.“

„Und vielleicht kommen ſie doch und trotz
allem,“ überlegte Frank: „denn es gilt zu
bedenken: die Geldgier! Sie iſt eine nicht zu
unterſchätzende Verführerin, die ſelbſt die
klügſten und kälteſten Leute waghalſig und
wirr macht, und elftauſend Kronen —
meinetwegen fünfzehntauſend — ſind denn
doch ein Sümmchen. Vielleicht auch wiſſen
unſere Gegner für dieſen Fall einen beſon-
deren Kniff, den wir nicht ahnen. Jeden-
falls: ſo oder ſo, wir ſollten es darauf an-
kommen laſſen. — Was meinen Sie, Lund?“

„Bin sinverſtanden,“ ſagte der ſchließlich.
„Probieren wir das Abenteuer.“

(Fortſetzung folgt).

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[6/0006] Seite 6 „AZ am Abend“ Nr. 16 Samstag, den 19., und Sonntag, den 20. Jan. Heute karikiert J. Dünzi in der „AZ“ Amanullah konnte mit Flugzeug den ſiegreichen Rebellen entkommen [Abbildung Der deutſche Michel: „Amanullah, Amanullah, gib’ mir meine Millionen wieder!“ ] [Abbildung Amanullah: „Zugegeben, das praktiſchſte Geſchenk während meiner Europa- reiſe hab’ ich doch von den Deutſchen bekommen — die Junkersmaſchine.“] Dreifaches Gaunerspiel EIN BANKNOTENROMAN 20. Fortsetzung. von A. M. FREY „Nein,“ unterſtrich der Ire mit regungs- loſem Geſicht. „Und ſie muß konſequent durchgeführt werden.“ — Er wandte ſich an Rupert, der die ganze Zeit mähneſchüttelnd geſchwiegen hatte: „Ja, mein Lieber, dich werden wir verhaften müſſen.“ Da fand Steinmann die Sprache wieder. „Was fällt dir ein,“ fuhr er auf, „mach keine ſchlechten Witze! Mir iſt nicht zum Lachen, wenn ich bedenke, daß man hier in meinem Atelier herumgegraben hat. Das geht denn doch über die Hutſchnur.“ „Allerdings“, ſtimmte Morris zu, „und gerade, weil es über die Hutſchnur geht, werden wir dich einlochen.“ Da der Maler wieder aufbrauſen wollte —: „Bleib’ ruhig und hör’ mich an: zum Schein einſperren! Verſtehſt du? Wir müſſen den Kerlen nachgeben. Je mehr wir ſie triumphieren laſſen, deſto feſter wiegen wir ſie in Sicher- heit.“ „Und wann packen wir ſie?“ ſchrie der Maler gereizt. „Davon redeſt du nur immer, aber du ſagſt nie, wie es zu machen wäre.“ Morris ſtand auf. Er ſtrich ſich mit der Hand ein paarmal über den blonden Kopf. „Das werde ich dir jetzt ſagen,“ entgegnete er langſam. „Mein Plan iſt fertig, war es ſchon heute morgen — als Ergebnis der letzten Nacht. Die Geſchichte mit Laurids brachte mich darauf: und die, in deren Mit- telpunkt du nun ſtehſt, verſtärkt meinen Ent- ſchluß. Mag er abenteuerlich klingen — ich halte ihn für brauchbar: Wir werden verſuchen, einem Prominenten der Bande, vielleicht dem Häuptling ſelbſt, dem geiſtigen Unbeber und Leiter, eine Falle zu ſtellen. Die Gauner haben uns eine geſtellt, in die wir jetzt zum Schein gehen. Wir werden ihnen eine hinbauen, in die ſie nicht nur zum Schein tappen ſollen. Und zwar mög- lichſt bold! Alles drängt zur Entſchei- dung.“ „Wollen Sie ſich bitte näher erklären,“ wünſchte der Aſſeſſor wenig hoffnungsfroh. „Ich denke mir die Sache ſo,“ gab Morris kund. „Nicht wahr, das Haupt bewegt ſich unzweifelhaft in der guten Geſellſchaft, ja, wir dürfen annehmen, gerade in den Kret- ſen, mit denen wir ſelbſt Fühlung haben. Dieſer Anführer muß ſozuſagen mitten unter uns ſein. Nun alſo — —“ Er brach ab und wandte ſich an Steinmann: „Nicht wahr, Rupert, übermorgen abend iſt Stiftungsfeſt der Muſeumsgeſellſchaft?“ Der Maler bejahte. „Gut,“ fuhr Morris fort. „Auf dieſem Stiftungsfeſt wird höchſtwahrſcheinlich der Geſuchte ſein. Und dort müſſen wir ihm die Schlinge legen, in die er treten ſoll.“ „Morris,“ mahnte Lund. „wenn Sie uns nicht wiederholt verblüffende Proben Ihrer Kombinationsfähigkeit gegeben hätten, würde ich es mir nicht verſagen können, dieſe Gedanken allzu phantaſtiſch zu nennen.“ „Phantaſtiſch!“ rief Morris. „Ich gebe zu, daß ſie es in gewiſſem Sinne ſind. Und vielleicht phantaſiere ich daneben. Aber das Gute an der Sache iſt, daß ſie uns keinen Nachteil, dem Gegner keinen Vorteil bringt, falls ſie verſagt, und falls wir niemanden erwiſchen. Hören Sie weiter.“ „Ich bin geſpannt,“ äußerte Lund, un- gläubig aber gehorſam. Morris winkte dem Maler zu: „Du, Ru- pert, mußt wieder herhalten. Auf deine teuren Schultern häufen ſich Sorgen und Verantwortungen.“ „Ich?“ fragte Steinmann beunruhigt. „Danke! Ich hab’ genug von der mir lie- benswürdig angekündigten Freiheitsberau- bung.“ „Ja, da hilft alles nichts,“ lächelte Mor- ris, „du ſollſt übrigens in deinem Seelen- frieden nicht geſtört werden — im Gegen- teil!“ Er wies auf das große Bild hin, das die Staffelei trug. „Dies Kunſtwerk brauchſt du jetzt nicht mehr auf Reiſen gehen zu laſſen: denn ich mache dir hiermit die freudige Mitteilung, daß du es bereits ver- kauft haſt.“ Rupert riß Mund und Augen auf. „Wie —?“ „Um den anſtändigen Preis von elf- tauſend Kronen. Ein Liebhaber hat ſich gefunden, der ſo dumm war, dir das zu be- zahlen.“ „So dumm iſt keiner,“ zweifelte der Ma- ler, dennoch halb in Hoffnung. „Gut, daß du es einſiehſt.“ lachte Frank. „Dieſe Elftauſend ſind nämlich nur ein Re- quiſit zu meiner famoſen Falle.“ Der Maler war ernüchtert und geärgert. „Willſt du uns nun vielleicht endlich —“ „Alſo,“ ſagte Morris ernſt, „du, Stein- mann, haſt dein großes Bild verkauft, der Verkauf wird am Stiftungsabend im Mu- ſeum laut und allgemein erörtert werden, dafür ſorgen wir. Es wird darauf hinge- wieſen werden — in welcher Art, beſpre- chen wir noch —, daß du die Summe ſchon erhalten und in deinem Schreibtiſch nieder- gelegt haſt. Etwas leichtſinnig — wird man betonen — denn du ſelbſt biſt abweſend, und ich, der bei dir wohnt, muß auch gerade für einen Tag verreiſen.“ Der Ire machte eine Pauſe. „Nun — und?“ wollte Lund ihn vor- wärts ſchieben. „Nun — und,“ gehorchte Morris, „dieſe elftauſend Kronen wird ſich die Bande kaum entgehen laſſen. Es fällt ihr nicht allzu ſchwer, ſie zu holen. Deine Schlüſſel hat ſie ſa ſchon, Rupert.“ „Weiter?“ „Was weiter? Der Unbekannte wird kommen — ich bin überzeugt, in ſolchen Umſicht ſordernden Fällen wird der Herr Direktor ſelber ſich betätigen — er wird auf dem Stiftungsfeſt von dem hübſchen Taſchengeld, das da zu holen iſt, erfahren haben und kommen — anſtatt des Geldes aber uns antreffen. Und wir wollen ihn dann ſchon gebührend empfangen.“ Des Aſſeſſors Bedenken dauerten an. „Sie haben ja recht,“ pflichtete Morris bei. „Der Plan kann mißlingen. Aber was iſt dann verloren? — Gar nichts. 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Jeden- falls: ſo oder ſo, wir ſollten es darauf an- kommen laſſen. — Was meinen Sie, Lund?“ „Bin sinverſtanden,“ ſagte der ſchließlich. „Probieren wir das Abenteuer.“ (Fortſetzung folgt).

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2023-01-02T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 16, 19. Januar 1929, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine16_1929/6>, abgerufen am 21.11.2024.